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Ein ganz besondere Adventskalender

von

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Ich rieb mir die Augen und schwang mich aus dem Bett. Während ich verschlafen durch mein Zimmer tapste, fiel mein Blick auf den Kalender. Heute war der 1. Dezember und das bedeutete nur noch 23 Tage bis Weihnachten. Sofort bekam ich gute Laune, denn ich mochte die Adventszeit und das Fest wirklich sehr. Und etwas würde mir die Wartezeit darauf noch versüßen: mein Pokémon-Sammelkartenadventskalender. Es war nicht leicht gewesen ihn zu finden, aber irgendwie hatte es meine Mutter schließlich doch noch geschafft. Ich liebte das Kartenspielen und wenn ich Glück hatte war auch die eine oder andere seltene Karte dabei. Gespannt, was hinter dem ersten Türchen auf mich warten würde, ging ich zum Schreibtisch und suchte die 1 auf dem Kalender. Vorsichtig öffnete ich das Türchen und zog die Karte aus dem Schlitz. Es war ein Pikachu. Zwar keine Seltenheit, aber zumindest hatte ich sie noch nicht. Während ich mir die Attacken durchlas, spürte ich plötzlich ein leichtes Vibrieren, das von der Karte ausging. Erschrocken ließ ich sie fallen. Noch im Flug fing sie an zu leuchten und im nächsten Augenblick war mein Zimmer von einem seltsamen, regenbogenfarbenen Licht erfüllt. Geblendet schloss ich die Augen. Als ich sie wieder öffnete, schaute ich genau in zwei schwarze Kulleraugen. Während mir ein leiser Schrei entfuhr, taumelte ich nach hinten und stolperte über den Teppich, sodass ich im nächsten Moment unsanft auf dem Hintern landete. Doch den Schmerz spürte ich nicht mal, denn meine ganze Aufmerksamkeit galt dem Wesen, das nicht mal einen Meter entfernt auf dem Boden saß und mich beobachtete. Es war klein, gelb, hatte zwei lange Ohren, einen gezackten Schwanz und rote Bäckchen. Das war ganz zweifelsfrei ein Pikachu! Doch was hatte das Elektropokémon in meinem Zimmer zu suchen? Das war doch gar nicht möglich, immerhin war das hier die reale Welt. Aber womöglich träumte ich auch nur oder hatte Halluzinationen. Doch als der Gelbling auf mich zukam und an meinen Zehen schnüffelte, fühlte sich das Kitzeln der kleinen Nase sehr realistisch an. Ich nahm all meinen Mut zusammen und streckte meine Hand nach dem Pokémon aus. Aber das Pikachu löste sich nicht wie vermutet bei Berührung in Luft auf, nein, ich griff tatsächlich in ein seidig weiches Fell. Noch immer zweifelnd, wandte ich mich an das mysteriöse Wesen: „Hallo Pikachu, sag mal bist du echt?“

„Pika, Pika!“, nickte es fröhlich, sprang auf meinen Schoß und schaute mich erwartungsvoll an.

Ich war so von den Socken, dass ich erst mal nur bewegungslos da saß und es fassungslos anstarrte. Doch Pikachu stupste solange auffordernd mit der Nase gegen meine Hand, bis ich endlich anfing es zu kraulen. Mit genüsslich zugekniffenen Augen schmiegte es sich an mich. Ich fand das auch echt toll, nur hatte ich immer noch keine Ahnung, was da eigentlich gerade passiert war. Schließlich wurden Sammelkarten nicht jeden Tag einfach mal so lebendig. Doch ich hatte gar keine großartige Zeit mir darüber den Kopf zu zerbrechen, denn der eindringliche Ruf meiner Mutter erinnerte mich, dass ich ja noch zur Schule musste. Also unterbrach ich die Streicheleinheiten und hob Pikachu hoch. Es blinzelte nur freundlich, ließ sich aufs Bett setzen und schaute mir dann interessiert beim Umziehen zu. Nachdem ich meinen Rucksack gepackt hatte, ging ich zu Pikachu und fuhr ihm sanft über den Kopf.

„Hör zu Kleiner, ich muss jetzt zur Schule. Du wartest bitte schön still und brav hier auf mich, ja?“

Pikachu legte den Kopf schief und sah mich mit meinem verständnislosen Blick an, bevor es mit einem quietschigem „Pika“ auf meine Schulter sprang. Unter dem Gewicht der zu groß geratenen Elektromaus sackte ich für einen Moment zusammen. „Autsch, du bist ja ganz schön schwer. Mich wundert’s, dass Ash keine Nackenschmerzen kriegt, wenn er dich ständig auf der Schulter trägt.“, richtete ich mich an meinen neuen kleinen Freund. Doch ich hatte jetzt andere Probleme. So sehr mir der Gedanke wie Ash mit nem Pikachu auf der Schulter durch die Gegend zu laufen gefiel, so wusste ich doch auch, dass ein richtiges Pikachu für eine Menge Trubel sorgen würde und solange ich noch nicht wusste, wie es hierher gekommen war, wollte ich nichts riskieren. Also nahm ich Pikachu behutsam von mir und setzte es wieder aufs Bett: „Tut mir leid, Kumpel, du kannst wirklich nicht mitkommen. Wenn ich von der Schule zurück bin, überleg ich mir was. Und nun sei bitte lieb und bleib in meinem Zimmer.“ Als ich mich umwand, lief es mir wieder hinterher.

‚Hach, Trainer sein ist gar nicht so leicht.’, seufzte ich. Warum hatten die, wer auch immer Pikachu geschickt hatte, bloß keinen Pokéball mitgesendet? So musste mir irgendetwas anderes einfallen um das kleine Monster zu beschäftigen. Da kam mir plötzlich eine Idee. Ich schaltete den Fernseher ein, drehte den Ton ganz leise und legte eine Videokassette in den Rekorder. Die flimmernde Kiste und vor allem die großen Buchstaben die darauf erschienen, faszinierten Pikachu sofort. Ich legte ihm noch ein paar Kekse hin und während das kleine Elektrowesen gebannt die neusten Episoden von „Pokémon“ verfolgte, schlich ich mich leise zur Tür und entschwand. Mir war zwar nicht wohl dabei das Pokémon allein zu lassen, aber was sollte ich sonst machen?

Als ich in die Küche kam, begrüßte mich meine Mutter und fragte nach, weswegen ich so lang gebraucht hatte. Für einen kurzen Moment kam mir der Gedanke sie einzuweihen, doch ich hatte die Befürchtung, dass sie über den neuen Mitbewohner nicht sonderlich erfreut sein würde. Ich wollte nicht unbedingt, dass sie nach einem „AHHH, eine gelbe Riesenratte!“-Schrei, den Kammerjäger rief, deshalb behielt ich den seltsamen Besuch erst mal für mich. In der Schule konnte ich jedoch keinen klaren Gedanken fassen und sobald die Glocke das Ende der letzen Stunde einläutete, war ich in Windeseile auf dem Weg nach Hause. Als ich die Haustür aufschloss, hatte ich schon die leise Befürchtung ein Trümmerfeld vorzufinden, doch alles war noch heil an Ort und Stelle. Pikachu war also zum Glück im Zimmer geblieben. Als ich dieses jedoch betrat, war da weniger von Ordnung zu sehen. Die Blätter von meinem Schreibtisch sielten sich verknittert zwischen Kekskrümeln und angeknabberten Socken auf dem Boden herum, meine Gardine hing leicht schief und einige Bücher hatten ihren angestammten Platz im Regal verlassen. Wie es schien hatte Pikachu mein Zimmer gründlich unter die Lupe genommen. Doch so wenig ich über dieses Chaos erfreut war, ich konnte dem kleinen gelben Tierchen, dass sich friedlich schlafend im völlig zerwühlten Bett zusammengerollt hatte, einfach nicht böse sein. Also schaffte ich erst einmal Ordnung und machte so leise es ging meine Hausaufgaben damit ich die friedlichen Träume meines besonderen Freundes nicht störte. Kaum war ich fertig, sah ich wie die langen Ohren verdächtig zuckten. Keine Sekunde später hatte Pikachu die Augen offen und stürmte freudig auf mich zu. Ich fing die gelbe Maus auf und ließ mich lachend erst einmal gründlich abschlecken. Während ich es im Gegenzug ausgiebig kraulte, hörte ich auf einmal ein dumpfes Dröhnen. Pikachu lief leicht rot an und hielt sich den Bauch. Ich musste lachen: „Da hat wohl jemand Hunger.“ Verständlich, denn heute früh hatte ich ja nur Zeit gehabt ein paar Kekse hervorzukramen. Da meine Mutter noch nicht da war, konnte ich nun also mit Pikachu auch im Rest der Wohnung agieren. „Na komm, wir sehen mal, ob wir was für dich finden.“

Es schien verstanden zu haben, denn seine Augen funkelten plötzlich. Pikachu ließ es sich nicht nehmen, den Weg bis zur Küche auf meiner Schulter zurückzulegen. Neugierig sah es sich um und nahm die neuen Gerüche schnüffelnd auf. Als ich die Kühlschranktür öffnete, wurden Pikachus Augen ganz groß. Für das Pokémon sahen die fremden Speisen bestimmt alle sehr interessant aus, doch für mich stellte sich das Problem, dass ich keine Ahnung hatte, was ein Pikachu außer Rockos Pokémonfutter noch fraß und ich wollte diesem seltenen Exemplar auf keinen Fall eine Lebensmittelvergiftung bescheren. Also ließ ich ihn alles beschnuppern und gegebenenfalls probieren. Nach einer halben Stunde Futtersuche hatte Pikachu ganz klar seine Lieblingsspeise herausgefunden: Käse, Bananen, Röstzwiebeln und Ketchup- und zwar alles zusammen. Ich hatte zwar ein leicht flaues Gefühl im Magen, als ich meinem gelben Freund beim Essen zusah, doch solang es ihm schmeckte...

Nach dem Essen machten wir es uns auf dem Sofa gemütlich und sahen die neusten Animefolgen an. Natürlich gefiel es ihm besonders gut das andere Pikachu in dem kleinen Kasten zu beobachten, wobei es so sehr mitfieberte, dass es in einer brenzligen Situation fast einen Donnerschock losgelassen hätte. Ich kam gerade noch an die Fernbedienung um das Gerät auszuschalten. Zwar war es etwas verwundert, dass plötzlich nur noch schwarz zu sehen war, doch zumindest beruhigte es sich wieder und die Wohnzimmereinrichtung bleib vor der Verkohlung verschont. Doch ich merkte, dass Pikachu wohl ein bisschen viel Energieüberschuss hatte und so beschloss ich mit ihm raus in den Garten zu gehen. Es erkundete sofort neugierig die neue Umgebung und sprang sogleich fröhlich herum. Wir spielten Fangen, wobei ich so meine Probleme hatte der wendigen Elektromaus hinterher zukommen. Gerade wenn ich an den Gelbling herangekommen war, setzte es Ruckzuckhieb ein und war ruck zuck wieder außer Reichweite. Dabei war es so voller Feuereifer, dass es durch die Hecke aufs Nachbargrundstück schoss. Zum Glück war es so verdutzt darüber, dass es stehen blieb und ich es schleunigst wieder zurückholen konnte, bevor irgendjemand dieses Wesen, was eigentlich hätte gar nicht existieren dürfen, zu Gesicht bekam. Doch damit war Pikachus Neugier auf die Welt hinter der Hecke erwacht und ich hatte einiges zu tun, es an seinem Erkundungsdrang zu hindern. Da hatte ich mir ja was eingebrockt. Bevor es noch entwischte, schnappte ich mir Pikachu und ging wieder rein. Keine Sekunde zu früh, denn meine Mutter kam von der Arbeit wieder. Ich verschanzte das Pokémon in meinem Zimmer und war nun fortwährend damit beschäftigt mich ganz normal zu verhalten, meiner Mutter zu helfen und gleichzeitig Pikachu bei Laune zu halten, das offensichtlich am liebsten in meiner Nähe war. Ich war erleichtert, als es Zeit zum Schlafen gehen war und ich ohne Vorwand in meinem Zimmer verschwinden konnte. Ich stellte Pikachu noch ein kleines Körbchen vor mein Bett, doch die Mühe hätte ich mir auch eigentlich sparen können, denn kaum hatte ich mich ins Bett gelegt, sprang die kleine Elektromaus auf dieses und schob sich unter meine Bettdecke. Da jeglicher Protest zwecklos war, schlief ich also ein paar Minuten später ziemlich erschöpft mit einem echten Pikachu im Arm ein.
 

Irgendwie hatte ich ja die ganze Zeit die leise Hoffnung gehabt, alles sei nur ein Traum gewesen, doch am nächsten Morgen wurde ich von einer nassen Zunge geweckt. Als ich die Augen aufschlug, sah ich immer noch in zwei große schwarze Kulleraugen. Pikachu hatte sich also nicht einfach so in Luft aufgelöst. Auf der einen Seite fand ich das toll, denn wer konnte schon ein richtiges Pikachu sein Eigen nennen, doch ich wusste immer noch nicht richtig, was ich mit ihm anstellen sollte, während ich in der Schule war. Ich stand vor dem ernsthaften Problem, wie man ein Pokémon beschäftigen konnte, wenn man nicht auf Reisen war. Doch es gab zunächst noch ein anderes zu bewältigen, denn es war ein neuer Tag und das bedeutete ein weiteres Türchen zu öffnen. Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl, denn schließlich wusste ich nicht, ob das mit Pikachu nur Zufall gewesen war oder ob es wirklich mit diesem Kalender zusammenhing und mich nun eine weitere lebendige Überraschung erwartete. Doch dies konnte ich eigentlich nur herausfinden, indem ich das Türchen mit der 2 öffnete. Unentschlossen stand ich vor dem Kalender. Anscheinend etwas zu lange, denn der Kalender nahm mir die Entscheidung ab, indem er plötzlich anfing zu leuchten und mir die Karte einfach entgegenspuckte. Etwas überrascht fing ich sie auf und konnte noch die Konturen eines Charmian erkennen bevor die Karte sich ebenfalls in gleißendem Licht auflöste und Sekunden später eine kleine Katze in meinem Zimmer saß, die mich gleich mal ziemlich fordernd anmauzte. Ich fand Charmian toll und ließ mir deshalb die Gelegenheit nicht nehmen, es ausgiebig zu streicheln. Doch bereits nach kurzer Zeit war es Charmian zu viel. Es fauchte mich finster an und ich konnte gerade noch meine Hand zurückziehen, bevor es seine scharfen Krallen in diese schlug. Gewand sprang das Katzenpokémon aufs Bett, genau neben Pikachu. Die gelbe Maus streckte seinem neuen Spielgefährten gleich freudig die Pfote entgegen, doch Charmian ignorierte sie. Das war wohl keine Liebe auf den ersten Blick, doch solange die beiden im meinem Zimmer keinen Kampf anfingen, sollte mir das recht sein. Während ich mich umdrehte um meine Sachen zusammen zu suchen, hörte ich auf einmal ein ziemlich empörtes „Pika“ hinter mir. Als ich mich umdrehte, lag Pikachu auf dem Boden und blickte verärgert zu Charmian hoch, dass sich an der Stelle, wo eben beide noch gesessen hatten, breit gemacht hatte. Pikachu ließ sich dieses Verhalten jedoch nicht gefallen und versprühte als Warnung Funken aus seinen Bäckchen. Charmian machte einen Buckel und begann bedrohlich zu fauchen. Doch bevor die Beiden sich aufeinander stürzen konnten, war ich herangeeilt um den Streit zu beenden. Als ich Pikachu auf den Arm nahm, holte ich mir einen kleinen Schlag und wusste nun wie sich Team Rocket immer fühlen musste. Ich sprach mit beiden ein Machtwort und hoffte inständig, dass sie den Zwist bei Seite legen würden. Pikachu schien auch nicht weiter nachtragend zu sein und so setzte es sich nur leicht grummelnd wieder neben Charmian aufs Bett. Ich kramte ein paar Spielsachen hervor, besorgte für die Beiden was zu futtern, bevor ich mich verabschiedete und mit dem leisen Zweifel, dass ich mein Zimmer heute Nachmittag genauso heil wiederfinden würde, machte ich auf den Weg zur Schule.

Doch als ich wiederkam, war nicht mehr als das übliche Chaos entstanden. Gut, es gab ein paar kleine Brandspuren, vermutlich von Donnerblitzen, im Teppich und Pikachus Nase zierte eine breite Kratzerspur, aber zumindest lag nicht das Haus in Trümmern und die Beiden waren auch noch am Leben. Pikachu kam gleich freudig zur Begrüßung auf mich zugestürmt und nahm seinen Lieblingsplatz auf meiner Schulter ein. Auch Charmian ließ sich von seinem Schlafplatz herab und strich mir um die Füße. Ich hatte schon den ganzen Tag gegrübelt, wie ich die beiden Pokémon bei Laune halten konnte und mir war auch tatsächlich was eingefallen.

„Kommt ihr beiden, wir gehen Plätzchen backen!“ Sie sahen mich zwar etwas verständnislos an, folgten mir aber sofort in die Küche. Unter den neugierigen Blicken der Zwei holte ich alles was wir zum Backen brauchten aus den Schränken und stellte es auf den Küchentisch, wo die beiden Kleinen sie sofort untersuchten. Pikachu öffnete die Mehltüte und schnüffelte daran. Doch der feine Staub stieg ihm sofort in der Nase, was ihn zum Niesen veranlasste. Eine große Mehlwolke wirbelte auf und plötzlich hatte ich ein weißes Pikachu in der Küche sitzen. Charmian ließ ein hämisches Mauzen los und auch ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen. Ich musste die kleine Elektromaus erst mal abduschen bevor wir weiter machen konnten. Während ich Pikachu trocken rubbelte, nahm Charmian in der Küche die Milchpackung unter die Lupe. Ich konnte gerade noch verhindern, dass es die Packung aufschlitze. Um die Katze ruhig zustellen, schüttete ich ein kleines Schüsselchen mit der weißen Flüssigkeit voll, auf die sich Charmian sofort stürzte. Pikachu und ich taten derweil alles Notwendige in die Schüssel. Während ich die Zutaten zusammenmischte, bereitete es Charmian unheimliche Freude ständig mit seiner Pfote ein paar Teigbrocken zu angeln. Aber auch Pikachu nahm eine kleine Kostprobe begeistert entgegen. Kaum war der Teig fertig, klingelte auf einmal das Telefon. Es war Paula, meine beste Freundin. Sie plapperte wie immer munter drauf los und so vergaß ich für einen Moment meinen ungewöhnlichen Besuch in der Küche. Doch plötzlich gab es einen lauten Knall. Erschrocken fuhr ich herum und rannte zurück. Die Schüssel lag unten und die restliche Milch ergoss sich über den Tisch, den Boden und ein total verschrecktes Pikachu. Charmian saß an der anderen Ecke und putzte sich mit engelsgleicher Miene die Pfoten.

„Was war das denn?“, hörte ich eine Stimme aus dem Telefon.

„Ehm, ein kleiner Küchenunfall.“, erklärte ich leicht verlegen. Mit Pikachu war es nicht einfach gewesen, doch die Beiden allein unter Kontrolle zu halten, würde sehr schwierig werden. Ich brauchte Hilfe und wenn ich jemandem mein Geheimnis anvertrauen konnte, dann ihr. Also holte ich tief Luft und sagte: “Du, ich muss dir was erzählen.“
 

Eine halbe Stunde später hatte ich die Sauerei in der Küche beseitigt, die ersten Plätzchen waren sicher im Backofen gelandet und wurden aufmerksam von Pikachu und Charmian beobachtet, als es an der Tür klingelte. Meine Freundin hatte mir natürlich kein Wort geglaubt, ließ sich die Gelegenheit zu einem Besuch aber nicht nehmen. Mit leichter Vorfreude führte ich sie in die Küche. Als sie die beiden Pokemon, die gebannt in die Röhre starrten, sah, verschlug es ihr erst einmal die Sprache und das wollte bei ihr etwas heißen! Ungläubig rieb sie sich die Augen, doch die gelbe Elektromaus und die Katze mit dem spiraligen Schwanz lösten sich nicht in Luft auf. Als sie sich wieder aus ihrer Schreckensstarre gelöst hatte, näherte sie sich den Pokémon. Neugierig und doch vorsichtig stupste sie Charmian an. Die Katze drehte sich verärgert um und fauchte meine Freundin giftig an. Paula taumelte zurück und brachte dann ein immer noch ungläubiges „Die sind ja wirklich echt!“ heraus.

„Tja, was hab ich dir gesagt?“ Ich amüsierte mich über das erstaunte Gesicht meiner Freundin. Aber nach einer kurzen Eingewöhnungsphase war sie auch von meinen beiden neuen Gefährten begeistert. Ich war sehr froh, dass ich jetzt nicht mehr allein auf die beiden Pokémon aufpassen musste. So war es auch viel einfacher die restlichen Plätzchen zu backen und anschließend mit ihnen raus in den Garten zu gehen und zu toben. Nach einer reichliche Stunde Ballspielen und Ausbruchsversuche verhindern, waren wir mehr als fertig. So verbrachten wir den Rest des Tages einfach nur mit einem kleinen Fotoshooting und ausgiebigen Kuschelstunden.
 

Dem nächsten Morgen sah ich mit etwas mehr Entspannung entgegen, denn Paula hatte sich gleich mal bei mir einquartiert, sodass, egal wer da gleich aus dem Kalender springen würde, ich damit nicht allein klarkommen musste. Und da mich interessierte, ob die sonderbaren Begebenheiten etwas mit mir zu tun hatten, ließ ich meine Freundin das dritte Türchen öffnen. Als ich ihre strahlenden Augen sah, brauchte ich gar nicht mehr zu fragen, welches Pokémon sie heraus gezogen hatte. Sekunden später fing die Karte wie üblich an zu leuchten und die Umrisse eines Glumandas formten sich, dass gleich mal von meiner Freundin stürmisch halb zu Tode geknuddelt wurde. Die Karte war wirklich ein absoluter Volltreffer, denn Glumanda war ihr Lieblingspokémon. Und die Feuereidechse schien meine Freundin auch gleich ins Herz geschlossen zu haben, denn es schleckte sie sofort gründlich ab. Von da an wich Glumanda keinen Zentimeter mehr von Paulas Seite, oder Paula von Glumandas Seite? Das konnte keiner sagen. Es war ein hartes Stück Arbeit die beiden zu überzeugen, sich zumindest für die Schulzeit zu trennen.

Am Nachmittag hatten wir, nun mehr zu fünft, genügend helfende Hände um die gestern gebackenen Plätzchen zu verzieren. Der meiste Zuckerguss und die Streusel landeten zwar auf den Pokémon, sodass sie selber wie riesengroße Kekse aussahen, doch es war genügend da, damit auch das Gebäck etwas abbekam, sofern es nicht vorher in einem der drei Mäuler der kleinen Naschkatzen verschwand. Nachdem alles fertig war, überlegten wir uns, was wir mit den Dreien denn noch machen konnten.

„Das blöde ist, dass wir sie so nirgends mit hinnehmen können. Sie sind einfach zu auffällig.“ Ich hätte ihnen schon gern mehr von unserer Welt gezeigt, denn es war immerhin Weihnachtszeit und es gab eigentlich überall etwas zu sehen.

„Ich hab eine Idee! Lass uns doch versuchen, sie mit Pokebällen einzufangen.“, schlug Paula vor.

„Hey, das hier ist kein Anime, sondern die Realität.“, tadelte ich sie.

„Sagt die mit dem Pikachu im Wohnzimmer.“, hielt sie grinsend dagegen. Irgendwie hatte sie ja Recht. Zumindest versuchen konnte man es. Also kramte ich den Plastikball, der mal eine Sammelfigur und Süßigkeiten beinhaltet hatte heraus. Ich nahm eine coole Pose ein und warf dann den rot-weißen Ball mit den Worten: “Pokéball los!“ Er raste auch zielgerichtet auf Pikachu zu, prallte dann jedoch gänzlich wirkungslos ab und rollte über den Boden, während sich das getroffene Pokémon mit einem völlig entgeisterten Gesichtsausdruck, kleinen Tränen in den Kulleraugen und einem verständnislosem „Pika?“ umdrehte.

„Oh tut mir leid, Pikachu, das war nicht so gemeint.“ Ich musste meinen Fauxpas mit einer ausgiebigen Knuddelstunde wieder gut machen, während Paula sich vor Lachen auf dem Boden kringelte. Ich konnte mir schon vorstellen, dass die ganze Aktion ziemlich dämlich ausgesehen haben musste. Aber nun wussten wir zumindest, dass wir das mit den Pokébällen vergessen konnten. Also mussten wir uns etwas einfallen lassen. Doch nach reichlich Kopfzerbrechen hatten wir eine Idee. Pikachu befestigte ich mit zwei Schnüren auf meinem Rücken und solang es still hielt, ging es durchaus als Rucksack durch. Charmian kam an die Leine und Glumanda bekam einen Pelzmantel übergezogen. Zwar sahen uns alle mit etwas seltsamen Blicken nach, als wir mit einem Hund mit flammender Schwanzspitze und einer merkwürdigen Katze über den Weihnachtsmarkt spazierten, doch keiner erkannte das wahre Wesen dieser etwas anderen Vierbeiner. Mit so was rechnete schließlich auch keiner. Ich selbst hätte wohl noch vor ein paar Tagen jeden ausgelacht, der mir erzählen wollte, er hätte ein richtiges Pokémon zu Hause. Doch jetzt sah das ganze etwas anders aus. Ich hatte zwar immer noch keine Ahnung, wie das passiert war, doch inzwischen hatte ich einfach nur soviel Spaß mit meinen ungewöhnlichen Spielgefährten, dass die Frage nach dem Warum völlig in Vergessenheit geriet. Ich genoss es einfach nur ihre staunenden Gesichter über all das fremde glitzernde Zeug zu beobachten. Zwar mussten wir beständig aufpassen, dass unsere Tarnung nicht flöten ging, doch mit den Drein den Weihnachtsmarkt zu erkunden, war bei weitem schöner als in den vergangenen Jahren. Besonders als Pikachu die Zuckerwatte entdeckte und schließlich über und über in der klebrigen Masse versank, konnten wir uns vor Lachen nicht mehr halten. Obwohl noch kein Schnee lag und es bis zum Fest noch ein paar Tage hin war, kam doch bereits bei diesem kleinen Bummel auf den festlich geschmückten Straßen eine vorfreudige Weihnachtsstimmung auf. Doch irgendwann war auch der schönste Ausflug vorbei und Paula musste zurück nach Hause. Um mir stundenlanges Abschiedsgeheul zu ersparen, gab ich ihr Glumanda einfach als getarnten Hund mit. Wie sie das ihrer Mutter beibrachte, war ihre Sache.
 

Auch ich hatte eigentlich vorgehabt meine neuen Spielgefährten vor meiner Mutter geheim zu halten, doch spätestens als am 4. Morgen plötzlich ein Arkani in meinem Zimmer stand, war daran nicht mehr zu denken. Die drei Kleinen zu tarnen war kein Problem, aber einen zwei Meter großen Hund zu verstecken, war so gut wie unmöglich. Also beichtete ich ihr schließlich unseren ungewöhnlichen Besuch. Doch anstatt in Panik auszubrechen, schnappte sie sich gleich Pikachu und knuddelte es innig. Damit war die ganze Angelegenheit noch etwas weniger schwierig. Auch meine Mutter schloss schnell Freundschaft mit den knuffigen Wesen und sie schien doch auch ein wenig vom Pokémon-Fieber, dass sie jahrelang als kindischen Blödsinn abgetan hatte, befallen worden zu sein. Nur als am 10. Dezember ein Webarak aus meinen Zimmer direkt auf ihr Bett kroch, war sie alles andere als begeistert. Gerade noch rechtzeitig konnte ich sie davon abhalten dem Spinnenpokémon mit Insektenspray zu Leibe zu rücken. Seitdem achtete sie darauf, dass sich das überdimensionale Krabbeltier nicht in ihrer Nähe abseilte. Auch Zirpeise betrachtete sie mit Argwohn. Ein bisschen erinnerte mich ihr Verhalten an Misty. Nur mit Wadribie schien sie keine Probleme zu haben, denn das große Bienenpokémon lieferte ihr den leckersten Honig für den morgendlichen Tee. Ansonsten bleib sie bei dem Chaos, das die täglich wachsende Pokémonschar anrichtete, doch erstaunlich gelassen.
 

Natürlich war es trotzdem schwer alleine etwas mit der immer größer werdenden Rasselbande zu unternehmen. Deshalb beschloss ich meinen restlichen Freunden von meinem besonderen Besuch zu erzählen. Zwar lachten mich alle am Telefon bei dieser Story aus, doch zwei Stunden später war ich es, die herzlich über ihre dummen Gesichter beim Anblick der Pokémon in unserer Wohnung lachte. Keiner von ihnen hatte auch nur die leiseste Ahnung, wie so etwas möglich war, doch es dauerte nicht lange, da hatten alle diese Frage vergessen, denn sie waren von den seltsamen Wesen sofort verzaubert. Jeder hatte so seinen Liebling und so wurde schon nach kurzer Zeit gekuschelt und gespielt was das Zeug hielt. Und natürlich ließen wir es uns auch nicht nehmen einmal echte Pokémontrainer zu sein. Ins Trainer-Cosplay geschlüpft, kam richtiges Animefeeling auf. In unserem Garten fanden jeden Tag die heißesten Kämpfe statt. Zwar wunderten sich die Nachbarn wohl über die ein oder andere Flammensäule oder plötzlich eintretenden Donner bei klarem Himmel, doch dank der hohen Hecke um unseren Garten, blieb unser seltsamer Besuch unentdeckt. Während einige meiner Freunde im Anime sicher exzellente Pokémontrainer geworden wären, so zeigten andere ein großes Talent für Pokémonwettbewerbe, an denen wir uns auch versuchten. Und ich nutze nebenbei jede freie Minute um Beobachtungsstudien über meine besonderen Gäste zumachen. Prof. Eich wäre sicher stolz auf mich gewesen. Doch wir unternahmen auch ganz „normale“ Sachen mit ihnen. Inzwischen hatte es angefangen zu schneien und die wilde Bande war ganz begeistert davon in der weißen Pracht herumzutollen. Neben heißen Schneeballschlachten, die meist damit endeten, dass das arme Enton total in Schneebällen vergraben war, denn bei seiner Lahmheit war es ein nur allzu leicht zu treffendes Ziel, machte es ihnen besonders Freude Schneepokémon zu bauen. Während die meisten ein wenig verunglückt aussahen, erwiesen sich Glumanda und Arkani als wahre Meister im Eisfiguren formen. Mit wohldosierten Flammen schmolzen sie die von Glaziola hergestellten Eisblöcke zu den herrlichsten Skulpturen, die eine glänzende Galerie in unserem Garten bildeten.

Da aber bei der ständig wachsenden Pokémonzahl unser Garten allmählich zu klein wurde, beschlossen wir einen Nachmittag einen kleinen Ausflug zu machen. So gut es ging getarnt, was sich vor allem bei dem endlos langen Dragonir als ziemliches Problem herausstellte, zogen wir mit Schlittschuhen und allen Schlitten, die wir auftreiben konnten, los. Wir suchten uns ein abgelegenes Plätzchen an einem zugefrorenen See. Zwar war die Eisschicht noch nicht dick genug zum Laufen, doch da wir ja praktischerweise ein Eispokémon dabei hatten, war das nach einigen Augenblicken kein Thema mehr und wir konnten die Fläche ohne Bedenken betreten und Schlittschuh laufen. Oder na ja, zumindest es versuchen. Denn während Kirlia grazil wie eine Elfe über das Eis tanzte, hatten die meisten anderen Pokémon so ihre Probleme auf den Pfoten zu bleiben. Währenddessen ich Nachtara, das alle vier Pfoten in eine andere Richtung gestreckt, hilflos auf der spiegelglatten Fläche lag, hoch half, fand Pikachu heraus, dass man auch ganz hervorragend auf dem Bauch über das Eis schlittern konnte und so fand jedes Pokémon schließlich seine ganz spezielle, teilweise etwas merkwürdige, Art über das rutschige Element zu kommen. Auch wenn ich das ein oder andere mal über ein zu schnell heranschießendes Pokémon stolperte und unsanft auf der Eisfläche landete, so machte es doch einen heiden Spaß. Und auch Schlittenfahren war bei weitem lustiger, wenn man Pokémon mit an Bord hatte. Und Dank Glaziola hatten wir auch eine ungewöhnlich schnelle Rutschbahn, die leider ab und zu an einem Baum endete. Es gab zwar ein paar blaue Flecken, doch ernsthaft verletzt wurde niemand. Und wenn uns bei dem ganzen Schneespielen zu kalt wurde, entfachten Glumanda und Arkani einfach ein kleines wärmendes Lagerfeuer. Nach der ganzen Rumtoberei hatten wir aber irgendwie keine Lust mehr nach Hause zu laufen, also banden wir alle Schlitten zusammen und ließen uns von unserem Riesenschlittenhund Arkani bis vor die Haustüre ziehen. Total erledigt fiel sogar ausnahmsweise der ganze Pokémonhaufen gleich ins Bett und schlief friedlich, von Abenteuern im Schnee träumend ein.
 

Der 23. Dezember war dann für alle noch viel aufregender, denn meine Mutter hatte uns einen schönen großen Weihnachtsbaum besorgt und als die Truppe die ganzen glitzernden Dekorationssachen sah, war sie kaum noch zu bremsen. Bisasam und Chelast waren mit ihren Ranken sehr hilfreich, wenn es darum ging den Schmuck in der Baumkrone anzubringen und Ambidiffel nutze seine zwei Griffel geschickt zum Verteilen an schwierigen Stellen. Wablu und Voltilamm spendeten etwas von ihrem flauschigen Fell, das nun wie kleine Schneehäufchen die grünen Äste verschönerte. Das Lametta konnten wir uns dieses Jahr auch sparen, denn Webarak überzog den Baum mit feinen seidig glitzernden Fäden. Selbst Botogel wollte seine „Geschenke“ an den Baum hängen, doch als eines davon in Riolus Pfote explodierte, sahen wir davon ab die schimmernden Kugeln zu befestigen. Klingplim schien offenbar Gefallen daran zu finden, sich als Stern auf die Baumspitze zusetzen und uns mit seinem wundervoll friedlichen Gesang zu begleiten. Alle waren mit Feuereifer bei der Sache. Shnebedeck war zwar überhaupt nicht begeistert, ebenfalls mit Kugeln und Schleifchen geschmückt zu werden, doch wer schon wie ein Tannenbaum aussah, musste eben dran glauben. Als es langsam anfing zu dämmern, zündete Arkani vorsichtig die Kerzen an und unser Weihnachtsbaum erstrahlte in einer wunderschönen Pracht. Völlig fasziniert saßen alle noch bis spät vor dem funkelnden Baum.
 

Und dann war endlich der heilige Abend gekommen. Ein bisschen aufgeregt war ich schon, denn heute war schließlich das letzte Türchen zu öffnen und ich hatte so eine leise Ahnung, dass mich etwas Besonderes erwarten würde. Und das tat es auch tatsächlich. Als ich behutsam den Schlitz in der Mitte öffnete fand ich...

...nichts. Der Hohlraum, in dem sonst die täglich lebendig werdende Karte steckte, war absolut leer. Ich untersuchte den Kalender genauestens, doch es war nichts zu finden. Ich war zugleich verwundert und enttäuscht, doch die anderen 23 Pokémon nahmen mich sofort so in Beschlag, dass ich es bald wieder vergaß. Es war auch noch genug zu tun, meine Mutter brauchte Hilfe bei den zahlreichen Gänsebraten, die sie für unsere außergewöhnlichen Gäste zubereitete. Und die ließen es sich Mittags auch kräftig schmecken. Zum Glück war es nur Arkani, das einen ganzen Braten alleine schaffte und auch den anderen Pokémon, die dann doch eher auf Klöße mit Rotkohl umgestiegen waren, half die Reste zu vertilgen. Nachdem wir uns noch einmal in der im Sonnenlicht funkelnden Schneepracht ausgetobt hatten, wurde es langsam besinnlicher. Als es langsam dunkler wurde, versammelten sich alle Pokémon im Wohnzimmer. Das Funkeln des Weihnachtsbaums spiegelte sich in den glänzenden Augen der kleinen Tierchen wieder. Während wir Plätzchen knabberten, stimmten Klingplim und Wablu einen himmlischen Gesang an, der von Zirpeises geigenartigem Zirpen unterstützt wurde, letztendlich als alle eingestimmt hatten, direkt in unsere Herzen drang und ein wundervolles Gefühl der Besinnlichkeit verbreitete. So gut es ging kuschelten sich alle zusammen und genossen diesen Moment innigster Zufriedenheit. Das war wirklich das weihnachtlichste Fest, das ich je erlebt hatte. Nach der feierlichen Gesangsstunde war dann Bescherungszeit. Als ich als Weihnachtsmann verkleidet in das Zimmer trat, erntete ich zwar zunächst misstrauische Blicke, doch als sie den prallgefüllten Sack sahen, war das Interesse der Pokémon geweckt. Ich hatte für jeden meiner neuen Freunde ein kleines Päckchen gepackt und amüsierte mich königlich über ihr aufgeregtes Gehopse bis jedes sein Geschenk in den Pfoten hielt. Ich musste einigen beim Auspacken helfen. Als alle die Süßigkeiten und speziellen Kleinigkeiten wie z.B. ein Glöckchenhalsband für Charmian, inspiziert hatten, wurde ich zum Dank von allen gleichzeitig bestürmt. Auch für mich lagen einige Päckchen unter dem Weihnachtsbaum, doch die schönste Geschenke, waren dieses Jahr eindeutig diese sonderbaren Wesen. Unser Haus war noch nie so voll Fröhlichkeit erfüllt gewesen. Wir spielten, lachten, sangen und richteten Chaos an bis in die späten Abendstunden.

Doch so schön es auch war, irgendwann war es Zeit ins Bett zu gehen. Ziemlich von der ganzen Rasselbande geschafft, schlief ich auch gleich mit Pikachu und allen kleineren Pokémon zusammen gekuschelt ein. Aber aus irgendeinem Grund war mein Schlaf nicht von langer Dauer. Ich wachte mitten in der Nacht plötzlich auf und verspürte den Drang ans Fenster zu gehen. Ich sah nach draußen auf den zauberhaft verschneiten Garten. Dann wanderte mein Blick zurück auf mein von Pokémon gefülltes Zimmer und ich musste lächeln. Der Weihnachtsabend war dieses Jahr wirklich etwas Besonderes und noch nie so schön gewesen. Es schien mir gar so, als hätte ich in den letzten 24 Tagen mehr gelacht als jemals zuvor. Sie waren zwar schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe, aber sie hatten auch jede Menge Freude gebracht. Auch wenn ich langsam nicht mehr wusste, wohin mit ihnen, so war es fast schade, dass die Vorweihnachtszeit nicht 493 Tage hatte und ich in den Geschmack einer kompletten Pokémonsammlung gekommen war. Doch beim Gedanken an ein Relaxo in meinem Zimmer, ließ ich diesen Wunsch lieber wieder fallen. Mit meinen 23 Lieblingen hatte ich schon genug zu tun. 23... da fiel mir wieder die seltsame Begebenheit der letzten fehlenden Karte ein. Ich ging an den Schreibtisch um mir den Kalender noch einmal genau anzusehen. Bei dem Gedanken, welche schönen Erlebnisse ich in den letzten Tagen durch ihn erlebt hatte, konnte ich nicht anders als liebvoll über seine Kanten zu fahren. Plötzlich erstrahlte in dem mittigen Türchen ein Licht. Eine kleine regenbogenfarben schimmernde Kugel schwebte heraus, wurde größer und verwandelte sich letztendlich in ein Pokémon.

„Hallo Jirachi.“, begrüßte ich das Legendäre erstaunt, denn dem angeblich Wünsche erfüllenden Pokémon zu begegnen, war wirklich etwas Besonderes. Das sternförmige Pokémon schwebte um mich herum. Langsam kam mir eine Ahnung, was hier eigentlich passiert war.

„Sag mal, bist du für diese Pokémonversammlung verantwortlich?“

Der kleine gelbe Stern nickte und gab einen zustimmenden Laut von sich.

„Vielen Dank Jirachi, das war eine tolle Überraschung.“, bedankte ich mich.

Fröhlich tanzte es um mich herum, doch dann blieb es schlagartig in der Luft stehen und sah mich traurig an. Auch wenn es nicht reden konnte, so verstand ich doch, was es mir sagen wollte und die Traurigkeit, die es ausdrückte nahm auch mein Herz gefangen.

„Ihr müsst gehen, stimmt’s?“, murmelte ich bedrückt. Jirachi nickte langsam. Ich musste schlucken. Während ich mir meine liebgewonnenen neuen Freunde der letzten Tage besah, stiegen mir Tränen in die Augen. Wir hatten so viel Spaß zusammen gehabt und jetzt sollte ich sie wieder verlieren? Obwohl es mir so unendlich schwer fiel, mir vorzustellen wieder ohne sie zu leben, verstand ich doch auch, dass sie nun mal in ihre eigene Welt gehörten. Ich nickte Jirachi zu. Schweren Herzens ging ich zum Bett und streichelte ein letztes Mal über das seidig weiche Fell meiner kleinen Spielgefährten. Pikachu wachte auf, sah Jirachi und wurde ebenfalls traurig. Es schien zu wissen, was nun geschehen würde. Betrübt schleckte es mir noch einmal über die Wange. So gern wir wohl zusammen geblieben wären, so wussten wir doch, dass ein Abschied unvermeidlich war. Inzwischen waren auch alle anderen Pokémon wach geworden und schienen Bescheid zu wissen. Um mir gar keine Gelegenheit zu großen Tränenausbrüchen zu lassen, wurde ich einfach von allen zu Boden geknuddelt. Als sich das Pokémonknäul aufgelöst hatte, gab Jirachi das Zeichen zum Aufbruch. Alle kamen zusammen und selbst Glumanda erschien wieder in meinem Zimmer. Jirachi schwebte über ihnen. Während aus seinem Schweif glitzernder Sternenstaub über die Pokémon fiel, erstrahlten sie und keinen Herzschlag später war die ganze verrückte Schar verschwunden. Zwar blieb etwas Wehmut, doch als ich aus dem Fenster sah, erleuchtete eine funkelnde Sternschnuppe den Himmel, die mir die schönen Erlebnisse dieser besonderen Weihnachtszeit in Erinnerung rief und mir ein glückliches Lächeln auf die Lippen zauberte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SmettgirlSimi
2010-11-17T00:48:44+00:00 17.11.2010 01:48
Mau~ das is echt ne total schöne Weihnachtsgeschichte, aber am Ende glitzerten mir schon die Augen ;_______;


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