Es war Nacht.
Vivi saß allein in diesem großen Bett und seufzte. Es war viel Zeit vergangen, seitdem sie mit der Strohhutbande Alabasta von Sir Crocodile befreit hat. Zu viel Zeit.
Mittlerweile war sie Königin und Corsa ihr Mann. Sie lächelte fad, als sie an ihn dachte. War es nicht so, dass sie ihn nie geliebt hatte? War er nicht einfach nur wie ein großer Bruder für sie? Doch wie hätte sie seinen Antrag abweisen können? Wie nur? Wo doch das ganze Volk sie beide für ein Traumpaar hielt. Außerdem war ihr wirklicher Geliebter weit, weit fort. Irgendwo segelte er im Meer umher... Ach nein, sie vergas.
Jetzt lächelte sich wirklich und drehte sich zu ihrem Nachtschränkchen. Holte etwas heraus. Es war eine Mappe. Die blauhaarige Königin schlug sie auf und ein WANTED-Zettel blickte ihr entgegen. Und Ruffys strahlendes Gesicht, wodurch sie auch grinsen musste. Auf den weiteren Seiten waren nur noch mehr davon. Über die Jahre hin gesammelt, neue Kopfgelder, sowie neue Bilder. Diese waren ihre einzige Verbindung zu ihm. Zu ihrem geliebten Ruffy.
Sie strich über den letzten Zettel. Er war der Neueste, Ruffy hatte sich kaum verändert und doch sah man in seinem Blick die Reife wiederspiegeln. Sicherlich war er immer noch ein Kindskopf, aber durchaus auch ein erwachsener Mann. Und er wusste was er tat. Wie sonst hätte er Piratenkönig werden können? Der Gummimensch hatte das One Piece gefunden. Er hatte sich seinen Traum erfüllt. Vivi beneidete ihn ein bisschen darum. Es war nie der Fall gewesen, dass sie nicht Königin von Alabasta werden wollte, doch trotzdem zog ihr Herz sie immer wieder in die Ferne. Mittlerweile war sie immer seltener im Palast. Lieber reiste sie durch ihr ganzes Königreich und half den Menschen, wo sie nur konnte. Die spitzen Zungen des übrigen Adel fanden das natürlich nicht sehr prickelnd, aber es war ihr egal. Ihr Volk liebte sie für ihre Einfachheit und Herzlichkeit und solange dieses hinter ihr stand, konnte ihr niemand etwas anhaben. Das war ihr von Beginn ihrer Amtszeit bis heute hin bewusst.
Doch auch eines war das Laster einer Königin: Man konnte nicht einfach tun und lassen was man wollte. An erster Stelle stand immer das Volk und das eigene Glück rückte in weite Ferne.
Vivi seufzte abermals, schlug die Mappe wieder zu und legte sie neben sich. Dafür konnte und wollte sie ihre Bürger nicht verurteilen. Sie war als Prinzessin geboren, das war Schicksal. Und dass sie eines Tages Königin sein würde, war auch von Anfang an klar. Nur dass es so schnell ging, hatte sie nicht erwartet. Ihr Vater war tot, gestorben an einem Virus. Doch er war beruhigt, denn Alabasta war gerettet und seine Tochter so verantwortungsbewusst und alt genug. Kaum war die Strohhutbande ein Jahr weg, wurde Vivi schon zur Königin gekrönt.
Die langen Vorhänge flatterten mit dem Wind in ihr Schlafgemach. Er sah von unten hinauf. Alles war so ruhig, ein bisschen Bammel hatte er schon. Ob sie schlief? Ob jemand neben ihr lag? Wahrscheinlich Corsa... Der Schwarzhaarige hatte nichts gegen Corsa, der ein mutiger Mann war und sein Leben sicherlich für die Prinzessin geopfert hätte. Und doch war er ihm ein Dorn im Auge. Ganz einfach weil er wusste, dass Vivi ihn mochte. Zu sehr mochte?
Ruffy schüttelte den Kopf. Jetzt konnte ihn der Mut schon nicht mehr verlassen! Er war den ganzen Weg zurück gekommen. Zurück zu seiner Vivi um sie noch einmal zu sehen. Was war die letzten Jahre geschehen?
Der Piratenkönig streckte seinen Arm lang, seine Teufelskräfte hatte er bis ins Äußerste perfektioniert, und stand schließlich auf dem Fenstersims der Königin von Alabasta.
Diese staunte nicht schlecht als plötzlich eine dunkle Gestalt in ihrem Fenster stand. Sie schluckte und stand vom Bett auf. Der Mond leuchtete hell, doch er verdeckte ihn vollkommen. Ihre Augen weiteten sich. Zuerst dachte sie Ace stünde vor ihr, doch dann erkannte sie es. Das war Ruffy!
Und schon kletterte Besagter zu ihr hinein und stand schließlich vor ihr. Er war größer geworden, sein Haar auch länger, so ungefähr wie das von Ace. Und den Strohhut trug er nicht mehr, er hatte ihn Shanks zurück gegeben. Die Blauhaarige wusste nicht was sie sagen sollte und auch er sagte zuerst nichts. Er musterte sie nur stumm. Wie sie noch schöner werden konnte, konnte er sich nicht erklären, aber es war auf jeden Fall so. Dann streckte er seinen linken Arm aus, auf den er mittlerweile das „X“ ihrer Freundschaft tätowiert hatte. Sie blickte es an und strich dann mit einer Hand darüber. Der Schwarzhaarige erschauderte kurz, ihre Hände waren schön warm. In der Wüste war es bei Nacht ziemlich kalt, so war das eine willkommene Abwechslung. „Ruffy...“ drang es schließlich an sein Ohr. Er fing an zu grinsen, wie schön es war ihre liebliche Stimme wieder zu hören. „Vivi?“ gluckste er zurück. Die Tränen standen ihr in den Augen und nun konnte sie sie nicht mehr zurückhalten. Sie fiel dem anderen in die Arme und weinte an seiner Brust. Er strich ihr behutsam über das lange, weiche, blaue Haar. Es roch sehr gut.
Während er sie fest in seinen Armen hielt, in denen sie sich geborgen fühlte, blickte der junge Mann sich in dem Raum um. Das war nicht Vivis altes Zimmer, es war prunkvoller aber auch kälter. Er erblickte die Krone in einer großen Glasvitrine. Nun begriff er, dass die Blauhaarige wohl inzwischen Königin war. Sie war sicherlich eine schöne und barmherzige Königin. Und trotzdem stach es in sein Herz. Wie hatte er auch so tollkühn sein können? Wollte er doch eigentlich die Prinzessin entführen und mit ihr über die 7 Weltmeere weiter ziehen. Ihr alles zeigen, mit ihr noch viel mehr erleben! Immerhin war er nun der Piratenkönig, ihm standen alle Wege offen. Genauso gefährlich wie dies war, war es auch schön. Alle Piraten blickten zu ihm auf, wegen Bewunderung oder Neid, das war ihm egal.
Als es ziemlich ruhig geworden war, blickte er runter zu Vivi, die ihn schon eine Weile zu beobachten schien. „Du hast dich ganz schön gemausert!“ lachte sie schließlich und wischte sich den letzten Rest Tränen weg. Dann entwich sie seinen Armen und setzte sich aufs Bett. Ruffy lächelte und trat zu ihr, um einen Kniefall auszuführen und ihre Hand zu küssen. „Königin von Alabasta, hmhm?“ fragte er danach, wobei sie nur etwas traurig nickte. Er blickte zu ihr auf und strich ihr über die Wange. „Und ihr Sir, Piratenkönig, hmhm?“ fragte sie dann in genau dem gleichen Ton und er sprang auf, stellte sich in irgendeine peinliche Pose, wahrscheinlich kannte er diese noch von Mr.2, und grinste wie KingKong persönlich. „Ein Kindskopf für immer!“ kicherte sie darauf und er setzte sich neben sie. Er lehnte seinen Kopf leicht gegen den ihren, woraufhin sie errötete. Ruffy schielte kurz zu ihr und sein Grinsen wurde umso breiter. „Wie geht es den anderen?“ fragte die Blauhaarige schließlich mit leicht belegter Stimme. „Interessiert es dich wirklich oder willst du nur ablenken?“ hakte er nach. Daraufhin kniff sie ihm leicht in die Seite und er fing an zu erzählen. Alle hatten sie ihre Träume weitäsgehend erfüllt und jagten jetzt immer neuen Dingen nach. Er erzählte viel. Die Abenteuer schienen kein Ende zu nehmen. Vivi hörte ihm gespannt zu und ihr Herz fühlte sich so frei an, wie nie zuvor. Sie stellte sich alles vor ihrem geistigen Auge vor, fast als wäre sie selbst dabei gewesen. Doch irgendwann in dieser Nacht endeten die Erzählungen und sie schwiegen sich einige Momente an.
„Hast du dir deinen Traum erfüllt?“ fragte die Blauhaarige nun etwas schüchtern. „Ich habe meinen Bruder besiegt, das One Piece gefunden und bin somit Piratenkönig geworden. Und Shanks habe ich seinen Strohhut wieder gegeben. Außerdem habe ich Papa getroffen...“ antwortete der Schwarzhaarige daraufhin. „Es gab nur noch eine Sache die ich zu erledigen hatte...“ „Die wäre?“ fragte sie verblüfft. „Na meine geliebte Prinzessin besuchen!“ grinste er daraufhin. Eine peinliche Pause entstand, in der die Königin verstand wen der andere meinte. Sofort lief sie wieder rot an und blickte weg. Er beugte sich zu ihr rüber und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Danach wisperte er in ihr Ohr: „Was für einen Traum hast du?“
Sie fühlte seinen Atem ganz nah bei sich und ihr Herz schien zu Rasen. Aus ihrer Brust zu rasen. Sie drehte sich zu ihm und blickte ihn aus ihren meerblauen Augen an, nicht in der Lage zu antworten. „Corsa ist dein Mann, doch er macht dich nicht glücklich. Du bist Königin und immer für dein Volk da. Ergo nicht frei. Allerdings möchtest du für einen Moment, wenigstens einen Moment mal frei sein.“ stellte Ruffy fest und fuhr kurz durch ihr Haar. Vivi konnte nicht anders als zu nicken. „Wir können nie zusammen sein, Ruffy. Mein Volk hat nichts gegen dich, aber der König der Piraten und die Königin eines Landes...das würden alle...“ Der Schwarzhaarige legte einen Finger auf ihre Lippen. „Ich weiß und das ist die bitterste Medizin die ich je schlucken musste. Du bist der erste Traum, den ich nie erfüllt bekommen werde.“ Die Blauhaarige schluckte und schmiegte sich nun an seine Brust. Konnte sein Herz laut und schnell schlagen hören. Im Rhythmus mit dem ihren. „Nichtsdestotrotz gebe ich nicht auf. Und wenn es irgendeinen Weg gibt, werde ich ihn finden, das schwöre ich dir. Aber bis dahin werden wir uns nicht wiedersehen...“ seine Stimme war ruhig und trug trotzdem unheimlich viel Kraft in sich. Sie nickte und suchte seine Augen. „Bitte gib mir etwas, woran ich mich halten kann, bevor du gehst und während ich auf dich warte.“ wisperte sie und er strich ihr ein paar Haarsträhnen hinter ein Ohr. Er nickte und lächelte glücklich, ehe er sich vorbeugte und ihre Lippen sich leise trafen und umgarnten. Ihre Hände gingen auf Wanderschaft und entkleideten sich gegenseitig...
Die Sonne ging langsam am Horizont auf als Ruffy sich wieder anzog und auf die schlafende Vivi hinabsah. Er setzte sich noch mal zu ihr, küsste sie behutsam auf die Stirn und streichelte über ihren Bauch. Sein Geschenk würde sie immer begleiten und er würde wieder kommen um sich dies anzuschauen. „Ich komme wieder, das verspreche ich dir.“ flüsterte er. „Geliebte Vivi, meine Königin...“ Damit wandte er sich ab und verschwand genauso wie er gekommen war. Leise und klammheimlich durchs Fenster.
Die Königin schlug ihre Augen auf und blickte ihm hinterher. „Ich werde warten...bis du wiederkommst.“ Sie strich sich selbst noch mal über den Bauch. „Und bis dahin, werde ich gut auf unser Kind acht geben. Und ihm erzählen von dir, geliebter Ruffy, mein König...“
Kurz darauf trennte sich die Königin von ihrem Mann Corsa, der fortan nur noch ihr Berater war. Neun Monate später gebar sie ein putzmunteres Kerlchen, das Ruffy wirklich zum verwechseln ähnlich sah. Die gleichen pechschwarzen Haare und das freudige Grinsen. Doch auch von seiner Mutter hatte es etwas bekommen: die meerblauen Augen.
Das Volk freute sich für seine Königin, war doch jedem klar von wem das Kind ist.
Und Vivi wartete und erzählte ihrem Sohn, der Aki hieß, von seinem Vater und dessen Abenteuern. Sodass der Kleine hellauf begeistert war und eines Tages auch Pirat werden wollte...