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Inner conflicts

von

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Unbalance

Samstag, Dezember 30, 1944
 

2:15 P.M.
 

Hermine erinnerte sich nicht mehr daran eingeschlafen zu sein, aber sie träumte eindeutig, also musste sie vom ganzen Weinen erschöpft ins Reich der Träume hinüber geglitten sein.

Es war ein seltsamer Traum. Sie war wieder fünf und hatte noch keine Ahnung von ihrer magischen Fähigkeiten. Manchmal geschah Seltsames um sie herum und ihre Eltern konnten sich noch keinen Reim aus den Geschehnissen machen, aber sie liebten sie über alles und verwöhnte sie als ihre einzige Tochter nach Strich und Faden ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen.

Es war einer dieser Tage an denen Hermine unabsichtlich zauberte. Sie hatte einen verletzten, kleinen Vogel gefunden und wollte ihn zurück zu seinem Nest bringen, so wie ihre Kindergartenlehrerin es ihr einmal erklärt hatte, doch das Nest war ganz oben im Baum und Hermine war noch zu klein um hinaufzuklettern. Aber sie wollte nicht aufgeben. Sie wollte den Vogel zurück nach Hause bringen, wo seine Familie auf ihn wartete. Seine Mutter würde sich um ihn kümmern und Hermine hätte ihn gerettet, was sie stolz ihrer Kameraden erzählen würde, damit sie von den anderen beachtet wurde und nicht mehr vom Spielen ausgeschlossen wurde.

Sie starrte verzweifelt auf das Nest und wünschte sich einen Weg nach oben, als sie auf einmal oben auf dem Baum saß. Erschrocken von der plötzlichen Höhe klammerte sie sich mit einer Hand am Baum fest, da sie Angst davor hatte zu fallen.

Aber jetzt war ihre Chance gekommen. Sie musste nur tapfer sein und den Vogel in sein Nest setzen. Sie war nur wenige Meter neben dem Nest gelandet und statt sich verwundert zu fragen, wie sie es hier hoch geschafft hatte, schob sie sich auf dem Ast weiter entlang Richtung Nest.

Hermine atmete tief durch und setzte den Vogel in sein Nest zu den anderen.

Stolz auf sich selbst lächelte sie. Ihre Spielkameraden würde ihr das kaum glauben, aber sie fühlte sich wie eine Heldin, die das Leben eines Unschuldigen gerettet hatte.

Aber während sie noch in ihrem Erfolg schwelgte verlor sie den Halt und stürzte mit einem Schrei in die Tiefe hinab.

Hermine schrie ebenfalls als sie aufwachte und schoss in der Höhe, wobei sie mit voller Wucht mit ihrem Kopf gegen einen anderen Kopf knallte.

Derjenige zog seinen Kopf wieder zurück und rieb sich die Stelle, an der sie ihn erwischte hatte.

Es war Riddle, der sich über sie hinüber gebeugt haben musste.

Sie brauchte einen Augenblick um die Situation zusammenzusetzen. Zuerst einmal musste sie die Frage klären, wo sie war, denn sie war nicht in ihrem Zimmer und sie war auch nicht im Gemeinschaftsraum. Damit blieb nur Riddles Raum übrig, was sie verdatterte.

Wie war sie hergekommen?

Es musste dem Licht nach zu urteilen Nachmittag sein, dass hieß sie hatte den ganzen Morgen verschlafen, aber sie konnte sich nicht mehr daran erinnern eingeschlafen zu sein.

Erst langsam dämmerte es ihr wieder. Sie hatte schrecklich geweint wegen der Erkenntnis, dass Blaise ein Mörder war und Riddle war bei ihr geblieben. Er hatte sie auf seine Art getröstet, wofür sie ihm dankbar gewesen war. Das war das Letzte woran sie sich erinnerte konnte.

„Wenn du wieder wach bist, kannst du ja wieder verschwinden. Ich bin nicht deine Nanny“, grummelte Riddle.

Hermine war noch gar nicht wach genug, um sich mit Riddle zu streiten, also kletterte sie aus seinem Bett heraus. Überhaupt fühlte sie sich jetzt wo sie sich wieder an den Morgen erinnerte und an ihre Erkenntnis seltsam schwach auf den Beinen. Blaise hatte Ron getötet. Es traf sie sofort wieder wie ein Schlag in die Magengrube und sie blieb neben Riddle stehen unfähig den Raum zu verlassen.

Nein, sie musste sich zusammenreißen. Sie konnte nicht schon wieder einen Zusammenbruch vor seinen Augen haben. Das von heute morgen würde er ihr bestimmt auch noch nachtragen.

„Warum bin ich überhaupt in deinem Zimmer?“, fragte sie Riddle, um über ihre Schwäche hinwegzuspielen.

Er verschränkte die Arme. „Weil du eingeschlafen bist und ich – wie du dich sicher erinnerst – nicht in den Mädchenschlafsaal kann.“

„Das letzte Mal hast du mich doch einfach im Gemeinschaftsraum schlafen gelassen und mich nur mit deinem Umhang zugedeckt“, erinnerte sich Hermine.

Riddle sah ungehalten aus, weil sie auf dieser Kleinigkeit herumhackte, aber sie wollte sich eigentlich gar nicht streiten sondern sich nur ablenken um nicht nachzudenken. Und den Slytherin zu ärgern konnte sie auch ohne darüber längerfristig zu grübeln.

„Dir ging es schlecht und ich dachte ein Bett wäre dir lieber. Aber da hab ich wohl falsch gedacht. Wahrscheinlich passt der lieben Prinzessin mein Bett nicht in den Kram. Und jetzt verschwinde endlich aus meinem Zimmer.“

Hermine fühlte sich davon angegriffen, dass er ausgerechnet Lestranges Kosename für sie verwendet, um sie loszuwerden, also verschwand sie bevor er sie wirklich hochkant raus warf.
 

Immerhin vergaß Hermine dadurch für einen Augenblick ihre Schwäche und sie kam bis in den Gemeinschaftsraum, wo sie sich hinsetzte, weil sie der Gedanke beunruhigte in ihr Zimmer zu gehen, wo sie vollkommen alleine mit ihren Gedanken wäre.

Und jetzt im Augenblick wollte sie auf gar keinen Fall alleine sein und auch wenn Riddle nicht hier war im Moment, so konnte er jederzeit hier herunter kommen und das beruhigte sie.

Erstaunlicherweise kam Riddle ihr sogar sofort hinterher und setzte sich in seinen Stammsessel. Er hatte zwar ein Buch in der Hand, aber er machte keine Anstalten es zu lesen.

„Wirst du mir jetzt erzählen, was heute morgen mit dir los war?“, fragte er in einem sachlichen Tonfall, obwohl sie genau wusste, dass er furchtbar neugierig war.

„Was meintest du als du sagtest, dass mein Bruder etwas getan hat von dem ich nichts weiß und dass er deswegen eine schlechte Gesellschaft für mich ist? Hat er dir etwas erzählt?“

Er verzog das Gesicht, weil sie ihm schon wieder eine Gegenfrage stellte.

„Dann hattest du Streit mit deinem Bruder?“, schlussfolgerte Riddle nicht dazu bereit auf ihre Frage einzugehen.

Hermine seufzte. „Ich will nur wissen, was du glaubst über meinen Bruder zu wissen! Kannst du mir nicht ein einziges Mal meine Frage beantworten?!“

Eigentlich war es ihr egal was Riddle wusste. Sie brauchte nur irgendetwas, worüber sie reden konnte. Sie wollte nicht nachdenken. Auf gar kein Fall wollte sie sich mit Blaise beschäftigen. Am liebsten würde sie sich mit nichts mehr beschäftigen wollen. Sie fühlte sich völlig ratlos, weil sie nicht wusste, wie es jetzt weitergehen sollte. Plötzlich musste sie durch das alles ganz alleine durch und das machte ihr Angst, denn woher nahm sie jetzt die Kraft die Horkruxe zu zerstören?

Riddle sah sie an, als könnte er ihre Gedanken lesen und dadurch erfahren, was in ihr vorging.

Sie sprang wütend auf und reagierte über.

„Du dringst doch nicht etwa in meinen Verstand ein oder?!“, fauchte sie ihn wütend an, weil sie irgendwie ihre aufgestauten Emotionen rauslassen musste. Würde sie überhaupt merken, wann er ihre Gedanken las? Wusste er daher von Blaises Verbrechen? Wusste er dann auch alles andere?

„Atme tief durch, Calice. Ich tue gar nichts außer mich mit dir zu unterhalten, aber bei dir ist wohl endgültig eine Schraube locker“, schnauzte er zurück.

„Ich will nicht tief durchatmen. Ich will wissen was du damit meinst. Sonst…“, weiter kam sie nicht, da ihr keine gute Drohung einfiel, was sie sonst tun würde.

Riddle hob fragend die Augenbraue und wartete darauf, dass sie ihren Satz beendete, aber sie ließ ihn einfach unvollendet. Sie war wirklich am Durchdrehen, aber das war ja auch wirklich kein Wunder mehr. Sie hatte einen Zusammenbruch gehabt, weil sie erfahren hatte, dass ihr angeblicher Bruder, der für sie zu ihrem besten Freund geworden war, in Wahrheit ihren Freund, der gerade ihr fester Freund geworden war und den sie über alles geliebt hatte, getötet hatte.

Wer würde da nicht durchdrehen?!

Und mit einmal wurde ihr klar, dass Riddle sie genau da hatte, wo er sie wollte.

Hermine sank zurück auf das Sofa und fühlte sich mit einem Mal so erschöpft, als wäre ihr ganzes Leben nun vorbei und sie wurde von Altersschwäche festgehalten.

„Herzlichen Glückwunsch“, zischte sie zu Riddle herüber. „Ich hab niemanden mehr. Danke dass du mich an meinen Bruder zweifeln lassen hast. Warum konntest du nicht einfach die Klappe halten und mich in Ruhe lassen?!“

Riddle legte den Kopf schief und sie konnte sein kleines diabolisches Lächeln sehen, das er sich nicht verkneifen konnte, denn für ihn war es so gelaufen wie er es gewollt hatte.

Sie hatte ihre einzige echte Bezugsperson verloren und in ihrer Schwäche hatte sie sich ausgerechnet bei ihm ausgeheult, womit er sie in der Hand hatte.

Immerhin hatte sie ihm wenigstens nicht gesagt, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Er glaubte sowieso schon, dass sie sein Spielzeug war. Sie musste ihm nicht noch mehr Gründe an die Hand liefern, um ihm klar zu machen, wie sehr sie sich ihm ausgeliefert hatte.

Jetzt erschien Hermine ihr Zimmer doch verlockend und so stand sie auf um den Raum zu verlassen.

Sollte Riddle sich doch ins Fäustchen lachen. Sie konnte einfach nicht mehr und sie fühlte sich so schrecklich leer, dass sie am liebsten laut geschrieen hätte, um festzustellen, ob sie noch da war oder ob sie sich schon endgültig verloren hatte, doch nicht einmal dazu hatte sie noch die Kraft.
 

Hermine verbrachte das restliche Wochenende in ihrem Zimmer. Sie hatte nicht einmal Lust zum Essen hinunterzugehen, denn dort würde sie nur all den Leuten begegnen, die sie hassten.

Ganz am Anfang war es nur Riddle gewesen, doch jetzt konnte sie ihrer Liste noch Eileen, Zephir und Blaise hinzufügen, damit blieb nur noch Sophie übrig, die sie mochte.

Hermine seufzte bei diesem traurigen Gedanken. Klar sie war nie eins der beliebten Mädchen gewesen und damals ohne Harry und Ron wäre sie in Hogwarts auch alleine geblieben, weil sie mit ihrer Art noch nie wirklich gut Freunde gefunden hatte. Das war schon so im Kindergarten gewesen und hatte sich nie wirklich verändert. Aber es deprimierte sie trotzdem, dass sie es nicht schaffte Freunde zu finden. Es konnte doch nicht so schwierig sein, aber irgendwie gelang es ihr nicht wirklich.

Mit solchen Gedanken versuchte sie sich abzulenken, doch sie durchlebte den Verlust von Ron noch einmal, doch dieses Mal war es umso schlimmer weil es nicht nur Ron war den sie verloren hatte.

Sie hatte auch Harry, Ginny und all ihre Freunde in Hogwarts verloren, weil sie Blaise nachgejagt war und dadurch in der Vergangenheit gelandet war. Damit war sie ihrer Zukunft beraubt worden, denn wenn Hermine ehrlich war glaubte sie nicht mehr daran, dass sie jemals wieder zurückkehren würde. Sie wusste nicht, ob sie es überhaupt noch wollte. Sie hatte in der Vergangenheit auch sich selbst verloren. Das Mädchen, das in Hogwarts zum ersten Mal richtige Freunde gefunden hatte und gelernt hatte, was Freundschaft und Loyalität war, gab es nicht mehr. Hermine hatte ihren Halt verloren und war gestürzt wie damals als sie den Vogel zurück zu seinem Nest gebracht hat. Irgendwann würde sie auf dem Boden aufschlagen und zertrümmert werden.

Hermine schloss die Augen, rollte sich auf ihrem Bett ein und versuchte sich zurückzuerinnern. Sich an irgendetwas Gutem zu klammern, um nicht mehr den Schmerz zu spüren, der ihre Brust durchzog. Versuchte an Ron zu denken. Sich sein Gesicht vorzustellen. Sein Lächeln. Doch die Erinnerungen verwischten und sie konnte sich kein klares Bild mehr von ihm machen. Alles verschwamm vor ihren Augen und irgendwann sah sie nichts mehr. Dann kamen die Tränen, denn ihr wurde schmerzlich bewusst, dass sie begann zu vergessen. Ihre Erinnerungen erloschen langsam und die Braunhaarige fragte sich ob es daran lag, dass sie zu lange in der Vergangenheit war oder ob ihr Bewusstsein nur begann all den Schmerz ins Unterbewusstsein zu schieben, um sie vor dem Zerbrechen zu bewahren und sie am Leben zu erhalten.

Hermine war es gleichgültig. Riddle hatte gewonnen. Sie war so einsam wie nie zuvor und sie hatte jeden Halt in ihrem Leben verloren. Sie würde einfach in ihrem kalten, trostlosen Zimmer liegen bleiben und warten bis alles vorbei war. Sie hatte genug davon zu kämpfen, wenn sie immer nur verlor, was ihr lieb und teuer war. Sie würde die Vergangenheit nicht ändern können. Sie würde nicht in die Gegenwart zurückkehren. Und sie würde nie die Zukunft haben, die sie sich erträumt hatte.
 

Sophie war irgendwann einfach da und zog Hermine in ihre Arme. Sie fragte nicht was passiert war, sondern hielt sie nur und strich ihr beruhigend über den Rücken, während Hermine von einem Tränenkrampf in den nächsten überglitt. Sophie erzählte kleine Anekdoten von den Mahlzeiten, die sie verpasst hatte und brachte sie auf den neusten Stand der Gerüchteküche. So verbrachten sie Stunden um Stunden. Sophie hatte ihr Sandwichs mitgebracht und als Hermine einen kleinen Bissen nahm, wurde ihr bewusst wie hungrig sie gewesen war. Doch jeden Bissen, den sie verschlang, erinnerte sie nur daran, dass sie damit nicht die Leere füllen konnte, die sich schleichend wieder in ihr ausgebreitet hatte. Sie musste zwischendrin immer wieder stoppen, weil sich ihre Tränen mit dem Geschmack des Sandwichs vermischten und sie nicht schlucken konnte. Sophie tupfte ihr Gesicht dann mit einem Taschentuch ab.

„Lern doch vernünftig zu essen“, schimpfte sie dabei leise und gab Hermine das Gefühl von einem Stück Normalität in alldem Irrsinn, der in ihrem Leben herrschte. Sie war so unendlich dankbar für ihre Freundin, die keine Fragen stellte und einfach für sie da war. Mit der Zeit gingen Sophie die Geschichten und der Klatsch aus und sie wurde schweigsam. Hermine hatte sich weitgehend beruhigt und war auch still geworden. So verbrachten sie einen Moment und genossen einfach die bloße Anwesenheit des anderen, während sie ihren jeweiligen Gedanken nach hingen.

Dann atmete Sophie tief ein und aus als hätte sie gerade allen Mut zusammengenommen, um die Frage zu stellen, die ihr wohl schon länger auf der Zunge lag und wahrscheinlich noch viel länger in ihrem Kopf herumgeschwirrt war.

„Was zur Hölle hast du mit Riddle angestellt?“

Hermine zuckte hoch und starrte Sophie entgeistert an, denn mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet.

„Warum?“, fragte sie vorsichtig an, denn bei Riddles Launen hatte sie keinen blassen Schimmer, was das jetzt schon wieder zu bedeuten hatte.

Sophie zuckte mit den Schultern und rang nach Worten, um zu beschreiben, was sie meinte.

„Er ist…“. Sie stockte kurz. „... so besorgt um dich. Er kam zu mir und bat mich ganz höflich darum, dass ich nach dir sehen sollte. Ich meine ich wollte sowieso kommen, um nach dir sehen und dir was zu essen bringen, damit du nicht verhungerst. Aber er wusste genau, dass du dein Zimmer seit gestern morgen nicht mehr verlassen hast. Ich glaub er war die ganze Zeit unten in eurem Gemeinschaftsraum und hat darauf gewartet, dass du runterkommst.“

Hermine war nicht mehr sonderlich überrascht, denn sie wusste längst, dass Riddle sich in sie verliebt hatte, wobei es sich immer noch seltsam anfühlte sich das vorzustellen. Sie konnte Sophies Überraschung verstehen.

„Du hast es wirklich geschafft und den Eisblock mit deiner Liebe geschmolzen oder?“

Wenn Sophie das so ausdrückte klang es nach einer furchtbaren kitschigen Soap, in der sie und Riddle die Hauptrollen innehatten und sich bis aufs Messer bekriegten, obwohl alle Zuschauer schon wusste, dass sie am Ende zusammen in einer Hochzeitskutsche in den Sonnenuntergang reiten würde. Aber sie fing lieber nicht damit an Sophie zu erklären, was eine Soap war, denn die Muggel hatten den Fernseher noch gar nicht erfunden und selbst wenn bezweifelte Hermine, dass Sophie je fernsehen geschaut hätte.

„Ich weiß nicht genau. An manchen Tagen denke ich schon, aber Riddle würde es sich nie eingestehen“, erwiderte sie auf Sophies Frage.

„Trotzdem! Unglaublich, dass er überhaupt zu so etwas in der Lage ist. Aber du bist eben auch einfach supertoll und superhübsch, da muss man sich einfach in dich verlieben.“

Sophie fiel ihr um den Hals und lachte. Hermine konnte gar nicht anders als zu lächeln, obwohl sie sich innerlich immer noch so leer vorkam, doch ein klitzekleines Teil in ihr füllte sich wieder und die Leere schrumpfte ein wenig in sich zusammen. Wenn sie Sophie doch nur mit zurücknehmen könnte. Aber vielleicht war das auch gar nicht nötig.

„Fühlst du dich wieder besser?“, fragte sie Sophie einen Augenblick später und hatte ein schelmisches Blitzen in den Augen. Hermine nickte langsam. Ihr Gefühl sagte ihr, dass Sophie irgendeine verrückte Idee im Hinterkopf hatte.

„Dann sollten wir uns beeilen, damit wir das Feuerwerk nicht verpassen“, sprudelte Sophie hervor, sprang auf und zog Hermine in der gleichen Bewegung mit sich ins Badezimmer, wo sie ihr half ein dezentes Make-up aufzulegen, damit man ihr nicht ansah, wie viel sie geweint hatte und wie schlecht es ihr ging. Hermine hatte schon wieder völlig ausgeblendet, dass bereits der letzte Tag des Jahres angebrochen war. Für eine Sekunde dachte sie an den Plan in die Kammer des Schreckens zu gehen und den Basilisken zu töten, doch das erinnerte sie nur an Blaise und es versetzte ihr hundert kleine Messerstiche, sodass sie den Gedanken sofort wieder beiseite schob. Das Feuerwerk mit Sophie anzuschauen war eine wirklich willkommene Ablenkung, die sie brauchte.
 

Riddle saß in seinem Stammsessel als Hermine und Sophie herunterkamen. Ein schneller Blick genügte um zu sehen, dass Sophie möglicherweise Recht hatte mit ihrer Vermutung, dass der Slytherin das ganze Wochenende hier zugebracht. Neben dem Buch, das er gestern bei ihrem letzten Gespräch dabei gehabt hatte, waren weitere Bücher hinzugekommen. Genau so lagen auf dem Tisch Pergamentrollen, die darauf schließen ließ, dass er seine Ferienhausaufgaben hier unten gemacht hatte. Und die Wolldecke, die verräterisch auf dem Sofa lag, schien sogar darauf hinzuweisen, dass er auch die Nacht hier verbracht hatte.

Doch als sie herunterkamen blickte er nicht mal auf so sehr schien er in seine Lektüre vertieft zu sein. Hermine warf ihm einen langen Blick zu, den Sophie mit einem Augenverdrehen kommentierte und sie weiter mit sich zog. Riddle sagte auch nichts, aber Hermine wusste nicht einmal, was er hätte zu ihr sagen sollen. Sie dachte nur daran wie er sie gestern Morgen getröstet hatte. Wie er bei ihr geblieben war und sie sogar hinauf in sein Zimmer getragen hatte. Plötzlich schoss ihr die Röte ins Gesicht. Sie hatte noch gar nicht weiter darüber nachgedacht, was es bedeutet hatte, aber sie hatte in seinem Bett geschlafen. Er war bei ihr gewesen als sie aufgewacht war. Hatte sich über sie hinübergebeugt. Vor ein paar Monaten hätte sie nie geglaubt, dass das bei ihr wolligen Wärme statt panischer Angst verursachen würde.

Hermine schüttelte verwirrt den Kopf, was Sophie mit einer gehobenen Augenbraue quittierte.

„Lass mich raten: Riddle?“, fragte der Lockenkopf, während sie die Treppen zum Astronomieturm emporstiegen. Von oben drang schon lautes Gelächter herunter. Sie waren nicht die einzigen, die hier hoch kamen. Hermine konnte sich nicht daran erinnern, dass es bei ihnen ein echtes Feuerwerk in Hogwarts gegeben hatte. Es hatte nur ein Feuerwerkregen auf der verzauberten Decke in der Großen Halle gegeben und dazu ein Festessen. Es hätte sich für die wenigen Schüler gelohnt, die die Ferien überblieben nicht gelohnt. Wahrscheinlich war es nur eine Ausnahme von Dippet, aber sein Plan war nicht aufgegangen. Die meisten Schüler waren in den Ferien nachhause gefahren. Viele von ihnen waren noch nachträglich nach der großen Katastrophe mit dem Weihnachtsball zu ihren Familien gefahren. Dippet war darüber sicher nicht erfreut.

„Er ist schwierig“, antwortete Hermine.

„Es ist Riddle. Das ist in seiner Natur“, gab Sophie frech zurück und öffnete die Tür zur Aussichtsplattform. Die Zahl der Schüler war klein, aber es waren trotzdem mindestens noch 50 Schüler. Auf den ersten Augenblick sah Hermine niemanden, den sie kannte, doch dann erspähte sie Avery und einige der anderen Todesser, die sich mit niemand anderen unterhielten als Zephir.

Sophie merkte wie Hermine sich versteifte und fasste sie sofort bei der Hand, um sie auf die andere Seite des Turms zu ziehen. Nur der Anblick von Zephir machte ihr angst und bange. Sie fragte sich über was Avery und Zephir diskutierten.

„Das Feuerwerk“, rief Sophie und deutete auf den sternenklaren Himmel über ihnen auf dem sich der erste Funkregen in allen Farben ergoss. Hermine vergaß worüber sie sich Sorgen gemacht hatte und starrte auf das Schauspiel über ihr. Schon als Kind hatte sie das Feuerwerk an Silvester geliebt und ein magisches Feuerwerk war tausendmal schöner als eins der Muggel. Die Funken bildeten die verschiedensten Formen und Sophie kreischte jedes Mal auf.

„Sieh nur eine Schlange. Da drüben ein Drache. Und soll das da ein Riese sein?“

Hermine ließ sich von der Begeisterung anstecken und klammerte sich an der Brüstung fest, während sie sich nach vorne beugte, um alle Einzelheiten erhaschen zu können.
 

Als sich eine Hand auf ihre Schulter legte, zuckte Hermine erschrocken zusammen und versuchte die Hand mit einem Sprung zur Seite abzuschütteln.

Hinter ihr stand Blaise, der sie flehend ansah. „Bitte Hermine, lass es mich erklären.“

Alles stürzte wieder auf sie und angeekelt trat sie einen weiteren Schritt zurück, während sie in ihren Umhang nach ihrem Zauberstab suchte. Doch sie wurde nicht fündig, denn sie hatte gar nicht daran gedacht ihn einzupacken. Weiter zurück konnte sie auch nicht, da sie bereits die Brüstung im Rücken hatte. Um sie herum waren so viele Menschen durch die sie sich durchdrängeln müsste um von hier wegzukommen und Blaise hatte sich direkt vor ihr aufgebaut. Sophie war immer noch auf den Himmel fokussiert und hatte noch gar nicht mitbekommen, was sich neben ihr abspielte, aber sie ahnte auch gar nicht, dass Blaise der Grund dafür war, dass Hermine so verstört war.

„Nein“, fauchte sie, um sich Zeit für einen Ausweg zu suchen. Sie wollte nicht hören was Blaise zu sagen hatte. Es war ihr egal. Er hatte ihr wehgetan. Er hatte ihr etwas Wichtiges genommen und dabei ihr Herz herausgerissen. Er hatte nicht einmal den Mut gehabt ihr die Wahrheit ins Gesicht zu sagen und hatte alles die ganze Zeit verschwiegen, während er auf netten Bruder gespielt hatte. Das konnte sie ihm nicht verzeihen.

Blaise versuchte einen Schritt auf sie zu zugehen. „Es tut mir alles so schrecklich leid. Ich wollte so was doch nie.“

„Nein! Ich will es nicht hören. Ich hab gesagt du sollst mir nie wieder unter die Augen treten. Also verschwinde gefälligst und nimm deine geheuchelten Entschuldigungen mit dorthin wo der Pfeffer wächst und von dort aus bis zum Ende der Welt!“

Hermine schrie und wollte nur raus hier. Die gähnende Leere in ihr begann sie zu verschlingen und sie mit sich zu reißen. Warum konnte der Schmerz nicht enden?!

Sophie hatte sich inzwischen umgedreht und auch genug andere Leute hatten dem Schauspiel am Himmel gekehrt. Es war seltsam still um sie geworden und nur das Knallen durchbrach diese Stille. Riddle war aus dem Nichts flankiert von Lestrange und Mulciber aufgetaucht.

„Verschwinde!“ Seine Stimme war schneidend wie aus Eis und alles an ihm drückte seine Wut aus. Der Gewittersturm in seinen Augen tobte wieder, doch Blaise schien sich davon nicht einschüchtern lassen zu wollen.

„Hermine“, bat er noch einmal, doch sie wand den Blick ab. Sie wollte nichts hören. Sie wollte zurück in ihr Zimmer und nur in Ruhe gelassen werden.

„Du hast sie gehört: Verschwinde!“, wiederholte sich Riddle, während Lestrange und Mulciber ihre Zauberstäbe zogen und auf Blaise richteten, der nun einen Schritt zurück machte, während sein verzweifelter Blick immer noch auf Hermine lag.

Riddle trat einen Schritt auf Blaise zu, der den Blick des Slytherin ebenso eisig erwiderte.

„Du wirst weder deiner Schwester noch mir noch einmal unter die Augen treten sonst stirbst du einen überaus qualvollen Tod, den ich sicherlich über die Maßen genießen würde“, drohte Riddle, während sein kleines, diabolisches Lächeln sein Gesicht umspielte. „Calice gehört mir!“

„Kümmert euch um ihn“, wies er Lestrange und Mulciber an bevor er nach Hermines Hand griff, die die ganze Szene nur in einer fassungslosen Starre verfolgt hatte und nun ohne Widerspruch ihm folgte, denn sie wollte nur weg von all diesem. Die Leute starrten sie an und flüsterten miteinander, doch Hermine verstand nicht was sie sagten und es war ihr auch egal. Bereitwillig ließ sie sich von Riddle durch die Massen ziehen, die ihm bereitwillig Platz machten, denn niemand wollte sich mit ihm anlegen. Sie sah Zephirs amüsiertes Lachen, der die Show offenbar genossen hatte und dann waren sie auf der Treppe. Hermine heftete den Blick auf die Stufen. Riddle sagte nichts, aber sie konnte spüren wie die Wut durch ihn pochte und ihn völlig einnahm. Sein Griff war fest, doch sie hatte nicht die Kraft zu protestieren.

Erst als sie vor dem Porträt zum Stehen kam, ließ er locker und drehte sich zu ihr um.

„Ich hab das Passwort geändert“, teilte er ihr mit. Seine Stimme klang sachlich, doch nur ein Blick in sein Gesicht verriet ihr, dass er von seinen widersprüchlichen Gefühlen beherrscht wurde, die um die Vorherrschaft kämpften. Er zog sie durch den Gemeinschaftsraum bis in sein Zimmer. Hermine hatte nicht den leisesten Schimmer, warum er sie hierher brachte.

„Du bleibst hier!“, erklärte ihr und ließ ihre Hand los. Er strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sie konnte förmlich sehen wie er sich selbst innerlich sagte, dass er sich beruhigen musste. Er atmete schwer als wäre ein Marathon gelaufen.

„Aber…“, setzte Hermine schwach an, unsicher, was sie eigentlich sagen wollte.

„Keine Widerworte!“, schnauzte Riddle, der immer noch mit sich kämpfte und sich im Rückwärtsgehen befand. Gleich würde er die Tür schließen und sie war alleine hier. Aber genau das wollte sie doch auch oder nicht? Nur ihre Ruhe. Allein mit ihrem Schmerz und ihrer Wut.

Ohne weiteren Widerspruch ließ Hermine zu, dass Riddle die Tür hinter sich schloss. Sie konnte hören wie der Riegel der Tür klickte und sie von außen verriegelte. Dann war sie alleine und sank langsam zu Boden, wo sie sich einrollte und ihren Tränen freien Lauf ließ. Tolles neues Jahr!
 

~Kapitel 17 Ende~
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2017-06-18T23:23:02+00:00 19.06.2017 01:23
Super Tomione FanFiction!
Ich habe sie in einem Stück durchgelesen und bin echt gespannt wie es weiter geht. Vor allem da Blaise dunkles Geheimnis gelüftet ist und was Tom mit ihm vorhat. Da bin ich auch echt mal gespannt :)
Ich freue mich schon sehr auf das nächste Kapitel und werde es auch selbstverständlich lesen :)


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