Too Lost in You
Ich hocke auf meinem Stuhl und schreie nach Mr. Wammy, als ich einen schmerzhaften Stich - der eindeutig nicht nur der Schmerz über Mr. Wammys Tod ist - im Herz verspüre.
Ich weiß sofort, was Sache ist, als der Boden sich mir nähert.
Light-kun fängt mich auf und sieht mir tief in die Augen.
Das Grinsen eines Irren fährt über sein von Kummer gezeichnetes Gesicht.
Er verliert den Verstand, ich kenne ihn gut genug, dass ich das sehen kann.
Er hält mich in seinen Armen...
___________________________________________________________________________
You look into my eyes
I go out of my mind
I can't see anything
Cos this love's got me blind
I can't help myself
I can't break the spell
I can't even try
___________________________________________________________________________
Ich schlief nie viel. Light-kun schon. Ich sah sein schlafendes Gesicht an und konnte kaum glauben, dass dieses Kind so viele Leute auf dem Gewissen hatte.
Wie immer grüble ich darüber nach, wie es sein kann, dass er sich an nichts erinnern kann, ob es überhaupt sein kann.
Das Licht der aufgehenden Sonne durchflutete die Wohnung. Warf Schatten auf das Gesicht des Studenten. Löschte alle Gedanken aus meinem Kopf. Ließ mich wie eine Katze zusammenrollen und meinen Kopf in der Armbeuge eines Massenmörders betten.
Meine Augen schlossen sich aber nicht.
Ich hatte noch nie einen Menschen besonders gemocht, mit Ausnahme von Mr. Wammy, aber es ist für einen Menschen unmöglich, einen anderen Menschen, dem man alles verdankt, nicht zu mögen.
Light Yagami mochte ich jedoch von ganz allein.
Obwohl er Kira war.
Er öffnete seine Augen und war nicht im Geringsten überrascht, wie nah ich gekommen war. Ich riss meine Augen vor Schreck und Angst etwas auf - ich kam ihm nur, wenn er schlief, so nah.
Doch es schien ihm nichts auszumachen. Wir sahen uns einfach nur an.
Und ließen wenigstens für ein paar Minuten unsere Gedanken los.
___________________________________________________________________________
I'm in over my head
You got under my skin
I got no strength at all
In the state that I'm in
And my knees are weak
And my mouth can't speak
Fell too far this time
___________________________________________________________________________
Ah. Es tut ziemlich weh. Ich wusste schon, dass ich noch ein, zwei Minuten leben werde, habe sie mir aber nie so vorgestellt. Ich sehe nur sein Gesicht, nichts anderes, versuche es in mich aufzusaugen, es in die nächste Welt mitzunehmen.
Er hält mich fest, als ob er nicht will, dass ich sterbe, als ob er nicht will, dass ich ihn verlasse. Er hat doch meinen Tod veranlasst, denke ich mir, also soll er sich nicht so anstellen.
Er soll doch glücklich sein in seinem Irrsinn. Sonst bringt mein Tod doch gar nichts.
Ich finde mich mit meinem Tod ab. In seinen Armen liegend zu sterben ist... nicht unangenehm. Eher als ob ein Gott mich höchstpersönlich in die nächste Welt begleitet.
Doch irgendetwas ist falsch, etwas ist falsch...
___________________________________________________________________________
Cos I'm slipping away
Like the sand to the tide
Flowing into your arms
Falling into your eyes
If you get too near
I might disappear
I might lose my mind
___________________________________________________________________________
Wir saßen wie immer vor dem Computer.
Gestern ist Light-kun aus seinem Gefängnis gekommen und ich hatte beschlossen, ihn an mich anzuketten, aus Sicherheitsgründen, denn ich war mir immer noch sicher, er sei Kira.
Doch irgendwas war falsch. Kira durfte nicht so lächeln wie Light-kun es tat. So unbeschwert reden. Das passte nicht zu dem Kira, den ich vor Light-kuns Inhaftierung kennengelernt hatte.
Schätzen gelernt hatte.
Ich musste ehrlich zugeben, dass Inspektor Yagamis Sohn mich damals absolut in seinen Bann gezogen hatte. Light Yagami war mit Abstand das Interessanteste, das mir je begegnet war.
Und heute war er wie ausgewechselt. Als ob ihn eine bestimmte Aura verlassen hatte. Er war so... unschuldig. In all seinen Facetten interessant. Er ließ mich nicht los.
Ich sollte aufhören, ihn so anzuschauen. Ich war ja fast besessen, dachte ich.
___________________________________________________________________________
I'm too lost in you
Caught in you
Lost in everything about you
So deep, I can't sleep
I can't think
I just think about the things that you do
I'm too lost in you
____________________________________________________________________________
Er lässt mich nicht los.
Es ist was falsch.
Der Gott wird zu menschlich.
Ich sterbe.
Er auch.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
zwei Monate später
Light Yagami verlässt den Campus seiner Universität und macht sich auf den Weg zur nächsten Bäckerei.
Er betrachtet die Kuchen in den Vitrinen und entscheidet sich wie meistens für die Erdbeertorte.
Mit extra Zuckerguss, bitte.
Er verlässt die Bäckerei. Später würde die Verkäuferin noch an den gutaussehenden Typen mit einer Vorliebe für Süßigkeiten denken, der so oft bei ihr einkauft.
Light Yagami betritt nach der Regenbogenhaut-, der Fingerabdruckkontrolle und der Stimmerkennung den riesigen verglasten Wolkenkratzer, der ihm mittlerweile schon so vetraut ist.
Er geht dort in seine Wohnung. Er bildet sich ein, der bestimmte Geruch hinge immer noch in der Luft, obwohl sein eigener ihn schon lange überdeckt hat.
Er setzt sich auf einen der beiden Stühle. Den anderen, auf dem ein weißer Pullover hängt, benutzt er nie.
Light nimmt die Thermoskanne, die neben einem Laptop steht, schenkt sich (?) Kaffee ein und wirft zehn Zuckerwürfel rein, einen nach dem anderen. Daneben stellt er das Stück Erdbeertorte.
Der Student holt ein schwarzes Notizbuch heraus, macht es auf, schlägt wie immer die neunzehnte Seite auf, in dem sein wirklicher Name steht, den er nie gewusst hat.
Er betrachtet das Arrangement aus Torte und Kaffee, dessen Geruch langsam den Raum durchflutet. Dann blickt er wieder auf das Notizbuch. Streicht über Rems gestochen scharfe Schrift, die trotz ihres Todes zu dem Zeitpunkt sehr energisch in das Buch geschrieben wurde, man spürt noch den Abdruck der Buchstaben.
Kein Gesicht mehr. Nur noch den Namen.
Ich sehe ihn an, in dem Wissen, was er nach seinem Leben sein wird.
Nichts ist nichts.
A/N
DISCLAIMER: "Too Lost in You" ist von den Sugababes (unterschätzt!) und ich habe weder Rechte an dem Songtext noch an Death Note.
Kommentare sehr erwünscht :)