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Piratenblut / Familienbande

Dein Schicksal ist die See
von

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Erinnerungen

Die Erinnerung ist die einzige Hölle, in die wir schuldlos verdammt sind. – Arthur Schnitzler
 

Ich versuche vor den Erinnerungen davon zu laufen, genau wie ich vor der Hölle an Land davonzulaufen versuche. Aber sie breitet sich immer mehr aus und die Welt wird immer kleiner. Es gibt keinen Ort mehr, der unentdeckt bleibt, keinen Ort an dem man sich verstecken kann. Die Welt holt uns langsam aber sicher ein. Die Welt, vor der wir davon laufen, weil sie uns das wegnehmen möchte, für das wir so hart gekämpft haben und das wir mehr lieben als unser Leben. Unsere Freiheit. Jack sagte einmal zu mir:„Weißt du Johnny-boy, lieber sterbe ich im Kampf, mein Körper durchbohrt von tausenden Kugeln, als in einem Kerker eingesperrt zu sein oder vom Meer getrennt und ihnen dienen zu müssen. Sollen sie mich lieber hängen“ Und er hatte so Recht. Denn niemand, wirklich niemand hat das Recht uns unsere Freiheit zu nehmen und uns zu sagen, wie wir leben sollen. Niemand hat das Recht uns dieses Leben zu nehmen, NIEMAND!
 

So ziehe ich mich in den Frachtraum zurück, so wie ich es immer tue. Ich setze mich hinter eine große Holzplatte, die an der Wand lehnt. Mein Stammplatz, fernab von der Welt da draußen. Abgeschottet von den anderen Menschen. So sinke ich hinter der Holzplatte zu Boden und lehne den Kopf an die schwarze hölzerne Wand.
 

>Ach Pearl, du bist so unglaublich schön…<
 

Ich versuche mich irgendwie von den Gedanken, die mich gefangen halten loszureißen, aber je mehr ich es versuche, desto mehr nehmen sie mich gefangen, erfüllen meinen Kopf, mein Herz. Es tut so weh darüber nachzudenken. Immer habe ich diese Gedanken verdrängt, von mir weggestoßen, um bloß diesem Schmerz zu entgehen, diesem Schmerz, der mich schwach werden lässt. Doch jetzt holt mich alles wieder ein, trifft mich wie ein kalter Schlag ins Gesicht. Fernab von der Crew, fernab von Jack, sitze ich im dunklen Frachtraum hinter der Holzplatte und kämpfe mit mir selbst. Kämpfe gegen die Tränen, gegen den Schmerz, der sich in meine Brust gelegt hat, wie ein aufgeblasener Ballon, der droht jede Sekunde zu platzen. Und ich bin nicht stark genug es zurückzuhalten. Tränen laufen mir über das Gesicht, ohne das ich etwas dagegen tun kann. Der Schmerz zerreißt mich innerlich, während das Bild meines Bruders in mein Gehirn gebrannt aufflackert wie tausend Kerzen.

„Oh Bruder“, schniefe ich, „Ich bin es so satt hier zu sein. Das wird mir alles zu fiel. Warum musstest du gehen? Warum musstest du mich allein lassen? Du hast gesagt, du bleibst bei mir!“ Ich breche vollkommen in Tränen aus, sinke zu Boden, nicht einmal mehr die Kraft habend sitzen zu bleiben, „Warum kannst du nicht einfach hier sein? Der Schmerz ist einfach zu groß für mich. Die Wunden wollen einfach nicht heilen, ich weiß ich sollte stark sein, aber ich kann nicht. Ich vermisse dich so!“ Ich schluchze und ringe nach Luft, noch nie habe ich so geweint. Nicht an dem Tag als ich von seinem Tod erfahren habe, nicht als Vater starb, nicht als Mutter starb, nicht in den Jahren danach. Niemals. Nicht als ich mich verletzte, niemals. Doch ich ertrage den Schmerz einfach nicht mehr. „Deine Erinnerungen verfolgen mich, sie zerreißen mich! Es ist einfach alles zu viel für mich! Die Zeit vergeht so schnell, dein Bild verblasst vor meinem inneren Auge. Ich habe Angst dich zu vergessen.“ Ich liege am Boden unfähig mich zu bewegen, mein Körper ist wie gelähmt von dem Schmerz, dieser unglaubliche Schmerz, der sich von meiner Brust über meinen ganzen Körper ausbreitet und ihn lähmt. „Du hast mich immer beschützt, wenn es mir nicht gut ging, wenn irgendjemand mich verletzen wollte. Aber jetzt bin ich ganz allein. Deine Worte verfolgen mich jeden Tag und dein Bild verfolgt mich in der Nacht. Du hast mir immer gesagt wir müssten das Böse bekämpfen, egal wann und egal zu welchem Preis. Aber was, wenn ich mir nicht mehr sicher bin wer der Böse ist? Wenn alles andere was du mich gelehrt hast zum Bösen wurde? Wenn ich gesehen habe, was der Preis ist? Wenn ich mir nicht einmal mehr sicher bin, was noch übrig ist, für das es sich zu kämpfen lohnt? Sag mir, wie kann ich dann noch kämpfen? Bruder, komm bitte zurück und wische meine Tränen fort. Komm zurück und rette mich“ Ich schluchze wieder, „Es fällt mir so schwer einzusehen das du für immer fort bist, sehe ich dich doch imemr wieder vor mir stehen, deine Arme um mich legen. Ich kann es immer noch nicht verstehen. Ich bin ganz allein“ Verzweifelt schlage ich die Arme um meinen Oberkörper, habe ich doch Angst er könnte zerreißen. „Komm zurück“, schreie ich verzweifelt in die Dunkelheit des Raumes, obwohl ich weiß, dass keiner Antworten wird, „Warum hast du mich allein gelassen?“ Weinend und immer noch unfähig mich zu bewegen, zu denken oder irgendetwas zu tun falle ich wieder auf den Boden und weine, ich weine einfach nur. Verliere Haltung und Disziplin, verliere alles aus den Augen, was mein Bruder mich lehrte. Keine Schwäche zeigen! Ja, dass sollte ich nicht, doch ist mein Körper gelähmt vor Schmerz, vor dem Schmerz, den ich all die Jahre unterdrückte, vor dem ich davonlief und der mich jetzt eingeholt hat. Schmerz, den mein Körper nicht mehr ertragen konnte und der so stark ist, dass ich meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle habe. „Warum hast du mich allein gelassen?“, schreie ich wieder und wieder, „Warum? Warum? Warum hast du mich allein gelassen? Warum?“
 

„WARUM?“, schreie ich wieder, so laut das ich das Gefühl habe mein Hals zerreißt, so laut, dass es mir selbst weh tut, so laut, das ich das Gefühl habe mich selbst damit zu zerreißen. Und so sehr ich mir eine Antwort wünsche, so sehr weiß ich auch dass keine kommen wird. Denn er ist fort, weg, tot und er kommt nicht zurück. Niemals. Er hat mich einfach allein gelassen. Er hat mich allein gelassen. Er is einfach gegangen…einfach fort.

Mein Kopf fühlt sich taub an, mein Körper ist eiskalt und gelähmt, doch erfüllt ihn jetzt auch noch ein Gefühl, für welches ich mich selbst hasse. Hass. Hass dafür, dass er gegangen ist, dafür dass er mich allein gelassen hat. Wie kann ich nur? Wie kann ich ihn nur hassen? Meinen geliebten Bruder… Wütend auf mich selbst, reiße ich mich aus meiner Trance, obwohl sich alles immer noch taub anfühlt, alles scheint soweit von mir entfernt und die Tränen fließen weiter, unaufhaltsam. Ich ergreife mein Messer und ziehe es aus seiner Scheide. „Schlechter Mensch, ich bin ein schlechter Mensch“, murmele ich vor mich hin und starre auf das Messer, dessen Klinge sich auf meinen linken Unterarm legt, „Schlechter Mensch. Schlechte Menschen müsse bestraft werden…“ Ich ramme mir die Klinge in den Unterarm und Blut überströmt meinen Arm, doch ich spüre nichts, überhaupt nichts. Langsam ziehe ich die Klinge weiter den Arm herunter und das Blut wird zu einem kleinen Fluss, fließt über meinen Arm, mein Bein auf den schwarzen Holzboden und verbreitet sich in einer Pfütze. Und endlich spüre ich ihn, den Schmerz. Ein unglaublicher Schmerz, ein erleichterndes Gefühl. Die Erinnerungen schwinden langsam, die Tränen versiegen und das Blut fließt. Ich kann wieder atmen. Strafe und doch zugleich Rettung. Rettung. Schmerz ist Rettung. Immer tiefe steche ich das Messer, damit der Schmerz stärker wird, so stark, dass er jede Erinnerung verblassen lässt. Und langsam verschwinden die Erinnerungen, verblassen, platzen wie Seifenblasen. Mit jeder Seifenblase platzt ein Teil des Schmerzes, aber auch ein Teil meiner selbst, welches den Schmerz wieder verstärkt. Immer tiefer und tiefer drücke ich das Messer, doch die kurze Rettung ist vergangen. Es ist nur eine Rettung für einen kurzen Moment, einige Sekunden nicht länger. Aber es ist Rettung. Ich schaue auf die rote Pfütze am Boden, sie wird größer immer größer und vermischt sich mit den salzigen Tränen, die mir immer noch über das Gesicht laufen. „Schlechter Mensch“, murmele ich immer wieder vor mich hin. Mein Kopf dröhnt, die Welt draußen scheint sich auf einmal unglaublich schnell zu bewegen, das Wanken des Schiffes, die Geräusche der Crew, alles wird schneller. Ich verliere das Gleichgewicht, falle erneut zu Boden. Versuche mich aufzusetzen, doch schaffe es nicht. Ich schaue auf das Messer in meinem Arm. Es wäre so leicht, dem ein Ende zu setzen. Er solle aufhören, der Schmerz, ich kann es beenden. Endgültig. Jetzt, in diesem Moment. Es soll einfach nur aufhören. Ich versuche das Messer zu erreichen, doch bevor ich es auch nur berühren kann wird die Welt um mich rum schwarz und die Zeit für mich bleibt stehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2008-07-01T16:47:20+00:00 01.07.2008 18:47
verdammt! ist das... mir fällt da kein wort für ein sorry.... voll ergreifend... ich kann mir das so gut vorstellen... wie real halt... *schock* O.O
Von: abgemeldet
2008-06-09T12:16:29+00:00 09.06.2008 14:16
ohhhhhhhhh... ^^ na endlich! ^____^

also jacks kommentare sind ja echt mal geil! XDXDXD

Bin ja mal gespannt, wie du jetzt weitermachen willst! ... *gespannt wart* ^^


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