Besuch
Das Training bei Itachi war hart, das hatte sie bereits am ersten Tag erfahren dürfen. Obwohl sie noch nicht bei voller Kraft war, schonte er sie nicht.
Wie aus dem Nichts erschien er dauernd hinter ihr und setzte gezielte Schläge. Als ob das Ganze für ihn nur eine Aufwärmübung wäre, so wenig sah man es ihm an, dass sie nun schon geschlagene vier Stunden auf dieser Lichtung standen und kämpften, beziehungsweise er kämpfte, während sie nur halb tot auf dem Boden lag und versuchte, schmerzerfüllt die Hände zur Verteidigung zu erheben. „Ab morgen gehe ich joggen, meine Ausdauer ist ja grausam.“, stellte sie ernüchternd fest, obwohl sie bis zu diesem Zeitpunkt gedacht hatte, doch nicht mehr ganz so schwach zu sein wie damals, bevor er gegangen war. Ihr Blick wurde plötzlich traurig, die Gedanken schweiften ab. Auch der Kämpfer, der immer noch ständig auf sie einschlug, rückte in weite Ferne. Die Schmerzen, die sie hatte und die ihr noch beigefügt wurden, vergas sie. Obwohl sie die Gefühle für ihn in ein 30 Meter tiefes Loch mit aalglatten Wänden geschmissen und die Öffnung mit Granit verschlossen hatte, musste sie schon wieder an ihn denken. Sie hatte doch nichts übersehen?
Erst als sie sich gar nicht mehr rührte, hörte er auf, auf sie einzuschlagen und kniete sich stattdessen neben das rosahaarige Mädchen. Ausdrucklos sah er auf das Bündel unter sich. Das Gras um sie herum hatte seine grüne Farbe eingebüßt, überall war es mit unterschiedlich großen roten Flecken besprenkelt, als wäre einem Maler der Farbtopf umgefallen. Auch ihre blasse Haut war bedeckt von dem roten Lebenssaft, sie hatte viel Blut verloren.
Am nächsten Tag hatte sie es nicht geschafft, aus der Hütte zu kommen, um ihren Plan zu verwirklichen, ihre Kondition durch joggen aufzubessern, dafür hatte sie die komplette nächste Woche mit Fieberträumen im Bett liegen dürfen. Es war wirklich kein Wunder, das Itachi mit so frühen Jahren bereits der Anbu gedient hatte. Erbarmungslos und ohne Emotion. Ein Killer eben, der seine eigene Familie umgebracht hatte, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Wenn sie daran dachte, kroch wieder diese ekelhafte Gänsehaut ihren Körper hinauf und sie wollte nur noch eins, schleunigst von hier fort, doch wohin? Konoha wollte sie nicht mehr haben, nicht einmal ihr bester Freund würde ihr Unterschlupf gewähren.
Langsam hob sie den Blick und blickte behutsam in Itachis Gesicht, doch ebenso schnell ließ sie den Blick wieder sinken, als er seine Pupillen auf sie richtete. Beschämt kniff sie die sowieso angespannten Beine zusammen und wünschte sich nichts sehnlicher, als von hier fort zu kommen. Vielleicht würde es ihr jetzt gelingen? Bis zu diesem Tage hatte sie sich zu schwach gefühlt, doch heute war sie voller Tatendrang. Obwohl sie dann immer noch nicht wüsste, wohin. Seit dem ersten, etwas missglückten Training, hatte er sie nicht wieder mit auf die Lichtung genommen, erwartete er etwa, das sie sich selbst meldete, sobald sie sich gesund genug fühlte? Doch bevor sie diesen Gedanken weiterdenken konnte, erklang ein schrilles Geräusch. „Was ist das?“, fragte Sakura misstrauisch und blickte den Mann ihr Gegenüber Stirnrunzelnd an.
„Die Klingel.“
Die Klingel? Ja klar, warum war sie da nicht selbst drauf gekommen? Überzeugt davon, das das nur ein Scherz war, lehnte sie sich wieder entspannt zurück, doch als das Geräusch ein zweites Mal ertönte, sah sie sich verwirrt um und stand schließlich auf, um die Tür als Übeltäter auszuschließen. Leise tappste sie durch den Flur und drückte die Türklinke nach unten, als sie an ihrem vorläufigen Ziel angekommen war und schluckte, als sie dort tatsächlich jemanden vor der Tür stehend antraf. Sie ließ ihren Blick von oben bis unten über die Person schweifen und dann noch einmal von unten nach oben, bis sie sich ganz sicher war, das dieser Besuch nicht für sie bestimmt war.
„Itachi?“, rief sie deshalb mit leicht verwirrter Stimme und schürzte die Lippen, als – wie erwartet – keine Antwort aus dem Wohnzimmer kam und sich zwischen ihr und dem Besucher keine Konversation bilden wollte. Stocksteif stand sie einfach nur da und starrte ohne Scham den laufenden Haifisch an, der da vor ihrer Tür stand.
„Was willst du, Kisame?“, sagte eine unbeeindruckte Stimme hinter ihr und sie drehte sich so erschrocken um, dass sie sich schon dafür schämte, so schreckhaft zu sein. Doch Itachi blickte sie nur kurz aus stechendroten Augen heraus an und wandte sich dann wieder an den blauhäutigen Besucher. Dieser verschränkte nur die Arme vor der Brust und wartete, als Itachi ihn aber nicht hineinbitten wollte und das Mädchen das wohl auch nicht in näherer Zukunft vorhatte, schob er sich einfach an den beiden vorbei und fragte nach dem Weg ins Wohnzimmer. „Pain schickt mich, du bist ihm zu lange fort. Auch wenn er sagt, das er weiß, das er in naher Zukunft nicht mit dir rechnen kann. Ist viel passiert.“ Achselzuckend ließ er sich auf die Couch fallen und blickte sich in dem karg eingerichteten Zimmer um. Sein Schwert schnallte er dabei vom Rücken und legte es sich auf den Schoss, für den Fall, das ihn jemand angreifen sollte. Nachdem Itachi sich Kisame gegenüber gesetzt hatte und Sakura sich zögernd neben ihn, sprach Kisame weiter, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. „Kakuzo ist tot, er wurde von so ner Sunatussi erledigt. Keine Ahnung wie die heißt. Zetzu hat´s in dem Kampf auch erwischt. Nur Hidan hat überlebt, hat er bestimmt seinem Gott Jashin zu verdanken.“ Emotionslos wie immer, quittierte der schwarzhaarige Uchiha das Gehörte mit einem einfachen Nicken.
Schweigen.
„Jetzt bist du dran. Warum bist du abgehauen? Doch nicht etwa wegen des Mädchens da, oder?“ So ganz sicher schien er sich seinen Worten nicht zu sein, der Uchiha machte immer, was er wollte.
Stille.
„Ok? Dann eben nicht. Aber die Frage wirst du mir jetzt beantworten. Kommst du zurück oder nicht?“
„Warum?“
Kisame legte sein kostbares Schwert neben sich, bevor er anscheinend genervt die blauen Hände zu Fäusten ballte und auf den kleinen Tisch schlug, dass dieser fast von der Last zusammenbrach. „Ja oder nein? Falls nein, soll ich dich tragen, hat Pain gemeint.“
Itachis immer noch rote Pupillen wanderten nach rechts, Kisame folgte der Bewegung und schlussfolgerte, das er das rosahaarige Mädchen meinte, das dort neben ihm saß. „Was weiß ich, warum ist sie überhaupt hier? Du willst mir doch nicht erzählen, das du sowas zu deiner Freundin gemacht hast, oder doch?“ Die letzten Worte aus seinem Mund klangen zweifelnd. Sakura wurde knatsch rot im Gesicht und versuchte schnell, die rosa Haare nach vorne zu werfen, sodass es nicht auffiel.
„Sie ist eine Nuke-Nin, sie kommt mit.“