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Der Wille zu Leben

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Der Wille zu Leben

Der Wille zu Leben
 

Es war eine sternenklare Nacht. Nichts Besonderes im Sommer. Die Kirchenuhr schlug Mitternacht. Alles war ganz gewöhnlich. Alles außer den zwei Gestalten auf dem Dach des Aussichtsturms, der jetzt so ruhigen Stadt. Ein Junge mit schwarz gefärbtem Haar und ein Mädchen in seinem Alter. 16 Jahre jung.

Sie saß bei ihm, gleich neben der Tür, die ihnen den Zugang zum Aussichtsplatz gewährt hatte.

Er stand auf und blickte in die Sterne. In der Dunkelheit konnte man sein Gesicht nicht erkennen und somit war auch keine Emotion darauf zu sehen.

„Mir wird kalt Duke. Lass uns zurückgehen!“, sprach das Mädchen und zitterte bereits etwas.

Duke zog seine Jacke aus und überreichte sie der Frierenden.

„Hier zieh sie an, dann wird’s dir wärmer!“, antwortete er und blickte wieder nach oben.

Das Mädchen zog die Jacke über. „Danke, aber jetzt wirst du frieren!“

„Mach dir um mich keine Sorgen! Es geht schon!“, murmelte er.

„Eigentlich geht es mir nicht um die Kälte, Duke! Bitte lass uns gehen!“, sagte sie besorgt.

„Du weißt doch, ich kann und will nicht nach Hause gehen Jess.“, brummte er, doch in seiner Stimme lag keine Wut sondern eher Trauer.

Jess, so nannte Duke sie immer. Ihr Name war eigentlich Jessica.

Jess blickte stumm zu Boden. „Ich weiß!“, dachte sie sich und eine Welle der Trauer überkam sie.

Als Duke keine Antwort von Jess bekam, ging er einige Schritte auf das Gelände zu und legte seine Handflächen aufs kalte Metall. Das Gitter diente nicht nur als Stütze, sondern auch als Schutz vor der Tiefe.

Duke schaute in den dunklen Abgrund. Er seufzte und drehte sein Gesicht zu Jess.

„Warte, was hast du vor?“, schrie sie. Panisch stand Jess auf und rannte zu ihm.

Sie stand neben Duke, hielt ihn am Oberarm fest und schaute in seine Augen. Das Funkeln in seinen Augen wurde erst jetzt deutlich. Tränen. Es waren Tränen. Ein Blitz durchfuhr sie.

„Warum weint er denn?“, dachte sich Jess.

„Duke, was ist los?“, fragte das verwirrte Mädchen vorsichtig.

„Ich bin am Ende Jess. Ich kann nicht mehr. Das ist los!“, sprach Duke verzweifelt.

Er wollte es ihr sagen, alles was ihn so sehr belastete. Duke holte Luft und flüsterte erstickt: „Ich habe meinen Onkel getötet! Den Bruder meiner Mutter, den besten Freund meines Vaters…“ Seine Stimme zitterte.

„Das kann doch nicht sein…“, stotterte Jess. „Es … es war doch ein Unfall…“

Auf Dukes Gesicht flossen bereits Tränen. Die Erinnerung quälte ihn wie am ersten Tag. An dem Tag vor knapp zwei Monaten…
 

„Danke, dass du mich noch so spät abholen kommst, Onkel!“, sagte Duke als er ins Auto stieg. Er setzte sich auf den Beifahrersitz und war sehr erschöpft nach dem harten Fußballtraining.

„Kein Problem Duke!“, antwortete der ältere Mann. „Aber nenn mich doch bitte Jack, sonst fühle ich mich so alt bei dem Wort „Onkel“. Und mal ganz ehrlich, ich bin noch gar nicht so alt als jüngerer Bruder deiner Mutter!“ Er lächelte.

Duke lächelte verlegen. „Entschuldige…!“

Beide fuhren ein Stück ohne etwas zu sagen. Bis Duke endlich zuhause ankommen würde, wären das noch mehr als 30 Minuten. Und in dieser Zeit sind Duke und Jack alleine.

Jack begann Duke über sein Leben zu fragen. Über Schule, Freizeit, … Liebe.

Doch Duke hörte nichts, denn er war noch ganz in Gedanken über das Training und wie er eine größere Treffsicherheit erreichen könnte.

Eine Berührung von Jack ließ Duke aufschrecken. Der Junge war verwirrt, warum streichelte sein Onkel seine Wange.

„Du hörst doch nicht zu!“, sprach Jack.

„Entschuldige… Jack…“, antwortete der Neffe eingeschüchtert und mit etwas Röte auf den Wangen.

„Wie läuft’s mit den Mädels?“ Ein etwas bitteres Lächeln erschien auf den Zügen des Älteren, als er seinen Neffen diese Frage stellte.

„Nicht so gut!“ Duke seufzte traurig, bemerkte aber den Anflug der Freude auf dem Gesicht Jacks nicht. „Ich habe momentan genug von Mädchen, die machen doch nur unnötig Stress…“

Plötzlich rutschte die Hand des Onkels von Dukes Wange runter zum Schenkel.

„Was…?“, nuschelte Duke, doch wurde er durch die Hand so irritiert, dass er abbrach. Jack dirigierte die Hand zwischen die Beine des Jungens.

„Nein, hör auf!“, brüllte der Jüngere und schlug die Hand wütend weg.

Das Auto stand an einer roten Ampel und Jacks Blick durchbohrte den Kleinen und zog ihn beinahe aus.

Duke wollte nur noch aussteigen, aber Jack packte ihn am Arm und sagte: „Jetzt sei nicht gleich so eingeschnappt, Dukylein! Ich bring dich sofort nach Hause…“

Duke wurde kreidebleich und fühlte sich richtig komisch. „Eigentlich will ich weg von hier… mehr auch nicht!“, dachte sich der Schüler, aber nickte nur stumm ohne etwas zu erwidern.

Sie fuhren stumm eine Landstraße entlang, als Jack sich plötzlich auf Duke stürzte und ihn küsste. Der Junge stieß den Mann, der sein Onkel war, von sich weg. Jack wurde gegen die Fensterscheibe geschlagen und fiel bewusstlos aufs Lenkrad. Alles andere ging zu schnell.

Duke erinnerte sich nur noch daran, dass sie von der Straße abkamen und er im Krankenhaus aufwachte. Sein Onkel war beim Unfall umgekommen.

Dukes Eltern waren zuerst sehr traurig über Jacks Tod, dann hatten sie ihren Zorn am Kind abgelassen und zum Schluss ging der Zorn in Hass über und Duke wurde behandelt wie Luft. So als hätte es ihn nie gegeben.
 

Als Jess diese Geschichte hörte, nahm sie ihren besten Freund in den Arm. Er lag stumm in den Armen des mitfühlenden Mädchens, die ihm sanft den Kopf streichelte.

„Spring mit mir…!“

Jess erschrak. Sie erkannte diese traurige von Selbsthass zerfressene Stimme nicht, doch sie wusste es war die Stimme ihres besten Freundes.

„Was, wie meinst du das?“, fragte Jess irritiert.

„Ich habe Angst vom Leben Jess! Mein Alltag ist die Hölle. Ich bitte dich, ich zwinge dich zu gar nichts…“; murmelte Duke.

Jess ließ ihn los und er schaute seine Freundin seelenlos an.

„Ich möchte sterben! Heute! Jetzt…!“, flüsterte er schwach. „Begleitest du mich, bitte! Ich weiß es ist zu viel verlangt… Wenn du nicht willst, kannst du einfach gehen! Ich mache dir keine Vorwürfe… Jess…“

Tränen flossen über seine Wangen und auch Jess weinte.

Der beste Freund, den sie je hatte, will sich heute vom Dach stürzen und sie würde ihn nie wieder sehen.

„Ich bin die Einzige, die ihn davon abhalten kann, aber…. Aber ich weiß nicht wie…“, schoss es ihr durch den Kopf.

Eine zeitlang blickte sie sich nur an. Duke und Jess standen sich gegenüber.

„Schon gut, geh…“

„Nein, ich spring mit dir!“, schrie Jess mit zittriger Stimme und unterbrach dabei den verzweifelten Jungen.

Er selbst war erschrocken. Er wollte eigentlich nicht, dass sie stirbt. Nicht wegen ihm!

Inzwischen hatten beide ihre Tränen unter Kontrolle.

„Bei 3!“, sprach Duke fast tonlos.

Jess nickte.

Beide standen an der Kante des flachen Dachs und starrten in den Abgrund.

„1!“

Jess schluckte einen Kloß runter.

„2!“

Jess kniff entschlossen ihre Augen zusammen, während ihr Herz ihr in den Hals schlug.

„3!“

Duke stieß sich vom Boden ab, als plötzlich ein gewaltiger Ruck ihn nach hinten zog.

Er fiel auf seinen Hintern. Geschockt von der Situation. Er lebte noch!

„Jess!“

Duke rannte zurück. Sie hielt sich mit einer Hand an der Kante fest. Sofort packte Duke ihre zitternde Hand in seine.

„Halte durch, ich zieh dich rauf!“, schrie er panisch.

„Bitte stirb nicht! Duke, du darfst so was nie wieder sagen! Was soll ich denn ohne dich machen?“, sprach Jess und erneut flossen Tränen über ihre Wangen. „Versprich mir, dass du leben wirst, sonst lass ich los! Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen!“

Auch in Dukes Augen lagen wieder Tränen. „Ich versprech’s!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Flippi
2009-02-15T17:32:35+00:00 15.02.2009 18:32
Wieder so ein schönes Kapi! ^__^
Der schluss ist da so rührend....
Oh man, das ist wirklich was....
Hat mir da wirklich sehr gut gefallen!
Freue mich schon wieder wen es mehr von dir gibt!
Lg

Flippi


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