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Hoffnung zu Asche

Schatten und Licht, Band 2
von

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Willkommen zurück

König Van kehrte in sein Land zurück. Doch er kam nicht allein. Seinem persönlichen Luftschiff folgte eine kleine Flotte aus umgerüsteten Frachtern und Fähren, genug Schiffe um alle Menschen der Hauptstadt auf einmal fassen zu können. Was auch der Sinn dieser Flotte war. Die Gezeichneten bedrohten Farnelia.

Die Gezeichneten...

Van ließ seinem Frust einem langen Atemzug freien Lauf, während von einem Fenster der Brücke aus seine Heimat betrachtete. Hier hatte er von Kindesbeinen an gelebt. Er hatte die Zerstörung seiner Stadt mitansehen müssen und hart für ihren Wiederaufbau gearbeitet. Er hatte Vater und Mutter verloren. Sein Bruder war im fernen Reich Zaibach gestorben und sein Lehrer Vargas im Kampf gefallen. Trotz allen gab er nicht auf, sondern erfreute sich an seiner Arbeit, an der Liebe seiner Frau und an der Zuneigung seiner Schwester.

Und nur weil ein Atlanter, Trias, über den Tod seiner Frau nicht hinweg kam, war alles, was ihm etwas bedeutete, in Gefahr. Hitomi hatte ihm die Geschichte von Trias, dem Meister der Gezeichneten, erzählt, so wie sie diese von den anderen Atlantern in deren Stadt in den Wolken gehört hatte.

Trias und seine Frau waren Wächter, unsterbliche Atlanter, die bei der Erschaffung des Planeten Gaia maßgeblich beteiligt waren und nun Fortbestehen des Planeten als Teil dessen Maschinerie sicherten. Doch der Körper seiner Frau war gestorben. Seit ihrem Tod verrichtet ihre Seele ihren Dienst eingeschlossen in einem rosaroten Seelenstein, wie ihn auch Hitomi besaß. Dort war sie gefangen. Wie jeder andere Wächter, der seinen Körper verloren hatte, konnte sie von der Außenwelt nichts wahrnehmen, es sei denn, jemand trug ihren Seelenstein bei sich. Trias jedoch wollte ein solches Schicksal für seine Frau nicht akzeptieren und schwor Gaia zu vernichten, um ihrer Seele Ruhe zu verschaffen.

Der Planet Gaia bestand nicht aus Materie, wie die Erde, von der die Atlanter kamen, sondern aus der Kraft der Vorstellungen seiner Bewohner und der Maschinerie der Wächter, die diese Kraft verarbeitete. Folglich würde der Planet aufhören zu existieren, wenn nur zu viele der Einwohner Gaias sterben.

Dies war Gaias Schwachpunkt und Trias war zu allem entschlossen, um seine Frau zu befreien. Also schuf er in seiner Funktion als Wächter des Lebens eine neue Art, die Gezeichneten. Ehemals freie Wesen, Männer und Frauen aller Rassen, die er durch ein Virus an seinen Willen kettete und so beherrschte. Die Gezeichneten wiederum, konnten sich durch ihren Biss andere Wesen gefügig machen, in Form von weiteren Gezeichneten oder willenlosen Sklaven, die ohne Verstand waren und den Fluch weiter verbreiteten, indem sie sich auf alles stürzten, was vor ihre Zähne kam. Nur ihre Herren konnten ihre kannibalische Natur steuern, doch sie richteten diese Instinkte auf Unschuldige. Auf diese Weise hob Trias sein Heer aus. Lediglich wenige Gezeichneten brachten mit ihrer Seuche die ehemals stolze Hauptstadt Chuzarios zu Fall. Deren Bewohner wurden zu Sklaven, einem Heer aus zehntausenden, die Chuzarios restliche Städte bedrohten.

Zweitausend von ihnen jedoch waren nach Farnelia aufgebrochen. Zwar waren sie unbewaffnet und nur zu Fuß unterwegs, doch hatte Farnelia fast alle seiner streitbaren Männern vor drei Jahren bei der Invasion der Zaibacher verloren. Lediglich zweihundert Männern, die meisten jung und unerfahren, standen nun zu Verteidigung ihrer Stadt bereit. Der einzige Schutz für Verteidiger gegen die Übermacht waren die frisch hochgezogenen Mauern. Und die Evakuierung der zivilen Bevölkerung, die die Wandlung der eigenen Leute zu gegnerischen Waffen verhindern sollte.

Astoria, die benachbarte Großmacht, kam für diese Maßnahme auf und stellte zudem auch die Flüchtlingslager im eigenen Land. Zwar war Van dankbar für diese Hilfe, doch er wusste, dass diese nicht ohne Hintergedanken bewilligt worden war. Aston, der König Astorias, fett und jenseits des besten Alters, hoffte auf Vans Ableben, um Hitomi, seine frisch angetraute Frau heiraten zu können. Sollte Farnelia fallen und der König bei der Verteidigung seiner Hauptstadt sterben, müsste Hitomi ohne Zweifel den Antrag Astons annehmen, um ihren Volk eine sichere Heimat und den Bauern Farnelias eine bessere Verteidigung bieten zu können. Doch der Plan Astons hatte einen Haken.

Van musste sterben.

Und das hatte er nicht vor. Eher würde er jeden der zweitausend Sklaven höchstpersönlich töten, als auch nur einen Moment den Gedanken zu ertragen, seine Frau diesem Widerling zu überlassen.

Die Chancen zu überleben standen nicht so schlecht, wie er sich selbst immer wieder versicherte. Den Berichten der Späher zur Folge kamen die Gezeichneten direkt auf die Mauern Farnelias zu, die er gerade vom Flugfeld vor seiner Stadt aus betrachtete, während er sein Schiff verließ. Sie waren ähnlich massiv und hoch wie die Mauern der alten Stadt und konnten ohne Hilfsmittel nicht genommen werden. Die eigentliche Gefahr würden die Gezeichneten sein, die das Herr kontrollierten. Van zweifelte nicht, dass sie sich stets in der Nähre der Invasoren aufhielten und irgendeine Art von Trick anwenden würden, um das Tor zur Stadt für die Sklaven zu öffnen.

Doch genau für diesen Fall hatte Van Verstärkung mitgebracht. Er versicherte sich mit einem kurzen Blick zurück, dass der etwas ältere Herr und sein jüngerer Gefährte ihm folgten. Bei den beiden Männern handelte es sich um Atlanter, Angehöriger des Volkes seiner Mutter, die Van von Dryden Fassa, dem Organisator der Evakuierung, zur Verfügung gestellt bekommen hatte. Anscheinend war der Händler von Hitomi zur Bezugsperson für die Atlanter berufen worden, die ebenso wie die restlichen Bewohner Gaias ein Interesse am Scheitern der Pläne von Trias hatten. Van vertraute darauf, dass er, seine adoptierte Schwester Merle und die beiden Atlanter jede Attacke der Gezeichneten selbst abwehren konnten. Die zweitausend Sklaven würden indes an der Mauer branden und im Pfeilhagel fallen.

Überraschte registrierte Van, dass auf dem Flugfeld nicht von Merle, sondern von Gesgan, dem Kommandanten seiner Leibwache, empfangen wurde. Der sichtlich in die Jahre gekommene Krieger verbeugte sich leicht, woraufhin Van seine Begleiter vorstellte.

„Wo ist meine Schwester?“ verlangte der König nach dem kurz Angebunden Austausch an Höflichkeiten zu wissen.

„Ihre Hoheit ist oben auf der Ebene vor der Herrschervilla und trainiert einige der Soldaten.“, antwortete Gesgan pflichtbewusst und wies auf das Gefährt hinter ihm. „Die Kutsche steht bereit. Eure Majestät könnt sofort zu ihr.“

„Bitte.“, erwiderte Van und nahm zusammen mit seinen nun drei Begleitern in der geschlossenen Kabine der Kutsche platz. Während die Pferde in einem Nerven zerreißendend langsam durch die engen Straßen Farnelias trotteten, fielen Van die bunt bemalten Holzverschläge auf, die sämtliche Öffnungen aller Häuser versperrten. Ihm fielen auch die zahlreichen Familien auf, die an der Verschlägen vor den Türen letzte Hand anlegten. „Wozu sind die Verschläge?“, fragte er in die schweigsame Runde in der Kutsche hinein.

„Prinzessin Merle hat befohlen, jedes Haus zu versiegeln. Die Verschläge sollen verhindern, dass die Häuser geplündert und die Sklaven der Gezeichneten sich in ihnen verstecken können.“

„Sie werden wohl kaum jemanden aufhalten können.“, zweifelte der Herrscher.

„Es wird aber niemand in Haus eindringen können, ohne sie zu beschädigen.“, wandte Gesgan nicht ohne Stolz ein. „So wird jeder erkennen können, welche der Gebäude vielleicht komprimiert sind.“

„Und die Bemalung?“

„Die Verschläge und die Farben wurden bereits vor der Hochzeit ausgeteilt. Den Bewohnern wurden gesagt, sie sollten die Verschläge ihren Kindern zum Ausschmücken überlassen und sie dann vor ihren Häusern ausstellen, um die Stadt für Hochzeit zu schmücken. Dass sie für etwas ganz anderes gedacht waren, erfuhren sie erst bei der Rede der Prinzessin zur Lage der Nation. Die Bilder hat ihre Hoheit sicherlich auch als eine Art Motivation für die Soldaten betrachtet. So werden sie bei jeden Blick in die Stadt daran erinnert, für wen sie kämpfen.“

„Nicht für König und Vaterland?“, erkundigte sich Van scharf, doch Gesgan hörte die Ironie und fand es daher unnötig zu antworten. „Gesgan, richtet die Leibwache darauf ein, das ich nach der Schlacht mindestens einmal in der Woche spontan mit meiner Frau in der Stadt einkaufen werde.“

„Majestät?“

„Merle hat die Stadt schon vor der Hochzeit auf einen Angriff vorbereitet und ich habe es nicht gemerkt.“, begründete Van seinen Vorstoß. „So etwas passiert mir nicht noch einmal.“

„Sehr wohl,Majestät. Ich werde alles Nötige veranlassen.“

„Wie viele Bewohner weigern sich zu gehen?“

„Keiner, euer Majestät.“, informierte der Kommandant seinen Herren. Van stutzte, woraufhin Gesgan fortfuhr. „Merle hat in sämtlichen Bezirken in eindringlichen Reden von ihren Erlebnissen in Chuzario berichtet. Wie die Soldaten dort ihre eigenen Familien umbringen mussten... Wer sich nach ihren Reden noch immer weigerte, ihre Anweisungen auszuführen, das nötigste zu packen und in die Notunterkünfte zu ziehen, zu denen kam sie persönlich nach Hause und überzeugte sie mit noch plastischeren Darstellungen. Schließlich konnte sie alle Zweifel zerstreuen und jeden überzeugen.“

Van ließ es dabei, vor allem um sein Erstaunen zu verschleiern. Niemand sollte behaupten können, dass er Merle nichts zutraute, aber das... Sie musste Tag und Nacht auf den Beinen gewesen sein.

Die Kutsche hatte inzwischen die Straße erreicht, die zu seiner Villa auf der Ebene hoch über der Stadt führte. Die meist zweistöckigen, hellen Häuser wurden zusehends kleiner. Schließlich kam sie zu stehen und die Tür der Kutsche schwang begleitet von der Hand des Kutschers auf. Wieder einmal wurde der König überrascht. Dort, wo einst ein blühender Garten den Weg zur Villa zierte, waren nur noch Erde und Schlamm. Über das planierte Feld bewegten sich in Leder gehüllte Soldaten in engen Formationen, die sich mit Speere gegen wild heranstürmende Kameraden zur Wehr setzen. Merle hatte es tatsächlich gewagt und sein kleines Paradies in einen Übungsplatz verwandelt.

„Lassen sie mich raten.“, forderte Van und sah Gesgan missmutig an. „Meine Schwester?“ Der Krieger hielt auch dieses Mal nicht für nötig zu antworten.

Genug war genug.

Der König erspähte Merle mitsamt ihrem charakteristischen Schwanz und ihrer großen spitzen Ohren am Rand des Platzes. Sie trug ihren schwarzen Overall mitsamt der Weste und war umringt von zehn Soldaten, die sie nur zögerlich angriffen, während sie sich mit ihren zwei Dolchen verteidigte. Sie ließ es sogar so aussehen, als hätte sie Schwierigkeiten, wahrscheinlich um nicht das Selbstbewusstsein der jungen Krieger zu brechen.

Als Van jedoch näher kam, korrigierte er sich selbst. Sie hatte tatsächlich Mühe sich zu wehren. Ihre Bewegungen waren schwermütig und längst nicht so kraftvoll, wie er sie kannte. Ein paar der Soldaten hielten inne, als sie ihren Herrscher erkannten, doch Merle schickte diese sofort zu Boden und schrie sie entnervt an, sich nicht ablenken zu lassen.

„Aufhören!“, brüllte er die Gruppe an. „Was passiert hier?“

Zögernd stellten die Angreifer ihre Attacke ein, woraufhin auch Merle erschöpft ihre Dolche sinken lies. Ihr sonst so glänzendes Fell war matt und ihr sonst so glänzenden Augen waren kurz davor zuzufallen.

„Wir üben hier, Van.“, meldete sie. „Ich bringen den Jungen hier bei, wie sie sich im Kampf gegen einen Gezeichneten zu verhalten haben.“

„Ich fürchte auf dich warten andere Angelegenheiten.“, belehrte Van sie.

„Aber...“, versuchte sie zu widersprechen, wurde aber unterbrochen.

„Die beiden Herrschaften hinter mir brauchen Quartiere, vorzugsweise in der Villa. Sie werden unsere Kräfte auf der Mauer verstärken und sollten mit entsprechenden Ehren behandelt werden.“

„Die Jungs hier...“

„...werden mit mir üben.“, schmetterte Van ihren Einwand ab. Dann zog er sein Gewand Kopfüber aus und warf es Gesgan zu. Darunter trug eine einfache Hose und ein ärmelloses Hemd. Das Schwert an seiner Seite war nun für jeden sichtbar. „Du wirst dich um ihre Einquartierung kümmern, die Anweisung für den Start der Evakuierung geben und dann schlafen gehen.“

„Es ist noch früh am Tage.“, blockte sie störrisch, doch ihr Bruder trat an sie heran, nahm ihr die Dolche ab und steckte sie in die Scheiden an ihrem Körper.

„Du hast genug getan.“, flüsterte er ihr zu. „Schlaf dich aus! Die Gezeichneten könnten jeden Tag kommen und ich brauch dich in Höchstform.“ Seufzend gab Merle auf.

„Ich seh dich dann morgen.“, resignierte sie.

„Pünktlich bei Morgengrauen zum privaten Frühstück bei mir.“, befahl Van augenzwinkernd. Die Stimmung des Katzenmädchens hellte sich sichtbar auf.

„Ich nehm dich beim Wort.“, versicherte sie und führte die Gäste am Rand des Übungsplatzes entlang zur Villa. Van indes zog sein Schwert und stellte sich grimmig seinen Soldaten.

„Nun gut. Dann zeigt mal, was ihr gelernt habt!“



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