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Male Obsession

Drei One-Shots
von

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First Part_: Jasper

Author_: Adhara

Category_: Three One-Shot’s.

Couple_: The whole couples I adore.

Content_: Ich schweife immer von meinem Ziel ab, was es mir unglaublich schwer macht, das auszudrücken, was ich sagen will… Tut mir Leid.

Prov's_: Unbekannter Erzähler.

Comments_: Die Frage, ob es anstelle einer kranken Obsession auch eine romantisch, süße Obsession gibt ist kann ich nicht beantworten…

Important notice_: Ich mag Carlisle und Esme, Emmett und Rosalie, aber ich liebe Jasper und Alice.

Inspirations_: Muse, of course~

Feelings_: Love is nothing with a view to Obsession.
 


 

Third Part_: Jasper
 

Jasper has the power to manipulate emotions. There's a danger in that. There's a danger in having that ability, because if you're constantly manipulating emotions around you, there's no reality around you.

(Jackson Rathbone)
 

Da waren keine Gefühle.

Nichts, was hätte sein können.

Mit verlassenem Blick starrte er über die Stadt, welche er einmal in Blut getränkt hatte.

In Menschenblut.

Als die Sonne hinter dem Horizont hervortrat drehte er sich auf dem Absatz um und ging durch den Wald, ziellos.

Er wusste, dass Peter und Charlotte in der Nähe waren denn er konnte ihre Gefühle ausmachen. Es war das, was ihn so gefühllos machte. Die ganzen anderen Stimmungen um ihn herum erlaubten ihm selbst nicht mehr, etwas zu fühlen.

Jasper Whitlocks Leben schien nichts Wert zu sein.

Er war müde von dem ständigen Töten welches so sinnlos war, müde von der Zeit, die nicht vorüber ging.

Was bedeutete Zeit, wenn man unsterblich war?

Es war nur eine Kunstzeit, nicht real. Wie so viel anderes war es nicht real und somit gleichgültig.

Die Emotionen in ihm waren zwar eingefroren aber seine Gedanken wirbelten ohne zu stoppen und ohne Rücksicht in ihm. Wenn Jasper auf sein schon vergangenes Leben zurückblickte, auf jede Sekunde die ihm durch die Finger rann konnte er nichts anderes als mit kühlem Rationalismus feststellen, wie nutzlos seine Existenz war.

Es war, als wäre er schon längst gestorben.

Sein Körper war eine verlassene Hülle und sein Geist war ohne Zweifel schon am Rande des Wahnsinns.

Er nahm den Geruch von Menschen wahr und folgte diesem mechanisch. Es war ein so leichtes, Menschen zu töten.

Genauso leicht wie Vampire.

Ohne Hast folgte er dem Geruch, sie konnten ihm sowieso nicht mehr entrinnen. Seine karmesinroten Augen sahen schon bald die zwei jungen Mädchen und ein kaltes aber gequältes Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Nicht, dass er wirklich lächelte.

Er hatte seit er ein Vampir geworden war nicht mehr gelächelt.

Anscheinend hatten die Mädchen die veränderte, gefährlichere Umgebung zumindest unterbewusst wahrgenommen denn eine schüttelte sich als wäre ihr kalt.

Der Geruch, welcher von ihnen ausging benebelte seine Sinne und doch arbeitete sein Verstand messerscharf.

Er spürte, dass sich eine unbeschreibliche Angst in den beiden Mädchen ausbreitete und manipulierte ihre Gefühle sodass ein innerer Frieden sie erfasste.

Die Realität glitt ihm aus den Händen als es soweit war.

Seine Bewegungen waren bis zur Perfektion ausgefeilt – er hatte genug Zeit gehabt, um daran zu arbeiten – als er dem jüngeren Mädchen ohne Skrupel und mit Routine das Genick brach. Das Knacken der Wirbel war ein wohltuendes Geräusch für ihn, sie war wenigstens sofort tot und er bekam nicht mehr viel von ihrer Todesangst mit. Die Emotionen des anderen Mädchens bekam er zu seinem Bedauern jedoch ganz genau mit. Obwohl er ihre Gefühle manipuliert hatte entging ihr nicht was gerade geschah und eine unstillbare Furcht fuhr durch ihren Körper.

Es konnte ihm egal sein.

In weniger als dem Bruchteil einer Sekunde schoss seine Hand vor und riss ihre helle Haut, welche dünner als Papier zu sein schien, von ihrem Körper.

Das dunkelrote Blut quoll aus der Wunde und das Mädchen wollte schreien aber bevor sie auch nur einen Ton hervor brachte hatte Jasper ihre Halsschlagader durchtrennt.

Sein Durst verdrängte das Wissen um ihre Qual, um ihre letzten Gefühle. Was jetzt zählte war das warme Blut von ihr welches er begierig trank. Schon bald war von dem Mädchen nur noch ein leerer, grau-blasser Körper übrig und er wandte sich zu seinem anderen Opfer. Dass sie nicht einmal das zwölfte Lebensjahr erreicht hatten fiel ihm nicht auf, genauso wenig wie ihre Unschuld.

Gesättigt ließ er von seinem zweiten Opfer ab und warf ihren Körper achtlos neben den anderen. Seine Augen überprüften forschend die Gesichtsausdrücke, welche er nicht zu deuten wusste. Stattdessen hallten in seinem Gehirn die Gefühle wieder, die das eine Mädchen verspürt hatte.

Furcht, Unglaube, Sorge.

Als würde es ihn kümmern, was seine Opfer gefühlt hatten.

Kalt und achtlos trat er auf die zerstörten Leben und ging seinen Weg weiter. Es war nichts.

Die Sonne war kaum aufgegangen und schon wurde sie von Wolken verdeckt. Es wäre eine Wohltat gewesen, wenn ihm nicht alles egal gewesen wäre.

Die Vögel sangen nicht und der Wald war wieder schwarz und leer.

Genauso wie er.

Die Stille zeigte, dass hier kein Leben hauste. Leben, das war selten.

Jasper war sich nicht sicher, wann er das letzte Mal wirklich gelebt hatte. Wann er die Realität gespürt hatte. Es musste damals gewesen sein, als er noch ein Mensch gewesen war. Und vielleicht noch die erste Zeit mit Maria.

Seitdem existierte er nur.

Wie töricht er gewesen war. Womöglich war er es immer noch, aber jetzt war es ja egal. Er war bei ihr geblieben, hatte ihr geholfen und alles getan, was sie verlangt hatte, denn obgleich es schon mehr als ein Jahrhundert zurück lag prägte ihn sein sterbliches Leben immer noch.

„Jasper!“

Die weibliche Stimme riss ihn aus seiner Lethargie und er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen wer ihn angesprochen hatte. Er hatte Peter und Charlotte noch nicht mitgeteilt, was sein Entschluss war, da er ihn noch nicht einmal getroffen hatte.

Er wusste nur, dass er weg musste.

„Wir haben frisches Blut gerochen und gehofft, dass du uns noch etwas übrig lässt“ Die Stimme von Peter war mit einem Grinsen untermalt. „Aber anscheinend hast du uns nichts übrig gelassen – mal wieder.“

Sie mussten nicht so tun, als wäre die Stimmung locker. Er wusste, dass sie unterschwellig sowohl wütend als auch besorgt waren.

„Sorry.“ Kurz und prägnant war seine Antwort und sie hatte wenig mit einer Entschuldigung zu tun. Es war mehr eine Floskel und die unterdrückten Aggressionen der beiden wurden heftiger. Ungerührt davon setzte er seine Fähigkeit ein und schon nach wenigen Sekunden war von der Spannung nichts mehr zu spüren. Sie waren vollkommen besänftigt.

„Na ja, kann ja vorkommen.“, murmelte Charlotte und nahm eine weniger starre Haltung ein. „Wo willst du hin?“ Die Frage war deutlich sanfter und Jasper war sich sicher, dass es eigentlich ganz anders hätte ablaufen sollen.

„Weg.“

„Du gehst also wirklich? Werden wir uns irgendwann wieder sehen?“ Peter schien gefasster zu sein als er ohne die Manipulation gewesen wäre. Durch diese Fassung war es ihm auch unmöglich, Jasper anzugreifen.

„Bestimmt.“ Seine Stimme war tonlos, er glaubte nicht daran. Zwar war Peter eine Art Freund, eine Art Bruder für ihn geworden aber er wollte nicht noch einmal in sein und Charlottes Leben eingreifen.

Es erschien ihm nicht falsch, aber auch nicht richtig. Er erinnerte sich daran, als er vor einigen Jahren Maria verlassen hatte. Jetzt hatte er auch Peter und Charlotte verlassen.

Jasper ahnte, dass ihm Beziehungen nicht viel bedeuteten, schließlich hatte er nur für den Kampf gelebt und kam auch schwer davon los.

Ohne ein weiteres Wort zu wechseln rannte er davon.

Wie schon so oft ließ er sein bisheriges Leben hinter sich, auch wenn dies bedeutete, dass es ihn verfolgte und schließlich einholte.

Er kam nicht umhin während dem rennen über sein früheres Leben nachzudenken. Maria war alles für ihn gewesen, sie war damals das Zentrum in welchem er psychisch eingesperrt war.

Seine Hand schnellte nach vorne als er einen meterdicken Ast mit Leichtigkeit aus dem Weg räumte und sein Blick verharrte im Rennen auf seiner Haut.

Die halbmondförmigen Narben ließen ihn nicht vergessen, obwohl er es nur noch vergessen wollte.

Seine erste Narbe war von Maria gewesen. Natürlich, schließlich hatte sie ihn gebissen. Die Zweite war von einem Vampir gewesen, den er zur Rache qualvoll in Stücke gerissen hatte. An die dritte und an alle folgenden hatte er keine genaue Erinnerung. Es wurde zum Alltag, von Feinden gebissen zu werden.

Abgesehen davon, dass er es überhaupt nicht wollte strömten weitere Erinnerungen durch seinen Verstand.

Er war nicht nur gut gewesen, nicht nur besser als die anderen, er war der Beste von allen. Er konnte töten, ohne dass das Opfer etwas spürte. Oder das Opfer spürte mehr als nur etwas. Er hatte immer die beste Taktik, die tödlichste Logik. Seine Erfahrung war immer weiter gewachsen während die anderen Verbündeten reihenweise starben. Seine Fähigkeit, Stimmungen zu beeinflussen hatte ihm geholfen, und im Gegenzug dafür zerstörte sie systematisch sein Selbst.

Es war soweit gekommen, dass seine noch anfangs vorhandene Menschlichkeit völlig verschwand. Je öfter er keine Menschlichkeit zeigte desto schneller schrumpfte sie in ihm bis sie völlig verschwunden war.

Selbst die anfängliche Ekstase welche er während dem Töten empfunden hatte war schnell verschwunden, die Befriedigung blieb aus. Marias Belohnungen hingegen verloren kaum ihren Reiz. Er hatte bei ihr die Gedanken verdrängen können, wenigstens für einige Momente. Und auch wenn sie danach noch schlimmer waren konnte er nicht widerstehen. Je stärker er körperlich wurde desto schwächer wurde seine Psyche.

Zuerst schien es ein fairer Handel zu sein und zu spät hatte er erkannt, was dieser Handel mit ihm angerichtet hatte.

Jasper war ein Monster, eines der grausamsten Art.

Er hatte sich sogar damit abgefunden, ohne Liebe zu leben. Dunkel konnte er sich noch daran erinnern, als er noch ein Mensch gewesen war und es so was wie Liebe in seinem kurzen Leben gegeben hatte. Aber schnell hatte er die naive Kindheit aufgegeben und lebte ohne sie. Es klappte sogar besser, als sich viele vielleicht vorstellen würden und je älter er wurde desto besser konnte er sich mit dem Gedanken arrangieren.

Für ihn gab es nichts, woran er sich orientieren konnte, nichts, was ihm Wert war weiter zu leben. Für ihn gab es keine Hoffnung.

Ohne, dass er sich dessen bewusst war schlug er den Weg in Richtung Philadelphia ein.
 

Es hatte seine Zeit gedauert, bis er in der Stadt ankam. Immer wieder waren ihm auf seinem Weg Menschen begegnet, was eigentlich nicht hätte sein sollen. Jasper hatte darauf geachtet, dass er nicht unmittelbar in der Nähe von Städten entlang reiste und so war es unglaublich schwierig für ihn, dem Drang Blut zu trinken zu widerstehen.

Jasper war es schon so lange leid, zu töten. Und egal wie oft er versuchte, seiner Gier zu widerstehen, sie holte ihn immer ein. Wie konnte es auch anders sein?

Als er schließlich am Stadtrand ankam und das wild pulsierende Leben darin spürte konnte er nicht anders, er musste in die Stadt.

Mit langsamen Schritten und darauf bedacht, keine Aufmerksamkeit zu erregen ging er durch die Straßen. Das Wetter machte es schwerer, gegen die bestialische Seite in ihm anzukämpfen. Es stürmte und der Himmel schien so nah an der Erde zu sein, dass er schwören könnte, die dunkelgrauen Wolken berühren zu können.

Sie waren genauso dunkel wie seine Seele, wenn er noch eine gehabt hätte.

Der Fakt, dass die Gefühle und Stimmungen der Menschen auf ihn einstürmten machte es nicht leichter. So viele Emotionen, welche ihn zu überschwemmen drohten.

Ein Blitz tauchte die düstere Stadt kurz in helles Licht und ein Krachen folgte, welches die Himmeldecke aufzubrechen schien. Es dauerte nur wenige Sekunden bis ein heftiger Platzregen einsetzte. Das kühle Nass fühlte sich gut auf seiner geschundenen Haut an und er wäre am liebsten stehen geblieben.

Aber er musste weiter, immer weiter, denn alles, was den Menschen nicht geläufig war fanden sie suspekt. Und wenn jemand mitten im Regen stehen blieb war das mehr als verdächtig.

Jede weitere Stimmung, die wie der Regen auf ihn einströmte war gefährlich für ihn. Er wollte keine Menschen töten, wollte das schon seit fast einer Woche nicht mehr, weshalb seine Augen auch fast schwarz waren.

Er sah einige Meter entfernt ein kleines Lokal welches nur halb besetzt war und ging darauf zu. Ohne große Anstrengung öffnete er die Holztür und trat ein.
 

"She was there - expecting me, naturally." He chuckled once. "She hopped down from the high stool at the counter as soon as I walked in and came directly toward me.

It shocked me. I was not sure if she meant to attack. That's the only interpretation of her behavior my past had to offer. But she was smiling. And the emotions that were emanating from her were like nothing I'd ever felt before.

'You've kept me waiting a long time,' she said.

(Jasper)
 

"And you ducked your head, like a good Southern gentleman, and said 'I'm sorry, ma'am.'" Alice laughed at the memory.

(Alice)
 

Jasper smiled down at her. "You held out your hand, and I took it without stopping to make sense of what I was doing. For the first time in almost a century, I felt hope."

(Jasper)
 

Es war unglaublich.

Als hätte seine ganze Existenz nun einen Grund.

Einen kleinen, wunderschönen verrückten Grund.

Seit langer Zeit fühlte er eine Regung, und mit einer gewissen Unsicherheit fragte er sich, ob es sein konnte dass es Gefühle waren.

Es gab wohl keine Worte, die das auch nur annähernd beschreiben konnten, was Jasper in diesem Moment verspürte. Vielleicht war es Faszination, aber der Ausdruck war mehr als verblassend wenn er sie anschaute.

Es war viel mehr als das.

So viel mehr.

„Jasper Whitlock“ Ihre sanfte, melodische Stimme umhüllte ihn wie ein Schutzschild welches er all die Jahrzehnte nicht gehabt hatte.

Ihre Augen, welche von einem hellen Gold waren, suchten die seine, fanden sie und für einen Augenblick der wie die Ewigkeit erschien schauten sie sich an.

Sie mussten nicht reden, kein einziges Wort hätte das ausdrücken können, was sie in diesem Moment spürten.

Die Hoffnung wurde ohne sein Wollen von einem anderen Gefühl verdrängt. Angst fuhr durch ihn, ließ ihn erstarren und sein leicht entspanntes Gesicht wurde wieder starr.

Was, wenn das alles nicht real war?

Jasper hatte oft genug, zu oft, die Realität manipuliert. Es war gut denkbar, dass er es gerade wieder tat, dass er Gefühle so zu seinen Gunsten veränderte um sich gut zu fühlen.

Seine Hand welche die ihre noch hielt verstärkte den Druck.

Er konnte nicht daran denken, dass er Angst hatte ihre Hand zu brechen so voreingenommen war er von der Furcht, dass es nur eine Illusion war.

Bitte lass es real sein, flehte er in Gedanken.

Ein Lachen ihrerseits riss ihn aus seinen depressiven Gedanken. Glockenhell, genauso sanft und zerbrechlich wie ihre Stimme.

„Wenn du vorhast, meine Hand zu brechen muss ich dich enttäuschen. Ich sehe vielleicht aus wie ein unschuldiges Kätzchen habe aber scharfe Krallen.“

Ein Grinsen stahl sich auf ihre Lippen und ihre perfekten weißen Zähne blitzen auf. Die Unsicherheit drohte ihn wieder zu überrollen und er erwiderte ihr Grinsen zaghaft, ehe er leise lachte.

Und zum ersten Mal seit über einem halben Jahrhundert hörte er sich selbst lachen.

Er musste zugeben, dass es gut tat.

Oder anders gesagt, dass sie ihm gut tat.

Was dachte sie sich nur dabei, so etwas zu sagen?

Sie war so zart, so fragil wie ein erst frisch erblühtes Pflänzchen und sprach, als hätte sie genauso viel Erfahrung wie er.

„Es tut mir Leid. Ich hatte nie vor, Ihnen weh zu tun.“ Selbstverständlich entschuldigte er sich für seinen zu starken Griff, selbstverständlich siezte er sie höflich wie er es gelernt hatte und selbstverständlich wurde sein Blick wieder starr.

Er ließ seinen verbissenen Griff lockerer werden, hielt ihre Hand aber dennoch weiter. An loslassen dachte er nicht im Entferntesten.

Erst jetzt betrachtete Jasper sie mit klaren Augen.

Sie war klein, ging ihm nur bis zur Brust. Ihr Körper war zart, feingliedrig mit einer sehr schmalen Taille. Ihr Gesicht war ebenso fein, mit einer geraden Nase und schön geschwungenen Lippen. Ihr schwarzes Haar war kurz, stand in alle Richtungen ab und glänzte selbst in dem schwummrigen Licht des Lokals.

Wenn nicht die weiße Haut, die goldenen Augen und sein Instinkt ihm gesagt hätten, dass sie ein Vampir war hätte er sie für eine Elfe gehalten.

Er wollte sie so viel fragen, wollte alles über sie wissen und schluckte vor Aufregung. Es war ungewohnt für ihn, dass eine angenehme Stimmung über ihn einbrach. Natürlich ging sie von ihr aus.

„Ihr Name…?“ Jasper wollte höflich sein, aber seine Stimme war ein wenig zu kratzig und er machte sich Sorgen, dass sie sein unüberwindbares Interesse als Forderungen aufnahm.

„Alice. Das ist zwar total süß von dir, aber findest du nicht auch, dass wir, jetzt nachdem wir uns kennen, das ewig steife Sie weglassen können?“

Überrascht über ihre Worte wusste er nicht, was er erwidern sollte. Auch wenn es sich schräg anhörte, dass sie sich nach wenigen Worten schon kannten konnte er nicht anders, als zu nicken. Es war tatsächlich so, dass er das Gefühl hatte, sie ewig zu kennen. Er hatte sein ganzes Leben auf sie gewartet, und nun war sie endlich bei ihm.

„Habe ich dir die Sprache verschlagen?“, fragte sie leise kichernd und ihre Augen waren erwartungsvoll auf seine gerichtet.

„Nicht besonders, Alice.“, murmelte er und hob seine Hand an welche die ihre noch immer festhielt. Vorsichtig, um sie ja nicht zu verletzen strichen seine Lippen sanft über ihren Handrücken.

Augenblicklich verschwand die angenehm ruhige Stimmung und machte einer nervösen, elektrisierten Platz. Seine kurze Irritiertheit ließ er sich nicht anmerken.

Alice schien es nicht gewohnt zu sein, wie eine Dame behandelt zu werden und ein feines Lächeln umspielte seine Lippen.

Ohne wirklich darüber nachzudenken ließ er die ruhige Stimmung in ihr wieder aufkommen. Sie sollte sich so wohl wie möglich fühlen in seiner Gegenwart denn er wusste dass es schwer war, sich überhaupt bei ihm wohl zu fühlen. Schließlich war er ein Monster, eine Ausgeburt der Hölle.

Jasper war sich bewusst, dass er sie so schnell wie möglich verlassen musste. Er war nicht nur für Menschen sondern auch für Vampire gefährlich. Noch gefährlicher für wunderschöne, reine Geschöpfe wie sie es war.

Das Mädchen namens Alice wusste bestimmt nicht, in welche Lage sie sich gebracht hatte. Und obwohl alles in ihm dagegen schrie, sie jemals wieder zu verlassen fasste er den Entschluss, es zu tun.

Er würde es sich niemals verzeihen, wenn er ihr war antat. Wenn er sie selbstsüchtig mit in den Schmutz zog.

„Tu es nicht.“ Sie wisperte es nur aber er konnte es genau verstehen. Es tat ihm weh zu wissen, dass er sie verletzte aber gleichzeitig fragte er sich, wie sie von seinem Entschluss mitbekommen hatte. Wieder änderte sich ihre Stimmung welche ihn sofort überschwemmte. Ihre Angst aber auch ihren Willen, es nicht zuzulassen, erfasste Jasper und ließ ihn ein weiteres Mal dazu veranlassen, sie zu manipulieren.

Er spürte, wie sie dagegen ankämpfte, sie wehrte sich mit aller Macht gegen dieses wohlige Gefühl, welches sie zu erfassen drohte und er verstand es nicht. Es dauerte, bis sie langsam nachgab ehe sie unerwartet einen halben Schritt auf ihn zuging und ihn umarmte. Der Schock, welcher ihn kurz erfasste war nichts gegen das anziehende Gefühl welches folgte. Verzweifelt konnte er die Gedanken nicht verdrängen, dass es sich absolut richtig anfühlte. Dass sie für ihn bestimmt war.

„Hör auf, Jasper.“ Sie hörte sich weder gereizt noch fordernd an. Es war mehr eine liebevolle Feststellung wenngleich er sich sicher war, dass er so was nicht verdient hatte. Ihr Körper fühlte sich warm an seinem an, ihr Gesicht war auf seiner Brust gebettet und hatte einen Ausdruck von tiefstem Vertrauen. Wie konnte er es ihr verweigern?

Jasper hatte nur eine Ahnung, dass er alles für sie machen würde. Alles, damit er sie glücklich sah. Er hörte auf ihre Gefühle zu manipulieren aber die Stimmung, die jetzt von ihr ausging war sorgenfrei.

Wieder etwas, was ihn irritierte.

„Alice?“ Ein undeutliches Murmeln ging von ihr aus was ihm wohl zeigen sollte, dass sie zuhörte.

„Deine Augen… sind golden.“

Was für eine Feststellung! Wenn er nicht so verunsichert wegen ihrer Umarmung gewesen wäre hätte er bestimmt das fragen können, was er eigentlich wissen wollte. Sie schien ihn aber zu verstehen, löste sich langsam von ihm und ging, immer noch seine Hand haltend, mit ihm aus dem Lokal.

„Deine Fähigkeit, Gefühle zu manipulieren ist erstaunlich“ Er schaute verwirrt zu ihr runter, versank in ihren goldenen Augen und achtete nicht auf den Regen, welcher in sein Gesicht peitschte.

„Ich habe auch eine besondere Gabe. Es ist ziemlich hilfreich, die Zukunft sehen zu können. Ich war ganz aufgeregt als ich erkannte, dass du mich suchst!“, lachte sie und das Gold in ihren Augen schien wärmer zu werden.

Es war ein eigenartiges aber auch schönes Gefühl zu wissen, dass er sie gesucht hatte. Auch wenn er es nicht gewusst hatte.

„Aber wenn ich ehrlich bin ist meine Gabe nicht ganz so praktisch, wie du jetzt vielleicht denkst. Meine Visionen sind subjektiv, Jasper. Ich sehe nur was passiert, wenn derjenige eine Entscheidung getroffen hat. Du kannst dir also denken, was für ein Chaos es manchmal in meinem Kopf gibt.“ Wieder lachte sie.

Ihr Lachen hallte in seinem Kopf nach und das Wissen, dass sie vollendet war zwang ihn fast in die Knie.

„Das war aber nur die Vorgeschichte“, redete sie weiter und er war froh, dass sie seine Besessenheit nicht merkte. „Eine meiner Visionen war sehr… ungenau und auch verwirrend.“ Sie hörte sich an, als ob sie sich schuldig fühlen würde. „Wir werden zu einer Vampirfamilie gehen, die sesshaft ist.“

Jasper blieb stehen und zog die Augenbrauen hoch. Er konnte sich nicht vorstellen, wie man als Vampir sesshaft sein konnte. Alice grinste jetzt und zuckte mit den Schultern.

„Ich glaube, das geht gut. Ich habe gesehen, wie sie jagen gingen. Sie jagen Tiere, Jasper. Keine Menschen. Durch das Tierblut werden die roten Augen golden, wie bei mir. Du siehst, ich hab schon mal mit üben angefangen!“

Er musste lachen und war berauscht von der Vorstellung, dass man keine Menschen töten musste um zu überleben. Er war es schon lange Leid. Ernst wie er aber war, konnte er sich kaum vorstellen, dass es leicht sein würde.

Noch diese Nacht kostete er zum ersten Mal in seinem Leben Tierblut.

Es schmeckte ganz anders, natürlich. Weniger gut, viel weniger. Aber es reichte, um seinen Hunger zu stillen.

Er würde sich daran gewöhnen.
 

Tage vergingen und wurden zu Wochen.

Jasper wusste schnell, dass die Ewigkeit nicht lang genug war, um mit ihr zusammen zu sein. Er bewunderte alles an dem Wesen, welches so gänzlich anders als er war.

Sie war so rein, so unschuldig.

Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie jemals auch nur einen Menschen getötet hatte. Oder dass sie schon einmal gekämpft hatte. Ein Geschöpf wie sie hatte es verdient, vor allem was gefährlich war beschützt zu werden.

Lieber würde Jasper sterben, als dass er zulassen würde, dass Alice etwas passierte.

Ein Grummeln ihrerseits riss ihn aus seinen Gedanken und ließ seinen Blick wachsam werden. Sie schien verärgert und mit Sorge fragte er sich, ob es an ihm lag.

„Ich kann fast nichts sehen!“, stieß sie genervt aus und seufzte.

Er lächelte erleichtert und ließ eine ihrer kurzen Haarsträhnen durch seine Finger gleiten.

„Ist doch nicht schlimm.“, meinte er aufmunternd aber Alice quittierte seine Worte mit einem strafenden Blick.

„Oh, natürlich ist es nicht schlimm. Nur das Wissen, dass ich nicht sehen kann wo sie wohnen gibt mir das Gefühl, dass ich total blind bin.“

Jasper lachte laut auf und bekam einen weiteren strafenden Blick von ihr zu spüren. Wenn ausgerechnet sie sich blind fühlte, wie sollte er sich dann fühlen? Okay, es war vielleicht kein guter Vergleich, schließlich hatte er auch eine besondere Fähigkeit. Der Vergleich mit Menschen wäre wohl besser gewesen, aber schon allein an Menschen zu denken ließ seinen Durst vor Gier aufheulen.

„Aber mit Bestimmtheit kann ich sagen, dass die nächsten Tage sonnig werden.“

Sein Blick glitt zu der schweren Wolkendecke am Himmel und er runzelte die Stirn. Es schien unmöglich, dass morgen die Sonne strahlen würde aber Alice hatte ihn ja auch gesehen, bevor er es selbst gewusst hatte.

„Und in welches Haus brechen wir dieses Mal ein?“

Alice schaute zu ihm hoch, auf ihren Lippen lag ein entzückendes Grinsen und er erwiderte es sofort.

„Etwa neun Kilometer westlich von hier ist eine hübsche kleine Villa am Michigan. Die Besitzer sind für die nächsten zwei Wochen zu Verwandten an die Westküste. Was hältst du davon?“

Beide wussten, dass er keine Wahl hatte. So wie sie es gesagt hatte ließ sie keinen Widerspruch zu. Es war aber auch kein Problem für ihn, keine Entscheidungen treffen zu dürfen. Wenn sie was wollte, bekam sie es auch und er würde ihr alles geben.

„Hört sich gut an.“

Es dauerte nicht lange bis sie ankamen, obwohl sie währenddessen noch gejagt hatten. Die Villa lag an einem ruhigen Ort und war weit genug von der Stadt entfernt, sodass ihnen mit geringer Wahrscheinlichkeit Menschen begegnen würden.

Alice behielt – wie konnte es auch anders sein – Recht. Als der nächste Tag anbrach waren nur wenige helle und vorbeiziehende Wolken am Himmel. Die Sonne wanderte über die Berge hinweg und erwärmte das Land.

Jasper hasste sie.

Er war schon vor seiner Verwandlung zum Vampir kein Sonnenanbeter gewesen. Er hatte es gehasst wenn sie auf ihn nieder brannte und die körperliche Arbeit erschwerte. Wenigstens konnten sie sich hier verstecken. Es war hin und wieder angenehm, in einem gepflegten Umfeld zu leben. Bevor er Alice getroffen hatte war es fast unmöglich gewesen.

„Oh… Unglaublich! WOW!“

Ihre Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und er wurde von einer Glückswelle überrollt. Er war in weniger als einer Millisekunde oben, stand in dem Zimmer von wo gerade eben noch ihre Stimme ertönte und schaute sich argwöhnisch um. Er hätte schwören können, dass sie hier war.

„Jazz…“ Alice trat aus dem Nebenzimmer, ihre Augen glänzend, ihre Lippen vor Aufregung leicht geöffnet.

Bildete er es sich ein, oder war ihre Stimme unheimlich verführerisch?

Er bildete es sich bestimmt nur ein. Er war selbst noch in einem Taumel, umgehauen von ihren glücklichen Gefühlen. Sie hatte ihn zum ersten Mal mit einem Spitznamen angeredet was ihn ebenso irritierte. Kein Grund, gleich so überspannt zu reagieren.

„Es gibt da etwas, was ich dir unbedingt zeigen muss.“

Ihre Hand umfasste seine und bevor er es registrierte zog sie ihn in das Zimmer. Was ihn dort erwartete ließ ihn für einen kurzen Moment erstarren.

Er konnte nicht anders, er musste lachen.

„Was?!“, fragte Alice scheinbar beleidigt.

Das Zimmer war voll mit Klamotten, Schuhen und anderen unwichtigen, materiellen Gütern. Die Vorstellung, dass Alice so was begehrte war amüsant.

„Nichts, nichts.“, hüstelte er schnell um sein Lachen zu ersticken. Er sah, wie sie schmollend die Unterlippe vorschob und musste wieder ein Lachen unterdrücken. Wie süß sie war!

„Ich warne dich, sobald wir in der nächsten Stadt sind wirst du nicht mehr lachen!“ Er musste grinsen, nickt dann aber artig.

„Alles klar.“

„Und nun verschwinde, ich muss meine neue Obsession stillen.“, meinte sie stolz. Ihre kleinen Hände legten sich auf seine Brust und drückten ihn mit doch beachtlicher Kraft aus dem Ankleideraum. Immer noch grinsend ging er kopf schüttelnd die Treppe runter in das offene Wohnzimmer. Die Südseite der Wand war aus Glas und durch die hereinfallenden Sonnenstrahlen schimmerte seine Haut wie Diamanten. Es hätte ihn wohl gestört, wenn er nicht so in Gedanken versunken gewesen wäre.

Die wenigen halbmondförmigen Narben, welche nicht von Stoff versteckt wurden funkelten stärker im Sonnenlicht. Es schien, als würde Vampirhaut, gebissen von einem anderen Vampir noch stärker reagieren als sie es sonst schon tat.

Jasper mochte die Kenntnis nicht wirklich, dass Alice von seinen Narben wusste. Er hatte ihr sie nicht gezeigt, aber er hatte ihr seine Geschichte erzählt. Zweifelsohne war sie clever genug um zwischen den Zeilen zu lesen.

„Und ich habe immer gedacht, dass du die Sonne verachtest!“

Er war schon so an ihre Anwesenheit gewöhnt, dass er gar nicht gemerkt hatte wie sie das Wohnzimmer betreten hatte.

„Ich verachte sie nicht, ich hasse sie nur. Wenn ich sie verachten würde, würde ich ihre Leistungen untergraben. Schließlich gäbe es ohne Sonne kein Leben und wir könnten dann nicht überleben.“

„Nun, hassen ist ja auch viel besser.“ Er musste wieder lachen als ihre Stimme so ironisch klang und drehte sich zu ihr um. Sofort jedoch hörte er auf zu lachen und für einen kurzen Moment schien er sie anzustarren. Dann fing er sich jedoch schnell wieder und kontrollierte seinen entgleisten Gesichtsausdruck, ehe er sie anlächelte.

Anscheinend hatte Alice ihr Paradies entdeckt und hatte der Versuchung nachgegeben, ohne auch nur dagegen anzukämpfen.

Seine Augen glitten forschend von unten nach oben.

Die schwindelerregend hohen schwarzen Schuhe schienen nicht sehr stabil zu sein, betonten aber umso mehr ihre schön geschwungenen Beine. Das bordeauxfarbene Kleid mit dem weiten Rock setzte den Akzent auf ihre Taille. Sein Blick glitt weiter nach oben, vorbei an der schwarzen Kette welche ihren schlanken Hals umspielte zu ihrem Gesicht. Ihr heller Alabasterteint stand im Kontrast zu ihren schwarzen Haaren. Ihre goldenen Augen schienen ihn vor Freude anzufunkeln und auf ihren Lippen lag ein sanftes Lächeln.

„Sprachlos?“ Verführerischer Sopran traf ihn.

Für wenige Sekunden war es still, dann erwiderte Jasper ihr Lächeln herausfordernd.

„Ich war nur erstaunt, dass es mit dir so schnell abwärts geht. Erst das Einbrechen, dann das Klauen von unzweckmäßigen Klamotten… Ich bin gespannt, was folgt.“

„Ich bin skrupellos, wenn ich etwas will.“ Alice lächelte ihn kokett an, ehe sie zu dem Regal mit den Schallplatten ging und mit ihren, in schwarze Spitzenhandschuhe gehüllten, Fingern über die Sammlung strich und eine Schallplatte rausholte. Ungeachtet dessen, dass sie keine Ahnung hatte wie man einen Plattenspieler bediente legte sie die zerbrechliche Scheibe auf den Spieler und ließ die Nadel vorsichtig darauf. Als nach wenigen Sekunden die ersten Klänge ertönten drehte sie sich wieder zu ihm um.

Jasper sah den Ausdruck in ihren Augen und ging auf sie zu. Ihre Augen weiteten sich etwas und er wusste, dass sie seine Entscheidung gesehen hatte. Es war seltsam, aber es machte ihm nichts aus. Als Gentleman streckte er seine Hand nach ihrer aus und verneigte sich leicht.

„Darf ich bitten?“

„Ja.“ Er musste über ihre Antwort lächeln. Sie war es wirklich nicht gewohnt, wie eine Dame behandelt zu werden. Sanft zog er sie an sich, legte seine rechte Hand auf ihren Rücken und nahm ihre rechte Hand in seine. Als Alice jedoch unschlüssig ihre noch freie Hand auch auf seinen Rücken platzierte lachte er leise und schüttelte den Kopf.

„Ich muss zugeben, dass du jetzt wie eine Dame aussiehst, aber da hört es auch schon auf.“ Er konnte den spöttischen Unterton in seiner Stimme nicht verbannen. Bevor Alice etwas erwidern konnte nahm er ihre Hand und legte sie auf seine Schulter.

„Schon gut, freu dich fünf Sekunden über deinen Erfolg und dann wird dir hoffentlich wieder bewusst, dass ich das sagen habe.“

Überhaupt nicht damenhaft streckte sie ihm die Zunge raus und brachte ihn somit zum lachen. Er lag richtig mit der Vermutung, dass sie nicht tanzen konnte aber sie lernte schnell. Er führte sie sicher durch den Lichtgefluteten Raum, die leisen Klänge von Chopins Nocturne umhüllten beide sanft und zogen sie in eine andere Welt. Die Sonnenstrahlen ließen auch ihren Körper wie Diamanten funkeln aber darauf konnte er nicht wirklich achten, zu versunken war er in ihren Augen.

Zeit spielte keine Rolle. Sie hätten Jahre so tanzen können, jeweils nur auf den anderen achtend und alles andere vergessend.

„Jazz…?“

Wieder diese verführerische Stimme, welche ihn um den Verstand brachte. Wieder dieser Spitzname, welcher ungewohnt aber schön war.

Ihr Lächeln war hinreißend.

Was auch immer ihre Frage war, in diesem Moment interessierte es ihn nicht.

Sie war bei ihm, nur das zählte.

Langsam beugte er sich zu ihr runter und atmete leise ein. Ihr Geruch welcher unerträglich süß war benebelte seine Sinne. Die geringe Distanz welche noch zwischen ihnen lag ließ ihn inne halten.

Alice hatte ihre Augen geschlossen und Jasper tat es ihr gleich.

Es war überwältigend zu wissen, was sie fühlte.

Als seine Lippen ihre berührten war es, als würden elektrische Stromschläge in ihm pulsieren. Ihre Lippen waren weich wie Samt und brannten auf seinen, auf eine sehr erregende Weise. Seine Hand wanderte sanft über ihren Arm, an der Seite ihres Körpers entlang nach unten wo er sie vorsichtig festhielt. Ihre freie Hand legte sich sofort um seinen Nacken und sie zog ihn sanft aber bestimmend an sich. Die Musik wurde leiser, verstummte dann ganz und sachte löste er sich von ihr, hielt sie jedoch immer noch im Arm.

Nach 78 Tagen in denen sie nie länger als wenige Minuten voneinander getrennt gewesen waren hatten sie ihren ersten Kuss.

Er spürte wie ihre geschmeidigen Fingerkuppen an seinem Nacken entlang glitten, über sein Schlüsselbein strichen und auf seiner Brust stoppten. Jasper öffnete seine Augen und erwiderte ihren intensiven Blick.

„Meine Vision war nur halb so schön. Wegen dir hätte ich fast die Kontrolle verloren!“, flüsterte sie vorwurfsvoll was ihn zum Lachen veranlasste.

„Das war meine Absicht.“

„Wie fies du bist…“

Gut gelaunt ließ er sie los und spürte wie Alice’ Stimmung kippte. Er unterdrückte ein weiteres Lachen bei dem Gedanken daran, wie sehr sie schmollte.

„Du hast nicht vor, das noch mal zu wiederholen, oder?“ Ihre glockenhelle Stimme war mit einem spitzen Unterton versehen und er musste an ihre Worte denken. Sie bekam alles, was sie wollte, und er war ihr zu sehr verfallen um es nicht anders zuzulassen.

Jasper bemerkte wie sich ihr Gesicht erhellte und seufzte laut auf. Ohne zu zögern nahm er ihr schmales Gesicht in seine Hände und küsste sie noch mal.

Er war vorsichtig, genoss jedes kleinste Gefühl ihrerseits. Das Wissen, dass es nicht reichte, unendlich lang mit ihr zu leben ließ den Kuss unerträglich süß und verzweifelt werden.
 

Der erste Kuss, begleitet von den letzten Sonnenstrahlen des sich verabschiedenden Herbstes schien nur einige Tage alt zu sein aber die Zeit verging schnell. Der Winter dauerte lang an, wurde von dem erwachenden Frühling abgelöst welcher schließlich in den Sommer überging und ihnen wenig Möglichkeit bot, vor dem Einbruch der Dunkelheit zu jagen. Wieder fielen Blätter von den Bäumen, bald legte sich Schnee auf die kahlen Äste und ließ die Welt scheinbar erstarren. Selbst der Frühling war noch sehr kühl und nur wenige Sonnenstrahlen schafften es die dicke Wolkenwand zu durchbrechen. Es war Ende April, als Alice wieder eine Vision hatte.

„Endlich!“ Ihre Erleichterung traf ihn und Jasper fragte sich, was sie gesehen hatte. Alice würde es ihm gleich erzählen.

„Wir werden sie bald finden! Sie müssen demnächst umziehen, in drei oder vier Monaten würde ich schätzen. Sie wissen noch nicht wohin, jedoch klang die Entscheidung felsenfest. Muss es ja auch, sie können nicht dreißig Jahre am gleichen Ort verbringen!“, fügte sie lachend hinzu. Es war gut, dass sie wieder eine konkretere Vision gehabt hatte. Ohne ihre Art zu sehen fühlte sie sich unvollständig, das wusste er natürlich. Er wollte gerade etwas machen als sie die Hände in die Hüften stemmte und ihr Kinn vorschob.

„Das wagst du nicht!“, drohte sie. Er würde es machen, es gefiel ihm dafür zu sehr. Anscheinend hatte Alice seine zweite Entscheidung auch mitbekommen denn sie drehte sich elegant um und rannte davon. Ihr Lachen wehte nach und er ließ ihr eine halbe Sekunde Vorsprung. Dann rannte auch er los. Es war gerade zu erniedrigend in einem lichten Laubwald umher zu rennen, schließlich gab es keine Herausforderung für ihn. Er sah sie wenige hundert Meter vor sich, ehe sie plötzlich verschwand. Sofort blieb er stehen, sich auf die Umgebung konzentrierend. Hier war nichts, was auch nur annähernd gefährlich sein konnte für Alice. Und doch machte er sich unglaublich sorgen.

„Wie süß!“, er war bei ihr als sie noch nicht einmal zu Ende geredet hatte.

Alice kniete auf dem Laubboden.

Kein Wunder war sie plötzlich verschwunden.

Ihre zierlichen Finger berührten die Blumen, welche zu hunderten den Boden übersäten und diesen weiß erschienen ließen. Es waren Maiglöckchen.

Jasper lachte, zum einen froh dass ihr nichts passiert war und zum anderen über ihre Begeisterung für so unwichtige Dinge.

„Dass dich so was immer wieder glücklich macht ist wirklich faszinierend.“ Er kniete sich jetzt neben sie und lächelte sie von der Seite an.

„Gerade die alltäglichsten, die einfachen Dinge sind doch das Schönste!“, antwortete sie mit voller Überzeugung was ihn dazu veranlasste nachzudenken.

Sie hatte Recht. Er hatte sich nie über solche banalen Sachen gefreut, für ihn war es selbstverständlich gewesen. Erst durch Alice erlebte er das Leben neu, sah die Welt mit anderen Augen und konnte anders handeln.

Seine langen, feingliedrigen Finger strichen nun auch über die Blume, so zögerlich als hätte er Angst, sie zu zerquetschen.

„Wie süß.“, murmelte auch er, schaute dabei aber Alice an.

Die Blume war genauso klein wie Alice.

Sie war genauso weiß wie ihre Haut.

Nur, Alice war viel süßer als diese Blume.

Ihre Blicke hingen aneinander, konnten voneinander nicht loslassen und schienen für die Unendlichkeit miteinander verwoben zu sein.

Sonnenstrahlen brachen zwischen den Laubbäumen hindurch und zwangen die beiden dazu eine Unterkunft zu suchen. Es dauerte nicht lange bis sie ein kleines abgelegenes Haus fanden.

Die Stimmung zwischen ihnen hatte sich verändert, war angespannter geworden. Es war vielleicht nur eine Reaktion auf ihre Gefühle aber Jasper konnte daran nicht wirklich glauben. Seine Gefühle waren in einem nicht schlechten Sinne eingefroren während sie sich eher verstörend anfühlte.

Er hatte sich in den letzten Monaten angewöhnt, menschlicher zu sein. So kam es, dass er in der Minute mehrmals blinzelte und sich nach zehn Minuten stehen irgendwo einen Sitzplatz suchte. Es war kein großer Unterschied für ihn, nur die Tatsache, dass er es selbst dann machen musste, wenn keine Menschen in der Nähe waren irritierte ihn etwas. Als Erklärung hatte Alice einmal gemeint, dass er sich immer wie ein Mensch verhalten sollte, damit es irgendwann völlig normal in den Alltag einfloss.

Jasper rümpfte die Nase als er in das einzig große Zimmer trat. Der Staub, welcher die Kommode und den Schrank aus Eichenholz sowie das Bett und diverse andere Dinge wie einen undurchdringbaren Vorhang bedeckte roch modrig. Er war versucht, dass Fenster zu öffnen aber gleichzeitig ertönte Alice’ Stimme.

Ihr Geruch und ihre Freude ließ ihn taumeln und um sich nicht die Blöße zu geben setzte er sich auf das eklig verstaubte Bett. Sie erschien im Türrahmen, in der Hand ein Bündel Maiglöckchen und auf den Lippen ein Lächeln.

„Schönes Zimmer!“ Zuerst verstand er nicht, weil keine Ironie in ihrer Stimme lag, aber dann schaute er sich noch einmal um und er lächelte auch. Es stimmte, was sie sagte. Die Holzwand war mit einem verblassten Hellrot überzogen und die wenigen Möbelstücke ließen dem Zimmer genug Platz. Das Licht drang nur durch ein kleines Fenster und ließ den verstaubten Spiegel erstrahlen. Schlicht ja, aber äußerst schön.

Alice stand jetzt vor ihm und strich mit ihren Fingern wieder und wieder über die Blumen, ehe sie diese auf die kleine Kommode legte.

Sie war angenehm ruhig, völlig anders als noch vor wenigen Minuten.

Er spürte wie sie ihre Finger behutsam auf seine Schulter legte und schaute auf. Zu erstaunt gab sein Körper nach als sie Druck ausübte und seine Hände umschlossen ihre schmalen Handgelenke rein intuitiv.

„Was-…“

„Vertrau mir.“

Wieder kam sie ihm zuvor und am liebsten hätte er ihr gesagt, dass er ihr seit dem ersten Augenblick vertraute, dass sie ihm alles bedeutete aber ihre Lippen verschlossen sich mit seinen.

Wie konnte er ihr etwas verwehren was sie wollte?

Er ließ sie los, seine Arme fielen schlaff auf das weiche Bett und er erwiderte den Kuss atemlos.

Bedächtig öffnete sie einen Knopf nach dem anderen und der Gedanke an seine Narben ließ ihn den Kuss lösen.

„Alice, ich glaube nicht-…“, er hörte sich seltsam fremd an.

„Du glaubst, Jazz. Ich weiß es.“

Ein triumphales Lächeln lag auf ihren Lippen und er seufzte auf.

Die letzten Knöpfe waren kein Hindernis für sie und mit Leichtigkeit zog sie sein Hemd aus. Er beobachtete sie ganz genau, sah wie ihre Augen über das federartige Muster der halbmondförmigen Narben auf seiner Haut glitten und wie ihre Finger schwerelos darüber fuhren.

„Jetzt hast du ja mich.“

Er sah ihr Lächeln, ihre Augen welche vor Liebe glühten und konnte an nichts anderes mehr denken.

Ihr Duft war bei weitem süßer und anziehender als der der Maiglöckchen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von: abgemeldet
2009-03-28T18:59:11+00:00 28.03.2009 19:59
super schön^^
ich freu mich wenn es weiter geht^^
ggLg
Von:  Wintersoldier
2009-02-23T09:11:41+00:00 23.02.2009 10:11
Eigentlich wollte ich ja damit anfangen, deine Achromatopsie-Reihe zu kommentieren, aber dann dachte ich mir, fang ich mal mit der Geschichte an, die ich als erstes von dir gelesen habe. Und bevor du jetzt gleich glaubst, ich würde schleimen: das Folgende entspricht WIRKLICH der Wahrheit! =3

Nachdem ich alle vier Bücher Ende Januar hintereinander weg gelesen und meine Liebe für Twilight entdeckt habe, musste ich mich natürlich auf die Suche nach guten FFs dazu machen. [Man wird in der Hinsicht ja doch ganz schön schnell enttäuscht, wie ich feststellen musste, aber das ist eine andere Geschichte. x_X] Nach Überfliegen ein paar anderer Geschichten kam ich bei der Suche schnell zu deinem OS.

Erste Feststellung:
• passendes Zitat am Anfang
• schöner Schreibstil (der sich inzwischen übrigens schon ein wenig entwickelt hat, wie ich finde, obwohl ich dafür keine Beweise habe... ist einfach ein Gefühl ^^)
• Jasper *O* [da sammelt man IMMER Pluspunkte bei mir XD]

Also dachte ich mir, lassen wir es auf den Versuch ankommen und so war das hier meine erste Geschichte im Fandom Bis(s), die ich wirklich gelesen und nicht gleich wieder verworfen habe. [Sei stolz drauf.] Und ich hab den One-Shot förmlich verschlungen.

Ich liebe deine Darstellung von Jasper. Die beiden sind einfach nur niedlich und du hast es geschafft, mir eine Idee in den Kopf zu setzen, die ich nicht mehr loswerde. Ich meine, es trifft es vielleicht nicht hundertprozentig, aber immer wenn ich darüber nachdenke, wie die beiden sich zusammen auf den Weg zu den Cullens machen, fällt mir dein Verlauf ein. Und ich finde ihn passend. Ich hab inzwischen auch andere gelesen, aber keiner konnte mich wirklich so überzeugen wie deiner. Bei jedem fehlte irgendwie was, sei es der Schreibstil, seien es die Gefühle.
Abgerundet wird das Ganze noch dadurch, dass du den englischen Auszug ihres Treffens eingebaut hast. "I felt hope" -> ich _liebe_ diesen Satz! ^^

So,... ich glaube inzwischen, ich bin unfährig, Kommentare zu schreiben. Aber bei dieser Geschichte kann ich einfach nichts wirklich kritisieren. ( Vielleicht ja bei einer deiner anderen XD )

Liebe Grüße
Aya
Von: abgemeldet
2009-02-13T17:11:57+00:00 13.02.2009 18:11
Wunderschön :)
Ich lese gerne Fanfics zu der Begegnung zwischen Jasper und Alice..und deine hier ist einfach unbeschreiblich gut geworden; die Gefühle von Jasper -seine Hoffnungslosigkeit, seine Verwirrung, seine Liebe zu Alice..wunderbar beschrieben! UND was ich auch sehr gut fand, waren die original englischen Zitate- dass verleiht dem ganzen irgendwie..keine Ahnung, vllt.. eine passende Wirklichkeit zu ihrer Begegnung,die mit dem originalen Twilight perfekt zusammenpasst.
Finde es ebenfalls schade, dass ihre Begengung mit den Cullens nicht vorkommt..aber naja, man kann ja nciht alles haben XD
Freu mich schon auf die anderen Parte^^
Von:  RoseMalfoy
2009-02-01T22:18:43+00:00 01.02.2009 23:18
Das Zitat am Anfang war ein wirklich gelungener Start.
Ich hab schon seeehr viele Begegnungen zwischen Jasper und Alice gelesen (besonders in englisch), aber deine ist bei weitem die beste.
Der Originalteil aus dem Buch war schon fast zu schlecht um in deine Geschichte mit hinein zu passen.
Das sanfte Annähern der beiden Charakter hat mir eine leichte Gänsehaut verpasst. Wirklich hervorragend geschrieben!
Ich hoffe bald noch viel mehr von dir zu lesen.
Liebe Grüße
Tessa
Von:  _Natsumi_Ann_
2009-02-01T18:18:09+00:00 01.02.2009 19:18
GENIAL!
;_;
<3

Von: abgemeldet
2009-02-01T12:35:22+00:00 01.02.2009 13:35
Also, ich muss sagen, dass ich deinen Schreibstil richtig gut finde. Mir haben außerdem dieses kurzen Einschnitte gut gefallen, also z.B. am Anfang das Zitat von Jackson Rathbone über jasper und dann noch irgendwo in der Mitte, wo Jasper und Alice von ihrer Begegnung erzählen.^^ Meine Lieblingsstelle ist dieses "I felt hope" und ich find es toll, dass du das da reingebracht hast, denn das hat ja Jaspers ganzen Gefühle auf einen Punkt gebracht.
Die ganze Atmosphäre um Jasper und Alice fand ich wirklich gut beschrieben, denn ich hatte mir von in der Twilight-Saga erhofft, dass das noch irgendwie erzählt wird (deshalb bin ich noch für ein Extra-Buch über die verschiedenen Begegnungen, aber man kann ja nicht alles haben^^). Ich find es toll, auch mal solche Fanfictions zu lesen, also nicht nur EdwardxBella, sondern auch (gute!!) FFs über andere Paare in der Twilight-Saga. Deshalb bin ich auch schon sehr gespannt auch die anderen One-Shots. Keep it good.^^
Alice
Von:  SamanthaGallin
2009-01-31T22:08:25+00:00 31.01.2009 23:08
Oh, oh wow das war ja, das ist... mir fehlen absolut die Worte...
Ich versuchs mal ^^
Genial, einfach zu schön. Es hat so traurig angefangen und dann ging für Jasper die Sonne auf *seufz*.
DAS wollte ich schon immer lesen!!!
Auf der letzten Seite hab ich noch gedacht: Schade sie treffen die Cullens nicht mehr, aber dein Ende war so unglaublich schön
ich freu mich wahnsinnig auf die anderen beiden Kapis
lg Sam


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