Zum Inhalt der Seite

Kleine Weihnachtsgeschichte

Zusatzgeschichte zu Vampires Moon
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Er lief den Flur entlang, bemühte sich, so leise wie möglich zu sein. Ein kleiner, schwarzer Wolf tapste hinter ihm her, fiepte leise. Der Junge nahm das Tier auf den Arm, streichelte ihm über den Kopf, doch es strampelte nur mit seinen kurzen Beinen und fiepte noch lauter.

„Sei still, Noctifer“, flüsterte Junge, ließ den Wolf wieder runter. Dieser setzte sich auf seine Hinterläufe und sah auf, gähnte.

„Was tust du da, Evan?“ Der Junge fuhr zusammen und drehte sich um, sah in das neugierige, vorwurfsvolle Gesicht seines Zwillingsbruders. Er legte sich einen Finger auf die Lippen und schlich weiter. Der andere Junge folgte ihm interessiert, ihm lief ein weißer Welpe hinterher, welcher sich an den Schwarzen heranpirschte und ihn an sprang. Der Schwarze fing an zu knurren und schnappte nach seinem Bruder.

„Hey! Hört auf!“ Evan hob den Schwarzen hoch. Diesmal ließ er ihn nicht wieder runter, rannte den Gang entlang, sein Bruder Arek folgte ihm, den Weißen auf den Arm haltend.

„Bleib da!“, rief er beleidigt, kam ins Stolpern, fand das Gleichgewicht wieder, sah, wie Evan um die Ecke verschwand. „Doof“, murrte er, lief seinem Bruder nach, erwischte ihn, wie er vor der Tür zur Bibliothek stand und durch einen kleinen Spalt versuchte, einen Blick ins Innere zu erhaschen, doch alles was er sehen konnte waren die kostbaren Bücher seines Vaters.

„Was machst du da? Mama und Papa haben uns verboten, zu lauschen“, zischte Arek, zog seinen Bruder von der Tür weg, nur um selber hineinzusehen. Das ließ sich der andere natürlich nicht gefallen und drängte ihn zur Seite. Als Arek sich seine Position zurückerobern wollte, biss ihm Evan in den Arm. Erschrocken schrie der Gebissene kurz auf, wehrte sich dann, indem er nach seinem Bruder schlug. Sie fielen zur Seite und durch die Tür.

„Was macht ihr da?“, fragte ein hochgewachsener Mann. Er lächelte, als ihm die Kinder vor die Füße fielen und schuldbewusst zu ihm auf sahen.

„Nichts?“, antwortete Evan sofort, zog Noctifer zu sich, der zu dem ausgewachsenem weißen Wolf tapsen wollte, der hinter dem Mann stand. Arek hingegen reckte den Hals, um einen Blick ins Innere der Bibliothek zu werfen. Im Kamin brannte ein Feuer, das die beiden davor stehenden Sesseln seltsame, unheimliche Schatten verwandelte. Sauber und ordentlich wie immer standen die Bücher seines Vaters in den hohen Regalen, die sich über zwei Ebenen erstreckten. Der Raum wurde nur vom Kaminfeuer und einigen Kerzen erleuchtet, deren Schein nicht bis an die hohe Decke reichte. Unzählige Stunden waren sie schon in den Sesseln gesessen, er auf dem Schoß seiner Mutter, sein Bruder auf den seines Vaters, und hatten den Geschichten aus den Büchern gelauscht, welche der schwarz haarige, schlanke Mann mit seiner Stimme so lebendig machen konnte. Areks Blick blieb bei seiner Mutter hängen, die, mit den Armen vor der Brust, neben einer kleinen Tanne stand.

„Cain!“, rief sie. „Bring die Kinder endlich ins Bett!“ Sie schüttelte den Kopf, seufzte. Der Mann lachte, scheuchte die Beiden wieder nach draußen.

„Ihr habt eure Mutter gehört! Also ab auf euer Zimmer!“ Cain beobachtete lächelnd, wie die beiden hinter der nächsten Ecke verschwanden, dann schloss er die Tür, diesmal ganz.
 

„Das ist doof!“, murrte Arek, verschränkte die Arme vor der kleinen Brust. „Mama und Papa haben irgendwas vor! Wieso sonst sollten sie einen Baum zu den Büchern stellen?“

„Ich weiß, was sie machen“, prahlte Evan, gluckste leise, beobachtete, wie Noctifer sich spielerisch an seinen Bruder heranpirschte, der sich auf dem Boden zusammengerollt hatte und vor sich hin döste.

„Tust du gar nicht! Und sag Noctifer, dass er Akeju in ruhe lassen soll!“

„Tu ich wohl! Die Kinder im Dorf haben es mir erzählt. Sie haben gesagt, dass wir Geschenke kriegen, weil irgendjemand den ich nicht kenne, Geburtstag hat. Das finde ich lustig!“, erklärte Evan stolz, zog Noctifer zu sich und drückte ihn.

„Mama hat uns verboten, ins Dorf zu gehen“, rief Arek entrüstet. Wahrscheinlich mehr über die Tatsache, dass sein Bruder ohne ihn fortgegangen war, als dass er ein Verbot missachtet hatte. Evan streckte ihm die Zunge raus.

„Ist mir doch egal! Die Kinder sind nett und ich will mit ihnen spielen. Morgen zeige ich ihnen meinen Wolf. Die wollten mir nicht glauben, dass ich einen habe. Das ist doof.“

„Das sage ich Mama! Dann kriegst du ärger!“

„Spielverderber! Du hast doch nur Angst! Sonst würdest du mitkommen.“

„Ich hab keine Angst!“

„Wovor hast du keine Angst? Hab ich euch beiden nicht gesagt, dass ihr schlafen gehen sollt?“ Die beiden Jungs fuhren zusammen, als ihr Vater den Kopf durch die Tür reinsteckte. Grummelnd kletterte Evan in sein Bett, zog sich die Decke übers Gesicht. Arek tat es ihm gleich. „Na also“, bemerkte Cain zufrieden, lächelte und setzte sich auf die Kante von Evans Bett.

„Ich bleib jetzt solange hier, bis ihr beiden endlich Ruhe gebt und schlaft“, verkündete er. „Und ich will keine Widerrede hören.“

„Papa? Warum machen Mama und du das? Stimmt es, was Evan gesagt hat?“, fragte Arek, beugte sich aus dem Bett und zog Akeju zu sich hinauf unter die Decke, sah Cain dann mit großen, erwartungsvollen Augen an.

„Weil ich es lustig fand. Und das, was wir machen heißt Weihnachten. Da bekommen brave Kinder ganz viele Geschenke“, antwortete der Gefragte. „Und jetzt geht endlich schlafen. Sonst bekommt ihr keine.“ Unwillig nickten die Kinder. Cain stand auf, löschte das Licht und verließ das Zimmer.
 

Etwas Kaltes wurde in seinen Nacken gestopft. Er schrie kurz erschrocken auf, fischte sich dann unter dem schallendem Gelächter seines Bruders den Schnee aus dem Mantel. Oh, er hasste den Winter so sehr! Genauso wie den Sommer und alle anderen Jahreszeiten. Er fand immer etwas, um ihn zu ärgern. Sei es Schnee, Herbstlaub, bunte Blumen in den Haaren oder ein Stoß ins Wasser. Er war ja so ein verdammter Kindskopf.

„Nun schau nicht so“, gluckste Evan. „Du verstehst aber auch gar keinen Spaß!“

„Spaß? Ich zeig dir gleich mal ...“, knurrte Arek, wurde jäh unterbrochen, als ihn ein Schneeball mitten im Gesicht traf. „Jetzt reicht's!“, brüllte er, stürzte sich auf seinen Bruder, doch dieser lief lachend davon, gefolgt von dem schwarzem Wolf, winkte den beiden Frauen zu, die ihnen entgegen kamen, versteckte sich hinter der Rothaarigen.

„Arek ist wieder böse zu mir“, nuschelte er, schielte zu dem Übeltäter.

„Wenn du ihn die ganze Zeit ärgerst, bist du selber schuld“, antwortete sie nur, rieb sich die Hände, die trotz der Handschuhe eiskalt waren. Evan sah sie mit einem Hundeblick an, den sie gekonnt ignorierte, und beschwerte sich dann darüber, dass sie ebenso böse war wie sein Bruder und sie musste lächeln. „Lasst uns über den Markt gehen.“

„Ja!“, rief Evan freudig, lief voraus, nahm sie vorher an die Hand. Arek schüttelte den Kopf, seufzte genervt. Die andere Frau schenkte ihm ein verständnisvolles, etwas schüchternes Lächeln.

„Shivan! Evan! Wartet“, rief sie dann, folgte ihnen mit Arek im Schlepptau.

„Lauft doch einfach schneller, Zora“, rief Evan zurück.
 

Er liebte es, über den Weihnachtsmarkt zu gehen, diese Vielzahl an Gerüchen, die Lebkuchen, der Glühwein, die Gemütlichkeit. Er zog Shivan von einem Stand zum Nächsten, kaufte tütenweise Süßigkeiten, trank mit ihr Glühwein und genoss das Lachen auf ihrem Gesicht. Ja, der Winter war mit Abstand die schönste aller Jahreszeiten.

Als es dunkel wurde, fing es an zu schneien und sie stellten sich an eine Glühweinhütte. Shivan legte ihm den Kopf auf die Schulter wärmte ihre Finger an dem heißen Getränk und beobachtete zusammen mit Evan, wie sich Zora und Arek darüber stritten, ob Weihnachten nun sinnvoll war oder nicht und es sah so aus, als wäre sein Bruder kurz davor, zu kapitulieren.

„Ist das nicht schön?“, fragte Shivan, sah zu ihm auf und lächelte. Er nickte, strich ihr über das glatte, rote Haar.

„Ja. Einfach perfekt. So muss ein Winterabend aussehen“, antwortete er und erwiderte ihr Lächeln. Mit einem triumphierendem Grinsen stellte sich Zora dazu, warf Arek einen Blick zu und bestellte zwei Glühweine. Einen reichte sie dem grummelnden Verlierer.

„Sieh es ein, Arek, du kannst nicht gegen sie gewinnen“, lachte Evan. Er kraulte kurz Noctifer, gab Shivan dann einen flüchtigen Kuss.

„Pah, das sagst du“, brummte Arek, trank einen Schluck des Weines.

„Er ist einfach nur ein schlechter Verlierer“, kicherte Zora, strich sich das lila gefärbte Haar aus dem Gesicht. Arek ignorierte sie einfach alle und sah in den Himmel, seufzte.

„Na gut. Ich sag es zwar nicht gern“, murmelte er dann, hob sein Glas. „Frohe Weihnachten!“ Die anderen Drei stimmten mit ein. Evan lachte.

„Tu nicht so. Ich weiß, dass es dir gefällt“, raunte er seinem Bruder zu und ein flüchtiges Lächeln stahl sich in dessen Gesicht.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2008-12-26T17:36:14+00:00 26.12.2008 18:36
Besonders der erste Abschnitt hat mir gut gefallen, auch wenn es ich zweimal überlegen musste, bevor mir eingefallen ist, warum die beiden Kinder kein Weihnachten kennen. ;-)
Eine schöne Geschichte, die romantische Stimmung am Ende gefällt mir. Die zeitlichen Sprünge lassen sich gut nachverfolgen, ohne dass Verwirrung entsteht.
Was ich nicht verstehe, ist, inwiefern die Kinder und ihre Eltern Vampire sind – mir sind keine „vampirlichen“ Merkmale aufgefallen – aber das mag an meiner mangelnden Kenntnis deiner Geschichte „Vampires Moon“ liegen.
Besonders mag ich deine Art zu schreiben: Leicht, flüssig, gut verständlich und einfach rund. Es gibt keine Rechtschreibfehler oder holprige Formulierungen – zumindest keine, die mir aufgefallen wären – und durch die Absätze lässt sich die Geschichte gut lesen.

Fröhliche Weihnachten!
Maeve




Zurück