Zum Inhalt der Seite

Different Views

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Hortense de la Rolancy

Anwesen de la Rolancy, 10.September 1789

Fast einen Monat später erhielt seine dritte Tochter Hortense das Schreiben ihres Vaters. Es kam fast zeitgleich mit der Meldung, wie sehr die Unruhen in Paris zunahmen. Da sie soweit von der Landeshauptstadt entfernt mit ihrer Familie wohnte, dauerten diese Meldungen doch recht lange. Natürlich machte sich die junge Frau sorgen um ihre Eltern und ihre jüngste Schwester. So war sie noch mehr überrascht, als sie das Schreiben ihres Vaters erhielt. Mit dem Brief in Händen, war sie auf den Weg in Richtung des Salons. Durch ihre Neugier beflügelt, öffnete sie während des Gehens bereits den Umschlag und begann so die ersten Zeilen zu lesen. Und als sie den Salon endlich erreichte, ließ sie sich dort sofort auf die erstmögliche Sitzgelegenheit nieder. Ihre Augen waren geweitet und ihre freie Hand ruhte vor den vor Schrecken geöffneten Lippen.

//Oh nein, wie konnte dies alles nur geschehen?//

Noch waren ihre Wangen trocken, aber in ihren Augen bildeten sich langsam Tränen.

//Meine geliebte kleine Schwester Oscar. Warum hat sie sich dem Kampf gestellt? Mutter schrieb mir vor einiger Zeit einen Brief, in dem sie berichtete, dass Oscar zur Garde Francais gegangen ist? Das war doch kein Ort für sie. Wenn ich nur verstehen könnte, was ihre Beweggründe gewesen sind? Gab es Ärger mit Vater? Ich weiß, er ist kein einfacher Mann und er ist von den Kriegen gezeichnet, aber hast sie ihn je anders kennen gelernt als, Marie – Anne, Clautilde, Cathérine, Josephine und ich? Vater war immer streng, aber sehr gerecht. Nie hat er etwas getan, was uns schaden würde. Nur Oscar musste er wie einen Mann erziehen, gegen den Willen Gottes. Warum hat ihn daran niemand hindern können? Gewiss hätte Mutter es versuchen können, aber Vater hätte niemals auf sie gehört. Auch wir Schwestern hätten uns niemals getraut.//

Hortense seufzte schwer bei der Erinnerung an das Ende ihrer Kindheit, als sie ihrem zukünftigen Gemahl vorgestellt worden war. Aber genau wie ihre beiden älteren Schwestern hätte sie es niemals gewagt, etwas gegen diese Bindung auszusprechen. So war ihre Erziehung, eine Frau hatte niemals ihren Eltern oder ihrem Gemahl zu widersprechen. Aber Hortense hatte Glück mit ihrem Gemahl, der sie wirklich liebte und auch die junge Frau hatte rasch an ihm Gefallen gefunden, so dass es eine gute Bindung geworden war. Hortense war dies vollkommen bewusst und sie hatte sich vor Oscar immer etwas Ähnliches gewünscht, auch wenn ihr klar war, dass ihre jüngste Schwester immer ein Wildfang gewesen war, der sich kaum bändigen ließ. Allein die Bilder der Vergangenheit ließen Hortense schmunzeln.

//In einem Moment konnte sie unsere Amme fast zur Verzweiflung bringen und im nächsten Moment war Oscar wie ein Engel. Auch wenn André immer viel ihrer Scherze und Neckereien ausbaden musste, bekam auch sie genug Rügen und Tadel. Allein wenn ich mich daran erinnere, wie es damals den Streit um Cathérines Puppe gab, mit der Oscar ’gespielt’ hatte. Oder sollte man es wirklichen spielen nennen? Vater hatte ihre Spielsachen beschlagnahmt und Oscar war darüber wütend, so dass sie ihre Wut erst an Cathérines Sachen und dann an Sachen der anderen ausgelassen hatte. Ich erinnere mich heute noch daran, wie wütend Vater war und wie seine Stimme durch das ganze Haus halte. Alle verhielten sich still, nur Oscar stand ‚ihren Mann’ und ließ die Strafe ohne Klagelaut über sich ergehen. Sie entschuldigte sich bei uns, wie sie es immer tun musste, wenn es Streitereien unter uns gab. Und ich erinnere mich, dass Oscar ein paar Tage in der Küche essen musste, wobei ihr nichts anderes übrig blieb, als zu stehen, weil ihr Hinterteil zu empfindlich war, um sich zu setzen. Ich weiß noch wie Sophie zeterte, aber auf der anderen Seite hat sie ihr Leid getan und versuchte ihr zu helfen. Ach, gute Sophie. Du warst immer die Gute Seele im Haus. Und dir zu Liebe hat Oscar einiges getan. Vater konnte noch so schimpfen, aber wenn sie von unserer Amme um etwas gebeten wurde, erfüllte sie ihr alles und das in Windeseile. Ach, Oscar…//

Nun gewannen die Tränen doch und begannen über Hortense Wangen zu laufen. Leise schluchzte sie dabei. Kurz benötigte Oscars Schwester um ihr Taschentuch zu finden, um ihren Tränenfluss zu stoppen. Mit etwas Selbstbeherrschung, auch wenn ihr diese im Moment schwer fiel, gelang es ihr. So putzte sie rasch ihre Nase.

//Meine geliebte Schwester, du wirst immer einen Platzen in meinem Herzen haben. Ich werde dich niemals vergessen!//

Hortense Mann trat in den Salon und bemerkte sofort, dass etwas mit seiner Frau nicht zu stimmen schien. Er hatte ihre leicht geröteten Augen gesehen. So nahm er sie zärtlich in den Arm und ließ sich von ihr Schildern was geschehen war. Er war genauso wie sie geschockt und drückte sie so noch etwas kräftiger an seine Brust. Dabei strich er ihr tröstend über den Rücken und sprach beruhigende leise Worte zu ihr. So ließ Hortense ihren ganzen Gefühlen freien Lauf und es dauerte einige Minuten, bis sie sich soweit gefangen hatte, dass sie die Bitte ihres Vaters an ihren Mann herantrug. Dieser erklärte sich sofort dazu bereit, seine Schwiegermutter und das Kindermädchen bei sich aufzunehmen. Er höchstpersönlich wollte ein Schreiben aufsetzen, aber Hortense bat darum, dies selber zu erledigen. Natürlich stimmte er dieser Bitte zu. So schrieb die junge Frau etwas später ihrem Vater einen Brief. In diesem bestätigte sie, dass ihre Mutter wie auch Sophie jederzeit bei ihr und ihrem Gemahl auf das herzlichste Willkommen seien. Auch würde sie sich über seine Anwesenheit freuen. Auch wenn ihr unterbewusst schon klar war, dass er ihrer Bitte nicht folgen würde. Über Oscar schrieb sie bewusst nichts. Kaum das der Brief beendet war, ließ sie einen Boten kommen und den Brief zu ihrem Vater bringen.

In der Zeit, wo sie auf ihre Mutter und Sophie warteten, richteten sie alles her. Hortense Mann holte immer wieder Einkünfte darüber ein, wie der Stand in Versailles, Paris und Umgebung sich verhielt. Und die Berichte waren nicht die Besten. Nur ein Teil davon gab er an seine Frau weiter, z.B. der, dass er in Erfahrung gebracht hatte, dass auch André sein Leben hatte geben müssen. Diese Meldung hatte General de Jarjayes nämlich nicht in seinem Brief erwähnt. Diese Meldung traf Hortense genauso. Sie hatte André schon als Kind in ihr Herz geschlossen und die Meldung, dass er ebenfalls nicht mehr lebte, schürte vor allem die Sorge um ihr geliebtes Kindermädchen. Ihr fiel ein Stein vom Herzen als Hortense endlich ihre Mutter und auch Sophie in die Arme schließen konnte. Mit aller Liebe kümmerte sie sich um die beiden und vor allem um Sophie. Dieser stand die Trauer am deutlichstem ins Gesicht geschrieben. Aber egal was Hortense auch tat, sie konnte ihr altes Kindermädchen nicht aufheitern. Erst ihre eigene Tochter Lulu schaffte es, an Sophie heran zukommen und ihr eine neue Aufgabe zu geben.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2008-09-30T21:28:14+00:00 30.09.2008 23:28
Wie schön das du auch eine von Oscars Schwester mit eingebracht hast. Die kommen nämlich in der Serie viel zu kurz. Ihre Erinnerungen an ihre Kindheit und an die von Oscar, fand sie total schön.

Das ich deinen Schreibstil total liiebe weisst du ja, deshalb weiss ich bald nicht mehr, was ich noch schreiben soll. *gg*


Zurück