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Silberne Flügel, schwarzes Pferd

Feuerdämon und Wasserdrache
von

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Neue Bündnisse

Neue Bündnisse
 

„Meine Gäste!“

Der Herr des Ostens hatte sich von seinem Platz erhoben und ließ den Blick seiner dunkelblauen Augen über die Menge gleiten. Mit ein paar letzten Worten würde er die Anwesenden von dieser Versammlung entlassen.

„Dies war ein einzigartiger Abend, wie es ihn seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat. Unsere drei Reiche haben sich erneut zusammengeschlossen, um unserem gemeinsamen Feind und seinen üblen Machenschaften entgegenzuwirken. Mit diesem Abend, dieser Versammlung bestärken wir unser uraltes Bündnis, setzen wir einen neuen, bedeutenden Schritt in der gemeinsamen Geschichte dieses ganzen Landes, reihen uns damit ein in die hohen Verdienste, die unsere Vorväter vollbracht haben. Und wir sind stark. Wir sind ein mächtiges Bollwerk gegen unseren gemeinsamen Feind. Doch die Gefahr ist nichtsdestotrotz groß und bedroht dieses neue Bündnis. Deshalb haben wir drei beschlossen,“, er wandte sich kurz bezeichnend nach den anderen beiden Herrschern um, „dass wir dieses Bündnis erneut stärken und es unzerstörbar machen. Nichts soll es und somit unseren Schutz vor dem Feind ins Wanken bringen! Deswegen erfüllt es mich voller Stolz hier und jetzt den ersten Schritt zu verkünden, der die Zukunft und die Verbindung unserer drei Reiche sichert: Die Verlobung meiner ältesten Tochter mit dem Sohn des Inu No Taisho.“

Seine starke Stimme verhallte in der Halle, die augenblicklich von zustimmendem, tiefem Gemurmel erfüllt wurde. Köpfe nickten, stimmten diesem Beschluss zu. Seit jeher war dies ein gutes Mittel, um neue oder auch alte Beziehungen zu festigen. Und gleich eine so gute Partie! Seine älteste Tochter würde den Thronfolger des Westens heiraten! Sie würde später die Herrin der westlichen Länder werden! Ein wahrlich guter und vorteilhafter Schachzug.

Da saß sie inmitten all dieser Leute und hatte wie diese eben die Worte ihres Vaters vernommen. Zustimmendes Gemurmel erhob sich um sie herum, während sie nur dasaß und ein paar Mal blinzelte. Diese neue Botschaft rollte in ihrem Kopf vor und zurück und schien dabei alles platt zu walzen, was sich ihm an Gedanken in den Weg stellte. Immer wieder, vor und zurück, vor und zurück…ständig wiederholten sich die Worte, die sie gerade gehört hatte und füllten ihr Denken aus. Nach außen hin wirkte sie vollkommen entspannt, ihre Hände ruhten locker in ihrem Schoß, ihr Gesicht war weiterhin aufmerksam auf die Bühne gerichtet.
 

Der Prinz des Westens erhob sich links von ihr und schritt auf die Bühne neben seinen Vater und stimmte der Verlobung zu. In Suis Kopf tauchte nun eine zweite Walze auf, die aus seinen Worten bestand, die zusätzlich alle Gedanken verdrängte. Ihr Blick wurde überrascht und ungläubig, ihre Augen verengten sich.
 

‚Moment!’, dachte sie lautstark und verbannte das Echo der Worte aus ihrem Kopf. Wie war das? Sie sollte diesen Dämon heiraten?
 

Fassungslos starrte sie die vier Männer vor ihr an. Sie konnte nicht glauben, was sie da gehört hatte, wollte es nicht glauben. Das konnte doch unmöglich wahr sein! Dass ihr Vater so etwas sagen würde! Er wusste doch wie jeder andere in ihrer Familie von dem, was dieser Dämon da getan hatte! Er und ihre Mutter, was bereits die wichtigsten Personen bei so einer großen Entscheidung waren. Er musste doch mit dem Herrn des Westens darüber gesprochen haben! Er musste es dessen Sohn doch vorgeworfen haben!
 

Sui ballte ihre Hände zu Fäusten und spannte ihren ganzen Körper an. Böse schaute sie empor, sie war entsetzt und wütend über so eine Entscheidung. Dieser Dämon brachte sie und ihre Freundin beinahe um und er kam so davon? Was war hier nur los? Jeder andere wäre sofort verfolgt, gestellt und getötet worden für ein solches Verbrechen! Nur der hier…der wurde weder verfolgt, noch gestellt, noch getötet. Nein, er wurde eingeladen, königlich untergebracht und bekam die Tochter des Hauses gleich noch zur Frau! Die er ein paar Tage vorher beinahe mal so abgemurkst hatte.
 

Sui holte tief Luft. Dass ihre Eltern das tun würden…das hätte sie nie gedacht. Man hatte sie von klein auf dazu erzogen, zu gehorchen, und sie hatte das immer getan, da sie stetig darauf vertraut hatte, dass ihre Eltern nur das Beste für sie wollten und weise Entscheidungen trafen. Nie hatte sie diese Entscheidungen bisher angezweifelt, weil sich eine nach der anderen immer als weise herausgestellt hatte. Doch hier und jetzt…zweifelte sie. Sie stellte fest, dass in dem Moment, in dem ihr Vater diese Verlobung verkündet hatte, dieses Vertrauen verschwunden war. Mit einem Schlag.
 

Sie sollte heiraten? Ihren „Beinahe-Mörder“? Sicher nicht.
 

Ihr innerer Widerstand wurde stärker, baute sich auf ihrer Wut auf, die enorm war, da sie sich verraten fühlte. Verraten und verkauft. Ihre Familie warf sie diesem Dämon vor die Füße! Ihre Familie, die für sie immer Schutz und Geborgenheit bedeutet hatte! Sie konnte es fast nicht glauben und an alles, was sie noch denken konnte, war, sich zu wehren. Zum ersten Mal zu widersprechen. Dieser Wunsch wurde so übermächtig in ihr, dass ihr gar nichts anderes übrig blieb, als ihm zu folgen und allen ihre Wut und Enttäuschung zu zeigen.
 

Sie sprang auf. Ihre Augen blitzen die vier Männer vor ihr eiskalt an und suchten dann den Blick ihres Vaters, der ziemlich überrascht wirkte.

„Nein.“, war alles, was sie sagte, und klar und deutlich verhallte das eine Wort in dem Saal, in dem es augenblicklich totenstill geworden war.

Dann rauschte sie mit hoch erhobenem Kopf an den Gästen vorbei, ignorierte ihre entsetzte Mutter und all ihre Tanten, einfach ihre ganze Familie, öffnete die Schiebetüre und schleuderte sie wieder zu.

So schnell ihr edles Gewand es zuließ, rannte sie die Treppen hinab und flüchtete in Richtung Gärten. Das erneute Öffnen der Schiebtüre bekam sie gar nicht mehr mit, erst wieder die schnellen Schritte, die von ihrer Freundin Kaika stammten, die ihr mit gerafftem Kimono nachgerannt kam. Diese packte sie am Ärmel und zerrte sie weiter außer Hörweite des großen Saals.

"Hey, denen hast du es aber gegeben. Die haben dumm geschaut." Sui schrie nur noch lautstark: „Verfluchte Scheiße! Das darf nicht wahr sein! Sind denn alle wahnsinnig geworden? Meine Fresse! Die können mich alles so was von – grrrrrrrr.“ Ein schrilles Knurren war zu hören. „Scheiße! Nicht wirklich! Nie! Nie im Leben!“

Kaika grinste nur, ihr war es lieber, die Freundin legte mal so richtig los anstatt immer nur brav alles zu schlucken. "Komm, lass es raus!"

„Diesen Dreckskerl heiraten zu müssen! Was kommt als nächstes? Verkauft ihr mich an den Norden, damit die Ruhe geben?“ Sie hatte sich umgedreht und ihre Wort hinüber geschrieen zu dem großen Bankettraum. Sollten sie sie doch schimpfen hören.

„Das ist unerhört! Kaika, hast du das gesehen? Kannst du das glauben? Das ist doch einfach –“ Sie brach ab, wusste nicht was sie weiters sagen sollte. Sie stand am Ufer eines schmalen Baches und blickte in sein klares Wasser. Es rauschte dahin wie das Blut in ihren Adern, von jedem neuen Schlag ihres heftig pochenden Herzens angetrieben. Mit sich schwemmte es diese unglaubliche Wut durch ihr Innerstes.

„Ich kann es nicht glauben…“, murmelte sie zu sich selbst. „Dass sie so etwas tun!“, rief sie aus und schickte ihren wütenden Blick hoch zum Saal. Dort war die Tür aufgeschoben worden, und als ihre Mutter und ihr Vater durch sie hindurch getreten waren, schloss ihr Vater sie eiligst wieder.

Sui atmete tief ein und wappnete sich innerlich auf die nun kommende Auseinandersetzung. Es würde hässlich werden, doch in ihrer Wut hatte sie kein Einsehen. Nicht jetzt. Nicht dieses Mal.

„Oh oh…“, kam es von Kaika. „Das sieht nach Ärger aus, Mädel.“

„Sollen sie doch toben.“, knirschte Sui gefährlich leise. „Sie sind zu weit gegangen.“

Kaika stellte sich dicht hinter ihre Freundin, um sie zu unterstützen und ihr beizustehen, als sich deren Eltern näherten und schließlich in dem kleinen Garten ankamen.

Erst herrschte Schweigen. Sui starrte trotzig ihren Vater und ihre Mutter an und ballte ihre Hände zu Fäusten, als eine neue, große Flut an Zorn über sie hinweg schwappte. Ihre Gesichter waren ernst und sie schauten ihre Tochter wütend aber auch besorgt an. Ihre Mutter sprach als erste und zwar zu Kaika:

„Kaika, würdest du uns bitte alleine lassen?“ Ihre Stimme ließ keinen Widerspruch zu.

Die angesprochene Dämonin presste etwas missbilligend ihre Lippen zusammen und legte ihre Hand auf Suis Schulter. „Wir sehen uns später, OK?“

Sui nickte leicht, ohne ihre Augen abzuwenden von den beiden Erwachsenen. Kaika ging an ihnen vorbei und ließ die Familie allein.

„Was hast du dir nur dabei gedacht, Sui-jin?“, begann ihre Mutter sofort. „Bist du dir überhaupt bewusst, was du angerichtet hast? Diese Beleidigung! Du –“

„Was ich mir dabei gedacht habe?“, begehrte Sui auf. „Was habt ihr euch dabei gedacht? Ihr wollt mich mit dem Mann verheiraten, der mich und Kaika beinahe getötet hätte! Was habt ihr erwartet, dass ich vor Freude Luftsprünge mache, oder was?“ Ihre Stimme war beherrscht aber laut.

„Es handelte sich um ein Missverständnis! Glaubst du, wenn er gewusst hätte, wer ihr seid, dass er euch dann angegriffen hätte?“

Sui schnappte nach Luft. Sie sollte das vergessen, weil es keine Absicht war?

„Aber das spielt doch überhaupt keine Rolle! Es geht darum, dass er es getan hat! Und er braucht nur hier aufzutauchen und kriegt mich zur Frau! Was soll das? Was habt ihr euch dabei gedacht?!“

„Wir haben an unser Land gedacht.“ Ihr Vater sprach nun mit seiner tiefen Stimme.

„An unser Land und seine Bewohner. Allen voran an unsere Familie.“

„Ich gehöre zu dieser Familie.“, entgegnete sie bitter. „An mich habt ihr nicht gedacht.“

„Sui…“, setzte ihre Mutter an und klang verzweifelt. Sie sah den Ausdruck der Trauer und der Wut im Gesicht ihrer Tochter und sie quälten sie.

Ihr Vater seufzte. „Wir haben an dich gedacht. Egal wie es für dich scheinen mag.“

„Ihr habt an mich gedacht? Wo? Sagt mir das! Vielleicht als ihr von seinen Taten von mir erfahren habt und ihn dennoch nicht dafür zur Rechenschaft gezogen habt? Vielleicht als ihr beschlossen habt, mich ihm auch noch zur Frau zu geben?“

„Es reicht, Sui-jin!“, herrschte er sie an.

„Nein, es reicht nicht!“, gab sie zurück. „Warum nur –“

„Sui-jin!“, donnerte sie ihr Vater an und sie verstummte. „Ich wiederhole die Frage deiner Mutter: bist du dir darüber im Klaren, was du heute angerichtet hast? Du hast dich offen gegen deine Familie gestellt, gegen mich! Du hast meine Entscheidung vor den versammelten Herrscher dieses Landes angezweifelt! Und nicht nur vor ihnen, sondern auch vor ihren kommandierenden Hauptmännern und Familien, vor ganz Japan! Erkennst du nicht die Tragweite deiner Handlung? Du hast unsere Familie entehrt.“, seine Stimme wurde leise und enttäuscht.

„Aber –“

„Nichts aber.“, entgegnete er. „Egal was sich ereignet, egal wie du dich dabei fühlst, niemals darfst du deine Familie so entehren! Du hättest danach zu uns kommen können, aber nicht vor allen Leuten!“

„Ich hätte danach zu euch kommen können? Warum seid ihr nicht davor zu mir gekommen? Warum habt ihr es mir nicht zuvor gesagt? Mich gewarnt? Mich überhaupt gefragt, ob ich das will?!“ Verzweiflung mischte sich in ihre Stimme. „Ich habe euch doch vertraut…“, flüsterte sie.

Mitleidig sah sie ihr Vater an. Er verstand sie nur zu gut. Den Schock, den sie erlebt haben musste, als ihr Name gefallen war zusammen mit dem von Sesshomaru. Auch ihre Wut auf ihn und ihren Verlobten. Für sie musste es so scheinen, als wäre sie von ihrer Familie im Stich gelassen worden, als würde sie ihr nichts mehr bedeuten. Doch dem war nicht so, sondern das genaue Gegenteil war der Fall.

Seine Frau war sofort zu ihm geeilt mit der Nachricht, was Sui und Kaika passiert war auf ihrem Weg nach Hause. Dementsprechend wütend hatte er den Herrn des Westens aufgesucht und ihn und seinen Sohn zur Rede gestellt. Sesshomaru hatte in aller Form um Verzeihung gebeten, seinen Standpunkt und seine Handlung erklärt und auf das Missverständnis hingewiesen, das zwischen ihm und den beiden Prinzessinnen geherrscht hatte. Auch dass er sich sofort um Sui-jin gekümmert hatte, nachdem er von ihrer wahren Identität erfahren hatte.

Das hatte zwar seine schlimmsten Befürchtungen beruhigt, aber dennoch war er noch lange nicht zufrieden gestellt gewesen. Doch die Lage, in der er sich befunden hatte und in der sich sein Reich noch immer befand, hätte komplizierter nicht sein können. Er hätte es sich in dieser Zeit unter keinen Umständen leisten können, sich den Westen zum Feind zu machen, genauso wenig wie es sich der Westen hätte leisten können, sich den Osten und den Süden zum Feind zu machen. Also war man nach einer heftigen Diskussion zu einer Lösung gekommen: Eine Hochzeit zwischen Sesshomaru und Sui-jin.. Erst danach hatte man den Herrscher des Südens hinzu gebeten, da ja auch seine Tochter in den Überfall verwickelt gewesen war. Dieser war mit der vorgestellten Lösung einverstanden gewesen.

Dies löste zwar viele Probleme, aber noch lange nicht alle. Das eine Problem stand nun vor ihm, seine Tochter, die diesen Weg überhaupt nicht einsah und sich offen gegen ihn gestellt hatte, eine der größten Unehren, die ein Kind seiner Familie antun konnte. Er hatte zwar Verständnis für sie, doch hatte es einen großen Kampf in seinen Inneren ausgelöst, sich bei allen Gästen, vor allem bei den anderen beiden Herrschern entschuldigen zu müssen, ein Kampf zwischen Scham, Wut und Mitleid. Eigentlich musste sie bestraft werden, doch er wusste, dass für sie diese Hochzeit schon Strafe genug sein würde, wie sie meinte.

Denn es gab auch einen anderen Grund, wegen dem er dieser Vermählung zugestimmt hatte, der nichts mit der Politik zu tun hatte. Auf diesen Grund hatte er sich hauptsächlich gestützt und sein Gewissen beruhigt, doch Sui-jin würde ihm diesen nicht glauben, weshalb er ihn vorerst nicht ansprach. So Leid es ihm tat, er musste seine Tochter ins kalte Wasser springen lassen. Es war das Beste für sie, ohne dass sie es wusste.

„Du hast uns immer vertraut, Sui, warum jetzt nicht?“, wollte er mit gütiger Stimme wissen.

„Na, weil…seht ihr das nicht?“, meinte sie unverständig.

„Wir haben in deinem Leben viele Entscheidungen für dich getroffen und ich weiß, dass wir und vor allem du keine einzige davon je bereuen musstest. Warum vertraust du uns nicht auch hier? Es hat sich nichts geändert. Nach wie vor wollen wir nur das Beste für dich. Wir wollen, dass du in diesen unsicheren Zeiten in Sicherheit bist, dass du geschützt wirst und eine gute Zukunft hast.“

„Aber ich bin hier doch in Sicherheit! Hier bei meiner Familie! Ich will nicht fort! Und schon gar nicht zu diesem Dämon!“ In jedem einzelnen Satz hörte man ihre Dringlichkeit heraus.

Suis Mutter blickte ihren Vater an. Es half nichts. Seine Stimme war ernst und duldete keinen weiteren Widerspruch, als er sprach:

„Dann befehle ich es dir. Als dein Vater und als das Oberhaupt deiner Familie befehle ich dir, den Prinz des Westens zu heiraten zum Wohle aller. Des Weiteren sollst du ihm zur Frau gegeben werden, um für die Schmach, die du mit deinem Ungehorsam über diese Familie gebracht hast, zu sühnen.“ Suis Gesicht wurde immer ausdrucksloser und sie starrte ihren Vater einfach nur an, während er fort fuhr: „Ich dulde keine Widerrede mehr. Von heute an in vier Wochen wirst du in den Westen reisen und Sesshomaru, den Sohn des Inu No Taisho heiraten. Hast du das verstanden?“

Sui hielt seinen Blick noch kurz stand, dann senkte sie verbittert ihren Kopf und flüsterte: „Ja, Oto-sama.“

Dieser atmete tief ein und sah bestürzt auf das gesenkte Haupt vor ihm. Es half nichts.

„Du darfst gehen.“, entließ er sie.

Sui schloss ihre Augen. Ihre Fingernägel gruben sich in ihr Fleisch, so fest ballte sie ihre Hände zusammen. Sie fühlte sich, als wäre ein Berg über sie hinweggerollt und hätte sie schwach und verletzt liegengelassen, ohne auf sie Rücksicht zu nehmen. Alles in ihr schrie danach, sich zu wehren, sich aufzukämpfen und zurückzuschlagen, doch sie wagte es nicht noch einmal, gegen das Wort ihres Vaters zu rebellieren. Er hatte Recht. Sie hatte eine riesige Schande über die Familie gebracht, dadurch dass sie sich offen gegen sie gestellt hatte. Normalerweise sah so ein Vergehen vor, dass sich die frevelnde Person selbst das Leben nahm, um ihrer Familie dadurch die Ehre zurückzugeben. So gesehen rettete ihr Vater ihr das Leben und doch verkaufte er sie an diesen Prinzen.

Sie wirbelte herum und lief davon. Ohne zurückzublicken eilte sie so schnell sie konnte durch den Garten, vorbei an allen den Bächen und Teichen, verließ ihn und wandte sich in die Richtung ihrer Zimmer. Kurz bevor sie diese erreichte, stolperte sie jedoch über ihre eigenen Füße und konnte ihren Schwung nicht abfangen, da der Kimono sie behinderte. Sie fiel mit voller Wucht auf das Pflaster unter ihr und schürfte sich ihre Knie und Hände auf. Mit zusammengebissenen Zähnen blieb sie liegen und krümmte sich, als sich brennender Schmerz durch ihren Körper zog. Tränen wollten in ihr hochsteigen, doch erschrocken unterdrückte sie diese sofort. Langsam setzte sie sich auf und betrachtete ihre blutenden Hände. Einem plötzlichem Impuls folgend schrie sie auf, stemmte ihre Handflächen kräftig auf den Boden und ließ all ihre Wut aus sich heraus in die Erde fließen. Eine gewaltige Menge Energie verließ dabei ihren Körper, verteilte sich im ganzen Berg und ließ ihn erzittern. Gleich darauf erfüllten seltsame Geräusche die Luft, ein Klirren und ein Bersten, das Sui nicht zuordnen konnte.

Nach einer Weile erhob sie sich schwerfällig und taumelte dabei ein wenig. Ihr war schwindelig und sie konnte die Umgebung nur unscharf erkennen. Irgendetwas stimmte nicht mit dem Teich, der dicht neben ihrem Weg lag: er war vollkommen zugefroren. Auch die schmale Treppe, über die sich das Wasser in den See ergoss, war mit dickem Eis überzogen. Lange Zapfen säumten jede Stufe, hatten den Fluss des Wassers in der Starre gebannt. In ihrer Wut hatte sie wohl zuviel Magie freigesetzt.

Suis Blick folgte dem Verlauf der Treppe, den Hügel hinauf mit dem Tempel, der darauf ruhte. Jeder noch so kleine Bach und jeder noch so große Teich, alles Wasser auf dem Berg war gefroren worden. Von ihr

Genugtuung macht sich in ihr breit. Mit einem siegreichen Lächeln auf ihren Lippen setzte sie ihren Weg zu ihren Zimmern fort. Sie fühlte sich ein wenig besser.



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