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Brüder

das letzte Kapitel ist da
von

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Roberto

Roberto nahm noch während des ersten Klingelns ab.

„Tsubasa?“

„Ja…“

Weiter kam er nicht, Roberto redete direkt weiter – auf Japanisch. Das war kein gutes Zeichen, aber Tsubasa war trotzdem erleichtert darüber. Ob er in seinem benebelten Zustand in der Lage gewesen wäre, sinnvolle Sätze auf Portugiesisch zustande zu bringen, bezweifelte er im Moment sehr.

„Na endlich! Ich versuche schon seit Ewigkeiten, dich zu erreichen!“

„Ich…“ Tsubasa brach ab, dann redete er weiter. „Tut mir leid, dass ich das mit dem Spiel verpatzt habe…“

Wieder schnitt ihm Roberto das Wort ab. „Ach, so ein Unsinn! Vergiss das Spiel! Dein Vater hat mich schon vor Tagen angerufen und gesagt, dass du nicht kommen kannst, das ist alles geregelt!“

Tsubasa blinzelte überrascht, hatte aber wieder keine Gelegenheit, etwas zu sagen.

„Taro hat erzählt, dass auf dich geschossen wurde? Wo bist du, wie geht’s dir? Was zur Hölle ist los bei euch?“

„Ich…“ Tsubasa bemühte sich, seine Verwirrung zu ignorieren und seine Gedanken etwas zu ordnen. Verdammte Schmerzmittel….

„Ich bin noch im Krankenhaus, es geht mir soweit gut.“ Er zögerte, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde, dann erzählte er Roberto, was passiert war – angefangen von den Drohbriefen bis hin zu Sanaes Autounfall und seiner eigenen Schussverletzung. Falls Roberto bereits Teile der Geschichte von Tsubasas Vater oder von Taro kannte, ließ er sich zumindest nichts anmerken. Er unterbrach ihn kein einziges Mal, und nachdem Tsubasa ihm auch noch den Plan seiner Eltern und der Polizei erläutert hatte, eine falsche Pressemeldung herauszugeben, um ihn und Sanae fürs erste aus der Gefahrenzone zu bringen, herrschte am anderen Ende der Leitung ein paar Sekunden lang Schweigen. Schließlich räusperte Roberto sich, und als er sprach, klang seine Stimme leicht belegt.

„Soll ich nach Japan kommen?“

Mehr sagte er nicht, und Tsubasa war für einen kurzen Moment unendlich dankbar. Trotzdem musste er über die Antwort nicht nachdenken.

„Nein… Du würdest nur Ärger mit dem Verein bekommen, vermutlich hattest du schon genügend Schwierigkeiten meinetwegen.“

„Schwierigkeiten.“ Roberto schnaubte verächtlich. „Diese Anzugträger sollen sich nicht so anstellen. Wenn du willst, dass ich rüber fliege, sitze ich im nächsten Flugzeug. Verstanden?“

Er klang streng, und Tsubasa musste wider Willen leicht lächeln. Diesen Tonfall kannte er nur zu gut. Für einen kurzen Moment musste er an seine ersten Wochen in Brasilien denken, als Roberto ihn gesondert auf die Auswahl-Spiele für den Verein vorbereitet und stundenlang gnadenlos über den Platz gejagt hatte, bis er wirklich an seine äußersten Grenzen getrieben worden war – und teilweise darüber hinaus. Widerspruch war absolut zwecklos.

„Ja, verstanden.“

„Sicher? Du schwörst mir, dass du dich meldest, wenn ihr meine Hilfe braucht?“

„Ja, versprochen.“

„Gut.“ Roberto räusperte sich leicht. „Vermutlich hast du insofern aber nicht ganz unrecht, dass es gut ist, wenn ich euch hier den Rücken freihalte. Die Pressemeldung ist schon raus, vermute ich?“

„Ja, vor ein paar Stunden schon.“

„Dann wird es nicht lange dauern, bis der Verein hier auch Wind davon bekommt und es durch die Medien gejagt wird. Besser, ich spreche direkt mit dem Vorstand. Ich beschränke es auf ein Minimum – dass du verletzt worden bist und dein Urlaub daher auf unbestimmte Zeit verlängert werden muss. Die Pressemeldung haben deine Eltern rausgegeben, um Fragen zu vermeiden, wann du wieder auf den Beinen bist und um dich persönlich so gut es geht aus den Medien herauszuhalten, damit du dich auskurieren kannst. Das sollte helfen, die Wellen etwas zu beruhigen… Stell dich aber darauf ein, dass deine Freunde aus der Mannschaft versuchen werden, dich anzurufen – ihnen auch die Wahrheit zu sagen ist zu riskant, fürchte ich.“

„Ja, klar…“

Roberto zögerte offensichtlich, dann redete er weiter. „Wir haben hier noch ein weiteres Problem. Deswegen wollte ich dich anrufen. Gestern kam ein Brief von dir.“

„Was? Von mir? Ich habe nicht…“

„Ich weiß. Ich kenne deine Handschrift gut genug, schon bei der Adresse war mir klar, dass der Brief nicht von dir kommt.“ Roberto seufzte. „Zum Glück habe ich ihn zuerst gesehen, der Postbote ist mir direkt bei Trainingsbeginn in die Arme gelaufen und hat mir alles in die Hand gedrückt, sonst hätte ich ihn viel zu spät bemerkt. Adressiert war er an den Vorstand direkt. Ich habe ihn sofort verschwinden lassen.“

„An den Vorstand?“ Tsubasas Gedanken rasten endgültig. „Aber… was….?“

„Der Brief war eine Kündigung, Tsubasa. Und keine besonders diplomatisch formulierte. Wenn der Vorstand das gelesen hätte, hättest du dir den Rückflug sparen können. Verletzung und Urlaub hin oder her… Die Stimmung war eh nicht besonders gut, weil ich das Spiel für dich abgesagt habe. Du musst verdammt vorsichtig sein, Tsubasa. Wer auch immer das ist, er sieht dich nicht gerne auf dem Fußballplatz. Und offensichtlich ist ihm jedes Mittel recht…. Versprich mir bitte, dass du vernünftig bist und den Polizeischutz dieses Mal annimmst. Wenn ich gestern schon gewusst hätte, dass auf dich geschossen wurde…“

Roberto brach wieder ab, und auch Tsubasa sagte nichts.

„Sei vorsichtig.“, wiederholte Roberto schließlich. „Und melde dich bitte regelmäßig bei mir. Ich will wissen, wie es dir und Sanae geht. Ich halte hier die Stellung und versuche, die Wogen so weit es geht zu glätten. Aber mach dir um deine Position im Verein keine Sorgen, es ist nichts passiert, was sich nicht wieder hinbiegen lässt. Für die Absage des Spiels habe ich einen familiären Notfall angegeben, der Vorstand war verschnupft, hatte aber Verständnis. Und dass du dich auf deine Teamkollegen hundertprozentig verlassen kannst, weißt du ja. Wir halten dir den Rücken frei und du kümmerst dich um deine Gesundheit und um Sanae. Verstanden?“

„Ja.“ Tsubasa wusste nicht, was er sagen sollte, seine Gedanken rasten immer noch. „Ich… danke.“

„Schon gut. Pass auf dich auf!“

Damit legte Roberto auf, und Tsubasa starrte das Telefon ein paar Sekunden lang an. Nahm das Chaos denn nie ein Ende?

Die Tür öffnete sich, sein Vater kam zurück. Sein Blick fiel sofort auf das Handy in Tsubasas Hand, aber er sagte nichts.

„Was macht dein Bein?“, fragte er stattdessen, während er sich wieder auf den Stuhl setzte. „Wirken die Schmerzmittel noch? Du siehst blässer aus als vor ein paar Stunden. Du weißt ja, dass du bis zu drei am Tag nehmen kannst.“

Neue Schmerzmittel war das letzte, was Tsubasa wollte. Er schüttelte nur leicht den Kopf, dann kam ihm auf einmal ein neuer Gedanke. Er starrte seinen Vater an.

„Ähm… Papa?“

„Was?“

„Hättest du nicht vor ein paar Tagen wieder abreisen müssen?“

Sein Vater schwieg ein paar Sekunden, dann lachte er bitter. „Denkst du im Ernst, dass ich in dieser Situation abreise, Tsubasa? Ich habe meine sofortige Versetzung in den Innendienst beantragt, noch am Tag von Sanaes Unfall, während du geschlafen hast. Entweder sie akzeptieren ihn oder ich kündige mit sofortiger Wirkung.“

Tsubasa starrte ihn weiterhin an. Langsam wurde ihm schwindelig, das war alles eindeutig zu chaotisch und zu viel. Kojiros Beobachtung – es konnte nicht Kenji gewesen sein, das war absolut unmöglich – das Gespräch mit Roberto und die gefälschte Kündigung, und jetzt noch die Eröffnung seines Vaters. Viel schlimmer war jedoch, dass Tsubasa bis gerade eben absolut keinen Gedanken daran verschwendet hatte, dass sein Vater eigentlich gar nicht mehr hätte hier sein dürfen. Plötzlich erinnerte er sich an das kleine weiße Pflaster und an die Aussage des Arztes, dass er viel Blut verloren hatte. Dann kamen die Vorwürfe und die Scham.

„Ich… Tut mir leid.“

Sein Vater sah ihn irritiert an. „Was denn?“

„Alles.“

Mehr sagte Tsubasa nicht, und nach ein paar Sekunden schien sein Vater zu verstehen. Er fasste Tsubasas Arm und drückte ihn kurz.

„Du solltest wieder versuchen, zu schlafen.“, meinte er statt einer Antwort. „Du siehst aus, als könntest du es brauchen. Nachher reden wir, wenn du willst.“ Er nahm ihm das Handy aus der Hand und half ihm dann wieder in eine liegende Position. Tsubasa wehrte sich nicht dagegen. Er war wirklich todmüde…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Dragonohzora
2016-08-02T21:40:25+00:00 02.08.2016 23:40
Huhu, ich musste deine Mail mehrmals lesen. yeahh, es geht endlich weiter:) *freu, freu freu*

Ich dachte schon, das wird nichts mehr:) ich freue mich total, das du nun wieder in Schreibstimmung bist. Es ist ja leider viel zu ruhig geworden um Tsubi und Co.

Hach, jeder braucht einen Roberto:)

Aber was soll das nun mit dme Brief? Wer will Tsubasa an den Kragen? war der Angriff auf Sanae garnicht wirklich an sane gerichtet gewesen, sondern auf tsubasa, um ihn dort zu treffen, wo es weh tut??

Wer will ihn nur aus der Schusslinie haben?

Zum Glück konnte Roberto den Brief fangen. Roberto sollte jedenfalls ganz schnell mit dem Vorstand sprechen und diesen zumindets einweihen.

Tsubasa muss ziemlich fertig sein, aber das ist ja auch kein Wunder. Zumindets sind alle für ihn da, seine familie und seine Freunde und er sollte diesmal wirklich jede Hilfe die er bekommen kann annehmen!

ich freu mich schon ganz doll aufs nächste kapitel und warte ganz gespannt dadrauf.

Glg

:)


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