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Akaron

von

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Der Hinterhalt

Kapitel 6 Der Hinterhalt
 

Der Zusammenschluss der zehn Heere hatte seine Vorteile. Allerdings gab es auch unangenehme Nachteile, so musste der riesige Trupp im Entenmarsch durch den Dschungel, obwohl das Unterholz zu dicht war. Wie konnte es auch anders sein. Die Luft war schwül und man konnte kaum atmen, da die Luftfeuchtigkeit so verdammt hoch war. Außerdem wurden sie schon jetzt von riesigen Mückenschwärmen gequält. Und es würde noch schlimmer werden, denn noch war der Tag jung. Das Heer selbst musste immer wieder kurze Pausen einlegen, weil das Geäst zu dick war oder sich vor ihnen giftige Pflanzen befanden, um die sie einen Umweg machen mussten. Es waren eine Menge Hindernisse die sie zu überwinden hatten. Das ganze kostete viel zu viel Zeit fand Titan, der sich ziemlich darüber aufregte. Er kochte förmlich vor Wut, was Titanja irritierte, denn so kannte sie ihren Vater ja noch nicht, wodurch dieser sich allerdings nicht stören ließ. Das Heer musste so schnell wie möglich weiter. Wie, war ihm Moment reichlich egal. Das konnte ja noch was werden. Titanja dagegen hatte ganz andere Probleme, sie versucht mit aller Mühe den ganzen giftigen Krabbelviechern auszuweichen, die hier überall waren. Das war schon anstrengend genug. Nichtsdestotrotz ging der Drill durch den Dschungel weiter. Äste knackten, wenn die Soldaten drauf traten und Vögel riefen Alarm. Manche von ihnen flogen laut schreiend auf und suchten das Weite. Der Trupp bewegte sich ja auch nicht gerade leise. Überall gab es Geräusche, Soldaten unterhielten sich, Insekten summten leise vor sich hin und die Blätter in den Bäumen raschelten geheimnisvoll. Titan war froh, dass seine Tochter mit ihm vorneweg reiste. Auf die Art hatte er sie im Auge, was ihn ungemein beruhigte, denn Titanja war noch immer nicht ganz fit und zudem hatte sie auch noch ein Talent dafür, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Ein paar mal drehte sie sich um, doch so lang sie den Hals auch machte, sie konnte das Ende des Heeres nicht mehr sehen. Es war viel zu Groß. So setzte sie ihren Marsch unbeirrt fort.
 

Nach einigen Kilometern wurde es unruhig am Ende des Trupps, was König Titan nur noch wütender machte. Irgendetwas schien ihm Sorgen zu machen. Titanja hätte es gerne gewusst. Doch bevor sie ihn fragen konnte sagte dieser auch schon: „Irgendetwas geht da vor sich. Titanos du gehst zum Ende des Heeres und findest heraus was los ist und beeil dich!“ Gesagt getan. Titanos lief im Eilschritt los und verschwand schon bald aus Titanjas Sichtfeld, die ihrem Bruder fragend nachsah. Dann wandte König Titan sich an Tarock. „Du gehst mit meiner Tochter voraus und zwar so schnell wie möglich, hast du mich verstanden?“ Tarock nickte knapp. Er wusste was zu tun war und würde keine Zeit mehr verlieren. Titanja dagegen war nicht gewillt so ohne eine Erklärung voraus zu gehen. „Was ist los?“ fragte sie irritiert und mit einer bösen Vorahnung in der Magengegend. „Das geht dich nichts an, du tust was ich gesagt habe und zwar ohne Widerrede, hast du mich verstanden?“ Brüllte Titan außer sich vor Wut. Er hatte sie nie zuvor angebrüllt. Titanja wusste nicht so recht was sie von dem Verhalten ihres Vaters zu halten hatte, kannte sie ihn doch nicht so. Doch es hatte keinen Sinn, wenn sie sich jetzt quer stellen würde, würde sie die Situation nur noch verschlimmern und so antwortete nur knapp mit: „Jawohl mein König“, und wandte sich zu Tarock, um zu gehen. Dieser sah sie besorgt an und schüttelte nur den Kopf, ihm war gerade der patzige Unterton in Titanjas Antwort ihrem Vater gegenüber aufgefallen. Vorsichtig blickte er in Richtung Titan, der schon fast in der Ferne verschwunden war. Er schien Titanjas Antwort zu ignorieren, denn mitbekommen hatte er sie mit Sicherheit. Das wusste Tarock. Nichtsdestotrotz mussten die beiden jetzt weiter. Tarock nahm sie an der Hand und lief los, so schnell wie Titanjas geschwächter Zustand es zuließ. Tarock machte sich Sorgen, dass Titanja das Tempo nicht durchhalten könnte und wurde immer wieder ein wenig langsamer, obwohl er wusste, dass es ein Fehler sein konnte. Doch was sollte er anderes tun? Titanja hinter sich her schleifen? Wohl kaum. Tarock war drauf und dran Titanja huckepack zu nehmen als plötzlich dunkle Gestalten aus dem dichten Buschbewuchs traten und auf die beiden zukamen. Tarock ließ ein lautes Fauchen hören als der kleine Trupp sie umzingelte. Sie kamen von überall. Titanjas Herz fing wie wild an zu schlagen, sie hatte Angst und das nicht ohne Grund, denn der Feind dem sie gegenüber standen war alles andere als harmlos. Es handelte sich um Späher des schwarzen Heeres welches Akaron den Krieg erklärt hatte und Tod und Leid wie eine Sintflut über das Land brachte. Und Sie würden nicht aufhören bis sie ihr Ziel erreicht hatten, König Endimion von seinem Thron zu stürzen. Titanja hatte leider schon Erfahrungen mit einigen von diesen Mistkerlen dieser Sorte gemacht und wusste wie grausam sie mit ihren Gefangenen umgingen, wenn sie denn welche machten, normalerweise zogen Sie es vor ihre Beute an Ort und Stelle zu erledigen.
 

Tarock zog seine Muskeln drohend zusammen und stellte sich schützend vor die junge Frau. Das gezogene Schwert zum Kampf breit, bis ein dunkelblau haariger, nicht sehr kräftig aussehender junger Gott vor sie trat und die beiden schweigend ansah. Er war ganz in schwarzes Leder gekleidet und trug eine auffällige dreizackige Narbe über dem linken Auge, welche sein Outfit wunderbar unterstrich. „Na ganz alleine hier im Dschungel unterwegs? Das kann gefährlich sein. Man stößt hier manchmal auf merkwürdige Gestalten.“ Titanja fauchte angewidert, wofür sie von dem Fremden nur ein widerliches Grinsen erntete. Ein grelles Lachen drang aus seiner Kehle. Arrogant und überheblich. Dann zog er sein Schwert, welches Titanja sehr bekannt vorkam genauso wie die Narbe. Die Erinnerung traf sie wie ein Schlag ins Gesicht, das war Rohme der Sohn eines unbarmherzigen Tyrannen, gegen den Tarock und Titanja als Kinder gekämpft hatten, als er ihr Zuhause bedrohte. Die Narbe war von ihr. Und das Schwert in seiner Hand war das seines Vaters, ein Schwert mit einer riesigen breiten Klinge auf der schwarze Ornamente eingeritzt waren. Ein großer blauer Aquamarin zierte die Mitte der Klinge und unterstrich optisch die, scheinbar aus Avalon stammenden, Ornamente. Sie waren sich schon einmal begegnet. Ob er sie wohl wieder erkennen würde? Nein, er kannte ja nur ihre menschliche Gestalt, was jetzt allerdings auch wenig hilfreich war. Denn Rohme und seine Männer hatten die beiden längst umzingelt. Tarock stellte sich kampfbereit an Titanjas Rücken und flüsterte Ihr zu: „Ich weiß das du Kämpfen kannst, jetzt hast du ne Gelegenheit das unter Beweis zu stellen.“ ‚Na toll’, dachte sie sich. Das letzte Mal war über 11 Jahre her. Titanja war ziemlich eingerostet was das Thema anging. Und außerdem hat man ihr nie die Kunst des Kämpfens beigebracht, sie konnte lediglich ein Paar Grundhaltungen. Bei dem Rest ihrer Kampftechnik handelte es sich um eine Art zusammen gewürfelte Kombination aus weglaufen und Straßenkampf. Nein Titanja konnte definitiv nicht richtig kämpfen.
 

Die Situation schien aussichtslos als Rohme plötzlich einen Schritt zurück machte und sagte: „Die beiden Luschen schafft ihr auch ohne mich ich muss mich um wichtigeres kümmern.“ Dann verschwand er wieder im Unterholz ohne sich noch einmal zum Geschehen umzudrehen. Und wie auf ein unsichtbares Kommando stürzten sich seine Leute auf Tarock und Titanja. Der Kampf begann. Titanja presste sich so gut sie konnte mit ihrem Rücken gegen den von Tarock um die Deckung nicht zu verlieren die er ihr bot. Die Deckung zu verlieren würde heißen alleine da zu stehen. Der Erste der Mistkerle stürzte auf sie los und packte Titanja am Unterarm, wodurch sie stolperte und unsanft auf den Boden fiel. Sie drehte sich auf die Seite um den Schlägen ihres Angreifers auszuweichen, doch es war zu spät. Ein Schlag traf sie mit voller Wucht im Magen. Titanja krümmte sich vor Schmerzen, doch sie würde nicht aufgeben. Leicht benommen stand sie wieder auf. Blut lief ihr aus dem Mund. Das Atmen viel ihr schwer. Ein zweiter Schlag traf sie direkt im Gesicht. Nun wurde Titanja wütend, richtig wütend. Sie fletschte die Furcht einflößenden Raubkatzenzähne und schlug ihrem Angreifer die messerscharfen Krallen mitten ins Gesicht, dieser schrie erbärmlich vor Schmerzen und fing wild an um sich zu schlagen. Titanja hatte ihm das Augenlicht genommen, was sein Todes Urteil war. Mit einem zweiten Schlag direkt an den Hals durchtrennte sie die Halsschlagader sodass das Blut ihr ins Gesicht spritzte. Ihr Angreifer sank halb tot zu Boden. Es würde nur noch wenige Sekunden dauern, bis er endgültig tot war.

Doch zum Ausruhen blieb keine Zeit, zwei weitere Gegner schlugen schon mit ihren breiten, gezackten Schwertern nach ihr. Sie drehte sich mit einem mal um und machte einen großen Satz nach hinten, um den Schwertschlägen auszuweichen, packte den Ersten der Beiden am Unterarm und warf ihn so gut sie konnte zu Boden. Dann griff sie unbeholfen nach seinem Kopf und brach ihm mit einem lauten Knacken das Genick. Schwer atmend drehte sie sich um. Dem Zweiten schlug sie ihren Ellenbogen ins Gesicht und brach ihm das Nasenbein. Blut spritzte aus seinen Augenhöhlen als Titanja ein zweites Mal zuschlug. Ihre Krallen bohrten sich dabei tief ins Fleisch und zerfetzten sein Gesicht. Sein Todesurteil.
 

Ein vierter Gegner stürzte brüllend auf sie zu. Er war ein großer, haariger Kerl mit einer eisenbeschlagenen Streitkeule, welche er drohend vor Titanja hin und her schwenkte. Titanja ließ die Waffe keine Sekunde aus den Augen, was ein großer Fehler war, denn sie bemerkte nicht, dass sie Tarocks Deckung verlor und alleine dastand. Diesen dummen Zufall wussten ihre Gegner auch gleich auszunutzen und umzingelten sie. Titanja drehte sich nach einem Ausweg suchend um, doch sie fand keinen. Sie saß in der Falle.
 

Der erste Gegner rannte auf sie zu und schlug ihr brutal mit der Faust ins Gesicht. So doll, dass Titanja augenblicklich zu Boden fiel. Fast hätte sie das Bewusstsein verloren, wäre da nicht der Schmerz gewesen, der plötzlich wie flüssiges Feuer in ihren Rücken fuhr und sie zu verbrennen drohte. Ein Schwerthieb hatte sie brutal am Rücken getroffen. Ihre alte Wunde brach wieder auf und blutete stärker als zuvor und als wäre das noch nicht genug, klaffte nun auch noch direkt auf ihrem Rücken eine neue offene Wunde. Voller Schmerz brüllte sie auf, drehte sich um und verpasste dem Mistkerl eins mit ihrer Pranke. Der Angreifer taumelte zurück und fasste sich vor Schmerz zitternd an die Brust, wo nun ein tiefes blutiges Loch klaffte. Noch ein, zwei keuchende Atemzüge drangen aus seinem Mund, bevor er an seinem eigenen Blut erstickte und wie ein Stein zu Boden sank. Titanja versuchte aufzustehen, schaffte es aber nur halb. Mit einem lauten hässlichen knackenden Geräusch traf sie ein Hieb mit einer Streitkeule.

Titanja taumelte. Sie hatte kaum noch Kraft. Ständig verschwamm das Bild vor ihren Augen und die Welt schien sich zu drehen. Als sie erneut von einem heftigen Schlag getroffen wurde, wurde ihr schlecht und sie spuckte dickflüssiges Blut, dann wurde ihr schwarz vor Augen und sie fiel bewusstlos zu Boden.
 

„Titanja, Titanja“, flüsterte eine Stimme aus der Ferne. „Komm schon wach auf.“ Titanja öffnete leicht die Augen, rote und gelbe Farben tanzten vor ihnen, verschlangen sich gegenseitig um sich in puren Schmerz zu verwandeln. Schmerz und Kälte. Ja ihr war kalt, die Luft schien zu frieren. Zwei große warme Pfoten umfassten sie sorgenvoll, drückten sie an sich. Erst jetzt kam Titanja wieder zu sich und begriff, dass es Tarock war, der sie zärtlich und voller Sorge in den Arm genommen hatte. Erneut versuchte sie ihre Augen zu öffnen, diesmal mit dem Ergebnis das ihr schlecht wurde und sie sich tierisch anstrengen musste sich nicht zu übergeben. „Titanja, oh Endimion sei dank du kommst wieder zu dir, ich hab schon gedacht ich verliere dich dieses Mal für immer mein kleiner Nervkrümel.“ Titanja versuchte zu lächeln, doch es wurde nur eine hässliche, blutverschmierte Grimasse daraus. Nervkrümel, ja so nannte er sie immer, versuchte sie damit zu ärgern, erreichte meist aber nur das Gegenteil, was sie sich nie hatte ansehen lassen.
 

Eine Weile dauerte es bis Titanja soweit war, dass sie es wagen konnte aufzustehen. Fast hätte sie der Schmerz wieder in die Knie gezwungen, wäre da nicht Tarock gewesen, der sofort zur Stelle war um sie zu stützen. „Vorsichtig, nicht zu hastig du bist noch zu schwach, immerhin hast du eine Menge Blut verloren.“ „Es geht schon… es muss gehen, wir müssen die Anderen suchen, sicher sind sie auch verletzt. Was wenn meinem Vater was zugestoßen ist?“ flüsterte Titanja mit leiser, rauer Stimme. „Mach dir keine Sorgen dein Vater und Titanos sind stärker als sie aussehen.“ „Tarock, ich habe Angst.“ Flüsterte Titanja zitternd und kuschelte sich in Tarocks Arme. Er war immer da wenn sie Kummer oder Probleme hatte. Hörte ihr zu und verstand ihren Schmerz. Tarock war mehr für sie als ein einfacher Freund, nein er war eher so was wie ein Bruder für sie und das wusste er auch.
 

Titanja war zu schwach um zu laufen und somit blieb den beiden nichts anderes übrig als die Nacht abzuwarten und zu hoffen, dass bald Hilfe kam. Der Morgen kam und der Dschungel war Gespenstisch ruhig, was ein schlechtes Zeichen war. Tarock machte sich große Sorgen, denn normalerweise hätten schon längst die ersten Vorläufer des Heeres hier vorbei kommen sollen. Und nicht nur das, zu allem Überfluss hatte Titanja in der Nacht auch noch hohes Fieber bekommen. Tarock atmete tief ein. „Titanja ich werde dich kurz alleine lassen und einen Erkundungsgang machen um zu sehen wo das Heer bleibt, du wirst dich in der Zwischenzeit hier verstecken und mucksmäuschen still sein.“ Titanja sah ihn völlig entgeistert an. „Du kannst mich hier jetzt doch nicht alleine zurücklassen. Wenn du gehst komme ich mit, egal was du denkst.“ Tarock seufzte angestrengt. „Ja gut ich nehme dich mit, überredet, es hat ja eh keinen Sinn mit dir zu diskutieren.“ Das kannte er schon von ihr, Titanja war halt ein Dickkopf und da hatte es wenig Sinn zu widersprechen.
 

Nachdem Tarock behelfsmäßig mit ein paar Kräutern ihre Wunden versorgt hatte, machten die Beiden sich auf den Weg, das übrige Heer zu suchen. Es dauerte allerdings nicht lange und Tarock musste seine Freundin wieder stützen. Plötzlich blieb Titanja stehen. „Was ist los?“ fragte Tarock verwundert. Titanja sah noch oben in die Baumwipfel. „Hörst du das nicht?“ „Was?“ „Dieses Rauschen. Hör doch, es klingt wie das Wimmern verlorener Seelen, denen das Tor zum Totenreich verschlossen blieb.“ Und tatsächlich lag etwas seltsam Drückendes in der Luft. Etwas Schreckliches war passiert, das spürten die Beiden ganz deutlich. Jetzt noch mehr auf der Hut, gingen die Beiden weiter. Unter ihren Pfoten knackten leise kleine Äste und es wehte ein leichter Wind der ihnen nun den Gestank des Todes entgegen trug. Sie kamen ihrem Ziel mit jedem Schritt etwas näher. Das Heer. Dann stießen sie auf die ersten verstümmelten Leichen auf denen sich schon die Fliegen tummelten und Maden schmatzende Geräusche von sich gaben. Bei dem Anblick wurde Titanja plötzlich so schlecht, sodass sie sich übergeben musste. Doch da sie nichts im Magen hatte, erbrach sie nur dickflüssiges Blut. Tränen liefen ihr übers Gesicht, das war es was Rohme so wichtiges zu erledigen hatte und wovor König Titan sie schützen wollte. Darum war er so wütend geworden als sie nicht gehen wollte. Titan wollte sie nur beschützen. Wollte, dass sie das nicht sieht, nicht miterlebt. Laut weinend brach Titanja zusammen. Das war zu viel, sie konnte nicht mehr. Vorsichtig kniete sich Tarock neben sie und nahm seine kleine Freundin tröstend in den Arm. „Titanja, ich weiß du hast Angst aber wir müssen weiter, die anderen können nicht mehr weit sein, komm.“ Titanja sah ihn aus geröteten Augen an. „Und was wenn sie alle Tod sind, wenn keiner mehr am Leben ist? Tarock ich will das nicht, ich will nicht das meiner Familie etwas zugestoßen ist.“ Tarock drückte sie noch fester an sich und schloss die Augen. Auch er hatte Angst, Angst um Titanos, den Mann der ihm soviel bedeutete. Zwei Tränen rannen ihm langsam über die Wangen, dann fasste er sich wieder. Tarock durfte jetzt nicht schwach werden. Er wusste was er zu tun hatte. Sie mussten das Heer finden, es konnten unmöglich alle tot sein.
 

Es dauerte eine ganze Weile bis Tarock es geschafft hatte Titanja soweit zu beruhigen, dass sie wieder aufstand um weiter zu gehen, wobei er dies schon bald bereute. Der Dschungel war überseht mit Leichen. Überall lagen abgetrennte Körperteile, Insekten und andere Aasfresser hatten bereits damit begonnen sich ans Werk zu machen. Die Luft war dick, feucht und stank widerlich nach Blut und Verwesung. Tarock und Titanja wurden von Brechreiz und Husten gequält. Der erbarmungslose Gestank war kaum auszuhalten. Gepeinigt davon hielt Titanja sich die Pfote vor die Nase. Doch es half nichts, der Gestank ließ sich nicht abschütteln. Schwer atmend gingen die Beiden weiter, Stück für Stück immer weiter, auf das schlimmste gefasst. Mit einem mal ging Tarock vor Schmerzen laut stöhnend in die Knie. Es schien als bekomme er keine Luft mehr. Keuchend drückte er sich die blutverschmierte Pfote auf die Brust. Beim gestrigen Kampf hatte er eine, mit einem Metalldorn besetzte Streitkeule, direkt in den Bauch bekommen und hatte davon eine böse Verletzung davon getragen, welche jetzt stark anfing zu bluten. Mit Schmerzverzerrtem Gesicht bohrte Tarock seine scharfen Krallen in den Boden. Er wusste, dass er wieder aufstehen musste. Egal wie. Tarock versuchte sich mit aller Kraft hochzustemmen, doch ein erneut aufsteigender Schmerz verhinderte dieses, sodass er wieder fast ohnmächtig auf den Waldboden fiel. Und als wäre das noch nicht genug, setzte sich ein hässlicher schwarzer Vogel mit langem, kahlen Hals auf einen der umstehenden Bäume und beäugte das Geschehen, auf eine leichte Beute hoffend. Das unheimliche Vogelwesen krächzte laut auf als Titanja einen großen Ast nach ihm warf. Eigentlich hatte das Tier Glück, denn sie verfehlte es nur um ein paar Zentimeter. Sie streifte das Tier nur leicht am Flügel. Darüber nicht amüsiert, flog der große schwarze Vogel ein paar Bäume weiter und sah Titanja wütend aus ungewöhnlich intelligenten Augen an. Wohl wissend, dass seine Zeit kommen würde, er musste nur warten. Den Vogel im Auge behaltend, kniete Titanja sich neben Tarock. Sie wollte ihm helfen, wusste jedoch nicht wie. Wie konnte sie das? Titanja hatte keine Ahnung wie man Wunden versorgte, sie konnte nun nichts weiter tun als hilflos zuzusehen und ihren Freund zu trösten.

Es dauerte Stunden, bis sich Tarocks Atem wieder beruhigte und der unerträgliche Schmerz nachgelassen hatte. Tarock war froh darüber, dass Titanja bei ihm war und versuchte ihm zu helfen, auch wenn sies nicht konnte. Aber sie war bei ihm. Der Weg der vor ihnen lag, schien unendlich lang zu sein. Der Dschungel wurde in ein einziges Chaos verwandelt, Bäume waren entwurzelt und das Unterholz war so zertrampelt, sodass man es kaum noch wahrnahm. Es sah aus, als hätte man eine gigantische, blutige Bresche in den Wald geschlagen. Und immer wieder Leichen. Es wurden immer mehr. Mehr und mehr. Titanja fing erneut an zu weinen. Lange hielt sie das nicht mehr aus, dieses unendlich grausame Bild, das sich in ihren Gedanken fest fraß und wie ein nach Blut lechzendes Raubtier immer dann die grausamen Bilder vor ihrem geistigen Auge auftauchen ließ, wenn sie es am wenigsten erwartete. Gerade in dem Moment, in dem sie erneut zusammen zu brechen drohte flüsterte eine leise Stimme aus der Nähe: „Heiliger Sohn des Lebens, mächtiger Tarock, ihr seid zurückgekommen.“ Vor Freude zitternd warf sich ein schwer verletzter Krieger vor Tarock auf die Knie und senkte ehrerbietungsvoll den Kopf. Sein Zustand war eben so schlecht wie der von Tarock und Titanja, bei genauerer Betrachtung sogar schlimmer. Ihm wurden mehrere Rippen gebrochen und sein Rücken war eine einzige offene Wunde, welche bereits stark eiterte. Dickflüssiger Eiter quoll aus ihr hervor und ließ die Wunde feucht schimmern. Tarock trat mit einem gespielt gelassenen Schritt an den Krieger heran und sah besorgt zu ihm herunter. „Wo sind die Heilige Sonne und das Heer?“ Seine Stimme war zwar leise aber befehlend und streng, er duldete keine Ausflüchte oder gar Lügen. Nein er wollte eine Antwort. Vorsichtig sah der am Boden kniende Krieger zu ihm herauf, sein Mund formte stumme Worte der Verzweiflung. „Wir, wir sind angegriffen worden, es war ein Hinterhalt. Sie haben auf uns gewartet. Ich habe um mein Leben gekämpft Herr.“ Wimmerte der Mann leise und ohne wirklichen Zusammenhang. Tarock atmete hörbar ein und aus, so was hatte er sich schon gedacht. Umso mehr stieg seine Sorge, dass von dem gewaltigen Heer nicht viele überlebt hatten. „Wo sind die anderen?“, die Worte waren zwar immer noch gewohnt befehlend aber ohne aggressiven Unterton. Der verwundete Krieger sah erneut zu Tarock auf. „Sie sind nicht weit von hier auf einer Lichtung, seine Heiligkeit der große König Titan hat uns dort hin geführt, er lässt bereits nach euch und der heiligen Tochter suchen.“ Nun waren seine Worte nicht mehr so verwirrt. Mit dieser Antwort zufrieden, gab Tarock dem Krieger das Signal zum Aufstehen, welches ein kurzes Kopfnicken war. Erleichtert drehte Tarock sich zu Titanja um, die das ganze Geschehen schweigend mitverfolgt hatte.
 

Der Krieger hatte recht, die Lichtung von der er sprach befand sich höchstens zwei Kilometer entfernt, in einem Teil des Dschungels, durch den ein kleiner, leise vor sich hin plätschernder Fluss lag, welcher frisches Trinkwasser mit sich führte. Mit letzter Kraft schleppten sich die Beiden zur Lichtung, wobei sie so gut es ging den verwundeten Krieger stützten. Kaum hatten sie die rettende Lichtung erreicht, kamen auch schon mehrere Männer zu ihnen gerannt um zu helfen. Sie nahmen ihnen den Verletzten ab und brachten ihn auf ein, aus Moos gebautes Lager, wo er sich ausruhen konnte. Doch der Anblick der sich ihnen hier bot war kaum besser als der vom Schlachtfeld. Überall saßen und lagen Schwerverletzte die nur mangelhaft versorgt werden konnten. Und in einer gesonderten Ecke der - recht kleinen - Lichtung lagen sorgfältig aufgebahrt dutzende von Leichen. Ein Wispern und Stöhnen dominierte die Geräuschkulisse. Es lag etwas Bedrückendes in der Luft, man konnte es schon fast berühren, so stark war das Gefühl.
 

Titanja erschrak als sie plötzlich von hinten von zwei großen Pranken gegriffen wurde. Es war ihr Vater Titan, der sich freute seine Tochter, wenn schon nicht gesund dann doch aber lebend, wieder zu sehen. Es dauerte schier ewige Sekunden bis sie kapierte von wem Titanja da gegriffen wurde. Erleichtert drehte sie sich um und kuschelte sich unter Tränen in seine Arme.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  TigorA
2008-08-31T11:55:05+00:00 31.08.2008 13:55
Joa bei diesem Kappi weiß ich nicht so recht was ich schreiben soll ^^'. Es ist viel passiert und irgendwie doch wieder nicht... also zumindest empfand ich es als langatmig. Aber so vom erzählen her ist das schon ganz gut geworden. ich mag tarock ^^.


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