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Die Söhne des Drachen

Fortsetzung von "Drachenherz"
von

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Madel im Heuhaufen

Drei?

Drei???

Dieser Mensch hielt wohl nicht viel von wohlmeinenden Warnungen, was?

Aber ... egal!

Klare Gedanken konnte Niha ohnehin nur noch formulieren, weil ihr Gehirn der Situation mindestens um eine Minute hinterherhinkte.

Jeden Moment würde es zu Brei werden. Jede Wette!

Mittlerweile wurde sie zwischen Holzwand und Muskelmasse gepresst und geküsst. Geküsst? Umhauen traf es eher!

Endlich!

Endlich war er wieder wütend genug, das zu tun!

Endlich war Niha Koros Chance gekommen!

Wenn dies hier ihre einzige Gelegenheit war, die Leidenschaft zu erleben, dann würde sie das verdammt noch mal auch tun, und zwar bevor der dazugehörige Mann es sich anders überlegte!

Und endlich ... endlich legte sie auch die Starre ab.

Sie griff in das Geschehen ein, beziehungsweise in den dunklen Haarwust ihres Stallarbeiters und erwiderte den Kuss ebenso leidenschaftlich, wie er gegeben wurde.

Bei allen Göttern ... schmeckte dieser Kerl himmlisch! Er roch himmlisch, fühlte sich himmlisch an. Er ... war einfach nur himmlisch.

Dann kam der Brei-Hirn-Moment.

Die Hände, die er bisher in ihre Haare gewühlt hatte, schmiegten sich besitzergreifend um ihre Brüste.

Der letzte verständliche Gedanke, den Niha fasste war `ÄhwasohmeinGottalsoalso...Ääääh... OHMEIN ...!´
 

Und Lee?

Lee war sauer. Aber so richtig!

Nur wusste er nicht mehr ganz so genau, warum.

Und er liebte diese Frau. Aber so richtig!

Nur wusste er auch hier nicht mehr ganz so genau, warum.

Er tat es eben.

Und das mit dem Rummachen? Das tat er eben auch!

Diese kleine Furie würde ihn sowieso heiraten, also konnte sie auch gleich dafür herhalten, einen Teil seiner Wut zu absorbieren.

Vage konnte er sich erinnern, dass sie ohnehin der Auslöser dieses mittleren Wutanfalls war.

Dass ausgerechnet seine zukünftige Ehefrau ihn für einen unverbesserlichen Windhund hielt, war zu viel!

Warum konnte sie ihn nicht sehen, wie er war?

Er sah sie doch auch! Hatte das, was ihre harte Schale schützte, längst erkannt. Warum also konnte sie IHN nicht sehen? Leiser Schmerz mischte sich in seinen Zorn.

Er würde ihr zeigen müssen, wer Lee Tatzu war, und wenn es ein ganzes, gemeinsames Leben dauern würde. UND er würde sie diesen Trottel vergessen lassen, der sie hatte sitzen lassen.

Nun, was das betraf, schien er auf dem genau richtigen Weg zu sein.

Er konnte es an ihrer Reaktion merken. Ihrem genüsslichen Stöhnen, ihren emsigen, wissbegierigen Händen. Die Frau war Wachs in seinen Händen!

Das einzige, was ihn jetzt noch aufhalten konnte, war eine Herde Rhinos ... Oder ihre Geschwister.

Kurzerhand hob er sie auf die Arme und trug sie in eine der Boxen, die er gestern mit frischem Stroh ausgekleidet hatte.
 

Niha bekam gar nicht mir, wie sie auf duftendes, sauberes Heu gebettet wurde. WAS sie mitbekam, waren diese hinreissenden Lippen, die jetzt auf ihrer Haut schmolzen und auf ihrem Weg heisses Prickeln zurück liessen.

„Lee!“, seufzte sie.

„Halt den Mund!“, flüsterte er an ihren Halsansatz. „Halt einfach den Mund!“

Seine Hände glitten mit betörend Druck zu ihren Hüften.

„Ich will Dich küssen!“, keuchte sie.

„Das wirst Du.“, beteuerte er und liess seine Lippen tiefer gleiten.

„Jetzt!“ Sie bäumte sich gegen ihn und wollte seinen Kopf zu sich ziehen.

Ihre Arme wurden eingefangen und über ihren Kopf gezogen. Beschämend mühelos hielt er sie dort mit nur einer Hand fest, während er über ihr aufragte.

„Ah, meine Süsse.“, raunte ihr Stallarbeiter. „Weisst Du denn nicht? Im Heu hab ich das Sagen!“

„Lee!“

„Und wenn Du Küsse willst ... musst Du brav sein!“

„Lee ... bitte!“

„Betteln tut´s auch.“, stiess er aus, bevor er seinen Mund wieder auf ihren presste.

Da ihre Hände aus dem Spiel waren, musste sie ihm ihre Begeisterung eben auf andre Art demonstrieren. Sie erwiderte diesen Kuss mit allem was sie hatte. Und da sie den Kerl nicht anfassen konnte, presste sie sich an jeden Zentimeter von ihm.

Kurz durchzuckte Lee der Gedanke, dass Niha verdammt viel aufzuholen hatte. Ihr letztes Mal musste wirklich lange her sein, so wie sie sich an ihm rieb ...
 

„Langsam ...“, mahnte er. „Wir haben Zeit.“

Ungeduld und die knabbernden, heissen Küsse an ihrem Hals liessen Niha ächzten. Geschickte Finger hatten inzwischen die Bänder ihrer groben Leinenbluse geöffnet und stahlen sich unter das Gewebe. Das federleichte, warme Streicheln an Taille und Bauch machte sie fast wahnsinnig.

„Ich brauch keine Zeit!“, stiess sie atemlos aus. „Ich weiss wie alles ... funktioniert!“

Funktioniert? Dieser Riu musste ja wirklich ein lausiger Liebhaber gewesen sein.

„Aber, aber. Hier spielen wir nach meinen Regeln.“

Diese Regeln schienen ihren nervlichen Zusammenbruch zu beinhalten, denn er liess sich alle Zeit der Welt, als er sanfte, fast ehrerbietige Küsse entlang ihres immer tiefer werdenden Ausschnitts verteilte. Inzwischen war sie viel zu atemlos, um mit ihm zu zanken.

Sie konnte nur zusehen, wie sich dieser glänzende Schopf über sie beugte, konnte nur fühlen, wie erfahrene Hände begannen, ihre Beine zu liebkosen und dabei Rock und mögliche Bedenken verschoben. Als die wissenden Finger ihre empfindliche Kniekehle streiften, keuchte Niha hingebungsvoll. Sie winkelte das Bein an, um ihm besseren Zugang zu verschaffen.

Lee sah auf. Die Augen ein einziges, wirbelndes Funkeln aus Grün und Gold.

„Ah!“, raunte er. „Gute Stelle.“

Schwielige, warme Fingerkuppen intensivierten die schmeichelnde Zuwendung.

„Lee!“
 

Er küsste sie wieder. Die Hand, die bisher ihre Arme festgehalten hatten, umfasste nun ihren Nacken, während die andere aufreizend zwischen Knie und Rückseite des Oberschenkels hin und her strich.

Da er für beide Hände eine sinnvolle Beschäftigung gefunden hatten, packte er den Saum ihres erweiterten Dekolletés mit den Zähnen und zog. Sein heisser Mund widmete sich sofort der freigelegten Haut. Träge, aber zielstrebig wanderte er über die üppige Rundung.

„Lee ...“

Beinahe schmerzhaft grub Niha die Finger in seine Schultern.

„Ja, meine Süsse.“

„Oh mein ...“

Sie wand sich unruhig. Die raue Zunge an ihrer Brustspitze entlockte ihr ein tiefes Stöhnen. Doch es war erst der Anfang der Verführung. Die schmerzhaft feste Perle wurde erbarmungslos geneckt. Mal badete er sie in Hitze, mal setzte er sie der kühlen Luft aus. Zupfte mit den Zähnen. Doch der Gipfel der Wonne war dieses Saugen. Sacht, fest, heftig und wieder sacht.

Agni!

... Agni!
 

Niha öffnete die Augen, sah aber trotzdem nur verschwommene Sterne. Sie merkte, dass sie ihren Kopf zurückgebogen hatte, ihr gesamter Körper fast schmerzhaft angespannt war und dass ihre Hände beinah an seinem Haar rissen, so fest hatten sie sich hineingekrallt. Vielleicht wusste sie doch nicht, wie alles funktionierte? Immerhin waren ihr einziges Anschauungsmaterial die Schweine.

Er musste etwas tun! Und zwar bald, sonst würde irgendwas in ihr zerspringen.

„Lee! Tu ... was!“

„Was ist ... mit langsam ... und genüsslich?“, keuchte er.

„Nicht jetzt!“ Ihr Tonfall klang trotz der Ungeduld fast flehend.

„Dann eben ... schnell.“, knirschte er, denn eigentlich wusste er selbst nicht, wo er noch mehr Beherrschung hernehmen sollte. Ihm blieb ja auch noch ein ganzes gemeinsames Leben, ihr die Vorzüge von `langsam und genüsslich´ aufzuzeigen.

„Dann ... mach!“, wimmerte Niha.

Himmel! Das Weib wollte ihm nicht mal die Zeit lassen, sie vollends aus ihren Kleidern zu schälen?

„Bitte, Lee!“

Also gut. Er schob ihren Rock noch höher hinauf, entfernte geschickt alle störenden Textilien und streichelte sie zarte Innenseite ihrer Schenkel.

Ihre Fingernägel gruben sich in seinen Nacken und sie drängte ihm entgegen.

„Schau mich an, Süsse!“, flüsterte er atemlos und stemmte sich auf die Arme.

Sie tat es. Das weiche taubengrau ihrer Augen war rauchig, tief und sehnsüchtig. Ob Riu auch diese Blicke ...
 

Lee biss die Zähne zusammen und versuchte, den verfluchten Kerl aus seinen Gedanken zu vertreiben. Aus IHREN würde er das auf jeden Fall!

Diese unwillkommenen Gedanken veranlassten ihn zur Tat zu schreiten. Etwas energischer als gewollt.

„LEE!“

Er hielt inne.

Agni, er war zu heftig gewesen.

Sie lag vollkommen erstarrt und verkrampft da. Esel!

Für sie war es eine Ewigkeit her, und was tat er?

„Niha ... es ...“

Zitternd holte sie Luft.

„Schon gut.“, wisperte sie. „Jetzt ist es ja weg.“

Weg? Was war weg? Himmel, sie war so verdammt eng ... Was meinte sie mit ... ?

„Was?“, stiess er aus.

Niha küsste nur hingebungsvoll seinen kräftigen Hals, die muskulöse Brust, streichelte seinen angespannten Rücken.

Dass es sich so wundervoll anfühlen konnte, einen andern zu berühren ...

„Niha! Bist ... warst Du ...“

Volle Hüften, die sich fordernd an ihn pressten, lenkten Seine Hoheit ab. Mit einem Knurren packte er sie um die Taille und kam der stummen Aufforderung nach. Aber sie war noch immer ... zu eng.

„Verdammt.“, ächzte Lee. „Wie lange ist es denn her?“

Niha, der der Sinn nicht nach Konversation stand, blinzelte verwirrt. Warum wollte er denn reden?

„Niha?“

„Was?“, keuchte sie, inzwischen außer sich vor Ungeduld.

„Was ist ... weg?“

„Solltest Du ... Dich nicht ... bewegen?“

„Was meintest Du mit ... weg?“

Verständnislos, mit überhitzen Wangen, starrte sie ihn an.

Er starrte ebenfalls.

Dann begann die Erkenntnis zu dämmern.

`Es´ war weg und er war in der verdammt noch mal engsten Frau seines Lebens vergraben ...
 

„Du ... bist Du noch JUNGFRAU?“, rief er entsetzt.

Niha schloss die Augen.

Klar. Sie war so blöd. So blöd! War doch klar, dass er jetzt die Panik kriegte.

„Niha?“

„Ich WAR eine. Aber keine Angst ...“

„Angst? Fühlt es sich an, als hätte ich Angst?“

Was meinte er mit anfühlen?

„Ich ...“

„Verdammt! Ich ... hab Dir weh getan.“

„Nur kurz.“, flüsterte sie. JETZT fühlte sie alles andere als Schmerz.

„Niha ...“

„Nur ganz kurz.“
 

Um der Diskussion ein Ende zu setzten zog sie seinen Kopf nach unten und küsste ihn. Leidenschaftlich, verlangend.

Und Lee? Schwelgte darin. Das kleine jungfräuliche Landei mit dem Ex-Verlobten wusste offensichtlich ganz genau was es wollte. Dass ER das war, war pures, persönliches Glück!

Er erwiderte den Kuss, machte ihn zu seinem. Vorsichtig liess er sein Gewicht auf sie sinken. Mit der Hand strich er hinunter zu ihren Hüften, um ihr sanft zu zeigen, was sie tun sollte. Sie reagierte. Eifrig, lernwillig.

„Ist es gut so?“, knirschte er vor Anstrengung.

Gut? GUT??? Er brachte sie um die letzten, kläglichen Reste ihres Verstandes, so gut war es.

Sie keuchte und nickte.

Keuchte und drückte ihn enger an sich.

Keuchte und bewegte sich probehalber.

„Lee!“

Er selbst war noch zögernd.

„LEE!“

In ihrer fordernden Stimme lag nur noch Lust, kein Schmerz. Also gestattete er sich endlich, sich kraftvoller zu bewegen. Die Kontrolle würde er ohnehin nicht mehr lange behalten, denn Niha klammerte sich an ihm fest und sie bog sich jedem seiner Stösse entgegen. Die kleinen, quengelnden Geräusche, die sie von sich gab, waren zu viel. Er konnte nicht mehr anders. Er liebte sie. Küsste sie, verschlang sie und liebte sie! Noch nie hatte er so viel von einer Frau haben wollen, noch nie so viel geben wollen. Es war Gier, Leidenschaft, Fieber und Liebe.
 

Niha versuchte einfach diesem Augenblick festzuhalten. IHN festzuhalten.

Sie versuchte es so verzweifelt, dass sie mittlerweile mit den Fingernägeln seinen Rücken zerschrammte und zusammenhangslose Laute von sich gab. So war es also. In diesem Sinnesrausch gab die Vernunft klein bei, bis nur noch ein triebgesteuertes, sehnsuchtsgebeuteltes Etwas übrig blieb.

Da war diese schwindelnde Schwerelosigkeit, ein wirbelnder Sog, der sie unwiederbringlich erfasste. So intensiv, dass sie befürchtete, er würde sie nie wieder loslassen. So intensiv, dass er nicht aufzuhalten war. Er packte einen und Vorsicht oder Vernunft spielten keine Rolle mehr.

Das einzige, das noch eine Rolle spielte, war Lee. Ihr Lee. Der immer enger gewordene Knoten in ihrem Inneren platzte endlich und überschwemmte sie mit heissen, kribbelnden Wellen, bis ihre Welt darin ertrank. Ein seltsamer Schrei löste sich aus ihrer Kehle, als sie sich wie irr gegen ihn bäumte.

Lee ächzte in ihr Haar. Dann erfasste ihn offensichtlich der gleiche Rausch, denn er wurde ebenso durchgeschüttelt, wie sie selbst.
 

Nein, Niha Koro hatte mitnichten gewusst wie alles funktionierte. Jetzt schon. Und vergessen würde sie es so schnell nicht.
 

Lee lag auf dem Rücken und liess die Erfahrung auf sich einwirken, was für ein himmelweiter Unterschied bestand, zwischen `einfach nur Sex´ und die Frau zu lieben, die man, äh ... eben liebte. Wenn man verliebt war ... gewissermassen.

Selten war sein Vokabular beschränkter gewesen. Aber so war das wohl, wenn es einem das Hirn wegblies, dachte er grinsend.

Er gestattete sich ganze fünf Minuten dieser Hirn-Abstinenz. Dann, irgendwann, kam der ungemein befriedigende Gedanke, betreffend der Exklusivität des eben erlebten. Dieser Riu hatte offensichtlich doch nur die kalte Schulter bekommen.

Vielleicht wäre es angebracht, ein paar Dinge zu klären ...
 

Niha hätte ewig hier liegen bleiben und verträumt die Maserung des Holzes bestaunen können. Doch die plötzliche unangebrachte Aktivität ihres Liebhabers, störte den Frieden.

„So!“

Seit wann waren seine Kleider wieder dort wo sie - je nach Sichtweise - hingehörten? Er verschränkte die Arme vor der Brust und hatte diese kompromisslos bockige Haltung, die er so gern an den Tag legte. Niha versuchte, wieder Anschluss an Zeit, Raum und Realität zu finden.

„Dürfte ich jetzt vielleicht endlich erfahren, warum Gnädigste noch Jungfrau war?“

„Warum? Das spielt doch keine Rolle!“ Hastig suchte sie ihre Sachen zusammen.

„Keine Rolle? KEINE Rolle? Spinnst Du? Du warst verlobt!“

„Ja. Verlobt. Aber nicht verheiratet!“

Inzwischen stand auch Niha. Aber die blöden Bänder dieser Bluse ...

„Ah! Na dann. Sag das doch gleich!“

Es war unmöglich, den Sarkasmus in seiner Stimme zu ignorieren. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er ihr nun fast seine Nase ins Gesicht stübte.

„Wir beiden, meine Süsse, sind NICHTS von beidem und haben uns trotzdem im Heu gewälzt!“

„Und? Riu ... war eben anders. Er hat mich nie zu etwas gedrängt. Er war ...“

„Ein Hohlkopf?“

„Nein! Er war der wundervollste Mensch, den man sich vorstellen kann. Sanftmütig, hilfsbereit.“ Verzweifelt hielt sie an ihrer Legende fest.

„Ach? Und was bin ich? Das Arschloch, dass Dir keine Wahl gelassen hat? Du WOLLTEST das hier, Niha!“

„Ja.“, gab sie zu. „Ganz genau! Ich wollte es! Ich wollte mit meinem Stallknecht schlafen. Nicht mehr und nicht weniger. Kein Grund, es zu dramatisieren.“

„Dramatisieren?“, knirschte Lee. „Ich dramatisiere gar nichts! Im Gegenteil. Ich werde die Sache ENTdramatisieren. Gibt´s im Dorf einen Amtsrichter?“

„Was?“

„Ob es einen Richter gibt.“, artikulierte Lee überdeutlich.

„Wozu?“

„Bestimmt nicht, um einen falsch geparkten Drachen anzuzeigen.“, schnaubte Seine Gnaden mit funkelnden Augen. „Wir heiraten!“

„Wir WAS???“

Himmel! Diese Frau! Sie machte ihn schon wieder wütend. Angesichts der Tatsache, WIE er in letzter Zeit seinen Zorn abreagierte, eigentlich nicht die schlechtesten Aussichten.

„Hei ... ra ... ten. Ob Du´s glaubst oder nicht, das ist genau das, was ich mit Frauen zu tun pflege, wenn ich sie entjungfert habe.“
 

Heiraten? Wie zur Hölle sollte sie ihre Besessenheit denn je wieder loswerden, wenn sie das tat? Ihr Herz würde noch tausendmal brechen!

„Bist Du verrückt?“, brachte sie heraus. „Ich ... wir waren nur wütend aufeinander! Das hier hatte nichts zu bedeuten!“

Diese Lüge auszusprechen schmerzte mehr, als sie es für möglich gehalten hätte.

„Nur wütend?“, fauchte er. „WÜTEND? Dann lass Dich mal hübsch desillusionieren, Fräulein Koro.“ Er packte sie und presste sie mit seinem Körper gegen die Stallwand. „Scharf warst Du auf mich. Und das nicht erst seit heute!“

„Lass mich los! Das stimmt nicht!“

„Ach nein? Ich könnte Dich jederzeit wieder haben, Niha.“

Eine Hand, dieselbe, die sie noch vor einer halben Stunde um den Verstand gebracht hatte, legte sich besitzergreifend um ihre Brust. Und sie? Sie reagierte auch noch darauf ...

„Ich WERDE Dich jederzeit wieder haben.“, stellte er klar. „Und zwar wo, wann und wie ich will!“

„Du kannst mich vielleicht dazu bringen, wieder mit Dir zu schlafen. Aber heiraten ... werd ich Dich nicht!“, keuchte Niha.

„Das werden wir doch mal sehen!“
 

Niha zwang sich zur Ruhe. Sie musste ihm das ausreden! Unbedingt!

Sie war einfach zu verletzlich, wenn es um diesen Kerl ging. Mit jedem Tag würde sie ihn immer noch mehr lieben und ihr wachsendes Unglück würde auf ihn abfärben. Denn egal wie sehr sie stritten, eines wusste Niha ganz genau: Das Letzte was Lee wollte, war, sie zu verletzen.

Schliesslich hatte sich schon eher herausgestellt, dass er alles andere als verantwortungslos war. Und nun sollte sein Ehrgefühl ihn an sie ketten?! Nur weil sie die Klappe gehalten hatte, über ihren ... Intim-Stand?

Nein! Sie würde nicht zulassen, dass er wegen ihres Fehlers unglücklich würde, denn sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie alles abliefe.

Zuerst wäre er ja vielleicht noch ganz zufrieden.

Er wäre ein guter Ehemann, daran zweifelte Niha keinen Moment.

Ihren Geschwistern könnte gar nichts besseres passieren, als so einen Schwager zu bekommen. Sie hatte ja schon gesehen, wie selbstverständlich er sich um alle kümmerte.

Der Knackpunkt war sie! Sie ganz allein. Sie würde es nicht schaffen, ihn glücklich zu machen. Nicht auf Dauer!

Sie war ... nicht genug. Nicht einmal für Riu war sie genug gewesen. Wie sollte sie es für DIESEN Mann sein? Er brauchte nur zu lächeln, und schon taten sich hunderte von Möglichkeiten auf.

Doch durch eine Heirat wäre er an sie gebunden. Sie! Ein schreckliches, zänkisches Weibsbild mit drei Anhängseln. Und sein Sinn für Anstand und Fairness würde dafür sorgen, dass dies auch so bliebe. Mit der Zeit würde er unzufrieden, und sich wünschen, dass das hier niemals geschehen wäre.

Sie musste die Sache beenden.
 

„Und warum? Warum sollte ich ausgerechnet Dich heiraten?“, lachte sie bitter.

„Verstehe.“, knurrte er. „Als Ehemann bin ich mal wieder nicht gut genug?“

Nicht gut genug? Fast wäre Niha ein ungläubiges Schnauben entwichen. Nicht gut genug? Wenn hier jemand nicht gut genug war, dann bestimmt nicht er! Doch er lieferte ihr die Notlüge quasi frei Haus. Es wäre dumm, diese Gelegenheit nicht zu nutzen. Schliesslich ging es um SEINE Freiheit!

Mach´s kurz, Niha! Und lass es richtig schön wehtun. Das kannst du schliesslich am besten!

„Erfasst Schlaumeier!“, würgte sie durch die zugeschnürte Kehle. „Ich hab kein Interesse an Dir! Das Einzige, wozu Du mich gekriegt hast, waren ein paar Küsse und ... diese ... diese ... Stroh-Tändelei.“

Doch ein paar Lügen waren Miss Koro nicht genug. Verbissen quälte sie sich und ihn weiter.

„Du hältst Dich für unglaublich toll, aber lass Dir eines gesagt sein: Den Besten hab ich schon lange vor Dir kennen gelernt. Und Du wirst ihm nie das Wasser reichen. Niemals!“
 

Eine Ohrfeige hätte Lee nicht schneller auf Distanz gebracht.

Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Verzweifelt versuchte er, ihre Tirade nicht an sich heranzulassen.

Sie war durcheinander und verletzlich. Und in solchen Fällen schlug seine Niha eben um sich.

„So ist das.“, flüsterte er rau. „Du reibst mir tatsächlich Deinen heiligen, makellosen Riu unter die Nase?“

„Verdammt richtig! IHN hab ich wenigstens geliebt. Und trotzdem hab ich ihn nicht zurückgenommen, als er wieder hier angekrochen kam. Weil ich nämlich niemanden brauche. Und schon gar keinen Mann!“

„Er ... lebt?“, brachte Lee heraus. „Ich dachte ... Maja sagte, er sei Geschichte.“

„Ist er auch. Er ist damals mit einer anderen davongelaufen. Sie hat ihn drei Monate später in die Wüste geschickt. Ende der Geschichte. Das war´s! Und jetzt,“, sagte sie mit letzter Kraft. „Will ich, dass Du packst!“

Damit drehte Niha sich um und lief aus dem Stall. Sollte er sie ruhig für rüde, herzlos und was weiss ich noch alles halten. Umso schneller würde er einsehen, dass sie nicht gut für ihn war.

„Lass ihn aufgeben!“, betete sie still, während ihr die Tränen über die Wangen liefen. „Lass ihn BITTE aufgeben. Sonst schafft er es noch mich zu irgendetwas zu überreden.“

Sie rannte hinter die Scheune, um wenigstens fünf Minuten ungestört zu sein und einen kleinen Teil ihrer Fassung wieder zu erlangen.
 

Lee stand reglos inmitten des Heus.

Sein letztes Bisschen Hoffnung war eben in sich zusammen gestürzt. Er hatte akzeptieren und verstehen können, dass sie die Erinnerung an einen Toten verklärte. Aber wenn die diesen Mann schon auf ein solches Podest stellte, obwohl er noch lebte ...

Sie liebte ihn.

Riu, der sie verlassen hatte.

Riu, der sie verraten hatte.

Den Mann, der sie bitter enttäuscht hatte ...

Sie liebte Riu noch immer. So einfach war das.

Wer war ER denn, sich einzubilden, ihr Herz sei wandelbar?

Sie hatte ihm ihren Körper geschenkt, mehr nicht.

Ihr Vertrauen, ihre Seele und ihr Herz ... all diese Dinge, die er so verzweifelt begehrte, würden ihm nie gehören.

Wie sehr er sich wünschte, dies früher gewusst zu haben. Statt dessen hatte er gegen Windmühlen und Riesen gekämpft. Er hatte seine Kraft verbraucht, und jetzt war er diesem Schmerz schutzlos ausgeliefert.
 

Sie würde ihn nie lieben können...

Diese Frau, mit einem Herzen so groß wie der Ozean, in dem für jeden Platz war.

Ausser für ihn.

Für Geschwister, Nachbarn, dreibeinige Hunde, streunende Katzen, Schweine und einen verräterischen Bastard.

Nur nicht für ihn. Niemals für ihn.

Vielleicht, wenn er sein Leben nur ein wenig anders verbracht hätte?

Vielleicht hätte sie ihn lieben können, wenn er ein besserer Mensch gewesen wäre? Wenn er mehr an andere gedacht hätte.

So wie ... Lu Ten. Der jeden gottverdammten Tag hart daran arbeitete, seinem Volk eines Tages der bestmögliche Nachfolger Zukos II zu werden. Der jede Entscheidung hundertfach überdachte, weil er genau wusste, dass tausende von Menschen davon abhingen.

Doch Lee? Er hatte mehr oder weniger in den Tag hinein gelebt, hatte die Sonne Sonne sein lassen. Natürlich hatte es Arbeit und Pflichten gegeben, doch er hatte sie nie so ernst genommen, wie er hätte sollen.

Ja, vielleicht hätte Niha ihn lieben können, wenn er ein besserer Mensch gewesen wäre.

Doch er war es nicht. Nicht gut genug.

In seinem Hochmut hatte er sich tatsächlich eingebildet, ER wäre derjenige, der ihr zu ihrem Glück noch fehle.

Ihr Glück ... das ihm wichtiger geworden war, als das eigene.

Plötzlich wusste Lee, was er noch zu erledigen hatte. Er ging nach oben und begann zu packen.
 

Als Niha schliesslich doch ins Haus ging, stellte sich eine neue Hürde. Ihr moralisches Feingefühl meldete sich mit voller Wucht.

In Gegenwart ihrer Geschwister wurde ihr erst bewusst, was sie in der letzten Stunde so alles getrieben hatte. Mit hochrotem, gesenktem Kopf und fast ebenso hochroten Augen hastete sie zum Herd.

„Wo warst Du denn so lange?“, fragte Maja prompt, immer noch mit diesem trotzigen Unterton in der Stimme.

„Ich ... hatte was mit Lee zu klären.“, stiess ihre ältere Schwester aus.

„Zu klären? Wahrscheinlich hast Du ihm wieder Vorhaltungen gemacht. Zerfa hat von dem Kalb erzählt. Möchte mal wissen, was so schlimm daran ist, wenn er ihr eins schenkt.“

„Lee,“, antwortete Niha heftiger als nötig. „Gehört NICHT zur Familie. Ich finde ist es Zeit, dass ihr euch daran erinnert. Darum wird er morgen auch gehen!“

„WAS???“

Drei entsetzte Gesichter starrten Niha an. Schlimmer konnte dieser Tag wirklich nicht werden.

Bis auf diese eine, viel zu kurze Stunde ...
 

„Was hast Du gemacht?“, hauchte Maja. „Was, in Agnis Namen hast Du gemacht? Wenn er geht, ist es DEINE Schuld!“

„Lee würde nie abhauen!“ Jem klang verdächtig heisser. „Nie im Leben!“

„Himmel noch mal! Hört doch auf!“, schrie Niha. „Er ist unser Hilfsarbeiter. Nichts weiter!“

„Und WESSEN Schuld ist das?“, brüllte Maja, ziemlich untypisch, zurück und sprang auf. „Ich geh jetzt und sag ihm, dass er bleiben soll!“

„Das wirst du NICHT!“, krächzte ihre ältere Schwester.

„Ach nein?“

„Maja!“

„Du hast Lee doch nie eine Chance gegeben!“ Majas Stimme bebte vor Wut, und vielleicht auch Tränen. „Du bist schon so verbittert, dass Du nicht mal den anständigsten Kerl Deines Lebens erkennst, wenn man ihn Dir auf die Nase bindet! Er schuftet sich hier krumm und bucklig, ohne zu murren. Den Kindern hat er endlich mal ein bisschen Selbstvertrauen gegeben. Und falls Du´s nicht bemerkt hast: Er hat mir kein einziges schlüpfriges Angebot gemacht, seit er hier ist. EIGENTLICH hat er fortwährend nur Dich angesehen, aber Dir ... Dir ist das egal! Weil Niha Koro nämlich niemanden braucht, oder? ODER???“

In ihrem ganzen Leben hatte Maja noch nie so geschrieen. Niha konnte nur sprachlos zusehen, wie sie aus der Küche stürmte.
 

In diesem Durcheinander von Vorwürfen und Verleugnung hatte niemand auf Zerfa geachtet. Ihre ungläubig geweiteten Augen waren unendlich traurig geworden, als sie begriffen hatte, was Niha erzählte. So traurig, dass nur Resignation übrig blieb.

„Geht Lee weg?“, fragte sie leise in die erdrückende Stille.

„Ja, Spatz.“, flüsterte Niha heisser. „Tut mir leid.“

Zerfa blickte auf den Boden, zuckte mit den Schultern, drehte sich um und ging die Treppe hinauf.

So blieb es an Jem hängen, seine große Schwester vorwurfsvoll anzustarren.

„Mädchen sind ja sowas von blöd!“, stiess er aus. Danach klang es, als schniefe er. Er wischte mit seinem Ärmel über die Augen. „DU bist blöd!“, stellte er klar. Nur für den Fall, dass Niha ihn nicht verstanden hatte.
 

Maja stürmte in den Stall. Dort stand bereits ein gepackter Seesack am Fuss der Leiter.

„Lee?“, rief sie ins Halbdunkel.

„Ja?“, fragte es hinter ihr.

„Agni! Hast Du mich erschreckt!“

„Tut mir leid.“, sagte er seltsam tonlos.

„Ich ... ich hab von Niha gehört, dass sie Dich weggeschickt hat.“

Er nickte schroff.

„Fein! Dann sag ICH, dass Du bleibst.“

„Maja ...“

„Nichts Maja. Ich hab hier schliesslich auch was zu sagen. Und ich will, dass Du bleibst. Wir alle wollen das! Denn was besseres als Du ist dieser Familie noch nie passiert.“

„Maja ...“, murmelte Lee. „Es hat keinen Zweck. Sie will es nicht!“

„So schnell gibst Du auf? Das glaub ich jetzt nicht!“

„Glaub was Du willst.“

„Aber ... Du liebst sie doch!“ warf sie ihm an den Kopf.

Lee holte tief Luft.

„Das ändert nichts.“

„Es ändert nichts? DU hast mir doch noch erzählt, dass die Liebe alles ändert! DU hast mir doch von Deinen Eltern erzählt...“

„Maja, sie liebt mich nicht!“, presste Lee durch die Zähne. „Sie liebt diesen Riu. Und den werd ich ihr holen.“

„Riu? Quatsch!“

„Du hast selbst gesagt, dass sie noch um ihn trauert.“

„Ja. Nein ... aber nicht SO! Sie schickt ihn jedes mal weg, wenn er hier auftaucht!“

„Sie liebt ihn trotzdem.“

„Lee ...“

„GENUG!“, stiess er aus. „Manche Dinge kann man nicht ändern. Wo lebt Riu jetzt?“

„Ich sag Dir doch: sie will ihn nicht!“

„Doch! Tut sie! Sagst du´s mir jetzt, oder muss ich im Rathaus Akten klauen?“

„Lee, bitte!“

Er schnappte sein Gepäck und schulterte es.

„Wiedersehen, Maja.“

Damit drehte er sich um und strebte zur Tür.

„Er lebt in Wakodu. Als Stadtschreiber.“, flüsterte sie.

Lee nickte ohne sich umzudrehen und ging.

Maja stand im Stall und blickte an die Decke, um die Tränen zurückzuhalten.

„Er kommt wieder!“, teilte sie den Schweinen mit. „Er kommt wieder, und dann sehen wir weiter ...“
 


 

Wakodu, zwei Tage später
 

Die goldgrünen Augen fixierten Riu Lan mit leerem Blick.

Der junge Stadtschreiber kümmerte sich gerade um die Probleme einer lautstarken Bürgerin. Sein gehetzter, hektischer Ausdruck ließ auf eine leichte Überforderung schliessen.

„Ich KANN nichts dagegen tun.“, wiederholte er entnervt. „Wenn Ihr Waldi die ganze Nacht durch bellt, muss er weg! Schliesslich wohnen Sie direkt neben dem Hospital.“

„Aber ...“

„Nächster bitte!“

„Hören Sie mal ...!“

„NÄCHSTER bitte!“
 

Die Dame wurde von einem Ordnungshüter höflich zur Tür geleitet.

Riu rieb sich müde die Augen. Die Kopfschmerzen waren wieder da. Als ein Schatten auf seinen Schreibtisch fiel, stellte er die übliche Frage.

„Was kann ich für Sie ...“

„Bist Du Riu?“

„Äh ... ja.“

„Ich möchte, dass Du mit ... kommst.“

„Mitkommen? Sind Sie betrunken?“

Was für ein lächerlicher, verklemmter Möchtegern-Romeo! Lee wankte ein wenig.

„Nein.“, sagte er. „Sturzbesoffen. Das ist es ... was ich bin.“

„Äh ... Nächst ...“

„Klappe halten!“, knurrte Seine Hoheit. „Wenn ich Dir nicht ...“ Er musste aufstossen. „Tschuldigung ... die Theke voll kotzen soll.“

„Hören Sie, ein solches Benehmen ...“

„Ich kann mich verdammt noch mal benehmen, wie ich...“
 

Nein. Schlechte Idee, hier den abgestürzten Prinzen zu spielen. Paps würde das nicht gerne sehen. Und Mama ... schon gleich gar nicht!

„Hör mal,“, Lee bückte sich zu diesem Milchbrötchen hinunter.

Riu verzog angewidert das Gesicht.

„Willst Du ... Niha wieder haben?“

„Was?“, hauchte Herr `Höhere Beamtenlaufbahn´ mit einem Mal viel zugänglicher. „Sie kennen Niha?“

„Ja.“ presste Lee durch die Zähne. „Leider.“

„MEINE Niha?“

Lee ballte die Fäuste. Das war´s. Gleich würde ihm die Galle übergehen! Das Verlangen, diesem Trottel eine zu verpassen, wurde fast übermächtig.

„Sülz mich ja nich voll! Ich ... wohne im ... im ... Irgendwas mit Schwein. Komm morgen da hin, wenn ich wieder,“, er hielt sich an der Tischkante, „denken kann.“

„Was ist mit Niha?“ Riu war aufgesprungen.
 

„Äh, Verzeihung. Dauert das hier noch lange? Ich brauch nur einen Stempel.“

„ICH WERD DIR GLEICH EINE STEMPELN!!!“

„Na, also das...! Oh, mein GOTT... ! Sind Sie ... Sie ... sind ...“

„Seh ich so aus?“, fauchte unser heute so gar nicht charmanter Fürstensohn.

„Ja!“, stammelte der glatzköpfige Mann.

„Aber es stimmt nicht!“ sagte Lee. „Ich bin nicht ... Lee. Ich bin niemand.“

„Aber ...“

„Ha!“ Von einem Geistesblitz durchzuckt wirbelte Prinz Billigfusel herum. „Grinsend. Das war´s! Zum grinsenden ... Ferkel.“

Riu schluckte und nickte. Er wusste nicht, was er von dieser Sache halte sollte.

„Ich ... werd morgen einen Höllenschädel haben. Also sei ja vorsichtig!“

Mit dieser letzten Warnung schlenderte Lee, so gut es in Verbindung mit der Wankerei eben ging, hinaus.
 

Als er am nächsten Tag aufwachte, konnte er sich nur an eines erinnert:

Niha Koro wollte ihn nicht.

Er lag im Bett, starrte mit blutunterlaufenen Augen an die Decke, und fragte sich, ob er es irgendwann begreifen würde.

Jemand hämmerte an die Tür. Der Schmerz, der daraufhin seinen Schädel zu spalten drohte, zeigte ihm wenigstens, dass er noch fühlen konnte.

„Verdammt, was soll das?“, ächzte er.

Es rummste weiter.

„RUHE! ... Argh!“ Er hielt sich den Kopf. „Verschwinde!“

Doch der Störenfried nahm seine Berufung sehr ernst.

„Hallo?“, rief es durch das Holz. „Sind Sie da?“

Lee quälte sich von der Matratze, stand auf.

„HA...“

Und riss die Tür auf.

„... llo?“

„Was ist?“, schnauzte Seine Gnaden.

„Ich ... sollte herkommen.“

Lee verengte die Augen, was in deren verquollenem Zustand gar nicht so einfach war.

„Ach, echt?“

„J ...ja. Sie sagten etwas wegen ... wegen Niha.“

Niha. Ihren Namen zu hören schnürte ihm die Kehle zu.

„Ah. Riu, nicht wahr?“

„Äh ... Ja. Sie sagten doch ...“

„Ich sag viel, wenn die Sanduhr rieselt.“

„Also, wegen Niha ...“

„SAG ... diesen Namen nicht! Halt einfach Deine Klappe!“

„Ja, gut. Aber Sie sagten, dass ich Ni ... sie wiederhaben kann.“

„Ja.“

„Liebt sie mich denn noch?“
 

Bei allen Göttern. Er konnte das nicht! Er konnte nicht!

Aber Niha ... Dieser Bursche war das, was sie wollte. Und es würde der Familie helfen. Maja, Jem und Zerfa. Es schnürte ihm schon wieder die Kehle zu.

„Ja.“, quetschte er heraus. „Tut sie.“

„Oh, Agni! Ich WUSSTE es!“

Es wurde langsam Zeit, sich wieder der menschlichen Rasse anzunähern. Lee versuchte es mit einem Eimer kalten Wassers, den er sich über den Kopf leerte.

„Ich kann meinen Posten hier nicht so einfach aufgeben.“ Riu lief enthusiastisch im Kreis. „Aber ... ich werde mich heute noch in Agnam Ba bewerben und in einem Monat ...“

„Du kommst gleich mit!“

„Was?“

„Du kommst mit, und wenn ich Dich hinter mir her schleifen muss.“

„Aber meine Arbeit!“

„Ich beschaff Dir welche.“

„Hä?“

„Du wirst Arbeit bekommen. Klar?“

„K ... lar. Aber wie?“

„Durch meinen Charme.“, knurrte Lee.

Charme? Sicher! Wem wollte er hier was weiss machen? Er roch wie ein Schnapsladen, hatte eine Gesichtsfarbe wie Grießpudding und sah aus als hätte ihn jemand als Wischmob missbraucht. Nicht gerade einer seiner besten Tage. Aber die würden jetzt wohl ohnehin selten werden.
 

„Also gut.“ Riu spreizte die Hände. „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“

„Wenn Du das sagst.“

Lee grabschte sich das zerknitterte Hemd vom Stuhl. Eigentlich hätte es eine Wäsche nötig. Aber eigentlich scherte ihn das einen Dreck.

„Und ... Sie sind sicher? Mit Ni ... ihr? Sie hat gesagt, ich soll sie ihn Ruhe lassen, und mein eigenes Leben leben.“

Agni! Wollte sie WIRKLICH diese Weichbirne haben?

„Hör mal Kumpel, Weiber sagen am Tag tausend Sachen, die sie nicht so meinen. Also halt die Klappe und lass mich in Frieden, bis wir in diesem Mist-Kaff sind.“

`Sonst wird Dein Gebiss in Mitleidenschaft gezogen!´

„Äh ... ja. Schon gut. Ich ... ich bin nur so wahnsinnig glücklich!“

Tja, das belegte eindeutig, dass Schwachsinn und Glück keine Gegensätze waren. Eine Frau wie Niha sitzen zu lassen ... wie bescheuert konnte man denn sein? Der Kerl verdiente sie nicht!

Aber da waren sie ja schon zu zweit, nicht wahr?

Und Riu ... Riu hatte das Glück, von ihnen beiden der Schwachsinnige zu sein, den sie wollte.

Also ergriff Lee die einzige Möglichkeit, die Dame seines Herzens glücklich zu machen; ihr das zu geben, was sie begehrte.

Dass es ihn selbst fast umbrachte? Seine eigene Schuld.

Vielleicht hätte sie ihm irgendwann vertraut, wenn er es weniger bunt getrieben hätte. Vielleicht, nur vielleicht, würde er sich dann nicht so leer fühlen.

Die bitteren Gedanken und die düstere Stimmung, in die sie ihn stürzten, bewirkten immerhin, dass Riu ihm während des Rests der Reise nur alle zwei Stunden auf die Nerven ging (aber dann für jeweils hundertzwanzig Minuten).
 


 

Seit vier Tagen war Lee nun fort. Seit vier Tagen war nichts mehr wie früher.

Zum Alltag zurückkehren? Fehlanzeige!

Der Weggang ihres Hilfsarbeiters schien die gesamte Familie zu lähmen.

Maja sprach kein Wort mehr mit Niha, war überfürsorglich zu den beiden Kleinen, und versuchte selbst die schwersten Arbeiten allein zu erledigen. Gestern hatte sie sich beim Heben der zu tief in die Erde gegrabenen Pflugschar den Rücken gezerrt, weil sie sich lieber die Zunge abgebissen hätte, als Niha um Hilfe zu bitten.

Jem war ein ganz anderes Problem. Er kam nicht mehr zur Ruhe. Von morgens bis abends rannte er durch die Gegend und schnatterte wie ein zu stark aufgezogenes Uhrwerk. Er war fahrig, nervös, hatte dunkle Ränder unter den Augen und heute ... war er mal wieder mit einem blauen Auge aus der Schule gekommen. Er redete wie ein Wasserfall, damit keiner auf die Idee kam, ihn danach zu fragen.

Doch die größten Sorgen machte Niha sich um Zerfa.

Seit Lee weg war hatte sie nicht mehr von sich gegeben, als eine Handvoll Worte. Sie jammerte nicht, sie weinte nicht, sie war auch nicht bockig, oder gereizt.

Sie ging zur Schule, machte Hausaufgaben, half die Hühner zu versorgen und das Geschirr abzuwaschen. Doch den Rest des Tages sass sie einfach nur auf ihrem Bett, kämmte ihrer Puppe die Haare und sagte nichts. Nicht einmal das Kälbchen kümmerte sie. Und das Schlimmste war, dass sie sich mit jedem Tag NOCH mehr zurückzog.
 

Und dann war da noch der eigene Schmerz, mit dem Niha zu kämpfen hatte.

Sie versuchte sich einzureden, sie hätte keine Zeit dafür. Diese Taktik hatte ihr schon einmal über Liebeskummer hinweggeholfen.

Liebeskummer ... Diese kaum zu ertragende Sehnsucht nur Kummer zu nennen ...

Doch diesmal war es egal, ob sie Zeit dafür hatte, oder nicht. Der Schmerz war da. Tief, bohrend, beständig. Ob sie nun wollte, oder nicht. Und er hinterliess leere Stellen, überall in ihrem Herzen.

Im Augenblick sass sie da, liess Jems nicht enden wollendes Schnattern an sich vorbei rauschen, und zwang sich zu einem weiteren Bissen.

„Zerfa. Du hast Deinen Maisbrei gar nicht angerührt.“, flüsterte Maja und strich der Kleinen die Haare aus der Stirn.“

Das Kind zuckte mit den Schultern.

„Komm schon. Du musst was essen.“

Zerfa tat ihrer Schwester den Gefallen und ass zwei Löffel.

„Darf ich jetzt aufstehen?“, fragte sie danach leise, rutschte vom Stuhl und huschte, ohne die Antwort abzuwarten, aus der Hintertür.

Maja warf Niha einen gehässigen Blick zu, als sei das alles ihre Schuld.

Das war zu viel!

Mit lautem Stuhl-Scharren stand Niha auf.

„Ich bin im Stall!“, sagte sie schroff und nahm ihre Schüssel, um sie in die Spüle zu stellen.

Doch das tönerne Utensil sollte dort nie ankommen, denn sie hatte es fallen lassen und starrte, blass geworden, auf die Tür.

Wenn Lee je noch eines Beweises ihrer Gefühle bedurft hätte, hier war er! Ihre Reaktion auf Rius Erscheinen sprach Bände.
 

Niha starrte Lee an, wie vom Blitz getroffen. Er stand da. Einfach da.

Mit einem seltsam tragischen Ausdruck in diesen wunderschönen Augen.

Und sie blöde Kuh brachte keinen Ton heraus, bis ...

„Niha?“

Begriffsstutzig wanderten ihre Blicke über ein vertrautes Gesicht.

„Riu?“

„Niha! Ich ...“

In Ermangelung sinnvoller Worte ergriff ihr einstiger Verlobter die Initiative und küsste sie.

Niha hätte nur gerne gewusst, WARUM?!?

Lee war kurz davor, irgendetwas niederzubrennen.

`Sie ist jetzt glücklich, also geh!´

Doch seine masochistische Seite, von der er bis dato noch gar nichts gewusst hatte, schien sich in dem Schmerz suhlen zu wollen.

„Niha! Liebste!“

Genug! Bevor er in die Ecke kotzte, ging er lieber.
 

„Lee!“

Das war Maja. Aber auf wohlmeinenden Trost konnte er momentan wirklich verzichten! Mit langen Schritten strebte Seine Hoheit über den Hof. Nur weg hier!

„Lee?“

Diese weitaus zaghaftere Stimme liess ihn abrupt innehalten. Agni hatte wohl einen schlechten Tag. Oder er wollte Prinz Lee einfach nur für alle in seinem Leben begangenen Fehler büssen lassen.

„Lee?“

Er drehte sich um.

„Knöpfchen.“, sagte er heiser.

Zerfa stand erst nur da. Dann stürzte auf ihn zu, presste ihr Gesicht an seine Beine und klammerte sich verzweifelt fest.

„N ... nicht weggehn!“, schluchzte sie. „Du darfst nicht gehn!“

Inzwischen hatte Lee sich niedergekniet und hielt sie im Arm.

„Es tut mir so leid, Zerfa.“

„Bitte! Ich ... wir legen auch keine Käfer mehr in Dein Bett! Bitte!“

„Schätzchen! Ich weiss, dass Du es jetzt nicht verstehst, aber ich muss gehen.“

„Nein! Ich werd auch brav sein!“

„Ach Knöpfchen!“, flüsterte er rau in ihre Locken. „Es ist doch nicht Deine Schuld. Ganz bestimmt nicht! Niemand hat Schuld. Manche Dinge können wir eben nicht ändern.“

„Doch!“, weinte sie. „Doch! Du kannst es wieder gut machen!“

Lee wusste, dass keine Seele je wieder ein derartiges Vertrauen in ihn setzten würde, wie dieses Kind. Und er musste es enttäuschen!

Die Bruchstücke seines Herzens pulverisierten.

„Zerfa ...“

Er versuchte, in ihr Gesicht zu spähen, doch sie drückte es gegen seinen Hals.

„Zerfa, sie mich an.“

Sie tat es. Aber durch die Tränen würde sie nicht viel erkennen.

„Ich hab Dich lieb, Knöpfchen.“, brachte er hervor. „Sehr, sehr lieb! Euch alle. Aber ... ich muss jetzt gehen.“

Er machte sich los, wendete sich ab und ging.

Dann stellte er fest, dass die Kleinste der Koros das vermochte, was die Älteste nicht geschafft hatte. Tränen liefen ihm übers Gesicht.
 

Lee sass auf dem harten Boden des einzigen Bahnsteigs von Agnam Ba.

Irgendwann würde ein Zug kommen. Wenn nicht heute, dann morgen. Nach und nach gesellten sich immer mehr Leute zu ihm. Ein gutes Zeichen. Vielleicht hätte er dieses beschissene Kaff ja bald hinter sich.

Und tatsächlich. In der Ferne schrillte schon die Pfeife des eisernen Monstrums. Lu Ten hätte zum Thema „Dampfmaschinen“ bestimmt einen zweistündigen, begeisterten Monolog vom Stapel gelassen.

Seine Familie ... Lee Innerstes zog sich zusammen. Er konnte nur hoffen, dass die vertraute Umgebung, und die geliebten Menschen die dumpfe Leere in ihm ein wenig abklingen lassen würden.

Als der Boden zu vibrieren begann, erhob sich der Herzog von Goam von seinem staubigen Platz und starrte dem Zug entgegen.

„Lee ...“

Das Ding machte beim bremsen einen ohrenbetäubenden Lärm.

„LEE!“

Das schrille Kreischen schien eine Verhöhnung seines Namens zu sein.

„Lee!“

Etwas packte seinen Ärmel.

„Maja?“
 

Das Mädchen war derart außer Atem, dass es keinen Ton herausbrachte.

„Ist was passiert?“, fragte Lee sofort.

Sie nickte.

„Mit Niha?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Die Kinder?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Was denn dann?“

Sie keuchte hingebungsvoll.

„Verdammt, Maja! Was denn? Der Zug fährt gleich ab!“

Sein Ärmel wurde fester gepackt. Nur so als Vorsichtsmassnahme. Dabei rang sie immer noch so verzweifelt nach Luft, dass sie ihr Anliegen nicht vorbringen konnte.

Erstaunlicherweise erfuhr Majas schlechte körperliche Verfassung eine wundersame Wende, als der Zug gemütliche fünfhundert Meter zwischen sich und Prinz Lee gebracht hatte. Plötzlich konnte sie sich aufrichten.

„Es geht um Riu.“, sagte sie, mit den sauerstoff-gesättigsten Lungen der Welt.

„WAS? Um Riu? DARUM hab ich den verdammten Zug versäumt? Wegen dieses Jammerlappens?“

„Das ist es ja.“, sie wirkte fast heiter. „Er hockt in unsrer Küche, jammert rum, bettelt Niha an und sagt die ganze Zeit, es sei alles Deine Idee gewesen.“

„Hä?“

„Dass er zurückkommen sollte. Und Niha ist total genervt. Sie schiebt ihn weg und mault, er soll sie in Ruhe lassen!“

„Das ist SEIN Problem, nicht meins!“

„Du kapierst es immer noch nicht, oder?“

„Was denn?“

„Sie liebt ihn nicht mehr! Ich hab´s Dir doch schon gesagt, aber Du warst ja zu stur. Sie will ihn nicht!“

„Niha weiss nicht, was sie will!“

Maja hatte da andere Ansichten, aber die behielt sie für sich als sie hinter Lee her rannte.
 

Das Krachen der Tür gegen die Wand spielte Nihas strapaziertem Nervenkostüm übel mit. Gleich würde sie losbrüllen ... Doch jemand andres kam ihr zuvor.

„WARUM ZUM TEUFEL GLAUBST DU, HAB ICH DIESEN LABERSACK HIERHER GESCHLEPPT? HAST DU EINE AHNUNG, WAS ICH MIR ALLES ANHÖREN MUSSTE???“

„Labersack?“, keuchte Riu. „Also ...“

„Lee?“, hauchte Niha. Sie begriff überhaupt nichts mehr.

„Du wolltest ihn zurück haben ... also los! Oder muss ich ihm noch ein Schleifchen umbinden? DA!“

Lee packte seine Exchefin und zog sie zu dem Häufchen Elend am Küchentisch.

„Nein!“ Sie riss sich los. „Wie zum Geier kommst Du darauf, dass ich ihn zurück will?“,

„Weil Du den Trottel LIEBST!“

„Tu ich NICHT!“

„Oh Doch!“

„NEIN!“

„DOCH! Was Du im Stall gesagt hast ... Du weisst es nur nicht, Niha!“

„Das weiss ich zufällig sogar ganz genau!“

„ACH! UND WOHER AUF EINMAL?“

„WEIL ICH EINEN GANZ ANDEREN TROTTEL LIEBE!“
 

Es war gesagt. Eine geschlagene Minute starrten sie sich an.

Dann packte Lee ihren Arm und zerrte sie zur Tür.

„Was tust Du?“, keuchte Niha.

„Maja? Eure Schwester wird jetzt heiraten. Wartet nicht mit dem Essen auf uns!“

„Ist gut.“, meinte Maja gut gelaunt. „Sollen wir euch was aufheben?“

„Sicher!“, stimmte Lee zu, während er Nihas Hände vom Türrahmen schälte.

„Ich WILL nicht!“, schrie die Braut.

„Klar willst Du. Du hast eben zugegeben, mich zu lieben. Einen anderen Trottel wirst Du wohl nicht meinen.“

„Nein! ... Doch ... Ich ...“

„Dein Einsatz ist erst gefragt, wenn´s ans Ja-Sagen geht!“

Um schneller voran zu kommen, warf Lee sich seine Zukünftige über die Schulter.

„Ich ... hab doch noch meine Arbeitsschürze an!“, keuchte Niha.

„Und? Mir egal! Dem Richter auch!“

„Lee!“

„Dein Fest bekommst Du später. Und ich versprech Dir, es wird größer, als Dir lieb sein wird!“

„Lee!“

„WAS?“

„Dürfen wenigstens ... die Kinder?“

Er überlegte. Ernsthaft.

„Nein! Keine Zeit! Sonst überlegst Du´s Dir noch anders.“

„Aber Lee ...“
 

Der ehrenwerte Richter Weng war wenig erfreut darüber gewesen, beim Abendbrot gestört worden zu sein.

Nun stülpte er sich mürrisch seinen Richterhut auf den Scheitel und streifte die Robe über, während er in die Amtsstube schlurfte.

„Also wirklich, Niha Koro.“, murrte er, Reste von einem Hühnerbein nagend. „Das sieht Dir so gar nicht ähnlich.“

„Ist auch NICHT meine Idee!“, kam es spitz zurück.

„Was? Was soll das Ganze dann?“ die buschigen Brauen zogen sich zusammen.

„Ganz einfach, Euer Ehren. Das Weib liebt mich. Ist verrückt nach mir! Nur zugeben will sie es nicht.“

„Schon“, brummte Weng. „Einwilligen muss sie trotzdem.“

„So wie im Heu?“, fragte Seine Gnaden unschuldig.

„Lee!“, zischte Niha, plötzlich puterrot.

Das Poltern des Richters war um einiges lauter.

„NIHA KORO!!! Stimmt das?“

„Ich ... äh ... also ...“

„Hast Du mit diesem Mann ..? Also ... hast Du?“

„Na und?“

„Na UND? Mein liebes Fräulein, denkst Du vielleicht auch an Deine Familie? Da haben Deine Geschwister ja ein schönes Vorbild! Du heiratest den Jungen und damit basta!“

Lee grinste über beide Ohren.
 

„Personalien?“, unterbrach ihn der Richter barsch in seiner Selbstgefälligkeit.

„Oh ... äh, ja!“

Ohne einen Blick darauf zu werfen nahm der ältere Mann die Papiere entgegen. Dann räusperte er sich.

„Können wir die Kurzversion kriegen?“, warf Lee hastig ein. „Bitte?“

„Also diese Jugend von heute ... Willst Du, Niha Koro - dem anwesenden Amtsinhaber persönlich bekannt - den Mann zu Deiner Rechten heiraten?“ Weng deutete auf Lee, was den Vorschriften entsprach, um Missverständnissen vorzubeugen.

Niha schluckte, starrte auf ihre abgearbeiteten Hände und tat dann etwas sehr ungewöhnliches.

„Ja“, flüsterte sie.

„Schön! Willst Du, äh...“ Der Richter hielt sich Lees Unterlagen vor die Nase. „Lee Iroh Tian Tatzu - Personalien wurden überprüft - die Frau zu Deiner ...“

„Äh... Moment!“, rief Niha.

„Was denn nun schon wieder?“

„Sie haben seinen Nachnamen vergessen.“

Der ehrwürdige Weng angelte nach seiner Brille und beäugte das Dokument noch einmal.

Dann, als er endlich begriff, starrte er konsterniert den Bräutigam an.

„Nein“, würgte er hervor. „Hab ich nicht. Soll... Soll ich fortfahren?“, stotterte er zögernd und stierte Lee an.

„Bitte!“

„Aber er heisst Song! Lee was-weiss-ich-nich-alles Song.“

„I... ich lese nur, was auf dem Papier steht!“, erwiderte der Richter hastig. „Also noch mal: Willst D... du... äh... Ihr, Lee Iroh ...“

„JA!", rief Lee schnell. „Ich nehm sie! Die zu meiner Linken. Ganz klar!“

„Kinder, ich KANN so nicht arbeiten!“

„Doch! Können Sie“, behauptete der junge Mann, dessen Papiere ihn eindeutig als königlichen Prinzen der Feuernation auswiesen. „Sagen Sie einfach `Mann und Frau´ und schon sind Sie uns los.“

„Aber... Tatzu“, stammelte die Braut verwirrt. „So heisst doch ...“


„SAGEN SIE´S ENDLICH! Das Mädel will mich, und ich sie.“

„TATZU?“, quietschte Niha.

„LOS!“

„MANN UND FRAU!“, schrie Richter Weng entnervt. „Ihr seid Mann und Frau! Herrgottnochmalichbinzualtfürsowas!“
 

„Nein!“ Niha stemmt die Hände in die Hüften und sah von einem zum andern. „Ich will erst ...“

„Zu spät!“

Nun - endlich unter der Haube - entspannte Lee auf wundersame Weise.

„Das gilt nicht!“, ereiferte sich sein Eheweib.

„Doch. Die Zeremonie ist bindend. Genauer gesagt, gilt es sogar, wenn man vor Zeugen bekundet, dass man einander heiratet.“

„Quatsch!“

„Nein. Gesetz von 927, als Priester und Beamten knapp waren.“

„S ... stimmt das?“

Flehend starrte sie den Richter an.

„Ja. Und es wäre mir lieber gewesen, ihr hättet es so gemacht, statt mich da mit reinzuziehen.“, brummte der und tupfte sich mit einem Taschentuch Schweissperlen von der Stirn, nicht sicher, ob der oberste aller Feuerteufel ihn nur vierteilen, oder auch noch in Öl sieden lassen würde ...
 

„Fein.“ Niha biss sich auf die Unterlippe. „Also schön. Bin ich eben Deine Frau.“

Agni! Seine Frau. Sie war tatsächlich die Frau von Lee. Ihrem wundervollen, erstaunlichen, anbetungswürdigen Lee.

„Aber jetzt will ich wissen, warum Du wie der Feuerlord heisst.“

„Äh ...“

„Bist Du etwa mit ihm verwandt?“ Noch spottete sie, obwohl sie es doch EIGENTLICH besser wusste.

„Hm ... ja.“

„Ha!“ Ihr Knie wurden weich. „Haha!... WAS? Du... Du meinst das ERNST?“

Ihr werter Gatte machte ein zerknirschtes Gesicht und nickte.

„Ja. Dein großartiger, vielgeliebter Herrscher ist ... also ... Er ist mein ... Vater.“
 

Niha fiel in Ohnmacht. Einfach so. War zwar ihr erstes Mal, aber in den vergangenen fünf Tagen hatte sie ja schon ganz andere erste Male hinter sich gebracht, nicht wahr?



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Kommentare zu diesem Kapitel (22)
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Von: abgemeldet
2009-03-04T12:24:45+00:00 04.03.2009 13:24
Das war zum Zerreißen spannend *ohnmächtig werd*
Ich....weiß gar nicht was ich sagen soll... ich bin platt....*weiße Fahne schwing*

Von: abgemeldet
2009-03-02T17:33:14+00:00 02.03.2009 18:33
JAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHH!!!!!!!!!!!!
Sie WEIß es UND sie sind VERHEIRATET!! Tut mir leid, aber
mein Enthusiasmu ist kaum zu bremsen. Dass diese Geschichte die einzige
im Genre Avatar ist, die ich voller Spannung mitverfolge, sagt ja genug... Ich hoffe, im nächsten Kapitel kommen die beiden noch einmal zu Wort, auch wenn ich sonst immer an Lu Tens Leben interessiert bin.
Ich warte sehnsüchtig und ungeduldig.
LG, Cookie
Von:  Miyako-Hanabi
2009-03-01T20:27:27+00:00 01.03.2009 21:27
*auf dem Boden lieg und mich vor lachen nicht mehr einkrieg*
Ich hab mich ne weile nicht mehr gemeldet, ich weiß, aber ich lese trotzdem jedes Kapitel!!!!
Ich glaube, darauf warten sämtliche Leser deiner FF...jetzt fehlt nur noch Lu Ten aber war ja klar, wer von den beiden zuerst die Klappe nicht mehr halten kann....
Aber ich muss zugeben...dass es auf DIESE weise passiert, hätte ich nie gedacht...Lee tut mir leid, wenn DAS Zuko erfährt.
Und die arme Niha erst...
Von:  Tamatoshi
2009-03-01T17:21:55+00:00 01.03.2009 18:21
ich hab ja schon eigentlich von anfang der geschichte an darauf gewartet das das raus kommt xD
einfach unvergleichlich ^^
ich bin schon sehr gespannt wie Niha des weiteren darauf reagieren wird

lg schrank
Von:  amina90
2009-03-01T09:06:20+00:00 01.03.2009 10:06
Hi
also ich lese deine FF
finde sie super spitzenklasse
und dann kommt dieses Kapi...........
sag mal willst du dass ich vor lauter lachen und
gleichzeitigen staunen ersticke oder was ;-p
dieses Kapie is dermaßen geil...... ok falsches wort
hinreißend… faszinierend und was weis ich…
man echt und dann lässt du uns so lange
warten echt fies von dir
aber an sonsten
*-* ICH BETE DEINE FF AN!!!! *-*
(vor selbst errichteten Altar kniet und betet)
also bitte schreib bald weiter ja???
kiss Ami-chan

Von:  DarkEye
2009-02-28T23:09:33+00:00 01.03.2009 00:09
jaja der liebe liebe vater :D ist nur der herrscher des landes :D
geniales kapitel!
weiter so
dark
Von:  MissyRogue
2009-02-28T22:51:13+00:00 28.02.2009 23:51
Herrlich sehr herrlich!^^
Es war ein Vergnügen das Kapitel zu lesen.
DAs Nina ihnen künftigen Schwiegervater mal vor die Tür gesetzt hat, besonders jetzt wo ihr klar werden müsste WER genau das war...
Ja auf die Fortsetzung freue ich mich sehr.
Hoffe es geht bald weiter. Genauso witzig wie diese Trauung es war.
Von:  Bernsteinseele
2009-02-28T21:52:41+00:00 28.02.2009 22:52
harrharr .. geiles Kapi ... mal die wenigen Schreibfehler ignorrierend. *g*
Das war so süß wie des Knöpfchen sich an Lee klammerte. ^^
Ich bin dafür, dass Riu in Kerker kommt für Belästigung seiner Hoheiten :D

hrm .. ich hoffe mal die nehmen die Tiere nun mit in Palast? :D
Von:  Fresa-del-bosque
2009-02-28T21:09:43+00:00 28.02.2009 22:09
sorry ür den doppelpost, ich hab mir nur grade vorgestellt, was herr und frau ober-super-duper-feuerteufel alias lord und lady turteltaub dazu sagen werden.

aaaaaaaaaaaaaaaaaah, ich kanns kaum erwarten!!! :DDD
Von:  Somi
2009-02-28T21:07:47+00:00 28.02.2009 22:07
ein mega geiles kapi
ich bin schon echt gespannt wie es weiter gehen wird
und niha kann ja einem ein bisschen leid tuen....aber nur ein bisschen xD
schreib schnell weiter mach weiter so *anfeuer*
bye *knuddel*

Somi


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