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Hoffnung zu Asche

Schatten und Licht, Band 2
von

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Gewissensbisse

Äußerlich war Allen wie immer die Ruhe selbst, als er beobachtete, wie zwei seiner Männer seinen Guymelef im Hangar des Crusadors startklar machten. Innerlich kochte er.

Ihm wurmte nicht nur, dass statt Scheherazade ein neu entwickelter Guymelef auf ihn wartete, der den der Zaibachern sehr ähnlich war, bis auf ein paar Elemente am Design, und natürlich eine Eigenentwicklung Astorias darstellte. Die letzten Monate war er ausgebildet worden, dieses Konstrukt zu steuern, so wie es von allen Himmelsrittern verlangt worden war, doch würde er ihn jederzeit gegen seinen alten Guymelef tauschen. Anstatt mit einem Langschwert kämpfte er nun mit einer Klinge in jeder Hand, die er dank flüssigem Metalls nach Belieben in eine Vielzahl anderer Waffen umwandeln konnte. Natürlich hatte die Ingenieure die Flammenwerfer mit eingebaut. Die Maschine konnte auch fliegen, was ihm überhaupt nicht geheuer war. Aber am meisten bereitete es ihm aber Kopfzerbrechen, dass die Armee Astorias zusehends mehr dem alten Feind glich, auch wenn die meisten Veränderungen noch geheim waren. Er fragte sich, wer beim letzten Krieg wen erobert hatte.

„Haben sie noch Fragen, Herr Ritter?“

Allen, der einen himmelblauen Fliegeroverall trug, wandte sich von dem Guymelef ab und sah den jungen Adligen an. Er war schmächtig, trug blaue, reich geschmückte Gewänder und hatte ein überhebliches Lächeln, das nur so danach schreite ausgetrieben zu werden. Dieser Mann, der noch ein halber Bursche war, war sein Vorgesetzter für die Dauer der jetzigen Mission.

„Ich steige aus, postiere mich mit fünf weiteren Guymelefs, deren Piloten ich nicht kenne, weil sie sich auf einem anderen Schiff befinden, am Rand des Tals von Farnelia und sichere von dort aus den Luftraum, um eine erfolgreiche Übergabe von Hitomi Kanzaki zu gewährleisten. Obwohl der Luftraum mit insgesamt sechs Guymelefs gesichert wird, landen sie, Hochwohlgeboren, mit dem Crusador in der Stadt und nehmen sie persönlich entgegen, während gerade Mal zwei meiner Männer sie beschützen. Was soll ich daran nicht verstehen?“

„Ironie steht ihnen nicht, Ritter. Woher sie auch immer diese scheußliche Angewohnheit her haben, legen sie sie ab.“, mahnte der Adlige. „Ich erwarte auf dem Boden einfach kein Schwierigkeiten. Der König wird wohl kaum seine eigene Stadt zum Schlachtfeld werden lassen. Dennoch ist er im Besitz von Escaflowne. Sollte es sich ihr Freund anders überlegen und uns nachjagen, holen sie ihn vom Himmel. Hab ich mich klar ausgedrückt?“

„Glasklar, Hochwohlgeboren.“, versicherte Allen.

„Farnelia ist Sichtweite, Kommandant.“, rief Gades durch eines der Sprechrohre. Allen trat näher an dieses heran, öffnete es und befahl: „Öffne den Hangar.“

„Verstanden.“

Die schwere Tür öffnete sich und gab den Blick auf eine flache, bewaldete Ebene frei, über der eine dichte Masse aus grauen Wolken hing. Große Tropfen schlugen auf das Deck ein.

„Die Tarnmäntel werden uns dort draußen nichts nützen.“, gab Allen zu bedenken.

„Ich hatte nie vor sie einzusetzen.“, gab der Adlige bekannt. Wir stoßen Farnelia ganz offen vor dem Kopf, übersetzte der Himmelsritter. Grübelnd stieg zur Pilotenkanzel seiner Maschine und stellte sich in ihr rein. Seine Arme und Beine verschwanden in den Kontrollen. Die Kanzel schloss sich und Flüssigkeit wurde in den Innenraum gepumpt, bis sie ihm zum Hals stand. Dann verhärtete sich ihre Oberfläche. Ekelhaft.

Was geschieht hier?

Diese Frage stellte sich Allen schon, seitdem er die Befehle das erste Mal in Händen gehalten hatte. Der König wusste von seinem guten Verhältnis zu Van, Hitomi und Farnelia allgemein. Wieso bekam er das Kommando über Luftunterstützung bei dieser Übergabe.

Sie wollen, dass du versagst, meldete sich eine weibliche Stimme in seinem Kopf. Allen fluchte lautlos angesichts der Einsicht, die er gerade bekommen hatte. Nach dem Massaker der Gezeichneten in Chuzario hatte er gelernt dieser Stimme zu vertrauen, obwohl er ihr kein Gesicht zuordnen konnte. Seit dieser schrecklichen Schlacht in Chuzario, die er zusammen mit Merle geschlagen hatte, wusste er immer schon im voraus, wenn ihn jemand angreifen wollte. Suchte er eine bestimmte Person, musste er nur an diese Denken und er wusste den Aufenthaltsort einen Moment später. Wieso er das alles konnte, konnte nicht einmal Merle ihm sagen. Von der weibliche Stimme würde er ihr wohl nie erzählen, dafür hatte er viel zu viel Respekt vor der rohen Kraft, die in ihr wohnte.

Während er den Guymelef zum Ausstieg bereit machte, rätselte er weiter. Die Befehle für diesen Einsatz hatte er von einem Herren in seiner Villa bekommen. Vor ein paar Tagen war Allen nach dem Dienst zu seinem Haus zurückgekehrt und hatte den gut gekleideten Herren vorgefunden, wie er gerade mit seiner Schwester sprach. Den Diener, der sich um seine Schwester kümmerte und einer von Allens ehemaligen Untergebenen war, hatte der Eindringling zuvor unauffällig niedergeschlagen, gefesselt und versteckt. Ohne viele Worte zu verlieren hatte der Mann dem Hausherren die Mappe mit den Befehlen in die Hand gedrückt und ging. Allen verstand diese Botschaft, doch stand sie im unversöhnliche Gegensatz zu dem, was die Stimme ihm gesagt hatte. Hatten verschiedene Fraktionen an Hitomis Auslieferung gepfuscht?

„Alle Einheiten breit?“, fragte Allen laut.

Zackig trudelten die Statusmeldungen über Funk in sein Ohr. Ein Paar der Stimmen hatte er innerhalb der Leibgarde des Königs schon einmal gehört.

„Ausrücken!“

Der Crusador befand sich jetzt dicht über dem Rand der Schlucht zur Stadt hin. Allen schaltete auf die Düsen in den Beinen um und schwebte mehr oder weniger elegant hinaus. Krachend landete er zwischen niedrigen Gestrüpp. Dann sah er sich um, so gut es das Visier zuließ. Der Crusador schloss alle Öffnungen und sank zur Stadt hinab. Derweil kreiste ein größeres Schiff über der Stadt, von dem aus fünf weitere Guymelefs starteten. Auch dieser Träger war Teil des Rätsels. Es konnte nicht nur zwölf Guymelefs transportieren, sondern auch hunderte Soldaten aufnehmen. Wie weit war er ausgelastet?

Die Guymelefs stellten sich in gleichen Abständen über der Schlucht um Farnelia herum. Inzwischen hatte die spitze, rote Form des Crusador fast den Boden des Platzes vor dem Stadttor erreicht und eine Kutsche hielt auf das Schiff zu. Davon abgesehen bewegte sich nur ab und zu etwas in den Straßen. Ob das am Regen lag? Die Kutsche hielt an und ein paar Schatten stiegen hinaus.

Allen wusste, dass sich nun die Plattform des Crusadors herab senken sollte, zusammen mit dem Unterhändler, Gades und einem seiner Soldaten. Einer der Schatten löste sich von den anderen und verschwand unter dem Schiff. Eine halbe Minute später hob es ab und strebte dem Himmel entgegen. Allen atmete erleichtert auf.

„Himmelsritter Allen Shezar, halten sie ihre Position. Ich brauche das Geschwader noch.“

Einen Moment lang ärgerte ich Allen darüber, dass der Unterhändler seinen Namen erwähnte hatte, doch dann fiel ihn ein, dass Merle, Hitomi und Van seine Anwesenheit zweifellos schon gespürt hatten.

„Ja, Hochwohlgeboren.“

Warum, schoss Allen durch den Kopf. Die Übergabe sollte mit dem Abheben des Crusadors vorbei sein.

Sein Schiff schloss sich dem Träger beim Rundflug an. Lange Zeit passierte nichts. Allen brannte die Geduld durch. Er wechselte die Frequenz seines Funkgeräts.

„Gades, was ist los?“

„Ich hab keine Ahnung, Kommandant. Der Unterhändler bestand darauf zurück zu bleiben.“

„Was ist mit Hitomi?“

„Sie ist hier. Ich habe sie in eine der Kojen gebracht.“, berichtete sein Stellvertreter, keuchte dann aber auf. Plötzlich vernahm Allen unverständliche Rufe.

„Was ist los?“

„Hitomi! Sie besteht drauf, dass wir den Hangar öffnen. Sie reißt das Schiff auseinander.“

Einem Gedankenblitz folgend schaltete Allen auf die Gefechtsfrequenz.

„Feuern sie auf die Stadt! Hören sie mich Allen? Feuern sie!“, befahl der Unterhändler laut und deutlich.

„Wieso? Sagen sie, was dort unten vor sich geht.“, verlangte Allen.

„Das geht sie nichts an!“, schnautzte der Unterhändler zurück. „Verweigern sie den Befehl?“

Plötzlich verstand Allen seine Position. Die anderen seines Geschwaders rührten sich nicht, obwohl sie den Befehl ebenfalls verstanden hatten. Eine solche Treue zur Befehlskette hatte Allen bisher noch nicht erlebt. Das Gesicht seiner Schwester erschien ihm. Still und verschlossen, dennoch funkelten ihre Augen vor Lebensfreude. Sein Vorgesetzter fragte derweil unablässig weiter.

„Verweigern sie den Befehl? Antworten sie!“

Eine Bewegung forderte seine Aufmerksamkeit. Er traute seinen Augen nicht. Spielte die Entfernung ihm einen Streich? Die Klappe zum Hangar des Crusadors bewegte sich, als würde jemand sie verbiegen. Dann fiel etwas aus dem Schiff, doch anstatt auf dem Boden aufzuschlagen, schwebte es auf der gleicher Höhe wie sein Guymelef in der Luft der Mitte Farnelias entgegen. Allen aktivierte die Zielvorrichtung. Mit jedem Augenblick zweifelte er mehr an seinem Verstand. Das unbekannte Objekt war Hitomi. Sie stand in der Luft. Energie entlud sich bogenförmig an ihren Füßen. Sie streckte die Arme zur Seite aus und ließ dann beide Hände um sich rotieren.

Einem Impuls der weiblichen Stimme folgend machte Allens Konstrukt ein Satz rückwärts. Neben ihn wurde die Vegetation geköpft. Den anderen Guymelefs brachen die eigenen Beine weg und sie fielen krachend zu Boden.

„Mein Geschwader ist außer Gefecht. Nur bin ich bin übrig.“, unterbrach Allen den Wortschwall des Unterhändlers verwirrt.

„Was? Schießen sie!“

Aus dem Nichts tauchten zwei waagerechte, leuchtende Scheiben in seinem Blickfeld auf, die etwa so breit waren, wie sein Guymelef. Sie trafen sich auf der gegenüberliegenden Seite des Tals und schossen dann an Hitomi vorbei auf ihn zu. Zeitgleich führte Hitomi hinter ihren Rücken zusammen und stieß sie dann in seine Richtung. Während er instinktiv zur Seite auswich, dämmerte es Allen, wer für die Zerstörung der Guymelefs verantwortlich war. Die Scheiben schrammten an ihm vorbei. Hatte die Quelle der Stimme sie sichtbar gemacht?

Schieß!, verlangte nun auch die Stimme.

Dann sterben Unschuldige, weigerte sich Allen und überlegte fieberhaft. Hitomi ließ die Arme sinken, die Scheiben wurden langsamer. Statt ihn direkt anzugreifen, flogen sie nun im einem Kreis, dessen Mittelpunkt er selbst war, und verkleinerten stetig den Radius.

Hitomi Kanzaki wird es nicht zulassen, versicherte ihm die Stimme und verlangte wiederholt Vertrauen in seine Freunde zu haben. Die Scheiben waren nun ganz nah. Zähneknirschend hob Allen seine Arme und drückte ab. Erhitzte Geschosse flogen auf den gegenüberliegenden Rand der Stadt zu, doch bevor sie Hitomi passieren konnten, prallte sie gegen eine unsichtbare, gewölbte Barriere. Wo Allen sie getroffen hatte, tanzte goldenes Licht über die größer werdende Oberfläche. Er feuerte weiter, veränderte immer wieder die Stellung seiner Arme und er trat zurück. Den Spuren der Einschläge zur Folge hatte sich eine Kuppel über das gesamte Tal gespannt. Während er noch dabei war Hitomi zu bewundern und auf ihre Verteidigung ein zu dreschen, knackte das Funkgerät.

„Himmelsritter, ein Guymelef hält auf sie zu.“, warnte ihn der Funkoffiziers des Trägers. Allen stellte den Beschuss ein und wandte sich um. Durch die Zielvorrichtung erspähte Allen den langen, blonden Schopf von Merles Maschine. Er lächelte.

„Endlich etwas, dass ich verstehe!“, äußerte er sich zufrieden. Der Kampf sollte hart werden, doch sie würde ihn kaum töten. Oder doch?

Aus den Armstumpfen seines Guymelef schossen kurze Schwerter. Vor ihm setzte Merle auf und aus den Pfoten förmigen Armenden kamen die gleichen Waffen. Das würde ein interessantes Duell werden. Ihre überlegene Kraft konnte sie nicht einsetzen, die Maschine bestimmte Stärke und Geschwindigkeit.

„Warum?“, schrillte es aus ihrem Guymelef „Wie weit gehst du noch? Bedeute ich dir denn gar nichts?“

„Ich liebe dich.“, gestand Allen ohne zu zögern. Dass sie ein Angriff auf Farnelia so persönlich nehmen würde, hatte er nicht erwartet. „Aber hier geht es mehr als um Liebe.“

„Du lügst! Was könnte größer sein?!“, schrie sie ungläubig.

„Verantwortung.“, belehrte er sie gerührt von ihrer naiven Art und griff brüllend an. Die Arme über Kreuz führte er seine Schwerter dem Unterleib ihres Guymelefs entgegen. Merle hockte sich hin und streckte aus einer Drehung ihres Kampfläufers ihr Bein aus. Von ihrer Gewandtheit vollkommen überrascht, wurde Allen vom Boden gesichelt, bevor er zu nahe kommen konnte. Lautstark schlug er auf. Sofort war ihr Guymelef über ihn. Ein Fuß blockierte einen seiner Arme, eine Klinge bedrohte seine Kanzel, während die andere seinen zweiten Arm außer Gefecht setzte. Mit dem Gewicht auf dem letzten Bein presste sie seine Maschine auf die Erde.

„Gib auf!“, befahl sie, woraufhin er erleichtert aufatmete. Das ging schnell. Die Wahl der Dolche als ihre Lieblingswaffen machte für ihn jetzt viel mehr Sinn. Er hatte sich wirklich das schwierigste aller Mädchen ausgesucht.

„Ich gebe auf.“, teilte er ihr ernst mit. Er war sich sicher, dass sie den freudigen Unterton seiner Aussage vernommen hatte. Zumindest Hochverrat konnte ihm keiner mehr vorwerfen. Er öffnete seine Kanzel, richtete sich auf und sah in ihre Klinge.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Taru-chan
2009-01-28T13:35:07+00:00 28.01.2009 14:35
wie süß x33 endlich hat allen es gesagt was wir schon alle wissen^^
schreib schnell weiter
bin neugierig geworden..


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