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Der erste Abend

Poppy sah traurig aus dem Fenster der Krankenstation. Es stimmte eigentlich schon lange nicht mehr, dass sie zwischen zwei Stühlen saß, bereits in der Mitte des zweiten Jahres von Harry war sie in Voldemorts Reihen übergetreten, aber sie hatte immer gesagt, dass sie nicht wollte, dass dem Jungen etwas geschah.
 

Das hatte Tom sogar akzeptiert und dem Kleinen immer die Gelegenheit gegeben zu flüchten. Wahrscheinlich hätte schon längst einer von ihnen, sie oder Severus, Harry erklären sollen, wer der wirklich Böse war. Doch keiner von ihnen hatte den Mut dazu gefunden, dem Jungen seine Illusionen eines einfachen Krieges von Schwarz und Weiß zu nehmen.
 

Ihm zu zeigen, dass Tom zwar auch Fehler gemacht hatte, aber nie absichtlich Menschen weh getan hatte.
 

Sie selbst kannte Tom schon lange. Sie war fast so alt wie Minerva und hatte erlebt, wie Dumbledore jeden Versuch zerstört hatte, neue Gesetze zuzulassen, die sogenannten schwarzmagischen Kreaturen mehr Macht zugesprochen hätten. Er war sogar dafür gewesen, Werwölfe voll anzuerkennen.
 

Tom hatte nie zu Gewalt greifen wollen, doch der Alte hatte ihn eiskalt abgegrenzt, weil der Junge, anders als Harry, ihn sofort durchschaut hatte, vor allem weil er eine Gabe besaß, die ihn gewarnt hatte – Empathie, er hatte einfach gespürt, was der Alte wollte und sich quer gestellt.
 

Der arme Harry hingegen versuchte bis heute etwas Liebe und Zuneigung von den älteren Leuten zu bekommen, gerade zu Beginn hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als den Großvater, den Dumbledore ihm vorgespielt hatte.
 

Erst im letzten Schuljahr und nach dem Tod seines geliebten Paten hatte Harry begonnen, seine Augen für das zu öffnen, was viele Lehrer schon längst gemerkt hatten. Dass er für den Alten nicht mehr war, als eine Schachfigur, die ihren Wert mit jedem Mal verlor, wenn er wieder mal widersprach.
 

Nicht zu vergessen das Übertragungsritual.
 

Poppy hatte dem Tränkemeister noch lange nicht alles gesagt. Severus wusste nicht, dass Harry bei dem Ritual umgebracht werden sollte. Nicht, weil es nötig war, sondern weil er dann ein unnützer Bauer war. Und dazu noch einer, der den Fehler hatte, in der Öffentlichkeit beliebter zu sein, als Dumbledore.
 

Dazu kam, dass Dumbledore ausgerechnet Severus gezwungen hatte, Harry zu sich zu nehmen. Aber sie war erleichtert. Tom hatte ihr schon vor einem Jahr anvertraut, dass der Hass nur gespielt war. Zwar hatte der Tränkemeister James Potter tatsächlich nicht ertragen, doch mit Harry war es anders. Sein einziges Problem mit ihm war die dauernde Nichtbeachtung von Regeln, die der Junge manchmal an den Tag legte, meist stand dahinter aber nichts anderes, als das Bestreben, seine Freunde zu retten oder Dumbledores Forderungen zu erfüllen.
 

Wie würde es wohl weiter gehen...?
 


 

Es war inzwischen später Nachmittag und Severus gab es fürs Erste auf. Er hatte zwar den Fremdstoff im Trank schnell gefunden, doch war er aufgrund der Reaktion mit den anderen Stoffen natürlich so verfremdet, dass es unmöglich war, auf die Schnelle herauszufinden, was diesen Effekt gehabt hatte.
 

Er lief zurück ins Wohnzimmer, wenig überrascht, Harry noch genau an dem Fleck zu finden, wo er ihn abgesetzt hatte. Auf dem Sofa, ein Blatt Papier und einige bunte Stifte neben sich, die Granger ihm netterweise organisiert hatte.
 

Auf dem Blatt hatte Harry ein Haus gezeichnet, davor ein Strichmännchen und eine Kugel mit Kopf, sowie eine kleine Kugel daneben. Nur ganz hinten im Bild, weit weg von den anderen, war ein anderes, kleines Männchen. Keine Frage, was diese Zeichnung darstellte...
 

Der kleine Junge sah einfach nur zu süß aus, wie er da saß. In einem der kleinen Händchen den Stift, den Daumen der anderen Hand im Mund und einige der kleinen, schwarzen Locken hingen ihm im Gesicht.
 

Am anderen Ende, am Rand des Raumes, standen drei Kisten direkt am Kamin. Lucius sei Dank, Kleidung und ein, zwei Spielsachen, wie er hoffte. Schnell ging er zu den Kisten und öffnete die Erste. Ja, warme Kinderkleidung und einige kleine Schuhe, etwas, woran Severus selbst noch nicht mal gedacht hatte. Gut, dass Luc sich mit Kindern auskannte, da Narcissa sich kaum um Draco gekümmert hatte.
 

Die Frau hatte es vorgezogen, die Zeit zum Fremdgehen zu nutzen. Die Wenigsten wussten, dass Lucius sich in diesem Sommer von seiner Frau getrennt hatte, auch, wenn sie noch in einem Haus lebten. Es war auch eine friedliche Trennung gewesen, da beide nie hätten heiraten wollen. Ihre Ehe war, wie so viele, von den Eltern eingefädelt worden und nachdem der Stammhalter da war, hatten sie ihre eigenen Wege gewählt. So war es auch gekommen, dass vor allem Lucius sich um Draco gekümmert hatte. Schnell ließ Severus die Kartons in Harrys Zimmer schweben und räumte die Klamotten weg. Im zweiten Karton fanden sich Babyschaumbad, Kinderhygieneartikel und noch mehr Kleidung.
 

Der gesamte dritte Karton war voller Spielzeug. Kuscheltiere, kleine Autos, magische und nichtmagische Spiele, noch mehr Buntstifte, Malbücher, ein kleiner, teddyförmiger Rucksack und eine bunt bemusterte Schlafdecke, auf der kleine Schnatze hin und her schossen.

Dinge, an die er selbst kaum gedacht hätte.
 

Nachdem er all die Dinge weggepackt hatte, suchte er einen Schlafanzug und Hasenhausschuhe heraus, die er ins Bad legte. Nach dem Abendessen wollte er den Kleinen direkt baden und ins Bett bringen. Es war immerhin ein langer Tag für das unterernährte Kind gewesen.
 

Er ging zurück in das Zimmer, wo Harry noch saß. Doch dieses Mal bemerkte er ihn und sah ihn an, immer noch unsicher, aber er zuckte erst mal nicht zurück, was vielleicht ein kleiner Fortschritt war. Für diesen Abend würde er auch auf das Essen in der großen Halle verzichten und stattdessen mit dem Kleinen hier etwas zu sich nehmen, in seiner eigenen kleinen Küche. Was ihm den Anblick schmatzender Studenten ohne Manieren und dem kleinen Harry die Blicke ersparen würde.
 

„Harry.“
 

Der Kleine blickte ihn an, immer noch recht unsicher drein sehend.
 

„Das ist ein sehr schönes Bild“, lobte er ihn und legte die Malsachen auf den Tisch.

Harry deutete ein kleines, unsicheres Lächeln an. Was würde der Andere nun wollen? Dass er kochte? Aber er konnte das doch noch gar nicht so gut! Sicher wäre dieser nicht mit dem zufrieden, was er konnte!
 

„Komm, es ist Zeit für das Essen.“ Statt zu warten, das der Kleine aufstand, hob er ihn einfach hoch und trug ihn in seine Küche, wo er vor den Augen des verblüfften Kindes einen Stuhl höher zauberte und ihn darauf absetzte, bevor er sich selbst setzte.
 

Harry blickte sich unsicher um. Warum saß er am Esstisch? Sein Platz war doch in der Ecke! Wusste der Mann das etwa nicht? Noch mehr erschrak er, als auf einmal aus dem Nichts Platten mit Broten, ein Korb Früchte und eine Kanne auftauchten. Vollkommen verschreckt konnte er diesmal nicht einmal einen leisen Aufschrei unterdrücken.
 

Ah, also auch der kleine Harry hatte eine Stimme, wenn er wollte, stellte Severus fest, während er den Jungen über die Hand streichelte: „Keine Angst“, redete er auf ihn an. „Das ist Magie. Magie kann eine Menge. Und sie will dir nichts Böses, sie will dir helfen.“
 

Als der Kleine wieder etwas ruhiger war, löffelte er etwas Suppe mit Sternchennudeln und Hühnchenfleisch auf einen kleinen Teller und stellte ihn vor Harry, zusammen mit einer Scheibe Weißbrot. „Hier, du hast sicher Hunger.“
 

Harry starrte ungläubig auf den Teller vor sich, dann wieder auf den dunklen Mann neben sich. Er? Er sollte etwas zu Essen bekommen? Aber Onkel Vernon hatte doch gesagt, dass er zur Strafe für einen fallen gelassenen Teller erst morgen Abend wieder etwas bekommen würde!
 

„Harry, was hast du?”, fragte Severus, als er die ungläubigen Augen des Kindes sah, dass schon wieder den Tränen nahe zu sein schien. „Magst du keine Suppe. Dann musst du es mir schon sagen.“
 

„Essen... essen für bösen Jungen?“, fragte der Kleine, der sich inzwischen ziemlich sicher war, gemeint zu sein, wenn der Andere nach diesem Harry rief, auch, wenn er nicht verstand, warum er so genannt wurde.
 

„Was...?“, kurz musste Severus schlucken, dann hatte er sich wieder im Griff. „Harry, du bist kein böser Junge. Du warst die ganze Zeit über brav! Und natürlich ist die Suppe für dich!“ Er nahm den Löffel und gab ihn dem Kleinen in die Hand. „So, und nun iss, du bist viel zu dünn.“
 

Das ließ der Kleine sich nicht zwei Mal sagen, da er nie wusste, wann er das nächste Maletwas bekommen würde und er begann, schnell zu essen. So schnell, dass Severus sich gezwungne sah, den Kleinen aufzuhalten. Sofort wollte der Kleine wieder weinen. Bei Merlin, Severus hatte noch nie das Bedürfnis gespürt, zu töten, doch nun war es da – in einer Stärke, wie er kaum glauben konnte. „Das ist alles deins“, redete er auf den Kleinen ein, der sich nur erstaunlich wenig eingesaut hatte – kein Vergleich zu Draco, den man nach jeder Mahlzeit erst mal zumindest hatte sauber hexen müssen. „Aber du musst es langsam essen.“
 

Der Kleine sah ihn sichtlich verwirrt an, doch er bemühte sich danach tatsächlich, sein Tempo etwas zu drosseln, sichtlich erleichtert, weiter essen zu dürfen. Severus behielt den Jungen im Auge, während er seine Brote aß.
 

Harry war sichtlich zufrieden, als er seinen Teller leer hatte. Mehr konnte Severus ihm nicht geben, da er davon ausgehen musste, dass der Kleine zu wenig bekommen hatte und er konnte nicht riskieren, dass der Junge krank wurde. Das würde dieser mitgenommene Körper nicht wirklich verkraften. Allerdings zuckte der Junge zusammen, als es klopfte und die Tür sich mit einem Rums öffnete.
 

Das konnte nur einer sein. Nur eine einzige Person traute sich solche Dinge in seinen Quartieren. Allerdings zuckte Harry wieder mal zusammen und dann geschah das Erstaunliche. Der Junge zuckte zusammen und stolperte von seinem Stuhl. Severus konnte ihn nur gerade so auffangen. „Harry?“
 

Sofort krallte der Junge sich in seine Lehrroben, versteckte sein Gesicht in ihnen. „Nicht... nicht zu Onkel...“, wimmerte er leise.
 

„Hi, Onkel Sev! Wo warst du denn beim..?“
 

Sanft hielt Severus den Jungen fest und lief in sein Wohnzimmer. „Draco, was habe ich dir über das Thema Türen gesagt?“, fragte er ruhig.
 

„Ups?“
 

„Was ups?“, fragte er vorwurfsvoll. „Der Kleine hätte fast einen Herzinfarkt bekommen, so hat er sich erschrocken!“
 

Draco blinzelte, als er tatsächlich seinen Onkel, der immer betonte, wie wenig er Kinder – mal von ihm abgesehen – leiden konnte, ausgerechnet mit Potter auf dem Arm sah. Was hatte man ihm denn in den Kaffee geschüttet?! „Du hast mich gebeten, hierher zu kommen?“
 

„Das habe ich“ bestätigte Severus ruhig. „Allerdings...“ Es klopfte erneut. „Lass Granger rein.“
 

„Was macht denn die hier?!“
 

„Das wirst du dann schon sehen, und jetzt tu doch ein Mal einfach nur, was ich gesagt habe!“
 

Draco runzelte die Stirn, ließ aber das braunhaarige Mädchen rein und brachte sie ins Wohnzimmer, wo Severus es sich in seinem Sessel bequem gemacht hatte, Harry immer noch fest im Arm.
 

„Nun, Onkel?“
 

Hermine dagegen sah nur auf ihren Freund, der immer wieder leicht zusammenzuckte, als habe er geweint. Sie machte sich schreckliche Sorgen um ihn.
 

„Ich muss Klassen unterrichten und ich kann nicht verantworten, dass der Junge dabei ist, wenn wieder mal jemand Mist baut. Explodierende Tränke können auf Kleinkinder fatale Folgen haben, es gibt gute Gründe, warum Kinder erst mit ihrem elften Lebensjahr ausgebildet werden.“
 

„Was heißt das?“, fragte Draco, dem Übles schwante.
 

„Wir sollen uns während der Schule um ihn kümmern?“, fragte Hermine vorsichtig nach.

„Korrekt, Miss Granger“ gab Severus kühl zurück. „Ich erwarte, dass Sie Harry vor dem Frühstück abholen und ihn mir beim Mittagessen wieder aushändigen – möglichst unverletzt. Er wird von Weasley fern gehalten!“
 

Beide Schüler tauschten einen überraschten Blick aus, bevor Hermine entschlossen nickte: „Ja“, gab sie zurück. „Ich kümmere mich gern um Harry.“
 

Draco zuckte mit den Schultern. „Wenn es sein muss... aber warum wir?“
 

„Dich, Draco, lege ich, wenn ich es für nötig halte, übers Knie“, gab der Tränkemeister ruhig zurück. „Und bei Miss Granger weiß ich, dass sie zuverlässig ist. Außerdem seid ihr von euren Noten her gut genug, um euch für eine Weile erlauben zu können, abgelenkt zu sein.“
 

Draco verdrehte die Augen. Er? Ausgerechnet ER sollte sich um seinen Schulerzfeind kümmern, nur, weil der es geschafft hatte, sich über zwölf Jahre seines Lebens klauen zu lassen? „Und was bitte sollen wir während des Unterrichts mit ihm tun?“
 

Severus strich dem Jungen über den Rücken. „Er ist brav“, gab er zurück. „Er bekommt eine kleine Tasche mit einem Block, ein paar Stiften und einem kleinen Spielzeug mit, das sollte vollkommen reichen. Ich denke, in vielen Stunden wird er zu beschäftigt sein, zuzusehen, als dass er etwas von seinen Sachen anfassen wird.“
 

„Aber was ist mit Fächern wie Verteidigung?“, fragte Hermine vernünftig. Vor allem, da sie dem neuen Lehrer nicht mal bis zu ihrer Nasenspitze traute. Der war um keinen Deut besser, als Umbridge vor ihm. Und außerdem war er ihr suspekt. Vielleicht wieder einer von Voldemorts verbündeten, die ihm etwas wollten, oder noch ein Regierungsbeamter, der Harry weh tun wollte... „Diese Stunden sind viel zu gefährlich für einen so kleinen Jungen!“
 

Severus nickte: „Das weiß ich“, gab er ruhig zurück. Wenn ihr diese Stunden habt, wird entweder immer einer von euch einen Freischein von mir erhalten, um etwas mit dem Kleinen nach draußen zu gehen und ihn da zu beschäftigen, oder ihr bringt ihn zu mir, wenn ich eine Freistunde habe.“
 

„Was ist mit dem Nachmittagsunterricht?“
 

Severus seufzte leise. „Ich werde den Kleinen in der Zeit in sein Bett legen“, gab er die gewünschte Auskunft. Oder er würde den Jungen jemandem vorstellen. Er hatte schon seine eigenen Pläne, aber es gab Dinge, die wollte er vor allem Granger noch nicht erzählen, solange er sie nicht genauer kannte.
 

Draco verdrehte die Augen: „Ich soll also Potters Babysitter spielen?“
 

„Exakt.“ Severus kraulte Harry etwas im Nacken, setzte ihn dann so dass er die beiden Besucher sehen konnte. „Harry, sieh mal, das sind deine neuen Freunde. Das da ist Hermine und der Sauertopf da ist Draco.“
 

Der Kleine steckte sich einen Finger in den Mund und blinzelte etwas, er blickte in die grobe, ihm gedeutete Richtung, dann wollte er sich wieder an den dunklen Mann kuscheln, doch der hob ihn hoch und setzte ihn zu dem Mädchen auf dem Schoß. Im ersten Moment wollte er weinen, er streckte seine Ärmchen nach dem Anderen aus, doch der lächelte und strich ihm über die Wange. „Keine Angst, sie tut dir doch nichts.“
 

Hermine lächelte und hob Harry so dass der sie sehen konnte. „Hallo, Kleiner...“ Sie blickte in das kleine Gesicht und war hin und weg von ihrem kleinen besten Freund, der sie sichtlich ängstlich durch die langen, dunklen Wimpern ansah. Der Kleine hätte Babymodel werden können mit diesem Blick!!
 

Severus beobachtete, wie Harry sich, wenn auch nur ganz langsam, entspannte und sich schließlich auch von Draco nehmen ließ, der zwar so tat, als wolle er das gar nicht, der aber nicht minder fasziniert war, als Granger selbst, mit dem kleinen Kind auf dem Schoß. Draco hatte sich immer einen kleinen Bruder oder eine Schwester gewünscht, doch das hatte nie geklappt. Er wusste, dass seine Eltern sich nie geliebt hatten und er wusste natürlich von deren Scheidung. Schließlich war seine Mutter schon lange zu ihrem heimlichen Liebhaber gezogen.
 

Allerdings wurde Harry offensichtlich sofort unruhig, wenn Severus den Raum verließ. Er hatte wohl Angst, der Andere würde nicht wieder kommen. Nur ihm diese Angst zu nehmen würde nicht von heute auf morgen gehen und im Unterricht war es zu gefährlich, den Kleinen bei sich zu behalten. Nicht auszudenken, wenn Harry von noch einem Trank erwischt wurde, der sich vielleicht durch einen Schutzzauber fressen würde!
 

Nach etwa einer Stunde schickte er Granger zurück, die Harry am nächsten Tag bis zum Mittagessen haben würde. Das Mädchen musste schließlich in den Turm zurück. Draco hingegen sah er ruhig an. „Ich kann mich auf dich verlassen?“
 

Draco nickte geschlagen: „Das weißt du, Onkel. Aber... was, wenn Harry wieder groß ist?“

„Er wird sich an das erinnern, was geschehen ist“, gab der Tränkemeister ruhig zurück. „Er wird wissen, wer seine Feinde waren und wer nicht. Du wolltest doch immer mit ihm befreundet sein, das ist deine beste Gelegenheit.“
 

„Was ist mit den anderen Slytherins?“
 

„Dein Vater und ich haben gedacht, wir helfen Harry, unsere Motive zu verstehen und ihm zu erklären, dass die ‚dunkle Seite’ nicht so böse ist, wie jeder denkt. Er soll zu unserem Verbündeten werden, das ist auch seine einzige Chance, vor Dumbledore sicher zu sein.“
 

„Sicher sein?“, fragte Draco verwirrt. „Was meinst du damit?“
 

Severus hob den Jungen wieder auf seine Arme. Der Kleine klammerte sich sofort an ihm fest und kuschelte sich sichtlich erleichtert an den Älteren. „Siehst du, wie er sich verhält?“
 

Draco nickte.
 

„Er wurde, offensichtlich von seiner eigenen Familie, mit Dumbledores vollem Wissen und seiner Erlaubnis, misshandelt. Er denkt, er hat nichts zu Essen verdient. Als du die Tür eben so geknallt hast, dachte er, ich bringe ihn zu seinem Onkel zurück und im Tränkezimmer dachte er, er müsse mit einem Lappen den Boden wischen.“
 

Draco schluckte schwer. „Aber... warum hat das denn niemand gemerkt?!“
 

Severus strich über Harrys Haare. „Madame Pomfrey hat es gemerkt und sie muss zum Direktor gegangen sein, der ihr verboten hat, auch nur ein Wort darüber zu verlieren und aus irgendeinem Grund hat Harry nie versucht, andere um Hilfe zu bitten. Außerdem hatte der Alte auch da mit Sicherheit seine Hände im Spiel. Wer weiß, was er dem Kleinen angedroht hat!“
 

Draco wurde regelrecht bleich. Er sah auf den kleinen, mageren Jungen, der sich an seinen sonst immer so ruppigen Onkel schmiegte. Da war nichts von Potters vorlauter Art zu sehen, nichts von dessen ach so großem Selbstbewusstsein, da war nur ein vor Angst zitterndes Bündel Elend.
 

„Kann ich mich auf dich verlassen? Ist er bei euch sicher?“
 

Draco nickte entschlossen. „Du hast mein Wort, Onkel. Ich rede heute Abend mit meinem Haus.“
 

„Tu das, ich weiß nicht, aber vielleicht hast du bald allein die Verantwortung.“
 

„Was? Warum?“
 

Severus seufzte leise. „Hermine liebt Harry, sie will ihn schützen, das Problem ist nur, dass in dem Turm momentan Weasley Nummer sechs das Sagen hat und ich nicht weiß, ob der nicht etwas versuchen wird, um den Kleinen zu verletzen. Ich werde den Verdacht nicht los, dass er ohnehin an der jetzigen Situation Schuld ist.“
 

Draco nickte finster. „Wir haben dieses Jahr fast jede Klasse mit den Gryffs“, erinnerte er seinen Onkel. „Wir können ein Auge auf ihn haben. Fast die gesamte Zeit, nur nicht, wenn Granger Arithmantik, Muggelkunde, Runen und Geschichte hat. Aber in Runen und Arithmantik ist Weasley eh nicht da. Die anderen Fächer haben wir dieses Jahr mit Ravenclaw.“
 

Severus nickte. „Behaltet ihn im Auge, wann immer es geht“, ordnete er an. „Oh, und seht auch Weasley Nummer Sieben an. Ich denke, sie ist nicht so begeistert von ihrem Bruder und sie mag Harry. Ich habe die beiden am ersten Abend schrecklich streiten hören. Sie könnte auch noch nützlich werden, sowie Longbottom. Granger wird jede Hilfe brauchen können, die sie bekommen kann. Schaltet auch Lovegood ein, sie hat zwei Klassen mit Granger, in denen ihr nicht dabei seid.“
 

Draco nickte entschlossen. „Ich rufe meine Leute zusammen.“ Der Blonde stand auf und trat hinter seinen Onkel, so dass er in Harrys Gesicht sehen konnte. Er strich dem Kleinen durch die wirren Haare. „Ab jetzt bist du mein kleiner Bruder“, lächelte er. „Und wehe, jemand tut dir was. Wir sehen uns morgen.“
 

Der Kleine sah ihn erst unsicher an, dann aber lächelte er etwas und winkte. „Dray“, nuschelte er dabei.
 

Severus lächelte zufrieden. Kleiner Bruder bedeutete den höchsten Schutz, den ein Nichtslytherin oder ein Slytherin selbst erwerben konnte. Vor allem, wenn es sich dabei um den Anführer des Hauses handelte.
 

Severus blieb noch eine Weile, nachdem Draco gegangen war, sitzen, erstaunt, wie angenehm es war, mit einem Kind auf dem Arm. Dann aber stand er auf und ging mit Harry in das Bad, wo er die Wanne einlaufen ließ und mit einem zweiten Blick auf den Kleinen sogar einige bunte Seifenblasen herzauberte, die der Junge fasziniert beobachtete, ihnen aber nicht nachjagte.
 

Dann half er dem Jungen aus der Kleidung und hob ihn ins Wasser. Erst wurde der Junge steif, doch dann sah er überrascht auf. „Warm!“
 

Severus zwang sich, trotz seiner immer weiter ansteigenden Wut, zu lächeln. „Natürlich“, gab er nur zurück. „Badewasser muss warm sein“, erklärte er geduldig und zauberte einige weitere magische Blasen her, dieses Mal auch in anderen Formen. Schon allein, um Harry an Magie zu gewöhnen. Nicht, dass er in einer Klasse Angst bekam oder so.
 

„Ohh...“
 

Severus lächelte und beobachtete den Kleinen einfach nur, der den bunten Blasen in Stern und Mondsichelform hinterher sah, ohne danach zu greifen, wie Draco immer. Doch nach einer kurzen Weile begann er, dem Kleinen die Haare zu waschen. Im Gegenteil zu seinem eigenen Patenkind, hielt Harry still, es gab nicht eine Träne, obwohl er sich sicher war den Jungen mehr als ein Mal geziept zu haben.
 

Danach trocknete er ihn ab und steckte den Kleinen in den bereitgelegten Schlafanzug, der aus einem Oberteil und einer Hose mit angenähten Schuhen bestand, wobei kleine Hasenohren auf der Oberseite festgenäht waren.
 

Auch, wenn Harry versuchte, es zu verstecken, schien er hundemüde zu sein. Kein Wunder, für ein Kleinkind war der Tag wohl, trotz einem kurzen Schläfchen, zu viel gewesen. Sanft hob er den Kleinen auf und brachte ihn in sein neues Zimmer.
 

Harry blickte sich mit großen Augen um. Das sah ja schöner aus, als das Zimmer von Dudley! Mit einem Himmel voller leuchtender Sterne, die er sonst nur sah, wenn er bis spät in der Nacht Tantes Rosen pflegen musste! Zu seinem Erstaunen wurde er noch nicht mal in den Schrank gebracht, sondern in das viel zu groß wirkende Bett mit der dicken Decke! Harry sprach nicht gern, denn wenn er etwas sagte, wurde er meist geschlagen. Aber trotzdem wollte er etwas sagen, doch noch bevor er sich dazu überwinden konnte, wurde er auch schon auf das Kissen gelegt und zugedeckt.
 

Severus setzte sich auf den Stuhl neben das Bett und strich dem Kleinen durch die Haare. Der Junge machte gerade riesige Augen, als könne er nicht glauben, dass er in einem Bett lag! Was sollte denn das heißen? Hatte man dem Kind denn nicht einmal ein Bett gelassen? Das würde er morgen klären, beschloss er für sich.
 

Der Tränkemeister blieb sitzen, bis Harry schlief. Erst als er sich sicher war, das der Junge versorgt war, stand er auf. Er deckte den Kleinen noch einmal ordentlich zu, dann lief er zurück ins Bad, um sich selbst fertig zu machen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Carinchen1982
2008-02-27T20:32:32+00:00 27.02.2008 21:32
Echt niedlich *KleinHarryknuddel*.
Und wie sich Snape um den Kleinen kümmert - süüüß.
Freu mich auf das nächste Kapitel.
Von:  Big-Mama
2008-02-27T18:42:08+00:00 27.02.2008 19:42
mein gott, wie rührend.
*schnief*
Snape scheint die Vaterrolle ja schon voll im Blut zu haben!
*lach*
ich hoffe es geht bald weiter. ^^
lg
Von:  Big-Mama
2008-02-27T18:41:44+00:00 27.02.2008 19:41
mein gott, wie rührend.
*schnief*
Snape scheint die Vaterrolle ja schon voll im Blut zu haben!
*lach*
ich hoffe es geht bald weiter. ^^
lg
Von:  AngelHB
2008-02-27T18:10:18+00:00 27.02.2008 19:10
Hi!

Wiede eein schönes Kap. Bin schon gespannt wie es weiter gehen wird. Hoffe doch du schreibst schenell weiter. Dray war ja echt süß.

LG Angel
Von:  Kiii-chan
2008-02-27T18:02:59+00:00 27.02.2008 19:02
Severus find ich einfach toll wie er sich um harry kümmert
und das Draco ihn als kleinen Bruder ansieht is auch sweet x3
ich fand auch dieses kapitel wunderschön
freu mich schon aufs nächste ^____^

baba MiuHaruko
Von:  sann
2008-02-27T16:50:10+00:00 27.02.2008 17:50
das war so süß
hat mir sehr gefallen
schreib schnell weiter
Von:  ai-lila
2008-02-27T15:36:54+00:00 27.02.2008 16:36
Hi~~

Ich finde deine Geschichte richtig schön, wenn auch traurig.
Von dem "Haß auf Potter" ist wohl nicht mehr viel übrig. ^____^
Draco sollte auch mal ´nen Blick in Harrys Akte werfen.
Mal schauen ob er dabei immer noch so cool bleiben kann.
...Ron unter Beobachtung, na der wird sich umgucken. *fg*

Bitte schreib mir wieder ´ne kleine ENS, wenns weiter geht.
lg deine ai
Von: abgemeldet
2008-02-27T15:34:10+00:00 27.02.2008 16:34
Oh, das ist so süß!^^
Wie Severus sich um KLein-Harry kümmert.
Und Dracos Satz: "Ab jatzt bist du mein kleiner Bruder." Ich wär fast geschmolzen, so süß war das!
*.*

Ich freu mich scvhon wahnsinnig aufs nächste 'Piltel!
lg
Sheiren
Von:  mathi
2008-02-27T13:39:15+00:00 27.02.2008 14:39
hey,
eine tolle story...
ich find das ja zu niedlich wie du harry beschreibst und so... ich hoffe du schreibst schnell weiter, würde mich über eine ens von dir freuen^^

mathi

ps: wusste gar nicht das draco so ein rabauke war^^


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