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Sed de Sangre

Blutdurst
von

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Mit überraschend guter Laune präsentierte sich Jack am nächsten Tag seiner durchaus leicht verwunderten Crew. Offenbar war mit ihrem Captain wieder alles in Ordnung, auch wenn sie es sich nicht ganz erklären konnten. Vielleicht hatte er sich in der Nacht doch auch nach Tortuga geschlichen und dort das ein oder andere Mädchen besucht.

Allerdings wussten sie nichts von dem Rattenkadaver, neben dem Sparrow aufgewacht war und den er erst angeekelt angesehen und dann kurzerhand ins Meer geworfen hatte.

„Cap'n...?“, mit einem verwirrten Gesichtsausdruck kam Gibbs auf den jüngeren Mann zu, musterte ihn erstmal, wobei Sparrow ihn angrinste, als hätte er ihm eben das charmanteste Kompliment gemacht, das er je gehört hätte.

„Wunderbarer Tag, eh Mr. Gibbs...“, erwiderte der Pirat, gestikulierte in seiner typischen Manier und lehnte sich dann ein wenig an die Reling.
 

Die Sonne brachte ihn nicht mehr zum Zwinkern als vorher schon, er fühlte sich nicht mehr so schlapp und hatte durchaus das Gefühl, alleine heute das ein oder andere Handelsschiff zu kapern – wenn ihnen ein solches denn vor den Bug schwimmen würde.

Nun, vielleicht könnten sie auch selbst dafür sorgen, dass sie ein solches Schiff erwischten, wer konnte das schon sagen? Jedenfalls fühlte Jack sich voller Tatendrang und wollte diesen auch nutzen.

Seine immer noch leicht verwirrte Crew ließ er kurzerhand hinter sich und ging pfeifend Richtung Achterdeck, wo er darauf wartete, dass sich der Rest seiner Leute einfand, sodass sie auslaufen konnten.
 

Was genau am Vorabend passiert war hatte Jack sich nicht erklären können – nicht, dass er es gewollt hatte, nachdem er die tote Ratte neben sich gefunden hatte. Zwar war er ein von Natur aus neugieriger Mensch, aber er hatte selbst auch schon gemerkt, dass es nicht gut war, immer allem auf den Grund zu gehen.

Manchmal war es einfach gesünder, gewisse Dinge einfach hinzunehmen, sie nicht zu hinterfragen und am besten so tun, als wäre es niemals geschehen.

Besser für so manche Gesundheit...
 

Natürlich kam ihnen in den nächsten Stunden kein Handelsschiff in die Quere und wie sollte es anders sein konnten sie ein Marineschiff rechtzeitig erspähen und scheinbar ungesehen davon segeln. Nicht gerade ein glorreicher Tag, wenn man ihn aus Sicht eines Piraten betrachtete, allerdings hätte es durchaus schlimmer kommen können, darin hatte Jack inzwischen reichlich Erfahrung sammeln können.
 

„Was spukt dir im Kopf rum, Jack?“

Fragend wandte sich Gibbs erneut an seinen Captain, der selbst hinter dem Steuer stand und den älteren Seebären erstmal nur aus den Augenwinkeln bedachte.

„Sollte mir da was rumspuken?“, entgegnete er dann mit einem Rollen der Schultern und wollte darauf eigentlich nicht weiter eingehen. Da gab es durchaus einige Dinge, über die er nachdachte, aber die er nicht so einfach ansprechen könnte.

Das würde womöglich nur zu einer weiteren Meuterei führen und das wollte Sparrow so gut es ging verhindern.

„Nich' wirklich...aber der Crew und mir ist aufgefallen, dass...“, begann Gibbs, brach aber ab und räusperte sich etwas.

„Ja...?“, Jack gestikulierte ein wenig, um Gibbs dazu zu bringen, weiter zu sprechen, was dieser nach einer einigen Sekunden dann auch tat.

„Nimm es nicht böse, Jack, aber du hast dich fast schon komischer Verhalten, als sonst...vor allem, seitdem wir aus Rumänien zurück sind...“, murmelte der ältere Mann dann und musterte seinen Captain mit einer Mischung aus Interesse und Neugierde.

„Hm...kann mich nich' erinnern...“

Er hätte lügen müssen, wenn er der Meinung gewesen wäre, dass alles seinen gewohnten Gang gegangen wäre, aber was sollte Sparrow schon sagen? Dass er sich ein wenig komisch gefühlt hatte? Wohl eher kaum...

„Wie auch immer...Master Gibbs, lasst Segel nach Port Royal setzen...ich glaube, ich muss einige Dinge erledigen. Außerdem freuen sich die Welpen bestimmt über meinen Besuch...“, grinste der Captain dann und Gibbs fand durchaus, dass dieses Grinsen einem Hai besser gestanden hätte, als seinem 'Chef', aber es stand ihm wohl nicht zu, etwas zu sagen.

Daher nickte er nur und gab den Befehl weiter.
 

Natürlich waren nicht alle begeistert, dass sie jetzt schon wieder ablegen mussten, aber was blieb ihnen auch schon anderes übrig? Niemand wollte irgendwelche Strafen riskieren, die es auch an Bord der Black Pearl gab. Zwar nicht in dem Ausmaß von Peitschenhieben oder wochenlang in einer Zelle vermodern, aber ihr Captain wusste, wie er ihnen beibringen konnte, zu gehorchen und seinen Befehlen Folge zu leisten und nicht zu widersprechen.
 

Die Fahrt nach nach Port Royal dauerte zwei Tage und erst in der Dämmerung konnte Jack die Umrisse der Insel ausmachen.

„Wir warten, bis es dunkel ist, dann nähern wir uns, aye? Gibt in der Nähe eine Höhle...sind nur drei Stunden Fußmarsch bis in die Stadt, aber besser als das Empfangskomitee, dass uns sonst erwarten würde...“, meinte Jack leicht grinsend und übergab Anamaria das Steuer, stellte sich an die Reling und blickte noch einmal durch das Fernrohr, auch wenn er schon fast das Gefühl hatte, dass er es nicht wirklich brauchen würde.
 

Inzwischen hatte er begonnen, sich mit diesem Gedanken abzufinden und nicht mehr daran zu denken, ganz zu schweigen davon, dass er manchmal das Gefühl hatte, dass sein Herzschlag mitten in der Nacht aussetzte – und er in diesen Stunden oft wacher und voller Energie war, als zur Mittagsstunde.

Vielleicht war es dann auch besser, wenn er gegen Abend oder aber in der Nacht nach Port Royal schlich und dort...nun ja, dem nachkam, was er vorhatte.
 

Zwar hatte er durchaus auch vor, die Turners zu besuchen, allerdings stünde auch ein Besuch der anderen Art auf dem Programm, dazu musste er allerdings zuvor zu der ehemaligen Miss Swann.

Inzwischen bewohnten sie und ihr frisch angetrauter Ehegatte ein kleines Häuschen, wobei Will sich im unteren Stockwerk eine kleine, aber doch feine Schmiede errichtet hatte. Dass es der Junge in diesem Gewerbe weit bringen würde hatte er mehr als einmal deutlich bewiesen, zumal die Bewohner der Stadt schon zuvor gemutmaßt hatten, dass es der junge Mann statt des alten Mister Brown gewesen war, der sämtliche Klingen, Messer und Beile hergestellt hatte.
 

Bis er die Ausläufer der Stadt erreicht hatte, war es um ihn herum bereits dunkel, dennoch hatte der Pirat das Gefühl, als würde er besser sehen als noch wenig Stunden zuvor. Die Umrisse der Häuser und Zäune erschienen ihm schärfer und es schien ihm nicht sonderlich viel abzuverlangen, sich leise durch die Dunkelheit zu schleichen, als sei er ein Teil von ihr.
 

Und doch achtete er darauf, nicht die Hauptwege und Straßen zu beschreiten, sondern sich hinterrücks, vorbei an Gärten und Hauswänden dem Inneren der Stadt zu nähern, bis seine Augen jenes Haus erblickten, das Ziel seiner Wanderung war.

Einen letzten Blick über seine Schulter werfend betrat Jack das Grundstück und sah im Vorbeigehen auf das Schild mit der Aufschrift 'Schmied', wobei sich ein schmales Lächeln auf seinen Lippen abzeichnete.

Das Rapier, das er einst für den Commodore hatte schmieden sollen, war wohl Werbung genug für den jungen Master Turner und Jack hoffte, dass er es in diesem Beruf weiter bringen würde, als sein ehemaliger Lehrmeister...
 

„Jack!?“

Überrascht blickte Elizabeth zu der Gestalt, die sich eben durch das Küchenfenster ins Haus geschlichen hatte und hielt ihrerseits die Kerze ein wenig höher, um den Piraten genauer sehen zu können. Nicht, dass sie von jemand anderem erwartet hätte, ihr Haus in der Nacht durch das Küchenfenster zu betreten.

„Was tust du denn hier?“, sprach sie anschließend mit normaler Stimme wieder, als Jack sich gesammelt und die junge Frau zur Begrüßung einfach einmal umarmt hatte.

„War in der Gegend, Liebes, da dacht' ich, ich schau mal vorbei und sag Hallo...“, grinste der Pirat breit und brauchte nicht lange warten, bis sich auch Will zu den beiden gesellte, da er es verdächtig gefunden hatte, was seine Frau denn so lange davon abhielt, wieder ins Schlafzimmer zu kommen.
 

Es dauerte nicht lange, bis sie es sich zu dritt im Wohnzimmer gemütlich gemacht hatten und Jack ihnen etwas von seiner Reise erzählte – wobei er das ein oder andere Detail doch auch ausließ und auf der anderen Seite hin und wieder etwas dazu erfand. Er nahm nicht an, das die beiden ihm wirklich alles glaubten, aber es tat gut, Geschichten zu erzählen. Auf der anderen Seite erzählte er diese Geschichten auch nicht immer, damit man ihm glaubte, aber es beinhaltete zumindest jenen Teil der Wahrheit bezüglich seines Aufenthaltes in Europa.
 

„Ich nehme nicht an, dass du den ganzen Weg her gekommen bist, nur um ein wenig mit deinen Geschichten zu erheitern, Jack...“, merkte der junge Schmied dann an und der Anflug eines Grinsens zierte sein Gesicht. In solchen Momenten war er seinem Vater wirklich ähnlicher, als es ihm wohl bewusst war, aber das würde der Pirat ihm auch nicht unbedingt erzählen.

„Hmm...nein. Bin ich nich'. Eigentlich bin ich ja hier, weil ich mit deinem Herr'n Vater ein Wörtchen reden woll'n würde...“, wandte sich der Pirat dann wieder an die junge Frau, die Augenbrauen angehoben, wobei diese Geste die schwarze Ummalung seiner Augen noch dunkler erscheinen ließ und das Weiß seiner Augen umso heller. Ein Gesichtsausdruck, der Sparrow durchaus ein wenig irrer aussehen ließ, als er tatsächlich war, aber vielleicht war auch das einer der vielen Stücke, die ihn als Menschen ausmachten und zu seinem Ruf beigetragen hatten.
 

„Mit meinem Vater?“, wiederholte Elizabeth ungläubig und sah kurz zu Will, der erst mit den Schultern zuckte, ehe er seinen Freund direkt ansah und die Frage ungefragt im Raum stehen ließ, darauf wartend, dass der Pirat ihnen eine Antwort geben würde, noch bevor sie ihn löchern mussten.

„Hm, dachte über eine Art Begnadigung nach...ihr wisst schon, jeder Galgen is' mir recht, solang's kein Britischer ist...“, Goldzähne wurden sichtbar, als Jack versuchte, grinsend seinen Charme spielen zu lassen. Doch die beiden Menschen kannten ihren Gegenüber inzwischen schon gut genug um zu wissen, dass dieses Grinsen alles andere als beruhigend war oder bedeutete, dass sie sich keine weiteren Sorgen machen sollten.
 

„Woher dein Sinneswandel, Jack? Du bist mir bislang immer wie jemand vorgekommen, der seine Freiheit schätzt. Ein Kaperbrief...würde dich das nicht zu sehr ans Gesetz binden?“, bohrte der junge Schmied dann doch nach. Er war immer noch skeptisch, konnte und wollte nicht einfach glauben, welchen Sinneswandel Jack scheinbar durchgemacht hatte.

Woher sollte dieser auch kommen?

Vielleicht kannte er Sparrow nicht so gut, wie sein Vater ihn gekannt hatte, aber die wenigen Tage, die er mit Jack auf der Intereptor verbracht hatte, hatten mehr als deutlich gezeigt, wie sehr der Pirat seine Freiheit liebte, die er sich offenbar mehr als einmal hart hatte erkämpfen müssen.

Und all das wollte er nun einfach aufgeben? Denn auch wenn er in gewisser Weise seiner Tätigkeit noch nachgehen konnte, er war an das britische Gesetz gebunden; er durfte keine britischen Schiffe mehr überfallen und musste auch einen Teil der Beute, die er anderen Schiffen abluchste, zahlen, als eine Art Steuer.

Das klang für Will alles andere als nach dem, was Jack offenbar als Freiheit definierte, um dorthin zu segeln, wohin er wollte.
 

„Zerbrich dir um meine Entscheidung'n nich' dein hübsches Köpflein, Will, und lass es getrost meine Sorgen sein, aye? Dort draußen herrscht teilweise ein vollkommen anderer Krieg als nur jener zwischen Marine und Pirat'n. Ich hab schon meine Gründe, savvy? Sonst wär ich ja wohl nich' hier. Also, wie sieht's aus? Denkst du, du könntest bei deinem Gouverneursvater ein gutes Wort für mich einleg'n? Ich würd ja nur zu gerne selbst vorsprechen, aber ich hab die Befürchtung, dass sein Wachhund Norrington schneller zubeiß'n wird, als ich meine Bitte vortragen kann...“, Jack gestikulierte ein wenig in seiner eigenen Manier. Die Füße hatte er von sich gestreckt, während er es sich auf seinem Stuhl so gemütlich wie nur möglich gemacht hatte, was Will durchaus auch an eine Art von Katze erinnerte. Scheinbar konnte Jack es sich so gut wie überall irgendwie gemütlich machen, auch wenn es oft wohl nur danach aussah und einfach zu seinem Spiel dazu gehörte.
 

„Ich kann es erwähnen, ja Jack...“

Immer noch ein wenig unsicher, ob sich der Pirat seiner Tat und seinen Worten bewusst war, stimmte Elizabeth seiner Bitte zu, mit ihrem Vater zu reden. Vielleicht hatte er recht und sie wussten wirklich nicht, was sich sonst noch dort draußen abspielte und sie dachte nicht, dass Jack aus Jux und Tollerei danach fragen würde, wenn es um sein Leben und seine Freiheit ging.

Sie wusste nicht viel von Politik, aber in einem hatte Sparrow recht gehabt: die Pearl war das letzte wirklich letzte gefährliche Schiff in diesen Gewässern, was nicht nur an ihrer Schnelligkeit, sondern auch an ihrem Captain lag. Schiff und Captain auf der Seite der Briten war bestimmt ein Grund, den ihr Vater nicht einfach so unter den Teppich kehren konnte, genauso wenig wie Norrington. Allerdings glaubte sie nicht, dass beide Männer in irgendeiner Weise davon erfreut sein würden, wenn sie von Sparrows Ansuchen wussten.
 

„Danke, Liebes...“, das Grinsen war aus Jacks Gesicht verschwunden, nun blickte er mit einem Ernst, den beide nicht gewohnt waren, zu ihnen und nickte ein wenig, um seine Worte zu unterstreichen.

„Willst du heute Nacht hier bleiben? Wir haben noch ein freies Zimmer und sollte es sich ergeben, kannst du schon morgen zu meinem Vater, wenn alles gut läuft und du dann immer noch deine Begnadigung willst...“

„Meine Mannschaft wird zwei Tage auf mich warten, sollte ich bis dahin nich' zurück sein, segeln sie ohne mich nach Tortuga...“

„Keine Helden unter Piraten, was?“, konnte Will sich dann doch nicht verkneifen, sowie das leichte Lächeln, als er sich an jenen Moment zurück erinnerte, an dem Jack ihn über einen sogenannten Piratenkodex aufgeklärt hatte. In solchen Sachen standen Piraten sich wohl selbst am nächsten, auf der anderen Seite hatte Jack seine Männer – und eine Frau – nicht grundlos ausgesucht.
 

So kam es, dass der Piratencaptain diese Nacht in einem kleinen, aber gemütlich eingerichtetem Zimmer im neuen Hause der Turners verbrachte und einen durchaus unruhigen Schlaf genoss. Ständig fühlte er sich von katzengleichen Augen verfolgt; es erklangen Schreie, als ob eine Frau erstochen werden würde, ehe in der Dunkelheit ein Fuchs seinen Weg kreuzte, dessen gelbe Augen in interessiert musterten, ehe der Körperbau des Tieres massiger wurde und mit einem Mal fand er sich einem wilden Wolf gegenüber, der die Zähne gebleckt hatte, bedrohlich und bereit zum Sprung...!



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