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Meeresrauschen

[bitte bei NEWS nachschauen] - es ist alles einfacher, als ihr denkt. -
von

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Die unperfekte Seite des Perfektseins

Zwölfter Monat - Juli
 


 

Sag mal, was machen die da eigentlich?“, flüsterte Hinata Sakura zu. Diese zuckte mit den Schultern.

„Ich will es gar nicht so genau wissen, Hinata-chan.“

Sie warfen einen abwartenden Blick zu Naruto, der lautstark mit Hanabi, Hinatas jüngerer Schwester, über eine bestimmte Judo-Wurftechnik diskutierte. Hanabi war ein Genie, selbst für den Hyuga-Maßstab. Sie war übermäßig intelligent, übermäßig talentiert in allem und jedem, und würde später eine überaus tragende Rolle für den Konzern der Hyugas tragen, das war jedem klar, auch ihr. Hanabi hielt diesem Druck gelassen entgegen, entspannte sich bei Yoga und Judo, machte Fortgeschrittenenkurse in Politikwissenschaften, Geschichte und Kunst und wurde immer schöner, je älter sie wurde. Hanabi war eine auffallende, elegante Person; auch wenn sie noch schmaler und zerbrechlicher als Hinata aussah, schien sie jeden Raum mit ihrer Präsenz auszufüllen, bis jede Nische voll von Hanabi war. Dies heute war allerdings kein Treffen, um das Feuerwerk um Hanabi auszudrücken, sondern etwas ganz allein für Hinata. Ihren neunzehnten Geburtstag.
 

Hinata hatte sich keine große Party gewünscht, sondern wollte nur im kleinsten Kreis feiern. Somit waren nur sie selbst, natürlich Naruto, Sakura und ihre Familie da – obwohl die eher mager und nur durch Neji, Hanabi und die ganzen Bediensteten, welche alle von Hinatas stillem Zauber verführt worden waren, vertreten waren. Und eigentlich auch Sasuke. Es war merkwürdig, wie gut sich die beiden mittlerweile verstanden. Und es war keine Wortfreundschaft. Zwischen ihnen herrschte dieses gewisse Einvernehmen (stille Einverständnis), dieses Wir-wissen-wie-es-ist-mit-Naruto-und-Sakura-befreundet-zu-sein. Doch Sasuke hatte abgesagt, Hinata ein kleines, dunkelblau eingepacktes Päckchen in die Hände drückend, eines seiner seltenen Lächeln im Gesicht. Er meinte, er hätte einige Dinge zu erledigen, die mit seiner Familie zu tun hätten. Und Hinata akzeptierte das. Sie wusste, wie es war, in so eine Familie hereingeboren zu sein. Sakura war enttäuschter gewesen, auch wenn sie versuchte, das zu überspielen. Aber in letzter Zeit… da waren auch Risse in Sakuras Maske. Wie in Sasukes. Hinata lächelte. Sanftmütig. Nachgiebig. Die beiden wussten vermutlich nicht einmal, wie ähnlich sie sich waren. Wie unterschiedlich.

Die gleiche Seite zweier verschiedener Münzen.
 

„Aber echt jetzt! Je früher man den Gegner besiegt, desto besser! Das weiß doch jede Ramenverpackung!“

„Eigentlich nicht, Naruto-kun. Deine Art ist vielleicht offensiver, aber mit klügeren Taktiken hältst du den Stand, bis du die absolute Sicherheit eines Sieges hast.“
 

Es versetzte Hinata einen Stich. Es tat weh, oh ja, sehr weh. Sie konnte doch eh nichts ändern. Nicht und wieder nichts. Sie würde immer die erste Zweite bleiben. Für immer die Verliererin auf dem Siegertreppchen. Sie bemühte sich doch! Sie tat es wirklich. Und doch – es war ein Kreis. Ein ewiger Kreis. Und sie würde immer hinten sein.

Hinata war mit der Ansicht aufgewachsen, dass sie die Erste sein musste. Sie musste Bestnoten schreiben, sie musste die beliebteste sein, sie musste die Stufensprecherin sein. Aber das war nicht Hinata. Das war Hanabi. Ihr Vater hatte es erst viel später erkannt. Zu spät. Die zurückhaltende Hinata, sanft in ihrem Wesen, stolz in ihrem Geist, mutig in ihrer Liebe. Eine Kämpferin im Verborgenen. Aber ihr Vater wollte schon immer blind sein, für Dinge, die sich hinter dem Schattenspiel bewegten, für Dinge, die Hinata hätten wahr werden lassen können. Hyuga sah Schemen und dachte nicht daran, dass sie etwas anderes sein könnten, als das, für das sie gehalten wurden. Schatten waren nie so stark wie die echten Bilder. Hanabi hatte keinen Schatten, sie hatte keinen toten Winkel. Sie war so glatt, so scharf wie ein kunstvoll gearbeitetes Messer. So sehnsuchtsvoll wie der Tod, der süßeste Tod überhaupt. Hanabi drückte alles das aus, was man ersehnte, was man sein wollte. Sie war perfekt.
 

Aber Hinata hatte nie perfekt sein wollen. Hinata wollte sie selbst sein, nicht mehr, nicht weniger, aber das war ihr nicht erlaubt worden. Und dann war sie zum Schatten geworden, zum blassen Schatten, zu der unsicheren, zurückhaltenden Hinata, zu der, die niemand haben wollte. „Ein Missgeschick“, hatte ihr Vater einmal gesagt, lachend und es ernst meinend. „Sie ist unser kleines, hässliches Entlein. Und ich denke nicht, dass sie noch zum Schwan wird.“

Und dann war es vorbei gewesen, das Schattenleben. Naruto. Er war in ihr Leben getreten, wie eine Farbbombe hatte er sich über sie ergossen und sie hatte alles in einem anderen Licht gesehen. Und Sakura, die lustige, fröhliche Sakura, die Sakura, von der Hinata gedacht hatte, dass sie auch perfekt war, weil sie eben Sakura war… bis sie hinter die Fassade geblickt hatte, es gedurft hatte. Es hatte lange gedauert.
 

„Ach Quatsch, Neji! Brendan Fraser ist ein guter Schauspieler! Du magst ihn nur nicht, weil er Mumien killt oder klangvolle Namen wie ‚Zauberzunge’ besitzt, wohingegen du hier in diesem Nest sitzt und Fliegen an die Wand datschen darfst!“

„Sakura, du bist betrunken. Du redest Schwachsinn.“

„Ich bin auch leicht angetrunken in der Lage, eine ordentliche Sachdiskussion zu führen! Du bist nur ein Feigling, Hyuga!“
 

Sakura war so fließend gewesen, dass sie lange hatte suchen müssen, sehr lange sogar. Und dahinter, hinter dieser Fassade, da war ein Mensch gewesen, ein verletzlicher Mensch und das hatte sie nur noch schöner gemacht. Hinata war so froh, dass sie Sakura hatte. Und Naruto. Naruto. Naruto. Naruto. Sie hätte seinen Namen so oft sagen können, wie sie wollte, es würde immer noch wie ein Geschenk aus dem Himmel klingen. Naruto, den sie liebte. Naruto, der an sie glaubte. Naruto, der aus ihrem Schatten eine Person gemacht hatte. Naruto, der mit ihrer perfekten Schwester redete, die so viel makelloser, klüger und begehrenswerter war als sie selbst, die schwache, unscheinbare Hinata. Naruto, der sie plötzlich ansah und lächelte. Seine Augen blau wie der Himmel, seine Liebe strahlend wie die Sonne. Naruto, der perfekt war. Für sie. Nicht für Hanabi. Ganz allein für sie. Hinata.
 

„Ich liebe dich, Hinata.“ Nur ein sanftes Murmeln. Es war das erste Mal, dass er nicht ‚Hinata-chan’ sagte. Und es war das erste Mal, dass sie es fühlte.
 

Er liebte sie auch. Naruto. Gewissheit.
 

Hinata strahlte. Und Sakura lächelte sanft. Es war, als hätten sie die Rollen getauscht, aber Sakura wusste, dass es nicht für immer sein sollte. Hinata war nicht so. Offen, verschwenderisch. Sie war still glücklich, es reichte ihr, wenn sie es selbst wusste, es musste nicht auch noch der Rest der Welt sein. Hinata war bewundernswert. Hinata, die stille Hinata in all dem verwirrenden Getöse, die Hinata, die Naruto begleitete, egal, wohin er ging, die Hinata, die Naruto noch besser verstand als es Sakura tat. Und nun – endlich, hatte sie es auch verstanden. Dass sie es wert war.
 

„Hinata-san?“ Ein alter Mann steckte den Kopf durch die Tür, ein inniges Lächeln auf seinen Zügen. Hinata hatte von Anfang an alle Dienstmädchen und Köche, alle Putzfrauen und Hausdiener auf ihrer Seite gehabt. Mit ihrer stummen Freundlichkeit, die sich durch die schlichten Blumensträuße im Dienstzimmer ausdrückten, in den kleinen Präsenten aus der Stadt, für den Koch die Pralinen aus Sapporo, für den Butler das Lieblingsbuch, für die Dienstmädchen ein wenig Schminke. Mit ihrer Art, das Zimmer aufzuräumen und das Bett zu machen. Sie hatte sie sofort gehabt. Die liebe Hinata…

„Ja, Daisuke-kun?“

„Wir, die Angestellten, wollen Ihnen zum Geburtstag gratulieren und uns einmal dafür bedanken, wie gut Sie immer zu uns sind. Danke, Hinata-san. Wir danken Ihnen so sehr dafür.“ Und damit öffnete sich die hohe Tür vollkommen und da standen plötzlich ein Dutzend Bedienstete und sangen lautstark Happy Birthday, während eine bombastische zweistöckige Torte in das Wohnzimmer gebracht wurde.

„W-was? Für… für mich?“ Hinata klang, als würde sie daran zweifeln, dass sie wirklich geschätzt wurde. Aber zu aller Erstaunen war es Hanabi, die plötzlich zu ihrer großen kleinen Schwester sah. Sie lächelte transparent. „Alles Gute zum Geburtstag, nee-san.“ Sie wies mit einer kleinen Geste auf die ganzen Menschen hier. „Du bist gut, so, wie du bist. Lass dir von tou-san nichts einreden. Er sieht es nicht, Hinata. Er sieht dich nicht.“
 

Und Hinata weinte. Verwunderung? Freude.
 

So unperfekt…
 

°°°
 

Sasuke starrte auf sein Handy. Minutenlang.

Die Zeit ran ihm davon und er war nicht schnell genug, um sie festzuhalten. Rieselnder Sand durch seine Finger. Er war zu langsam, viel zu langsam. Oder war es die Zeit, die sich plötzlich schneller drehte? Jetzt, da er einmal in seinem Leben zufrieden war – stieß die Zeit ihn voran, dem Ende entgegen, dem bitteren Ende. Er harrte. Es war eine Endlosschleife, das unsichere Einatmen, zittrige Ausatmen – ha, Uchiha, dann mach dir mal die Hosen voll. Mehr war es nicht. Nur ein kleiner Anruf; Wahrheit oder Pflicht?

Er gehörte nich zu den Menschen, die unbedingt fürsorglich waren – aber da war der Hang nach Gewissheit, steil und spitz.

Er wollte hier bleiben.
 

Und das Glück rinnt durch deine Hände, Sasuke-kun. Immer weiter… es wartet nicht auf dich.
 

Uchiha.

„Hallo, Itachi.“

Welch eine Ehre, endlich wieder deiner engelsgleichen Stimme lauschen zu dürfen.

„Dir scheint es fabelhaft ergangen zu sein, nii-san.“

Der Schein kann trügen, otouto.

„Wie geht es Temari?“

Temari ist meine beste Freundin. Du wirst dich in keinem Fall darum kümmern müssen.

„Falls ich der Vater bin, werde ich die Verantwortung dafür übernehmen, Itachi.“

Oh, heute so schnell beim Punkt? Das war letztes Mal aber nicht so. Mir scheint, als wärst du der mit den Stimmungsschwankungen, nicht Temari.

„Wie geht es ihr?“

Den Umständen entsprechend. Das Ganze wirft kein gutes Licht auf uns, zumal du jetzt auf Hokkaidō bist. Zumindest gibt es noch keine Schlagzeilen. ‚Infusion der Uchiha-Company mit Sabakuno-Industries durch uneheliches Baby besiegelt.’ – stell es dir vor. Wenn du hier wärst, könnte man diesen ganzen Spekulationen ein Ende bereiten, mit Pressekonferenz und all dem Firlefanz.

„Ich habe nie entschieden, hier sein zu wollen. Das warst du. Vergessen?“

Ich vergesse nicht, Bruder. Aber lassen wir diese albernen Spielchen. Kaa-san geht es schlechter. Die Aasgeier verschwinden einfach nicht und treiben Spekulationen, die selbst Gaara zum Wütendwerden zwingen.

„Selbst dorthin, wo ihr mich verbannt habt, gibt es so etwas wie eine Boulevardzeitung und die Regenbogenpresse schickt mir wöchentlich schillernde Artikel. Hier gibt es sogar Internet – stell dir das mal vor, nii-san!“

Du nimmst es mir immer noch übel, Sasuke.

„Dass du mich, nachdem ich einen einzigen verdammten Fehler begangen habe, in ein Kuhkaff geschickt hast, ohne irgendwelche Worte, ohne mich es dir erklären zu lassen, mich bei irgendwelchen Verrückten wohnen lässt, mich damit zu bestrafen, zu wissen, dass ich nichts tun kann, als hier rumzuhocken? Was glaubst du denn, nii-san?“

Es war berechtigt. Außerdem kenne ich Jiraiya- und Hatake-san, sie sind seriös. Jiraiya-san war im Studium mein Mentor.

„Ich habe nur das Gefühl, dass du einen Grund gesucht hast, mich abzuschieben.“

Du hast drei Räume des Konzerns abgefackelt, Sasuke. Du bist mit einem Firmenwagen durch die Stadt gerast, ohne irgendwelche Verkehrsregeln überhaupt zu registrieren. Du wurdest in diversen zwielichtigen Nachtclubs gesehen. Ich habe akzeptiert, dass du jung bist – aber das ging zu weit. Noch mehr Belastung hätte kaa-san nicht ertragen.

„Schieb das ganze nicht auf kaa-san. Sie hat damit nichts zu tun, Itachi. Es ging nur um uns. Und ich bin es nicht, der die Firma in den Ruin treibt.“
 

… Wenn du das ernst meinst, haben wir uns nichts mehr zu sagen.
 

„Wir hatten uns noch nie etwas zu sagen. Du hast geredet, ich musste gehorchen.“

Tou-sama hat immer gewollt, dass wir gemeinsam die Firma -

„Ja, genau, er wollte. Aber er ist tot, Itachi. An einer Schreibtischkante verblutet, mit einem verdammten toten Herzen. Unser Vater.“

Du glaubst immer noch, dass ich Schuld bin. An seinem Infarkt.

„Ich werde zurück nach Tokio kommen. Ich werde sehen, was ich tun kann, wer der Vater von Temaris Kind ist, ich werde kaa-san besuchen und dann werde ich wieder nach Hokkaido fliegen und an der Universität von Sapporo immatrikulieren.“

Das ist nicht dein Ernst. Du wirst nicht auf Hokkaido weiterleben. Das werde ich nicht akzeptieren.

„Wer, glaubst du, bist du? Mein Vater? Ich bin nicht nützlich für die Firma, du kannst sie genauso gut allein halb in den Ruin treiben, um dann als strahlender Held dazustehen, wenn sie wieder läuft. Ich habe nichts mehr bei euch verloren. Ich bin es leid.“

Das… ist nicht deine Entscheidung, Sasuke. Was ist da in Wakkanai, was dich festhält? Du hast in Tokio die besten Chancen, irgendwann mit mir den Uchiha-Konzern zu leiten und so viel Macht, Reichtum und Einfluss zu erlangen wie du wünscht.

„Das ist der Unterschied, nii-san. Du glaubst, dass ich das gleiche wünsche wie du, aber du irrst dich.“

Es ist kein Jahr her, da waren wir noch gleich, otouto.

„Warum sollte ich? Sag mir einen Grund, warum ich in Tokio studieren sollte. Warum ich wieder ins Familiengeschäft einsteigen sollte.“
 

Mama wird bald sterben. Und sie will dich in ihrer Nähe haben. Ich erwarte dich in dreiunddreißig Tagen in Japan, das Ticket wird in einigen Tagen angekommen sein.
 

Itachi legte auf.
 

°°°
 

War es das Branden des Meeres oder das seines Blutes, das durch seine Ohren rauschte und ihn endlich wieder zur Vernunft brachte?
 

°°°
 

„Was haltet ihr davon?“ Kakashi sah gespannt zu den beiden Älteren, wartete ihre Antwort ab.

„Ehrlich gesagt, hab ich keine Ahnung. Es wird kompliziert. Komplizierter, als ich gedacht habe.“

Tsunade führte das Wasserglas an ihre Lippen und nippte daran, während sie einen abwartenden Blick zu ihrem langjährigen Freund warf: „Wie kommst du darauf, Jiraiya?“

„Orochimaru wird ihn zurück nach Tokio begleiten“, erwiderte der Angesprochene, eine ungewöhnliche Ernsthaftigkeit lag in seinen Zügen.

„Orochimaru?“ Tsunade seufzte müde. „Was will er?“

„Nachdem er von hier weggegangen ist, ist er zu den Uchihas übergewandert. Bei den Hyugas hätte er nie mehr eine Chance bekommen und mit dir hier… eines muss ich ihm lassen: Er weiß, wann er verloren hat.“

„Aber das ist nicht der Grund, weshalb wir reden wollten“, mischte sich Kakashi nun wieder ein. „Ich weiß, dass ihr ihn beide am liebsten zu Ramen am Stiel verarbeiten würdet, aber darum geht es nicht. Sasuke gehört mittlerweile zu ihnen, mehr als jeder andere.“

Tsunade lachte hart: „Habt ihr bemerkt, wie Sakura ihn ansieht? Sie liebt ihn, Grundgütiger, sie liebt ihn wirklich sehr. Und er liebt sie, auch wenn man ihm es nicht ansieht: Er ist glücklich. Jeder in diesem Dorf scheint ihn langsam anzunehmen. Warum glaubst du, wird er jetzt wieder gehen wollen, Kakashi? Wenn er wollte, könnte er sogar auf Sakuras und Shikamarus Hochschule angenommen werden, selbst auf den letzten Drücker. Er ist ein Uchiha – und die werden überall aufgenommen. Ich weiß wirklich nicht, warum ihr so ein Aufheben darum macht.“
 

„Wir haben heute ein Fax von Itachi-san erhalten“, berichtete Kakashi. „Er will Sasuke unbedingt nach diesem Jahr wiederhaben.“

„Na und? So wie ich Sasuke kennen gelernt hab, wird er sich von nichts und niemandem etwas vorschreiben lassen – vor allem nicht jetzt.“ Tsunade war wirklich verwundert gewesen – und natürlich auch skeptisch. Sie als Ärztin bekam viel mit – es gab genügend Leute, die sich über Uchiha ausgelassen hatten, Gerüchte über Gerüchte, höher und surrealer als viele Neubauten in Tokio. Aber nach dem ersten Kennenlernen hatte sich ihre Meinung stumm geändert. Es war nicht, dass er unbedingt aufgeschlossener als sonst gewesen war, aber jede halbblinde Schnecke mit Krückstock hätte sehen können, dass die drei wirklich Freunde waren. Dass sie einander liebten – auf freundschaftliche Art. Und später auch auf die andere. „Ich glaube, ihr macht euch zu viele Sorgen.“

„In dem Fax steht auch, dass Uchiha Mikoto sterben wird – an Tuberkulose. Du wirst dich da bestimmt besser auskennen, aber nach dem Tod ihres Mannes hat sie sich abgekapselt und nach meinen Informationen Antidepressiva genommen. Niemandem sind die ganzen Symptome dafür aufgefallen und jetzt ist es zu spät. Ich glaube nicht, dass die arme Frau sehr viel davon mitbekommen wird, und dass es schlimm ist für sie, zu sterben… aber für Sasuke wird das ein Schlag in die Magengrube. Ist das genug, dass er zurück nach Tokio geht?“

„Die arme Frau“, murmelte Jiraiya.

„Warum sollte er dort bleiben?“ Tsunade blieb stur. Nach all den Jahren konnte der Tod sie nicht mehr schockieren und sie kannte Sasukes Mutter nicht. Sie wusste, warum sie wieder zurück, in das Dorf ihrer Jugend, gezogen war. Sie hatte den Schmerz um ihren toten Bruder und ihren toten Ehemann vergessen wollen, diese Tragödie, die ihr ganzes Leben einst bestimmt hatte. Sie wollte nicht sie selbst vergessen, sondern das drückende Gefühl, wenn sie an die geliebten Menschen, die sie verloren hatte, dachte. Sasukes Vater war in Tokio gestorben, seine Mutter würde folgen. Und hier waren seine Freunde und seine Liebe. Es gab keinen Grund, nicht hier zu bleiben.

„Ich hab keine Ahnung.“ Kakashi zuckte mit den Schultern, seine Stirn immer noch vor Sorgen in Falten gelegt. „Aber ich… ich weiß auch nicht. Ich hab einfach ein schlechtes Gefühl dabei.“

„Na, darauf trinken wir einen.“ Jiraiya grinste zynisch. Er hob sein Sakeschälchen. „Auf Kakashis böse Vorahnung und darauf, dass sie nicht in Erfüllung geht…“ wie all die anderen Ahnungen davor, nicht wahr?

Tsunade, mittlerweile auch etwas beunruhigt, hob ihr Wasserglas. Kakashi beobachtete die beiden skeptisch.

„Dem kann ich nichts mehr zufügen“, sagte die Frau und Wasserglas klirrte an Porzellanschälchen. „Prost.“
 

Kakashi schüttelte bloß den Kopf. Er würde die beiden nie verstehen können.
 

°°°
 

„Danke, dass du gekommen bist“, machte Hinata wohlerzogen wie eh und je. Sie verbeugte sich höflich vor Sakura und lächelte dann.

„Hinata – hör auf damit. Wir sind nur deine Freunde!“, erwiderte Sakura verzweifelt. Würde sie denn nie, nie, nie diese schwachköpfige Etikette abzulegen?!

„Angeboren“, Neji grinste, „wir können nichts dafür. Wärest du in unsre Familie reingeboren worden, würdest du das verstehen. Können wir, Kitten?“ Sakura nickte widerstrebend, bevor Neji sich vor seiner höhergestellten Cousine verbeugte. „Träum süß, Hinata-sama.“ Sakura boxte Neji ihren Ellenbogen in die Seite, er stöhnte theatralisch, als leide er unmenschliche Schmerzen. Die beiden Mädchen lachten.

„Tschüss, Hinata-chan. Und pass bloß auf, dass Naruto nichts kaputt macht, ja?“ Hinata lächelte verlegen, ein Rotschimmer legte sich auf ihre Wangen – es war ihr immer noch unangenehm, wenn sie bei ihm oder Naruto bei ihr übernachtete – und nickte. Sie verschloss die Tür nach einem letzten „Komm gut nach Hause“ und Sakura und Neji machten sich auf den Weg.
 

„Du brauchst mich jetzt nicht bis zu Tsunade bringen, wirklich!“, beharrte Sakura. Aber Neji, wie üblich Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle, schüttele bloß den Kopf und ging weiter neben dem Mädchen her. „Vergiss es, Kitten. Wie schon gesagt: Hyuga-Instinkt.“ Er lächelte, und Sakura blickte ihn misstrauisch von der Seite an, dann seufzte sie: „Schon was von TenTen gehört?“

Nejis beherrschtes Gesicht wurde einen Atemzug lang hart. „Sie hat noch nicht mit mir geredet.“

„Ja“, lenkte Sakura ein, „schau mal, Neji, sie ist erst seit einer Woche –“

„…dreieinhalb Wochen.“

„– wieder hier und muss sich noch einleben –“

„… was sie nicht davon abhält, sich mit Hinata, Lee oder Ayame zu treffen.“

„– außerdem weißt du doch, dass TenTen nachtragend ist.“

„Was nichts daran ändert, dass ich keine Lust mehr habe, einem Mädchen hinterherzulaufen, dem ich anscheinend egal bin.“

Sakura runzelte die Stirn: „Du hast Recht. TenTens Verhalten ist nervtötend und infantil. Akzeptier es oder zieh weiter.“

Neji verzog das Gesicht: „Sei nicht so albern, Haruno.“

„Ich bin nur ehrlich, Hyuga“, erwiderte sie. „Also solltest du das vielleicht auch sein. Tu nicht so, als wäre es dein Ego, das dich hindert, an sie ranzukommen. Sag ihr brav ‚Guten Tag’ und ‚Tschüss’. Schreib ihr ’ne SMS, ruf sie an. Irgendwann wird sie nachgeben.“
 

Kakashis Haus war schon in Sicht, nur noch eine Kreuzung entfernt. „So, und jetzt wirst du deinen Hintern schön zurück zu dir nach Hause bewegen und schlafen gehen. Und morgen wirst du mit TenTen reden.“

„Bis dann. Und renn ganz schnell weg oder tritt ihnen in die Eier, wenn Fremde dich ansprechen“, murmelte er und umarmte sie kurz. Sakura erwiderte die Geste, winkte und rannte über die Ampel, während Neji zurück zum Hyuga-Anwesen ging.
 

Sie mochte es, wenn sie allein durch die Nacht spazieren konnte. Der Umstand an sich kam einfach nicht besonders häufig vor und gerade deshalb genoss sie es und würde es auch heute wieder bis aufs letzte auskosten. Es war nicht so, dass Tsunade sie nie aus dem Haus ließ oder allzu streng war – nur hatte Naruto anscheinend einen Ich-spüre-wenn-Sakura-chan-alleine-spazieren-will-und-stehe-deshalb-auf-nur-um-sie-mal-zu-ärgern-Sensor eingebaut. Und bei Kakashi und Jiraiya funktionierte es auch nur selten. Zwar könnte man Kakashi kaum mit einem Bären und einem Orchester gemeinsam aus dem Schlaf reißen, aber dafür war Jiraiya umso leichter aufzuwecken.

Langsam schlenderte sie den Weg entlang und bog in eine kleine Seitenstraße ab. Unvermeidlich trugen ihre Füße sie zum Darcy-See. Und sie lächelte. Und dann sah sie. Für einen ungehörig lauten Moment war da eine Furcht, eine Sorge. In ihrem Herzen. Die Gestalt auf der Bank rührte sich nicht, aber als sie genauer hinsah, erkannte Sakura sie dennoch.
 

Sasuke?
 

________________
 

Es hat so lange gedauert T_T Es tut mir leid. Und wenn ich könnte, würde ich schwören, dass es besser wird, aber ich könnte es eh nicht halten, deswegen... *seufzt*
 

Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel!
 

Viele Bagles und Auflaufformen,

bells
 

PS: Danke für die 118 Favoriteneinträge!



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Kommentare zu diesem Kapitel (12)
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Von:  SarahSunshine
2010-03-22T23:13:03+00:00 23.03.2010 00:13
Oh wei :(
jetzt scheints nicht mehr so schön zu werden..
irgendwie hat das Kapitel eine nicht so schöne wirkung auf mich..
es bringt irgendwie eine traurige stimmung auf..
trotz des geburtstags von hinata..
der cliffhänger am ende gefällt mir..

auf zum nächsten :3
Von: abgemeldet
2009-06-22T11:03:49+00:00 22.06.2009 13:03
Sooooo^^Îch habe heute die ganze FF am Stück gelesen und schreibe nun endlich mal ein Kommi*g*
Ich finde deinen Schreibstil unheimlich schön, genauso wie die FF!
Es ist echt interessant, wie du verschiedene Gefühle und Situationen miteinander verbindest. Es ist alles drin und es stimmt einfach alles und ja es passt halt :D
Würde mich freuen, wenn du mir ne ENS schreiben würdest, wenn du das nächste Kapi online stellt!
lg
xoxoSari
Von:  fiZi
2009-04-27T17:56:49+00:00 27.04.2009 19:56
vielen dank für deine ENS!
das kapi ist sehr schön geschrieben wie immer, und endlich bekommt man mehr hintergrundinfos, weiß, was sasuke angestellt hat und was mit seiner familie ist. wie immer finde ich es sehr faszinierend, dass du es schaffst, die konflikte die in naruto vorkommen auch in dieses parallel-universum zu übertragen und den großteil der charaktere in ihrem verhalten überzeugend rüberzubringen.
ich freue mich auf das nächste kapitel und bin schon sehr gespannt.
liebe grüße
anne
Von: abgemeldet
2009-04-27T17:47:08+00:00 27.04.2009 19:47
*heul* och nöö :(
das wird bestimmt noch richtig Drrrama geben! ich spüre es ^^
aber endlich weiß ich jetzt, was sache ist :D und das macht ich schon ein wenig...happy?
ich meine, diese dauernde Geheimniskrämerei hat mich total kirre gemacht xD
und das wusstest du xP

Hinata war total süß :D
Wie sie das so gesehen hat: Naruto lächelt sie an, Liebe glänzt in seinen Augen, er liebt sie... *schmelz* haaaach, das könntest du ruhig öfters machen :D is eine ziemlich coole abwechslung ^^
aber wer sagt denn, dass du das nie mehr machst? Hinatas Geburtstagsparty ist insgeheim noch nicht zu Ende *Miau* harhar ^^
die beiden Turteltäubchen sind alleine!! :D

Aber hey, Sakura war in diesem Kap sogar mal verhältnismäßig normal!! oo
wow, hätte ich nicht gedacht, dass sie einmal nur halb so durchgeknallt sein kann xD
nicht, dass ich ihr Durchgeknalltes Wesen doof find, ich fand es nur mal bemerkenswert...
Hm, vllt liegt es auch daran, dass diesmal die...sagen wir mal, Randfiguren aufgetreten sind
Ich fands cool, dass du ihnen auch mal ne eigene Szene gegeben hast :D
als ich den Titel gelesen hatte, hatte ich ehrlich gesagt an Sasuke und seine Macken gedacht, aber dem war ja nicht so ^^
obwohl es schon so ein wenig um ihn ging...oder eher um die Uchihas

Und zum Schluss noch die Frage der Woche:
Wird Sasuke zurück nach Tokio fliegen?
Was wird aus dem Traumpaar des ganzen Kuhkaffs, Sasuke und Sakura?
Geht es noch richtig hoch her zwischen Naruto und Hinata?
Werden sich Neji und Tenten wieder vertragen?
Und zum Teufel macht Sasuke auf dieser Bank?

Das werden wir hoffentlich wissen, wenn es weitergeht mit "Meeresrauschen", das Wasser schwappt hin und her!!
xD sorry, das musste mal sein ^^ ich fand das Kap cool :)
ggggggggggggggggggggggggggggglg,
deine
Krea's Tour <3
Von: abgemeldet
2009-04-27T17:35:43+00:00 27.04.2009 19:35
ich liebe einfach die ganze story & alles drum und dran *-* *schwärm* mach weiter so (:

freu mich schon, wenn's weiter geht, hoffe schnell

liebe grüueze. <3
Von:  dannysahne
2009-04-27T10:26:37+00:00 27.04.2009 12:26
Wirklich schön!
Der kleine Einblick in Hinatas Gefühlswelt und natürlich der Streit zwischen Sasuke und Itachi... - wenigstens weiß man jetzt warum Sasuke sozusagen strafversetzt wurde...
Freu mich schon auf das nächste Kapi!

LG
Von:  Harfe
2009-04-26T20:08:07+00:00 26.04.2009 22:08
Wow.
Nicht sehr aufrengendes Kapi, eigentlich, aber du schaffst es trotzdem es so toll zu machen! ^^
Ich bin einfach immer wieder begeistert von deinem Schreibstil und allem rundherum auch! : )
Ich freu mich schon total aufs nächste Kapi
lg Fe
Von: abgemeldet
2009-04-26T17:52:35+00:00 26.04.2009 19:52
echt klasse kapi!
freu mich schon aufs nächste:)
Von:  Aoki_lee
2009-04-26T15:01:34+00:00 26.04.2009 17:01
Yo! Kapitel ist natürlich toll, ne? also das ich deinen schreibstil liebe weißte ja.
Und omg ich hoffe sasuke ist nicht der papa... aber irgendwie trau ich es dir zu, dass er es ist o,o tu mir das nicht an OO sonst werde ich arme lorbeer tagelang weinen. mach weiter und lass mich nicht immer so lange warten XD
Von:  XxGirlyxX
2009-04-26T13:12:50+00:00 26.04.2009 15:12
Das kap war einfach nur schön^^
Sasuke kann einem schon leid tun...und Sakura dann erst, wenn sie es erfährt!! T.T die arme
Tsunade und Jiraya sind ja auch echt solche suffköpp^^
ich freue mich schon auf das nächste Pitel
gglg


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