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Höllenqualen

Rasia Reloaded - Fortsetzung zu "Pakt mit der Hölle"
von

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Eifrige Korbflechter, delikate Floh-Aufläufe, geistesgestörte Affen und glitzernder Kuhmist

Ich starrte Myouga weiterhin nur noch entgeistert an, während dieser mühevoll versuchte, irgendwo eine Schwachstelle in Krytios kleinem Kraftfeld zu finden. Vorsichtig tastete er es ab, bei jeder Berührung zusammenzuckend, als erwartete er im nächsten Moment einen elektrischen Schlag oder etwas in der Art. Krytio jedoch hatte den Bannkreis relativ harmlos gehalten, um den Floh nicht aus Versehen zu grillen. Es würde für Myouga erst gefährlich werden, wenn der Teufel entschied, das Ding auf die Größe eines Staubkorns zu schrumpfen.
 

Aber das würde er spätestens erst dann tun, wenn ich ein paar Antworten bekommen hatte!
 

Immer noch wollte ich einfach nicht wahrhaben, dass der Depp vom Dienst tatsächlich eine Lösung gefunden hatte, sich von dem Siegel zu befreien. Schließlich sprachen wir hier von Miroku! Einem idiotischen Schmalspurhirn, der kaum an was anderes denken konnte als das Eine. Der mehr Körbe in seinem Leben gekriegt hatte, als die örtlichen Korbflechter zusammen in ihrem Leben würden produzieren können.
 

Wie war das nur möglich? Etwa frei nach dem Motto: Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn?
 

„Wie?“ Meine Stimme glich einem gefährlichen Zischeln. „Wie kann man das Siegel loswerden? Sprich schon!“
 

Myouga aber zupfte an seinem Hemdkragen herum und schien sich mächtig überlegen vorzukommen. „Diese Information ist streng vertraulich.“
 

Ich knirschte verärgert mit den Zähnen und warf einen Blick zu Krytio. Dieser verstand meinen Wink sofort und reduzierte augenblicklich die Größe des Kraftfeldes, sodass der Floh den Kopf einziehen musste. Einen Moment blieb Myouga noch ganz wacker, aber als sein Gefängnis immer kleiner wurde, knickte er ziemlich schnell ein.
 

„Schon gut“, sagte er hastig. „Ich weiß es nicht, in Ordnung? Ich weiß es wirklich nicht.“
 

Ich seufzte. Im Grunde war es auch gar nicht anders zu erwarten gewesen. Wer gab schon lebenswichtige Informationen an ein Insekt weiter? Selbst Miroku hatte genügend Grips, um so einem jämmerlichen Feigling, der schon bei der kleinsten Todesdrohung klein beigab, nicht über den Weg zu trauen.
 

„Was weißt du dann?“, hakte Krytio. „Erzähl uns alles. Selbst die kleinste Kleinigkeit.“

„Ja, ja, schon gut“, ergab sich der Floh sofort. „Aber … könntest du davor vielleicht … na ja, es wird was eng hier drin.“
 

Krytio musterte Myouga noch einmal streng, dann jedoch ließ er Gnade walten und gab dem Kraftfeld seine vorherige Größe wieder zurück. Der mickrige Floh seufzte daraufhin erleichtert auf.

„So ist es schon viel besser“, meinte er befreit. „Schon viel, viel besser.“
 

Ich konnte nur genervt die Augen verdrehen. „Komm endlich in die Gänge!“, forderte ich ungeduldig.
 

Er fuhr zusammen, als hätte er unsere Anwesenheit schon längst vergessen gehabt. Schließlich räusperte er sich großspurig und erzählte: „Als dieser englische Junge Inuyasha auf solch unwürdige Weise malträtierte, war Miroku offenbar von Anfang an klar, dass es sich um das Siegel des Helios handeln musste. Aufgrund des Fluches, mit dem Naraku ihn belegt hat – ein Windloch in seiner Hand, falls ihr nicht wisst, wovon ich rede –, hat er allerlei Schriften studiert. Dabei ist er dann auch irgendwann über Informationen über das besagte Siegel gestolpert.“
 

Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln.
 

Das war ja nicht zu fassen. Da war dieser Idiot wirklich nur zufällig auf diese lebensrettenden Neuigkeiten gestoßen? Irgendwann, vor vielen Jahren, als er noch nicht mal ansatzweise damit gerechnet hatte, dass er jemals in Kontakt mit dem Siegel des Helios kommen würde?
 

Na ja, das Glück war ja bekanntlich immer mit den Dummen. Von daher verwunderte es mich eigentlich nur wenig.
 

„Aber es ist hinlänglich bekannt, dass das Siegel nur von demjenigen entfernt werden kann, der es auch in die Welt gesetzt hat“, erwiderte Krytio. „Warum also sollen wir einem kleinen Wurm wie dir glauben?“
 

Myouga schien diese Bezeichnung nicht allzu sehr zuzusagen, weswegen er offenbar beinahe glatt wieder auf stur geschaltet hätte. Doch ein kurzer Blick auf den winzigen Bannkreis genügte, um seine Zunge erneut zu lockern und jegliche Gedanken an Stolz und Standhaftigkeit vergessen zu lassen.
 

„Es ist in der Hölle hinlänglich bekannt“, verbesserte Myouga. „Ist euch schon mal in den Sinn gekommen, dass die Menschen über gewisse Dinge besser Bescheid wissen als ihr?“
 

„Nicht wirklich“, sagte Krytio wie aus der Pistole geschossen.

„Nicht einmal im Traum“, schloss ich mich seiner Meinung unumwunden an.
 

Myouga musterte uns abschätzig. „Nun, es ist aber so. Immerhin wurde das Siegel hier auf der Erde erfunden, nicht in der Hölle, im Himmel oder in irgendeiner anderen Welt. Glaubt mir ruhig, die Menschen wissen mehr darüber als ihr. Na ja, die Menschen zumindest, die sich dafür interessieren.“
 

Ich gab es zwar ausgesprochen ungern zu, aber so furchtbar unwahrscheinlich klang das Ganze gar nicht.
 

Ausgesprochen ärgerlich!
 

„Willst du damit sagen, dass Griffin und Emmerett auch darüber Bescheid wissen? Dass ihnen absolut klar ist, dass es noch einen weiteren Weg gibt, das Siegel loszuwerden?“
 

„Wahrscheinlich schon“, meinte Myouga. „Wenn sie sich gründlich vorbereitet haben und nicht völlig geistesgestört sind, dann selbstverständlich.“
 

Na gut, über die letzten beiden Punkte konnte man sich streiten.
 

Gründliche Vorbereitung? Diese ganze hirnrissige Welteroberungs-Idee war schließlich aus einem noch hirnrissigeren Männerstolz-Blödsinn entstanden. Diese beiden englischen Torfnasen waren sich wahrscheinlich gegenseitig schrecklich auf den Senkel gegangen und hatten dann spontan entschieden, mal eben Japan zu erobern, um zu entscheiden, wer von ihnen der größere Vollidiot war.
 

Der, der sich zwei Teufel aus der Hölle geholt hatte, von denen einer sehr mächtig und sehr angepisst war und der andere als bescheuert und unberechenbar galt? Oder doch eher derjenige, der sich sogar ein paar Engel aus dem großen Himmelsteich gefischt und damit auch den Missmut des Obermackers schlechthin – auch als Gott, Allah oder, wie wir ihn gerne in der Hölle nennen, ‚merkwürdiger Kauz mit Rauschebart, der über den Wolken schwebt’ bekannt – auf sich gezogen hatte?
 

Alles hirnlose Schwachmaten.
 

„Na fein, na fein.“ Ich seufzte und warf einem Vogel, der sich ganz in der Nähe auf einen Ast niedergelassen hatte und nun fröhlich vor sich hinträllerte, einen bitterbösen Blick zu. Das Tier besaß erstaunlicherweise genügend Instinkt, um die drohende Gefahr zu bemerken, und schluckte den Rest seines ekelerregend glücklichen Gute-Laune-Liedchens herunter, bevor es schließlich eilig wieder davon flatterte.
 

„Wenn der notgeile Mönch tatsächlich die Antwort auf unsere Probleme kennt, würde ich sagen, dass wir ihm einen kleinen Besuch abstatten“, nahm ich den Faden wieder auf. „Irgendwie glaube ich zwar nicht, dass dieser Trottel wirklich Bescheid weiß, aber ein Versuch kann nicht schaden. Wenn wir nicht das bekommen, was wir wollen, können wir ihn ja in tausend Stücke sprengen.“ Ich hielt kurz inne und verbesserte mich dann selbst: „Ach was, wir können ihn so oder so in tausend Stücke sprengen, ob er uns nun hilft oder nicht. Das hat dieser Schürzenjäger mehr als verdient.“
 

Das wunderbare Bild eines zerfetzten Miroku tauchte vor meinem geistigen Auge auf. Und zum ersten Mal an diesem furchtbaren Morgen schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen.
 

„An und für sich hätte ich da wirklich nichts gegen“, vernahm ich Krytios Stimme. „Aber hast du nicht etwas vergessen?“
 

„Und was?“
 

„Na, Emmerett!“, rief er mir ins Gedächtnis. „Er wird dich nicht so einfach durch die Gegend wandeln lassen. Tut mir ehrlich leid, Rasia, aber wenn ich mich seinem Befehl widersetze, bin ich dran. Und irgendwie habe ich noch keine Lust zu sterben.“
 

Schade eigentlich.
 

„Was genau hat dir Emmerett denn befohlen?“, erkundigte ich mich.

Krytio runzelte die Stirn. „Nun, ich soll auf dich aufpassen. Und auch das Juwel nicht aus den Augen lassen.“
 

Ich grinste breit. „Und hat er dir ausdrücklich gesagt, dass du hier auf mich und das blöde Klunkerchen aufpassen musst? Hier an diesem Ort? Innerhalb des Bannkreises?“
 

Einen Augenblick starrte mich der Teufel noch verwirrt an, von meinen genialen und unvergleichlich scharfen Gedankengängen offenbar völlig überfordert. Dann aber legte sich ein Lächeln auf seine Lippen, als sein Gehirn endlich hinterhergekommen war.
 

„Also genaugenommen hat er den Ort, an dem ich seine Befehle auszuführen habe, nicht genau spezifiziert“, stimmte Krytio zu.
 

„Wunderbar! Dann schlage ich vor, dass wir drei einen kleinen Ausflug machen.“
 

Glücklich darüber, mich endlich wieder körperlich betätigen zu können und vor allen Dingen Inuyasha, meinen Vater und das ganze restliche, nervige Gesocks hinter mir zu lassen, wollte ich mich wieder in die Senkrechte hieven, musste aber feststellen, dass das mit gefesselten Händen gar nicht so einfach war. Anstatt elegant aufzustehen, verlagerte sich mein Körperschwerpunkt viel zu rasch nach hinten und ließ mich wenig geschmeidig auf mein Hinterteil plumpsen.

Myouga lachte vergnügt auf und auch Krytios Mundwinkel zuckten verdächtig, aber nach einem vernichtenden Blick meinerseits bemühte er sich um eine neutrale Miene.
 

„Vielleicht solltest du, bevor du auf Reisen gehst, irgendwie deine recht unpraktischen Fesseln loswerden“, meinte Myouga amüsiert. Mein finsterer Gesichtsausdruck schien ihn nicht im Mindesten zu kümmern.
 

Dummer, winziger Narr!
 

Ich war nicht nur für mein wildes Temperament und meine Skrupellosigkeit bekannt, sondern auch für meine unvergleichlichen Kochkünste. Und so ein kleiner, netter Floh-Auflauf schien mir mit einem Mal ziemlich verlockend.
 

Mein darauffolgendes, zutiefst teuflisches Grinsen brachte den lachenden Floh schließlich abrupt zum schweigen. Mir war wahrscheinlich deutlich anzusehen, dass ich in Gedanken gerade mehrere Rezepte durchging.
 

„Inuyashas kleiner Lakai hat durchaus Recht. Du solltest wirklich die Fesseln abnehmen, wenn du dich auf einen Spaziergang begibst.“
 

Ich wirbelte beim Klang dieser fremden Stimme herum und sah mich etwas gegenüber, das ich nicht genau zu definieren wusste.
 

Es wirkte menschlich, ganz ohne Zweifel. Aber ich konnte nicht genau erkennen, ob es männlich oder weiblich war. Ich hätte zwar eher auf Ersteres getippt, aber die Aufmachung des Kerls wirkte dermaßen weibisch, dass ich mir wirklich nicht sicher war. Dieses lange, weite Gewand, das vielleicht ein Kimono war, aber ebenso gut ein hübsches Kleid hätte darstellen können. Und dann auch noch diese Schminke im Gesicht, die alles andere als männlich war. Nicht zu vergessen dieses lange, wallende Haar, das er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte.
 

Möglicherweise handelte es sich bei diesem Ding um ein Zwitterwesen.
 

Ich wandte mich an Krytio und fragte verwundert: „Was ist das?“
 

„Da bin ich mir auch nicht sicher.“ Der Teufel zuckte mit den Schultern. „Man nennt es Naraku, soweit ich weiß. Aber was das Vieh nun genau ist, kann ich dir wirklich nicht sagen.“
 

Naraku?
 

Hm, irgendwie kam mir der Name bekannt vor. Hatten sich nicht Kagura und Inuyasha über diesen Kerl unterhalten? War er etwa der Typ, der Abkömmlinge auf überaus ekelerregende Weise erschuf, herstellte oder wie man das auch immer bezeichnen musste?
 

Und war da nicht auch was mit Affen gewesen?
 

„Ah, jetzt weiß ich wieder!“ Ich drehte mich zu ihm hin und schenkte ihm ein breites Grinsen. „Du bist der Kerl mit der Geschmacksverirrung, der immer in einem Paviankostüm durch die Gegend watschelt, nicht?“
 

Wenn ich ihn mir in seiner ausgesprochen weiblichen Aufmachung anschaute, war ganz klar erkennbar, dass er offenbar unter einer schweren, psychischen Störung litt.
 

Armer, kranker Hirni!
 

Naraku selbst schien es unverständlicherweise überhaupt nicht beglückend zu finden, dass wir in dieser Art und Weise über ihn sprachen. Seine finstere Miene sprach Bände.
 

Ich hingegen konnte nur lächeln. Mochte der Knabe auch beleidigt sein, mir persönlich machte das nicht das Geringste aus. Wahrscheinlich war er bloß ein verwöhntes Bengelchen, mit dem noch niemand ordentlich Tacheles geredet hatte. Vermutlich war ihm nicht einmal bewusst, dass er nur ein armer, verwirrter und geisteskranker Tropf war.
 

„Ich habe schon gehört, dass ihr Teufel ein unverschämtes Mundwerk besitzt“, meinte Naraku, offenbar sehr um Fassung bemüht. Er wollte sicherlich aristokratisch-herablassend und unbeeindruckt wirken, für mich aber sah es eher so aus, als litt er unter schrecklichen Blähungen.
 

„Doch eure Arroganz könnte euch eines Tages noch teuer zu stehen kommen“, fuhr er fort. „Am Ende werden diejenigen scheitern, die zu blind und zu stolz waren.“
 

Was sollte das jetzt werden? Hatte er diesen weisen Ratschlag in irgendeinem Poesiealbum nachgelesen?
 

„Willst du uns irgendetwas Essentielles mitteilen?“, hakte Krytio sichtlich genervt nach. „Wenn nicht, kannst du dich ja wieder in dein Zimmerchen zurückziehen und weiterhin mystisch-nachdenklich aus dem Fenster starren.“
 

Narakus Augen funkelten kurz auf, aber weitere Reaktionen blieben aus. Anscheinend verfügte der Kerl über eine ganz passable Selbstbeherrschung. Inuyasha zumindest wäre Krytio wahrscheinlich schon längst an die Kehle gesprungen und wäre davor vor Wut dermaßen rot angelaufen, dass man auf seinem Schädel Eier hätte braten können.
 

„Ich kam nicht umhin, euer Gespräch mit anzuhören“, erklärte Naraku. „Und ich könnte euch vielleicht helfen.“
 

Krytio runzelte die Stirn und musterte die Kreatur, als würde er ihr nicht mal zutrauen, ein Kieselstein vom Boden aufheben zu können, ohne dabei einen Bandscheibenvorfall zu erleiden.
 

„Helfen?“, fragte der Teufel. „Wie?“

„Und warum?“, fügte ich noch rasch an.
 

Auf Narakus Lippen bildete sich ein leichtes Lächeln, das man beinahe als hinterhältig hätte bezeichnen können.
 

Aber sein schwules Outfit machte diesen Eindruck irgendwie ein wenig zunichte.
 

„Wir sitzen alle im selben Boot“, meinte das Ding schließlich. „Wir wurden von kleinen, rotzfrechen Knaben zu Sklaven degradiert und müssen uns nun von ihnen herumkommandieren lassen. Ich weiß ja nicht, wie es euch dabei geht, aber mir persönlich mag diese Situation gar nicht behagen.“
 

Mir selbstverständlich auch nicht.
 

Aber hätte ich das diesem desorientierten Männlein-Weiblein aufs Butterbrot schmieren sollen?
 

„Wenn wir uns aus dieser Lage befreien wollen, müssen wir zusammenhalten“, fuhr Naraku mit seiner Ansprache weiter fort. „Sosehr es mir auch widerstreben mag, mich auf Kreaturen einzulassen, die für ihre Bösartigkeit und Falschheit bekannt sind.“
 

Ich schnaubte. Irgendwie konnte ich mir nur schwer vorstellen, dass er der Sonnenschein in Person war. Soweit ich mich an die Gespräche mit Inuyasha und seiner Rasselbande erinnerte – so verdammt ungern ich auch an diese belanglosen und trivialen Diskussionen dachte –, hatten sie Naraku als Schuft alleroberster Güte bezeichnet, der in seinem Größenwahnsinn wahrscheinlich nur noch von Griffin und Emmerett überboten wurde.
 

Wir waren also bösartig und falsch?
 

Na gut, das mochte durchaus stimmen, aber wenigstens gaben wir es auch offen und ehrlich zu. Im Gegensatz zu Engeln und vielen anderen Lebewesen, die sich nett und unschuldig gaben und in Wahrheit die Moralvorstellungen eines Regenwurms hatten, waren wir immerhin keine scheinheiligen Heuchler.
 

„Traut ihm nicht“, drang Myougas piepsiges Stimmchen an mein Ohr, als er in seiner Blubberblase auf und ab hüpfte. „Er ist bloß ein hinterhältiger Kerl, der andere missbraucht, um seine Ziele zu erreichen.“
 

Als ob mir das nicht von Anfang an klar gewesen wäre …

Aber wenn seine Ziele dieselben waren wie meine (zumindest im Moment), wieso sollte ich dann seine Hilfe nicht annehmen? Viel schlimmer konnte es immerhin eh nicht mehr werden.
 

„Willst du uns noch länger langweilen oder kommst du endlich zum Punkt?“, fragte Krytio ungeduldig nach.
 

Naraku verzog keine Miene, als er sagte: „Ich kann die Fesseln lösen.“
 

Ich wechselte einen ungläubigen Blick mit Krytio, ehe ich meine Aufmerksamkeit auf meine geknebelten Hände richtete. Die verdammte Engelsmagie in diesem Stück Seil pulsierte dermaßen intensiv, dass es mich schon seit gestern Abend schier wahnsinnig machte. Ich hatte zwar versucht, es irgendwie auszublenden, aber richtig gelungen war es mir nicht. Außerdem war diese reine und unschuldige Magie schädlich wie langsames Gift für einen Teufel. Meine Haut unter den Fesseln war bereits rot und aufgescheuert und über kurz oder lang würde dieses weiße Gift auch in meinen Blutkreislauf gelangen und mir nervige Schmerzen bereiten. Zwar wäre die Dosis sicherlich nicht tödlich, aber lästig genug, um mich einzuschränken und mich höllisch aufzuregen.
 

„Und wie willst du das anstellen?“, wollte Krytio wissen. Seinem Tonfall war deutlich zu entnehmen, dass er Naraku für eine talentfreie Nullnummer hielt.
 

„Ihr seid nicht dazu imstande, die Fesseln zu lösen, weil ihr Teufel seid“, meinte Naraku besserwisserisch. „Das genaue Gegenteil von Engeln. Ich aber bin dazu in der Lage.“
 

„Und warum?“, bohrte Krytio weiter nach.
 

„Weil er zum Teil menschlich ist“, beantwortete der kleine Floh im Miniatur-Bannkreis die Frage, bevor Naraku überhaupt die Chance dazu erhielt.
 

Krytio schnaubte angesichts dieser Neuigkeit nur verächtlich, ich aber nickte verstehend. Zugegeben, die Tatsache, dass Naraku tatsächlich teilweise menschlich war, ließ ihn in meinem Ansehen nur noch weiter absinken, aber im Moment kam mir dieser Umstand sehr gelegen. Engelsmagie war vordergründig gegen Teufel und Dämonen gerichtet, während sie Menschen – unverständlicherweise – nicht anhaben konnte.
 

„Und was verlangst du als Gegenleistung?“ Krytio musterte das Wesen argwöhnisch. „Sollen wir dich etwa mitnehmen? Ich will ja wirklich nicht deine kümmerlichen Gefühle verletzen, aber du würdest uns sicherlich nur aufhalten.“
 

Naraku erschien weiterhin völlig ungerührt, aber ein kurzes Funkeln in seinen Augen machte mehr als deutlich, dass ihm Krytios mangelndes Taktgefühl extrem ärgerte.
 

„Oh nein, ich will ganz gewiss nicht mit euch gehen“, sagte er, als wäre allein die Vorstellung vollkommen absurd. „Ich will nur, dass ihr mir das Juwel wieder zurückbringt und mir außerdem verratet, wie man das Siegel loswird, wenn ihr es herausgefunden habt. Es wäre ja wirklich zu schade, solltet ihr nach der Befreiung von den Siegeln diese beiden menschlichen Trottel töten, bevor ich wieder in Freiheit wäre.“
 

Oh ja, das wäre tatsächlich ausgesprochen schade gewesen …
 

Schon der Gedanke daran ließ mein Herz bluten.
 

„Du willst also das Juwel und auch noch deine Freiheit?“, hakte ich nach. „Tja, meine Süße, wie kommst du darauf, uns bösartigen und falschen Teufeln trauen zu können?“
 

Im Grunde hätte ich am liebsten die schockierten Gesichter von Inuyasha, seinem Fanclub und allen anderen fanatischen Juwelen-Liebhabern gesehen, wenn ich die rosa Murmel in tausend Stücke sprengte und die kleinen Einzelteile überall auf der Welt irgendwo auf Kuhmist rieseln ließ.
 

„Ich traue euch nicht“, meinte Naraku geradeheraus. „Aber ich weiß, dass euch das Juwel nichts bedeutet. Es würde euch demnach nicht das Herz brechen, es mir zurückzugeben. Der einzige, der darunter leiden würde, wäre Inuyasha.“
 

Das Mädel wusste offenbar, wie man mein Interesse weckte. Naraku die Murmel in die Hand zu drücken, wäre für den Köter wahrscheinlich wirklich noch schrecklicher als die Sache mit dem Kuhmist gewesen.
 

„Mir ist absolut klar, dass ihr durchtriebene und heimtückische Wesen seid“, fuhr der Dämon fort, als wären dies große Neuigkeiten für uns, von denen wir bisher noch nichts gehört hatten. „Aber mir ist ebenso bewusst, dass ihr so etwas wie Ehre besitzt. Oder zumindest ein Gewissen. Ihr hasst, liebt und lebt.“
 

Oje, der Kerl hörte sich offenbar furchtbar gerne reden.
 

„Also schwör es mir“, meinte er schließlich, direkt an Krytio gewandt. „Schwöre es beim Leben deiner Tochter.“
 

Der Teufel schnappte hörbar nach Luft. „Woher weißt du …?“ Krytio wollte anscheinend zu einer Schimpftirade ansetzen und diesem Wesen mit allerlei blutrünstigen Foltermethoden drohen, da er es überhaupt gewagt hatte, seine Tochter da mit hereinzuziehen, aber ich stieß ihm nicht gerade sanft in die Seite und musterte ihn vorwurfsvoll. Für irgendwelche dummen und überflüssigen Vatergefühle hatten wir nun gerade wirklich keine Zeit.
 

Krytio schien im ersten Moment tatsächlich den Mumm zu haben, sich mir zu widersetzen, dann aber seufzte er auf. „Na fein, von mir aus“, gab er sich geschlagen. „Du kannst dein Juwel ruhig haben. Wir können eh nichts damit anfangen.“
 

Narakus Mundwinkel zuckten kurz nach oben, offenbar mit sich selbst mehr als zufrieden. Einen Augenblick juckte es mir sehr unter den Fingern, ihm wegen seiner selbstgefälligen Miene einen Tritt zu verpassen, aber ich ließ es bleiben. Erdenbewohner hatten die furchtbare Angewohnheit, Gewalttaten schrecklich persönlich zu nehmen.
 

„Ihr solltet euch der Höllenpferde bedienen, wenn ihr erst einmal frei seid“, schlug Naraku vor. „Kein Dämon der Welt könnte euch dann noch einholen.“
 

Ich schaffte es nicht, meine Überraschung zu verbergen. „Hier gibt es Höllenpferde?“
 

Ich sah diese Kreaturen deutlich vor mir. Sie ähnelten den Pferden auf der Erde, waren aber weitaus robuster und auch weitaus gefährlicher. Ihre Mäuler waren mit messerscharfen Zähnen gespickt, ihr Schweif war so hart und tödlich wie ein Schwert und ihre Mähne bestand aus knisternden Feuer, das jeden verbrannte, den diese stolzen Tiere nicht mochten.
 

„Emmerett hat ein paar aus der Hölle mitgehen lassen“, sagte Krytio. „Mir persönlich hat er befohlen, sie aus dem Stall des Justizpalastes mitzunehmen.“
 

Er erschien wenig erfreut, dass Emmerett ihn zu einem Dieb an seiner eigenen Art gemacht hatte.
 

Ich hingegen konnte nur lächeln. Diese Tierchen kamen wie gerufen, konnten sie doch Spitzengeschwindigkeiten erreichen, von denen wir Teufel nur zu träumen vermochten. Mit ihrer Hilfe würden wir schnell an unser Ziel gelangen und darüber hinaus auch noch unsere Kräfte schonen, denn ein Dauerlauf durch diesen elendig grünen Wald wäre sicher nicht ohne gewesen.
 

„Alles klar, so machen wir es.“ Ich war mehr als glücklich, endlich so etwas wie einen Plan zu haben. „Und unser kleiner Floh wird uns zu Miroku führen.“
 

Myouga schnaubte empört. „Ich werde doch nicht zum Verräter!“, meinte er mit all dem Stolz, den so ein winziges Wesen aufzubieten hatte. Doch kaum ließ Krytio das Kraftfeld wieder bedrohlich schrumpfen, wimmerte das Insekt wie ein Baby. „Na gut, na gut, ich werde es tun. Aber bitte verschont mich.“
 

Ich grinste breit. Feigheit war doch immer wieder was Schönes.
 

Und so unglaublich praktisch, wenn es darum ging, einen lüsternen Hoshi zu finden, der mehr wusste, als gesund für ihn war.
 

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Erstmal muss ich mich demütig dafür entschuldigen, dass es diesmal so furchtbar lange mit dem Kapitel gedauert hat.

Das nächste wird aber bei weitem nicht mehr soviel Zeit in Anspruch nehmen. Und ihr könnt euch auch auf einen neuen alten Bekannten freuen, der bereits erwähnt wurde, aber noch nicht aufgetaucht ist ;) Nein, nicht Sesshomaru (noch nicht), doch jemand, den ich persönlich total genial finde ;p
 

Man liest sich dann im nächsten Kapitel!!

Und vielen Dank für eure Kommentare! Ich freue mich jedesmal aufs Neue darauf ^^
 

Liebe Grüße

Nochnoi



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  chaska
2009-12-20T19:09:42+00:00 20.12.2009 20:09
Den Teufel mit dem Bezelbub austreiben hat noch nie funktioniert. Und sich ausgerechnet Naraku als Partner in das Boot zu holen, kann als keine gute Idee angesehen werden.
Rasia und ihr abgewiesener Verehrer haben in dieser Beziehung den Mund vielleicht zu voll genommen. Diesen Halbdämon sollte man keinesfalls unterschätzen. Doch das wird sicher erst später zu einem Problem, jetzt bekommt Miroku in nicht so ferner Zukunft unangemeldeten Besuch. Ob er sein Wissen bereitwillig mit den Teufeln teilt?
Liebe Grüße
chaska
Von: abgemeldet
2009-10-13T22:27:51+00:00 14.10.2009 00:27
Rasia wie immer ein Genuss, auch zu so später Stund!

Da freu ich mich richtig auf die nächsten Kapitel und zu meinem Glück gibts die ja schon, kann ich morgen also direkt weiter lesen :)

Immer weiter so, die herrliche Bösartigkeit ist einfach Klasse!
Von: abgemeldet
2009-09-16T13:30:15+00:00 16.09.2009 15:30
genial
von dieser ff kann man nicht genug kriegen XD
Von: abgemeldet
2009-09-01T18:29:35+00:00 01.09.2009 20:29
super geschrieben!
Rasia ist und bleibt meine liebste teufelin!
Sie erfindet namen für ihre begleiter, welche einfach nur zum lachen sind... ein köstliches lachen.

vielen lieben dank für den spaß mit ihr ^^

ich freue mich sehr auf das nächste kapitel!

LG
Von:  Hotepneith
2009-08-18T21:07:54+00:00 18.08.2009 23:07
Rasia und Naraku im Wettstreit der raffineirten Pläne? Na, ob das gut geht?
Schhön, wieder von dir zu hören. Und sollte ich mal erwähnen, dass der arme Myouga mir Leid tut? Das ist genau die Zwickmühle, in der er doch nie sitzen wollte. Und er hat alles getan, da nie reinzugeraten.

Die hm...Beschreibungen Rasias für ihre Bekanntschaften sind nett, reizvoll und sehr phantasievoll

Ihc warte auf das nächste Kapitel


bye

hotep



Von:  SamAzo
2009-08-18T20:19:47+00:00 18.08.2009 22:19
Ein Flohauflauf kann irgendwie nicht sehr magenfüllend sein. Ich mein.. wieviele Flohfamilien müssten dafür drauf gehen um wenigstens annähernd Geschmack zu bekommen? Wobei Rasia das natürlich egal sein kann.

Habe ich mal erwähnt, dass ich kaum noch Erinnerung an Naraku habe?
Der is .. nur noch ein schwarzes Loch in meinem Hirn..

Egal deine Erklärung zu ihm is alles was ich brauche xD


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