Zum Inhalt der Seite

Ballade des Feuers

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Vom Wesen der Zeit

Obwohl es unzählige Dinge auf dieser Welt gibt, die zu begreifen wir nicht in der Lage sind, ist das Konzept der Zeit ohne jeden Zweifel eines der eindrucksvollsten und zugleich abstraktesten der vielen Phänomene, die uns im Laufe unseres Lebens begegnen. Es übersteigt unseren Horizont so ganz und gar, dass es ausgesprochen fraglich ist, ob wir ihm selbst mit all unserem wissenschaftlichen Eifer und Fortschritt jemals auf die Schliche kommen werden: Vermutlich könnten die fähigsten Akademiker dieses Planeten ihr ganzes Leben dieser Aufgabe widmen, ohne nennenswerte Erfolge mit ihren Forschungen zu erzielen.

Die Zeit nämlich ist ein launisches Geschöpf, das in ihrem Wesen der Welt selbst gleicht. So wie die Erde sich auch dann noch drehen wird, wenn die Menschheit schon lange von ihrem Antlitz fortgewischt worden ist, so läuft auch die Zeit stets so weiter, wie es ihr beliebt. Dabei ist es ihr vollkommen einerlei, ob wir sie anflehen, ihr gemächliches Tempo ausnahmsweise einmal ein wenig zu beschleunigen, damit das, was uns so sehr quält, endlich vorüber ist, und genauso wenig kümmert es sie, wenn wir sie darum bitten, stehen zu bleiben, weil wir einen besonders schönen Augenblick in unserem Leben festhalten und am liebsten nie wieder loslassen wollen.

So ist es schon immer gewesen und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass es auch weiterhin so sein wird, denn die Zeit hat ihren eigenen, uns schleierhaften Rhythmus, in dessen rätselhaftem Takt sie sich bewegt, und ureigene Gesetze, denen sie folgt.

Vielen Menschen – denen, die gar nicht erst weiter darüber nachdenken, und solchen, die sehr von sich selbst überzeugt sind - erscheinen diese Gesetzmäßigkeiten simpel und durchaus nachvollziehbar. Aber wer sich schon einmal objektiv und ausgiebig mit der Zeit auseinandergesetzt hat, der weiß, dass nichts, was mit ihr zu tun hat, jemals einfach sein kann, und dass das meiste davon sogar gänzlich außerhalb unseres Begriffsvermögens liegt.

Denn die Zeit ist ein komplexes Gebilde, das vielleicht nicht vollkommen jenseits, aber doch nur am Rande unserer Wahrnehmung existiert, und dessen Ursprung uns trotz zahlreicher diesbezüglich existierender Theorien vollkommen unbekannt ist.

Daher ist alles, was wir über die Zeit zu wissen glauben, relativ und letzten Endes nichts weiter als Spekulation. Selbst die wenigen Anhaltspunkte, an denen wir uns orientieren können, machen nicht selten den Eindruck, sich gegenseitig zu widersprechen.

Denn obschon die Zeit in ihrem Wesen für gewöhnlich vorhersehbar und beständig zu sein scheint, mutet ihr Verhalten uns zuweilen doch sonderbar an. Manchmal sogar sonderbar genug, um uns über ihre Beschaffenheit grübeln geraten und zugleich an den eigenen Überlegungen verzweifeln zu lassen. Wenn wir nämlich ehrlich sind, wissen wir so erstaunlich wenig über die Natur der Zeit, dass wir nicht einmal mit Sicherheit zu sagen vermögen, ob sie einem bestimmten, bereits vorgefertigten Muster folgt, oder ob sie nicht vielleicht doch ein Eigenleben besitzt, das sie zuweilen zur Sprunghaftigkeit verleitet.

Trifft ersteres zu, so besteht selbstverständlich kein Anlass, sie zu verfluchen oder ihr unseren Dank auszudrücken. Sollte aber letzteres der Fall sein, so muss es sich bei der Zeit um ein nicht unbedingt böswilliges, aber doch bemerkenswert stures Geschöpf handeln, das eher unseren Ersuchen zuwider handeln würde, als sich selbst von unseren innigsten und verzweifeltsten Bitten erweichen zu lassen. Entspräche diese Charakterisierung den Tatsachen, hätten zwar viele von uns Grund, das starrköpfiges Wesen der Zeit zu schätzen zu wissen, aber bei den meisten würde es wohl wesentlich eher darauf hinauslaufen, dass sie ihr um einiges mehr Hass entgegenbrächten als Liebe.

Und vielleicht ist das auch der Grund dafür, weshalb die Zeit sich in der Regel nicht mehr als unbedingt nötig in unseren Alltag einmischt, sondern sich trotz ihrer ungeheueren Macht für gewöhnlich damit zufrieden gibt, den Dingen ihren Lauf zu lassen – weil sie weiß, dass sie es sowieso niemals allen rechtmachen könnte, und daher entschieden hat, dass es wesentlich förderlicher sei, die Geschöpfe, die sie in gewisser Weise selbst hervorgebracht und dabei unwillkürlich mit einer beträchtlichen Portion des eigenen Starrsinns ausgestattet hat, ihre zumeist recht trivialen Angelegenheiten selbst regeln zu lassen. Schließlich ist die Existenz allen Lebens auf diesem Planeten ohnehin nur von begrenzter Dauer, was unweigerlich dazu führt, dass es für die meisten Kreaturen von vorneherein unmöglich ist, das Wesentliche ihres Daseins noch vor dem eigenen Tod zu erfassen. Diese Tatsache mag ausgesprochen ärgerlich für solch wissensdurstige Geschöpfe wie die Menschen sein, aber für die Zeit spielen derartige Unannehmlichkeiten kaum eine Rolle, denn nach ihrem Maßstab ist der Aufenthalt einzelner sterblicher Individuen auf dieser Welt von derart geringer Dauer, dass es sich letzten Endes völlig gleich bleibt, was sie in den wenigen Augenblicken, die ihnen gegeben sind, tun oder zu tun unterlassen.

In unseren Ohren mag dergleichen stets ein wenig deprimierend klingen, aber wäre es uns möglich, diesen Sachverhalt von einem neutraleren Standpunkt aus zu betrachten, so würden wir mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit schon bald zu dem Schluss kommen, dass dies nun einmal der Lauf der Dinge ist und dass es gar keinen Grund gibt, sich allzu viele Gedanken darüber zu machen, da alles genau so ist, wie es sein sollte, weshalb es schon seine Richtigkeit haben wird.

Allerdings ist es ebenso eine unabstreitbare Tatsache, dass der Mensch seit jeher nach Möglichkeiten gesucht hat, seine Umwelt zu kontrollieren – selbst diejenigen ihrer Aspekte, die sich eigentlich weit außerhalb seiner Reichweite befinden sollten. Und obwohl es ganz gewiss recht anmaßend ist, wenn eine einzelne Spezies alles um sich herum ihrem Willen beugen will, so kann man den Menschen ihr überhebliches Verhalten doch nur schwer zum Vorwurf machen. Denn so, wie es nun einmal in der Natur der Welt liegt, nur wenig Rücksicht auf die Bedürfnissen Einzelner zu nehmen, so liegt es auch in der des Menschen, sich nicht mit den unliebsamen Grenzen zufrieden zu geben, die sich ihm sein Leben lang aufdrängen wollen; ansonsten hätte er sich gar nicht erst die Mühe gemacht, von den Bäumen herunterzukommen.

Und genauso, wie der Mensch es mit der Welt um ihn herum hält, die er stets so weit wie nur irgend möglich seinen Bedürfnissen anzupassen versucht, so hält er es auch mit allen anderen Dingen, mit denen er sich konfrontiert sieht.

Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass er selbst vor dem alles umfassenden Fluss der Zeit nicht Halt macht.

Und obgleich es ein aussichtsloses Unterfangen sein mag, sich die Zeit Untertan machen zu wollen – denn um etwas von so enormem Ausmaß wie die Zeit beherrschen zu können, muss man es zunächst einmal bis ins kleinste Detail erfasst haben; etwas, was in einem so speziellen Fall wie diesem ganz und gar unmöglich ist -, so ist es doch eine traurige, aber unleugbare Wahrheit, dass man etwas nicht erst großartig begreifen muss, wenn man es einfach nur überwinden will. Alles, was es dazu bedarf, sind die nötigen Mittel.

Und auch wenn es selbstverständlich hilfreich ist, eine gewisse Ahnung davon zu haben, mit was man es zu tun hat, so läuft letzten Endes doch alles darauf hinaus, dass diejenigen von uns, die glauben, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft seien klar definiert, mit ihrer Annahme kaum weiter von der Wahrheit entfernt sein könnten.

Was dazu führt, dass es durchaus nicht unmöglich ist, die unsichtbare Mauer namens Zeit zu überkommen, von der wir fortwährend umgeben sind.

Die Frage lautete allerdings ohnehin niemals, ob es möglich ist, sich aus dem sorgfältig gestrickten Muster zu befreien, in das wir schon vor unserer Geburt hineingewebt worden sind. Womit wir uns stattdessen beschäftigen sollten, ist, warum das so ist.

Lässt sich die Zeit tatsächlich so derart einfach von ihren eigenen Kindern manipulieren? Oder verhält es sich nicht vielleicht doch eher umgekehrt?

Und selbst, wenn es einem von uns auf wundersame Weise gelingt, der Zeit ein Schnippchen zu schlagen… sollte derjenige dann nicht damit rechnen, dass die Zeit früher oder später eingreifen und dafür sorgen wird, dass dessen ungeachtet alles weiterhin zu ihrer Zufriedenheit verläuft?
 

Asakura Hao hat sich niemals sonderlich lange mit diesen Dingen herumgeschlagen. Denn die Zeit, das war ihm schon damals bewusst, ist ein Teil der Natur, und dieses Wissen genügte ihm. Die Natur nämlich, daran zweifelte er für keine Sekunde, würde ihn ihm Gegensatz zu all den blinde Narren, von denen er umgeben war, bereitwillig bei seinem Bestreben unterstützen. Dass er fünfhundert Jahre später tatsächlich wie geplant wiedergeboren wurde, war der Beweis dafür.

Für Hao stand fest, dass er niemals aus dem fein gesponnenen, alles umfassenden Netz der Zeit hätte ausbrechen können, hätte diese sein Vorhaben nicht gebilligt.

Und vermutlich lag er mit dieser Annahme sogar vollkommen richtig.

Doch auch wenn Hao schon immer beinahe so weise wie mächtig ist, so ist seine Weisheit doch von eher einseitiger Natur. Daher haftet an den meisten der Schlüsse, die er im Laufe seiner tausendjährigen Existenz gezogen hat, der gefährliche Makel der Unvollständigkeit. Sicherlich gab es Ausnahmen, aber das hier ist ganz gewiss keine davon.

Und so kam es, dass Asakura Hao nach einem Millennium, zweieinhalb Leben und so kurz vor seinem Ziel, dass er das Gefühl hatte, nur noch die Hand ausstrecken und danach greifen zu müssen, sein blaues Wunder erlebte.

Von seinem Zwillingsbruder, dessen Freunden und zahllosen Schamanen auf der ganzen Welt einmal ganz zu schweigen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2008-08-01T10:10:47+00:00 01.08.2008 12:10
Hallo dir wie kommt es das ich erst die zweite bin die dir einen Review schreibt? Muss man nicht verstehen schon wahr aber trotzdem :-)
Was das Kapitel anbegeht kann ich dir nicht viel mehr sagen wie Romi, der Text ist Gold wert... wenn er nicht so lang wäre ^.-
Das irritiert bzw irgendwann vertseht man nichts mehr weil man das Gefühl hat in eine Endlosschleife geraten zu sein... das schreckt ab bzw man weis nicht was man in das Kommi schreiben soll ^-^°
Was die Kurzbeschreibung anbegeht habe ich sie durchschaut und freue mich auf das nächste Kapitel und die ENS wenn du sie mir schickst^.
Von:  Rumina-Larissa
2008-07-13T14:35:27+00:00 13.07.2008 16:35
Hi,
hast du das Kapitel also endlich fertig geschrieben.
Aber meine liebe Güte das war ganz schön Stoff was du da hattest, hätte nie gedacht das knapp 1.500 Wörter so schwer zu lesen sein können. Nicht von deinem Styke um Gottes Willen der war sogar sehr schön zu lesen gewesen. Doch deine Erklärungen der Ziet ^-^° nja wenn man sich nie mit der Materie vertraut gemacht hat hätte man jetzt sicherlich Fragezeichen vor den Augen oder Kopfschmerzen von den Denkenversuchen =P
Nicht böse nehmen, für mich war das no problem und mal was ganz neues das jemand sich an solche schreibstyle traut oder einen Schreck kriegen, den gerade das Ende mit Hao *-* traumhaft und sehr neutral bezogen daraus das er mächtig ist aber dennoch im Rahmen bleibt das er unbewusst versteht das auch er nur ein Mensch ist ^.-
Fangen wir aber bei A an

= Cover:
- Charabeschreibung hatte super schöne Bilder, aber ein paar Zusatrzinfos (gerade die Jahreszahlen 975 und 2000) wären doch seeehr ausschlaggebend zum verstehen gewesen
- Kurzbeschreibung hatte einen schönen kreativen Text, allerdings solltest du Umgangswörter wie hier Idiot etwas kürzer halten, den zum einen gehören sie wenn nur in mündliche Rede und selten sachliche Beschreibung und wenn doch hat Hao ein paar passendere Wörter für die Menschheit
- hatteste jetzt die stichpunkte ausgefüllt ??? weis ich gerade net aber wenn nein setzt da aufjedenfall Mappa Douji drin dann ist das finden leichter

= zum Text
- deine Erklärungen der Zeit war Gold wert... nur leider viiiieeeeel zu lang, das habe selbst ich mir nicht bis zum ende durchlesen können und bin irgendwann in der Mitte zum ende mit Hao gesprungen sry so schön woie es war so einen style mal zu sehen aber es war auch entsprechend anstrengend ^.- Vom Inhakt weis ich daher nicht ob es zu viel oder genau richtig war, nur wenn letzteres sollte der Satzbau dann nicht gerade so anspruchsvoll zu lesen sein, zumindest nicht über den ganzen Text, der anfang darf das nämlich ruhig sein ^.-
- nja und was das ende mit hao betrifft habe ich dir ja schon gesagt das es super schön zu lesen gewesen war


- eines stört nur jetzt den das kommt in der kurzbeschreibung nicht soooo ganz hervor.... was soll in deiner FF eigentlich passieren ^-^°???


Zurück