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Parfum d'Orange

Liebe schmeckt wie Sommerfrüchte
von

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Chapter One

„She left the house.“ Nigel stocherte angewidert in seinem Kartoffelbrei herum, was mich dazu anhielt, dem seltsamen Jungen bei seiner fragwürdigen Aktivität zu beobachten, ergo vernachlässigte auch Vaters anderer (und wenn man es genau nahm, dann auch einziger!) Sohn das schmackhaft zubereitete Mittagessen.

Frank, der sich doch einfach nur eine ernsthafte Antwort von seinem Problemziehsohn erhofft hatte, zog quälend langsam die Augenbrauen zusammen. Während sich auf seiner Stirn extrem undekorative Falten bildeten, sah ich das Unausweichliche schon auf uns zurollen. Jedenfalls auf Nigel.

Stattdessen grabschte mein Vater nur nach Nigels und meinem Teller, zischte ein gequetschtes „Entschuldigen Sie vielmals, dass es ihnen nicht gemundet hat.“ und trat seinen Pilgerweg in die Küche an. Ich fand es recht amüsant, dass mein Vater schon nicht mehr in der Lage war, seinen, vor lauter unterdrückter Wut ganz zitternden, Satz auch auf Englisch zu formulieren, so stocksauer war er anscheinend. Okay, wohl eher extrem genervt. Von allem und jedem, wenn ich das mal so sagen durfte.
 

Ein Vater, der nach 4 Monatiger Auslandsarbeit wieder Nachhause kehrte und Kartoffelbrei kochte, den mein neu erworbener Stiefbruder selbstverständlich nicht im Geringsten runterwürgen konnte, war einfach zuviel der Abwechslung, die ich mir Damals noch gewünscht hatte.

Und dass so ein Stiefbruder auch noch eine Stiefmutter mit sich zog, erleichterte meine Situation um keinen Gramm.
 

Als ich aufstand, tat es mir der Junge vor mir gleich. „What did he say?“, fragte er leicht verdutzt und starrte ein–, zweimal flüchtig in die Küche, in der es schepperte und klapperte.

Noch ehe ich mich wundern konnte, wieso er mir eine solch merkwürdige Frage stellte, ohne irgendwie zynisch zu werden, ohne dabei ignorierend oder gar aggressiv zu wirken, dass er das überhaupt tat, so sachlich etwas zu fragen, hatte sich mein loses Mundwerk bereits verselbstständigt.
 

„He told you to fuck off!“
 

Süß, dachte ich stillgrinsend in mir, während ich Herzklopfend die Türe ins Schloss knallen ließ, das Hündchen bekam ein artgerechtes Gewissen!
 

„Adam, holst du bitte Nigel? Ihr sollt die Spülmaschine machen!“ Mein Vater war schon wieder auf dem Sprung zwischen Tür und Angel, aber wohl trotzdem noch nicht zu gehetzt, als dass er mir nicht auch noch einen Haufen Hausarbeiten hätte aufhalsen können… Nein, wer übertrieb denn hier?
 

„Franz, du weißt genau, dass–“
 

„Erstens, Sohn, nenn mich ‚Papa‘! Zweitens, du kannst das auch selbstverständlich alleine machen, Hauptsache es ist nachher alles sauber und eingeräumt!“, flötete er so grausam fröhlich, dass mein Magen rebellierte. Und diesmal war er der Jenige, der die Türe knallte!
 

In meiner brenzligen Lage wusste ich nicht recht, ob ich mir lieber die Sache mit der Türe behalten und sie ihm bestenfalls vorhalten, wenn die nächste Chance sich mir bat, oder einfach nur wie ein trotziges Kind wütend aufstampfen sollte.
 

Verdammt, mein Leben war eine einzige Privathölle! Ja, so stellte ich mir die Hölle vor… neue Familienmitglieder, die mich sogar Zuhause dazu zwangen, mein grässlichstes Schulenglisch zu verwenden. Und Frank sah es auch nicht gerne, wenn ich mal wieder das Heimatland seiner Traumfrau verfluchte.

Mein Trotz siegte währenddessen, was sich wunderbar mit meiner darauf folgenden Aktivität verbinden ließ, ergo ging ich stampfend zu Nigels Zimmertüre. Und, als wäre es sein Kommando, meldete sich auch gleich wieder der penetrante Schwindel zu Wort, den mein Herz in einem nie da gewesenen Tempo durch meine Venen pumpte.
 

Was ritt mich noch mal, ihn freiwillig aufzusuchen, wenn sich noch nicht mal wer in Reichweite befand, der mich im Notfall vor seinen Wutanfällen und Kläffattacken retten konnte? Oder vor den mörderischen Schlägen meines Herzens… Ich musste völlig lala sein, da hätte ich ja lieber mal eben die Spülmaschine alleine machen können. Aber hey, ein 16Jähriger Junge war nun wirklich nicht in der Lage, Hausarbeiten alleine zu vollbringen, wenn es auch noch eine Möglichkeit gab, sie zu teilen.
 

So kam es also, dass ich zitternd und kurzerhand die Klinke runter drückte, und dabei leider völlig vergaß, anzuklopfen. Als mein werter Stiefbruder dann auch noch genau in dieser Sekunde sein Geschreie anmachte, wäre ich beinahe wieder rückwärts zur Türe hinausgefallen.

Überfahren sammelte ich mich wieder und linste so weit ins Zimmer hinein, dass ich den Schwarzhaarigen am Computer sitzend ausmachen konnte.
 

„Leave my room!“, fauchte er mir doch tatsächlich dreister Weise zu, ohne sich auch nur einmal die Mühe zu machen, sich auch nur etwas zu mir umzudrehen. Diese… Musik, die noch nicht mal ein wenig leiser gedreht wurde, tat ihr Übriges dazu. Und ich kochte… allerdings bestand diese Emotionssuppe aus Wut, sowieso auch aus extremen Herzschmerz. „Listen, guy! Let‘s wash the dishes!“
 

Irgendwie fühlte ich mich in meiner jetzigen Position überhaupt nicht überlegen, dabei war er doch der Jenige, der saß und ich stand, dabei natürlich, völlig überzeugt von mir selber, die Hände in die Hüften gestemmt. Nein, meine physisch total korrekte Haltung sprang sicherlich nicht auf meine mentale Verfassung über. Und das wiederum sah man wieder deutlich an meiner physische Haltung, die zusehends immer unkorrekter wurde.
 

„Piss off!“ Für einen amerikanischen Ausländer mit keinerlei Deutschen Kenntnissen hatte der Junge aber eine ganz schön große Klappe gepachtet. Er wurde mir nicht nur immer unsympathischer, sondern auch immer interessanter. Dass sich das widersprach, musste auf meine langsame Verblödung hinweisen, ganz sicher.
 

Ich ließ ihm gnädige 5 Überlegungssekunden, als er dann aber immer noch keine Anstalten machte, sich zu bewegen, beging ich Zimmerfriedensbruch. Wie verdutzt er schaute, als ich ihn von seinem durchgesessenen Schreibtischstuhl zerrte, hätte für die Ewigkeit festgehalten werden müssen! Zu schade, dass ich nicht in der Lage war, die jetzige Szenerie einzufrieren und obendrein auch noch meine Digitalkamera zu reparieren, die der Nachbarskater Frodo nach einem Ausflug durch unser Haus, gepflegt vom Tisch gefetzt hatte.
 

„Halt die Fresse, du Drecksack! Du nimmst dir ganz schön viel raus, weißt du das?“ Komischerweise war es einfach so übermäßig erfüllend, ihn hemmungslos auf Deutsch anschnauzen zu können. Das war immerhin die Rache für all die ungewollten Englischstunden!
 

„Shut the fuck up, Adam! Let me go, sucker!“ Wie sehr es mich amüsierte, wie er zappelte und mit Flüchen um sich schmiss, und dabei noch nicht mal verstand, was ich sagte, als ich ihn hart gegen die Wand neben seiner Zimmertüre drückte, so dass er mir so nah war, dass er mir gezwungenermaßen in die Augen schauen musste. Das sollte ja mal so richtig im Kreuz schmerzen, aber wer nicht hören wollte… Er würde doch sonst mein Leben lang meinen, auf mich herabsehen zu können. Ich musste ja klarstellen, wo er stand und wo ich stand. Alfamännchen eben, auch im 21 Jahrhundert.
 

„Nicht ‚Äddämm‘! Adam, verdammt noch mal, und jetzt geh in die Küche!“
 

Vielleicht hatte er gerade mal grob die kleine Ansprache mit meinem Namen verstanden, diese Zwangverenglischung kotzte mich nämlich schon jetzt an.

Und wie kleinlaut er wurde, wie er schaute, als ich ihn in Richtung Küche schubste. Eine einfache Genugtuung. Es war an der Zeit, dass er Deutsch verstehen lernte. Zwischen all den Fünfen und Sechsen sammelten sich bei ihm nur in Englisch Einsen an.

Und wie mein Herz wieder klopfte…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  shot_coloured
2009-03-26T15:24:30+00:00 26.03.2009 16:24
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Die Gespräche sind manchmal so schön zynisch. Wie der Vater zum Sohn. Und die Jungs untereinander sowieso. XD Es ist ne feine Sache, wenn man auch hin und wieder mal lächeln kann. :D


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