That's us!
"Hey, Scorpius!"
Von weit her schien diese Stimme zu kommen, die den dunkelblonden, jungen Malfoy rief. Doch sie interessierte ihn nicht. Er saß unter einer Buche auf dem Schlossgelände vor dem See und sonnte sich. Und er sah in eine bestimmte Richtung. Zu jemandem.
Lily Luna Potter hatte ebenfalls nichts besseres zu tun, als sich faul in der herbstlichen Nachmittagssonne zu wälzen. Seit Tagen hatte sie nicht gut geschlafen, da sie fast pausenlos mit Rose Weasley gelernt hatte. Die Abschlussprüfungen standen für Rose bald bevor und sie wiederholte die ganzen 7 Jahre nocheinmal - mit Lilys Hilfe. Doch die Kusinen hingen gern aufeinander; sie hatten dieselben Interessen und Auffassungen, obwohl sie 2 Jahre auseinander waren. Wie Schwestern.
Ihr Blick streifte an den lachenden und lauten Klassenkameraden vorbei und geradewegs auf Scorpius Hyperion Malfoy, der sie ebenfalls anzustarren schien.
Sie sah flugs gen Himmel und gähnte herzhaft.
"Scooorpi", kam es erneut und im nächsten Moment schlug ihm jemand ein Buch auf den Hinterkopf und Scorpius schnellte mit gezücktem Zauberstab herum.
Albus Severus Potter sah ihn ämüsiert an und breitete seinen Rucksackinhalt vor Scorpius aus.
"Wir sind zum Lernen rausgegangen, schon vergessen? Aber du starrst lieber Löcher in die Luft ..." Er seufzte.
"Tu ich garnicht!", entgegenete Scorpius entrüstet und musste unweigerlich wieder zu Lily hinübersehen, die ihm aber weiterhin keine Beachtung schenkte.
Albus sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Nein, tust du nicht", wiederholte er und sah auf sein Geschichte der Zauberei-Buch herab, "Du begaffst lieber meine Schwester."
Scorpius' Kopf wurde langsam rot. "Kann dir doch egal sein!? DU kannst sie nicht haben, ich dagegen..." Er lächelte verschmitzt. "Sie hat kein Interesse. Das weißt du ganz genau", beteuerte Albus und gab Scorpius ein Dutzend Bücher in den Schoß.
"Das alles müssen wir...?" Er war schockiert. Hatte er etwas nicht mitbekommen? Er war doch ständig im Unterricht; warum war es auf einmal soviel Stoff, den sie zu lernen hatten?
"Oh man..." Albus schien angenervt. "Natürlich nicht alles, du Honk! Wie soll das denn gehen?"
Aber anstatt zu lernen, blätterte Scorpius in den nächsten Minuten nur lustlos die Bücher durch und warf ab und zu einen Blick über die Schulter auf Lily, bis sie plötzlich nicht mehr an ihrer Stelle lag.
"Wo ist sie?", fragte Scorpius laut heraus. Albus sah irritiert auf. "Wer? Was suchst du?" Doch als er bemerkte, dass Scorpius nichts in den Büchern suchte, sondern umherblickte, war es genug. Er stand auf, zückte seinen Zauberstab und zielte auf Scorpius' Kopf. Doch bevor er von einem Zauber getroffen werden konnte, als er Albus wieder angesehen hatte, hatte er ebenfalls wieder seinen Zauberstab in der Hand und die beiden standen nun voreinander.
Gespielt böse ließ Albus seinen Zauberstab als erster sinken. "Malfoy... wenn Lust hast, das Jahr zu wiederholen und das danach auch, um keinen Abschluss, aber Lily endlich näher zu kommen, musst du es nur sagen. Ich zwing dich nicht zum Lernen. Nur: nutz mich nicht aus! Bettel mich nie mehr an, dir zu helfen!" Er setzte sich wieder und würdigte Scorpius keines Blickes. Der schmunzelte wie im Widerspenst zwischen Realität und Verlangen, setzte sich dann aber wieder.
"Sorry, Potter. Sie würde sicher keinen Dummkopf mögen. Dieses Jahr ist meine letzte Chance. Also lern ich lieber fleißig!!" Und mit diesen Worten begann er ernsthaft mit Albus über die möglichen Prüfungsaufgaben zu diskutieren und zu büffeln.
~~~
Die Sonne stand inzwischen tief über dem Verbotenen Wald und es wurde kühl draußen.
Im Schloss herrschte reges Treiben. Es war schon Oktober und bald würde Weihnachten vor der Tür stehen. Und somit der große Weihnachtsball, der jedes Jahr stattfand, um die Häuser, die auch 25 Jahre, nachdem Voldemort besiegt worden war, erhalten waren, freundschaftlich zu gesinnen und Feindseligkeiten zu umgehen.
"Rooose!" Lily Potter kam hüpfend die Treppen zum 2. Turm hochgelaufen und klopfte gegen die Tür. Der Türklopfer in Form eines Adlerkopfes lies seine melodische Stimme verlauten, um die Antwort auf eine Frage zu hören, doch Lily ignorierte diese und rief weiter nach ihrer Kusine.
"Was ist der Unterschied zwischen Zauberern und Muggeln?", fragte die Stimme abermals. Lily sah irritiert drein. "Der Unterschied? Wir haben praktischere Lösungen für Probleme! Mach auf!!" "Gute Antwort. Könnte aber besser sein..." Und mit einem Schwung ging sie auf.
Lily trat hinein. 'Wenn man auch aus anderen Häusern hier so leicht reinkommt, indem man nur 'ne Frage beantworten muss... Die sollten sich echt mal überlegen, ob ein Passwort nicht besser wäre! Danke, Gryffindor!', endete sie ergreifend in ihren Gedanken und eilte schließlich die Treppe zu den Mädchenschlafsäälen hinauf. Die Gemeinschaftsräume von Ravenclaw und Gryffindor waren in etwa gleich geschnitte. Das erleichterte ihr die Suche, obwohl sie schon oft hier gewesen war (weshalb ihr die Tür wohl auch am ehesten geöffnet wurde, trotz der nur ausreichenden Frage).
Sie nahm drei Treppen auf einmal und klopfte schließlich etwas außer Atem an der Tür zum Schlafsaal.
"Ja?", erklangen mehrere Mädchenstimmen und Lily öffnete langsam die Tür.
Als sie ihren Kopf durchsteckte, quiekten die 5 Mädchen erfreut und zerrten Lily in den Raum hinein. Lily war sooft hier gewesen und hatte sie ihren Freundinnen vorgestellt; die waren ganz entzückt von dem süßen Mädchen und hatten sie immer gern zu Besuch da.
Jolie, die älteste der 5 Bewohnerinnen setzte sie neben sich auf ihr Bett.
"Lily! Welch eine Ehre." Sie lächelte Lily an.
"Hi, Jolie. Wie geht's, Amanda? Hallo Jasmin und Leila. Und..." Sie sah ihre Kusine vor dem Spiegel des großen Schrankes stehen: in einem wunderschönen, rosafarbenem Rüschenkleid. "Hallo, Kleine!" Rose lächelte sie mütterlich an.
Lily starrte schon fast, dann sah sie sie an.
"Du siehst umwerfend aus! Wunderhübsch!!"
Sie erhob sich vom Bett und ging auf Rose zu.
"Das Kleid passt perfekt zu dir! Ich will dich heirateee~n!" Sie sprang Rose gänzlich in die Arme und beide mussten lachen.
"Danke für dein Kompliment", grinste Rose. "Mam hat es früher auch beim Tanzen angehabt. Und da sie es nur einmal tragen konnte, ist es wie neu, nicht?
Ich muss garnicht daran herumzaubern!" Sie drehte sich erfreut im Kreis und sah zu, wie es ihrer Bewegung mit etwas Verzögerung locker folgte und sich aufbauschte.
"Ich hoffe, es gefällt ihm...", seufzte Rose flehend. Die Mädchen kicherten.
"Wem?", fragte Lily neugierig. Sie wusste garnicht, das Rose einen Schwarm hatte.
"Naja, weißt du...", begann Rose und lächelte verlegen. "Scorpius Malfoy!", platzte Amanda hervor und verzog das Gesicht. Die anderen taten es ihr gleich und lachten schließlich.
Rose drehte sich beleidigt gen Spiegel um und zupfte an ihrem Kleid.
Lily war sprachlos. Dieser... Gaffer hatte sie in ihren Bann gezogen?
Sie waren im selben Jahrgang und durch Albus hatten die beiden auch Kontakt, aber so nahe waren sie sich doch nie gewesen, oder?
"Im ernst, Rose?" Lily lächelte beschwichtigend, damit ihre Kusine sie nicht auch noch ignorierte. "Was habt ihr bitte gegen ihn?", drehte sich Rose beleidigt um und blaffte die Mädchen an - samt Lily. "Er ist ein netter, gutaussehender Typ!" "Hmnja, gut aussehen tut er schon, aber... er ist ein Malfoy!" Die Mädchen sahen sich mit verstohlenen Blicken an.
"Na und? Was sagt schon ein Name über eine Person aus!?"
Rose hatte den Nagel auf den Kopf getroffen und Lily schämte sich insgeheim, dass sie genauso über Scorpius gedacht hatte wie Rose' Freundinnen. Sie hatte ja Recht, aber allein der Name machte einem irgendwo Angst. Scorpius' Großvater war früher ein Todesser gewesen und sein Vater, Draco, wurde auch fast zu einem erzogen. Das wusste natürlich nach dem Untergang von Voldemort die ganze Zaubererwelt und es stand in jedem Geschichtsbuch. Nun dachten viele, dass Scorpius' ebenso feindselig und streng erzogen wurde. Umso angesehener aber waren die Potter-Kinder auf Hogwarts: Als James in die Schule kam, war er der Star schlechthin. Und als Albus Severus zwei Jahre später nach Hogwarts kam, war die Hölle los. Zwar ging er nach Slytherin, was er nie gewollt hatte, aber trotzallem glich er seinem Vater auf erstaunliche Weise und machte diesem Ruf alle Ehre: er schrieb sich direkt in die Quidditschmannschaft ein, war Sucher ab dem ersten Schuljahr, schrieb gute Noten, war bei jedermann beliebt und dann kam sie - Lily. Seine zwei Jahre jüngere Schwester stahl ihm die Show, wie er zuvor seinem Bruder James. Die Lehrer waren ganz verzückt, gleich drei Potters auf Hogwarts haben zu dürfen. Aber der Trubel ebbte mit der Zeit - glücklicherweise - ab. Die ständigen Vergleiche mit dem berühmten Vater machten den Dreien zu schaffen; sie standen unter andauerndem Erfolgsdruck. Bis James es Ende des 4. Jahres nicht mehr ausgehalten hatte und seine Noten rapide gefallen waren, sodass er die Stufe wiederholen musste und nur noch ein Jahrgang über Albus war.
"Nicht, dass wir nächstes Jahr im gleichen Jahrgang sind", stichelte Albus beim morgendlichen Frühstück auf seinen großen Bruder ein, der immer wieder schlechte Laune bei diesem Thema bekam.
"Al", ging Lily dazwischen, "Lass James in Ruhe!"
Lily war der Ruhepol der beiden Brüder - oder auch der Feldwebel, wenn ihre Brüder sich mal wieder prügeln wollten. Das war schon immer so gewesen, wenn Harry und Ginny mal nicht da waren und die beiden Brüder sich fetzten.
Die Charaktereigenschaften waren recht gleichmäßig auf die Drei aufgeteilt worden: James Sirius Potter als Erstgeborener hatte Harrys Hochmut geerbt und Harry hatte ihn immer 'Dad' genannt, weil er ihn an seinen Vater in jungen Tagen erinnerte. Aber auch den störrischen Kopf seiner Mutter Ginny.
Albus Severus Potter hingegen war eher ruhig und gesellig.
Er hasste Streit; nur mit James konnte er sich immer gut kloppen, um Frust abzulassen.
Lily Luna Potter war hingegen draufgängerisch, eigensinnig, ehrlich und liebevoll. Eine perfekte Mischung aus Harry und Ginny.
Das Nesthäckchen hatte nie Probleme gehabt, sich bei ihren Brüdern Gehör zu verschaffen. Das brauchte sie auch kaum, da die beiden sie immerzu beschützten und gern mit ihr zusammen waren. Bevor sie nach Hogwarts kam, hatten James und Albus ihr versprochen, ihr immer zur Seite zu stehen, wenn etwas wäre. Aber sie konnte sich natürlich selbst verteidigen, sie war ja kein kleines Kind mehr!
In der Tat: In ihren fünf Jahren auf Hogwarts war sie um gut 30 cm gewachsen und zu einer jungen Frau herangereift.
"Lily~ versprich, dass du später keinen außer mich heiraten wirst! Ich überlasse dich keinem anderen Mann!", flehte Albus theatralisch. Lily verzog das Gesicht und seufzte. "Das hättest du wohl gern, du Perversling!" Sie grinste verführerisch. "Ich kann jeden haben, wenn ich will. Nicht, Malfoy?" Scorpius verschluckte sich an seinem Tee.
"Was...?", hustete er.
"Aaach, nix, schon ok. Dich will ich eh nicht..." Sie sah demonstrativ zu den Haustischen von Hufflepuff und Ravenclaw hinüber.
"Werd bloß kein Flittchen, Fräulein!", ermahnte James sie. "So eine Schwester will ich nicht." Lilys Kopf schnellte zu ihrem Bruder zurück. "Bestimmt nicht!", beteuerte sie energisch.
