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Drachenherz

Zusammenarbeit von Ulysses und Alaska
von

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Wandlungen

Titel: Drachenherz

Teil: 6/9

Autor: Ulysses und Alaska

Genre: Fantasy, Shounen-Ai
 

Kommentar: Endlich gibt es ein neues Kapitel. Sorry, war etwas im Klausurenstress, aber jetzt ist es vorbei und es geht weiter ^^' Der erste Abschnitt der Geschichte ist eigentlich schon abgeschlossen, nun beginnt ein neuer. Es freut mich, dass es doch noch einige gab, die von den Offenbarungen im letzten Kapitel überrascht waren ^^ Somit dürfte auch endgültig klar sein, warum Nargonim nicht einfach mit Eri und Goran zusammenwohnen kann ^^ Trotzdem ist euer Wunsch von einer WG doch erfüllt...irgendwie *fg* Nun also viel Spaß mit dem nächsten Kapitel und noch einmal vielen Dank an die fleißigen Kommischreiber!
 


 


 


 

Wandlungen
 

„Goran? Hey, Goran! Schau, was ich gefangen habe!“ Eri kam aus dem Wald geeilt, über seinen Schultern ein stattliches Reh, durch dessen Gewicht er leicht gebeugt ging. Seine roten Haare, zu einem langen Zopf fast bis zum Po gebunden, fielen ihm wie eine Flut aus Feuer über die Schulter. Er war ein wirklich gut aussehender Mann geworden. Mit achtzehn hatte er noch einen kleinen Wachstumsschub gemacht und sein Körper war vom Leben in der Wildnis stärker als früher, allerdings immer noch schlank und geschmeidig. In den letzten acht Jahren hatte er nur Glück erfahren und sein Leben mit Goran genossen. Es war die schönste Zeit seines Lebens und er wollte um nichts in der Welt von seinem Drachen getrennt werden..

Goran blickte auf und lächelte seinen Gefährten an mit einem anerkennenden Nicken an.

„Da hast du ja wirklich einen guten Fang gemacht. Wo hast du es erlegt?“ Ohne Schwierigkeiten half der Drachenmann seinem Geliebten das tote Tier von den Schultern zu wuchten. Dabei berührten sich ihre Arme und das altbekannte Verlangen wallte in Goran auf. Es verging kein Tag, an dem er sein Feuerkind nicht begehrte und eben in diesen Momenten, in denen ihm die starke, schlanke Gestalt seines Partners bewusst wurde, empfand er dieses Gefühl nur noch intensiver. Eri mochte sich äußerlich verändert haben, war gereift an Statur und Charakter, aber sein Herz war noch genauso kindlich und lebensfroh wie früher. Er erschien Goran jeden Tag schöner.

„Dann brauche ich mich ja nicht mehr um die Jagd zu kümmern, nicht wahr?“

„Nein, musst du nicht.“ lachte Eri, seine Stimme hatte sich auch noch etwas verändert, ein wenig tiefer war sie geworden. „Du kannst in der Höhle auf mich warten...und mich nach einer langen Jagd entspannen.“ Er drückte sich gegen Goran und stahl ihm einen Kuss.

Dieser schloss seine Arme um den jungen Mann und grinste. Auch der Drache war älter geworden. Allerdings nur um Eris Willen. Er wollte nicht, dass sein Gefährte alterte und er jung blieb, obwohl er es könnte.

„Und wie stellst du dir diese Entspannung vor?“

„Du wirst schon die eine oder andere gute Idee haben.“ Eri legte den Kopf gegen die kräftige Brust seines Geliebten. Die letzten Jahre waren wie im Flug vergangen. Er fühlte sich Goran so nah und Nargonim verehrte er nicht weniger stark. Sie unternahmen stundenlange Flüge und wenn der Drache sich ihm als Mensch zeigte, konnte Eri nicht genug von ihm und seinem Anblick bekommen. Er berauschte sich geradezu an dem Äußeren des anderen Mannes, malte ihn Dutzendfach, die Höhle war schon über und über bedeckt mit Bildnissen. Und in seinen Armen fand er eine Erfüllung, die fast nicht von dieser Welt zu sein schien, die Ekstase zwischen ihnen hatte nie abgenommen.

Goran drängte Eri einige Schritte Richtung Höhleneingang, dann hielt er inne und seufzte.

„Mir fällt eine Menge ein, aber wenn wir diesen Kadaver nicht zerlegen, wird das Fleisch faulig und Insekten nisten sich ein.“ Er hob Eris Kinn zu sich empor und küsste ihn noch einmal leidenschaftlich. Dann trennte er sich von ihm und zog das Reh in den Schatten zum Häuten.

„Schaffst du das allein?“ Der junge Mann lächelte. „Ich habe so geschwitzt und würde gern baden.“

„Mach mir nicht solche verlockenden Angebote, wenn ich zu tun habe.“ grinste Goran und zückte das Messer, das immer an seinem Gürtel befestigt war.

„Geh schon.“

„Lustmolch!“ gluckste Eri und eilte zum Teich, dabei fingerte er bereits an den Verschnürungen seines Hemdes. Die Kleidung aus Leder und Fell passte ihm als sei sie für ihn gemacht. Was sie ja auch war. Goran hatte ihm gezeigt, wie man sich selbst Kleider herstellte.

Im Gehen streifte er das Hemd ab, so dass der Stoff ihm kurz die Sicht nahm. Dieser Augenblick der Unachtsamkeit genügte bereits. Eri trat auf einen spitzen Stein, knickte um und stürzte mit einem Schrei. Sein Kopf schlug gegen einen Felsen und er sank lautlos daran zusammen und blieb liegen. Auf dem Stein klebte etwas Blut.

„Eri!“ Goran ließ das Messer fallen und stürmte zu dem Verletzten. Vorsichtig drehte er ihn auf den Rücken und umfasste seinen Hinterkopf.

„Eri, wach auf! Los, mach die Augen auf!“ Das Blut floss langsam über das Gesicht hinab und Goran wischte es mit der Hand weg. In seinem Inneren krampfte sich etwas zusammen, das er bereits lange kannte und all die Jahre verdrängt hatte. Kurzerhand nahm er Eri auf die Arme und trug ihn in die Höhle. Auf dem Bett abgelegt, wurde der junge Mann sofort versorgt, während der Drache weiterhin leise auf ihn einredete. Kalte Angst presste seine Eingeweide zusammen.

Es dauerte ein paar Minuten, doch schließlich flatterten Eris Lider und er öffnete langsam die Augen. Benommen schaute er hin und her.

„Was...wo bin ich?“ Er verzog das Gesicht, wollte an seine Stirn fassen, wo Schmerz flammte.

Goran fing seine Hand ab und tupfte statt dessen mit einem feuchten Lappen um die Wunde herum.

„Ruhig. Du bist gefallen und an einen Fels geschlagen. Bleib liegen.“ Die Erleichterung drängte der Drache zurück, damit er sich gänzlich auf die Versorgung konzentrieren konnte.

„Ich wollte....baden...wieso...“ Eri war schwindelig. „Ich habe so Kopfschmerzen...“

„Ja, du hast auch eine hübsche Platzwunde, mein Feuerkind. Bleib einfach ruhig liegen, bis ich sicher sein kann, dass dein Kopf nicht noch mehr Schaden genommen hat.“ Mit einem liebevollen Lächeln beugte sich Goran über seinen Gefährten und sah ihm in die Augen. Sie wirkten noch verklärt und orientierungslos.

„Du wirst es überleben.“ Er küsste ihn auf den Mund und holte dann aus einer Schatulle Nadel und Faden.

„Was hast du vor?!“ Eri hatte die Werkzeuge gesehen und war hoch gefahren, soweit war sein Verstand dann doch klar. Aber er sank sofort mit einem Stöhnen zurück, die Augen zusammen gepresst. Sein Kopf schien zu bersten und schon wieder fühlte er die Wärme von Blut.

„Bleib liegen!!“ donnerte Goran und funkelte ihn wütend an. „Hör wenigstens einmal auf mich!“ Geschickt fädelte er den Faden in die feine Öse der Nadel und setzte sich dann neben Eri aufs Bett.

„Halt still.“

Eris Augen fixierten die glitzernde Nadel, er zitterte am ganzen Körper. Der schwarzhaarige Mann hielt seinen Kopf fest. Die feinen Züge hatten sich verdunkelt, denn dieses Verhalten verletzte den Drachen. Er setzte die Nadel an der Wunde an, doch Eri versuchte sich mit aller Kraft zu befreien.

„Bitte nicht! Was machst du?!“ Seine immer noch trüben Augen spiegelten Angst wider. „Tu mir nicht weh! Bitte nicht! Bitte!“ Eri weinte. Egal, ob Mann oder Junge, Eri hatte immer noch schreckliche Angst vor Schmerzen und wurde wie ein ängstliches, kleines Kind, wenn es dazu kam.

Das Gesicht des Drachen wurde zu Stein und die grünen Augen verengten sich wütend. Er legte die Nadel schweigend beiseite und stand auf.

„Dann willst du lieber, dass die Wunde offen bleibt und sich entzündet, ja? Dass sich Eiter bildet, der dir dann stinkend in die Augen rinnt? Bitte. Aber glaub nicht, dass es schmerzfrei wird.“

„Entschuldige!“ schluchzte Eri. „Ich bin erbärmlich...ich habe nur solche Angst vor der Nadel...bitte hilf mir!“ Er streckte die Hand nach Goran aus. „Bitte...es tut mir leid.“

Dieser sah ihn nur stumm an, doch Eri konnte nach so langer Zeit den verletzten Ausdruck deuten.

„Vertraust du mir so wenig? Glaubst du wirklich, ich würde dir Schmerzen zufügen wollen? Oder würde zulassen, dass dir welche zugefügt werden?“

Der Jüngere schüttelte schwach den Kopf. Er schämte sich in Grund und Boden. „Bitte...bitte verzeih mir. Das wollte ich nicht...nicht sagen...“ Seine Augen suchten im Grün des Drachen nach Vergebung. „Ich vertraue dir über alles.“

„Ist das so?“ Goran klang nicht überzeugt und blieb auf Distanz.

Eri zog einen Schmollmund, was bei seinem nicht allzu kantigen Gesicht schon wieder kindlich wirkte. „Dass du das anzweifelst ist mindestens genauso verletzend wie meine Reaktion auf die Nadel...“

„Dann sind wir ja jetzt quitt.“ Goran trat wieder ans Bett und setzte sich. Er nahm die Nadel in die eine Hand und legte die freie auf Eris Kopf.

„Wirst du jetzt ruhig sein?“

„Ich...ich versuche es...versprochen.“ Eri schloss die Augen und atmete tief ein.

Goran sagte nichts dazu. Es blieb eine Zeit lang still, während der Eri vermutete, dass Goran noch überlegte, wie er am besten vorgehen sollte.

„Fertig. Steh aber noch nicht auf, ich will erst einen Verband holen.“ Er legte die Nadel in die Wasserschale und suchte Stoff heraus.

„Was? Wie? Fertig?“ Eri hätte sich fast an die Stirn gegriffen, hielt sich aber zurück. Er hatte keine Schmerzen gehabt, nicht einmal einen Hauch. Die Wunde pochte noch, aber er hatte nicht einen Nadelstich gespürt. Nun allerdings wurde das Pochen stärker und schmerzhafter.

„Ich habe dir doch gesagt, ich würde dir nie weh tun.“ Goran faltete den Stoff zu einem kleinen Kissen und legte es auf die Naht. Mit einem langen Verband umwickelte er die Stirn seines Feuerkindes und prüfte noch einmal kurz den Halt.

„Du solltest schlafen und dich ausruhen. Heute stehst du nicht mehr auf.“

„Bleibst du bei mir?“ Eri erinnerte sich an das erlegte Tier. „Oder kommst zumindest nachher zu mir?“

„Würde ich meinen verletzten Gefährten lange allein lassen?“ Goran ging hinaus und widmete sich seiner Arbeit. Der Vorfall hatte etwas in ihm ausgelöst, einen Gedanken geweckt, der nun nicht mehr zu vertreiben war. Eri hätte sich bei diesem Sturz auch den Schädel einschlagen oder das Genick brechen können. Es wäre ganz leicht gewesen. Eine Sekunde entschied über Leben und Tod. Und es wäre nicht das erste Mal, dass er durch einen Unfall seinen Gefährten verlor.

Er kehrte mit dem zerlegten Reh später in die Höhle zurück und machte dabei ein Gesicht, als wäre der gesamte Berg über ihnen zusammen gebrochen.

Eri hatte ein wenig geruht, aber wirklich schlafen konnte er nicht. Das dumpfe Hämmern hatte sich mit einem unangenehmen Brennen vermischt und hielt ihn wach. Als er seinen Geliebten sah, der sich daran machte, das einen Teil des Rehs für sie beide zuzubereiten, bekam er das unangenehme Gefühl, dass etwas nicht stimmte.

„Alles okay?“

Keine Antwort. Goran starrte auf das Feuer. Er hatte mit einiger Arbeit eine Art Kamin in den Fels gehauen. Der Rauch zog durch einen engen Schacht ab und ermöglichte das Kochen im Inneren.

„Nein.“ Damit setzte er den großen Wasserkessel auf und zerkleinerte Fleisch und Gemüse, das er in dem kleinen Garten vor der Waldhütte anbaute.

„Was hast du?“ Eri versuchte sich aufzusetzen, beließ es dann aber bei einer Seitenlage. So war sein Kopf erträglicher. „Bist du mir böse? Ich wollte dich nicht kränken.“

„Ich bin dir nicht böse, mir ist nur etwas aufgegangen.“ Nachdem er die Fleisch- und Gemüsestücken ins Wasser geworfen hatte, gab er noch einige Gewürze und Kräuter dazu.

„Was denn?“ Eri hatte ein wenig Angst vor der Antwort. Der leckere Geruch des Essens begann sich im Raum auszubreiten.

„Dass du sterben wirst.“ Goran klang mehr als nüchtern. Langsam rührte er in dem Eintopf herum. Bedächtig, als wälze er den Gedanken noch hin und her.

Nun fuhr Eri doch auf, er hielt sich den Kopf, achtete aber nicht auf die Schmerzen.

„Was redest...was redest du da?! Du hast gesagt, es sei nicht schlimm!“ Er war kreidebleich. „Ich will nicht sterben!“

„Dummkopf. Nicht wegen der Wunde.“ Nun musste Goran doch auflachen. Das war so typisch für sein Feuerkind. Schlussfolgern war nicht seine Stärke.

„Ich rede von deinem Leben. Irgendwann wird es zuende sein. Du bist sterblich.“

„Aber das bist du doch auch! Du alterst wie ich!“ Eri begriff nicht. Oder er wollte es nicht. Mit seiner Sterblichkeit konfrontiert zu werden, behagte ihm nicht, er fürchtete den Tod und wollte nicht einmal daran denken müssen.

„Nein, Eri. Ich werde älter, aber ich altere nicht. Was du siehst, ist nur eine Form, die ich dir zuliebe annehme. Hast du es immer noch nicht begriffen? Ich könnte auch jetzt noch so aussehen, wie am ersten Tag, als wir uns begegneten. Alter spielt für mich keine Rolle. Ich bin ein Drache, Eri, ich bin unsterblich, was das Altern anbelangt. Natürlich kann ich sterben, genau wie jedes andere Lebewesen. Wenn du mir einen Speer ins Herz rammst, bin ich tot. Wenn du mir den Kopf abschlägst, bin ich tot. Wenn du mich von oben bis unten aufschlitzt, bin ich tot.“ Mit jedem Wort war Goran näher gekommen.

„Aber die Jahre...die Jahre können mir nichts anhaben. Dir jedoch schon. Du bist jetzt 25. Das bedeutet, wir haben maximal noch 65 bis 70 Jahre – und das ist großzügig geschätzt.“ Goran setzte sich und strich seinen Geliebten über die Wange. Sofort ebbte der Kopfschmerz ab.

„Verstehst du nicht? Diese Zeit ist für mich ein Wimpernschlag. Ich bin mehr als 3000 Jahre alt.“

„Ich...ich habe nie darüber nachgedacht.“ Eri fiel es wie Schuppen von den Augen, Drachenschuppen. Er drängte sich gegen Goran. „Aber ich will dich nicht verlieren...oder dass du mich verlierst...ich habe dir doch versprochen, auf ewig bei dir zu bleiben!“

„Das war ein dummes Versprechen. Du kannst es nicht halten.“ Der Mann erwiderte die Umarmung nicht, aber schob Eri auch nicht von sich. „So ist das Leben. So war es immer.“

„Das klingt so gar nicht nach dir! Warum gibst du auf? Am besten stößt du mich gleich von einer Klippe oder frisst mich, wenn ich sowieso sterben muss und du das hinnimmst!“ Eri löste sich von ihm, sein Herz war so schwer und schmerzte.

„Eri, was glaubst du, wie oft ich das schon durchgemacht habe? Alle meine Gefährten sind einfach gestorben und jedes Mal hat es mir das Herz zerrissen. Nur bei dir habe ich das erste Mal das Gefühl selbst zu sterben.“ Goran sah ihn traurig an und drehte ihm den Rücken zu.

„Es muss einen Weg geben! Du bist ein Drache! Du beherrschst Magie! Tu was!“ Eri schrie ihn regelrecht an, sein Kopf hämmerte stärker. „Ich verlange doch keine Unsterblichkeit! Ich will doch nur so lange wie möglich bei dir sein dürfen, möglichst solange du existierst!“ Er steigerte sich richtig hinein, missachtete jedes Gesetz der Natur bei seinem Ansinnen.

Goran blieb still, lange Zeit. Er dachte darüber nach und wählte seine nächsten Worte sehr bedacht.

„Es gibt einen Weg, aber den wirst du nicht beschreiten wollen. Ich habe ihn jedem angeboten, keiner hat ihn gewählt. Ich verstehe es, denn es ist grausam das zu verlangen und jeder hatte Angst davor.“ Oder sie hatten ihn nicht genug geliebt, um diesen Weg zu beschreiten. Goran wollte an diese Möglichkeit nicht denken.

„Wenn du glaubst, dass ich jetzt zurückschrecke, dann weißt du nichts über meine Gefühle für dich! Wenn du mich wirklich so liebst, sprich weiter.“ Eri streckte die Hand aus und strich über den breiten Rücken. „Bitte...ich bin bereit alles für dich zu tun...du bist mein Leben.“

„Was ist dir das Wichtigste auf dieser Welt neben mir? Welcher Besitz ist für dich wichtiger, als alles andere?“ Goran drehte sich um und sah Eri fest an. „Nun stell dir vor, du würdest es verlieren. Das ist der Preis, Eri.“

Der junge Mann erstarrte, das hatte er nun nicht erwartet. Zumal er nicht einmal genau wusste, was ihm das Wichtigste war. Aber als er Goran so vor sich sah, seinen Geliebten, dessen Anblick ihm immer wieder Kraft und Mut gab, egal wie schlecht es ihm ging, dessen Lächeln sein Herz überquellen ließ, weil darin Gorans ganze Liebe strahlte und dessen Augen so tief in seine Seele blicken konnten, dass Eri sich selbst in ihnen verlor, wusste er, was er antworten musste.

„Ich würde für dich jedes Opfer bringen.“ Seine Stimme klang stark und sicher.

„Red keinen Unsinn, Eri! Dir ist nicht klar, was es bedeutet. Es ist ja nett, dass du es so spontan entscheidest, aber du würdest es bereuen. Das ist keine romantische Handlung, die man nebenbei macht. Kein Versprechen, das man so einfach wieder auflösen kann.“ Der Drache stand auf und ging zu dem Kessel. Er rührte gedankenverloren darin herum und kostete.

„Lass es gut sein, Feuerkind. Das Essen ist fertig.“

„Ich will nichts essen!“ Eri drehte sich weg. „Nimm mich gefälligst ernst und stell meine Gefühle für dich nicht in Frage! Ich liebe dich mehr als alles, was man mir nehmen könnte. Auch wenn du das offenbar nicht zu schätzen weißt.“

„Und was wäre, wenn man dir diese Liebe nähme?“

„Das geht nicht! Nicht einmal der stärkste Zauber dieser Welt könnte dich aus meinem Herzen reißen!“

„Es geht nicht um die Stärke, sondern um die Art des Zaubers. Eri, du hast keine Ahnung von Magie! Liebe ist auch eine Form von Magie und zudem eine völlig unergründete. Selbst ich weiß nichts über ihre Geheimnisse. Ich weiß nicht, was dir das Wichtigste ist, aber wenn es deine Liebe zu mir ist oder ich selbst es bin, dann kann es genauso gut sein, dass dir etwas davon genommen wird. Ich habe keine Erfahrung mit dieser Magie, sonst würden wir uns jetzt nicht kennen. Andererseits wäre es unsinnig, wenn gerade das, was wir versuchen damit auf ewig zu erhalten, uns genommen wird. Trotzdem...ich will dieses Risiko nicht eingehen.“ Mit zwei Tellern Eintopf kam er zu Eri hinüber und reichte ihm einen. Dazu gab es Brot, das Eri am Vortag gebacken hatte.

„Was haben wir zu verlieren?“ Der Rotschopf aß nun doch, Goran war ein vortrefflicher Koch, er zauberte selbst aus diesen einfachen Sachen etwas Köstliches. „Wenn ich sowieso sterben muss und du mich dann verlierst, warum gehen wir das Risiko nicht ein?“ Er erkannte sich selbst kaum wieder. So mutig war er nur selten. Eigentlich nie.

„Weil ich so noch ein halbes Jahrhundert mit dir verbringen könnte. Anderenfalls würde ich dich sofort verlieren und das könnte ich nicht ertragen.“

„Und wenn ich dich um unserer Liebe Willen darum anflehe?“

„Dann würdest du damit zurecht kommen, wenn ich dir genommen werde?“ konterte Goran und schüttelte den Kopf. „Nein.“ Er wusste selbst nicht, warum er sich jetzt so dagegen sträubte. Eri wollte es, wäre bereit alles zu opfern, so wie Goran es sich immer von seinen Gefährten gewünscht hatte. Das war für den Drachen immer der äußerste Beweis der Liebe gewesen, aber jetzt wollte er es nicht mehr. Sein Feuerkind war ihm wichtiger, als alles andere und er wollte nicht, dass Eri für ihn etwas aufgab.

Eri beobachtete ihn und sein sonst so warmes Gesicht verwandelte sich in eine kalte Maske.

„Dann will ich meine Freiheit. Lass mich ziehen.“ Die Worte klangen regelrecht unwirklich, aber er sagte sie voller Überzeugung.

„WAS?!“ Verwirrung und Entsetzen erfüllte Gorans Herz und quetschte es schmerzhaft zusammen. Eri wollte ihn verlassen? War seine Liebe doch so sprunghaft? So schnell zum Verlöschen zu bringen?

„Ich will gehen. Such dir einen neuen Gefährten, einen jungen. Du vertraust mir nicht genug, hältst meine Liebe zu dir für zu schwach. Ich bin nicht bereit hier zu bleiben und dir dabei zuzusehen, wie du dich darüber grämst, dass ich altere. Und ich lege auch keinen Wert auf die Tränen in deinen Augen, wenn ich dann in deinen Armen sterben muss. Nur weil du nicht bereit bist für unsere Liebe ein Risiko einzugehen.“ Er versuchte mit aller Kraft dem entsetzten und verständnislosen Blick Gorans stand zu halten, auch wenn es ihm selbst fast das Herz aus der Brust riss.

„DU gehst das Risiko ein, verstehst du das denn nicht?“ Der Drache sprang auf, wobei sein Teller klappernd samt Eintopf zu Boden ging.

„Wärst du immer noch so großspurig, wenn du für immer gelähmt in der Höhle lägest, nichts spürst? Vielleicht ist das dein größtes Opfer! Woher willst du das wissen?“ Goran war stinksauer, aber eher, weil die Situation nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte und er sich in die Ecke gedrängt fühlte.

„Aber vielleicht werden auch einfach nur meine Haare grau! Oder ich kann nicht mehr sprechen! Das wäre kein Verlust für ein Leben an deiner Seite! Ich würde für dich alles geben!“ Eri warf seinen Löffel in den Teller. „Du warst es doch, der immer so begeistert von Prüfungen war! Das wäre die größte Prüfung meiner Liebe zu dir!“

„Aber ich habe genug Beweise dafür!“ fauchte der Mann zurück, seine Stimme wurde bereits tiefer und bekam den rollenden Drachenakzent. „Ich weiß, dass du mich liebst, ich will keine Prüfungen mehr.“ Sie drehten sich im Kreis, so würde keine Einigung erzielt werden.

„Verdammt noch mal!“ Er schlug so fest auf ein Regal, dass es unter der enormen Kraft des Drachen einfach zusammenbrach.

Eri zuckte zusammen, fast hätte er Angst bekommen, dass Goran ihn schlagen würde, wüsste er es nicht besser.

„Dann treffe ich jetzt eine Entscheidung. Entweder du unterziehst mich diesem Zauber oder du lässt mich gehen und suchst dir einen anderen Gefährten.“ meinte er kühl, überrascht von sich selbst. Soviel Stärke hatte er sich nicht zugetraut. „Und ich lasse mich nicht davon abhalten zu gehen, dann musst du mich schon töten.“

Die Entgeisterung in den grünen Augen erinnerte an ein kleines Kind, dem gerade der Teppich unter den Füßen weggezogen worden war, als er versuchte seine ersten Schritte zu machen..

Dann veränderte sich Gorans Gesichtsausdruck zu einer finsteren Maske und er ballte die Hände. Mit einem Aufschrei wirbelte er herum und stapfte nach draußen.

Kaum auf dem Vorplatz angekommen, schwang Nargonim sich in die Luft und strebte immer weiter dem Himmel entgegen.

Eri sank auf seinem Bett gegen die dahinter liegende Felswand. Er brauchte Halt, sämtliche Kraft war aus seinem Körper gewichen. Hoffentlich hatte er eben keinen Fehler begangen.

„Ich liebe dich so sehr, begreif das doch endlich.“ flüsterte er, die Hände ins Gestein verkrallt.

Nargonim kehrte erst tief in der Nacht zurück. Er war Meilen weit geflogen, um sich abzuregen. Dabei hatte er sogar ein kleines Wäldchen in Brand gesetzt. Die Wut glomm immer noch in seinem Bauch nach, doch sein Kopf war wesentlich freier geworden. Auf einer Gebirgskette hatte er sich schließlich ein ruhiges Plätzchen gesucht und den ganzen Tag nachgedacht.

Nun landete er mit einem leichten Zittern des Bodens und verwandelte sich sofort in Goran. In der Höhle fand er Eri schlafend vor und legte sich zu ihm.

Der Rotschopf spürte die Wärme seines Geliebten bis in seine Träume. Mit einem zufriedenen leisen Schmatzen drehte er sich um und kroch mit geschlossenen Augen ganz dicht an den vermissten Körper heran. Er wachte nicht einmal wirklich auf.

Goran sah nur still auf ihn herab und streichelte das feurige Haar. Es war so weich und dick, er liebte es seine Finger darin zu vergraben.

„Liebst du mich so sehr, dass du bereit bist alles aufs Spiel zu setzen, Feuerkind?“ Seufzend schloss der Drache kurz die Augen und konzentrierte sich ganz auf den schlanken, geschmeidigen Körper in seinen Armen. Obwohl er mittlerweile keinen kleinen Jungen mehr hielt, war die Haut so zart wie am ersten Tag und nicht die eines Mannes. Eri legte viel Wert auf ihre Pflege, weil er wusste, dass es dem Drachen gefiel.

Goran betrachtete wieder das friedliche Gesicht mit den dichten Wimpern und dem vollen Mund, der geradezu einlud, geküsst zu werden. Eri war so überzeugt von seiner Meinung gewesen, so überzeugt von ihrer Liebe.

„Lass es mich nicht bereuen.“ Er schloss seine Arme fest um den jungen Mann und drückte ihn an sich. Seine Lippen begannen sich neben dem Ohr des Anderen zu bewegen und wisperten Worte, die wohl seit Jahrhunderten nicht mehr ausgesprochen worden waren, doch seit Drachengedenken bestanden. Goran konnte sich noch genau daran erinnern, wie sein Vater sie ihm beigebracht hatte und ihn immer wieder ermahnt hatte, sie nicht wahllos zu verwenden. Es war ein wichtiges Geschenk, das man seinem Partner machte.

Langsam wurde der Drache in flackernde violette Flammen getaucht, die um seinen Körper leckten und leise in die Melodie seiner Worte einstimmten. Je weiter Goran in dem Spruch fortschritt, desto größer wurde das Feuer, das sich nun auch auf Eri übertrug, seinen Leib jedoch nicht verzehrte. Kleine Schweißperlen standen auf der Stirn des Drachenmannes, denn er spürte deutlich, wie ihm seine Kraft entzogen wurde. Der Zauber war so mächtig, dass ihm die letzten Worte kaum über die Lippen kamen. Sein Körper bebte, etwas zerrte an ihm, als wolle eine unsichtbare Hand ihn aus seiner Haut reißen. Sein Atem wurde schwerer, stockte, der Schmerz setzte nun auch in seinem Kopf ein, er spürte wie etwas von ihm auf Eri überfloss und umgekehrt. Sie wurden auf eine ihm unbekannte Weise eins, trotz getrennter Körper.

Dann war es plötzlich vorbei, die letzte Silbe gesprochen, und Goran fühlte sich unendlich erschöpft. Seine Muskeln zitterten, das Schlucken fiel ihm schwer. Trotz der bleiernen Müdigkeit blieb er noch eine Zeit lang wach und beobachtete sein Feuerkind im Schlaf, bis dieser ihn selbst überkam.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Mel_Vineyard
2008-07-21T16:44:00+00:00 21.07.2008 18:44
der preis ist zwar hoch aber die hauptsache ist ja eigentlich dass sie sich noch haben.und mit der zeit wird sich eri wohl auch dadran gewöhnen.

einfach mal fallen lassen was?^^

leibeigener tz tz tz....also so was!^^
bin schon gespannt wie das wird, wenn er siene familie wiedertrifft!
lg
Mel
Von:  llobi
2008-07-21T15:40:35+00:00 21.07.2008 17:40
Hi
armer Eri der Preis ist den Er gezahlt hat ist hoch seinen Geliebten nicht mehr sehen zu können ist schrecklich aber Ich glaube mit der Zeit gewöhnt Er sich daran nichts zu sehen und seine anderen Sinne passen sich ja bereits an und Nargonim/Goran ist auch immer für Ihn da ich bin sehr gespannt wie seine Geschwister reagieren wenn sie sich nach so langer Zeit wiedersehen
lg llobi
Von:  ReinaDoreen
2008-07-21T08:49:30+00:00 21.07.2008 10:49
Damit hab ich nun gar nicht gerechnet. Aber es ist eine wichtige Sache das Sehen.
Und Eri empfand ja wirklich zuerst schmerzhaft Goran nicht mehr sehen zu können, seine Emotionen und Gesten. Erst dann
kam nachvollgend auch die anderen Konsequenzen des Blindseins.
Ich denke aber das beide es schaffen und auch Eri immer besser damit umgehen kann Blind zu sein.
Hoffentlich ist es kein Fehler, wenn Eri seine Geschwister wieder sieht. Damit meine ich nicht das Eri nicht mehr zu Goran zurück
möchte sondern das Eris Geschwister nicht akzeptieren könnten das Eri nicht bei ihnen bleibt.
Reni


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