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Niemals allein

von

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„Wie geht es ihnen, Mrs. May?“

Der jungen Mutter wurde eine warme und starke Hand gereicht und leicht zittrig reichte sie ihm auch die ihre. Mit einem gequälten Lächeln entgegnete sie: „ Es geht. Wie geht es meinen Babys?“

Kitana May hatte ihre Zwillinge schon im 7. Monat per Kaiserschnitt zur Welt gebracht, da die Wehen vorzeitig einsetzten und so schnell wie möglich gehandelt werden musste.

„Nun , unser Verdacht hat sich leider bewahrheitet. Beide Kinder haben den Gendefekt des Vaters geerbt und werden entweder jetzt schon komplett blind sein oder aber in ein paar Monaten erblinden. Der Junge hat zusätzlich noch einen Fehler der Herzklappen, aber das können wir beheben.“

„Kann ich zu ihnen?“ Auf wackeligen Beinen ging die Dunkelhaarige den Gang entlang zur Frühchenstation. Ihre Kinder lagen zusammen in einem Brutkasten nebeneinander gekuschelt, mit kleinen Mützchen in rosa und blau zur Unterscheidung, aber sie konnte ihre Babys schon jetzt auseinanderhalten. Das Mädchen, Lilith, hatte schon jetzt einen großen Bewegungsdrang und strampelte mit ihren Beinchen in der viel zu großen Windel. Ihr Bruder hingegen war noch an ein Beatmungsgerät angeschlossen, brummte aber zufrieden vor sich hin.

„Na ihr beiden? Werdet mal schnell gesund und dick“, lachte sie und öffnete eines der Löcher an der Seite des Kastens, „ Ich will doch keine dürren Kinder. Hab doch zu Hause schon soviel leckeres Babyzeug gekauft.“

Kitana war in ihren Augen noch viel zu jung für Kinder. Während der Schwangerschaft lag sie oft weinend in einer Ecke und wollte sterben. Der Vater der Kinder war kurz vor der Geburt an einem Schlaganfall gestorben und sie konnte es sich einfach nicht vorstellen, wie sie das alles alleine schaffen sollte.Sie vermisste ihn so sehr. Seine weichen Hände, Lippen und Augen. Auch wenn er blind war, dachte sie, er würde sie direkt anschauen. Er wusste jedes Mal was sie dachte und nahm ihr jede Sorge mit seiner grenzenlosen Liebe. Und plötzlich war er fort. Jamie hatte sie noch kurz angeschaut und gesagt, dass er sie nie allein lassen wird und starb auf dem Weg ins Krankenhaus an einem weiteren Anfall. Auch nach der Geburt fühlte sich Kitana noch nicht soweit ihre Kinder überhaupt anzufassen, aber als sie dann ihre wunderschönen, noch zerknautschten, Zwillinge sah, spürte sie zum ersten Mal das Gefühl in ihrer Rolle als Mutter aufgehen zu können.

So saß die junge Mutter da, streichelte lächelnd die kleine Hand ihrer Tochter und bemerkte garnicht den Mann hinter ihr, der sie schon einen Moment lang beobachtet hatte.

„Sind das ihre Kinder?“, brach er die Stille und ließ Kitana aus ihren Gedanken aufschrecken.

„Ähm, ja. Und wer sind sie , wenn ich fragen darf?“

Der dunkelhaarige Mann hatte eine quietschbunte Hose an und freche, braune Augen, die sie an irgendwas erinnerten.

„Ich bin der Krankenhaus- Clown. Kümmere mich um die kleinen Patienten hier und kam gestern schon einmal hier vorbei, da lagen die süßen Dinger auch schon in dem Kasten.“

Mit einem leichten Lächeln trat er ein paar Schritte auf Kitana zu und streckte ihr seine helle Hand entgegen. „Bin der June und wer bist du? Siehst ja noch so jung aus, wenn ich das sagen darf.“

Kitana kicherte. „Du bist aber nicht sehr höflich. Ich heiße Kitana May. Ja, ich bin erst 20, wenn du das als sehr jung bezeichnen willst. Heutzutage bekommen viele Frauen in diesem Alter Kinder. Und wenn ich das sagen darf, du hast einen schönen Namen.“

Mit einem Schwung hatte sich der Mann einen Stuhl geschnappt und setzte sich neben sie.

„Danke, meine Mutter hat lange überlegt. Die wollte keinen normalen Namen wie Tom oder so. Zwanzig hm? Dann sind wir ja gleich alt. Ich für meinen Teil hab zwar noch nicht über Kinder nachgedacht, aber wenn ich die kleinen Würmlinge so sehe, könnte ich mir das echt gut vorstellen.“

Kitana hatte unterdessen die Seite des Brutkastens komplett auf gemacht und legte sich eine flauschige Decke auf die Brust, um kurz darauf ihre Tochte Lilith darauf zulegen.

„Sie sind von jetzt an mein Leben. Lilith und Leon sind das einzige, was mich noch ein meinen Mann erinnert.“, meinte sie traurig und streichelte langsam über den leichten Haarflaum des Babys.

„Oh, mein Beileid. Wie war der Vater denn so?“

„Ein herzensguter Mensch. Jamie hatte etwas außergewöhnliches an sich. In jeder Situation an meiner Seite. Nun zu Dir, wie kommt es, dass du hier als Clown arbeitest? Wurdest du dazu verdonnert oder wird es gut bezahlt? Du kannst ruhig ehrlich sein. Ich kenne viele junge Männer in deinem Alter, die sowas nur wegen dem Geld machen.“

Doch da wurden seine Augen ganz weich. „Nein, ich mache das alles ehrenamtlich. Diese Kinder brauchen mich, wenn sie doch sonst nichts zu Lachen haben. Ich möchte ihnen einen kleinen Moment der Unbeschwertheit zurück geben. Als ich dann deine beiden Babys sah, da war da so ein Drang. Ich musste einfach nachschauen, ob es ihnen auch gut geht.“

Kitana konnte ihren Blick nicht mehr von June abwenden. Irgendetwas ließ ihr Herz schneller schlagen, als wenn sie die Person schon Jahre kannte.

„Sag mal, haben wir uns vorher schon einmal gesehen?“, fragte sie geistesabwesend.

June runzelte die Stirn. „Nicht, dass ich wüsste.“

Kitana war mit dieser Antwort noch nicht zufrieden, denn als sein Gesicht weichere Züge annahm, verspürte sie den Wunsch ihn in die Arme zu nehmen.

Die junge Mutter bemerkte plötzlich seinen Blick, der selig auf den Zwillingen lag.

„Möchtest du die kleine auch mal halten? Leon muss noch liegen bleiben, da er noch zu schwach ist.“

„Oh, gerne, wenn das kein Problem ist.“ June schnappte sich ein weichen Handtuch von der Anrichte und Kitana legte das kleine Bündel vorsichtig auf seine Brust.

Lilith blieb ganz still und tastete mit ihren kleinen Fingern das Tuch ab. Der junge Mann strich mit dem Zeigefinger über das Händchen und ließ das Mädchen diesen umgreifen.

Alles war ruhig und plötzlich sah Kitana etwas glitzern in den Augen ihres Gegenübers.

„Was ist denn los?“ Mit einer kurzen Bewegung wischte er sich die Tränen weg.

„Ach ich weiß auch nicht. Irgendwas sagt mir, dass dieser Moment einer der schönsten in meinem Leben ist, dabei sind diese Kinder doch gar nicht meine.“

In dem Moment wusste Kitana wer hier vor ihr saß. Jamie war hier, bei ihr und den Zwillingen, damit sie nicht alleine war, hatte er June geschickt.

Auch ihr stiegen die Tränen in die Augen. „Ist doch kein Problem. Ich finde es schön, dass du mich nicht alleine lässt.“, meinte sie nur und strich im durchs zerstrubbelte Haar.

Vorsichtig legte er Lilith wieder zurück in den Brutkasten und küsste noch einmal ihre Finger, streichelte den Bauch Leons und verschloss den Kasten wieder.

Mit einem lauten Seufzer stand auch Kitana auf und legte die Decke beiseite.

„Eigentlich müsste ich jetzt wieder ins Zimmer, aber wenn du auf mich aufpasst, dann könnten wir unten in der Cafeteria noch einen Tee trinken.“

„Liebend gern.“ June hielt ihr seine Armbeuge entgegen, in die sie sich einhakte.

„Ich werde für immer auf euch aufpassen.“, hörte Kitana seine Stimme.

„Wie bitte?“

„Ich hab nichts gesagt.“, meinte June und zusammen gingen sie den Gang hinunter.
 


 

Und wieder eine Kurzgeschichte von mir. Ich habe leider keine Zeit längere zu schreiben, wegen der Uni... Aber ich mag die Geschichte ^^



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