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Silberne Flügel, schwarzes Pferd

Feuerdämon und Wasserdrache
von

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Das Bankett

Nach den Frauengesprächen wird es nun offiziell
 

Das Bankett
 

Die Gäste hatten den großen Versammlungssaal bereits betreten und sich auf den ihnen zugewiesenen Plätzen niedergelassen, als die beiden jungen Frauen sich durch eine Schiebetüre schoben, die direkt hinten bei dem Podium lag. Vorsichtig und leise hatten die Dienerinnen die große Türe geöffnet, um sie durchzulassen. Nur den Mitgliedern der Herrscherfamilie war dieser Eingang vorbehalten. Scheu senkten die beiden Mädchen ihre Blicke und lugten unter ihren strengen Frisuren hinauf auf das glänzend polierte Podium aus Edelholz, auf dem die drei hohen Herrscher des Ostens, Südens, und Westens bereit Platz genommen hatten. Kaika lächelte verstohlen ihrem Vater zu, der in seinen prächtigsten Gewändern aus schimmernder, mit Flammenmustern bestickter, roter Seide ihr am nächsten auf einem der niedrigen Hocker saß. Sein Haar war so schwarz wie das seiner Tochter, und es hätte sich genau so unbändig gekringelt, wenn es nicht in einem strengen Knoten nach oben gebunden worden wäre. Er nickte ihr zu, und sie trippelten weiter. Die ungewöhnliche Aufmachung seiner Tochter verwunderte ihn, aber er war auch erfreut, dass sie einmal freiwillig ihre Rolle als Frau annahm und sich so schön herausgeputzt hatte. Das war bestimmt dem Einfluss ihrer Freundin zu verdanken, die neben ihr auf der Suche nach ihren Plätzen war.

Als nächstes kamen die beiden herrschaftlich gekleideten Frauen an ihrem Gastgeber vorbei, der den Schemel in der Mitte eingenommen hatte, welcher ihm als Gastgeber zustand.
 

Sein schillerndes, weißes Haar hing ihm lang über seine breiten Schultern, die wie der Rest seines Körpers in dunkelblaue Seide gehüllt waren. Silbern war das Wappen seiner Familie fein in den Stoff auf den Ärmeln eingearbeitet worden, und Sui wusste, dass diese Stickereien auch den Rücken ihres Vaters zierten. Mit geradem Rücken und beiden Armen auf seinen Beinen abgestützt saß er da und überblickte mit ernstem Gesicht die versammelte Menge, er blickte kurz seine eingetretene Tochter an und nickte ihr zu. Sui nickte grüßend zurück und ihr Blick huschte kurz über den dritten der Männer.
 

Der letzte Herrscher war ein hoch gewachsener Mann, den die beiden Mädchen noch nie gesehen hatten, dessen Ähnlichkeit mit ihrem Widersacher vom Badesee aber sehr verblüffend war. Beide starrten den schlanken Mann an, der lässig auf seiner Sitzgelegenheit thronte. Das lange, glänzendweiße Haar war zu einem energischen Pferdeschwanz zusammen gefasst, wobei die langen Strähnen immer noch bis auf den Boden reichten. Seine Gewänder waren aus weißer Seide gefertigt, nur wenige blaue und rote Muster unterbrachen das Schimmern des edlen Stoffes. Ein üppiges Fell lag um seinen Hals, das genauso weiß war wie seine ganze Gestalt. Und zum Schluss zierte genau der gleiche nachtblaue Halbmond die Stirn des Herrschers, den sie schon einmal erblickt hatten, aber auf einer anderen Stirn. Erschrocken schauten die beiden Prinzessinnen sich an. Das musste der Herr des Westens sein, den sie beide bisher noch nie gesehen hatten. Die Häuser lebten seit vielen Jahrzehnten in Frieden, und so hatte es keinen Anlass gegeben, ein Treffen einzuberufen. Schnell senkten die Mädchen wieder ihren Blick, war es doch unschicklich, einen Gast anzustarren. Übereilt wanden sie sich ab und suchten ihre Sitzkissen, die nebeneinander liegen sollten und die Grenze von Wasser- und Feuerclan markierten.
 

Suis suchender Blick entdeckte schließlich ihre Sitzgelegenheiten. Noch immer spukten diese beunruhigenden Gedanken in ihrem Kopf herum von dem Herrn des Westens und seiner Ähnlichkeit mit dem Angreifer. Warum mussten sich alle auf einmal so ähnlich sehen? Das war nicht normal. Sie trat an ihr Kissen und schaute noch einmal im Stehen über die versammelten Leute, ob sie jemand Bekanntes antreffen würde, und ihre Hand schnellte im nächsten Moment nach hinten und griff schmerzhaft nach Kaikas Arm. Sie schluckte schwer, atmete tief ein und glaubte nicht, wen sie da sah.

Dort, in der ersten Reihe auf der Seite des Westens, da saß er. Er. Er, ihr Angreifer! Dieser Dämon, der sie beide beinahe getötet hätte! Der mit ihr allein in der Höhle gewesen ist. Der sie…

Sie hörte, wie ihre Freundin hinter ihr die Luft scharf einsog, sie hatte ihn ebenfalls entdeckt. Kurz standen beide still da, merkten nicht, wie sie ein wenig verwundert von den Umstehenden angeschaut wurden, dann drehte sich Sui ruckartig weg von der 'Entdeckung' und sah Kaika an.

'Das ist nicht wahr, oder?', fragte ihr Gesicht ihre Freundin und diese schüttelte leicht den Kopf. Sui holte tief Luft. Im Moment konnte sie nichts unternehmen. Nervös nahm sie mit Kaika Platz, darauf bedacht, nicht in eine bestimmte Richtung zu sehen, was ihr natürlich nicht allzu lang gelang.
 

Kaika setzte sich umständlich auf ihr weiches Sitzkissen. Es war sehr ungewohnt für sie, mit dem beengenden Kimono eine bequeme Sitzposition einzunehmen. Daher ließ sie sich etwas steif und förmlich auf ihren Fersen nieder. Fast bereute sie schon, sich in diese edle Kleidung geworfen zu haben, aber als sie aufblickte und die vielen Männerblicke bemerkte, die sie aufmerksam und freundlich begutachteten, genoss sie die ungewohnte Aufmerksamkeit. Sonst wurde sie zwar immer respektiert, aber sie erhielt nie eine Anerkennung für ihr Aussehen, das sie selbst doch durchaus akzeptabel fand. ‚So ist’s recht, schaut nur mal was ich zu bieten hab, ihr Kerle!’ Kaika konnte ein zufriedenes Grinsen nicht unterdrücken. Der Führer der kleinen Armee ihres Vaters saß hinter ihr. Ihm fielen fast die Augen heraus, hatte er den militärischen Berater des Feuerclans doch noch nie in so weiblicher Kleidung erblickt. Die Herzöge des Südens, Vasallen von Kaikas Vater, glotzten ebenfalls recht dämlich, und die junge Feuerdämonin genoss ihren Auftritt immer mehr.

Trotzdem versuchte sie noch einen Blick zu erhaschen auf den so plötzlich aufgetauchten Lebensretter von Sui. Diese saß stocksteif neben ihr, den Blick gebannt auf das Podium vor sich gerichtet.
 

'Das kann nicht sein…', dachte sie sich. 'Wie kann der so ruhig und…unschuldig da drüben sitzen? Ist er etwa wirklich…Kann er…Oh mein Gott.'

Sie schloss entgeistert ihre Augen, um ruhig zu bleiben.

'Oh mein Gott, er ist es. Der Sohn vom Herrn des Westens. Er sitzt in der ersten Reihe und diese Ähnlichkeit. Er ist also doch nicht irgendein dahergelaufener Dämon. Er ist ein Prinz des Westens. Warum muss das passieren? Augerechnet mir! Ob er etwas vorhat? Er weiß, dass ich hier bin. Und er wusste in der Höhle schon, wer ich bin. Warum hat der Spinner mich dann also geküsst? Wenn er da auch schon von diesem Bankett hier gewusst hatte, dann wusste er auch, dass wir uns hier wieder sehen würden. Warum? Wenn ich wollte, könnte ich ihn dran kriegen. Ihm Probleme bereiten, aus denen er nicht mehr raus kommt. Mich rächen! Ihn fertig machen! Warum fühlt er sich also so sicher, dass ich nichts dergleichen tun werde? Ich mein, ich tu’s ja auch nicht. Noch nicht. Was nicht ist kann ja noch werden! Mistkerl…'
 

„Kaika!“, zischte sie lautlos ihrer Freundin zu.

Kaika wandte ihr den Kopf zu und fragte mit leiser Stimme nach. „Was ist? Hey, hast du den verdammten Kerl da drüben hocken sehen? Diesen Arsch, der uns so fertig gemacht hat? Der traut sich was…gehört der zum Westen?“

„Na, schau ihn doch mal an!“, knurrte Sui. „Wie er dem Herrn dort oben neben meinem Vater ähnelt! Am Schluss ist er noch sein Sohn.“ Ihre Stimme verklang. Nein, nein, nein und nochmals nein. Das durfte nicht sein.

„Eingebildeter Bastard.“, verließ es noch ihren Mund. Der, über den sie sich so aufregte, saß erhaben und gelangweilt in der vordersten Reihe. Er musste auf alle Fälle eines der höchsten Mitglieder dieses Clans sein. Seine Kleidung war wieder die gleiche wie bei ihrem Zusammenstoß am See: wallende, edle Gewänder aus Seide, die über der Schulter, wo auch wieder das lange, weiße Fell lag, mit blauen und roten Mustern verziert waren, ähnlich denen, die bei dem Lord dort oben auf dem Podium zu finden waren. Das hübsche Gesicht war wie immer unergründlich, keine Gefühlsäußerung war zu erkennen, weder Überraschung, noch Häme. Nur eine gewisse Arroganz strahlte von ihm aus. Auch Kaika schaute verstohlen zu ihm hinüber. Die Ähnlichkeit war frappierend. Hier konnte kein Zweifel bestehen. Das gleiche, schmale Gesicht, die gleiche, hoch gewachsene Gestalt, die gleichen, wunderschönen, endlos langen, silbernen Haare. Sie hielt die Luft an. Die ganze Familie schien aus einfach unbeschreiblich schönen Wesen zu bestehen. Irgendwie wurde sie sogar neidisch, dass Sui mit diesem flotten Hecht so lange alleine in einer Höhle gewesen war. Na ja, neidisch unter Einschränkungen. Der Kerl da schien sie ja ganz schön geärgert zu haben. Da war ihr ihr Date schon in weit angenehmerer Erinnerung. Ob der auch zu denen gehörte? Die Haare waren gleich, aber das Gesicht von dem Jungen am Feuer, es war breiter, kantiger, wenn auch seine Augen die gleiche, goldene Farbe aufwiesen. Hm, sie begutachtete wieder den Lord des Westens oben auf der Bühne. Nein, diese Zeichen fehlten, das Fell, und die Kleidung war völlig anders…und er war wild und frech und nicht so erhaben wie die beiden da. Vielleicht bestand ja eine weitläufige Verwandtschaft, aber die gleichen Eltern konnten die beiden auf keinen Fall haben. Wieder ärgerte sie sich, dass sie nicht dazu gekommen war, länger mit ihrem Retter reden zu können. Saß da eigentlich eine Frau dabei, eine Gemahlin des hohen Herrn? Kaika reckte den Kopf und suchte die Sitzplätze um den Schnösel gründlich ab. Nein, keine Frauen, auch keine Töchter, nur Heeresführer und Vasallen.

Sie musste aufpassen, die Leute um sie herum schauten schon, nach was sie da suchte. Das war doch zu auffällig. Sie würde ihren Pa mal genauer befragen, wenn dieses Bankett hier vorbei war. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder nach rechts und sah Sui, die wie gelähmt neben ihr saß und den Typen unentwegt anstarrte. Kaika musste lächeln. Egal was Sui auch sagte, wie sehr sie ihn verfluchte. Er hatte sie in seinem Bann. Sie konnte ihre schönen, blauen Augen nicht mehr von ihm lösen, wenn sie auch böse dabei funkelten. Sanft stupste sie die Freundin an.

„Hey, Süße, du hast da die Nacht mit dem Prinz des Westens verbracht, weißt du das? Das ist eindeutig der Sohn von dem auf dem Podest. Keine schlechte Partie…“, grinste sie anzüglich, wobei sie genau wusste, dass sie die erboste Sui damit erst recht auf die Palme bringen würde. Aber immerhin würde sie dann mal von diesem Hexenmeister ablassen können, der sie so verzaubert hatte…auf seine Art.

Suis Augen lösten sich von dem Dämon und wandten sich Unheil verkündend ihrer Freundin zu.

„Was hast du gesagt?“ Ihre Stimme war kaum hörbar und kalte Wut klang aus ihr heraus.

„Ich habe keine Nacht mit ihm verbracht! Nicht einmal ansatzweise!“ Sie betonte jedes einzelne Wort.

„Und es ist mir scheißegal, wer er sein mag. Er ist und bleibt ein räudiger Bastard! Also hör auf, ihn als keine schlechte Partie zu bezeichnen!“

Ihr Kopf ruckte zurück, starrte stur nach vorne, und ihre Augen wichen kein einziges Mal mehr ab zu dem weißhaarigen Dämon.



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