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An Angels Passion

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Annäherung

Saber hatte es nicht mehr im Rasthof ausgehalten. Nach zwei Tagen, die er und sein Team nun den Karton mit den Museumsunterlagen durchsahen, fiel ihm die Decke auf den Kopf. Er musste sich ablenken. Er brauchte Ruhe und frische Luft um auf klare Gedanken zu kommen. So hatte er sich auf den Weg in die Stadtgemacht und war, ohne groß darüber nachzudenken, in der Bibliothek gelandet. Geistesabwesend durchstöberte er die Regale. Nicht ein Buch und doch alle gleichzeitig sprachen ihn an. So lief er die Reihen der Büchergestelle entlang ohne wirklich fündig zu werden und landete schließlich in der hinteren Leseecke des Büchersaales. Bequeme Sessel standen hier in Sitzgruppen bereit vor einem riesigen Panoramafenster, von dem aus man einen herrlichen Überblick über die Stadt hatte. Sonnenlicht flutete herein und zeichnete klare Konturen in das Auge des Betrachters, ließ die Skyline beinahe unwirklich hell erscheinen. Saber trat auf die Scheiben zu und genoss das Bild, das sich ihm bot. Gerade wollte er sich in einen Sessel fallen und seine Augen auf dem Anblick ruhen lassen, da hörte er ein leises Schniefen hinter sich. Er blickte sich um. In einer der Sitzgelegenheiten nahe den Regalen hockte Passion Sumatra und weinte still vor sich hin. Sie schien ihn ebenso wenig bemerkt zu haben, wie er sie, denn auf dem Boden vor ihr lagen zwei zerknüllte Papiertücher. Er musste also an ihr vorbeigegangen sein ohne sie gesehen zu haben. Warum weinte sie? Im Gegensatz zu dem, was er bisher von ihr erlebt hatte, wirkte sie hilflos und unsicher. Er schritt langsam auf sie zu. Sie schnaubte erneut in ein Taschentuch. Tränen kullerten ihr über ihre Wangen. Er reichte ihr ein sauberes Tuch. Sie griff dankbar danach, ließ die Hand aber sofort wieder sinken, als sie sah, wer es ihr reichte. Die unwillige Falte zeichnete sich auf ihrer Stirn ab. „Ich bin keine dieser verzogenen, adligen Gören“, erklärte er und setzte an, ihr die Tränen abzutupfen. Doch ehe seine Hand ihr Gesicht erreichte, griff sie danach und bot ihm Einhalt. „Ihr seid alle gleich“, gab sie zurück. Mit der freien Hand drückte er ihre von seiner hinunter. „Ich bin nicht so“, erwiderte er sachlich und wischte ihre Tränen behutsam fort. Diesmal erhob sie keinen Protest. „Was ist passiert?“ fragte der Recke dabei. „Nichts“ erhielt er trotzig zur Antwort. „Ich hab schon gedacht, ich musste mir Sorgen machen.“ Er unterdrückte den leisen Spott so gut es ging. Hinter ihren Tränen funkelte sie ihn düster an. „Du bist der Letzte, mit dem ich darüber reden will“, versetzte sie patzig. „Jemand wie du kann das nicht verstehen, weil er kein Herz hat.“ Saber hielt in der Bewegung inne. So erheiternd er sonst ihren Trotzkopf fand, jetzt war er unangebracht. Er steckte das Taschentuch ein. „Das war wohl mein Stichwort.“ Damit wand er sich ab und verschwand durch die Regalreihen ohne sich umzusehen. Sie schaute ihm nach und bereute ihre Worte. Hätte er tatsächlich kein Herz, hätten ihre Tränen ihn nicht interessiert und ganz sicher, hätte er ihr nicht so tröstend das Gesicht getrocknet. Er hatte ihr die Hand gereicht und sie hatte nichts Besseres zu tun, als danach zu schnappen, wie ein bissiger Hund. Bei soviel Ablehnung erwartete er gar nichts mehr von ihr. Umso mehr überraschte es ihn, dass sie ihn am Fahrstuhl einholte. Das war schon eine Art Entschuldigung, auch wenn sie es nicht aussprach. Stattdessen sagte sie: „Einer unserer Professoren ist heute Vater geworden. Er hat jedem aus unserem Semester einen Flasche Rotwein spendiert.“ Erstaunt blickte er sie an. „Sag nicht, du hast deshalb geweint.“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, aber der Grund reicht um die Flasche zu köpfen. Dein Fall wohl auch. So weit ich weiß“, meinte sie. Er schmunzelte. „Das ist das erste Mal, dass mich eine Frau auf einen Wein einlädt.“ – „Ich bin nicht wie die anderen.“ – „Ich weiß“, lächelte er.
 

Mit der Flüssigkeitsmenge in der Flasche sank auch die Sonne immer tiefer. Sie hatten sich in einen Park zurückgezogen und saßen im Gras neben einander an einen Baum gelehnt. Schweigend hatten sie die Passanten beobachtet, die Wind genossen und ihre Blicke schweifen lassen. Jetzt da die Flasche geleert war, sollten sie eigentlich gehen, aber keiner von beiden hatte große Lust dazu. Gelangweilt drehte Passion die Flasche immer wieder auf dem Gras zwischen ihnen. Als der Flaschenhals auf Saber gerichtet liegen blieb, fragte sie unvermittelt: „Wahrheit oder Tat?“ – „Warum wundert mich das jetzt noch?“ Er schüttelte den Kopf. „Wahrheit.“ Sie fragte ohne ihn anzusehen. „Wie viel bildest du dir wirklich auf dein blödes, blaues Blut ein?“ Auch sein Blick ging in die Ferne. „Gar nichts. Aber es verschafft einem manchmal den nötigen Respekt. Ich bin nichts Besseres als unser Kuhtreiber oder unser Rennfahrer, “ antwortete er wahrheitsgemäß. Wie er erwartet hatte, nickte sie. „Stimmt, bist du nicht.“ – „Und du?“ Der Blondschopf drehte nun die Flasche. „Wahrheit oder Tat?“ Sie grinste ihn an. „Wahrheit. Bei Tat handle ich mir sonst noch ein Verbot ein, an das ich mich halten muss.“ – „Weshalb benimmst du dich mir gegenüber so? Ich meine, warum hast du eine solche Abneigung gegen mich?“ wollte er wissen. Passion lehnte sich an den Baumstamm und wiegte den Kopf. „Ich glaube, dass ihr alle gleich seid. Ihr vom Leben begnadeten. Ihr kriegt meist alles, was ihr wollt und bildet euch ein, ihr hätte es verdient. Andere werden wie Dreck behandelt. Aber ihr seid einen Scheiß besser. Meist wisst ihr gar nicht zu schätzen, was ihr da eigentlich habt, “ erklärte sie und es klang ein wenig frustriert. Er blinzelte zu ihr rüber. „Ich habe für das, was ich habe hart arbeiten müssen und ich weiß es sehr wohl zu schätzen. Geld allein und ein Adelstitel machen nicht glücklich, das kann ich dir schriftlich geben. Und woher kommt deine Abneigung gegen Bessergestellte?“ Das Spiel schien schnell nebensächlich geworden zu sein. Sie schaute ihm ins Gesicht. „Damals im Internat waren alle besser gestellt. Hat dir schon mal jemand, das Essen vor die Füße gekippt und verlangt, dass du es vom Boden isst? Hat man Sportbälle aller Art nach dir geworfen, weil dein Team in einem Übungsspiel verloren hat? Ich kann dir noch mehr, solcher Aktionen aufzählen, aber keine davon hatte Love verdient, verstehst du?“ Oh, sie konnte sich offenbar an jeden Vorfall so deutlich erinnern, als wäre er erst gestern passiert. Diese Ungerechtigkeit machte sie noch immer furchtbar wütend. Ihre Stimme hatte das deutlich verraten. Saber hob die Flasche auf und spielte damit herum. „Keiner hat so was verdient“, stimmte er ihr dabei zu und linste in die Öffnung des Gefäßes, als könne er darin noch etwas zu trinken finden. „Und was ist mit dir? Was haben dir diese Snobs getan, dass du härter zu einem Menschen geworden bist, als eine ganze Felswand? Bist du auch gedemütigt worden?“ Innerlich zuckte sie zusammen. Ja, auch sie persönlich hatte ihre Gründe. Sie nahm ihm die Flasche aus der Hand, legte sie aufs Gras und drehte sie. „Ich will nicht drüber reden.“ Wieder deutet der Hals auf Saber. „Wahrheit oder Tat?“ – „Die Wahrheit, “ grinste er und fügte hinzu, „aber die will ich von dir hören.“ Diesen Zusatz überhörte sie geflissentlich. „Hast du noch deine Eltern?“ erkundigte sie sich stattdessen. „Ja, hab ich. Aber meine Mutter ist schwer krank. Soviel zum Thema privilegiert, “ entgegnete er. Ihr Blick hing an der untergehenden Sonne, die ihre letzten, warmen Strahlen auf das Land warf und alles in glühend rotes Licht tauchte. „Meine Mummy war“, begann sie gedankenverloren „Sie hatte einen Autounfall. Search war dabei, als es passiert ist. So ein Idiot hat ihr die Vorfahrt genommen. Mummy starb am Unfallort. Search hielt ihre Hand.“ Saber ergriff ihre Hand und drückte sie einfühlsam. „Das tut mir leid, Passion“, sagte er zärtlich. „Colts Eltern sind von Outridern umgebracht worden“, fügte er dann hinzu. „Dieser bekloppte Outrider-Krieg hat hohe Verluste gefordert. Seitdem kam unser Vater auch nicht mehr zurück.“ Sie entzog ihm ihre Finger. Das hatte sich seltsam vertraut angefühlt und sie war nicht sicher, wie sie damit umgehen sollte. Auch er legte seine Hand zurück auf seinen Schoss. „Ja, der Krieg hat viele Menschenleben gefordert, schon vor achtzehn Jahren hat er das. Deshalb war es richtig, ihn endlich zu beenden. Ich hab so viele Menschen sterben sehen.“ Bevor sich die Trauer über die Verluste der Vergangenheit zwischen ihnen zu weit ausdehnen konnte, drehte Passion wieder die Flasche.
 

„Wahrheit oder Tat?“ fragte sie und weil sie sich sicher war, dass er Wahrheit wählen würde, schickte sie die zweite Frage gleich hinterher. „Warum tust du das? Warum bist du Starsheriff geworden?“ Die ersten Sterne blinkten am Firmament auf. „Weil ich den Frieden liebe“, gab er zurück. „Ich hatte das Glück, dabei die besten Freunde zu finden. Wir haben die Hoffnung ins Neue Grenzland hinausgetragen und aus dem Traum, in Frieden zu leben, Wirklichkeit gemacht.“ Sie schmunzelte leicht. So etwas angeheitert wurde er wohl philosophisch. „Weißt du, dass find ich gut. Die meisten denken nur an sich und die, die ihnen nahe stehen. Aber für Leute zu kämpfen, die man nicht kennt, die man wahrscheinlich nicht mal leiden könnte, wenn man sie kennen würde, dass bedeutet sehr viel Liebe im Herzen zu haben.“ Das war wohl das netteste, das sie seither zu ihm gesagt hatte. Er musste lächeln. „Es erfordert mehr als nur Liebe im Herzen für andere zu kämpfen.“ Er lehnte sich an den Baumstamm und schaute in die Sterne. „In unserem Fall muss man auch einen leichten Schaden haben, ansonsten verliert man irgendwann das aus den Augen, was eigentlich wichtig ist.“ Irritiert wollte sie wissen: „Was meinst du?“ – „Kommt drauf an, was du wissen willst. Meinst du die Erkenntnis, dass wir alle einen Schaden haben oder das, was wichtig ist?“ Sie beugte sich vor und musterte ihn von der Seite. „Was für dich wirklich wichtig ist? Dass wir alle einen Schaden haben, weiß ich, “ entgegnete sie. „Es gibt ein Leben nach dem Krieg, aber das verlieren viele Soldaten aus den Augen. Sie gewöhnen sich ans kämpfen, können damit nicht mehr aufhören. Ich hatte das große Glück mit drei guten Freunden zu kämpfen, die alle dasselbe Ziel hatten und sich gegenseitig immer wieder daran erinnert haben. Eine Familie zu haben und in Frieden leben zu können. Das ist es, was wirklich zählt. Es ist nicht Geld oder Ruhm, wirklich wichtig ist die Liebe, “ erklärte er nachdenklich. „Liebe“, wiederholte sie und sah verträumt in den Himmel. „Es muss schön sein, verliebt zu sein.“ Oft genug hatte er gesehen, wie Beziehungen in die Brüche gegangen waren. Nicht nur seine eigenen, sonder auch Frauen, die ihren Mann im Kampf verloren hatten. „Es kann auch sehr weh tun“, erwiderte er ernst. Nicht weniger ernst gab sie zurück: „Ich war lange und oft genug einsam, um zu wissen, dass es besser ist für einen Tag geliebt zu werden, als gar nicht geliebt zu werden.“ Mit einem leicht erstaunten Blick gestand er: „Das ist wohl wahr. Aber es tut schrecklich weh, einen geliebten Menschen zu verlieren. Ich habe viele Menschen gesehen, die an ihrem Schicksal beinahe zerbrochen wären. Für mich steht fest: Ich werde erst heiraten und eine Familie gründen, wenn der Frieden für immer gewährleistet ist.“ Bitter lächelte Passion und strich sich durchs Haar. „Und ich werde wohl nie heiraten. Es wird so ausgehen, dass Faith Recht behält. Sie meint, ich würde als alte, einsame Jungfer sterben und sie würde mir dann auf den Grabstein meißeln: Ungeöffnet zurück.“ Saber lachte leicht. „Irgendeiner wird dich schon wollen. Einer ist immer blöd genug, das kannst du mir glauben. Sogar April hat einen abbekommen, unser Dampfhammer.“ Unwillig verzog sie das Gesicht. „Ich bin nicht April. Und ich will ganz sicher keinen Idioten. Davon könnt ich hundert haben. Jeden Tag einen andern, wenn ich nur wollte. Aber ich will sie nicht. Ich will jemanden, der mich fordert, von dem ich lernen kann, der mich in Frage stellt - wenigstens manchmal - und mit meinen Macken klar kommt, weil er weiß, dass es im Grunde nur halb so ernst zu nehmen ist, wenn ich austicke.“ Er lächelte sie warm an. „Doch, du bist April in gewisser Weise sehr ähnlich. Nur nicht ganz so naiv und blauäugig.“ Dann ergänzte er sie necken wollend „Du bräuchtest keinen Mann, der dich fordert, sondern einen, der dir Manieren beibringt.“ Damit hatte er ihren wunden Punkt erwischt. Trotzig versetzte sie: „Wenn ich keine Manieren hätte, hättest du für den Spruch jetzt die Flasche über die Rübe gekriegt.“ Das reizte ihn zum grinsen. „Dann hätte ich dich wieder aufs Kreuz gelegt, bevor du mit der Flasche überhaupt in der Nähe meines Kopfes gewesen wärst.“ Seine Selbstsicherheit und die Wirkung des Alkohols provozierten sie. „Das hättest du nicht. Du hast nämlich genauso einen an der Waffel, wie ich grad.“ Dabei kam sie auf ihn zu und versuchte tatsächlich ihm eins mit der Flasche über zu braten. Aber es kostete ihn kaum Mühe ihr die Pulle abzunehmen, das Ding wegzuschleudern und den Rotfuchs rücklings ins Gras zu drücken.
 

„Was hab ich dir gesagt?“ triumphiert er über ihr. „Wahrheit oder Tat? Warum machst du das immer mit mir?“ Er betrachtete ihr Gesicht. Ihre großen, grünen Augen, die kleine Nase und die verführerisch vollen Lippen. „Wahrheit, weil ich dich gerne umlege. Und Tat: Deswegen.“ Damit drückte er ihr einen Kuss auf den Mund. Obwohl sich dieser Kuss warm und sanft anfühlte, wehrte sich Passion dagegen. Sie zappelte unter ihm, boxte ihm in die Seiten und schaffte es, den Kopf wegzudrehen. „Lass mich los und hör auf mich zu verarschen. Ich bin nicht so leicht zu haben, wie du denkst, “ fauchte sie. Doch es war nur halb so ernst gemeint, wie es sich anhörte. Ohne es zu ahnen, war der Recke in einen Test geschlittert und bestand ihn mit Bravour. Er ließ sie augenblicklich los. „Das hatte ich auch nicht vor.“ – „Ach nein, was sollte das dann gerade?“ Es war ihm anzusehen, dass es ihm unangenehm war. Schnell versuchte er seiner Missetat ein besseres Gesicht zu geben. „Ich wollte dich fordern. War wohl nix.“ Passion hob die Augenbrauen. „Fordern? Ich denke, ich brauch keinen Mann, der mich fordert.“ Er versuchte das alles ins Komische zu retten, damit nicht noch mehr zwischen ihnen stand. Wenn sie schon etwas gegen seinen Status hatte, sollte sie ihm nicht noch vorwerfen können, dass er sie zu etwas zwingen würde, was sie nicht wollte. „Na ja, wenn ich dir Manieren hätte beibringen wollen, dann hätte ich die Haselrute ausgepackt.“ Sie schenkte ihm einen skeptischen Blick. War Haselrute etwa eine der vielen Metaphern für seinen kleinen Freund? Saber schaute sie verwundert an. Was hatte er falsches gesagt? Hat sie etwa nie mit der Haselrute eins auf die Finger gekriegt? „Was denn?“ Sie wand den Blick von ihm ab, leicht errötet, und versicherte hastig. „Nichts.“ Da ging ihm auf, dass das zweideutig geklungen hatte. „Oh.“ Er wurde ebenfalls rot. „Schande. Das hab ich nicht damit gemeint, Passion.“ – „ Hab ich irgendwas gesagt? Nein. Also, Thema abgehakt, “ gab sie knapp zurück. Die Beleuchtung der Parkanlage war längst eingeschaltet und erhellte die warme Nacht. Außer ihnen schien niemand mehr im Park zu sein. Schon seit einer Weile, war niemand mehr an ihnen vorbeigegangen. „Okay, weiter im Text.“ Saber lenkte das Gespräch wieder zum Spiel zurück.
 

„Wahrheit oder Tat?“ fragte er. „Wahrheit.“ – „Weshalb stiehlst du?“ Hätte Passion nicht gesessen, hätte ihr diese unvermittelte Frage glatt den Boden unter den Füßen weggerissen. Ihre Augen weiteten sich unter seinem forschenden Blick. „Was stellst du für Fragen?“ kam es empört zurück. „Sag einfach nur die Wahrheit, Passion. Ich bin mit Fragenstellen dran, “ antwortete er ruhig und musterte sie aufmerksam. „Das ist eine Unverschämtheit, mich sowas zu fragen.“ Aufgebracht sprang sie auf. „Du bist doch der Idiot, für den ich dich die ganze Zeit gehalten hab. Wie kommst du dazu mir sowas zu unterstellen?“ Noch immer ruhig gab er zurück: „Weil ich Augen im Kopf habe und außerdem so einiges dafür spricht. Dein Verhalten zum Beispiel. Du stiehlst, Passion. Du stiehlst die Werke von Valerius. Warum?“ Sie protestierte nicht ganz so heftig, wie er erwartet hatte. „Das ist nicht wahr.“ Diese Reaktion verwunderte ihn. Herausfordernd erhob er sich ebenfalls „Ach, beweis mir das Gegenteil. Beweis mir, dass ich mich irre, “ verlangte er. Sie atmete tief durch um sich zu beruhigen. Zögernd fragte sie. „Wie soll der Beweis aussehen?“ – „Das überlass ich ganz dir. Passion, zwing mich nicht, dich zu verhaften. Gib mir keinen Grund dafür, “ bat er inständig und hoffte, dass die eben ausgesprochene Anschuldigung falsch war. Überrascht musterte sie ihn wieder. „Du lieber Himmel, was ist denn mit dir los? Du klingst ja grad so, als würde dir das leid tun, mich einzubuchten, egal für was, “ stellte sie dann fest. Er griff nach ihren Handgelenken, umschloss sie sanft und zog sie näher zu sich. Zärtlich blickte er sie an „Vielleicht tut es mir auch leid. Ich würde gerne sehen, dass du nicht V-Angel bist. Aber du bist es. Und das nächste Mal werden wir dich erwischen, Passion. Ich kann dich nicht laufen lassen.“ Das bohrende Gefühl, dass sich seine Worte bewahrheiten würden, versuchte er dabei zu ignorieren. Das durfte nicht sein. Passions Herz begann unkontrolliert zu schlagen. So hatte sie noch nie ein Mann angesehen. So hatte sie noch nie ein Mann behandelt. So hatte noch nie einer mit ihr geredet. Wie viel länger wollte und konnte sie das noch ignorieren? „Warum?“ flüsterte sie. Er drehte den Kopf weg. „Weil ich gern derjenige wäre, der dich fordert“, raunte er zurück. Auf ihr inständiges „Warum?“ hin, wich er mit einem „Warum nicht?“ aus. Dann lenkte er wieder auf den Fall und zog sie noch näher zu sich. „Du bist die einzige von euch Schwestern, die dazu in der Lage ist, einen Diebstahl zu begehen“, sagte er dann und sah ihr fest ins Gesicht. Sie senkte den Blick. „Wahrheit oder Tat?“ murmelte sie. „Was soll das jetzt, Passion?“ fragte er irritiert. Noch immer hielt sie den Kopf gesenkt. „Tat“, schnaubte er daraufhin. „Küss mich“, forderte sie ihn auf. Wie bitte? „Warum sollte ich?“ Er konnte beim besten Willen nicht nachvollziehen, was sie damit erreichen wollte. „Tu es einfach. Bitte.“ Er spürte, dass sie das nicht ohne Grund sagte. Er umfasste liebevoll ihr Kinn und schob es zu sich herauf. In diesen Kuss legte er alle seine Gefühle für sie – seine Zuneigung, seine Wärme, seine Leidenschaft und die Befürchtung, dass sein Verdacht sich bestätigen könne. Beinahe endlos schien dieser Kuss und nur widerstreben ließ Passion zu, dass sich seine Lippen von ihren lösten. „Und? Besser?“ Benommen erwiderte sie: „Ja.“ Ihr Herz spielte noch mehr als zu vor verrückt und ihre Knie waren ganz weich geworden. Das hier war mit nichts, dass sie früher erlebt hatte, vergleichbar. Sie versuchte sich zu fassen und sagte schließlich: „Weißt du, Various' ‚5 reasons to live‘ ist wirklich ein beeindruckendes Werk.“ Dann trat sie zwei Schritte zurück. Saber erkannte den Hinweis, als würde er in Neonlampen vor ihm leuchten. Aber wie kam sie jetzt darauf? „Ach wirklich? Das kenn ich gar nicht.“ Sie entfernte sich noch einige Schritte. „Die Kataloge enthalten auch Skizzen“, informierte sie unbestimmt.
 

„He, he, warte.“ Er folgte ihr und nahm wieder ihre Hände. „Wahrheit oder Tat?” Er schaute ihr tief in die Augen. Sie wand sich. Das war zu viel Nähe. Noch zu ungewohnt diese Gefühle, so schön sie auch waren. „Tat“, gab sie zurück. Er zog sie in seine Arme und küsste sie wieder. Jeder Widerstand in ihr löste sich auf. Sie erwiderte seine Umarmung. „Hoffentlich tut dir das nicht mal leid“, murmelte sie zwischen zwei Küssen. „Es tut mir spätestens morgen leid, weil ich mich in einen Dieb verliebt habe“, raunte er zurück und presste sie so nah er konnte an sich. Seine Hände glitten über ihren Rücken und streichelten sie sanft. „Du bist der Dieb.“ Passions Mund fand sein Ohrläppchen und knabberte sanft daran. „Hast mir den Verstand geraubt und mein Herz dagelassen.“ Den wolligen Schauer, der ihm über den Rücken jagte, quittiere er mit innigeren Küssen. „Du warst auch nicht besser. Du hast mein Herz, also bitte gib es mir wieder.“ Ihre Hände wanderten ebenfalls seinen Rücken hinab. „Nur, wenn ich meins wiederbekomme.“ Ihre Lippen schweiften an seinem Hals entlang über die Schulter. „Das war das schlimmste, was passieren konnte.“ Es war schwer sich zu beherrschen. Für beide. Sabers Hände glitten über ihren Bauch und unter ihr Shirt während er ihren Hals mit berauschenden Küssen bedeckte. „Hör auf, Passion. Hör auf zu stehlen, “ murmelte er dabei. Ihre Knie wurden noch weicher. Sie sank auf die Wiesen und zog ihn ebenfalls in die Knie. Ihre Hände knöpften ungeduldig sein Hemd auf. „Es ist alles nicht so einfach wie du glaubst.“ Er zog ihr das Shirt über den Kopf und drücke sie behutsam auf den Boden. Seine Küsse bedeckten ihre Haut, dort wo sie unbekleidet war. Den Mund an ihrem Nabel flüsterte er heiser: „Ich kann dich nicht verhaften. Ich will es nicht tun müssen. Gib mir die Chance, ein anständiges Mädchen zu lieben, keine Diebin.“ Sie strich ihm das Hemd über die Schultern. „Ich würd so gern“, gab sie zurück und umschlang ihn innig. „Ich hab keine Wahl“, wisperte sie in sein Ohr. Gleich darauf folgte ein wolliges Seufzen ihrerseits. Seine Liebkosungen brachten sie völlig um den Verstand. „Du hast eine Wahl. Jeder kann selbst entscheiden.“ Er grub seine Hände in ihre seidige rote Mähne. Es kostete ihn einige Mühe noch länger brauchbare Antworten zu geben. Sie fühlte sich so gut an. Das alles fühlte sich so gut an, so wunderbar und vor allem richtig. Er durfte sich nicht irren. Sein Herz konnte ihn nicht so belügen. „Ich enttäusche entweder dich, oder andere, die mir nahe stehen. Egal, wie ich mich entscheide.“ Die Worte waren nur noch schwer zu verstehen unter den genüsslichen Lauten, die er ihr mit seiner Zärtlichkeit entlockte. „Enttäusch mich nicht... Du kannst ein... ehrliches Leben führen... Mit mir.“ Dabei begann er sich an seiner Hose zu schaffen zu machen. „Später“, flüsterte sie zurück. „Wenn du alles verstehst.“ Sie küsste ihn stürmisch auf die Lippen. „Ich hab schon zu viel verraten.“ Aber das bekam der Recke schon gar nicht mehr mit. Er war schließlich auch nur ein Mann und das, was gleich geschehen würde, wollten beide zu sehr. „Ja... später... Lass uns später darüber... reden.“ – „Ja …“ Passion war nicht nur ein Name. Das wusste Saber längst. Aber dieser Beweis dafür, war ihm mit Abstand der Liebste. ‚Ich liebe dich, Passion. ‘ „Ich liebe dich.“ Als es ihm über die Lippen kam, wurde ihm bewusst, dass es genau das war, was er für sie empfand. Sie durfte keine Diebin sein. Das könnte er wohl kaum ertragen.
 

Den Rückweg über hatten sie geschwiegen. Keiner wusste, warum. Aber keiner hatte etwas sagen können. Weder Passion noch Saber wussten, weshalb sie nicht einfach nur glücklich waren. Es war, als hinge ein Damokles-Schwert über ihnen, das drohte jeden Augenblick zu trennen, was sie eben verband.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Misano
2008-06-08T21:43:33+00:00 08.06.2008 23:43
Wie? Hier hat noch niemand was geschrieben?
Dabei gefällt mir dieses Kapitel besonders gut! Auch wenn ich etwas irritiert war, weil das Spiel mit der Flasche bei uns "Wahrheit oder Pflicht" heißt.
Also das Timing von Gefühlen, Wortgefecht, Verhör und zur Tat Schreiten hast du perfekt hinbekommen!!!


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