Verloren...Gefunden
Er saß einfach nur da, unfähig dazu irgendetwas zu sagen oder auch nur zu denken. Er starrte mit verschleiertem Blick an die kahle, weiße, nichtssagende Wand. Langsam begannen seine Augen zu schimmern. Seine tiefbraunen und traurigen Augen. Tränen rollten über die blassen Wangen.
Aber er blieb stumm.
Kein Schluchzen.
Noch nicht mal ein Schniefen.
Nur unerträgliche Stille.
Es läutete.
Er stand auf und während er den Schlüssel ins Schloss steckte und die Tür öffnete, wischte er sich noch hastig die letzten Spuren der salzigen Flüssigkeit aus dem Gesicht.
Sein Vater stand vor ihm. Ein sonst eleganter, vorbildlicher, gefasster Mann. Die Beerdigung hatte ihm mehr zugesetzt, als man es jemals hätte vermuten können. Denn heute wirkte er sehr zerbrechlich und auch ein wenig zerknittert. Aber nur ein wenig.
Auch er hatte geweint. Seine Augen waren geschwollen und blickten genauso starr und traurig in die Welt, wie die seines Sohnes.
Sie hatten nie ein besonders enges Verhältnis zueinander gehabt.
Sein Vater war ein vielbeschäftigter Geschäftsmann. Zeit für seinen Sohn blieb da kaum. Dieser hatte sich damit abgefunden. Er hasste seinen Vater nicht, denn wie sollte man etwas hassen, was es gar nicht gab?
Einen echten, liebenswerten Papa hatte er nie gehabt.
Und nun stand vor ihm dieser Mann, der so eingefallen und verbraucht wirkt, dass er sich das erste Mal in seinem 17jährigen Leben mit ihm verbunden fühlte. Das erste Mal in ihrem Leben standen sie sich gegenüber und sahen einander, fühlten einander, waren beieinander.
Schluchzend fielen sie sich in die Arme.
Ihnen wurde der wichtigste Mensch, die einzige familiäre Bezugsperson, die Mutter und Ehefrau entrissen. Wie traurig, dass dies der einzige Weg für sie war sich zu finden...