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Kick it like Ohzora

von

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Ein Neuanfang in Japan?

Tsubasa balancierte den Ball schon seit einer Weile auf seinem rechten Fuß, kickte ihn wieder in die Luft, berührte ihn mit der Brust, berührte ihn mit dem Kopf, wechselte vom rechten zum linken Fuß und der Ball berührte schon seit fünf Minuten nicht mehr den Boden.

„Irgendetwas sagt mir, mein Freund, dass du ziemlich nervös bist.“, meinte Hikaru, saß auf einer Bank und blickte seinem Freund beim Spiel zu.

Tsubasa reagierte nicht auf seinem Freund, blickte weiterhin starr auf den Ball und balancierte ihn so aus, dass er weiterhin nicht den Ball verlor und dieser auf dem Boden landete.

„Das denke ich allerdings auch.“, meinte Genzo.

„Hey Mann, komm mal wieder runter, was ist denn los, Tsubasa?“, fragte Taro seinen besten Freund.

Tsubasa kickte den Ball in die Luft und anstatt weiter zu kicken, fing er ihn nun mit beiden Händen auf. Er blickte die Jungs an, die seine Freunde waren und seufzte. Er konnte ihnen eh nichts verheimlichen. Sie haben eine lange Zeit zusammen verbracht, sind gemeinsame Wege gegangen, hatten für das gleiche Ziel gekämpft, sie waren mehr als nur einfache Freunde, die durch die gemeinsame Schulzeit zusammengeschweißt sind. Ja, sie waren viel mehr als das.

„Wir sind wieder hier.“

„Ja, wir sind wieder hier in Japan.“, meinte Taro.

„Das war ja doch auch so beabsichtigt oder etwa nicht?“, fragte Genzo und blickte in das leidende Gesicht von Tsubasa. „Hey, zieh mal ein anderes Gesicht. So kann man dich ja gar nicht mit ansehen.“

„Also, was ist dein Problem, Alter?“, fragte Taro ihn grinsend.

Tsubasa seufzte und holte tief Luft. „Ich habe Sanae keinen Brief geschrieben.“

„Deswegen bist du hier so am ausflippen?“, fragte Genzo und seufzte nun auch.

„Ja, Mann.“, Tsubasa ließ denn Ball wieder auf dem Boden fallen, dieser sprang wieder hoch und er machte mit seinem Spiel von eben weiter.

„Ja, gut. Du hast Sanae also nicht Bescheid gesagt, dass wir wieder hier in Japan sind“, fasste Taro zusammen. „Aber wo ist denn das Problem?“ Taro blickte seinen Freund von der Seite an, musterte ihn fragend.

Irgendetwas lag Tsubasa noch auf der Zunge, was er ihnen nicht sagen konnte. „Was ist...“

„Was ist was?“, meinte Hikaru.

„Was ist...“, Tsubasa stoppte. „Was ist, wenn sie sich gar nicht freut, mich wieder zu sehen.“

„Wie kommst du denn auf so einen Unsinn?“, fragte Taro ihn.

„Das ist wirklich Unsinn. Wir reden doch von der gleichen Sanae oder?“, fragte nun auch Genzo nach. Und seufzte auf.

Die Vier waren am Strand, die Sonne ging langsam unter. Morgen würden sie wieder wie normale Oberschüler die Schulbank drücken, doch heute wollten sie noch ein wenig zusammen sein, in alten Erinnerungen schwelgen und Probleme beraten, wie sie es jetzt auch taten. Sie berieten Tsubasas Problem. Zumindest dachte er, dass er eins hatte. Seine Freunde sahen das nicht so.

„Es ist eine lange Zeit vergangen, als ich sie das letzte Mal gesehen habe.“

„Ja, wir sind nun alle keine 16 Jahre alt mehr. Wir sind nun 19 Jahre alt. Sanae ist, so weit ich mich richtig daran erinnere, 18 Jahre alt.“, meinte Genzo.

Tsubasa nickte und kickte weiter mit sich selber.

„Warum denkst du, dass sie sich nicht freuen wird, dich wieder zu sehen?“

„Ich hab ihr kaum geschrieben?“, antwortete Tsubasa zu Hikaru.

„Warum eigentlich?“, fragte dieser weiter.

Tsubasa zuckte nur mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich wusste nicht, was ich ihr schreiben sollte.“

Die Jungs, die ihm zuhörten und beobachten, nickten nur.

„Bist du deswegen so?“, fragte Taro ihn.

Tsubasa seufzte. „Was ist wenn sie vielleicht einen Freund hat?“

„Darum geht es dir also?“, fragte Genzo.

„Ich denke schon.“

„Warum hast du ihr denn dann nie geschrieben? Und hast sie gefragt?“, fragte Hikaru.

Er überlegte und verlor die Konzentration, der Ball rollte von seinem Fuß. „Keine Ahnung.“ Er wusste es wirklich nicht, aber er war deswegen selber schon sauer auf sich, da brauchte er nicht auch noch die Fragen von seinen Freunden.

„Also wenn es dich beruhigt, sie hat keinen Freund.“

Tsubasa drehte sich sofort um und blickte in das Gesicht von Hikaru, der das sagte. „Woher weißt du das?“

„Von Yoshiko.“, antwortete er sicher.

„Oh...“ Tsubasa blickte wieder zu Boden. „Wie geht’s Sanae?“

„Mensch Tsubasa, wenn es dich so sehr interessiert, warum hast du sie denn nie gefragt?“, meinte Genzo nur.

„Ihr geht es gut. Sie und Yoshiko sind im letzten Jahr der Oberschule. Sie trainieren zusammen die Cheerleader-Klassen.“, erzählte Hikaru.

„Das ist schön.“, meinte Tsubasa nur und nickte Hikaru zu. Tsubasa lächelte und blickte keinen der Freunde an, die mit ihm hier saßen und ihm zuredeten. Nein, er lächelte für sich selber. Ja, er wusste, dass es nicht toll war, dass er Sanae nie geschrieben hatte, dass er somit selber etwas verpasst hatte. Die Tatsache, dass er sie vermisst hatte, die Jahre wo sie nicht zusammen konnten, hatte er sie vermisst. Sie war damals in Japan einfach immer in seiner Nähe gewesen und die Jahre in Brasilien nicht. Ja, er hatte sie damals zurückgelassen. Er hatte sich kaum gemeldet, weil er dachte, dass es für sie so am Besten wäre. Doch er hatte immer wieder das Bild von ihr angeschaut, was er hatte. Es war nun nach drei Jahren schon ein wenig vergilbt und abgenutzt. Aber er hatte sich einfach nicht getraut, sie nach einem neuen zu fragen, er hatte sich generell überhaupt nichts getraut, wenn es um Sanae anging.

„Ist nun alles okay, bei dir Alter?“, fragte Taro ihn und kickte ihm den Ball wieder zu.

„Ich denke schon.“, meinte Tsubasa und grinste seinen Freund an und kickte den Ball wieder zu ihm zurück.

„Morgen wirst du sie vermutlich wieder sehen.“, meinte Hikaru. „Was wirst du ihr sagen?“

„Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.“

„Solltest du aber.“, meinte Hikaru.

Genzo nickte.

„Ich denke auch. Denk dir was Tolles aus. Hast du ihr eigentlich was aus Brasilien mitgebracht?“, fragte Taro.

„Ja, hab ich.“, sagte Tsubsa ein wenig kleinlaut.

„Hey, was denn Alter. Das hören wir ja nun zum ersten Mal.“, meinte Taru, rannte zu Tsubasa und nahm ihn in den Schwitzkasten. „Los erzähl, Spuk es schon aus.“

„Nein, Mann.“

„Du hast Geheimnisse vor mir?“

„Scheint so, Taro.“, meinte Hikaru und grinste.

„Es geht halt um Sanae und du weißt doch, wenn es um sie geht, ist er immer verschlossen.“, sagte Genzo mit einem Grinsen, der nun mit Hikaru von der Bank aufgestanden war. „Wollen wir nach Hause gehen? Morgen wird ein anstrengender Tag.“

„Du klingst, wie ein alter Mann.“, sagte Taro und grinste.
 

„Einen wunderschönen Guten Morgen.“, sagte Sanae als sie in die Sporthalle trat und ihre Cheerleader-Klasse entdeckte. Diese waren schon dabei, sich aufzuwärmen. Wie jeden Dienstag, übten sie vor der Schule, da hatten sie die ganze Halle für sich und konnten die Musik auch auf drehen, ohne, dass sich andere Klassen beschwerten. Sanae hatte heute ihr Dress an, mit dem sie auch immer in den Tanzverein ging. Eine schwarze Leggings, einen kurzen Rock drüber und ein kurzes bauchfreises rotes T-Shirt.

„Guten Morgen, Sanae.“, wurde sie von den Mädchen begrüßt. Die Mädchen, waren alle zwischen 12 und 14 Jahre alt und hatten sich in dem Kurs, den Sanae und Yoshiko anboten, alle angemeldet. Man hatte diese Klasse inzwischen offiziel als Vereinsklasse anerkannt und somit verdienten Sanae und Yoshiko sich einen Teil dazu, wenn sie hier bei den Jüngeren Unterricht gaben.

„Yoshiko war eben hier. Sie meinte, sie habe noch was zu erledigen und komme später.“, erklärte einer der Mädchen ihr.

„Ja, gut.“ Sanae stellte ihre Wasserflasche auf eine Holzbank ab und trat dann zu den Mädchen, um sich auch aufzuwärmen.
 

„Guten Morgen, Yoshiko.“, begrüßten Genzo, Taro, Hikaru und Tsubasa die junge Frau. Hikaru hatte sich nach der Rückkehr von Brasilien nun auch auf der Nankatsu-Schule angemeldet. Er wollte einfach nicht mehr so weit, von seinen Freunden getrennt sein.

„Guten Morgen.“, sagte sie lächelnd. „Ihr seht gut aus.“

„Danke sehr.“, meinte Taro und grinste. „Wo hast du denn Sanae gelassen?“

Yoshiko lächelte. „Sie trainiert gerade.“, erklärte sie kurz. „Wie war es beim Direktor?“

„Alles gut gelaufen.“, antwortete Hikaru ihr.

„Was trainiert Sanae denn um diese Uhrzeit? Vorm Unterricht?“, fragte Tsubasa.

Hikaru nickte. „Ja, sie trainiert mit der Cheerleader-Klasse.“

„Cheerleader? Wie toll. Komm, wir schauen uns das mal an.“, meinte Taro schnell.

„Ich denke, das ist keine so gute Idee.“, meinte Tsubasa nun schnell. Er wollte Sanae noch nicht sehen, nicht so. So würde er sie überraschen. Gut, er würde sie sowieso überraschen. Aber sie trainierte und da wollte sie bestimmt nicht gestört werden.

„Warum denn nicht, Alter? Yoshiko, das geht doch bestimmt?“, fragte Taro Yoshiko.

„Ich denke schon.“, meinte diese. Sie blickte Tsubasa fragend an. „Möchtest du dann auch mitkommen?“

„Klar, kommt er mit.“, antwortet Taro für ihn, legte den Arm um seinen Freund und zog ihn einfach mit sich. Genzo warf Taro nur einen warnenden Blick zu. Er befürchtete schon, dass so ein Treffen nicht gut ablaufen würde, aber wenn Taro sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er das eh erst mal durch, ohne Rücksicht auf Verluste. So kannten ihn die Jungs nun mal.
 

Als Yoshiko mit den vier Fußballern in die Sporthalle trat, war Sanae mit den Cheerleadern voll am Arbeiten. Sanae stand mit dem Rücken zu ihnen und sah sie so nicht. Die Cheerleaderin standen vor ihnen und blickten ihr zu, wie sie Figuren vor machte.

Sie tanzte gerade eine sehr schwierige Figur vor. Aber sie wusste, dass ihre Klasse die auch hin bekommen würde.

Die Jungs staunten, als sie sahen, wie gelenkig und geschmeidig sich Sanae gerade bewegte.

„So nun ihr.“, meinte Sanae zu ihrer Klasse. Diese blickten sie nur fragend an. „Das schafft ihr schon. So schwer ist das gar nicht. Ich weiß, dass ihr das hinkriegt.“

„Sanae, da ist jemand.“, meinte eine der Schülerin und deutete auf Yoshiko und die fremden jungen Männer.

Sanae drehte sich fragend um und erblickte Yoshiko und als sie in die Gesichter, alter Bekannte schaute, erschrak sie fast.

Sie waren wieder da. Sie waren wieder zurückgekehrt.

Und sie sahen so anders aus. Sie waren so groß und erwachsen geworden.

Als Sanae Tsubasa anschaute, blieb ihr Herz ein wenig stehen und ihr Atem stockte. Tsubasa sah besser aus, denje. Ihre Knie wurden ein wenig weich als sie das feststellte. Und doch fragte sich Sanae auch genau in dem Moment, warum er sich nie bei ihr gemeldet hatte. Sie hatte ihn vermisst, als Freund, als Tsubasa. Er hatte sie hier zurück gelassen, drei Jahre lang. Drei Jahre lang hatte sie kaum etwas von ihm gehört. Er war damals einfach nach Brasilien aufgebrochen und nun sollten sie wieder da sein?

„Schau, mal Sanae, wenn ich da aufgegabelt habe.“, meinte Yoshiko grinsend.

Sanae nickte, blickte zu ihrer Klasse. „Macht mal alleine weiter.“, dann ging sie langsamen Schrittes auf Yoshiko und die vier jungen Männer zu. Sie sahen so anders aus, ein wenig fremd und doch waren es die gleichen Gesichter. Sie grinsten sie alle an, alle außer einer. Tsubasa grinste sie nicht an, nein, er blickte sogar weg.

Und wieder machte ihr Herz einen Sprung. Diese Tatsache, dass er sie nicht anschaute, tat ihr weh, es verletzte sie. Aber sie ließ es sich nicht anmerken.

„Schön Euch wieder zu sehen.“, sagte sie lächelnd.

„Was war denn das für eine Akrobatik?“, fragte Taro direkt.

„Wie was meinst du?“

„Die Figur, die du da gerade vorgemacht hast.“, erklärte Genzo.

„Ach, das. Das war Nichts besonderes.“

„Unsere Sanae ist mal wieder so bescheiden.“, sagte Yoshiko. „Entschuldige, dass ich jetzt erst komme.“

„Schon okay. Mary hat mir ja Bescheid gesagt.“, sagte Sanae mit einem Lächeln.

„Das sah, aber richtig toll aus.“, meinte Taro.

„Danke, ich trainiere auch regelmäßig umso was hinzu bekommen. Seit wann seit ihr denn wieder hier?“

„Seit gestern Morgen.“, erzählte Hikaru.

„Oh, verstehe.“ Sie traute sich gar nicht Tsubasa anzuschauen. Es war einfach zu komisch. Sie wusste nicht was sie erwartet hatte, aber vielleicht, dass er sie wenigstens anschaute, das war ja wohl gar nicht zu viel verlangt. Doch sie schluckte den Kummer runter und lächelte wieder.

„Ihr geht hier also wieder auf die Schule?“

„Ab heute sind wir wieder deine Schulkameraden und hast uns wieder an der Backe.“, meinte Genzo.

Sanae grinste. „Ihr spielt hier auch wieder?“

„Das steht noch nicht so richtig fest.“, erklärte Tsubasa. Überrascht, dass er sich nun auch am Gespräch beteiligt hatte, blickte sie ihn überrascht an und beide blickten sich an, erwiderten den Blick des anderen, schauten nun nicht weg.

Und Sanae sah ihm an, dass er ihr hatte schreiben wollen, es aber irgendwie nicht konnte, warum auch immer und dass es ihm Leid tat. Ja, das alles sah sie in diesem Blick, der so sanft war. Sie verzieh ihm, sie würde ihm wohl immer verzeihen, weil er einfach Tsubasa Ohzora war.

Nur 2 Wochen Zeit

Sanae blickte Tsubasa immer noch in die Augen und schmolz regelrecht dahin. Auch er bewegte sich nicht. Sie blickten sich einfach nur an und der Blick, mit dem sie sich beide festhielten, sagte mehr als alle Worte der Welt.

„Alles klar bei Euch?“, fragte Taro nach einer Weile. Als keiner, weder Tsubasa oder Sanae etwas gesagt hatte. „Ich glaub, die erkennen sich nicht.“, scherzte er.

„Vielleicht sollten wir sie mal alleine lassen.“, schlug Yoshiko vor.

Hikaru und Genzo nickten und zogen Taro einfach mit sich.

„Du bist also wieder hier?“, fragte Sanae nach einer Weile.

Tsubasa nickte. „Ja...“

„Das ist schön.“, sagte sie mit leiser Stimme. Ja, es war wirklich schön. Wie lange hatte sie sich nach ihm gesehnt? Wie lange hatte sie gehofft, dass er sich wieder bei ihr melden würde? Wie lange hatte sie einfach nur gehofft, ihn wieder zu sehen? Sie wusste es nicht mehr. Sie wusste auch gar nicht mehr, wie sie die letzten drei Jahre ohne ihn überstanden hatte. Jetzt wo er wieder vor ihr stand, in aller Größe, wusste sie das alles nicht mehr.

„Sanae.“, wollte Tsubasa anfangen, doch er wusste auch gar nicht so recht, wo er anfangen sollte und was er ihr sagen sollte. Er schaute auf den Boden und seufzte. „Tut mir Leid, dass ich mich die ganze Zeit nicht gemeldet habe.“

Überrascht blickte sie ihn an. Er entschuldigte sich bei ihr, stellte sie überrascht fest. Sie dachte immer die ganze Zeit, dass er sie einfach versucht hatte zu vergessen und sich deswegen nicht bei ihr gemeldet hatte. Aber so wie er sprach, so wie er nun vor ihr stand, schien sie mit dieser Behauptung falsch zu liegen. „Es tut dir Leid?“

Tsubasa blickte auf, in ihr Gesicht und nickte. „Ja, es tut mir sogar schrecklich Leid.“ Und sie glaubte es ihm auf Wort.

Er sah so verzweifelt und niedergeschlagen aus, ja, sie glaubte es ihm. Auch wenn sie nicht wusste, warum er ihr nie geschrieben hatte. Sie konnte ihm nicht schreiben, da sie keine Adresse von ihm hatte. Sie hatte die ersten paar Monate immer regelrecht vorm Briefkasten gehockt, doch es kam nie eine Nachricht. Irgendwann hatte sie es dann aufgegeben, zu warten.

Und nun?

Nun stand er einfach vor ihr und konnte es ihr nicht mal erklären. Aber irgendwie brauchte sie auch gar keine Worte. Seine Blicke langten ihr, sie sahen traurig genug aus.

„Ich habe dich die drei Jahre vermisst, Sanae.“

Ihre Augen weiteten sich überrascht. Mit so etwas hatte sie nun gar nicht gerechnet. Doch er hielt seinen Blick auf ihr. „Ich habe jeden Tag an dich gedacht und es tut mir schrecklich Leid, dass ich nie den Mut gefunden habe, die zu schreiben.“

Sie wollte etwas sagen, ihn zu stoppen bringen, doch es hatte ihr einfach die Sprache verschlagen. Diese Worte, waren mehr als sie je erwartet hatte. Sie war schon damals in ihm verliebt gewesen, doch er hatte nur seinen Fußball im Kopf. Zumindest dachte sie es. Aber was war dann das hier nun für ein Geständnis.

Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden und sie drohte den Halt auf ihren eigenen Beinen zu verlieren, doch noch blieb sie stehen und blickte ihn an. Sie seufzte. Seine Worte waren genau das, was sie immer erhofft hatte, zu hören. Und nun war es egal, dass sie auch drei Jahre zu spät kamen. Es war alles irgendwie egal und nebensächlich. Er war wieder da und das war schließlich die Hauptsache. Das war mehr als sie sich immer erträumt hatte. Das war besser als eine Postkarte oder ein Brief.

„Ich hoffe du glaubst mir.“

Sanae nickte. „Ja, Tsubasa. Ich glaube dir. Ich glaube deinen Worte und glaube deinen Augen.“, antworte sie ihm und ging einen Schritt auf ihn zu. Sie stellte sich auf Zehenspitzen und streichelte über seine Wange. „Und du weißt gar nicht, wie froh ich bin, dass du wieder da bist.“

„Ja?“, fragte er überrascht. Nach dem Gespräch mit Taro, Genzo und Hikaru hatte er sich ein paar Sätze, ein paar Zeilen ein paar Wörter zu recht gelegt. Doch nun fiel ihm keines mehr ein. Nun sagte er wirklich das, was in ihm vor ging. Er wollte keine Zeilen aufsagen, die er auswendig gelernt hatte, nur um nicht blöd da zu stehen. Er wusste einfach, als er Sanae gesehen hatte, dass er nicht anders konnte, als nur ehrlich zu ihr zu sein. Er hoffte ja auch, dass sie ehrlich zu ihm war, soweit er noch das Recht hatte irgendetwas zu verlangen oder zu hoffen. Aber er tat es dennoch.

Und es war nicht gelogen, als er ihr gestanden hatte, dass er jeden Tag an sie dachte. Ja, er konnte ihr zu Beweis das Foto von ihr geben, das schon abgenutzt und leicht vergilbt war. Es war das Einzige was er von ihr hatte und er hatte es jeden Tag aus seinem Geldbeutel raus geholt und angesehen. Er hatte es nicht angesehen gehabt, weil er die Angst hatte, dass er sie vielleicht vergessen konnte. Nein, das konnte er nicht. Er würde Sanae nie vergessen können. Nein, er wollte sie einfach immer bei sich haben. Er wollte sie einfach immer ansehen. Vielleicht sollte er ihr das sogar beichten, dann würde sie ihm sogar mehr glauben schenken. Vielleicht war es aber auch einfach nur verrückt.
 

Sie streichelte ihm immer noch liebevoll über die Wange und lächelte. „Ja, ich habe dich auch vermisst, Tsubasa.“, gestand sie ihm mit leiser und sanfter Stimme. Sie wusste gar nicht, ob sie die Worte überhaupt richtig ausgesprochen hatte, so leise kamen sie ihr selber vor. Und sie zweifelte schon, dass Tsubasa sie gehört hatte.

Doch er lächelte sie an und zeigte ihr, dass er ihre Worte gehört hatte. Er griff nach ihrer Hand, die über seine Wange streichelte und hielt fest. „Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Und ich weiß, dass ich es gar nicht wirklich kann.“

Sie lächelte, mit einem kleinen Seufzer. Es war süß. Ja, das war es wirklich. Er strengte sich wirklich an und das rechnete sie ihm hoch an. Er gab sich nicht mal die Mühe irgendeine Ausrede ihr auf zutischen, nein, er war wirklich ehrlich zu ihr.

Er hielt ihr Hand, in seiner großen und streichelte sie mit seinem Daumen. Ihre Hand sah in seiner so winzig aus, so zart.

„Entschuldige dich nicht, Tsubasa. Du bist ja nun wieder da.“

Er nickte mit einem Lächeln. „Ja, das bin ich. Ich bin zurückgekehrt.“, antwortete er ihr lächelnd. Es war fast so, als würde er ihr sagen, dass er nur zurückgekehrt war, um bei ihr zu sein. Aber er sagte es nicht, es stand aber dennoch unausgesprochen im Raum. Seine Gefühle hatten sich geändert, aber nur insofern, dass er sich bewusst geworden war, was er für Sanae empfand.

„Es ist schön, dass du wieder da bist. Ich glaub es immer noch kaum.“

„Ich kann es auch nicht glauben, dass du nun vor mir stehst und mir nicht böse bist.“

„Natürlich...“, fing sie gerade an, doch dann läutete auch schon die Schulglocke. Sanae blickte auf die große Uhr an der Wand, seufzte auf. „Ich muss mich noch umziehen.“ Sie blickte ihn an. „Wollen wir später weiter reden?“

Er lächelte. „Gerne. Wir haben ja nun Zeit.“

Sie lächelte, griff nach ihrer Wasserflasche und drehte sich um. Lächelnd stellte sie fest, dass ihre Klasse sich schon selbstständig gemacht hatte und nicht mehr in der Halle waren. „Also bis später.“, sagte sie und lächelte ihn noch an.

Er seufzte.
 

„Na, wie war das Gespräch?“, fragte Taro, seinen Freund, als dieser aus der Turnhalle kam. Bei Taro standen noch Genzo, Hikaru und Yoshiko.

Tsubasa seufzte.

„Hast du ihr endlich sagen können, was du ihr sagen wolltest?“, fragte Genzo.

Tsubasa nickte nur. „So in etwa.“

„Was ist denn das für eine Antwort?“, fragte Taro. „Hast du ihr nun gesagt, was du für sie empfindest oder nicht?“

„Nein.“ Tsubasa blieb stehen und fuhr sich mit der rechten Hand durchs schwarze Haar. „Ich wusste einfach nicht wie.“, gestand er seinen Freunden.

„Na, du hast ja nun Zeit, nicht?“, meinte Hikaru zu ihm.

„Na ja“, mischte sich Yoshiko nun ein. „All so lange wird er nicht mehr Zeit haben.“

Tsubasa blickte sie fragend an. „Was... Was meinst du damit?“

„Ja, was meinst du damit? Er hat doch nun Zeit, wo wir endlich wieder da sind.“, sprach Taro.

„Lasst sie doch mal ausreden.“, meinte Hikaru und lächelte Yoshiko

Sie seufzte und blickte in das fragende Gesicht von Yoshiko. „Sanae hat sich bei einem Austauschprogramm entschieden.“

„Was heißt das?“, fragte Tsubasa sofort.

„Sie wird in zwei Wochen für ein halbes Jahr nicht in Japan sein.“, sprach sie leise.

Tsubasa Augen weiteten sich überrascht. In zwei Wochen? Für ein halbes Jahr?

„Warum denn das?“, fragte Hikaru.

„Sie wollte nicht mehr hier in Japan sein.“, erklärte sie. Sie blickte dabei Tsubasa an und wollte wissen wie er reagierte.

Tsubasa stand wie vor einer Wand. Nun war er endlich in Japan und nun sollte Sanae verschwinden? Sie wollte nicht mehr hier in Japan warten? Sie wollte nicht mehr auf ihn warten, war es das, was Yoshiko ihm sagen wollte? Sanae wollte nicht mehr warten. Warum hatte sie denn dann bitte so reagiert? Warum hatte sie ihm eben nicht gesagt, dass sie bald aus Japan verschwinden würde?

„Zwei Wochen also noch?“, meinte Tsubasa leise. Er wollte das nicht glauben. Er war wegen ihr zurückgekehrt. War er zu spät? Waren die drei Jahre zu lange?

„Dann halte dich mal ran.“, meinte Taro und schlug Tsubasa auf die aufmunternd auf die Schulter.

„Wie meinst du das?“

„Du hast noch zwei Wochen, Alter. Das sind 14 Tage. Wie viele Stunden sind das?“, fragte Taro. „Siehst du eine Menge. Also nun lass man nicht den Kopf hängen.“

„Genau, machst du doch sonst auch nicht, Tsubasa.“, meinte auch Genzo.

„Stell dir vor es ist ein Spiel. Und es geht um Fußball. Würdest du dann auch so schnell aufgeben? 3:0 Rückstand und du hast nicht mehr lange Zeit.“, meinte Hikaru. „Gibst du etwa auf?“

Tsubasa blickte Hikaru fragend an, grinste aber. „Nein, natürlich nicht.“, dann verschwand sein Lächeln. „Aber Sanae ist mir wichtiger als jedes Spiel.“

„Danke, Freund, das wollte ich hören.“, sagte Taro und grinste ihn an. „Also dann lass uns mal einen Plan aufstellen.“

„Ihr wollt da alle mithelfen?“, fragte Yoshiko interessiert.

Hikaru lächelte sie an. „Wir sind Freunde.“, sagte er grinsend.

„Wir sind gemeinsam mit Tsubasa nach Brasilien und sind gemeinsam mit ihm wieder zurückgekehrt.“, erklärte Taro und grinste seinen besten Freund an.

„Wir machen das also gemeinsam.“, erklärte nun auch Genzo.

„Und wie wollt ihr das schaffen?“, fragte Yoshiko.

„Was wollt ihr wie schaffen?“ Die Freunde blickten sich um, und sahen in das Gesicht von Sanae. „Was steht ihr hier eigentlich noch rum? Der Unterricht fängt gleich an.“, sagte sie lächelnd und lächelte vor allem Tsubasa an.

Hand in Hand mit dir

Du bist wie du bist

Und du lebst in deiner eigenen Welt.

Genauso geht’s auch mir

Jeder muss das tun, was immer er für richtig hält.

Wir sind niemals gleich

Auf der Suche gehen wir oft andere Wege, dorthin

Wo die Zukunft wohnt

Und wir finden dann was wichtig ist und alles macht Sinn.
 

„Sag mal Sanae, warum hast du Tsubasa eigentlich noch nichts von deiner Austauschreise erzählt?“, fragte Yoshiko ihre Freundin, als sie im Unterricht nebeneinander saßen.

Sanae blickte von ihrem Buch auf und sah ihre Freundin an, dann zuckte sie mit der Schulter und schaute wieder nach vorne zum Lehrer. „Warum soll ich es ihm denn sagen?“

„Vielleicht weil es ihn interessiert und er es bestimmt gerne wissen möchte.“

„Warum glaubst du das?“ Sanae blickte ihre Freundin an und seufzte. „Du hast es ihm gesagt.“

„Ich wusste ja nicht, dass sie es noch nicht wissen.“

„Natürlich, wissen Sie es nicht. Ich wusste ja auch nicht, dass sie her kommen.“, meinte Sanae nur.

Yoshiko nickte und blickte ihre Freundin von der Seite fragend an. „Willst du denn immer noch weg?“

Sanae blickte ihre Freundin fragend an, dachte aber nun selber über diese Frage nach.

„Ich meine, Tsubasa ist doch nun hier, dann musst du doch nicht…“

„Das hat gar nichts damit zu tun.“, meinte Sanae schnell und blickte ihre Freundin ernst an. Aber war es nicht wirklich so gewesen, dass sie diese Austauschreise angenommen hatte, weil Tsubasa sich nicht bei ihr gemeldet hatte und sie nicht mehr in Japan warten wollte.

Ja, sie wollte näher bei ihm sein. Hatte sich selber entschieden, ihm hinter her zu reisen. Eigentlich hatte Yoshiko ja Recht.

Tsubasa war nun wieder da. Endlich. Jetzt, brauchte sie ihm ja eigentlich nicht mehr reisen.

Aber sie hatte sich schon so auf diese Reise gefreut. In zwei Wochen sollte sie fliegen. Sollte sie das alles nun absagen?

Sollte sie nun alles für Tsubasa hinschmeißen?

Er hatte sie doch so lange warten lassen. Warum sollte sie nun aufgeben, worauf sie sich selber so sehr freute?

„Vielleicht solltest du mal mit Tsubasa reden.“, schlug Yoshiko vor.

Sanae blickte sie an und rollte mit den Augen. „Machst du doch schon für mich, oder?“, meinte sie leicht verärgert. Sie war nicht sehr begeistert davon, das Yoshiko Tsubasa davon erzählt hatte. Als sie ihn heute Morgen endlich nach Langem wieder gesehen hatte, hatte sie es gar nicht mehr im Kopf gehabt. Es war wie weggeblasen, dabei hatte sie sich die letzten Wochen sehr darauf gefreut und eigentlich an nichts anderes mehr gedacht. Aber der Moment als er endlich wieder vor ihr stand, war einfach zu emotional gewesen.
 


 

Und wenn es mal dunkle Tage gibt

Und wenn man den Weg vor sich nicht mehr sieht,

Dann warte, denn ich bin gar nicht weit von dir

Wir gehen den langen Weg zu zweit.
 


 

„Hey Yoshiko, wo ist denn Sanae?“, fragte Tsubasa Yoshiko, als diese als Letzte aus dem Klassenzimmer kam. Diese lächelte Tsubasa und Hikaru, der neben seinem Freund stand an.

„Sie ist in der Halle.“, erklärte diese.

„Was macht sie denn da?“, fragte Tsubasa verwirrt. Es war doch Schulschluss, was sollte Sanae also noch in der Sporthalle machen.

„Sie tanzt.“, meinte Yoshiko mit einem Lächeln.

„Trainiert sie wieder die Cheerleader?“, fragte Hikaru nun und lächelte die junge Frau, die vor ihm stand ein.

Yoshiko schüttelte den Kopf. „Nein, um diese Uhrzeit nicht mehr.“, meinte sie lächelnd und schloss die Tür hinter sich. „Sie trainiert für die Meisterschaft.“

„Meisterschaft?“, fragten nun Tsubasa und Hikaru überrascht.

„Ja, unsere Sanae ist die Beste der Stadt. Sie hat schon viele Kämpfe gewonnen.“

„Versteh ich das richtig, es gibt Meisterschaften im Tanzen?“, fragte Hikaru.

„Ja, das gibt es.“

„Und was wir da dann bewertet?“, fragte Tsubasa interessiert.

„Ausstrahlung, Choreografie, Outfit, einzelne Figuren, Ausdruck, die Musikwahl.“

„Wow, das klingt ja richtig kompliziert.“, meinte Hikaru nur und folgte Tsubasa uns Yoshiko aus dem Schulgebäude heraus.

„Naja, bei Sanae sieht das immer super einfach aus. Sie ist darin ein richtiges Naturtalent.“

„Verstehe.“, meinte Tsubasa vor sich hin.

Yoshiko blickte Tsubasa von der Seite an. „Rede mit ihr.“, bat sie ihn mit leiser Stimme.

Überrascht blickte er sie an. Dann nickte er.

„Weißt du, Sanae ist ein toller Mensch und das weißt du. Sie hat die ganze Zeit auf dich gewartete, auch wenn sie es nie zugeben würde. Sie hat das mit dem Austauschprogramm nur gemacht um näher bei dir zu sein.“

Tsubasa Augen weiteten sich. „Was meinst du damit?“

„Ihr Ziel ist Brasilien gewesen.“

Tsubasa wusste nun gar nicht, was er sagen sollte. Das war mehr als nur überraschend.

Sie wollte ihm also näher sein.

Wo er es nicht geschafft hatte, sich nur bei ihr zu melden, wollte sie also den ersten Schritt machen. „Sie wollte nach Brasilien?“

„Wow, das ist mal ein Ding.“, meinte Hikaru.

Yoshiko lächelte. „Und nun wo du da bist, weiß sie nicht, ob sie nicht doch fliegen soll.“

Tsubasa blickte Yoshiko fragend an. „Warum?“

„Weil sie nicht weiß, was du für sie wirklich empfindest, deswegen sollst du mit ihr reden. Sag ihr, dass sie nicht gehen soll.“

„Genau mach das, Mann.“, meinte auch Hikaru.

Tsubasa blickte von Yoshiko zu seinem Freund Hikaru, seufzte dann und fuhr sich durchs Haar. „Ich kann das nicht.“, meinte er mit leiser Stimme.

„Was meinst du damit?“, fragte Hikaru überrascht.

„Ich habe nicht das Recht, sie an ihrem Gehen zu hindern.“

„Ist das dein Ernst Mann?“, fragte Hikaru seinen Freund.

Tsubasa nickte und ging. Er hatte wirklich nicht das Recht dazu. Er hatte sie doch alleine zurück gelassen. Er hatte sich all die Zeit nicht bei ihr gemeldet. Nun wollte sie näher bei ihm sein. Sie wollte den Schritt gehen. Nicht mal das, hatte er geschafft. Er hätte jede Zeit zurückkehren können, aber er hatte es nie getan. Er hatte sich immer nur ihr Foto angesehen und hatte es nie übers Herz gebracht, die Briefe abzuschicken, die er ihr geschrieben hatte. Nicht einen Einzigen. Nicht einen Einzigen Anruf hatte er gemacht. Er hatte kein Recht ihr zu sagen, dass sie nun nicht mehr gehen sollte.

Das sie zu ihm gehen sollte, näher bei ihm sein wollte, war ein Zeichen dafür, was sie für ihn empfand.

Und was tat er? Er konnte sie doch nun nicht daran hindern, ihren Weg zu gehen.
 


 

Was jetzt vor uns liegt,

Sind nur unsre Fragen.

Was morgen geschieht,

Kann doch heute niemand sagen.

Wir gehen weiter und du lässt mich nicht los.
 

Dein Flüstern am Ohr

Sagt mir die Richtung.

Wir tasten uns vor

Auf schwankenden Inseln -

Doch auch die längste Nacht geht vorbei.
 


 

Sanae tanzte zu der Musik, die aus ihrem CD-Player kam. Sie trainierte im kleinen Ballettraum der Schule. Hier gab es Spiegel an den Wänden und da sie alleine trainierte, konnte sie somit sehen, wie ihre Bewegungen waren. Sie musste wissen, wann sie mehr Ausdruck rein bringen musste. Es musste alles zur Musik passen, jede einzelne Bewegung, jeder Schritt. Sie war inzwischen eine richtige Perfektionistin geworden, was das Tanzen anging. Aber es machte ihr auch sehr viel Spaß. Es war einfach das was sie brauchte. Es war wie bei Tsubasa und seinem Fußball. Da war er in seiner Welt und hier war sie in ihrer Welt.

Erschöpft griff sie nach dem Handtuch und legte es sich um den Hals. Sie war mal wieder ausgepowert. Wie jeden Tag, wenn sie trainierte, was momentan häufig jeden Tag war. Aber sie wollte einfach fit sein für die Meisterschaft.

„Das war toll.“

Überrascht drehte sie sich um und sah Tsubasa. Er stand im Türrahmen, lehnte sich dagegen und lächelte sie an.

„Es ist leider noch nicht perfekt.“, meinte sie selbst kritisch.

„Ich fand es toll.“

„Toll ist aber kein erstes Platz.“, antwortete sie ihm und trank einen Schluck aus ihrer Wasserflasche. „Wie lange stehst du schon da?“

„Wie lange tanzt du hier schon?“, stellte er eine Gegenfrage. Sie lächelte, stellte die Flasche wieder hin und stellte die Musik mit der Fernbedienung aus. „Wie lange ich generell tanze oder wie lange ich täglich tanze?“

„Beides.“, meinte er zu ihr. Er stand immer noch im Türrahmen. Sie sah wundervoll aus. Sie trug gerade nur eine schwarze Leggings und ein Bauchfreies Top. Ihre Haare, hatte sie zu einem Zopf nach hinten gebunden, aber einige Strähnen hatten sich daraus gelöst und hingen ihr wild und leicht verführerisch, wie er fand, ins Gesicht. Das hier war nicht mehr seine Sandkastenfreundin, mit der sich über Fußball unterhalten hatte. Das hier war eine wunderschöne Frau geworden. Wie lange war er fort gewesen? Es war einfach zu lange. Er hatte zu viel verpasst.

„Möchtest du mit mir nach Hause gehen?“, fragte sie ihn, als sie mit ihren Sachen an ihm vorbei ging. „Oder wohnt ihr nun woanders.“

„Nein, wir wohnen wieder in unserem alten Haus. Ja, ich begleite dich sehr gerne, Sanae.“

Sie lächelte. „Dann lass mich nur kurz umziehen.“, sagte sie und wollte an ihm vorbei.

Doch Tsubasa griff nach ihrem Handgelenk und hielt sie fest.

Fragend blickte sie ihn an.

Tsubasa spürte, wie sein Herz schneller schlug, als er sie so nah vor sich sah. Sie war zum greifen nahe. Sanft streichelte er ihr über die Wange, blickte ihr weiter in die Augen. Er sah, dass sie überrascht war, aber sie schüttelte ihn nicht ab. Vorsichtig fuhr er mit seinen Fingern die Konturen ihrer Lippen entlang.

Sanae schluckte. Sie wusste nicht, was das hier gerade war. Aber in der Luft lagen so viele Emotionen. Sie drehte den Kopf weg und ging an ihm vorbei. „Ich zieh mich schnell um. Warte draußen.“, sagte sie nur und ließ ihn stehen.

Tsubasa seufzte und ließ seine Hand nach unten fallen, wo sie sich zu einer Faust ballte.
 


 

Hand in Hand mit dir

Möchte ich immer weiter durchs leben gehen

Wenn ich dich bei mir spüre

Bin ich sicher das wir diesen Traum gemeinsam sehen
 

Die Vergangenheit

Unsichtbar verworren ist sie im Herzen

Und dort wird sie ewig sein

Und wir setzten die Erinnerung gemeinsam fort
 


 

Tsubasa und Sanae liefen schweigend nebeneinander her. Seit sie das Schulgebäude verlassen hatten, hatte sie kaum ein Wort miteinander gewechselt.

Erstens stand die Sache mit dem Austauschprogramm im Raum. Und außerdem war da noch die große Frage, was der andere für den jeweils anderen empfand.

Beides wollten Beide eigentlich zur Sprache bringen, aber fanden nicht die richtigen Worte, also schwiegen sie und ließen eine kalte Wortlosigkeit entstehen.

Bis Tsubasa schließlich seufzte. Er sollte nun den Anfang machen, wo Sanae doch schon zu ihm nach Brasilien reisen wollte. „Sanae, du sahst richtig toll aus, als du getanzt hast.“

Sie lächelte. „Danke.“ Sie war ihm für das Kompliment dankbar, aber auch dafür, dass er nun das Gespräch nun anfing.

„Yoshiko hat mir erzählt, dass du für die Meisterschaft trainierst.“

Sanae nickte. „Ja, ist mein Ziel.“

„Wann sind die denn?“

„In einer Woche. Nächsten Sonntag. Du kannst ja vorbei kommen.“

„Klar, mach ich das. Hikaru war ja schon begeistert, als er gehört hat, dass es fürs Tanzen eine Meisterschaft gibt.“

„Ja, es ist fast so wie beim Fußball.“, meinte sie lächelnd.

Tsubasa nickte.

Und wieder schwiegen Beide.

Dabei hatten sie sich früher fast nur übers Fußballspielen unterhalten. Aber es war eben nicht mehr so wie früher.
 


 

Und wenn auch mal kalter regen fällt

Und wenn dich an diesen Ort nicht mehr hält

Dann sieh kurz zurück denn ich bin hinter dir

Wir gehn den langen weg zu zweit
 

Was jetzt vor uns liegt sind offene fragen

So weit wie das Meer

Wer kann uns jemals sagen

Wie geht’s weiter wohin führt der weg?
 


 

Sie kamen an einen verlassenen Spielplatz an.

„Erinnerst du dich noch daran?“, fragte Tsubasa.

„Ja, natürlich.“, meinte die junge Frau und ging zur Schaukel. Sie legte ihre Tasche daneben ab und setzte sich auf die Schaukel und lächelte Tsubasa an. „Komm setz dich doch zu mir.“

Tsubasa lächelte und setzte sich auf die andere Schaukel, neben Sanae. „Wie alt waren wir damals?“

„Ich weiß nicht mehr.“, meinte Tsubasa, grinste aber. Die Sonne ging langsam unter. Er blickte zu Sanae. „Sanae.“, fing er mit ernster Stimme an. „Yoshiko hat mir von deinem Austauschprogramm erzählt.“

„Ich weiß.“, meinte Sanae schnell.

Er nickte. „Warum hast du mir davon nichts erzählt?“

„Warum hast du mir nicht erzählt, dass du wieder in Japan bist?“, stellte sie ihm eine direkte Gegenfrage.

Tsubasa seufzte. „Ich war ein Idiot.“

„Das fällt dir früh auf.“

„Ich weiß. Ich war all die Jahre ein Idiot. Es gab glaub ich keinen Tag an dem ich nicht an dich gedacht habe, aber ich habe es nie übers Herz gebracht, dir zu schreiben. Das ist eine lächerliche Entschuldigung.“

„Da hast du Recht. Ich hätte dir geschrieben, wenn ich deine Adresse gehabt hätte. Ich hab so viele Briefe geschrieben, aber ich habe nie einen abschicken können, weil mir das wichtigste gefehlt hatte, deine Adresse.“, meinte sie mit leiser Stimme und blickte vor sich. Sie konnte ihn nun nicht anschauen. Es fiel ihr eh schwer, darüber zu reden.

„Ich weiß, Sanae und es tut mir Leid.“

Diese nickte. „Du bist damals einfach gegangen. Hast mich zurück gelassen und nun tauchst du einfach wieder auf.“

Tsubasa nickte und seufzte schwer. „Ja, ich bin nun wieder da.“

„Warum?“, fragte sie ihn, ohne ihn anzublicken.

Tsubasa wiederum blickte sie an, er sah ihr zu, wie sie neben ihm leicht schaukelte, sich mit dem Fuß vom Boden abstieß und auf den Boden schaute. „Weil ich endlich wieder bei dir sein wollte.“

Überrascht blickte sie ihn an. Diese Worte hatte sie nun wirklich nicht erwartet.

„Ja, Sanae. Ich hab endlich den Mut gefunden in ein Flugzeug zu steigen, um wieder bei dir zu sein. Hier bei dir in Japan.“, sagte er ihr offen.

Sanae stutzte. Sie wusste nicht mal so Recht wo sie nun hinschauen sollte. Das waren die Worte, die sie doch immer hören wollte und nun sagte er sie ihr. Einfach frei heraus. Und sie glaubte ihren Ohren kaum.

„Ich muss dir das jetzt sagen, Sanae.“

„Warum jetzt?“

„Weil ich Angst habe dich zu verlieren.“ Ihre Augen sich, als sie das hörte. „Ich bin wegen dir wieder hergekommen. Ja, ich hatte irgendwie gehofft, dass du immer für mich da sein wirst, dass du auf mich warten wirst. Es war ein dummer Gedanke, dabei war ich ja der Erste der gegangen war.“ Er lächelte leicht. „Und nun höre ich, dass du ein Austauschprogramm mitmachst.“

„Ich...“

„Nein, lass mich bitte zu Ende reden. Ich bin es dir schuldig.“, meinte er zu ihr. Sie nickte. „Als Yoshiko mir dann gesagt hat, wo dein du dein Austauschprogramm machen würdest, traute ich meinen Ohren gar nicht.“

Sanae blickte wieder auf den Boden.

„Ich konnte es nicht glauben. Ich bin dumm gewesen, Sanae. Es tut mir Leid.“

„Es ist schon okay.“

„Nein, ist es nicht.“ Er stand auf.

Sie blickte auf und schaute ihn überrascht an. „Nein, Sanae es ist nicht okay, wie ich dich zurück gelassen habe, wenn man bedenkt, dass ich dich schon immer geliebt habe.“
 

Und was auch geschieht wir folgen den Sternen

Sie zeigen den weg in ein neues leben

Doch auch die letzte Nacht geht vorbei
 

Und was vor uns liegt sind nur unsere fragen

Was morgen geschieht kann doch heut niemand sagen

Wir gehen weiter und du lässt mich nicht los
 

Dein flüstern am Ohr

Zeigt mir die Richtung

Wir tasten und vor

Auf schwankenden Inseln-

Doch auch die letzte Nacht geht vorbei
 

Am Ende wirst du mein Geheimnis sehen

eine zweite Chance?

„Jemanden zu Lieben ist nicht nur ein starkes Gefühl, es ist auch eine Entscheidung, ein Urteil, ein Versprechen.

Wäre die Liebe nur ein Gefühl so könnte sie nicht die Grundlage für ein Versprechen sein, sich für immer zu lieben.

Ein Gefühl kommt und kann auch verschwinden.

Wie kann ich behaupten, die Liebe werde ewig dauern, wenn nicht mein Urteilsvermögen und meine Entschlusskraft beteiligt sind?“
 

Erich Fromm, die Kunst des Liebens
 

„Nein, ist es nicht.“ Er stand auf.

Sie blickte auf und schaute ihn überrascht an.

„Nein, Sanae es ist nicht okay, wie ich dich zurück gelassen habe, wenn man bedenkt, dass ich dich schon immer geliebt habe.“

Sie wusste nicht was sie sagen sollte, in ihr waren so viele Worte und sie fand keines, das ihr jetzt weiter half. Sanae blickte ihn einfach nur an. Sie spürte die heißen Tränen, die über ihre Wange liefen.

Warum weinte sie denn jetzt?

Vielleicht weil das die Worte waren, auf die sie so lange gewartet hatte. Vielleicht weil sie überhaupt so lange auf Tsubasa gewartet hatte. Und nun?

Und nun stand er vor. Leibhaftig und sagte ihr die Worte, die sie immer gehofft hatte zu hören. Aber es waren auch die Worte, bei denen sie dachte, dass sie sie nie hören würde, dass es nur ein hoffnungsloser Traum war, der sich einfach nicht erfüllen wollte.

Er war damals gegangen, ohne ihr zu sagen, wie seine Gefühle für sie waren.

Hätte er ihr gesagt, was er für sie empfand, dann hätte sie gewartet, all die Jahre hätte sie ohne zögern auf ihn gewartet.

Aber die Worte waren nicht gekommen.

Und dennoch hatte sie auf ihn gewartete. Sie hatte sich die gemeinsamen Fotos angeschaut und in der Erinnerung geschwelgt. Ja, sie hatte in der alten Erinnerung gelebt. Bis sie irgendwann aufgewacht war und entschieden hatte, nicht mehr in der Vergangenheit zu leben.

Und nun saß sie hier. Mit ihm. An einem Ort der gemeinsamen Vergangenheit. Sie waren wieder vereint, nach so langen Jahren und dennoch war es nicht mehr so wie früher.

Sie waren nicht mehr die Kinder, die sie einst waren. Nein, sie waren keine Kinder mehr.
 

Sie erschrak, als sie Finger an ihrer Wange spürte. Doch dann blickte sie erstaunt in das sanfte Gesicht von Tsubasa. Er kniete vor ihr und strich ihr nun die Tränen von den Wangen. Sein Blick war so sanft und ruhig.

Ihr Körper bebte.

Warum war er nicht früher gekommen?

Warum hatte er ihr nie geschrieben?

Warum war er jetzt wieder da und brachte wieder alles durcheinander?

Warum zerstörte er die Mauer, die sie einst aufgebaut hatte? Die Mauer, die sie nicht mehr trauern lassen sollte.

„Sanae, es tut mir Leid.“, sagte er mit seiner sanften Stimme.Es war nicht mehr die Stimme, die er damals hatte. Nein, diese hier war männlicher, erwachsener. Und dennoch war es seine. Ja, es war seine Stimme, die diese Worte zu ihr sagten. Es war sein Blick, der sie gerade festhielt und zu umarmen schien.

Sie konnte gar nicht anders, als sich von der Schaukel zu stoßen und sich in seine Arme zu werfen. Sie umklammerte seinen Hals und drückte sich an ihn. Sie wollte ihn einfach nur spüren.

Tsubasa der überrascht von ihrer plötzlichen und unerwarteten Reaktion war, konnte sich gerade noch so auf den Beinen halten und hielt auch die Schaukel auf, die auf die beiden zu kam. Er legte die Arme um Sanae und drückte sie einfach nur an sich. „Es tut mir so Leid, Sanae. Ich war ein Narr.“, flüsterte er ihr ins Haar.

Sanae hatte ihr Gesicht in seine Halsbeuge gedrückt und nickte nur, als er das sagte. Es tat so gut, ihn zu spüren. Es tat so unbeschreiblich gut, dass er nun hier bei ihr war. Jetzt würde alles wieder gut werden. Sie waren wieder zusammen. Was wollte man da noch mehr.

Wie oft hatte sie gebetet gehabt, dass er wieder zu ihr nach Japan kommen sollte?

Aber nie wurden ihre Gebete erhöht. Nie. Nicht mal einen Brief wollte man ihr lassen, ein paar Worte, ein paar Zeilen von Tsubasa. Doch nun war es egal. Er war wieder da.

Sie konnte ihn spüren und das war das wichtigste.

„Bitte gib mir eine Chance, Sanae. Ich will versuchen, es wieder gut zu machen.“

„Du musst nichts wieder gut machen.“, murmelte sie leise, aber er hörte es und lächelte.

„Oh doch Sanae, das muss ich. Für dich. Für mich. Für uns.“

Uns?, fragte sie sich. Es hörte sich sehr schön an, wie sie fand. Ja, es hörte sich wundervoll an. Ja, es sollte ein 'Uns' geben, fand sie. Und da er es anscheinend auch wollte, war es noch viel schöner.
 

Sanae war am nächsten Morgen schon sehr früh in der Schule. Sie konnte nicht mehr schlafen und hatte sich deshalb in die Turnhalle gemacht. Sie wollte trainieren. Sie war immer noch nicht mit ihrer Choreografie einverstanden. Sie hatte lange darüber gegrübelt und immer wieder fiel ihr eine bessere Figur ein, die sie noch einbringen konnte. Aber da es ja auch zur Musik passen musste, musste sie dann meist alles komplett umschmeißen und neu koordinieren und das war gar nicht mal so einfach.

Sie war mal wieder vollkommen in ihrer Kür vertieft, dass sie gar nicht hörte, wie die Tür zur Turnhalle sich öffnete und sich jemand auf die Tribüne setzte und ihr zusah. Es war Yoshiko, die beste Freundin von Sanae und vermutlich die Einzige, die wusste, wie es Sanae in den letzten Jahren gegangen war. Sie war die Einzige gewesen, der sich das Mädchen anvertraut hatte. Von sich selber wollte sie aber nie über Tsubasa reden. Es war fast immer so gewesen, dass sie es verdrängen wollte, dass er nun nicht mehr da war.

Umso erstaunter war sie nun, wie Sanae tanzte.

Gerade beim Tanzen konnte meine Stimmung und Laune gut zur Geltung bringen. Und so wie Sanae tanzte, ihre Choreografie umgeschmissen hatte, wirkte es wie ein komplett neuer Tanz, auch wenn die meisten Figuren immer noch Teil der Kür waren. Aber es war auch die Art, wie sie tanzte, wie sie sich bewegte, mit welcher Ausstrahlung sie tanzte. Sie war überrascht. Sie schien wie ein ganz anderer Mensch.

Und genau diese Veränderung, ließ Yoshiko in diesem Moment lächeln. So war sie sich nun sicher, dass ihre Freundin die Meisterschaft gewinnen würde. Mit dieser Ausstrahlung alle Male.

Ob diese Veränderung etwas mit Tsubasa zu tun hatte. Bestimmt.

Als das Lied zu Ende war und Sanae ihre Schlussfigur machte, klatschte Yoshiko.

Sanae blickte überrascht zu ihrer Freundin, die immer noch auf der Tribüne saß. „Was machst du denn hier?“

„Das könnte ich dich doch genauso fragen, Sanae.“, erwiderte sie und trat von der Tribüne herunter und trat zu Sanae und reichte ihr das Handtuch und ihre Wasserflasche.

„Wie spät haben wir es denn?“

„In einer halben Stunde beginnt der Unterricht. Was machst du so früh schon hier? Und vor allem, seit wann bist du hier?“

„Ich konnte nicht schlafen.“

„Und deswegen gehst du in die Schule und übst.“

„Genau, ist doch sinnvoll.“, meinte Sanae und trank einen Schluck aus der Wasserflasche.

„Das stimmt schon. Warum konntest du denn nicht schlafen?“

„Keine Ahnung. Wenn ich es weiß, sag ich es dir gerne.“, meinte Sanae und steckte die Flasche in die Tasche.

„Was war das eigentlich für eine Kür? Die kenne ich noch gar nicht.“

„Doch, das ist noch die Alte. Ich habe nur ein paar Stellen verändert.“

„Das habe ich gemerkt.“, meinte Yoshiko und grinste ihre Freundin an.

„Möchtest du mir irgendwas sagen, Freundin?“, fragte Sanae sie mit einem Grinsen.

„Nein, gar nicht. Vielleicht das du duschen solltest, weil bald der Unterricht anfängt, oder willst zu Tsubasa verschwitzt unter die Augen treten.“, meinte Yoshiko grinsend.

Sanae verdrehte die Augen, lächelte aber und verschwand in der Umkleide.
 

„Hallo Yoshiko.“ Diese drehte sich um und sah das lächelnde Gesicht von Hikaru, Tsubasa und Genzo. Alle Drei kamen auf Yoshiko hinzu, die sich gerade ihre Straßenschuhe auszog und gegen die Schulschuhe austauschte.

Hikaru beugte sich zu ihr küsste sie auf die Wange, was Yoshiko erröten ließ.

„Wo ist den Sanae? Ich wollte sie heute morgen abholen, aber ihre Mutter meinte, sie sei schon ziemlich früh in die Schule gegangen.“, meinte Tsubasa.

„Du wolltest sie also abholen?“, fragte Genzo und grinste Tsubasa an.

„Ja, ich wollte sie abholen. Wird doch wohl noch erlaubt sein.“

„Was regst du dich denn so auf?“, meinte Genzo und grinste ihn weiter verschmitzt an.

„Also sie ist in der Turnhalle.“, mischte sich Yoshiko ein.

„Was macht sie denn da?“, fragte Tsubasa überrascht.

„Sie konnte nicht mehr schlafen und ist dann in die Schule und hat angefangen zu trainieren.“

„Vor der Schule?“, fragte Hikaru skeptisch.

„Das habt ihr doch früher auch immer gemacht.“, meinte Sanae, die nun um die Ecke kam und lächelte alle an. „Guten Morgen.“, meinte sie und ging zu ihrem Schuhfach.

„Du trainierst vor der Schule?“, fragte Hikaru interessiert.

„Ja, das mache ich.“ Auch sie zog sich ihre Straßenschuhe aus und tauschte sie aus.

„Seit wann bist du denn heute Morgen am trainieren gewesen?“

„Ist doch nicht so wichtig.“, meinte sie und lächelte die Jungs und Yoshiko an. „Also was habt ihr nun?“

„Ich habe Geschichte.“, meinte Yoshiko lächelnd.

„Ich werde Mathematik haben.“, meinte Tsubasa nur und blickte Sanae immer noch fragend an. „Ich wollte dich heute morgen abholen.“

„Dann haben wir zusammen Mathematik.“, meinte sie lächelnd. „Ja, tut mir Leid.“ Und damit war das Thema für sie auch schon gegessen und sie drehte ihnen den Rücken zu, um ins Schulgebäude zu gehen.

„Wart doch mal, Sanae.“, meinte Tsubasa und eilte die paar Schritte zu ihr und hielt sie am Arm fest.

„Was ist denn Tsubasa?“

„Ich mach mir Sorgen um dich.“

Sie lächelte. „Du machst dir Sorgen um mich?“ Er ließ sie los. „Jetzt?“ In dem Moment als sie das letzte Wort ausgesprochen hatte, hatte sie es auch schon bereut, eigentlich wollte sie ihm keine Vorwürfe machen, dass er erst nach so langer Zeit wieder zu ihr zurück kam, aber das war wohl leichter gesagt als getan.

Er seufzte und blickte sie einfach nur an. Es war nicht so einfach wie erhofft.

„Also Sanae dann geh du mal mit Tsubasa zu Mathematik, wir sind dann mal im E-Trakt.“, meinte Yoshiko und zog Hikaru und Genzo mit sich.

Sanae nickte ihr zu und drehte Tsubasa wieder den Rücken zu. „Kommst du?“

Er nickte und folgte ihr, schweigend.

„Warum trainierst du eigentlich so verbissen?“

„Wer sagt, denn dass ich verbissen trainiere?“, stellte sie ihm die Gegenfrage.

„Willst du es leugnen?“ Fragend blickte er sie von der Seite an. Doch sie blickte ihn nicht mal, seufzte nur.

„Tsubasa, das Tanzen macht mir sehr viel Spaß. So wie dir das Fußballspielen sehr viel Spaß macht.“

„Ich habe verbissen trainiert.“, meinte er nur dazu. „Es wurde eine zeitlang zum Wichtigsten überhaupt für mich, dass ich dabei viele andere Sachen nicht mehr erkannt und geschätzt hatte.“, meinte er mit ernster Stimme und strich sich durchs Haar.

Sanae blickte ihn an und lächelte leicht. „Aber so schlimm ist es bei mir nicht.“

„Das will ich hoffen Sanae. Man verliert leicht den Überblick.“

„Ist schon okay.“, meinte sie leicht mürrisch.

„Ich will dir nicht auf die Füße treten.“, meinte er seufzend. Es war gar nicht so leicht mit ihr darüber zu reden.

„Das wäre auch ziemlich fatal, da ich tanze. Und mit so was kann man dann nicht mehr so gut tanzen.“, scherzte sie.

Er lächelte. „Ja, da hast du wohl Recht. Also Mathematik?“

Sanae nickte. „Ja, Mathematik.“
 

Sanae und Tsubasa saßen nebeneinander im Mathematikunterricht. Tsubasa fiel der Einstieg gar nicht so leicht, so das Sanae ihm öfters bei einzelnen Aufgaben helfen musste, was sie aber gerne tat.

„Sag mal, magst du mir nicht Nachhilfe geben?“, fragte er, als sie sich mal wieder zu ihm herüber gebeugt hatte, um ihm die Rechenaufgabe zu erklären.

Skeptisch blickte sie ihn an. „Du willst doch nur ein Date.“

„Sieh es wie du willst.“, meinte er lächelnd. „Ist das dann ein 'Ja'?“

„Das habe ich nicht gesagt. Aber sag mal, was hast du den ganzen Tag in Brasilien gemacht? Hattet ihr da kein Mathematik?“

„Doch schon. Aber Fußball war wichtig. Außerdem war das Wetter da so toll, da konnte man sich ja wohl kaum nachmittags an Rechenaufgaben setzen.“

„Na, wenn das so ist.“, meinte sie und lehnte sich wieder über ihre eigene Aufgabe.

„Hey, so war das nicht gemeint.“, meinte er grinsend.

„Doch genauso wie du es gesagt hast, war es gemeint, mein Lieber. Damit musst du nun klar kommen. Aber wenn du mich noch mal nett bittest, gebe ich dir gerne in Mathematik Nachhilfe.“

„Heute Nachmittag?“

Fragend blickte sie ihn an. „Warum heute Nachmittag?“

„Warum nicht? Hast du schon was vor?“

„Nein, das nicht. Ich bin nur ein wenig überrascht.“

„Ich will einfach den Tag mit dir verbringen.“

„Und mit Mathe.“, fügte Sanae hinzu.

„Wie bitte?“, fragte er sie verdutzt nach.

„Genau. Also Nein.“, meinte sie grinsend.

Tsubasa blickte sie fragend an. „Hab ich was Falsches gesagt?“

„In etwa.“, meinte sie grinsend.

Tsubasa nickte nur. Es war schön, wenn sie ihn so angrinste und zum Scherzen aufgelegt war, das erinnerte ihn einfach nur an früher. Wo noch alles okay war, wo er noch nicht den größten Fehler seines Lebens begangen hatte, nämlich einfach weggehen. Ja, er hatte einiges aufzuholen, zumindest fand er das selber.

„Spielst du jetzt eigentlich gar kein Fußball mehr?“, fragte Sanae ihn nach einer Weile und blickte ihn fragend an.

„Wie kommst du denn darauf?“

„Ich hab dich bisher noch nicht spielen sehen.“

„Wie lange bin ich denn schon hier?“, fragte er sie.

„Früher hast du jeden Tag gespielt. Du weißt was ich meine.“

Tsubasa nickte. „Doch. Ich spiele noch. Mit den Anderen. Und...“

„Und?“

„Sanae Nakazawa und Tsubasa Ohzora, würden Sie bitte so freundlich sein, und endlich Schweigen. Denn wenn Sie weiter meinen Unterricht stören wollen, dürfen Sie gerne das Klassenzimmer verlassen.“, ermahnte sie der Lehrer.

Sanae rutschte wieder auf ihren Platz, blickte Tsubasa aber fragend an. Was wollte er ihr gerade sagen?

Liebe

Friedrich von Schiller schrieb einmal in Phädra V,1:

"Du allein durchdrangst das gräßliche Geheimnis,

dir und den Göttern nur kann ich mich öffnen.

Dir konnt' ich nicht verbergen, was ich gern

mir selbst verbarg - urteil', ob ich dich liebe!" (Hippolyt)
 

Sanae blickte immer wieder fragend in die Richtung von Tsubasa. Warum fragte er sie eigentlich nicht, ob sie immer noch gehen wollte. Aus den 14 Tagen, waren nun nur noch 12 Tage geworden. Die Zeit lief ihm davon. Aber anscheinend, zumindest kam es Sanae so vor, war ihm das gar nicht mal so wichtig.

Wollte er etwa nicht, dass sie hier blieb?

Seufzend blickte sie nach vorne zum Lehrer. Sie sollte sich wieder dem Unterricht widmen, mahnte sie sich selber.

Aber dennoch nagte das an ihr. Drauf ansprechen konnte sie ihn allerdings nicht.

Und momentan wusste sie selber noch nicht, ob sie immer noch nach Brasilien wollte. Sie hatte sie so sehr darauf gefreut. Aber sie hatte sich darauf gefreut gehabt, in Tsubasas Nähe endlich zu sein. Sie wollte in der Zeit, wo sie in Brasilien sein würde, besuchen gehen und nun?

Und nun saß er neben ihr.

Wenn sie jetzt nach Brasilien gehen würde, wären sie doch wieder getrennt.

Nur dass nicht er weg sein würde, sondern sie.

Es würde so aussehen, als würde sie nun ihn und Japan verlassen, so wie er es mit ihr getan hatte.

Eine zeitlang war sie ihm sehr böse gewesen. Sie war sauer gewesen, das er sie einfach so verlassen hatte, ohne sich richtig von ihr zu verabschieden. Dann war sie sauer gewesen, dass er sich nie bei ihr gemeldet hatte.

Nach einer Weile war die Wut aber abgeschwächt.

Sie hatte versucht ihn zu vergessen. Aber das war sehr schwierig, denn überall waren Fotos und die Gesichter der gemeinsamen Freunde. Aber die Wut war weniger geworden.

Und nun saß sie neben ihm.

Mit einem Lächeln sah sie wieder zu ihm und sah, dass er ihr gerade einen Zettel zu steckte.

Sie grinste. Wie lustig war denn das. Er schrieb ihr einen Zettel.

Sanae faltete den Zettel auseinander und blickte auf die Handschrift von Tsubasa. Sie war in den Jahren eindeutig ordentlicher geworden. Aber es lagen auch einfach zu viele Jahre seit dem letzten Brief, so dass sie die gar nicht wirklich mit einander vergleichen konnte.

» Ich dachte du wüsstest es schon, deswegen war ich eben wegen deiner Frage ein wenig überrascht.Wir werden in 3 Wochen der U 20 Nationalmannschaft beitreten. Nicht alle. Aber Genzo, Hikaru, Kojiro und ich werden auf jeden Fall dabei sein. Wie Taro sich entscheidet, steht noch nicht fest. Aber wir werden Fußball spielen.«

So war das also.

Sie waren alle wieder zurückgekommen, weil sie hier auch wieder spielen konnten.

Irgendwie schmerzte dieser Gedanke sie etwas. Er war also gar nicht wegen ihr allein zurück gekommen.

Gut sie wusste schon immer, ohne Fußball gab es ihn nicht. Er liebte diesen Sport mehr als nur leidenschaftlich. Und früher und auch in der Zeit als er in Brasilien war, war sie so eifersüchtig auf diesen Ball gewesen, dass sie ihn nicht mehr ansehen konnte. Den Ball den sie von Tsubasa bekommen hatte, damals, bevor er gegangen war, hatte sie auf den Dachboden gesperrt. Sie wollte ihn nicht sehen.

Aber die meisten Fotos, die sie von ihm hatte, war er und ein Ball zu sehen.

Auch wenn sie gewusst hatte, dass es ihn nie ohne Ball gab, schmerzte sie diese Tatsache nun doch ein wenig.

Er war nicht nur wegen ihr zurückgekommen.

Vielleicht war dieser Gedanke auch egoistisch und selbstsüchtig. Aber sie wollte einfach nur einmal glauben, dass sie in seinem Leben auch mal die erste Rolle spielte und nicht immer erst nach dem Fußball und dem Sport kam.

Sie blickte auf den Zettel in ihren Fingern und spürte die Tränen in ihren Augen.

Die Worte und Buchstaben verschwommen vor ihrem Auge.

Sie schluckte schwer und legte den Brief in ihr Stiftebox.

Sie sollte wirklich nach Brasilien gehen.

Auch wenn sie das gerade aus Trotz dachte, war es vermutlich doch besser. Auch wenn er ihr seine Gefühle für sie gestanden hatte. Irgendwie hatte er sie noch nicht überzeugt, dass sie hier bleiben sollte. Wollte er das überhaupt?
 

Sanae war in der Turnhalle. Sie packte gerade die Sachen in die Tasche und wollte sie in dem Lager verstauen, als Yoshiko zu ihr trat. „Und wie war das Training heute?“

Sanae blickte sie an. „Gut, mal davon abgesehen, dass meine Co-Trainerin mal wieder geschwänzt hat“, meinte Sanae und lächelte sie an.

„Tut mir Leid, aber Hikaru...“, wollte sie anfangen.

„Ja, schon klar. Mehr muss ich nicht hören.“ Sie zog schnell den Reißverschluss der Tasche zu.

„Sag mal, Sani, ist bei dir alles in Ordnung?“

„Klar, was soll denn schon sein.“ Sie hob die Tasche an und schleppte sie in in das Lager der Turnhalle. Dann zog sie die Tür zu und schloss hinter sich ab.

„Ist zwischen dir und Tsubasa was vorgefallen?, fragte Yoshiko weiter.

„Was soll denn bitte vorgefallen sein?“, fragte Sanae ihre Freundin und blickte sie erwartungsvoll an.

„Ich weiß nicht, du wirkst ein wenig verstimmt.“

„Das liegt vielleicht nicht an irgendeinem Kerl, sondern daran, dass meine beste Freundin mich beim Training alleine lässt.“ Sie seufzte auf und fuhr sich übers Haar. „Tut mir Leid.“

„Schon okay.“

Sanae nickte und ging in die Umkleide.

Yoshiko folgte ihr. „Seit wann ist Tsubasa irgendein Kerl für dich?“

Sanae blickte ihre Freundin an und seufzte. „Seit dem ich weiß, dass ich nicht der alleinige Grund für seine Rückkehr bin.“ Sie ging an ihre Tasche und holte ihr Handtuch hervor, mit dem sie zu den Duschen ging.

Yoshiko folgte jeden Schritt ihrer Freundin und blickte sie fragend an. „Wie kommst du denn darauf?“

„Er hat es mir geschrieben.“ Sie zog sich aus und stellte sich unter die Duschen.

„Was hat er geschrieben?“

„Dass Genzo, Kojiro, Hikaru und er in drei Wochen der U20 beitreten.“

„Ja und was ist daran so schlimm?“

„Du wusstest davon?“

„Natürlich. Hikaru hat es mir in einen seiner Briefe erzählt, dass man sie angeschrieben und nach Interesse gefragt hatte.“

„Siehst du, genau das ist der Punkt.“

Yoshiko seufzte und lehnte sich auf der Bank zurück. „Ich versteh dich nicht, Sanae. Was ist dein Problem? Worüber regst du dich nun auf?“

„Er ist nicht wegen mir zurückgekommen. Sondern wegen dieser doofen U20-Mannschaft.“

„Glaubst du das wirklich, was du da von dir gibst?“

„Natürlich. Er hat mir früher immer gesagt, wie gerne er da mitmachen will und er würde solange dafür trainieren, dass sie ihm eine Anfrage schicken würden. Und nun hat er sie. Also ist er deswegen hergekommen. Und das war der Moment wo ich entschieden habe, dennoch nach Brasilien zu gehen.“ Yoshiko riss entsetzt die Augen auf. Auch wenn Sanae ihre Freundin nicht sah, wusste sie, wie diese nun schauen würde. „Schau nicht so. Warum sollte ich meinen Traum von einem Kerl abhängig machen?“

„Vielleicht weil es sich bei diesem Kerl um Tsubasa handelt“, meinte Yoshiko nur. „Und nun hör auf, Tsubasa wie jeden anderen Kerl zu behandeln. Wenn er nämlich wie jeder andere Kerl wäre, würdest du überhaupt nicht nach Brasilien wollen, um diesen Kerl näher sein zu wollen.“

„Ich wollte dieses Austauschprogramm doch nicht wegen Tsubasa.“

„Nein, du wolltest aber nach Brasilien wegen Tsubasa“, meinte Yoshiko schnell. „Du hattest so viele Angebote, von so vielen verschiedenen Ländern, aber du nimmst ausgerechnet das Angebot in Brasilien an, wo du nur eine halbe Stunde von Tsubasa entfernt wohnen würdest.“

„Ich hatte keine Adresse von ihm.“

„Sanae, verkauf mich und dich nicht für dumm. Wir wissen Beide, dass du seine Adresse hattest und ihm dennoch nie geschrieben hattest, weil du Angst hattest.“ Yoshiko seufzte.

Sie wollte so nicht mit ihrer Freundin reden. Sie war so traurig und verzweifelt gewesen, als Tsubasa plötzlich nicht mehr da gewesen war. Aber das Verhalten von Sanae ging ihr gerade wirklich auf den Keks. Sie wusste inzwischen sehr wohl wie ihre Freundin tickte und sie war gerade mal wieder dabei, sich in ihre eigene kleine Welt einzuschließen. Aber vermutlich war Tsubasa da nicht ganz unschuldig dran.

Das einzige was Sanae hören wollte, dass Tsubasa nicht wollte, dass sie nun wegging.

Und was tat besagter Kerl. Er würde es ihr nicht sagen, gerade weil er sie so liebte und ein schlechtes Gewisse hatte dass er sie so lange alleine gelassen hatte. Er wollte ihr nicht ihren Weg versperren.

Aber Sanae wollte doch nur nach Brasilien um näher bei ihm zu sein.

Ach, das war einfach viel zu verzwickt.

Aber sie konnte sich da noch so sehr einmischen. Das mussten die Beiden alleine klären. Aber vielleicht konnte sie dafür sorgen, dass sich die Beiden unterhalten würden und endlich das ansprachen, was Beide wirklich belastete.

„Was hast du heute noch vor, Sanae?“, fragte Yoshiko und griff auch schon nach ihrem Handy um Hikaru eine SMS zu schreiben.
 

„Hast du Sanae eigentlich endlich mal gesagt, was du für sie empfindest?“, fragt Hikaru seinen Freund.

„Ja, hab ich.“ Tsubasa kickte den Ball gegen die Wand. Sie waren am Stand und kickten den Ball einfach nur gegen die Wand, nein, eher Tsubasa tat es. Seine Freunde saßen dabei und blickten ihm dabei zu.

„Und?“, fragte Genzo.

„Nichts und.“

„Was soll das heißen?“

„Genau das. Ich hab ihr gesagt, was ich für sie empfinde und dass ich mehr als nur ein schlechtes Gewissen habe, dass ich damals einfach gegangen bin, ohne ihr von meinen Gefühlen zu erzählen.“ Er kickte den Ball noch mal gegen die Wand. „Sie hat mir zugehört. Aber...“ Seine Schusskraft wurde stärker. „Aber ich habe einfach das Gefühl, dass es das momentan einfach nichts mehr bringt.“

„Wie meinst du das?“, fragte Genzo.

„Du meinst das Austauschprogramm?“, fragte Hikaru. Er registrierte, dass sein Handy piepste und zog es aus seiner Jackentasche hervor und las die Nachricht von Yoshiko. Er grinste.

Genzo blickte seinen Freund fragend an.

„Ja, genau das meine ich. Ich werde ihr nie sagen, dass sie nicht gehen soll.“

„Warum nicht?“, fragte Genzo. „Das ist doch das, was du möchtest.“

„Natürlich. Aber ich habe nicht das Recht dazu. Ich bin damals auch einfach gegangen.“

„Jetzt fängt das schon wieder an“, meinte Hikaru und seufzte. Er stand auf und trat zu Tsubasa. „Hör mal, mein Freund. Es ist aber ein Unterschied, ob du nach Brasilien gehst, wegen Fußball oder ob Sanae bei einem Austauschprogramm mitmacht, um dir hinterher zu reisen.“

„Das ist einleuchtend“, meinte Genzo.

„Nein, das ist egal“, meinte Tsubasa nur, zur Enttäuschung von Genzo und Hikaru.

Ja, Hikaru musste Yoshiko zustimmen. Sie mussten etwas machen. Sie konnten ihre beiden Freunde nicht so sehr im Unwissen stehen lassen und das Unglück der Beiden anschauen.

„Warst du nicht mit Sanae verabredet?“, meinte Hikaru schließlich und schaute auf die Uhr.

„Ja, zum Mathe lernen.“

„Gut, dann begleiten Genzo und ich dich jetzt dahin.“

Tsubasa blickte seine Freunde fragend an.
 

„Ah, da kommt er. Du kannst dann gehen Yoshiko“, meinte Sanae zu ihrer Freundin. Sie saßen in dem Café, wo sie sich mit Tsubasa zum Mathematik lernen verabredet hatte. „Er kommt ja gar nicht alleine“, stellte sie schließlich fest.

Da betraten die drei Herren auch schon das Café.

Alle traten lächelnd an den Tisch, außer Tsubasa. Er sah ein wenig verstimmt aus, war aber froh Sanae zu sehen.

Doch als Sanae den Fußball sah, den er unter seinem Arm hielt, seufzte sie auf und packte ihre Sachen wieder ein.

„Willst du nicht mehr lernen?“, fragte er sie überrascht.

„Nein, anscheinend war die Fußball mal wieder wichtig, deswegen hast du mich eine Viertel Stunde warten lassen“, meinte sie zu ihm und nahm ihre Tasche.

Tsubasa verstand die Welt nicht mehr. „Es tut mir Leid.“

„Ja, Genzo und ich haben ihn aufgehalten. Wir wussten nicht, dass ihr verabredet wart“, meinte Hikaru.

„Lass das bitte, Hikaru“, meinte Sanae ein wenig sauer zu ihm. Sie blickte ihre Freundin an. „Bis morgen Yoshiko.“ Und schon war sie auf den Weg das Lokal zu verlassen.

Tsubasa blickte ihr fragend hinterher.

„Tsubasa, ich weiß nicht, was zwischen euch vorgefallen ist, aber Sanae hat das Gefühl, dass sie nicht der Grund ist, warum du zurückgekehrt bist.“

Er blickte Yoshiko fragend an. „Wie?“

„Sie denkt, es dreht sich mal wieder alles in erster Linie um Fußball.“

Er blickte auf den Ball unter seinem Arm und nickte. Ja, er verstand was Yoshiko ihm sagen wollte und warum Sanae mal wieder so sauer war. Auch wenn er noch nicht wusste, warum sie auf den Gedanken kam.

„Tsubasa, sie will nicht mehr nach Brasilien. Nicht jetzt wo du endlich wieder da bist. Aber du musst es ihr sagen. Sie hat das Gefühl, dass du gar nicht möchtest, dass sie hier bleibt.“

„Das ist Schwachsinn“, meinte Tsubasa und blickte immer noch zur Tür.

„Geh ihr hinterher“, schlug Hikaru vor.

„Ja, und klär das endlich mal mit ihr“, meint auch Genzo.

Tsubasa blickte seine Freunde und die beste Freundin von Sanae an und nickte. „Ja, danke Leute.“ Und damit verschwand er aus der Tür.

Yoshiko seufzte. „Sie packen das doch oder?“

„Wäre schade, wenn nicht“, meinte Genzo. „Sie gehören einfach zusammen.“

„Und genau deswegen, packen die beiden das auch“, meinte Hikaru zuversichtlich.
 

„Bleib stehen, Sanae“, schrie Tsubasa ihr hinterher.

Doch Sanae dachte gar nicht daran, stehen zu bleiben. Sie wusste selber, dass sie sich bescheuert und kindisch verhielt und dass sie eine Unterredung mit ihm nie wirklich vermeiden konnte. Aber sie war verletzt. Es tat ihr weh, zu denken, dass der Fußball für ihn immer noch wichtiger war. Und sie war sauer auf sich selber, weil sie gehofft hatte, das Tsubasa wegen ihr alleine zurück nach Japan gekommen war.

„Sanae.“

Sie hörte wie seine Stimme näher kam und schluckte schwer. Schließlich blieb sie stehen und senkte den Kopf. Sie wollte ja gar nicht vor ihm weg rennen. Sie wollte ihm ja zuhören. Aber sie hatte Angst, dass er ihr wieder weh tun würde.

Dass er ihr sagen würde, dass er wegen dem Fußball hier war.

Und dass er ihr deswegen nicht sagen konnte, dass er wollte, dass sie nicht ging.

Sie wollte so etwas nicht hören.

„Danke“, vernahm sie plötzlich seine Stimme, sie war ruhig und sanft und sie klang ihr so vertraut. Ja, das war die Stimme, des Mannes, den sie so liebte, den sie so brauchte, nachdem sie sich so sehnte.

Und das war die einzige Person, die so eine Macht über sie hatte, der sie so leicht verletzten konnte.

Sie drehte sich einfach nur um und drückte sich an ihn.

Sie presste die Arme um ihn und versteckte ihr Gesicht in seinem Pullover.

Tsubasa war ein wenig überrascht, legte aber schließlich die Arme um sie und streichelte ihr über den Rücken. Er küsste sie auf den Haaransatz und atmete ihren Duft ein. „Ich liebe dich Sanae.“

Sie nickte nur stumm in seinen Armen.

„Ich will nicht, dass du nach Brasilien gehst. Ich will nicht, dass du mich verlässt. Das ist das was ich mir wünsche.“

Überrascht löste sie sich ein wenig von ihm und blickte ihn an.

„Aber ich kann das nicht sagen. Weil ich finde, ich habe nicht das Recht dazu. Ich habe dich verlassen. Ich bin weggegangen, jetzt kann ich dich nicht bitten, dass du für mich nicht gehst.“

Sie schluckte schwer und wollte sich die Tränen wegwischen, doch Tsubasa strich sie ihr früher weg und blickte sie liebevoll an.

„Du hast den Zettel heute falsch verstanden. Ich habe dir nur gesagt, dass ich wieder Fußballspielen werde. Aber es gibt da für mich eine Bedingung. Die wollte ich dir heute selber sagen. Aber da kam das mit dem Austauschprogramm mir schon dazwischen, aber dennoch wollte ich es dir heute sagen, auch in der Hoffnung, dass es dich von deinem Austauschprogramm wegbringen würde.“

Fragend blickte sie ihn an.

Er sah sie so sanft und liebevoll an.

Sie wollte so viel sagen, so viel erwidern, aber sie fand ihre Stimme einfach noch nicht wieder.

„Ich werde nur Fußball in der U20 spielen, wenn du mich begleitest. Das war die Bedingung. Ich habe ihnen noch nicht fest zugesagt gehabt. Ich wollte dich erst fragen, ob du mich begleiten möchtest.“

Sanae schluckte. Was sagte er ihr da?

„Das Schuljahr ist bald zu Ende und du wolltest eh gehen. Du wolltest sogar das Land verlassen, meinetwegen. Ich wollte dich fragen, ob du mich nach Kobe begleiten möchtest. Ich möchte dich nämlich nicht mehr einen Tag von mir weg wissen. Ich liebe dich und will jeden Tag mit dir verbringen. Ich hab das Gefühl, dass wenn ich dich ansehe, dass ich so viel aufholen muss, so viel wieder gut machen muss“, sagte er mit ruhiger Stimme weiter. „Aber ich würde es verstehen, wenn du dennoch erst mal nach Brasilien möchtest. Du kannst dein Austauschprogramm ruhig besuchen. Ich würde es verstehen. Ich würde dann hier bleiben und auf dich warten. So wie du es getan hast. Nur dass ich die Gewissheit haben werde, dass du in einem halben Jahr zurück kommen wirst und ich nicht Jahre auf dich warten muss.“

Sie nickte kurz. Ja, er musste dann nicht Jahre auf sie warten.

Aber wollte sie noch nach Brasilien?

„Ich bin wegen dir zurückgekommen. Nur wegen dir, Sanae. Ich wollte nicht mehr ohne dich sein. Es hat ewig gedauert, bis ich das erkannt habe und nun will ich so viel aufholen. Ich will mit dir zusammen sein, Sanae.“

Sie seufzte kurz auf und das einzige was sie tun konnte, war sich auf die Zehenspitzen zu stellen und ihn zu küssen. Sie vergrub ihre Hand in sein Haar und lächelte in den Kuss hinein. Es war egal, dass ihre Tränen immer noch liefen. „Ich liebe dich auch, Tsubasa“, gestand sie ihm.

Tsubasa erwiderte den Kuss, mehr als nur willig, vor allem als sie ihm sagte, dass sie ihn auch liebte.

Ihm fiel ein Stein vom Herzen.

Gerade eben noch vor Minuten hatte er die Befürchtung gehabt, dass er sie wieder verlieren würde.

Und dann das hier?

Sie standen einfach mitten auf der Straße und küssten sich.

Es war egal, was alle um sie herum dachten.

Er legte den Arm wieder um sie und zog sie an sich, auch um den Kuss zu vertiefen. '
 

Dann lösten sich ihre Lippen wieder von einander und beide blickte sich verliebt an. Tsubasa strich ihr noch die letzten Tränen aus dem Gesicht und lächelte zufrieden.

„Ich möchte dich nach Kobe begleiten“, sagte sie und blickte ihn ernst an. Ja, sie meinte es ernst. Sie wollte die ganze Zeit nur hören, dass er sie liebte, dass er nicht wollte, das sie ging. Und das hatte er ihr nun gesagt.

Kobe

Emanuel von Geibel schrieb einmal in "Lieder als Intermezzo:

„Das höchste Glück hat keine Lieder,

der Liebe Lust ist still und mild.

Ein Kuß, ein Blicken hin und wider,

und alle Sehnsucht ist gestillt.“
 

„Ich möchte dich nach Kobe begleiten“, sagte Sanae und blickte ihn ernst an.

„Ist das dein Ernst?“, fragte er vorsichtig und strich ihr die Strähnen aus dem Gesicht.

„Mir war noch nie etwas so ernst“, meinte sie lächelnd. Bevor sie noch etwas sagen konnte, es vielleicht wieder zurücknehmen wollte, drückte er sie einfach nur noch an sich. Er konnte den Moment gar nicht in Worte fassen. So viel geschah gerade um ihn herum und er hatte Angst irgendetwas davon nicht mit zu bekommen.

Sie wollte ihn wirklich begleiten.

„Tsubasa?“

„Ja?“ Er löste sich aus der Umarmung und blickte sie lächelnd an.

„Ich muss dann bei der Organisation anrufen“, erklärte sie ihm. Ja, sie wollte es so schnell wie möglich hinter sich bringen. Sie wollte keine Steine mehr auf dem Weg haben. Sie wollte nur mit Tsubasa zusammen sein. „Ich würde das gerne so schnell wie möglich klären. Ich meine, dann haben sie ja noch die Möglichkeit für diese Stelle, jemand neues zu suchen.“

„Soll ich mitkommen?“

„Das würdest du tun?“

Er lächelte und griff nach ihrer Hand, er führte sie zu seinen Lippen und küsste ihren Handrücken. „Komm, wir haben heute noch was vor.“

„Ja?“

Er nickte. „Du wirst schon sehen.“ Tsubasa lächelte sie an und ging mit ihr los. Ihre Hand wollte er dabei nicht los lassen. Sie hatten sich ausgesprochen. Sie hatten alles geklärt. Er hatte ihr gesagt, was ihm durch den Kopf ging, wenn es auch nur aus dem Moment heraus war, aus Angst sie zu verlieren. Aber es war egal. Er wollte nur sie. Sie war das Beste was es gab. Er wollte sie nicht mehr missen oder allein lassen. Seine Mutter hatte sehr auf diesen Moment gewartet und dann würde er sich auch nun endlich die Vorschläge für eine eigene Wohnung in Kobe anschauen. Seine Mutter hatte ihn ein paar auf seinen Schreibtisch gelegt, doch er hatte sie nur zur Seite geschoben. Es ging dabei immer nur um Sanae. Ohne sie, würde er nicht nach Kobe gehen. Das stand für ihn fest.

„Wenn wir bei dir waren und da angerufen haben, würdest du dann gerne mit zu mir kommen? Meine Mutter hat bestimmt wieder groß gekocht und sie will dich gerne wieder sehen. Roberto ist auch da.“

„Roberto?“

Tsubasa nickte. „Ja, Roberto. Er und meine Mutter sind seit einem Jahr ein Paar.“

„Das wusste ich ja noch gar nicht.“

„Jetzt weißt du es ja“, meinte er lächelnd.

„Und du denkst, es ist wirklich okay, wenn ich einfach so bei euch auftauche?“

„Meine Mutter nervt mich schon seit dem ersten Tag, seit wir wieder hier sind, wann ich dich endlich mal mit nach Hause nehme. Sie freut sich, dich wieder zu sehen.“

Sanae lächelte. Ja, sie würde auch gerne Frau Ohzora und Roberto wiedersehen. Sie hatte sie schließlich genauso lange wie Tsubasa nicht gesehen. „Deiner Mutter geht es gut?“

„Klar.“ Tsubasa legte den Arm um sie und drückte sie ein wenig an sich. „Ich kann das hier noch gar nicht richtig glauben.“

Sanae nickte und blickte verlegen zum Boden. „Ja, ich auch nicht. Aber ich bin froh drum.“

„Ja, ich auch. Ich auch. Und ich finde es unglaublich, dass du mich nach Kobe begleiten möchtest.“

„Du hast es mir doch angeboten.“ Sie blickte ihn fragend an. „Du willst es doch nicht wieder zurücknehmen.“

Tsubasa grinste, schüttelte den Kopf und küsste sie auf die Stirn. „Wo denkst du hin. Ich will am liebsten direkt noch weiter gehen.“

Sanae blickte ihn fragend an, doch Tsubasa schaute nun einfach nur gerade aus und schien nicht so, als würde das noch zu Ende führen. Vielleicht war das auch erst mal besser. Sie wollte einfach nur den Moment genießen.
 

„Mom! Ich bin da und ich habe jemand mitgebracht.“ Tsubasa zog sich seine Schuhe aus und schlüpfte in die Hausschuhe und reichte Sanae die Gästehausschuh.

Sofort eilte jemand in den Flur. Das Lächeln wurde breiter als Frau Ohzora Sanae entdeckte. „Sanae.“ Sie eilte auf das Mädchen zu und umarmte sie. „Wie schön, dass du hier bist.“ Sie lächelte und lächelte auch ihren Sohn dankend an. Sie wollte das Mädchen von damals unbedingt wiedersehen und schließlich wissen Mütter einfach, was in den Köpfen ihrer Söhne vor sich geht. Zumindest war das bei Tsubasa und seiner Mutter so. Sie wusste, dass er dieses Mädchen einfach schon immer geliebt hatte. Da konnte ihr jeder was anderes sagen, sie wusste es einfach. Mütter wissen das. „Isst du mit uns?“

„Ja, ich habe sie schon vor gewarnt, dass du vermutlich für eine ganze Fußballmannschaft gekocht hast.“

„Entschuldige mal, mein Sohn, wie war dass denn in Brasilien. Da musste ich für eine ganze Fußballmannschaft kochen.“ Frau Ohzora lächelte Sanae an. „Na kommt erst mal rein. Roberto, sieh doch mal, wer da ist.“ Frau Ohzora schob Sanae ins Wohnzimmer. Roberto stand sofort von dem Sofa auf und reichte Sanae die Hand. „Hallo Sanae. Ist lange her.“

„Ja, Hallo.“

„So, dann kümmere ich mich mal um das Essen.“ Und schon verschwand die etwas aufgedrehte Frau, die Tsubasas Mutter war, wieder in der Küche.

Tsubasa griff nach der Hand von Sanae und setzte sich mit ihr auf das Sofa. „Wer spielt?“

„Portugal gegen Italien“, teilte Roberto mit und setzte sich in den Sessel. Er blickte noch ab und an zu Tsubasa und Sanae, doch ließ sich auch nichts weiteres mehr anmerken und sagen tat er dazu eh nichts. Eigentlich wussten doch alle, außer Tsubasa, dass dieser Hals über Kopf in Sanae verliebt war.

Aber manchmal brauchten Jungs einfach länger, wenn es um die Liebe geht. Und Tsubasa hatte es ja nun endlich verstanden. Er wusste nun endlich, was ihm jeden Tag in Brasilien gefehlt hatte. Es war Sanae. Auch wenn es für diese Erkenntnis drei Jahre gebraucht hatte. Vermutlich wollte er einfach nicht wahrhaben, dass er sich so sehr in diesen Mädchen verliebt hatte. Damals zälte schließlich noch Fußball zu den wichtigsten Dingen in seinen Leben.

„Komm, Sanae, ich muss dir was zeigen.“

„Was denn?“

Tsubasa war da aber auch schon aufgestanden und zog sie mit sich. „Mom, wir sind in meinem Zimmer“, teilte er ihr mit und führte Sanae auch schon die Treppe hinauf. Sie wusste noch genau, wo sein Zimmer war. Die Treppe rechts rum und dann die erste Tür auf der rechten Seite. Ja, genau. Diese Tür war es auch, die er nun öffnete. „Nicht erschrecken, ich war noch nicht dazu gekommen, hier alles einzurichten und da Kobe ja eh bald schon losgeht...“

„Ist es vermutlich schwachsinnig“, stimmte Sanae ihm zu und blickte auf all die Kisten. „Was möchtest du mir nun zeigen?“

Tsubasa ging zu einer Kiste, öffnete diese und suchte nach etwas. Sanae setzte sich währenddessen an seinen Schreibtisch und erblickte eine Mappe mit Wohnungsanzeigen. Die Mappe war von einem Immobilienmakler. Doch bevor sie die Mappe aufschlagen konnte, legte Tsubasa ihr schon ein Buch unter die Nase. „Was ist das?“, fragte sie ihn interessiert.

„Mach es doch einfach auf.“ Sie nickte, sah Tsubasa zu, wie er sich die Mappe mit den Immobilienanzeigen schnappte und sich damit aufs Bett setzte. Sanae blickte auf das Buch. Es stand kein Titel drauf, also klappte sie es einfach auf. Darin war ein Foto von ihr. Ihr Atem stockte. Auf der ersten Seite war wirklich ein Foto von ihr. Sie schluckte, fragte Tsubasa aber nicht, sondern blätterte weiter. Es folgte Zeitungsausschnitte und in allen wurde sie erwähnt, wenn sie nicht ganz über sie geschrieben wurde.

„Primadonna der Nankatsu Schule.“

„Sanae Nakazawa gewinnt Meisterschaft“

„Trainerin Nakazawa führt Cheerleader zum Sieg.“

Sie waren alle datiert. Und wichtige Passagen, wo sie drin vor kamen, waren unterstrichen oder markiert. Sie schluckte schwer, dann spürte sie Tsubasas Hand auf ihren Schoss. Sie blickte ihn an. Er kniete vor ihr und streichelte ihr über den Oberschenkel. „Ich habe das angefertigt. Meine Mutter hatte sich die Zeitung von hier nach Brasilien schicken lassen. Anscheinend geht das ganz einfach. Und ich habe jeden Artikel von dir, da reingeklebt. Ich wollte was von dir haben.“ Dann zog er seinen Geldbeutel aus der Gesäßtasche und zog ebenfalls ein Foto raus. „Es ist schon etwas mitgenommen, weil es das einzige war, was ich von dir hatte.“

Sie nahm ihm das Foto ab, sie lächelte, spürte aber auch die Tränen in ihr aufsteigen. Sie versuchte, sie runter zu schlucken, doch das war gar nicht so einfach. Tränen tropften auf das Foto, das schon vergilbt war, aber man erkannte sie immer noch.

Tsubasa zog Sanae vom Stuhl und drückte sie einfach nur an sich. „Ich hoffe du glaubst mir nun, wenn ich dir sage, dass ich nicht einen Tag nicht an dich gedacht habe.“

Sie nickte und fing an zu schluchzen.

„Schon okay. Ich war einfach nur ein Idiot.“

Sanae nickte wieder.

Tsubasa schmunzelte. „Das ist jetzt eigentlich der Moment, wo du sagen solltest, dass du auch einer bist.“

Sanae grinste, löste sich aus seinen Arm und küsste ihn. „Danke.“

„Für was?“ Er strich ihr sanft die Tränen aus dem Gesicht.

„Danke, dass du wieder da bist.“

„Nur wegen dir.“

Sie nickte und drückte sich wieder an ihn.
 

So saßen sie einfach eine Weile da. Tsubasa hatte Sanae fest in seinen Armen und wollte sie gar nicht mehr loslassen. Er wollte sie immer so bei sich haben, so nah.

„Sag mal“, fing Sanae nach einer Weile an.

„Was ist denn das für eine Mappe?“

„Du meinst die, mit den Immobilienanzeigen?“

Sanae nickte. Tsubasa stand auf und reichte ihr die Hand. Sie ließ sich von ihm hochziehen und ging mit ihm ans Bett, wo die Mappe lag. „Ich hab sie bisher nicht anschauen wollen.“

„Warum?“

„Weil ich ja erst wissen möchte, ob es sich lohnt.“

„Ob sich was lohnt?“ Sanae verstand immer noch nichts und wollte nach der Mappe greifen, doch Tsubasa war schneller.

„Ob es sich lohnt, nach einer Wohnung in Kobe zu schauen.“

Sanae schluckte. „Das sind Wohnungen in Kobe?“

„Ja. Meine Mutter und Roberto werden dieses Mal nicht mitkommen. Das wird mein eigener Schritt sein. Ich werde nur mit den anderen und dir“, er strich ihr über die Wange. „Und dir in Kobe leben.“

Sanae lächelte. Das war wundervoll, was er da sagte. Auch wenn es noch so frisch und ungewohnt klang. Aber sie hatte sich einfach zu lange nach genau diesen Worten gesehnt, da war es ja nun auch egal, wann sie kamen.

„Das sind also Wohnungen in Kobe?“

„Ja, meine Mutter hatte einen Makler damit beauftragt. Eigentlich hatte ich ja vor, also wenn du nicht mitkommen würdest und erst mal nach Brasilien fliegen würdest oder sonst wohin, dass ich mit den Jungs in eine WG ziehe. Meine Mutter war davon aber absolut nicht begeistert und sie hatte wohl die ganze Zeit gehofft, dass ich endlich zu meinen Gefühlen stehen würde.“

Sanae strich sich eine Strähne hinters Ohr, was sie immer tat, wenn sie verlegen war und und ja, sie war nun verlegen. Tsubasa setzte sich neben sie vors Bett und reichte ihr die Mappe. „Also such dir eine aus.“

Fragend blickte sie ihn an. „Wie? Ich soll mir eine aussuchen?“

„Du sollst doch mit mir zusammen wohnen“, erwiderte er lächelnd und küsste sie auf die Schläfe. „Ich weiß, dass alles ist ziemlich kurzfristig und schnell und vermutlich auch übereilt, aber ich will nicht mehr einen Tag länger ohne dich verbringen.“

Sie lächelte und nickte dann. Was würde eigentlich aus ihrem Tanzen werden, wenn sie in Kobe war?

Ob es da auch Tanzschulen gab? Sie wollte sich ja, wenn sie aus Brasilien zurück kam auf eine Tanzschule in Tokio bewerben.

Aber nun stand Kobe auf dem Plan. Was wohl ihre Eltern dazu sagen würden?

Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Aber vermutlich nicht sehr viel. Sie hatten ja auch nur mit der Schulter gezuckt, als sie ihnen mitgeteilt hatte, dass sie bei einem Austauschprogramm mitmachen würden. Sie und ihre Eltern hatten sich einfach irgendwie auseinander gelebt gehabt.

Sanae öffnete die Mappe und blickte sich die erste Wohnung an. „Warte mal, das sind ja alles Eigentumswohnungen.“

„Klar, sind es das.“

„Aber wie kannst du dir das leisten?“

„Sanae, ich habe durch meine bisherige Fußballkarriere ein wenig Geld angehäuft. Das hatte meine Mutter bisher gut gelagert und angelegt gehabt, so dass es sich sogar vermehrt hatte. Auf jedenfall kann ich mir alle Eigentumswohnungen, die du nun hier in der Mappe siehst, leisten. Such dir bitte einfach eine aus.“

Sie seufzte. „Und das geht wirklich in Ordnung?“

„Na klar geht es das. Ist doch mein Geld und wie gesagt, meine Mutter möchte eher, dass ich mit dir zusammenziehe, als dass ich mit den Jungs zusammenziehe. Wobei die davon vermutlich nicht sehr begeistert werden.“ Er blickte Sanae lächelnd an und streichelte ihr eine ihrer Haarsträhnen hinters Ohr. „Es gibt da auch Tanzschulen.“

„Du hast dich also schon schlau gemacht?“

„Ich muss dir das Angebot doch schmackhaft machen.“ Tsubasa grinste sie an. „Sogar eine ganz gute.“

„Woher weißt du, dass sie gut ist?“

„Gut, das hat meine Mutter mir gesagt?“

„Deine Mutter weiß also schon, dass wir zusammenziehen werden?“

„Nein, das weiß sie noch nicht. Aber ich denke mal, sie hat es sich gedacht, als ich dich heute mit hierher genommen habe und du weißt doch, sie mochte dich schon immer.“ Ja, Tsubasa Mutter, war wirklich eine tolle Frau. Liebenswürdig. Offen. Einladend. Freundlich. Nicht so wie ihre Eltern. Und ihre Eltern waren ja auch kaum da.

„Wir beide ziehen also nach Kobe?“, fragte sie ihn lächelnd.

„Sieht wohl so aus.“ Er grinste und küsste sie sanft. „Und das lass ich mir auch nicht mehr nehmen.“
 

„Mister Ohzora, sie haben diese Pressekonferenz einberufen um uns mitzuteilen, dass sie nun doch nach Kobe reisen werden?“

Tsubasa hatte die Pressekonferenz einberufen, um allen seinen Entschluss mitzuteilen. Taro war auch dabei, um seinen Entschluss mitzuteilen. Taro Misaki würde ebenfalls nach Kobe ziehen und sie würden alle der U 20 – Nationalmannschaft beitreten.

„Ja, ich habe mich entschlossen, dass ich der U 20 – Nationalmannschaft beitreten werde.“

„Warum nun dieser Entschluss?“

„Ich hatte mir mit der Entscheidung Zeit gelassen, weil ich eine Frau fragen wollte, ob sie mich begleiten wird. Von ihr hing mein Entschluss ab. Ich wollte einfach keinen Moment mehr ohne sie sein.“

Sofort schossen nun weitere Finger, der Reporter in der Höhe. Doch Tsubasa wollte keine weiteren Fragen mehr beantworten. Er hatte das wichtigste gesagt und lächelte nun einfach in die Kameras.
 

Sanae saß an ihrem Schreibtisch und machte ihre letzten Hausaufgaben. Es waren doch wirklich die letzten für dieses Jahr. Der Fernseher lief nebenher. Sie hatte Tsubasa versprochen, die Pressekonferenz mit an zusehen.

Nun lächelte sie und wusste nicht mehr, was sie sagen wollte.

Sie und Tsubasa würden also wirklich nach Kobe reisen. Sie würden zusammenziehen und glücklich werden. Sie hatte sich Prospekte von den Tanzschulen schicken lassen. Ihre Eltern wussten auch schon Bescheid und wie Sanae es geahnt hatte, hatte es sie nicht sonderlich interessiert, ob ihre Tochter nun nach Brasilien oder nach Kobe gehen würde. Vermutlich war es ihnen nur wichtig, dass sie endlich aus dem Haus war.

Sie würde mit Tsubasa zusammenziehen.

Endlich, würden sie für immer vereint sein.

Ein Versprechen

Emma Goldman sagte einmal:

"Wenn man Liebe nicht bedingslons geben und nehmen kann,

ist es keine Liebe,

sondern ein Handel."
 

„Ich hatte mir mit der Entscheidung Zeit gelassen, weil ich eine Frau fragen wollte, ob sie mich begleiten wird. Von ihr hing mein Entschluss ab. Ich wollte einfach keinen Moment mehr ohne sie sein.“

„Sie haben ihren Entschluss von einer Frau abhängig machen?“

„Wie wichtig ist ihnen diese Frau?“

„In welcher Beziehung stehen Sie zu ihr?“

„Wer ist diese Frau?“

Tsubasa blickte zu Taro und zu Roberto, dieser nickte ihm zu.

Statt weiter auf die Fragen der Reporter einzugehen, stand Tsubasa nun auf und verließ den Presseraum. Er wollte keine weiteren Fragen mehr beantworten und er wollte auch schon gar nicht Sanae damit hineinziehen.

„Man Tsubasa, das war vielleicht mal eine Ansprache“, meinte Genzo und klopfte seinem Freund auf die Schulter. Genzo und Hikaru hatten im Nebenraum auf ihre Freunde warten wollen. Ihr Entschluss stand schließlich schon fest. Genauso wie der von Kojiro.

„Weiß Sanae davon?“, fragte Hikaru.

„Natürlich weiß sie davon“, Tsubasa lächelte. „Ich habe sie sogar gebeten, dass sie das hier mit verfolgt.“

„Sie sitzt also gerade vor dem Fenerseher?“, fragte Genzo.

„Ich nehme es an.“

„Na ja, ich hoffe du weißt, in was du sie da mit hinein bringst“, meinte Kojiro, der nun auch in den Raum kam. Er hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und blickte die Freunde an.

„Warum?“

„Ganz einfach. Wenn die Presse erfährt, wer deine Unbekannte ist, dann wird man ihr auflauern.“

„Nein, das glaube ich nicht“, meinte Hikaru schnell. „Wir sind ja keine Promis.“

Tsubasa knabberte an seiner Unterlippe. Daran hatte er ehrlich gesagt gar nicht gedacht. Berühmt hin oder her, er wollte nicht, dass Sanae durch ihn in Schwierigkeiten gerät und das würde somit sicherlich passieren. Aber nun konnte er es ja schließlich nicht mehr rückgängig machen. „Ich werde sie dennoch mal warnen.“

„Schaden kann das nicht“, stimmte Genzo ihm zu.

„Alles klar bei euch Jungs?“ Roberto hatte seinen Kopf durch die offene Tür gesteckt und blickte die besten Freunde an.

„Klar“, meinte Tsubasa und grinste den Blonden an.

„Wollen wir dann?“

„Wo wollt ihr denn hin?“

„Sanae hat heute Abend eine Aufführung mit ihren Cheerleadern und sie werden gleich mit dem Training anfangen“, fing Tsubasa an. „Na ja und ich wollte ihr ein wenig beistehen.“

„Du bist Hals über Kopf in sie verliebt“, meinte Hikaru und grinste.

„Ja, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen“, stimmte Genzo ihm zu.

„Hey, Hikaru, ich dachte du kommst auch mit?“

„Nein, ich bin erst heute Abend mit dabei. Ich habe noch einen Termin.“

„Verstehe“, meinte Tsubasa, grinste seinen Freund aber dennoch an. Er war wirklich verliebt.

Und ihm war vermutlich auch nicht mehr zu helfen. Aber das war ihm auch ziemlich egal. Sanae war für ihn nun mal einfach der wichtigste Mensch überhaupt.

„Wollen wir eigentlich mal wieder eine Runde spielen?“, fragte Kojiro.

„Du meinst, bevor wir alle nach Kobe reisen?“

Kojiro nickte Hikaru zu. „Lust hätte ich auf jedenfall dazu.

„Klingt gar nicht so schlecht.“

„Hey Jungs, tut mir ja Leid, dass ich euren Plausch unterbrechen muss. Aber Tsubasa, du wolltest doch pünktlich sein“, erinnerte Roberto ihn. „Und euer Kaffekränzchen könnt ihr ja auch verschieben.“

„Schon klar.“ Tsubasa eilte nun zu Roberto. „Von mir aus geht’s los.“

„Tsubasa, habt ihr euch eigentlich schon für eine Wohnung entschieden?“, fragte Hikaru noch schnell, bevor sein Freund aus der Tür verschwand.

„Ja, Sanae hat sich entschieden.“ Mit diesen Worten verschwand Tsubasa aus dem Raum und ließ seine Freunde zurück, die ein Grinsen auf dem Gesicht hatten.
 

„Hey.“ Tsubasa umarmte Sanae von hinten. Sie hatte mit dem Rücken zu ihm gestanden, als er zu ihr auf die Bühne getreten war.

Sofort drehte sie sich um und umarmte ihn stürmisch. „Schön, dass du da bist.“

„Ja, Roberto hat mich eben hier abgesetzt.“ Er küsste sie auf die Stirn und lächelte sie glücklich an. Sie sah toll aus. Sie trug ein rotes Kleid, das mit Paletten besetzt war und im Scheinwerferlicht glitzerte. Es war relativ kurz, aber vermutlich war gerade diese Beinfreiheit für sie wichtig. Und er fand einfach, dass sie toll aussah. Sie hatte ihm gesagt, dass Yoshiko und sie bei ihrer Cheerleader-Klasse mittanzen würden. „Weißt du schon, wann du heute Abend dran bist?“

Sanae lächelte. „Gute Frage. Ich bin nervös“, gestand sie ihm sofort.

Er strich ihr über die Wange und lächelte. „Warum bist du denn nervös?“ Er griff nach ihrer Hand und ging mit ihr von der Bühne.

„Ich weiß ja selber nicht. Ich bin es einfach.“

„Hast du Angst, dass was schief geht?“

„Nein eigentlich nicht. Und ich glaube auch, dass die Mädels ziemlich gut drauf sind.“

„Ja, wo sind die denn eigentlich?“

„Die kommen erst in einer halben Stunde.“ Sie griff nach ihrer Tasche, die auf einem Stuhl lag und holte sich ihren Jogginganzug heraus, schlüpfte in die Hose und zog die Jacke an.

„Und Yoshiko?“

„Die ist mit mir gerade noch ein paar Schritte durchgegangen. Ich denke, sie läuft hier irgendwo herum.“ Nun setzte sich Sanae wieder neben Tsubasa.

Er griff sofort nach ihrer Hand und küsste ihre Finger. „Ich weiß, dass du das schon schaffst.“

„Dein Vertrauen hätte ich gerne.“

„Hast du doch. Ich weiß einfach, wie toll du bist.“

Sanae lächelte. „Du weißt doch gar nicht, wie die anderen Mannschaften tanzen.“

„Ach, das muss ich auch gar nicht sehen“, meinte er und lächelte sie einfach nur zufrieden an.

„Ich hab deine Pressekonferenz übrigens gesehen.“

„Und?“

„Ich bin beeindruckt.“

„Warum denn das?“

„Ich weiß nicht, das klang irgendwie verdammt schön.“

„Es war mein Ernst. Ich meine es ist mein Ernst.“

„Ich weiß doch“, meinte Sanae und streichelte ihm über die Wange.

„Sanae, die Mädels kommen. Oh, hallo Tsubasa.“

Beide blickten auf und sahen Yoshiko die auf der Bühne stand und ihn zu lächelte.

„Hallo. Gruß von Hikaru.“

„Danke. Er kommt doch heute Abend.“

„Hat er mir zumindest eben noch versichert.“

„Ich muss dann mal wieder.“ Sanae war schon aufgestanden.

„Kann ich hier eigentlich sitzen bleiben?“

„Ich bitte doch darum“, antwortete sie ihm lächeln und eilte wieder auf die Bühne.
 

Tsubasa hätte echt nicht erwartet, dass das so eine tolle Show werden würde. Er staunte echt nicht schlecht. Aber er war auch nach den ersten anderen Mannschaften, der Meinung, dass keine Sanae das Wasser reichen konnte. Sie war nun mal einfach die Beste. Auch wenn vermutlich nicht gerade objektiv gesehen war. Was Tsubasa allerdings nicht verstand, warum Sanaes Eltern sich nicht die Zeit genommen hatten, dabei zu sein.

„Yoshiko meinte, dass Sanaes Eltern schon länger nichts mehr mit ihrer Tochter unternehmen“, flüsterte Hikaru Tsubasa während der Veranstaltung zu. Hikaru saß rechts von Tsubasa. Links von ihm saßen seine Mutter und Roberto. Die Beiden wollten sich das allerdings nicht entgehen lassen.

„Das hat sie mir gar nicht gesagt.“

„Sie redet wohl nicht gerne darüber“, meinte Hikaru.

„Hey, ihr Beiden, seid mal still. Sanae ist gleich dran“, meinte Tsubasas Mutter. Tsubasa grinste seinen Freund an, lehnte sich aber auf seinen Stuhl wieder zurück.

Aber irgendwie fand Tsubasa das schon komisch. Seine Mutter interessiert sich doch auch für alles was er machte. Sie interessierte sich sogar dafür, was Sanae machte. Warum waren also Sanaes Eltern so?

Er hatte mit ihr noch gar nicht wirklich über ihre Eltern gesprochen.

Zum Beispiel wie sie es aufgenommen hatten, dass sie nun mit ihm nach Kobe ziehen wird.

Seine Mutter hatte eigentlich erwartet, dass sich ihre Eltern mit ihm auseinander setzten wollte. Vielleicht, dass sie sich mal kennen lernen würde. Aber es kam nichts. Keine Reaktion. Und als sie Sanae mal darauf angesprochen hatte, hatte Sanae es nur runter geredet gehabt.

Er sollte sich wirklich mal mit Sanae zusammensetzen und über das Thema reden.

„Da kommen sie“, meinte seine Mutter ganz begeistert neben ihm. Ich blickte zur Bühne und entdeckte Sanae in ihrem roten Kleid. Sie sah wirklich wunderschön aus. Es war wirklich schade, dass ihre Eltern sie nicht sahen.
 

„Du warst wundervoll, Liebes.“ Frau Ohzora drückte Sanae an sich und lächelte sichtlich glücklich.

„Danke. Es ist schön, dass sie da waren.“

„Aber natürlich, Sanae.“ Sie löste sich von Sanae und lächelte diese an.

„Sanae du weißt doch...“, fing nun auch Roberto an.

„Okay, es langt jetzt“, mischte sich Tsubasa ein. Sie waren ihm schon ein wenig peinlich. Ein wenig.

„Wollt ihr noch weg?“, fragte Roberto grinsend.

„Ja, wir wollen uns noch mit den anderen treffen. Hikaru und Yoshiko warten auch sicherlich schon auf uns.“

„Tsubasa, du tust ja echt so, als wären wir dir peinlich.“

„Vielleicht seid ihr das ja auch“, antwortete er mit einem Grinsen. Er blickte zu Sanae. „Also, wollen wir?“

„Du hast es ja eilig.“

„Das stimmt.“ Er wollte sie nun mal einfach ein wenig für sich haben. Sie war wundervoll auf der Bühne, aber nun wollte er doch ein wenig Zeit mit ihr selber verbringen.

„Du bist sehr besitzergreifend, Tsubasa“, meinte Robert und grinste ihn aber an.

„Ja, wir gehen dann mal. Bis dann.“ Tsubasa nahm Sanae an die Hand und ging mit ihr in die andere Richtung.

„Alles okay?“, fragte sie und blickte ihn musternd an.

„Natürlich, warum fragst du?“

„Ich weiß nicht, vielleicht weil du besitzergreifend bist.“

„Nur bei dir.“ Er lächelte sie an und streichelte nun ihren Handrücken mit seinem Daumen. „Du warst übrigens toll. Und ich hab dir doch gesagt, dass du gewinnst.“

„Ich habe doch gar nichts gemacht. Die Mädchen haben gewonnen.“

„Unter deiner Anleitung.“

„Wie du willst,“ meinte sie nur noch. Sie wollte sich nun ganz sicherlich mit Tsubasa streiten. Schon gar nicht über so etwas. „Wo wollen wir denn eigentlich hin?“

„Wir treffen uns mit Genzo und Kojiro in einer kleinen Bar. Da sind Hikaru und Yoshiko.“ Er winkte ihnen zu und dann traten sie zu den beiden.
 

„Das war echt schön.“

„Ja, fand ich auch.“ Tsubasa brachte Sanae gerade nach Hause. Es war ziemlich spät geworden. Doch sie hatten viel Spaß gehabt. Mit ihren Freunden. Sie würden bald alle nach Kobe aufbrechen und Tokyo verlassen. Doch es war egal, denn sie würden den Schritt ja gemeinsam machen. Sie müssten sich nicht trennen. Sie würden den Weg einfach gemeinsam gehen. Etwas, das so viele Freunde nicht machen können.

Sanae stand nun vor dem Gartentor ihres Hauses und lächelte Tsubasa an. „Bald geht’s los.“

„Ja, genau. Bald geht’s los.“ Tsubasa blickte sie an und lächelte. Sie war so ein wundervoller Mensch, er konnte einfach nicht verstehen, warum ihre Eltern nicht an ihrem Leben teil nehmen wollten. So etwas hatte kein Kind verdient.

„Kann ich dich mal was fragen?“

„Natürlich. Machst du doch sonst auch.“

Er nickte und sah auf den Boden.

„Was ist es denn?“

„Warum waren deine Eltern nicht bei deiner Aufführung heute Abend?“, fragte er dann doch direkt.

„Ach das.“

Er blickte sie fragend an und sah, dass sie anscheinend nach einer Antwort suchte. Eine Antwort mit der er sich zufrieden geben würde. „Sie hatten geschäftlich Termine.“

Er nickte nur. Tsubasa wusste, dass das nicht die Wahrheit war. Er hatte in dem Haus von Sanae schon lange kein Licht mehr gesehen. Es war immer dunkel, wenn er sie nach Hause brachte. Da stimmte schon länger etwas nicht, dass wusste er einfach. Aber er konnte doch nicht einfach etwas sagen. Er hatte Angst das Falsche zu sagen und Sanae so zu verletzen. Und das war das Letzte was er nun mal wollte.

Aber es brannte nie ein Licht. Es wirkte fast, als wohnte Sanae alleine in dem großen Haus.

„Wie haben deine Eltern es eigentlich aufgenommen, als du ihnen gesagt hast, dass du mit mir nach Kobe kommen wirst?“

„Darüber haben wir doch schon mal gesprochen.“ Sie wollte anscheinend wirklich nicht darüber reden.

„Haben wir das? Mir kam es so vor, als wolltest du nie darüber reden.“

„Was ist das hier? Ein Verhör?“

Ein wenig geschockt über ihre Reaktion blickt er sie dementsprechend an. Dann nickte er. „Nein, es soll kein Verhör sein.“ Vermutlich war es doch kein guter Moment, jetzt mit ihr darüber zu reden. Aber er wollte es einfach wissen.

Er blickte sie nicht, sondern sah die Straße herunter.

Sanae schluckte. Sie hatte noch nie mit jemanden darüber gesprochen. „Ihnen war es egal“, fing sie dann doch an.

Er blickte sie an und sah ihr trauriges Gesicht.

Nun hatte er das Gefühl, dass er schon längst mit ihr darüber hätte reden sollen.

„Es ist ihnen egal. Wie alles, was ich mache.“

„Das glaube ich nicht.“

Sie verzog die Lippen zu einer geraden Linie und lachte dann leicht sarkastisch. „Oh, Tsubasa. Meine Eltern sind nun mal nicht so wie deine Mutter und Roberto. Ihnen ist so vieles egal.“ Ihre Stimme wurde brüchig.

Er dachte nicht lange darüber nach und nahm sie in den Arm. Tsubasa musste sie nun einfach spüren.

„Es ist ihnen egal.“ Er hörte sie schluchzen.

„Psst, alles wird gut“, versuchte sie zu trösten und strich ihr über den Rücken. „Ich bin ja da.“

„Es ist ihnen egal.“

Er spürte, dass sie sich verlor. Sie hatte es wohl noch nie jemanden gesagt und hat noch nie mit jemanden gesprochen, nicht darüber.

Sie sackte in sich zusammen.

„Sanae...“ Doch er brauchte nicht lange, da hatte er sie schon auf seine Arme genommen. Mit ihr ging er zur Haustür und nahm Sanae den Hausschlüssel hab, den sie in den Händen hielt. Sie schluchzte in seinen Armen und es tat ihm so weh, sie so zu sehen. Er hätte schön längst mit ihr reden sollen. Er hätte es sehen müssen. Sie sah doch auch immer sein Leid und seinen Kummer.

Tsubasa ging mit ihr ins dunkle Haus und machte das Licht an.

Ihre Eltern hatten sie als Tochter nicht verdient. Er hatte gerade einen wirklich Hass auf ihren Eltern. Er verstand sie nicht. Wie konnten sie ihre Tochter nur so alleine lassen, so leiden lassen.

Er würde sie nicht alleine lassen.

Nie und nimmer.

Er setzte sich mit ihr auf das Sofa im Wohnzimmer und zog sie einfach nur an sich. Er hielt sie fest an sich, während sie weinte. Hin und wieder küsste er sie auf die Stirn und strich ihr über den Rücken.

Nein, er würde sie nicht alleine lassen.

„Ich werde immer für dich da sein und mir wird nicht egal sein, was du tust. Ich liebe dich und das ist ein Versprechen.“ Er wusste nicht ob sie die Worte hörte, durch ihr Schluchzen und ob sie überhaupt zu ihr durchdrangen.

Aber es war auch nicht wichtig.

Er würde es ihr auch so beweisen.

Ein normales Frühstück

John Steinbeck hat mal geschrieben:

„Mir scheint,

wenn Du oder Ich zwischen zwei Möglichkeiten des Handelns oder Denkens entscheiden müssen,

sollten wir an unser Sterben denken

und versuchen so zu leben, dass unser Tod der Welt kein Vergnügen macht.“
 

Tsubasa schreckte hoch, als er eine Bewegung neben sich spürte. Er blickte sofort zu Sanae, besorgt wie er war, doch sie schien sich nur im Schlaf bewegt zu haben. Sie schlief also noch.

Erleichtert ließ er sich wieder in das Kissen fallen, blickte sie aber weiterhin an. Er hatte bei ihr übernachtet. So konnte er sie gestern Abend einfach nicht verlassen.

Er wollte sie auch gar nicht alleine lassen. So wie er es ihr versprochen hatte. Er wollte ihr zeigen, dass sie sich auf ihn verlassen konnte. Das er sie nicht mehr verlassen würde, nicht so wie damals, als er sie einfach hier in Japan zurück gelassen hatte. Jetzt konnte er sich das gar nicht richtig verzeihen. Er war damals so egoistisch gewesen. Dabei hatte er sie doch schon damals schrecklich gern gehabt. Er hätte sie einfach nicht zurücklassen dürfen.

Sanae war irgendwann in seinen Armen eingeschlafen, als sie noch unten auf der Couch im Wohnzimmer gesessen hatten. Er hatte zuerst mit sich gerungen, ob er nicht einfach mit ihr hier sitzen bleiben sollte, hatte sich dann aber doch dafür entschieden, dass es für Sanae bequemer sein würde, wenn er sie in ihr Bett bringen würde. Tsubasa war vorsichtig mit ihr aufgestanden und hatte sie in ihr Bett gelegt, ihr vorher soweit die Kleidung ausgezogen – soweit er sich das erlaubte - und sie dann zugedeckt. Sanae hatte sich sofort in ihre Kissen gekuschelt und war in einen tiefen Schlaf gefallen.

Tsubasa war dann kurz aus dem Zimmer gegangen und hatte seine Mutter angerufen, um ihr Bescheid zu geben, dass er die Nacht bei Sanae bleiben würde. Seine Mutter hatte das vollkommen verstanden und keine großen Fragen gestellt.

Und nun lag er neben ihr und sah sie an, wie sie endlich in einen friedlichen Schlaf ruhte. Am Anfang hatte sie einen ziemlich unruhigen Schlaf gehabt, dann hatte er sie einfach an sich gedrückt und hatte ihr eine Geschichte erzählt. Seine Mutter hatte ihm diese Geschichte erzählt, wenn er selber immer einen Alptraum gehabt hatte und nicht mehr einschlafen wollte. Eine andere wäre ihm auch gar nicht eingefallen. Aber er hatte sich auch gedacht, wenn sie ihm damals geholfen hatte, warum sollte sie Sanae nicht auch helfen? Und Sanae hatte sich in seinen Armen wirklich beruhigt.

Er hob den Arm um auf seine Armbanduhr sehen zu können. Es war zwei Uhr morgens und er konnte immer noch nicht wirklich schlafen. Aber er war auch noch nicht wirklich müde. Natürlich wusste er, dass er schlafen sollte, aber er konnte einfach nicht. Was vor allem an der Person lag, die neben ihm im Bett lag.

Sie lagen nun das erste Mal in einem Bett zusammen, übernachteten zusammen. Natürlich war das eine andere Situation als man normalerweise denken würde, wenn man sagen würde, dass man mit jemand zusammen schlafen würde. Aber daran dachte er nicht mal. Er machte sich einfach nur Sorgen um seine Sanae. Und doch wusste er, dass es die richtige Entscheidung war, dass er und Sanae zusammen nach Kobe ziehen würden. Sie würde auf die Tanzschule gehen und er würde Fußball spielen. Sie würden beide ihr Hobby haben und doch würden sie zusammen sein.

Vielleicht waren sie damals auch einfach noch nicht erwachsen genug um das machen zu können. Sie waren schließlich noch Teenager als er mit den anderen und Roberto nach Brasilien gezogen war. Doch das war nun vorbei. Er sollte nicht weiter an die Vergangenheit denken, sondern an die Zukunft. Nicht mehr lange und sie würden in ihrer Wohnung in Kobe stehen. Ihre eigene Wohnung. Er freute sich schon sehr darauf.

Irgendwann schlief Tsubasa dann doch ein.
 

Er ließ die Augen geschlossen, als er so langsam aufwachte. Er hatte ruhig und fest geschlafen, so gut wie schon lange nicht mehr. Er suchte mit seinem linken Arm und der dazugehörigen Hand nach Sanae.

Doch die Seite neben ihm war leer.

Sofort öffnete er die Augen und stellte wie erwartet fest, dass die Seite wirklich leer war. Von Sanae keine Spur.

Hatte er sie vielleicht verschreckt gehabt, dass als sie aufgewacht war und ihn neben sich gesehen hatte?

„Oh du bist schon wach?“

Tsubasa blickte zur Tür und sah Sanae, die dort stand. Sie war wohl gerade unter der Dusche gewesen. Denn sie trug ein frisches Shirt, kurze Shorts und hatte noch leicht feuchte Haare, die ihr am Kopf klebten.

„Ja, scheint so“, meinte er lächelnd. Vielleicht war sie ja auch nur aufgestanden, weil sie duschen wollte. Das war vermutlich sogar eine sehr plausible Erklärung.

„Ich habe dich aber nicht geweckt?“ Sanae stand immer noch in der Tür und sah ihn musternd an.

„Nein, ich bin wohl eher deswegen aufgewacht weil du nicht mehr neben mir lagst.“ Er streckte die Hand nach ihr aus und deutete ihr somit, dass sie zu ihm kommen sollte. „Komm her.“

Ein Lächeln umspielte ihre Lippen und sie trat zu ihm.

Tsubasa zog sie zu sich und setzte sie platzierte sie neben sich auf dem Bett. Er legte den Kopf auf ihre Schulter und roch ihren Duft ein. Ihr Duschgel roch nach Rosenblüten.

„Du bist also wach geworden, weil ich nicht mehr neben dir lag?“ Sie griff nach seiner Hand und legte diese in ihren Schoss, wo sie die Hand festhielt und zärtlich streichelte.

„Ja, es war sehr schön neben dir einzuschlafen, dich zu beobachten und dann selber irgendwann einzunicken.“

Sanae sagte dazu nichts. Sie war es einfach nicht gewohnt, dass jemand so liebe Sachen zu ihr sagte.

Und Tsubasa wollte auch gar nicht, dass sie unbedingt etwas dazu sagte. Das war gar nicht nötig.

So blickte Sanae auf seine Hand und stellte mal wieder fest, wie groß diese im Vergleich zu ihrer eigenen war. Früher irgendwann waren sie ungefähr gleich groß und sogar die Hände waren gleich groß, doch nun war er deutlich größer und männlicher. Er sah sehr gut aus und sie war froh, dass er da war.

„Das wegen gestern Abend, Sanae…“, fing er an. Er wollte gerne mit ihr darüber reden. Wollte ihr noch mal bestätigen, dass er immer für sie da sein würde. Für ihn war das selbstverständlich und er wollte, dass sie es wusste.

„Möchtest du was frühstücken?“, fragte sie schnell und stand vom Bett auf. Sie blickte ihn erwartungsvoll an. „Ich esse morgens eigentlich nicht so viel. Eigentlich gar nichts. Weil irgendwie lohnt sich das nicht.“

Tsubasa zog die Augenbraue hoch. Sie aß morgens nichts? „Du isst nichts, obwohl du viel Sport machst?“

„Na ja, für mich alleine ist der Aufwand zu groß. Also esse ich entweder bei Yoshiko oder wir gehen in ein Cafe.“

Tsubasa seufzte. Er hatte ihre Eltern nie wirklich kennen gelernt. Schon damals nahmen sie kaum am Leben von Sanae teil, aber das doch wirklich die Höhe. Hatten die überhaupt ein wenig Verantwortungsgefühl? Fühlen die sich überhaupt für ihr Kind verantwortlich? Wissen die überhaupt noch, dass sie ein Kind haben?

„Gut, das werden wir ändern“, meinte er und stand auf.

„Was meinst du damit?“, fragte sie überrascht.

Tsubasa lächelte und küsste sie auf die Wange. „Ich mach mich mal eben im Bad etwas frisch und dann gehen wir zu mir. Meine Mutter macht dir und mir ein tolles Frühstück und sie freut sich, wenn du mit uns isst.“

„Ich weiß nicht“, meinte sie. Das ging ihr doch nun etwas zu schnell. Für sie war es doch gar nicht so schlimm, wenn sie morgens nichts aß. Sie hatte sich daran gewöhnt. Sie wollte nicht, dass Tsubasa Mutter sich irgendwelche Umstände machte. „Ich will nicht, dass deine Mutter…“

„Sanae“, er griff nach ihren Händen und küsste beide auf den Handrücken. „Meine Mutter freut sich doch riesig. Sie kocht nun mal gerne. Und sie mag es, wenn du bei uns bist, Sanae.“

Sanae nickte. „Es ist so komisch.“

„Was meinst du?“

„Das du wieder da bist und…“ Sie wusste nicht wie sie es ihm sagen sollte. Sie war bisher doch auch alleine klar gekommen und doch war es schön, dass da jemand war, der sich um sie sorgte. Und es war nicht nur eine Person. Nein Tsubasa Mutter und Roberto sorgten sich genauso um Sanae wie Tsubasa selber. Es war komisch, ungewohnt und doch schön.

Sie lächelte schließlich und legte ihren Kopf auf seine nackte Brust. „Ich bin so froh, dass du wieder da bist.“

Der Schwarzhaarige nickte, legte die Arme um ihren schmalen Körper und hielt sie an sich gedrückt. Ja, er fand es auch schön, dass er wieder da war und dass sie wieder zusammen waren. Dieses Mal richtig. Ja, dieses Mal richtig. Er küsste sie zärtlich auf ihr feuchtes Haar und schwor sich erneut, dass er sie nie wieder alleine lassen würde.
 

„So hier sind noch mal eine Portion Pencakes“, meinte Tsubasa Mutter, Natsuko, und stellte die Portion in der Mitte des Tisches.

„Wer soll denn das alles essen, Mom?“, fragte Tsubasa und grinste seine Mutter an, als diese sich wieder an den Tisch setzte.

„Ich kenne da zwei Männer, die ganz zufälligerweise in meinem Haus leben und die essen wie ein Mähdrescher alles, was ihnen vorgesetzt wird.“

„Du übertreibst“, meinte Roberto grinste sie aber an.

„Danke sehr, dass ich mit ihnen essen darf.“

„Ach Sanae, weißt du wie schön es ist mal jemand am Tisch zu sehen, der wenigstens ein paar Tischmanieren hat.“

„Hey, so schlimm sind wir gar nicht“, meinte Tsubasa und steckte sich wieder die Gabel mit einer Portion Pencakes in den Mund.

„Ja? Das glaubst vielleicht du, mein Sohn.“

Sanae blickte die Familie an und lächelte. Sie waren eine tolle Familie. Sie hatten Spaß und lachten viel, sie aßen zusammen und unternahmen gemeinsam etwas. Etwas was Sanae schon lange nicht mehr mit ihren Eltern hatte. Und oft hatte sie sich auch gefragt, ob sie ein schlechtes Kind war. Als Tsubasa damals auch gegangen war hatte sie sich wirklich eine zeitlang gefragt, ob sie ein schlechter Mensch war. Schließlich waren ihre Eltern kaum für sie da und dann war auch noch ihr bester Freund verschwunden. Alle waren von ihr gegangen und sie war allein. Aber sie hatte gelernt damit umzugehen und schließlich hatte sie noch ihre besten Freundinnen und das Tanzen. Beides mochte sie nicht mehr vermissen.

„Sanae hast du schon eine Zusage von der Schule in Kobe?“, fragte Natsuko die Freundin ihres Sohns.

„Ja, die haben sich gemeldet.“

„Und?“, fragte Roberto.

„Sanae ist natürlich angenommen“, sagte Tsubasa sehr stolz.

Sanae nickte ihm lächelnd zu. Sie mochte es ihn so strahlen zu sehen. Es wärmte ihr Herz auf eine Art und Weise wie sie es gar nicht gekannt hatte.

„Das ist sehr schön. Dann fällt euch der Anfang gleich leichter, wenn ihr beide eine Zukunft in Kobe habt.“

Tsubasa nickte und blickte seine Freundin an. Ja, sie würden zusammen nach Kobe ziehen. Sie Beide und er würde ihre Familie sein. Er würde sich die Mühe geben, ihr immer zu zeigen, was für ein wundervoller Mensch sie ist, denn das ist sie. Nur dass ihre Eltern das gar nicht sehen können, wenn sie ja nicht ein wenig Zeit mit ihrer Tochter verbringen.

„Deine Eltern waren gestern gar nicht auf deinem Tanzaufführung“, meinte Roberto und blickte Sanae fragend an.

Sanae schwieg und blickte auf ihren Teller. Sie wusste nicht ob sie wieder sagen sollte, dass sie es nicht geschafft hatten, weil sie eben einfach zu beschäftigt sind oder soll sie vielleicht einfach mal die komplette Wahrheit sagen. Zum Beispiel, dass sie noch nie auf einer von ihren Veranstaltungen waren.

Sie seufzte und war überrascht, als sie Tsubasas Hand auf ihrem Schoss spürte.

Fragend blickte sie auf und sah ihn an, doch er lächelte sie nur zuversichtlich an.

Ja, sie wusste, welche Antwort sie geben würde. Sanae blickte zu Roberto und sagte: „Es ist leider so, dass sie noch nie auf einer meiner Veranstaltungen waren.“

„Das ist doch schrecklich“, meinte Natsuko sofort. Sie hatte es schon lange aufgegeben mitzuzählen, auf wie vielen Spielen sie ihren Sohn begleitet hatte.

„Normalerweise würde ich jetzt antworten, dass sie es einfach geschäftlich nicht geschafft haben. Aber das wäre nur die halbe Wahrheit. Ich sehe sie vielleicht einmal im Monat. Deswegen war es ihnen auch ziemlich egal, dass ich nun mit Tsubasa nach Kobe ziehen werde. Sie haben vermutlich gar nicht mal mitbekommen, dass er wieder da ist.“

„Ach, Sanae“, meinte Tsubasas Mutter mitfühlend. Es zerriss ihr fast das Herz, als sie das Mädchen sah, das so voller Talent war und dessen Eltern sich nicht für es interessierten. Sie sollte wirklich mal ein ernstes Wörtchen mit besagten Eltern reden. Aber vielleicht war es wirklich besser, wenn Tsubasa dieses Mädchen mit nach Kobe nahm. Da war sie nicht mehr allein. Da hatte sie Tsubasa und seine Freunde. Und sie würden die Beiden auch regelmäßig besuchen kommen. Jetzt erst Recht.

„Habt ihr euch schon die Möbelkataloge angesehen?“

„Warum?“, fragte Tsubasa sofort.

„Warum?“, wiederholte Frau Ohzora die Frage ihres Sohnemannes. „Vielleicht deswegen, weil ihr bald nach Kobe zieht und eure Wohnung leer ist.“

„Achso“, meinte Tsubasa und steckte sich noch ein Stück Pencakes in den Mund.

„Oh Tsubasa. Ich frage mich gerade, wer dich aufgezogen hat“, neckte sie ihren Sohn und spielte entsetzt.

„Wer wohl?“, erwiderte er und grinste sie an.
 

„Tsubasa?“

„Ja?“, fragte er blickte aber nicht vom Katalog auf. Sie lagen gerade beide auf seinem Bett und schauten sich Möbelkataloge an.

„Ich möchte dir danken.“

Nun sah er sie doch an. „Für was denn?“, fragte er interessiert.

„Dass du da bist.“

„Ach, Sanae“, meinte er, lächelte und zog sie an sich. „Ich bin doch auch glücklich, dass ich wieder hier bin und dass wir zusammen sind.“

„Ja, das ist wirklich schön“, sie küsste ihn auf die Wange. „Und Danke für das Frühstück.“

„Das habe ich doch gar nicht gemacht. Da musst du dich schon bei meiner Mutter bedanken. Ich will mich nicht mit ihren Lorbeeren schmücken.“

Sanae lächelte. „Nein, so meine ich das auch gar nicht. Dankeschön, dass du mich mitgenommen hast.“

Daher wehte also der Wind. Aber dafür brauchte sie sich – seiner Meinung nach – doch nicht entschuldigen. Er wollte, dass es ihr gut ging, dass sie sich wohl fühlte. Und dafür würde er alles tun.

„Was hältst du von diesem Sofa?“, fragte er und deutete auf eine rote und sehr schicke Couch.

„Ja die ist toll. Aber hast du mal auf den Preis gesehen?“

„Ja habe ich und das liegt alles im Rahmen.“

„Wie groß ist denn dein Rahmen bitte?“, fragte sie nun doch mal nach.

„Das ist ein Geheimnis. Also wenn dir etwas gefällt, dann bestellen wir es.“

„Aber wir wissen doch gar nicht, wie es in der Wohnung aussieht.“

„Wenn es uns nicht gefällt, können wir es ja wieder zurückschicken.“

„Da hast du bestimmt Recht.“

„Natürlich“, meinte er grinsend.

Sanae sah ihn und musste ebenfalls grinsen. „Du bist ja ganz schön von dir überzeugt.“

„Aber immer doch. Du liegst ja hier neben mir.“

„Was hat denn das damit zu tun?“

„Tja, denk mal drüber nach.“ Er sah sie erwartungsvoll an und sah, dass sie wirklich nach dachte. Sie sah wirklich süß aus, wenn sie grübelte. Er beugte sich zu ihr und küsste sie einfach. „Ich liebe dich Sanae.“ Ja, für ihn würde das alles perfekt werden, wenn sie zusammen nach Kobe ziehen würden.



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Kommentare zu dieser Fanfic (79)
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Von:  Songohangirl1990
2019-09-19T08:59:30+00:00 19.09.2019 10:59
Echt super Kapitel von dir ich hoffe du schreibst weiter es ist voll interessant wie es weiter wegen kobe 😄👍
Von:  AvalonsHexe
2010-07-10T00:13:41+00:00 10.07.2010 02:13
ich wär für eines neues kappi xD ... super schreibstil ... hoffentlich schreibst du doch weiter :)

lg Ava
Von: abgemeldet
2009-04-25T16:03:32+00:00 25.04.2009 18:03
cooles Kapi...
sogar besser als das erste...
hoffen wir mal das tsubi seine zeit gut nutzt
Von:  Temari-nee-chan
2009-04-17T16:32:00+00:00 17.04.2009 18:32
DAs Kapitel war so schön. Ich glaube dass sie bei Tsubasa gut aufgehoben ist und seiner Mama.
Und die Zeit in Kobe wird bestimmt toll werden.

Weiter so;)
Von:  Lilly-Drackonia
2009-04-16T14:35:57+00:00 16.04.2009 16:35
Ein tolles Kapi.
Ich bin schon gespannt wie es weiter gehen wird mit den beiden.
Bitte schreib gnaz schnell weiter ich freu mich schon darauf.
Lilly-Drackonia;)
Von:  Rani
2009-04-16T14:31:20+00:00 16.04.2009 16:31
Niedlich cih finde das toll, das Kap meine ich und vorallem das sie sich alles kaufen kann was sie will was will Frau mehr?? Sie hat ihren Traummann udn darf noch einkaufen, ich weiss oberflächlich! Aber trotzdem eine nette idee mach weiter so ich bin gespannt, das Frühstück war auch gut geschrieben man musste an einigen Stellen schmunezln , das ist immer gut^^

LG
Von:  Renesmee-Bella
2009-04-16T10:01:12+00:00 16.04.2009 12:01
Tsubasa ist schon ein toller Kerl und ich finde das super süß das er sich so um Sanae bemüht.
Die beiden sind einfach ein super tolles Paar.
Und ihre Eltern wissen einfach es wirklich nicht zu schätzen wie toll Sanae einfach ist.
Schreibe schnell weiter.

cu SSJBra

Von:  FreakyFrosch1000
2009-04-15T20:00:40+00:00 15.04.2009 22:00
Erste^^
Soooo ein schönes kapitel^^
Die beiden sind soo süß zusammen!!!
Die Mutter ist echt klasse!! Kocht einfach zuviel^^

freu mich schon auf dasnächste kapitel^^
Lg FReakyFRosch
Von:  FreakyFrosch1000
2009-03-25T23:02:01+00:00 26.03.2009 00:02
DAs ist sooo eine schöne FF!!!
ich hab sie gerade endeckt und schnell alle kapitel gelesen!!
So süß die beiden!!
und jetzt ziehen sie auch noch zusammen "kawaiii"♥

Die Eltern haben Sanae echt nicht verdient!!!

Kannst du mir bitte bescheid sagen wenn es weiter geht??? "anfleh"

Lg FReakyFRosch
Von:  Temari-nee-chan
2009-03-25T20:35:24+00:00 25.03.2009 21:35
Das es so schlimm um Sanae steht:( oh je- ich hoffe dass Tsuabsa ihr helfen kann. Und dass ihre Liebe alles besteht.

WEiter so:)


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