Because I want you
Als Severus am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich hundeelend. Offenbar wurde das zur Gewohnheit, wie nett. Am liebsten wäre er gar nicht erst aufgestanden, aber vom Tischchen zog bereits der Duft seines Frühstücks herüber, das ein Hauself dort bereits platziert hatte. Widerwillig richtete er sich auf und musste unmittelbar gegen Schwindel ankämpfen. Der Tee würde lange ziehen müssen heute. Auf dem Weg zum Klo machte er einen Umweg und beförderte er das Teesieb in die dampfende Kanne. Im Bad wusch er sich ausgiebig und sehr kalt das Gesicht und putzte sich die Zähne. Er war eindeutig zu alt für soviel Schnaps vorm Schlafen.
Zurück im Wohnzimmer öffnete er mit einem Schlenk des Zauberstabs das einzige Fenster und ließ sich dann in seinen Sessel fallen um sich einzugießen. Ein großer Schluck heißer Tee, von dem Severus nicht viel schmeckte. Zum einen weil er sich die Zunge verbrannte und zum anderen weil seine Geschmacksnerven immer noch von dem Whiskey irritiert waren. Severus musste etwas hölzern lachen, als er darüber nachdachte, dass seine Geschmacksnerven nicht das einzige war, was irritiert war. Galgenhumor war schon immer seine Spezialität gewesen.
Der zweite Schluck Tee war bedeutend angenehmer und brachte sein Hirn soweit in Gang, dass er sich etwas Toast zutraute. Gedankenverloren kaute er auf einer Ecke herum und ließ den gestrigen Abend revue passieren. Er hatte sich nach langem Schweigen mit Potter vollaufen lassen, ihn zweieinhalb Mal beim Schach geschlagen und ihn am Ende fast geküsst. Ein tolles Resumee. Severus nahm einen erneuten Schluck Tee. Er war also offenbar verrückt nach Potter. Diesen aufgeblasenen, aufgekratzten, unverschämten, vor allem unverschämt gutaussehenden, charmanten Potter.
Severus seufzte. Es war zum Verrücktwerden. Wie genau und wann genau war das passiert? Er würde nicht von sich behaupten, dass er romantische Gefühle für seinen ehemaligen Schüler hegte, wo Romantik ihm doch generell fern lag, aber stand eindeutig und ernsthaft auf ihn. Super Severus, du bist an dem selben Punkt an dem du gestern schon warst, Gratulation. Bei Merlins Bart, so konnte es nicht weitergehen. Entweder er machte sich ernsthaft an Potter ran oder er ließ es bleiben aber dieses Schulmädchengetue hielt ja niemand aus! Wütend stellte Severus die Tasse auf den Teller. Er würde einfach so tun als wäre nichts passiert. Das war eh seine Spezialität.
Den Rest des Tages verkroch Severus sich in seinem Arbeitszimmer und studierte Bücher. Hauptsache er war abgelenkt. Außerdem musste er sich irgendwie darauf vorbereiten, dass er morgen wieder Potters Trainingsaufsicht spielen musste. Ein Paar Mal wanderte sein Blick zum dem Schachspiel, das immer noch genauso dort stand, wie sie es gestern zurück gelassen hatten. Früher oder später würde er es Potter eh wieder geben müssen, immerhin war es ein Geschenk. Dem Goldjungen aus dem Weg zu gehen stand also nicht zur Debatte.
Tatsächlich ließ der sich den Rest des Tages nicht sehen und Severus schaffte einiges an Arbeit. Gegen Abend bekam er richtigen Appetit und er bestellte beim Hauselfen eine große Portion Pastete. Zum Essen trank er Kürbissaft. Kein Alkohol für heute. Severus ging früh zu Bett nachdem er ein ausgiebiges Bad genommen hatte, während dem es ihm nicht mehr so leicht gewesen war, seine Gedanken von Potter fernzuhalten. Severus wusste nicht, womit er das verdient hatte. Er hatte allerding eine Vermutung, wenn er so darüber nachdachte.
Der nächste Tag begann stürmisch und nass und noch bevor Potter kommen und Severus abholen konnte, machte Severus sich auf den Weg zum Quidditchfeld. Die Gruppe der Trainingswilligen schien bei diesem Wetter auf etwa die Hälfte geschrumpft, wie Severus abschätzig feststellte. Wie schon bei der letzten Trainingsstunde ließ er sich auf einen der Ränge nieder, sprach einen regenabweisenden Zauber und schlug sein Buch auf.
Doch noch bevor er nur ein Wort lesen konnte, tauchte Potter auf. Severus spürte seinen Blick bevor er ihn sah. Deuten konnte er ihn nicht, doch grüßte sein ehemaliger Schüler ihn nicht sondern brach den Blickkontakt um seine Schützlinge zu begrüßen. Der Wind war böig und zerrte an den Umhängen der Spieler als sie ihre Kombinationen und Sielzüge übten. Sogar Potter schien nicht so ganz bei der Sache zu sein, er wirkte weniger behände als Severus ihn in Erinnerung hatte. Als er sich dabei ertappte, dass er doch schon wieder Potter beim Fliegen zusah, drehte Severus sich etwas zur Seite und versuchte sich wieder auf sein Buch zu konzentrieren. Es war wie verflixt, jetzt merkte er schon nicht einmal mehr, wenn er Potter anstarrte.
Tatsächlich gelang es ihm, sich einige Zeit auf „Teuflische Tränke und gefährliches Gebräu“ zu fokussieren, als er plötzlich hinter sich einen Aufschrei hörte und sich rasch umwandt.Es dauert eine Sekunde bis er erkennen konnte, was sich dort abspielte. Offenbar waren zwei der Schüler in der Luft miteinander kollidiert und der eine vom Besen gefallen. In dem Moment, in dem Severus sich umdrehte sah er nur, wie Potter herbei schnellte, den Hufflepuffschüler in der Luft aufzufangen. Es war fast unmöglich doch Potter schaffte es, den bewusstlosen Körper aufzufangen kurz bevor dieser auf das Dach des Westturm aufgeschlagen wäre. Offenbar unterschätze er jedoch die Wucht des zusätzlichen Gewichts, sodass er zwar den Sturz des Schülers abfederte dabei aber selbst mit gleich doppelter Wucht gegen die Dachschindeln prallte. Es gab ein lautes Krachen und dann war von Potter und dem Hufflepuff nichts mehr zu sehen.
Severus war sofort auf den Füße und bellte den Schülern zu, dass sie sofort in die große Halle gehen sollten, dann schnappte er sich einen der Besen. Oh wie verfluchte er Albus für die Apparationssperre auf dem Hogwartgelände...unsicher bestieg er den Besen und flog dann so schnell er es sich zutraute in Richtung des Westturms. Es war zu weit weg gewesen, als dass er alles genau hatte erkennen können.
Bei seinem Eintreffen erschrak er, offenbar waren Potter und der Schüler durch das Dach in den Dachboden gekracht. Severus flog das nächste Fenster an, sprach einen Öffnungszauber und stieg dann hindurch. Der Raum war dunkel und staubig, ein schnelles Lumos half ihm, sich einen Überblich zu verschaffen. Aus einer Ecke hörte er ein Husten, er fand dort den Hufflepuff, mit zerschrammtem Gesicht. „Können Sie aufstehen?“ knurrte Snape und der Schüler schien vor Angst zu erstarren. „Sind Sie taub?“ blaffte Severus und bewog den Jungen damit, sofort aufzuspringen. Dem schien es also nicht all zu schlimm zu gehen. Wo war Potter?
„Lumos maximus“ murmelte Severus und entdeckte ihn dann, kaum zwei Meter weiter. Er lag unter einem der großen morschen Holzbalken, die sie bei dem Sturz mit herab gerissen hatte. Severus würde ein ernstes Wörtchen mit Filch über den Zustand des Dachwerks reden müssen. „Wingardium leviosa“ murmelte er und hab den Balken vorsichtig von Potter. Er sah übel aus und schien bewusstlos. Severus' Kopf pochte. „Locomotor“ sprach er und Potter schwebte herauf. Er musste ihn schnellstmöglich nach unten bringen und ihn auf Verletzungen untersuchen. Dem Hufflepuff fauchte er zu, er solle gefälligst verschwinden, dann machte er sich mit Harry im Schlepptau auf den Weg in die Kerker.