Zum Inhalt der Seite

Inner conflicts

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Bereavement

Samstag, Mai 2, 1998
 

2:04 A.M.
 

Krieg ist das Schlimmste, was es auf Erden gibt. Er zerstört alles und macht keinen Unterschied zwischen Freund oder Feind. Er reißt Menschen aus ihrem unbekümmerten Leben. Es ist eine grausame und brutale Realität. Man wird all seiner Hoffnung beraubt. Man verliert durch den Krieg alles, was einem wichtig war. Selbst wenn der Krieg mit den besten Gründen gerechtfertigt ist, macht ihn das noch länger nicht leichter zu ertragen.

Auch der Kampf gegen Lord Voldemort ist nichts weiter als ein grausamer Krieg. Er muss geführt werden, aber für die Freiheit und den Frieden müssen wir immer einen hohen Preis bezahlen.
 

Es war ungewöhnlich still in Hogwarts. Die Schlacht war für eine Stunde verebbt. Überall kümmerte man sich um die Verletzten und schaffte die Toten in die große Halle. Hermine sah alles nur stumm an. Zusammen mit Ron und Harry hatte sie die Halle betreten. Harry war im Eingang stehen geblieben und sah hinüber zu den Toten, die in der Mitte der Halle lagen.

Ihr Blick glitt auch zu ihnen hinüber. Die Familie Weasley hatte sich um Freds toten Körper versammelt. In Hermines Hals wuchs ein großer Kloß. Sie musste blinzeln, um nicht zu weinen.

Sie folgte Ron zu seiner Familie und umarmte stumm Ginny, die geweint hatte. Es gab nichts, was man in diesem Augenblick sagen konnte und doch wusste Hermine, dass Ginny verstand, dass sie genauso um Fred und all die anderen trauerte. Gemeinsam gingen sie auf Fred zu.

Hermine erschrak, als sie erkannte, dass daneben Lupin und Tonks lagen. Auch sie waren unter den Gefallenen. Der Kloß in ihrem Hals wuchs weiter und die Tränen schimmerten bereits in ihren Augen.

Um nicht noch mehr von den Toten zu erkennen, blickte sie nur noch ganz stur auf Freds Leichnam.

Es wirkte so, als würde er einfach nur hier schlafen. Sein letztes Lachen war immer noch auf seinem Gesicht, so als würde er sich im Traum über etwas amüsieren.

Nun konnte Hermine ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie liefen ihr über das Gesicht. Ihr Herz schien sich vor Trauer zu zerreißen zu wollen. Der Schmerz in ihrer Brust war unerträglich.

Ron legte den Arm um sie und zog sie an sich heran. Sie war dankbar dafür, dass sie nichts mehr sehen musste und drückte sich noch mehr an seine Brust. Ron hielt sie einfach in seinen Armen und sie fühlte sich für einen Augenblick in Sicherheit. Hier war sie geborgen. Hier konnte ihr nichts geschehen. Hermine verlor jedes Zeitgefühl, während sie um all die Toten weinte.

Als sie sich von Ron löste, hätten schon Stunden vergangen sein können, aber doch wusste Hermine, dass dem nicht so wahr. Es waren in Wirklichkeit nur wenige Minuten gewesen.

Ron strich ihr mit der Hand die letzten Tränen aus dem Gesicht.

„Komm lass uns Harry suchen gehen. Er ist sicher hoch in Dumbledores Büro gegangen, um sich Snapes Erinnerungen anzusehen. Er wird uns jetzt brauchen.“

Hermine sah Ron nachdenklich an und nickte. Es war ein seltsames Gefühl zu wissen, dass sich nun alles, wofür sie gekämpft hatten, dem Ende zuneigte. Aber Ron hatte Recht. Der Mensch, der sie jetzt am meisten brauchte, war ihr bester Freund Harry. Nur er konnte es zu Ende bringen und dafür sorgen, dass all diese Menschen nicht umsonst gestorben waren.

„Lass uns gehen“, sagte sie mit zittriger, aber bestimmter Stimme.
 

Seit sie die große Halle verlassen hatten, kam Hermine die Stille noch erdrückender und schwerer vor. Es war, als würde die Luft sich über sie legen und sie versuchen zu erdrücken. Egal wohin man sich wand, egal wohin man sah, war alles zerstört durch unzählige Flüche, die daneben gegangen waren. Die anderen hatten hier um ihr Leben gekämpft. Manche waren hier gestorben, andere hatten es überlebt. Es kam ihr falsch vor nicht mit gekämpft zu haben.

Wenn sie doch nur die Horkruxe schon früher zerstört hätten, dann wäre es nie zu dieser Schlacht gekommen. Hermine wusste, dass es nichts brachte, sich vorzustellen, was hätte passieren können, wenn alles anders gelaufen wäre. Aber es tat gut sich selbst die Schuld daran zu geben. Dann hatte man das Gefühl, dass man etwas hätte unternehmen können.

Dabei weiß man tief in sich drin aber längst, dass es eine Lüge ist und es so gekommen war, weil die anderen freiwillig in den Kampf gezogen waren und gewusst hatten, das ihr Leben auf dem Spiel stand.

Es war nur einfacher alles zu ertragen, wenn man sich sagte, dass man es hätte verhindern können. Das man zugesehen hatte und nichts unternommen hatte, das machte einen richtig krank.

„Alles in Ordnung mit dir? Du wirkst als wärst du völlig durch den Wind.“

Ron sah sie besorgt an. Hermine wusste, dass es jetzt nicht darum ging, wie sie sich fühlte.

Dafür hatte sie nach dem Krieg hoffentlich noch genug Zeit. Jetzt zählte nur das Wohl aller und damit war der Erfolg ihrer Mission das Wichtigste, was es jetzt zu tun gab.

„Es ist alles in Ordnung. Wir sollten uns beeilen bevor Harry irgendetwas Überstürztes tut.“

Ron ergriff ihre Hand und gemeinsam liefen sie im Laufschritt den düsteren Gang entlang.

Hermine musste daran denken, wie oft sie schon nachts durch die Korridore geschlichen waren, verborgen unter dem Tarnumhang, wieder einmal dabei irgendwelche Regeln zu brechen. Jetzt war es allen egal, ob sie die Regeln brachen oder nicht. Hier ging es nur noch um Leben und Tod.

Es kam so plötzlich, dass Hermine nicht wusste, wie ihr geschah. Ron hielt inne und sie stolperte nach vorne. Vor ihnen stand einer der Todesser, der sich nicht an die Stunde Schonzeit hielt.

Ron zog seinen Zauberstab und trat vor sie. Hermine hatte sich bei dem Sturz das Knie aufgeschlagen, aber sie stand schnell wieder auf und holte ebenfalls ihren Zauberstab hervor.

In der Dunkelheit konnte sie nicht erkennen, welcher Todesser es war, der die Spielregeln verletzte. Alles was sie erkannte war, dass er am rechten Arm verletzt war und blutete.

Wahrscheinlich hatte ihn irgendwer geschockt und er war gerade erst wieder zu sich gekommen. Zumindest konnte das erklären, warum er von nichts wissen zu schien und warum sein Zauberstab direkt auf sie zeigte wie eine offen gelassene Drohung.

„Avada Kedavra!“

Der Todesfluch war über die Lippen des Todessers gehuscht, als wären es die alltäglichsten Worte. Hermines Welt stand für einige Sekunden still. Sie wollte den Zauberstab heben und den Schildzauber aussprechen, doch es ging alles zu schnell. Nicht einmal ein Schrei kam ihr rechtzeitig über die Lippen. Der grüne Strahl traf Ron, der nach hinten kippte und sie unter sich begrub. Der Todesser sah, dass sie bewegungsunfähig war und kam auf sie zu.

Hermine versuchte ihre Hand zu befreien, denn sie wollte nur noch eins diesen Mann töten, der es gewagt hatte ihr das Wichtigste, was in ihrem Leben gab, wegzunehmen. Er hatte Ron ermordet.

Doch bevor sie sich befreien konnte, lenkte ein Geräusch vom Ende des Korridors den Todesser ab. Er blieb stehen und überlegte kurz, machte sich dann aber auf dem Weg in Richtung des Geräusches.

Hermine gelang es Rons Körper von sich runter zuschieben. Sie blickte in seine leeren Augen.

Ihre Welt war gerade auseinander gerissen worden. Doch das war völlig egal. Die Trauer und die Verzweiflung wurden von einem anderen Gefühl untergraben. Hermine wollte jetzt nur eins: Rache für den Tod des wichtigsten Menschen in ihrem Leben.
 

Hermine warf einen letzten Blick auf Ron bevor sie nach ihrem Zauberstab griff und dem Todesser folgte. Sie wusste, was am anderen Ende des Korridors war. Dort lag Dumbledores Büro. Harry war dort und sah sich Snapes Erinnerungen an. Er war völlig wehrlos, während er im Denkarium war.

Sie konnte nicht noch jemand verlieren. Sie musste Harry retten und ihre Rache ausüben.

Ihre Schritte wurden schneller. In ihrem Kopf herrschte eine ungewohnte Leere.

Es gab nur noch sie, ihren Zauberstab und diesen Todesser. Der Durst nach Rache hatte alles andere fortgewischt.

Der steinerne Wasserspeier war beiseite gestoßen worden und stand schief. Die noch halbverdeckte Öffnung hinter ihm zeigte die Wendeltreppe, die nach oben zum Büro des Schulleiters führte.

Es war nichts von oben zu hören, aber Hermine war sich sicher, dass der Todesser nur nach hier oben hätte gehen können.

Also stieg sie über den Wasserspeier auf die Wendeltreppe, die sich langsam aufwärts bewegte. Für Hermine war es zu langsam. Doch dann war sie oben angekommen. Die Tür zu Dumbledores Büro war nur angelehnt und Hermine stieß sie ganz auf. Den Zauberstab bereithaltend betrat sie den Raum, darauf gefasst angegriffen zu werden, doch es geschah nichts, als sie den Raum betrat.

Hermine drehte sich um sich selbst und suchte jeden Winkel ab, aber es war niemand in dem Büro.

Der kreisrunde Raum lag völlig verlassen da. Die Porträts, der Schulleiter, waren leer. Fawkes war auch nicht mehr hier und saß auf seiner Stange. Die Oberfläche des Denkariums schlug keine Wellen und es gab Anzeichen, das es gerade benutzt worden war. Es war einfach niemand hier.

Hermine ließ ihre Zauberstab sinken und fühlte sich von der Stille und der Leere völlig überrumpelt. Ohne recht zu wissen, was sie jetzt tun sollte, ging sie auf das Denkarium zu. In dem Schrank, indem es stand, waren viele Fläschchen mit einer silbernen Flüssigkeit. So viele Erinnerungen.

Dann fiel ihr Blick auf ein leeres Fläschchen. Harry war doch hier gewesen und hatte sich die Erinnerungen von Snape angesehen. Aber wohin war er danach gegangen?

Während Hermine grübelte und wieder Richtung Tür ging, um das Büro wieder zu verlassen, fiel das Fläschchen hinunter und zerberste in tausende Scherben.

Hermine dachte nicht einmal nach, sondern drehte sich einfach nur und schoss ein Schockzauber in Richtung des Schrankes ab. Dann wurde alles in ein gleißend helles Licht getaucht.

Auf den gleißenden Lichtblitz folgte ein Moment der völligen Finsternis und Hermine fragte sich, was nun geschehen war. Sie hatte keinen Zauber kommen gesehen.

Dann war alles wieder normal. Hermine befand sich immer noch in Dumbledores Büro. Nur stand dort, wo eben noch der Schrank mit dem Denkarium gestanden hatte, ein Regal.

Verwirrt blickte sie sich um. Hatte sie sich etwa gerade durch diesen seltsamen Zauber gedreht? Doch als sie sich umsah, fielen ihr noch mehr Details auf, die nicht stimmten.

Erstens war es draußen hell und nicht mehr dunkel wie noch vor wenigen Sekunden. Zweitens war der Platz, an dem Dumbledores Porträt hätte hängen sollen, leer. Drittens war alles ordentlich aufgeräumt, was deswegen so ungewöhnlich war, da der Raum wenige Sekunden zuvor nicht aufgeräumt gewesen war. Es war nichts mehr wie es war und Hermine fragte sich, was geschehen war.

„Was machen sie da?“, fragte plötzlich hinter ihr eine schwache, aber bestimmte Stimme.

Hermine drehte sich überrascht und mit dem Zauberstab im Anschlag um. Hinter ihr stand weder ein Todesser noch einer der Lehrer, die sie kannte.

Es war alter Mann, der gebrechlich aussah, ihr aber dennoch einen bösen Blick zuwarf. Sein Kopf war fast kahl und er hatte nur noch wenige weiße Haarsträhnen auf seinem Schädel.

Hermine erkannte ihn, obwohl sie ihm noch nie begegnet war. Vor ihr stand Professor Dippet, der Schulleiter, der vor Dumbledore diesen Posten innehatte.

Tief in ihr drin begann sich ein Gedanke zu bilden, der so ungeheuerlich war, dass er nicht wahr sein konnte, denn das würde bedeuten, dass sie gerade eine Zeitreise in die Vergangenheit gemacht hatte.

„Können sie nicht sprechen?“, schnauzte Dippet nun, „ich will wissen, was sie hier machen!“
 

~Prolog Ende~

Commencement

Montag, August 28, 1944
 

9:41 A.M.
 

Ich bin in der Vergangenheit.
 

Der Gedanke war so ungeheuerlich, dass Hermine noch einige Sekunde fassungslos schwieg.

Der wütende Blick von Professor Dippet lag immer noch auf ihr, während sie sich fragte, wie weit zurück in der Vergangenheit sie gelandet war. Das einfachste war Professor Dippet danach zu fragen.

„Sagen sie welchen Tag haben wir heute?“, fragte Hermine in der freundlichsten Stimmenlage, die ihr im Augenblick gelingen konnte. Das war nicht viel, aber es schien zu reichen.

„Wir haben heute den 28. August 1944 und ich bin ziemlich sicher, dass ich heute niemanden erwarte. Wenn sie einen Termin wollen, melden sie sich gefälligst vorher an und jetzt verlasse sie mein Büro bitte auf der Stelle! Ich muss schließlich hier in Ruhe arbeiten!“

Professor Dippet machte eine Handbewegung Richtung Tür und Hermine begab sich völlig automatisch in diese Richtung. In ihren Gedanken war ein einziges Durcheinander. Sie war in der Vergangenheit. Ron war tot. Harry war nicht hier. Sie war völlig allein. Die Braunhaarige wusste nicht einmal, wie sie hierher gelangen konnte. Zeitreisen waren völlig unmöglich.

Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie wollte zurück zu Harry und Ron. Mitten im Schritt blieb sie stehen. Es waren nur noch wenige Schritte bis zur Tür, doch Hermine fand keine Kraft mehr weiterzugehen. Sie hatte es nicht geschafft Ron zu retten und jetzt konnte sie nicht einmal mehr Harry beistehen. So nutzlos hatte sie sich noch nie gefühlt. Was sollte sie nur tun?

Sie war gefangen in der Vergangenheit. Nichts konnte sie tun. Im selben Augenblick begann sie zu begreifen, dass dem nicht so war. Das Jahr 1944 war das Jahr, in dem Tom Riddle an dieser Schule seinen Abschluss gemacht hatte. Es war noch nicht zu spät. Hermine konnte etwas tun. Dafür musste sie nur die Wurzel allen Übels vernichten. Dann würde keiner sterben müssen. Ron nicht. Fred nicht. Lupin nicht. Tonks nicht. Keiner würde getötet werden von Lord Voldemort und seinem Gefolge.

Dafür konnte sie sorgen. Dafür würde sie sorgen. Alles was sie tun musste, war Tom Riddle zu töten, damit dieser nicht zu dem Lord Voldemort werden konnte, der er geworden war.

Hermine würde ihre Rache bekommen für all das Leid, das dieser Mann in der Zukunft noch verursachen würde. So weit würde es nicht kommen. Hermine ballte die Hand zur Faust und drehte sich wieder um. Professor Dippet saß jetzt an seinem Schreibtisch und sah verwundert hoch.

Hermine zog ihren Zauberstab und schockte den Professor im selben Augenblick.

Ein Plan war in nur wenigen Sekunden in ihr herangereift, den es jetzt so schnell wie möglich auszuführen galt. Sie hatte schon einmal das Gedächtnis eines Menschen verändert. Das war bei ihren Eltern gewesen, um sie vor den Todesser zu schützen. Nun würde sie es zum Schutz aller tun.

Als Professor Dippet wieder zu sich kam, saß sie auf einem Stuhl vor ihm und lächelte den Schulleiter freundlich an. Ihre Kleidung und ihr Gesicht hatte sie gesäubert, so dass niemand erahnen konnte, dass sie sich bis vor wenigen Minuten auf einem Schlachtfeld befunden hatte.

„Oh ich muss eingenickt sein. Sie sind sicher die Austauschschülerin aus Beauxbatons?“

Professor Dippet war nun die Freundlichkeit in Person. Er strahlte Hermine an und reichte ihr die Hand, die sie mit einem ebenso großen Strahlen schüttelte.

„Oui, ich bin Hermine Calice und ich möchte ein Jahr lang hier an ihrer Schule studieren, um mein Englisch noch weiter zu verbessern.“

Dippet nickte. „Das freut uns natürlich sehr. Wir freuen uns über jeden wissbegierigen Schüler. Ah und wie ich sehe haben sie mir ihre Unterlagen schon auf den Tisch gelegt.“

Perfekt. Alles verlief nach Plan. Dippet studierte ihre Unterlagen und ließ hin und wieder ein anerkennendes Gemurmel von sich hören. Es war auch kaum etwas von dem erlogen, was er dort las. Hermine war wirklich eine brillante Schülerin. Sie hatte also was ihre schulische Leistung anging nicht übertrieben. Doch an manch anderer Stelle hatte sie etwas dazu erfunden.

Dippet legte die Unterlagen beiseite. „Wirklich hervorragend. Ich freue mich schon jetzt auf ihre Leistungen, die sie hier vollbringen werden. Sie sind wirklich eine bemerkenswerte Schülerin!“

In diesem Augenblick klopfte es an der Tür und für einen Moment verschwand Dippets Lächeln von seinem Gesicht bevor es wieder zurückkam und er „Herein“ rief.

Herein kam eine etwas ältere Frau, die einen Schüler am Arm gepackt hatte und ihn mit ins Büro zehrte. Hermine entglitt ihr Lächeln, als sie erkannte, dass dieser Schüler Blaise Zabini war.
 

Es dauerte eine Schrecksekunde bevor Hermine es wieder schaffte die Situation mit einem gleichgültigen Lächeln zu kommentieren. In ihrem Kopf aber schossen abertausende Gedanken umher. Warum verdammt noch mal war Blaise Zabini hier? War er wie sie von diesem Zauber erfasst worden und in der Vergangenheit gelandet? Und wenn ja, warum war er in der Nähe vom Büro des Schulleiters gewesen, wenn er doch eigentlich wie die anderen Schüler hätte evakuiert werden müssen? Warum war er also dort gewesen? Und was sollte sie jetzt tun?

Blaise sah genauso verwirrt aus wie Hermine sich fühlte. Orientierungslos sah er sich um.

„Galatea, was ist so dringend und wichtig, dass du mich jetzt mitten in meiner Unterredung mit unseren neuen Schülerin stören musst?“

Dippet schien mehr als nur empört über das Verhalten seiner Kollegin zu sein, doch die Lehrerin – wie Hermine jetzt annahm – ließ sich davon nicht irritieren.

„Ich hab diesen Jungen erwischt wie er vor ihrem Büro herumlungerte und da er mir nicht sagen konnte wer er war, hab ich ihn hierher gebracht, denn er ist ganz sicher keiner von unseren Schülern.“

Was würde Dippet jetzt tun? Hermine warf dem Direktor einen Blick zu. Viel wichtiger war aber, was sie selbst jetzt unternehmen sollte. Ein Blaise Zabini kam in ihrem Plan nicht vor. In ihren Gedanken begann sich rasend schnell eine Lösung für ihr Problem zu formulieren.

„Es tut mir Leid, Sir. Dieser Junge ist mein Bruder!“ Hermine stand auf und sah Dippet flehend an.

Sie sah seinen zweifelnden Blick und konnte ihn nachvollziehen. Blaise und sie sahen wirklich nicht wie Geschwister aus und das lag vor allem an der Hautfarbe. Aber sie wäre nicht Hermine, wenn sie dafür nicht eine geeignete Erklärung parat hätte.

„Er wollte sie ebenfalls darum bitten als Austauschschüler an diese Schule zu kommen. Doch als wir hier angekommen sind, hat er sich nicht getraut mit nach oben zu kommen. Sie müssen wissen er hat vor wenigen Tagen einen Bräunungszauber ausprobiert, der nach hinten losging. Das Ergebnis können sie ja hier sehen. Darum hatte er Angst sie würden ihn für einen schlechten Schüler halten.“

Dippets Zweifel waren aus seinem Gesicht noch nicht ganz verschwunden, aber ein kleines Lächeln umspielte wieder seine Lippen. Er wand sich an Blaise. „Stimmt das?“, fragte er freundlich.

Hermine warf Blaise einen drohenden Blick zu, der daraufhin kurz nickte. Jetzt strahlte Dippet wieder.

„Dann ist ja alles in Ordnung. Galatea, lass den Jungen los. Er soll ja keinen schlechten Eindruck von seiner neuen Schule bekommen, nicht wahr?“

Die Lehrerin ließ Blaise los und nickte allen noch einmal zu bevor sie das Büro verließ. Blaise blieb stehen wo er war und sah sich neugierig um. Hermine nutzte den kurzen Augenblick um auch Unterlagen für Blaise herzuzaubern, die sie dann mit einem Lächeln Dippet übergab.

Bei Blaise war alles erfunden. Hermine wusste nichts über den Slytherin. Der Dunkelhäutige war ihr nur wenige Male begegnet und er hatte in seinem arroganten Blick deutlich gezeigt, was er von ihrer Abstammung hielt. Und jetzt war ausgerechnet dieser Typ mit ihr in der Vergangenheit gelandet.

„Ein wirklich erstaunliches Zwillingspaar. Beauxbatons muss wahrlich stolz auf sie sein. Bei zwei solcher außergewöhnlichen Talente kann man es kaum abwarten bis die Schule wieder beginnt, aber bis dahin sind es nun mal ein paar Tage. Ich nehme an sie werden solange im Tropfenden Kessel unterkommen, um dann in der Winkelgasse ihre Schulsachen zu kaufen, nicht wahr?“

Hermine nickte. „Wir brauchen nur noch von ihnen die Liste für die benötigten Sachen und dann haben wir erstmal alles was wir brauchen.“

Dippet holte aus einer Schublade seines ordentlich aufgeräumten Schreibtisches eine Pergamentrolle und übergab sie Hermine, die sie in ihrer Handtasche verschwinden ließ.

Dann stand sie auf und ging hinüber zu Blaise. Seinen bösen Blick zum Trotz legte sie ihre Hand auf seine Schulter und schob ihn Richtung Tür.

„Vielen Dank, Professor Dippet. Auf Wiedersehen.“ Hermine winkte mit der anderen Hand noch einmal kurz bevor die Tür hinter ihr und Blaise zufiel.
 

Kaum waren Hermine und Blaise die Wendeltreppe hinunter gestiegen, hielt es Blaise nicht länger aus. Der Schwarzhaarige schubste sie von sich und zog seinen Zauberstab.

„Was sollte diese Show gerade?!“, fauchte er wütend. „Was ist passiert?! Warum sind wir hier?“

Hermine hatte ihren Zauberstab ebenfalls gezogen. Sie war hin und her gerissen zwischen dem Wunsch Blaise einen Fluch aufzuhalsen und dem Wunsch ihm alles zu erklären. Letztendlich entschied sie sich für das Zweite. Er war nun mal jetzt ein Teil ihres Planes.

„Wir sind in der Vergangenheit gelandet. Genauer gesagt im Jahr 1944. Und mit dieser Show gerade hab ich uns vor unangenehmen Fragen und deren Folgen gerettet. Also ein bisschen mehr Dankbarkeit wäre wirklich angebracht!“

Blaise höhnte. „Ich soll dankbar dafür sein, dass mir so ein kleines, besserwisserisches Schlammblut geholfen hat? Nie im Leben. Außerdem bin ich ganz sicher nicht dein Bruder, der sich an einen Bräunungszauber versucht hat!“

Hermine musste sich zusammenreißen, um Blaise nicht doch noch einen Fluch auf den Hals zu jagen. Aber was hatte sie bei einem Slytherin auch schon erwartet? Freundlichkeit und Dankbarkeit sicherlich nicht. Blaise benahm sich ganz natürlich und normal.

„Jetzt hast du keine andere Wahl. Wir sind jetzt Geschwister. Etwas Besseres fiel mir auf der Stelle nun mal nicht ein. Außerdem sollten wir unseren Streit besser nicht hier fortsetzen, denn sonst war alles umsonst. Also komm. Wir müssen nach Hogsmeade. Von dort aus können wir in den Tropfenden Kessel disapparieren. Und dann können wir in Ruhe darüber reden.“

Sie sah Blaise an, dass er ihr am liebsten den Kopf abgerissen hätte, aber er war doch vernünftig genug um wie sie den Korridor entlang zu gehen und nicht weiter zu streiten.

Was sollte sie jetzt nur mit diesem Typen anfangen? Warum hatte sie ihn nicht einfach seinem Schicksal überlassen? Jetzt musste sie ihn dazu bringen mit ihr zusammen zu arbeiten. Das war keine leichte Aufgabe. Blaise ließ sich sicher nicht so einfach von ihren Plänen überzeugen.

Vielleicht sollte sie ihm einfach nichts davon sagen. Dann konnte er sie nicht verraten. Aber andererseits zweifelte sie, dass sie es allein schaffen würde. Vielleicht konnte sie seine Hilfe wirklich gut gebrauchen. Aber er war ein Slytherin. Die Ziele von Tom Riddle fanden sicher seine Zustimmung. Er mochte vielleicht kein Todesser wie Draco Malfoy sein, aber er war genauso sehr davon überzeugt, dass die Reinblüter die einzig wahren Zauberer waren.

Wie sollte man so jemanden davon überzeugen, dass der Tod von Tom Riddle richtig war?

Hermine seufzte und sah verstohlen zu Blaise, der ein Stückchen vor ihr ging. Was ging wohl gerade in seinem Kopf vor? Worüber dachte er nach? Hermine konnte Blaise schwer einschätzen. Er war anders als die anderen Slytherins. Zwar nicht völlig anders, aber durch seine Art hob er sich schon von den anderen ab. Wie würde er reagieren, wenn sie ihn in ihre Pläne einweihte?

Zuviel offene Fragen. Ihr Plan geriet bereits jetzt ins Wanken und dabei hatte sie sich alles so schön überlegt und zurechtgelegt. Aber das Schicksal wollte es ihr nicht einfach machen.

Inzwischen hatte sie das Schloss verlassen und überquerten nun das Gelände von Hogwarts. Hermine sah Hagrids Hütte und vermisste ihren großen Freund schmerzlich. Sie wusste, dass er bereits jetzt als Gehilfe des alten Wildhüters arbeitete, doch er würde sie nicht erkennen, denn schließlich würden sie sich erst in der Zukunft begegnen. Sie war wirklich völlig allein.

Hermine fror, obwohl die Sonne bereits recht hoch stand und es Sommer war. Sie wusste, dass diese Kälte ihre Traurigkeit war, die sich in ihrem Körper ausbreitete. Sie ließ es zu, denn sie hatte keine Kraft mehr um sich dagegen zu wehren. Wie sollte sie es nur gleich schaffen mit Blaise vernünftig zu reden, wenn sie sich so schwach fühlte? Es war einfach zuviel passiert. Hermine wollte sich einfach nur hinlegen und schlafen um der Realität zu entfliehen. Doch dazu war jetzt keine Zeit da.

Hogsmeade breiteten sich vor ihnen aus. Es sah noch genauso aus wie Hermine es in Erinnerung hatte. Hier schien die Zeit sich nicht zurückgedreht zu haben. Ein wenig erleichtert wurden ihre Schritte schneller und bald hatte sie Blaise wieder eingeholt. Blaise blieb vor dem Dorfrand stehen und sah sie einen Augenblick unergründlich mit seinen dunklen Augen an. Dann disapparierte er.

Hermine strengte sich an und dachte an den Tropfenden Kessel. Dann verschwand auch sie.
 

Es verging nur ein Wimpernschlag bevor sich Hermine auf den Straßen Londons inmitten einer geschäftigen Menschenmenge wieder fand. Der Tropfende Kessel lag unbeachtet von der Menschenmenge auf der anderen Straßenseite. Hermine bahnte sich ihren Weg hinüber und trat ein.

Trotz der Uhrzeit war es hier dunkel und nur wenige Licht fiel durch die schmutzigen Fenster herein. Hermine entdeckte Blaise in einer Ecke. Er schien sogar auf sie gewartet zu haben. Wie überaus höflich von ihm. Hermine ging auf ihn zu und setzte sich zu ihm an den Tisch.

„Du bist ganz schön langsam, Jahrgangsbeste“, höhnte er, sobald sie saß.

Am liebsten hätte sie ihm eine geknallt, doch sie wusste, dass alles von ihrem Diplomatiegeschick abhing. Also versuchte sie ruhig zu bleiben und nicht durchzudrehen. Einen bösen Blick warf sie ihm trotzdem zu bevor sie begann zu sprechen.

„Wir sind jetzt in der Vergangenheit gelandet und wissen nicht wie oder warum. Das müssen wir erstmal akzeptieren. Solange wir nicht wissen was passiert ist, sollten wir nichts überstürzen.“

Hermine war ein fast wenig stolz darauf, dass sie wie immer betont sachlich klang, obwohl in ihr ein Meer aus Emotionen tobte und sie nichts anderes wollte als los zu stürmen und etwas Unüberlegtes zu tun. Doch das wäre nicht ihre Art und sie zwang sich alles überlegt anzugehen.

Erstmal musste sie im ersten Schritt Blaise davon überzeugen hier zu bleiben und das Theater mitzuspielen. Ob sie ihn im zweiten Schritt in ihren wahren Plan einweihte, wusste sie noch nicht.

„Du willst mir also sagen, dass ich hier bleiben soll und dein ganzes Theater mitspielen soll?“

Blaise blieb ruhig und unterließ für einen Augenblick seine hämischen Bemerkungen, was Hermine deutlich überraschte. Aber genau das konnte ihr Vorhaben nur unterstützen.

„Ja, das will ich sagen. In Hogwarts haben wir auch die Bibliothek, in der wir recherchieren können. Und als Schüler können wir den Lehrern auch Fragen stellen. Besonders wo wir Austauschschüler sind und man ganz besonders darauf achten wird, dass wir freundlich behandelt werden.“

Blaise schwieg einen Augenblick und schien darüber nachzudenken. Hermine versuchte in seinem Gesicht abzulesen, was er dachte, doch es gelang ihr nicht wirklich.

„Gut“, sagte er dann langsam, „ich verstehe, dass du mit deinem Plan recht hast. Aber ich bin nicht begeistert davon dein Bruder zu sein. Ich hoffe also, dass es nicht für lange so bleiben wird.“

Ein Vernunftmensch. Hermine hätte am liebsten laut gejubelt. Endlich mal etwas Gutes.

„Dann lass uns Zimmer hier nehmen und morgen die Schulsachen besorgen.“

Blaise nickte und folgte Hermine, die sofort zur Bar geeilt war. Zum Glück hatte sie noch ein wenig Geld in ihrer Tasche um die zwei Zimmer für die restliche Woche zu bezahlen.

Woher sie danach Geld bekommen würde, wusste sie noch nicht. Ihr Verlies in Gringotts existierte noch nicht genauso wenig wie das von Blaise. Aber dazu würde ihr sicher etwas einfallen.

Jetzt erstmal reichte es und so konnte sie mit Blaise ein Stockwerk höher gehen. Ihre Zimmer lagen direkt nebeneinander. Blaise hatte beschlossen erstmal beide Zimmer unter die Lupe zu nehmen bevor er sich dann für das bessere entschied. Hermine hielt ihn nicht davon ab.

In Gedanken war sie immer noch beschäftigt ob sie Blaise von ihrem Plan erzählen sollte. Er hatte sich als ein Mensch, der der Vernunft fähig war, herausgestellt, doch das war noch lange kein Grund ihm zu vertrauen. Aber was hatte sie schon groß zu verlieren?

Gerade war sie vom ersten Zimmer ins zweite gewandert, als Hermine ihre Entscheidung traf.

„Das Zimmer hier nehme ich. Das ist deutlich größer.“

Blaise grinste breit und ließ sich wie verständlich auf dem Bett nieder. Sie drehte sich zu ihm um.

„Blaise weißt du eigentlich was an dem Jahr 1944 so besonders ist?“

„Nein, aber ich bin mir sicher du wirst mich gleich in dein Wissen einweihen…“

Blaise gähnte und sah sie gelangweilt an. Seine arrogante Aura übergab ihn wieder.

Hermine holte tief Luft. „In diesem Jahr wird Tom Riddle sein letztes Schuljahr an Hogwarts beginnen. Er wird also in unserem Jahrgang sein.“

Blaise sah sie verständnislos an. „Und wer ist dieser Tom Riddle? Hab noch nie von dem gehört.“

„Dieser Junge wird später einmal Lord Voldemort werden“, Blaise zuckte bei der Erwähnung des Namens kurz zusammen und auch Hermine fuhr ein Schauer über den Rücken, „und ich habe vor ihn zu töten, um damit all das Leid in der Zukunft abzuwenden.“

Damit war es raus. Blaise sah sie völlig entgeistert an bevor er aufsprang.

„Du bist völlig verrückt! Du kannst doch nicht Du-weißt-schon-wen töten wollen. Das ist Wahnsinn!“

Hermine sah ihn ernst an. „Ich meine es völlig ernst.“

„Du bist völlig verrückt!“ Blaise drehte um und stürmte aus dem Zimmer. „So was kann ich sich auch nur ein Schlammblut einfallen lassen! Und ich spiele ganz sicher nicht deinen Bruder!“

Mit einem lauten Knall fiel die Tür ins Schloss. Hermine sah Blaise hinterher. Das war ja wirklich toll verlaufen. Sie hätte es doch lassen sollen. Aber immerhin hatte sie jetzt das größere Zimmer.
 

~Kapitel 1 Ende~

Agreement

Dienstag, August 29, 1944
 

11:15 A.M.
 

Hermine bewegte sich durch die Mengen in der Winkelgasse. Es waren viele Familien unterwegs, um ihre Kinder für das neue Schuljahr auszustatten. Auch Hermine kaufte ein. Blaise hatte sich geweigert mitzukommen, daher war sie allein unterwegs. Er sollte selbst sehen, wie er zurechtkam.

Hermine wusste immer noch nicht, was Blaise nun seinerseits vorhatte. Gestern war er aus dem Zimmer gestürmt und seitdem hatte er sie ignoriert. Gedankenverloren ging Hermine die Winkelgasse entlang. Plötzlich blieb sie stehen. Das Geschäft vor dem sie stehen blieb, bot Zauberkessel aller Art an, doch Hermine wusste, dass es in der Zukunft der Laden von Fred und George werden würde.

Wieder musste sie daran denken, wie Fred gestorben war. Tränen stiegen ihr in die Augen, doch sie wischte sie schnell weg. Sie würde die Vergangenheit ändern, auch wenn sie nicht wusste zu welchem Preis, dass geschehen würde. Vielleicht würde sie nie geboren werden. Es war ein seltsamer Gedanke. Nur weil sie die Vergangenheit änderte, bedeutet es nicht gleich, dass die Zukunft so sein würde, wie sie es sich erhoffte.

Dennoch musste sie es wagen. Etwas anderes blieb ihr gar nicht übrig. Sie wollte nicht, dass Ron in der Zukunft starb. Harry sollte nicht all das erleiden müssen. Keiner sollte leiden müssen.

Hermine zog die Liste heraus, die ihr Dippet gegeben hatte. Sie hatte zum Glück immer noch ihre perlenverzierte Handtasche, in der sie alles für ihre Suche nach den Hokruxe verstaut hatte. Dort drinnen war auch Geld gewesen, so dass sie jetzt alles einkaufen konnte. Es kamen ihr wie Jahre vor, dass sie mit Harry und Ron durchs Land gezogen war, um die Hokruxe zu suchen. Dabei war es gerade erst zwei Tage her, dass sie in Hogwarts gegen die Todesser gekämpft hatten.

Aber von ihr aus betrachtet waren es noch Jahre bis zu diesem Tag. Hermine wand sich ab und ging weiter zu Flourish und Blotts, um ihre Schulbücher zu kaufen. Der Laden kam ihr bekannt und vertraut vor, auch wen hier eine junge Verkäuferin statt des ewig genervten Verkäufers stand. Hermine ging an den Regalen vorbei und fühlte sich ein wenig geborgen. Sie suchte die Bücher heraus, die sie für ihr nächstes Schuljahr brauchen würde, doch sie suchte auch einige andere Bücher raus. Viele ihrer Bücher waren noch in ihrer Handtasche, doch sie brauchte neue, denn nun ging es um ein anderes Ziel mit anderen Voraussetzungen. Außerdem suchte sie ein Buch mit einem Zauberspruch heraus, um Blaises Haut aufzuhellen. Wenn er sich weigerte, würde sie den Zauber auch mit Gewalt anwenden. Nichts durfte ihrem Plan im Wege stehen.

Nachdem sie die Unmengen an Bücher bezahlt hatte und in ihre Handtasche verschwinden lassen hatte, machte sie sich auf den Weg zu einem Laden für Umhänge. Das Geschäft von Madame Malkin existierte auch noch nicht. In der Vergangenheit zu sein, blieb ein überaus ungewöhnliches Gefühl.

Sie wurde recht unfreundlich von einer älteren Hexe bedient, die ihr zwei normale schlichte Umhänge und einen Festumhang absteckte und ihrer Größe nach anpasste.

Hermine vermisste die Einkäufe mit ihren Eltern oder mit der Familie Weasley und Harry. Noch nie hatte sie sich so einsam in einer Menschenmasse gefühlt. Einer plötzlichen Eingebung zufolge, kaufte sie sich eine Schleiereule. Nur wenige Minuten später bereute sie den Kauf auch schon wieder, doch sie wollte die Eule auch nicht wieder zurückbringen, auch wenn es niemanden gab, dem sie Briefe schreiben konnte. Mit der Handtasche und dem Eulenkäfig kehrte sie zurück in den Tropfenden Kessel und ging hoch in ihr Zimmer. Kaum hatte sie die Sachen abgestellt, ließ sie sich auf ihr Bett fallen und starrte die Decke an. An ihren Augen glitten unzähligen Bilder der Vergangenheit vorbei.

Die Tränen kamen unaufhaltsam mit den Bildern. Ihr Herz schien sich noch weiter in seine Einzelheiten zu zerreißen, doch Hermine tat nichts gegen ihre Kummer und ihre Sehnsucht. Heute konnte sie noch weinen, doch sobald sie ihren Kampf gegen Tom Riddle aufnahm, durfte sie nicht mehr trauern, schwor sie sich in Gedanken. Dann weinte sie sich leise in den Schlaf.
 

Ein lautes, eindringliches Pochen an ihrer Zimmertür schreckte Hermine einige Stunden später wieder hoch. Sie schnappte sich ihre Haarbürste und fuhr sich durchs Haar, um wenigstens ein wenig Ordnung in ihre Haare zu bringen. Danach strich sie sich über ihre recht zerknitterten Klamotten und öffnete die Tür. Niemand anderes als Blaise Zabini stand vor ihr.

„Du brauchst ganz schön lange, um an die Tür zu kommen“, brummte er und trat an ihr vorbei ins Zimmer ein. „Was hast du gemacht? Dir heimlich Pornoheftchen angesehen?“

Die Braunhaarige schnaubte verachtenswert. „Das ist doch eher dein Gebiet Zabini oder nicht?“

Auf dem Gesicht des Dunkelhäutigen zeigte sich kurz ein Grinsen bevor er wieder ernst wurde.

„Ich hab nachgedacht über das was du gestern gesagt hattest…“

Hermine musste sich einen weiteren bissigen Kommentar verkneifen und schwieg nur abwartend.

„Es ist Wahnsinn, aber es ist deine Sache. Mir geht es nur darum wieder zurück in meine Zeit zu kommen. Also schlag ich dir einen Deal vor: Ich verschweige deinen wahnsinnigen Plan und du tust alles Mögliche, um uns wieder zurück in unsere Zeit zu bringen.“

Überrascht von Blaises Vorschlag, musste Hermine sich erstmal eine Sekunde sammeln. Die erste Frage, die ihr in den Kopf schoss, war, wie vertrauenswürdig das Versprechen eines Slytherins war. Aber was hatte sie eigentlich zu verlieren, wenn sie auf diesen Vorschlag einging?

„Gut ich nehme dich beim Wort. Wehe du verrätst auch nur ein Sterbenswörtchen, dann war es das letzte, was du in deinem Leben gesagt hast.“

„Oh das kleine Schlammblut droht mir, da bekomme ich es ja fast mit der Angst zu tun“, spottete Blaise bevor er in ihre Hand einschlug und die Vereinbarung damit gültig machte.

Hermine wurde einfach nicht aus Blaise schlau. Wenn sie nur über eine gute Menschenkenntnis verfügen würde, um zu wissen, was Blaise vorhatte. Doch diese besaß sie nicht und sie musste darauf vertrauen, dass Blaise die Wahrheit gesagt hatte und sie nicht hintergehen würde.

„Würdest du mir jetzt die Liste mit den Büchern fürs neue Schuljahr geben? Schließlich muss ich mich für ein neues Schuljahr vorbereiten!“

Widerwillig drückte sie ihm die Pergamentrolle in die Hand. Dann drehte er sich um und verschwand. Hermine war wieder ganz allein mit ihren Gedanken. Sie wollte es kaum zugeben, doch sie wusste, dass sie tief in ihrem Inneren froh war, wenn sie sich mit Blaise unterhielt. Die Trauer war dann für eine Sekunde nicht anwesend und sie fühlte sich fast gut. Doch innerlich war sie völlig dagegen, dass ihr dieses Gefühl ausgerechnet ein Slytherin gab.

Doch was sollte sie dagegen machen? Es war besser als weiter zu leiden. Um sich weiter abzulenken, holte sie sich eins der Bücher aus ihrer Handtasche heraus. Es war ein Buch über die französische Geschichte der Zauberei mit Informationen über Beauxbatons. Sie musste so authentisch wie möglich rüberkommen, auch wenn sie in ihrem Lebenslauf geschrieben hatte, dass sie schon häufiger in Großbritannien gewesen war. Das ändert aber nichts an ihrer angeblichen französischen Herkunft.

Sie wusste, dass sie soviel lesen konnte, wie sie wollte, aber das es nicht ausreichen würde um sich als Französin zu fühlen und sich dementsprechend zu verhalten.

Zum Glück war sie in den Sommerferien bereits einmal in Frankreich gewesen und hatte dort die französische Lebensart kennen gelernt. Vielleicht konnte ihr das zu nutzen sein.

Doch sie sollte nicht so überbesorgt sein. In manchen Situationen musste man einfach handeln ohne einen Plan im Hinterkopf zu haben. Das war ihr schon oft passiert, denn sie war mit Harry und Ron in die brenzligsten und kniffligsten Situationen gekommen. Meist war Harry kopfüber in die Gefahr gestürzt und sie war dabei immer an seiner Seite gewesen.

Jetzt war Hermine allein und fest entschlossen, auch ohne konkrete Plan Tom Riddle zu töten. Der Braunhaarige war ein Plan lieber, aber wenn sie nicht anders an ihre Rache kommen würde, müsste sie den jungen Lord Voldemort einfach so töten. Das wiederum ging aber nur, wenn sie ein Mittel hatte direkt nach dem Mord zurück in ihre Zeit zu reisen.

Also musste sie so oder so abwarten, auch wenn es eine Qual werden würde. Doch jetzt waren noch Sommerferien und Tom Riddle war im Waisenhaus in London. Also irgendwo ganz in der Nähe, aber sie saß hier und konnte nichts tun, als sich vorzubereiten auf ihre eigene Schlacht.
 

Am nächsten Morgen saß Hermine unten in der Schankstube und frühstückte, als sich Blaise zu ihr gesellte. Auch er bestellte sich ein Frühstück und beachtete Hermine erstmal nicht. Erst nachdem er gegessen hatte, hob er den Blick. Sie hatte währenddessen den Tagespropheten in der Hand und las.

„Was genau hast du eigentlich in unsere Unterlagen reingezaubert?“, fragte der Dunkelhäutige und nahm ein Schluck Kaffee aus seiner Tasse. „Was für Menschen sind wir?“

„Hochbegabt und sehr engagiert. Mit guten Noten und einer guten Herkunft. Wir haben Großeltern in Großbritannien und lieben daher dieses Land. Deswegen machen wir den Austausch.“

Blaise zog eine Augenbraue hoch, schwieg aber und dachte nach, während er sich mit der Hand durchs Haar fuhr. Hermine betrachtete sein Gesicht, das ihrem völlig unähnlich war. Es war scharf geschnitten und dadurch hatte es etwas Edles an sich. Dazu die leicht schräg stehenden Augen.

Wie sollten sie nur als Geschwister und dann auch noch als Zwillinge durchgehen? Warum war Blaise nur in der Vergangenheit zusammen mit ihr aufgetaucht? Es hätte alles so schön gepasst ohne ihn.

„Und sonst noch irgendetwas, was ich wissen müsste?“ Blaises Blick war durchbohrend. „Noch irgendjemand, den du umbringen willst oder so was in die Richtung? Planst du einen Überfall bei Gringotts oder willst du das Ministerium stürzen?“ Sein Sarkasmus drang deutlich durch.

„In Gringotts bin ich schon mal eingebrochen und das Ministerium werde ich auch nicht stürzen.

Alles was mich interessiert ist die Vernichtung von Lord Voldemort.“

Hermine klappte den Tagespropheten zu und ignorierte Blaises geschockten Gesichtsausdruck.

„Wenn du mich entschuldigst, ich muss mich noch um weitere Sachen für Hogwarts kümmern.“

Sie verschwand bevor Blaise noch mal dazukam den Mund aufzumachen. Sie hatte beschlossen in London französische Kleidung zu kaufen. Das machte sie zwar nicht zur Französin, aber vielleicht gab ihr das ein stärkeres Gefühl von Selbstsicherheit.

Außerdem würden das die anderen Schüler von ihr erwarten. Eine Austauschschülerin musste eben auch etwas Ausländisches an sich haben. Da reichte ein Akzent nicht aus.

Also machte sie sich auf den Weg und verließ den Tropfenden Kessel. Sofort befand sie sich wieder inmitten des belebten London. All diese Menschen hatten ihr Leben. Hermine kam sich vor, als hätte sie ihres verloren. In einer Menschenmasse zu verschwinden und eine von vielen zu sein, brachte ihr da fast ein Stück Erleichterung mit. Wo sich nun genau ein französischer Laden befand, wusste sie nicht, aber sie meinte sich an einen erinnern zu können, der nicht weit entfernt vom Tropfenden Kessel gewesen war. Da stellte sich nur die Frage, ob dieser Laden schon da war.

Hermine ließ sich von der Menschenmenge treiben bis sie an die Stelle kam und ihr Glück ließ sie nicht im Stich. Der Laden prangerte in Pastellfarben an die schönste Mode aus Frankreich zu besitzen. Hermine drängelte sich durch die Menge und trat in den Laden ein. Ein Schwall süßliches Parfüm kam ihr entgegen und sie blickte sich neugierig um.

Der Laden war wie das Schild draußen in Pastelltönen gehalten. Auch die Kleidung strahlte in diesen Farben, auch wenn hin und wieder eine kräftigere Farbe hervorstach. Hinter dem Verkaufstresen stand eine ältere Dame, die sie anlächelte und mit einer Handbewegung deutlich machte, dass Hermine ganz hereinkommen sollte und sich ruhig umsehen durfte.

Hermine tat ihr den Gefallen und ging zum ersten Kleiderständer. Sie erinnerte sich noch gut an das vierte Schuljahr und die Schülerinnen aus Beauxbatons. Ganz besonders an die Kleidung von Fleur Delacour. Diese Kleider erinnerten sie daran, auch wenn sie noch nicht ganz so modern geschnitten waren. Der Stoff war dünn und glatt. Es musste wohl Seide sein.

Hermine zog kurz entschlossen ein Kleid heraus und sah es sich genauer an. Es war blau und mit weißen Punkten besprenkelt. Es sah deutlich nach einem Sommerkleid aus, das man am Strand trug.

Fehlte nur noch der passende Strohhut. So etwas trug man sicher nicht in Hogwarts.

„Du solltest lieber etwas in grün wählen. Das würde besser zu dir passen.“

Hermine hob erschrocken den Kopf und sah in Blaises dunkle Augen. Er hatte sich wieder abgewandt und zog nur ein Kleid mit einer immergrünen Farbe aus dem Kleiderständer heraus. Sie hatte nicht einmal die Zeit etwas zu erwidern, denn er drückte ihr das Kleid in die Hand und schob sie Richtung Umkleidekabine.
 

So fand sich Hermine Sekunden später in der Umkleidekabine wieder. In der Hand hielt sie noch immer völlig verdutzt das Kleid, das ihr Blaise gegeben hatte. Es war wunderschön. Fasziniert zog sie es an und betrachtete sich dann im Spiegel. Blaise hatte wirklich einen guten Geschmack, auch wenn das Kleid ein Ballkleid war. Hermine hatte noch nie ein Korsagenkleid getragen und war überrascht, dass es sie gar nicht so sehr einschnürte wie sie gedacht hatte.

Die grüne Seide lag in eng anliegenden Falten und unterstrich damit die schillernde grüne Farbe. Erst zu den Knien hin, fiel der Stoff in sanften Falten senkrecht wie bei einem Rock zu Boden. Sie konnte nicht umhin sich im Spiegel zu bewundern. So ein Kleid hatte sie noch nie zuvor getragen.

Sie drehte sich und dachte daran wie sie im vierten Schuljahr auf den Weihnachtsball gekleidet gewesen war. Damals hatte sie kein so schönes Kleid getragen, sondern nur einen immergrünen Festumhang unter dem sie kein wunderschönes Kleid getragen hatte, sondern einfach nur eins der Cocktailkleider ihrer Mutter.

Dieses Kleid hatte eine ganz andere Klasse und verkörperte für sie etwas Unerreichbares. So etwas würde sie niemals kaufen können und sie würde ganz sicher auf keinem Ball damit tanzen.

„Bist du endlich fertig?“, erklang Blaises Stimme missmutig von draußen.

Hermines Antwort war ebenso missmutig. „Ja bin ich, aber das Kleid ist überhaupt nicht…“.

Doch zu Ende mit ihrem Satz kam sie nicht, denn Blaise riss einfach den Vorhang beiseite.

„Sieht doch gar nicht so schlecht aus“, murmelte Blaise und schien es sogar ernst zu meinen, doch das war Hermine egal. Sie holte aus und verpasste ihm eine saftige Ohrfeige.

Danach zog sie den Vorhang wieder zu und zog sich schnell um. Was fiel diesem Idioten von Zabini auch nur ein einfach den Vorhang beiseite zu ziehen?! Er hatte die Ohrfeige verdient.

Als sie den Vorhang wieder beiseite zog, hatte sich Blaise verkrümelt. Im Laden war er nicht aufzufinden und Hermine nahm an, dass er zurück in den Tropfenden Kessel geflüchtet war. Hermine brachte das Kleid zurück und suchte nun einfache Röcke und Blusen. Sie hasste zwar nichts mehr als Röcke, doch zu dieser Zeit waren Frauen noch nicht dazu berechtigt eine Hose zu tragen.

Nachdem sie drei Garnituren zusammen hatte, bezahlte sie und verließ das Geschäft.

Ihr Weg führte sie zurück in den Tropfenden Kessel. Schon übermorgen würde sie am Bahnhof Kings Cross in den Hogwarts-Express einsteigen und zu einem neuen Schuljahr aufbrechen. Dieses Schuljahr würde jedoch nicht wie ihre letzten Schuljahre werde. Es würde nur eine Maske sein hinter der sich ein mörderischer Plan verstecken würde.

Hermine seufzte und betrat den Tropfenden Kessel. Blaise entdeckte sie sofort. Er saß direkt an der Bar und trank einen Feuerwhiskey. Sie drängelte sich zu ihm durch, da kurz vor Beginn des neuen Schuljahres ein reger Betrieb hier herrschte. Er blickte kurz auf und sah dann finster wieder in sein Glas. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, da sie nicht vorhatte sich bei ihm zu entschuldigen.

„Das Kleid war wirklich schön“, fing sie dann leise an. „Du hast echt einen guten Geschmack.“

Blaise sah hoch und setzte wieder sein triumphierendes Lächeln auf. Schon seine Miene verriet ihr, was er sagen wollte bevor er nur den Mund aufmachte. „Da siehst du es. Du bist eben nicht völlig perfekt, Mademoiselle Ich-kann-alles-besser-als-alle-andere.“

Hermine zwang sich tief durchzuatmen. „Ich habe nie behauptet perfekt zu sein.“

Blaise grinste und trank seinen Feuerwhiskey mit einem Zug leer. „Das wird ja noch wirklich lustig werden. In ein paar Tage werde ich Alkoholiker sein, weil ich eine so anstrengende, wahnsinnige Schwester hab. Und du wirst dich nicht aufhalten lassen und einfach weitermachen.“

Hermine schnaubte. „Und ich werde einen Bruder haben, dessen einzige Lösung der Alkohol ist. Na bravo! Soll ich schon mal auf Vorrat kaufen oder schaffst du es wenigstens dich selbst zu versorgen?“

Blaise lachte und schlug mit der Hand auf den Tisch. „Nur weiter so Jahrgangsbeste. Man könnte schon fast meinen, du wärst ein völlig normaler Mensch.“

Hermine verdrehte die Augen und drehte sich um. Sie begriff Blaise einfach nicht. Letztendlich war es auch egal, denn sie brauchte ihn ja nur als Tarnung. Also ging sie und ließ Blaise seinen Tag im Rausch enden, während sie sich auf ihr eigentliches Ziel zurückbesinnte.
 

~Kapitel 2 Ende~

Acquaintance

Freitag, September 1, 1944
 

8:43 A.M.
 

Ein lautes Gepolter und Geschrei drang aus dem Zimmer 7 im Tropfenden Kessel an diesem frühen, herbstlichen Morgen. Der Streit zog sich schon mehrere Minuten hin und her.

„Zum wiederholten Mal Nein. Ich mach das ganz sicher nicht.“ Blaise funkelte Hermine wütend an, die ihrerseits wütend zurückfunkelte. Ihren Zauberstab hat sie in der erhobenen Hand.

„Das ist nur der Tarnung wegen. Also hör auf dich zu zieren. Du musst doch nicht ewig so herumrennen. Nur so lange bis wir einen Weg zurückgefunden haben. Also hör auf dich so zimperlich zu benehmen. Sonst können wir die Sache gleich vergessen.“

„Dir geht es doch gar nicht darum zurückzukommen. Du willst nur dem dunklen Lord an den Kragen. Wer versichert mir dann, dass wir zurückkommen, wenn es dir so furchtbar egal ist.“

„Wie wär’s wenn du selbst deinen Arsch in Bewegung setzt und nach einer Lösung suchst. Ich bin ja nicht deine Bedienstete. Und außerdem will ich genauso sehr zurück wie du.“

Blaise funkelte Hermine weiter böse an, doch schwieg. Hermine verstand ihn nicht. Es ging doch nur darum seine Haut zu bleichen. Warum stellte er sich so furchtbar verzogen an?

„Also kann ich jetzt oder willst du hier für den Rest deines Lebens festsitzen?!“

Blaise holte tief Luft, als wollte er weiter zetern und streiten, ließ es dann aber bleiben und nickte.

Hermine nutze die Chance und richtete ihren Zauberstab auf Blaise. „Pallerus!“

Augenblicklich begann der Zauber zu wirken und die dunkle Hautfarbe verblasste immer mehr.

Blaise sah erschrocken an sich herunter und drehten seine Hände, die nun weißlich schimmerten.

Selbst Hermine war von dem Ergebnis überrascht. Blaise sah wie ein völlig anderer Mensch aus.

Seine scharfen Gesichtszüge verliehen ihm nun nicht mehr nur Eleganz, sondern auch eine gewisse Wildheit, die von seinen dunklen Augen nur noch unterstrichen wurde.

Blaise trat an den Spiegel und sah sich an. Er schwieg lange. Hermine wollte schon gehen und die letzten Sachen packen, als er sich doch noch zu Wort meldete.

„Ich muss sagen, dass ich gar nicht so schlecht aussehe. Ich könnte mich fast dran gewöhnen. Aber wehe wenn du das nicht rückgängig machst, kleine, wahnsinnige Schwester.“

Sie verkniff sich lieber jeden weiteren Kommentar und begab sich zurück in ihr Zimmer, um die letzten Bücher in ihrem neu gekauften, sehr altmodischen Koffer zu verstauen.

Heute Abend würde sie wieder zurück in Hogwarts sein. Sie würde noch einmal den sprechenden Hut aufsetzen und wieder einem Haus zugeteilt werden. Es würde nicht dasselbe sein. Hogwarts würde kalt und grau sein. Mit einem Haufen gelangweilter Schüler und unter ihnen, der eine, dessen Langeweile nur eine Maske war. Auf diesen einen kam es an. Mehr nicht.

Hermine zitterte und legte schnell das letzte Buch in den Koffer. Sie hatte Angst zu versagen. Ihre größte Schwäche war wirklich ihre Angst vor dem Versagen. Diese musste sie bewältigen.

Sie konnte alles schaffen. Sie musste es schaffen. Sie würde es schaffen. Für Harry. Für Ron.

Mit einem Ruck schloss sie den Kofferdeckel und sah sich ein letztes Mal in ihrem Zimmer um. Es lag nichts mehr herum. Sie hatte an alles gedacht. Gut dann war sie jetzt bereit.

Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie noch zwei Stunden Zeit hatten. Sie wusste, dass sie keine halbe Stunde von hier aus zum Kings Cross Bahnhof brauchten, aber sie wollte so früh wie möglich aufbrechen in der Hoffnung Tom Riddle jetzt schon zu sehen, um sich seelisch noch weiter darauf vorbereiten zu können. Sie warf einen Blick in den Spiegel und zog an dem Haarreifen, der ihr widerspenstiges Haar bändigen sollte, um ihn wieder gerade zu rücken.

Sie trug einen Rock und eine Bluse, was sie als unangenehm empfand. Sie mochte viel lieber Jeans und Pullover, doch das war in dieser Zeit noch nicht in Mode und Hosen waren bei Frauen eh ungern gesehen. Also musste sie sich mit dieser Kleidung zufrieden geben.

Es war Zeit Blaise zu holen und aufzubrechen. Zeit für ein neues Schuljahr mit neuen Zielen.
 

Blaise hatte wieder gegrummelt und getrödelt, als Hermine ihn hatte holen wollen. Es war eine gute Idee von ihr gewesen so früh bei ihm anzuklopfen, denn jetzt waren sie fast zu spät dran.

Kaum hielt das Taxi vor dem Bahnhof, sprang Hermine aus dem Auto und holte zwei Gepäckwagen. Der Taxifahrer half ihr das Gepäck zu verstauen, während Blaise mit den Händen in den Hosentaschen dastand und sich pfeifend umsah, als würde ihn das alles nichts angehen.

Zumindest übernahm er seinen Wagen und schob ihn zum Gleis. Hermine sah einige Familien, deren Kinder ebenfalls Gepäckwagen schoben und auf denen hin und wieder auch Eulen thronten.

Hermine folgte ihnen zur Absperrung, wartete kurz ab und verschwand durch die Absperrung. Blaise folgte ihr. Der Dampf verschleierte ihnen den Sicht, doch dann wurde die Sicht klarer und Hermine freute sich riesig den Hogwartsexpress zu erkennen. Die Uhr zeigte ihr, dass sie nur noch fünf Minuten hatten bevor der Zug abfuhr. Schnell folgte sie Blaise, der sich bereits auf die Suche nach einem freien Abteil begab. Im hinteren Teil des Zuges wurde Blaise fündig und nahm seinen Koffer.

Hermine wollte ihm in den Zug folgen, als sie sich umdrehte und bemerkte, dass sie beobachtet wurde. Beinahe hätte sie den Eulenkäfig fallen lassen, als sie erkannte, wer dahinter ihr stand.

Seine gelangweilte Miene zeigte nicht einmal, ob er wirklich sie ansah. Die Gleichgültigkeit in seinem Blick mit dem er sie musterte, war kalt und unnahbar. Das war er also. Tom Riddle. Der dunkle Lord.

Hermine wand sich schnell ab und stieg in den Zug ein. Ihr Herz schlug schnell und hart gegen ihren Brustkorb. Sie musste sich zwingen tief einzuatmen bevor sie das Abteil betrat, indem sich Blaise ausgebreitet hatte. Sie verstaute ihren Koffer und ließ sich auf den Sitz fallen.

„Du bist blass“, stellte Blaise fest und sah sie grinsend an. „Etwa einen Geist gesehen?“

Stumm schüttelte sie den Kopf und kämpfte gegen die innere Gedankenflut an. Er hatte sie gesehen. Gut, dann wusste er schon einmal, dass es sie gab. Sie hatte ihn gesehen. Auch gut, dann wusste sie mit wem sie es zu tun haben würde. Sie hatte Angst. Das war alles andere als gut.

Tief durchatmen. Er hatte nicht vor sie umzubringen. Er kannte sie nicht einmal. Es war nur seine Art von Neugier gewesen mit der sie gemustert hatte. Sie musste versuchen in ihm nur den Teenager zu sehen und nicht das, was er werden würde. Aber wer konnte ihr sagen, wie weit er sich schon zum dunkelsten Zauberer aller Zeiten entwickelt hatte? Niemand konnte das. Und das machte ihr Angst.

Konnte man einen Gegner von dem man so gut wie nichts wusste überhaupt besiegen?

Ihr Herz begann wieder schneller zu schlagen. Sie musste sich beruhigen. Sie schloss die Augen und übersah Blaises halb besorgten, halb belustigten Blick völlig.

Die Braunhaarige erinnerte sich zurück an ihre Begegnung mit den Todessern. An all das Unglück, das durch den Krieg verursacht worden war. Sie dachte an ihre Freunde und all die glücklichen Momente. An all die Personen und Dinge, die sie liebte. An alles, was ihr wichtig war.

Es funktionierte. Ihr Herzschlag verlangsamte sich und die Angst verschwand aus ihrem Kopf. Noch einen Augenblick ließ sie die Bilder an ihren Augen vorbeiziehen bevor sie die Augen öffnete.

„Ganz ehrlich, du bist echt verrückt. Du gehörst ins Irrenhaus und nicht nach Hogwarts.“

Blaise war freundlich wie eh und je. Zumindest daran würde sich so schnell nichts ändern.

„Du musst wohl eher von dir sprechen. Ich meine, wie haben sie jemanden wie dich nur nach Hogwarts lassen können? Musste deine Mutter ein bisschen Geld auf den Tisch legen?“

Oh. Das war fies. Sie musste aufpassen, dass sie es sich nicht mit Blaise verscherzte. Er konnte ihr immer noch in den Rücken fallen. Außerdem hatte er den größten Teil an Beleidigungen unter den Tisch fallen gelassen seit sie sich zusammengeschlossen hatte. Sie sollte netter sein.
 

Die Stunden zogen sich zäh dahin und nichts geschah. Hermine las und Blaise schlief. Es wurde langsam dunkel am Himmel. Die Dämmerung hatte eingesetzt. Nicht mehr lange, dann waren sie in Hogwarts. Hermine warf einen langen Blick nach draußen. Wenn man soweit zurück in die Vergangenheit gereist war, war es kein Wunder, dass alles völlig anders aussah. Kaum etwas weckte Erinnerungen in ihr wach. Es war ein seltsames Gefühl in der Vergangenheit zu sein.

Sie wand sich wieder ab und las weiter. Sie sollte aufhören sich ständig Gedanken zu machen.

Irgendwann wachte Blaise wieder auf und fragte verschlafen, wie lange es noch dauern würde.

„Wir sind fast da. Wir sollten schon mal unsere Umhänge anziehen.“ Sie klappte ihr Buch zu.

Blaise nickte und strich sich gedankenverloren durchs Haar. Hermine stand auf und zog ihren Umhang aus ihrem Koffer heraus. Auch Blaise erhob sich und öffnete seinen Koffer.

„Ob wir wieder in dieselben Häuser kommen?“, fragte Hermine. Eigentlich war diese Frage mehr an sie selbst gerichtet als an Blaise, doch Blaise zog verwundert die Augenbraue hoch.

„So sehr werden wir uns doch nach sieben Jahren nicht verändert haben. Wir kommen schon wieder nach Gryffindor und Slytherin. Wohin sollte es uns schon sonst groß verschlagen?“

Trotz seiner Antwort sah sie auch in seinem Gesicht die Zweifel. Sie kam sich nicht mehr wie eine aus dem Haus Gryffindors. Ihr Plan hatte nichts mit Mut zu tun. Er war pure Rache.

Auch Blaise würde an sich zweifeln, aber aus anderen Gründen. Wahrscheinlich fragte er sich, ob er noch Slytherin genug war, wenn er sich auf eine Zwecksgemeinschaft mit einer Muggelstämmigen einließ. Es war wirklich seltsam, was einem alles einfallen konnte.

Der Zug hielt und Hermine öffnete die Abteiltür. Blaise folgte ihr auf den Bahnsteig und sah sich um. Manche Schüler warfen ihnen bereits Blicke zu und tuschelten. Hermine wusste nicht genau, wohin sie jetzt gehen sollte. Sie hatte vergessen Dippet danach zu fragen.

Zum Glück wurde ihr die Entscheidung abgenommen, als die Lehrerin, die Blaise auf dem Flur geschnappt hatte, vor ihnen auftauchte und ihnen mit einer Lampe ins Gesicht strahlte.

„Mitkommen. Professor Dippet will mit euch sprechen bevor er euch der Schule vorstellt.“

Ihre Stimme war etwas schroff, aber trotzdem schien sie eine nette Person zu sein. Wahrscheinlich aus ähnlichem Holz geschnitzt wie McGonagall. Die könnte Hermine gefallen.

Die beiden folgten der Lehrerin, die eine der Kutschen bestieg. Hermine konnte jetzt auch die Thestrale sehen. Es hätte sie vielleicht erstaunt, aber jetzt stellte sie es nur noch fest. So viele Menschen hatte sie in kürzester Zeit sterben gesehen. Da erstaunte einen nichts mehr.

Die Kutsche setzte sich in Bewegung und folgte den anderen Kutschen, in die Dunkelheit. Bald tauchte das Schloss in Sichtweite auf. Es war wie immer hell erleuchtet.

Dann waren sie auch schon da und betraten die Eingangshalle. Die Lehrerin, die sich inzwischen als Professorin Merrythought vorgestellt hatte, führte sie zu einem kleinen Raum hinter der Großen Halle. In den gleichen Raum war Harry gegangen als er zum Champion für Hogwarts ausgerufen wurde.

Hier wartete Dippet auf sie. Strahlend kam er auf sie zu und begrüßte beide mit einem Händedruck.
 

Hermine fragte sich, warum Dippet sie sehen wollte. Sie wusste nicht genau, was er von ihnen wollte.

„Was für ein Glück, dass ich mit ihnen jetzt noch reden kann. Ich habe da eine Bitte an sie und ich bin sicher sie werden sofort zustimmen. Sie müssen nämlich wissen, dass die Familie unserer Schulsprecherin fortgezogen ist und der Posten nun frei ist. Für eine neue Schulsprecherin kamen sie mir sofort in den Sinn. Ihr Zeugnis und ihre Empfehlungen haben mich überzeugt, dass sie die Richtige sind. Ich hoffe doch sehr, dass sie dieses Abzeichen annehmen.“

Dippet hielt Hermine das Schulsprecherabzeichen hin. Das silberne S leuchtete verführerisch in seiner Hand. Sie hatte immer Schulsprecherin werden wollen. Vielleicht wäre sie es auch geworden, wenn der Krieg nicht dazwischen gekommen wäre. Nun hatte sie nicht nur die Chance das siebte Jahr nachzuholen, sondern auch den Posten der Schulsprecherin zu übernehmen. Außerdem gab es ihr die Chance noch näher an Riddle ranzukommen. Sie griff zu und nahm das Abzeichen an sich.

„Wunderbar. Dann haben wir jetzt eine neue Schulsprecherin. Für ihren Bruder finden wir sicher auch noch einen Posten, wo er seine wundervollen Talente sinnvoll nutzen kann.“

Dippet schüttelte ihn noch einmal die Hand und verschwand in die Große Halle. Hermine und Blaise blieben mit Professorin Merrythought zurück. Hermine übersah geflissentlich Blaises böse Seitenblicke und wartete ab, was jetzt kommen würde. Draußen fühlte sich die Halle mit jeder Menge Schülern, die sich fröhlich lautstark unterhielten. Bald würde es soweit sein.

Hermine dachte an ihren ersten Schultag zurück, wo sie zum ersten Mal den Sprechenden Hut aufgesetzt hatte. Er hatte sich nicht zwischen Gryffindor und Ravenclaw entscheiden können. Damals hatte er Gryffindor den Vorzug gegeben. Wie würde er sich nun entscheiden?

Der Sprechende Hut begann sein Lied und Blaise neben ihr wurde auch nervös. Zum wiederholten Mal musterte er seine Hände und Hermine hätte wetten können, dass, wenn ein Spiegel da gewesen wäre, er sich noch einmal versichert hätte, dass er wirklich gut aussah.

Es dauerte noch fast eine halbe Stunde bis Merrythought sich erhob und ihnen bedeutete ihnen zu folgen. Die Auswahlzeremonie der Erstklässler war vorbei. Nun waren sie dran.

Als sie hinaus traten, war die Halle augenblicklich still bevor fast im selben Augenblick eine Welle des Tuschelns hereinbrach. Einige reckten die Köpfe um sie besser sehen zu können.

Hermine zwang sich tief durchzuatmen und nach Dippets Ankündigung der neuen Austauschschüler sich auf den Hocker mit dem Sprechenden Hut zu zu bewegen.

Diesmal war es nicht McGonagall die ihr den Hut aufsetzte, sondern der viel jüngere, noch rothaarige Dumbledore. Er lächelte ihr freundlich zu bevor der Hut sie ihrer Sicht beraubte.

Die piepsige Stimme des Hutes empfing sie in der Dunkelheit.

„Du bist ein kluger Kopf. Gescheit und wissbegierig. Aber ich sehe auch Mut. Für deine Freunde und deine Ziele kannst du einstehen. Doch da ist auch etwas Tückisches und Listiges, aber du willst dich nicht beweisen. Du willst nur dein Ziel erreichen und strebst nach Wissen. Dann RAVENCLAW!“

Hermine war verwirrt von den Worten des Sprechenden Hutes, zog ihn ab und stand auf. Der Jubel am Ravenclawtisch war groß. Sie schüttelte einige Hände, sah aber schnell wieder hinauf, um zu sehen in welches Haus der Sprechende Hut Blaise schicken würde. Es dauert einige Sekunde, dann verkündet der Hut zu ihrer Überraschung, dass Blaise ebenfalls nach Ravenclaw kam.

Der Dunkelhaarige ließ sich neben ihr nieder. „Sieht so aus, als wolle jemand nicht, dass wir getrennte Wege gehen. Dann muss ich dich jetzt jeden Tag ertragen. Na, bravo!“

Hermine schwieg. Sie hatte keine Lust darauf etwas zu erwidern. Ihre Augen wanderten über den Slytherintisch und entdeckten Tom Riddle. Er hörte Dippet zu, der noch einige Ankündigungen machte. Doch als hätte er ihren Blick gespürt, wand er sich ihr zu und ein kalter Schauer lief ihr den Rücken herunter. Sie sank den Blick und war erleichtert zu sehen, dass sich die Schüsseln auf dem Tisch gefüllt hatten. Sie griff zu und vergaß für den Augenblick ihr Ziel.
 

Das Festessen zog sich in die Länge. Hermine schaute nicht noch einmal zu Riddle hinüber. Blaise verhielt sich auch ziemlich still. Es fehlte völlig die festliche Stimmung.

Um sie herum wurde gelacht, gewitzelt und geflüstert. Man bedachte sie mit Blicken, doch niemand sprach sie an. Vielleicht lag es an ihr selbst, denn sie fühlte sich völlig fehl am Platz.

Die anderen spürte es möglicherweise, dass weder Blaise noch sie hierher gehörten. Es war nicht ihre Zeit und sie waren kein Teil von diesem Leben. Hermine schluckte.

Es war hart gegen ihre Traurigkeit zu bekämpfen. Überall fanden sich Gründe wieder in Tränen auszubrechen. Wie sollte sie es da nur schaffen stark genug zu bleiben?

Es war so schwer. Ihr Blick hing starr an ihrem Teller. Morgen würde es bestimmt besser werden, dann würde sie am Unterricht teilnehmen. Dann wäre sie endlich abgelenkt.

So würde sich ihr Kopf vielleicht mit etwas anderem füllen. Zurzeit war sie viel zu nachdenklich und so konnte sie sich schwer konzentrieren. Wenn sie ihre Hemmungen nur fallen lassen könnte, dann wäre es alles einfacher, zumindest für den Augenblick.

Ihr Gedankenstrom wurde unterbrochen, als sie eine zarte Stimme ansprach.

„Sag könntest du mir den Pudding reichen?“, fragte die dunkelhaarige Schönheit neben ihr. Hermine griff nach der Puddingschüssel und reichte sie ihr.

„Vielen Dank. Ich bin übrigens Sophie. Ich freu mich wahnsinnig darüber, dass ihr hierher gekommen seid. Es ist immer so langweilig. Jedes Jahr die gleichen Gesichter.“

Hermine fühlte sich gleich ein wenig besser, als Sophie sie anstrahlte. Mit ihren dunklen Locken und den großen Rehaugen sah sie zuckersüß aus. Hermine musste lächeln.

„Klingt so, als müsste ich mich auf ein langweiliges Schuljahr einstellen.“

Sophie nickte und schwang dabei ihre Locken mit. „Hier passiert wirklich nie etwas. Okay in meinem fünften Schuljahr gab es Angriffe auf muggelstämmige Hexen und Zauberer, wobei ein Mädchen starb. Aber meine Eltern hatten mich schon längst aus der Schule rausgeholt. Sie sind ziemlich panisch. So hab ich nichts von der Aufregung mitbekommen. Wirklich schade.“

Hermine konnte diese Überzeugung nicht ganz teilen, denn sie hatte diese ganze Situation bereits an eigener Haut erfahren müssen. Darauf hätte sie gut verzichten können.

„Das muss toll sein in Frankreich aufgewachsen zu sein. Ich hab gehört, dass die Franzosen viel lockerer wären und nicht so steif. Du musst mir unbedingt ganz viel von Frankreich erzählen.“

Hermine nickte und sah wie Dippet aufstand, um ein paar Abschlussworte zu sagen. Doch Dippet war nicht Dumbledore, der sie nach ein paar Worten entließ. Er begann eine Rede zu halten.

Auf der einen Seite neben ihr stöhnte Blaise auf, auf der anderen Seite kicherte Sophie. Hermine war inzwischen müde und wusste, dass sie gleich das erste Mal richtig auf Tom Riddle treffen würde.

Also brauchte sie dringend noch ihre letzten Reserven, um nicht in Ohnmacht zu fallen, wenn sie auf ihn traf. Doch Dippet hielt sich ungern kurz und sprach von einem viel versprechenden Schuljahr.

Dann waren sie zwanzig Minuten später endlich erlöst und konnten gehen. Sie begleitet Sophie und Blaise noch ein Stück bevor die zwei Richtung Ravenclawturm verschwanden.

Hermine musste einen anderen Weg nehmen, um zu den Schulsprecherräumen zu gelangen. Sie wusste nicht, was sie dort erwarten würde. Wer wusste schon, ob Riddle überhaupt noch im Gemeinschaftsraum war, er konnte sich genauso gut schlafen gelegt haben.

Sie erreichte das Porträt hinter dem die Schulsprecherräume lagen. Es war ein ihr unbekanntes Gemälde mit einer Gruppe von drei Hexen und einem Ritter darauf. Einen Augenblick überlegte sie, dann fiel ihr das Märchen „Der Brunnen des wahren Glückes“ von Beedle dem Barden wieder ein.

Wieder ein Grund für ihre Gedanken zurück zu schweifen und Rons Tod noch einmal mitzuerleben.

Lieber schnell in ihr Schlafgemach, wo niemand ihre Tränen sehen konnte. Doch sie hatte vergessen Dippet nach dem Passwort zu fragen. Das kam davon, wenn die Gedanken immerzu woanders waren.

„Amortentia“, die dunkle, schneidige Stimme hinter ihr jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

Das Porträt schwang auf und Tom Riddle ging an ihr vorbei. Nicht fähig um die Situation zu erfassen, blieb Hermine stehen. Dann sah sie wie das Porträt wieder zuklappte und eilte schnell hinein.

Riddle war schon in seinen Raum verschwunden. Er hatte sie nicht einmal beachtet oder ein Wort mit ihr gewechselt. Das fing ja wirklich großartig an.
 

~Kapitel 3 Ende~

Abhorrence

Samstag, September 2, 1944
 

6:33 A.M.
 

Es konnte nur besser werden.
 

Seit fünf Minuten wiederholte sie diesen Satz, während sie im Bad in den Spiegel starrte.

Zurück starrte ein ovales Gesicht, das blass wie ein Leichentuch war. Das braune Haar hing ihr wirr ums Gesicht und ihre Augen waren so rot, dass sie unwiederbringlich an Blut in Schnee denken musste. Dazu noch Augenringe, da sie nicht schlafen hatte können.

Kurz und gut, sie war ein einziges Wrack.

So konnte sie nicht zum Frühstück runtergehen. So durfte sie vor allem Riddle nicht über den Weg laufen. Der gestrige Abend hatte ihr schon alle Nerven gekostet. Der kalten Schauer lief ihr selbst jetzt über den Rücken. Sie fühlte sich nicht imstande ihm gegenüberzutreten.

Diese Angst hatte ihr den Schlaf gekostet. Die Tränen hatte es auch nicht besser gemacht.

Wie sollte sie das nur aushalten? Wo war ihre Stärke? Wie sollte sie das nur schaffen?

Ihre Gedanken wurden von einem fröhlichen Lachen zurück in die Realität gezogen.

„Hermine, bist du hier im Bad? Ich hab Riddle gefragt, wo ich dich finden kann!“

Einen Augenblick brauchte die Braunhaarige, um sich an das dunkelhaarige Mädchen von gestern Abend zu erinnern. Unentschlossen, was sie nun tun sollte, blieb sie stehen, wo sie war.

„Tut mir Leid. Ich fühl mich nicht so gut. Geh ruhig frühstücken.“

„Ach komm. Ich lass dich hier nicht alleine. Lass mich rein.“ Ungeduldig schlug die Schwarzhaarige gegen die Tür. Sie war wirklich ziemlich aufgedreht, aber vielleicht konnte Hermine diese Fröhlichkeit jetzt gut gebrauchen, um sich von all ihrem Kummer und Angst abzulenken. Kaum hatte sie die Tür nur ein Spalt aufgemacht, stürmte Sophie herein, um stehen zu bleiben, ihr einen mitleidigen Blick zuzuwerfen und sie mit sich zu ziehen.

„Du siehst wirklich schrecklich aus. Aber lass das meine Sorge sein. Ich hab da ein paar Tricks drauf, damit man nicht sieht, ob man schlecht geschlafen hat. Vermisst du Frankreich?“

Wie kam es nur, dass Sophie keine drei Sekunden brauchte, um soviel hervorzusprudeln und dabei nicht einmal außer Atem zu kommen. Beneidenswert.

Sophie zauberte wirklich aus ihrem Gesicht die Augenringe und auch alles andere schien vorgewischt zu sein. Hätte Hermine nicht gewusst, wie sie einige Minuten zuvor noch ausgesehen hatte, wäre sie der Meinung gewesen gut geschlafen zu haben.

„Danke für deine Hilfe. Das Heimweh hat mich in der Nacht einfach überkommen. Zum Glück haben wir heute noch keinen Unterricht. Ich bin echt jämmerlich.“

Hermine versuchte es mit einem Grinsen und Sophie schüttelte den Kopf.

„Das ist nicht jämmerlich. In meinem ersten Schuljahr hab ich durchgehend meine Familie vermisst. Und ich war ja nicht mal halb soweit weg von meinem Zuhause.“

Dieses Mädchen war wirklich ein Segen. So eine unverwüstliche Freundin brauchte sie jetzt. Unglaublich, dass sie Jahrzehnte voneinander trennten, aber das wusste Sophie nicht und würde es nie erfahren. Hermine lächelte die Dunkelhaarige an, die mit einem Strahlen antwortete.

Gemeinsam gingen sie zum Frühstück und Hermine fühlte sich besser. Es wurde also wirklich besser.

Riddle war auch nicht zusehen, was sie erleichtert. Blaise blickte auf, als Sophie und sie sich zu ihm gesellten. Anscheinend hatte er auch schon einen Freund gefunden.

Der Junge mit den eisgrauen Augen blickte auf und lächelte sie an.

„Hey, ich bin Zephir. Freut mich dich kennen zu lernen. Dein Bruder wollte mir nichts über dich verraten. Also muss ich wohl selbst dahinter kommen, was für ein Mensch du bist.“

„Du könntest mich natürlich auch fragen. Meinem Bruder hättest du sowieso kein Wort glauben können. Er sagt nie irgendetwas Nettes über mich.“

Blaise schnaubte und verzog das Gesicht. Zephir lachte und wandte sich seinem Frühstück wieder zu. Hermine griff auch zu und Sophie tat es ihr gleich. Damit erstarb das Gespräch fürs Erste.
 

Nach dem Frühstück beschloss Hermine in die Bibliothek zu gehen. Sophie verzog nur das Gesicht und schüttelte den Kopf. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie jemand gleich an seinem ersten Schultag dorthin stürmte um sich weiterzubilden.

Also ging sie alleine in die Bibliothek und suchte sich einen Tisch in einer der Ecken um möglichst nicht gesehen zu werden. Zwei Gründe hatte sie hergeführt. Der erste war natürlich die Suche nach einem Rückweg in ihre Zeit. Sie hoffte hier ein Buch zu diesem Thema zu finden, wobei sie fürchtete, dass ein solches Buch eher in der Verbotenen Abteilung zu finden sein würde.

Der zweite Grund war Tom Riddle. Wenn sie ihn richtig einschätzte, musste er viel von seiner Freizeit hier verbringen. Irgendwann musste sie sich mit ihm auseinandersetzen, da war es am besten, wenn sie selbst den Ort bestimmte.

Noch war die Bibliothek völlig leer. So konnte Hermine stöbern ohne von irgendwelchen Leuten belagert zu werden, die etwas über sie wissen wollte. Sie wollte alles absuchen und begann mit dem Regal bei ihrem Platz, das sich mit fortgeschrittener Magie beschäftigte.

Einmal angefangen, floss die Zeit an ihr vorbei. Erst durch ein Geräusch aufgeschreckt, hob sie nach einer Ewigkeit den Kopf.

Vor ihr stand der Junge vom Frühstück, der sich eins der Bücher griff und es aufschlug.

„Suchst du etwas Bestimmtes oder ziehst du wahllos Bücher aus dem Regal?“

Hermine musterte den Tisch auf dem sich bereits Bücher stapelten ohne dass sie auch nur einen Hinweis auf Zeitreisen gefunden hatte.

„Ich suche etwas, aber da ich aber selber nicht wirklich weiß wonach, greife ich wahllos Bücher aus dem Regal.“

Zephir lächelte und legte das Buch beiseite.

„Danach sieht es wirklich aus. Du bist schon seit Stunden hier drin. Geb die Suche für heute auf und ich führ dich ein bisschen rum.“

Als sie ihn überrascht ansah, fiel ihr das silberne Abzeichen der Vertrauensschüler ins Auge. Das ergab Sinn. Deswegen hatte er bereits mit Blaise gesprochen.

„Das wäre nett. Bewegung könnte ich gut gebrauchen.“

Hermine griff nach ihrer Tasche und Zephir half ihr die Bücher wieder im Regal zu verstauen. Gemeinsam verließen sie die Bibliothek. Es kam ihr seltsam vor die Schule gezeigt zu bekommen, die sie in der Zukunft bereits besucht hatte.

„Es ist hier eigentlich richtig schön“, meinte Zephir als sie draußen bei den Gewächshäusern standen.

Hermine zwang sich zu erwidern: „Nicht so schön wie in Frankreich.“

„Ich war noch nie da. Vielleicht komm ich mal vorbei, wenn du wieder da bist, dann würde ich ja schon mal jemand dort kennen, der mir alles zeigen könnte.“

„Und Blaise würdest du auch kennen. Aber bis dahin dauert es noch ein Jahr.“

Dabei würde sie nie nach Frankreich zurückgehen. Ein Jahr würde sie wohl auch nicht hier bleiben. Sie hoffte früher einen Weg zurück zu finden. So schnell wie möglich.

Sophie kam plötzlich herangestürmt. „Ich muss dir Hermine entführen.“

Bevor Zephir etwas erwidern konnte, zog Sophie Hermine mit sich in Richtung Schloss.

Nach ein paar Metern verlangte Hermine eine Erklärung.

„Professor Dippet will dich sehen. Er will dich und Riddle in die Aufgaben für dieses Jahr einweisen.“

Sie und Riddle. Das Schulsprecherpaar. Natürlich wie hatte sie das vergessen können. Das ganze Jahr musste sie mit ihm Vorbereitungen für alles Mögliche treffen. Genug Gelegenheiten. Viele Möglichkeiten an ihn heranzukommen. Eine würde sie nutzen.

„Dass ausgerechnet Riddle Schulsprecher geworden ist. Es war ja eigentlich klar. Schließlich ist er der Held, der das Grauen im fünften Schuljahr beendet hat. Trotzdem ist der mir nicht geheuer.“

„Mir auch nicht. Doch von so was lass ich mich doch nicht unterkriegen!“

Sie lachten, während sie durch die Eingangshalle schritten. Vor dem Büro trennte sie sich von Sophie und schritt nach oben nach dem sie das Passwort genannt hatte.
 

Riddle war bereits da. Er saß lässig auf dem Stuhl und würdigte sie keines Blickes, als sie das Büro betrat. Am liebsten hätte sie den gelangweilten Ausdruck von seinem Gesicht getilgt.

„Miss Calice, schön, dass sie hergefunden haben, um unser kleinem Meeting beizuwohnen.“

Sie ließ sich auf dem Stuhl neben Riddle nieder und lächelte zuckersüß.

„Dieses Jahr wollen wir uns in Hogwarts von unserer besten Seite zeigen. Das Vertrauen in uns ist nicht mehr so stark wie vor einigen Jahren. Daher will ich dieses Jahr zu einem ganz besonderen Jahr für alle Schüler von Hogwarts machen. Für schöne Erinnerungen an uns.“

Hermine nahm an, dass er auf die Zeit, als die Kammer des Schreckens geöffnet wurde, anspielte. Er hatte wohl Angst, dass er Schüler verlieren würde. Auch die jetzigen Schüler sollten ihre Kinder später an diese Schule schicken, damit Dippet seinen Posten nicht verlor.

Hätte er bereits im vorherigen Jahr sein besonderes Schuljahr veranstaltet, wären seine Absichten noch offensichtlicher gewesen. Außerdem besaß er wohl genug Taktgefühl, um zu erkennen, dass man nicht direkt nach solch einem Grauen fröhliche Feste veranstalten konnte.

„Und was genau haben sie sich vorgestellt?“

Selbst seine Stimme war eine Ausgeburt der Gleichgültigkeit. Er war einfach aalglatt. Zeigte genau soviel Interesse wie von ihm erwartet wurde und nicht mehr.

„Zu Halloween dachte ich, dass wir dieses Jahr statt dem traditionellen Festessen einen Ball veranstalten. Zu Weihnachten das ganze noch ein wenig größer. Einer der Lehrer schlug vor ein Theaterstück aufzuführen. Die Idee fand ich nicht schlecht. Theateraufführungen gab es noch nie hier an Hogwarts. Eine neue Tradition möglicherweise. Und dann natürlich der große Abschlussball zum Ende des Jahres. In allem ein besonderes Jahr.“

Hermine hätte beinahe schnippisch gefragt, ob er nicht auch noch einen Ball zu Ostern veranstalten wollte, aber sie ließ es bleiben. Dippet war nicht der Typ für Scherze.

„Da Halloween bereits in zwei Monaten ist, sollten sie schnellstens mit den Vorbereitungen beginnen. Teilen sie die Vertrauensschüler in Arbeitsgruppen und kümmern sich um die Organisation. Ich bin sicher sie werden hervorragende Arbeit leisten. Das wäre es für heute.“

Riddle aalte sich sofort aus seinem Stuhl und verließ das Büro. Hermine folgte ihm rasch, um endlich ein Wort mit ihm zu wechseln.

Im Gang holte sie ihn schließlich ein. Er schlenderte gemütlich und beachtete sie weiterhin nicht.

„Riddle warte mal. Sollten wir uns nicht irgendwie absprechen.“

Er blieb nicht einmal stehen. „Kein Interesse. Du machst das schon.“

Die Ansage konnte sich Hermine nicht gefallen lassen. Sie fühlte sich unweigerlich an Malfoy erinnert, der sich stets gekonnt um die Arbeitsgruppen herum gewindet hatte.

Sie überholte ihn mit drei großen Schritten und blieb vor ihm stehen.

„Du bist genauso ein Teil des Schulsprecherteams wie ich. Das bedeutet du wirst genauso viel leisten wie ich. Ich bin nicht hier aus Frankreich hergekommen, um für dich die Drecksarbeit zu machen.“

„Schöne Ansage, aber du bist eben neu hier und wirst noch früh genug lernen, wie man sich benimmt.“

„Wenn wir gerade von Benehmen sprechen, du könntest dich ruhig mal ordentlich vorstellen.“

Riddle verzog minimal das Gesicht, als hätte man ihn darum gebeten auf dem Tisch zu tanzen.

„Ich bin Tom Riddle und Schulsprecher. Ich kann es kaum abwarten mit dir zusammenzuarbeiten.“

Der ironische Unterton entging ihr nicht, aber sie nahm trotzdem seine Hand.

Einen Augenblick erwartete sie, dass seine Hand eiskalt sein würde und sich eben nach Schlangenhaut anfühlen würde, doch sein Hand war warm und sein Händedruck fest.

„Ich bin Hermine Calice und neu hier. Auf gute Zusammenarbeit.“

Sie versuchte sogar ein kleines Lächeln, obwohl sie nur Abscheu für dieses Ungeheuer empfand.

Er ließ ihre Hand sofort wieder los und drehte sich um. Wahrscheinlich hatte ihm niemand zuvor die Stirn geboten, was für ihn ungewohnt war. Sie ließ ihn ziehen.
 

Hermine fuhr zusammen, als Blaise sich neben ihr auf dem Sofa fallen ließ. Sie hatte sich in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws zurückgezogen, um nicht auf Riddle zu treffen.

„Gefällt dir dein eigener Gemeinschaftsraum nicht?“

Sie ignorierte seine Frage geflissentlich und wand sich ihrem Buch wieder zu.

„Dann liegt es wohl an diesem Riddle, dem großen bösen Zauberer.“

Er glaubte ihr natürlich nicht, was Riddles Zukunft anging. Was hatte sie schon erwartet?

„Und was hast du für einen Plan? Erledigst du ihn in einer dunklen Ecke?“

Sie konnte sein Grinsen fast hören ohne auch nur hoch zu sehen. Dann wurde er ernst.

„Ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Er sieht so normal aus. Ein bisschen seltsam, aber eigentlich ein typischer Slytherin. Es ist einfach verrückt.“

Hermine sah Blaise an. Er überraschte sie ständig aufs Neue in seiner Art. Erst hielt er sie für verrückt, aber jetzt schien er ihr doch zu glauben.

„Er ist es. In seinem fünften Schuljahr hat er bereits die Kammer des Schreckens geöffnet und eine Schülerin ist umgekommen. Diesen Sommer hat er seinen Vater und seine Großeltern ermordet und es seinem Onkel in die Schuhe geschoben, der jetzt in Askaban sitzt.“

Sie flüsterte es ihm leise zu, damit keiner der Schüler es hören konnte. Blaise wirkte sichtlich geschockt.

„Er ist es also wirklich. Aber was willst du gegen ihn unternehmen?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Solange es für uns kein Zurück gibt, erst mal nichts. An ihn rankommen. Raus finden wer er wirklich ist und wo sein Schwachpunkt sitzt. Wer seine Freunde sind und wo er sich mit ihnen trifft.“

„Und ihn dann vernichten, wenn es soweit ist. Was, wenn du bis zum Ende des Schuljahrs keinen Weg für uns zurückgefunden hast? Willst du es dann trotzdem tun?“

Nachdenklich sah Hermine ihn an. „Danach arbeitet er noch eine Zeit für Borgin & Burke's bevor er auf Reisen geht, aber spätestens dann muss ich es versuchen.“

Blaise nickte gedankenverloren. Es herrschte Stille bis er wieder ansetzte.

„Was, wenn du sein Schwachpunkt werden würdest?“

Hermine sah Blaise entsetzt an. „Das ist Wahnsinn. Absoluter Wahnsinn.“

„Er hat doch keine Freundin. Ihr müsst sowieso zusammenarbeiten. Man lässt keinen Mensch näher an sich heran als die Person, die man liebt. Er würde Fehler machen. Er wäre verletzbar.“

Hermine schüttelte sich bei dem bloßen Gedanken mit diesem Monster zu flirten.

„Anders gefragt: Was hast du zu verlieren?“

Sie hatte nichts zu verlieren. Eine Gefangene der Vergangenheit. Aber die Abscheu vor diesem Kerl war zu groß. Sie wollte nicht seine Freundin werden. Sie wollte ihn leiden lassen.

Ihn bluten lassen für all den Kummer und das Leid der Zukunft.

„Nein, ich kann nicht. Das schaff ich nicht.“

Blaise berührte sie an der Schulter, als sie den Kopf sinken ließ, um nicht zu zeigen, wie sehr sie gegen die Tränen kämpfte. Er brachte seinen Mund auf die Höhe ihres Ohres.

„Wer ist jemals so nah an den dunklen Lord gekommen? Er hat keine engsten Freunde. Keine Vertrauten. Er hat nie jemand an sich rangelassen. Das ist seine Schwachstelle.“

„Warum willst du mir helfen? Du hast doch irgendwelche Hintergedanken.“

Blaise lachte leise auf. „Du bist nicht die einzige Person, die jemand durch diesen Krieg verloren hat. Glaub mir ich war nie einer dieser fanatischen Anhänger. Ich fand es okay, aber es ging mich ja nichts an. So hab ich immer gedacht. Aber es geht mich auch etwas an.“

Hermine war überrascht über die Traurigkeit in seiner Stimme. Wen hatte er wohl verloren?

Sie schluckte die Tränen herunter. Was hatten sie schon zu verlieren?

„Dann lass uns einen dunkle Lord vernichten.“
 

~Kapitel 4 Ende~

Alliance

Mittwoch, September 13, 1944
 

12:56 A.M.
 

„Wenn er sich noch ein bisschen auffälliger benimmt, könnte er es gleich raus schreien!“

Hermine blickte von ihrem Teller hoch und sah Sophie fragend an. Sie war die ganze Zeit mit ihren Gedanken woanders gewesen.

Sophie grinste und verdrehte die Augen. „Zephir ist in dich verknallt.“

Hermine vergaß die Gabel bis zum Mund zu führen und starrte die Schwarzhaarige an.

„Er sieht die ganze Zeit zu dir rüber und er hat dir vom ersten Tag nur Komplimente gemacht.“

„Das ist nicht dein Ernst. Es gibt keinen Jungen, der mich mag.“

„Er steht auf dich, glaub mir. Ich kenne ihn schon seit dem ersten Schuljahr und egal wie gut er aussieht es hat nie ein Mädchen gegeben, das er so angesehen hat und er hat dich sogar gefragt, ob du ihm mal Frankreich zeigst. Er will was von dir.“

Hermine sah verdattert zu Zephir rüber, der sich gerade mit Blaise unterhielt. Es konnte doch nicht sein, dass er sie mochte. Ron war in sie verliebt gewesen. Okay und sie hatte Viktor geküsst. Aber sonst hatte sie nie darüber nachgedacht. Vor allem schien es ihr hier unmöglich. Diese Menschen waren in ihrer Zeit längst tot oder sehr alt. Außerdem war da ja noch die Sache mit Riddle. Sie war nicht gerade angetan von der Idee, aber Blaise hatte Recht. Auch wenn sie das ungern zugab. Und noch viel weniger war sie scharf darauf mit einem Massenmörder zu flirten und ihm so nah zu kommen.

Blaise hatte einen Plan ausgearbeitet, da er der Meinung war, dass sie ohne Hilfe es sowieso nicht schaffen würde, dass Riddle sich in sie verliebte. Sie hatte zwar laut protestiert, doch nach ihren eigenen ersten zaghaften Versuchen sich mit Riddle zu unterhalten klein beigegeben. Heute wollte er ihr seinen Plan präsentieren.

Ob sie ihrem Bruder wohl erzählen sollte, dass sein neuer bester Freund etwas für sie empfand?

„Hermine, du bist ja völlig geschockt. Tut mir leid ich hatte gedacht, dass du es gemerkt hast.“

Die Braunhaarige schüttelte den Kopf. Sie hatte gar nichts bemerkt. Wie auch, wenn man versucht erst einem Mörder den Kopf zu verdrehen und ihn dann umzubringen.

„Und was hältst du von ihm? Er fragt dich sicher, ob du mit ihm zum Halloweenball gehst.“

Sophie war wie immer mehr als neugierig. Sie wusste doch selbst gar nichts.

„Ich weiß nicht. Ich glaub ich muss diese Neuigkeit erstmal verdauen.“

Die Schwarzhaarige schenkte ihr einen mitleidigen Blick bevor sie sich wieder dem Mittagessen zuwandte. Morgen würde sie sicher wieder nachhaken.

Hermines Blick glitt hinüber zum Slytherintisch. Riddle saß abseits der anderen und aß für sich allein.

Sie hatte sich ihn ein wenig anders vorgestellt. Zumindest hatte sie erwartet, dass er von seinen Todesserfreunden umringt war. Doch er saß völlig alleine da und war in seinen Gedanken versunken. Sie sah, dass es einige Mädchen gab, die ihm hin und wieder schwärmerische Blicke zuwarfen, doch ihn ließ das völlig kalt.

Wie sollte sie an ihn herankommen, wenn er sich gar nicht wirklich für Mädchen interessierte?

Riddle ließ niemanden an sich heran. Das tat er jetzt nicht und in der Zukunft tat er es auch nicht. Er gab den Leuten nur das Gefühl, das sie seine engsten Vertrauten waren.

Blaise musste wirklich einen verdammt guten Plan haben, damit sie zur ersten Person wurde, die Riddle wirklich an sich heran ließ. Hermine schluckte, als Riddle den Blick hob und zur ihr herüber sah. Sie zwang sich zu einem kleinen Lächeln, das er nicht erwiderte bevor sie den Blick wieder senkte.

So ein kaltherziges Wesen konnte überhaupt nicht fühlen. Mörder hatten kein Herz.

Es war einfach unmöglich.
 

Hermine traf sich mit Blaise im siebten Stock. Sie kannte nur einen einzigen Raum, an dem man sich wirklich ungestört unterhalten konnten. Und dieses Gespräch durfte auf keinem Fall von irgendjemand belauscht werden. Niemand durfte davon erfahren.

„Und wo soll dieser tolle Raum jetzt sein?“

Blaise starrte auf die leere Wand gegenüber von dem Wandteppich von Barnabas dem Bekloppten.

„Wir müssen dreimal auf- und abgehen und uns dabei vorstellen, was für einen Raum wir brauchen. In unserem Fall reicht ein gemütlicher Raum, indem wir uns unterhalten können.“

Blaise runzelte die Stirn, aber ging dennoch mit ihr auf und ab. Sie sah in seinem Gesicht, das er das alles für total bescheuert hielt. Beim dritten Mal tauchte eine Tür auf und Blaise verzog überrascht das Gesicht.

„Das funktioniert ja wirklich.“

Gemeinsam betraten sie den kleinen Raum, der über ein Sofa und zwei Sessel verfügten. Zudem gab es einen Kamin, indem ein prasselndes Feuer brannte.

Blaise ließ sich auf das Sofa fallen und Hermine setzte sich in einen Sessel.

„Unglaublich, dass es so einen Raum hier in Hogwarts gibt. Man kann sich also alles Mögliche vorstellen und der Raum passt sich diesen Vorstellungen an?“

Hermine nickte. „Man nennt ihn den Raum der Wünsche, weil er sich immer den Wünschen seiner Nutzer anpasst. Musst du zum Beispiel dringend auf Toilette, wird er zu einer.“

„Hogwarts kann einen wirklich immer wieder überraschen. Woher weißt du von diesen Raum?“

„Als wir in der fünften Klasse waren, hatten wir hier die praktischen Anwendungen von Verteidigung der dunklen Künste geübt. Wir hatten den Tipp von einem Hauselfen bekommen.“

Hermine biss sich auf die Lippe.

Warum erzählte sie Blaise das eigentlich? Das ging ihn überhaupt nichts an.

Er ging nicht weiter drauf ein, sondern streckte sich auf dem Sofa aus und schloss die Augen.

Auch Hermine genoss die Stille und die Wärme von dem Kamin einen Augenblick.

„Ob der Raum uns auch noch Hause bringen könnte? Ich meine in unsere Zeit. Oder ob er vielleicht Bücher über Zeitreisen beinhalten kann, wenn wir uns es fest wünschen?“

Blaise war genial. Es schmeckte ihr zwar gar nicht, aber er war einfach unfassbar genial mit seinen seltsamen Ideen. Warum hatte sie nie diese Ideen?

„Ich glaube nicht, dass seine Magie stark genug ist, um die Zeit zu überwinden, aber das mit den Büchern könnte durchaus möglich sein. Vielleicht finden wir so einen Weg zurück.“

Blaise lächelte zu ihr hinüber und zum wiederholten Mal fragte sich die Braunhaarige, woran sie eigentlich bei ihm war.

Aber langsam war sie froh, dass sie mit Blaise hier gelandet war. Unglaublich aber wahr. Der Dunkelhaarige hatte immer eine gute Idee parat und erinnert sie daran, dass sie sich nicht in ihrem Kummer verlieren durfte und ihr Ziel nicht aus den Augen verlor.

Tief in ihrem Herzen fing sie an Blaise zu mögen. Das war wirklich alles unglaublich unmöglich.
 

„Dann spuck mal deinen großartigen Plan aus!“

Eigentlich wollte Hermine gar nichts davon hören. Nicht einmal darüber nachdenken.

„Als erstes musst du aufhören so langweilig zu sein.“

Hermine schnaubte und warf ein Kissen nach Blaise. Sie war nicht langweilig.

„Au. Ganz ehrlich du musst ihn faszinieren. Du musst es wert sein, dass er dich erobern will.“

Sie erinnerte sich an das was Harry ihnen erzählte hatte, wenn er von seinen Ausflügen aus den Denkarium zurückkehrte. Riddle war von Trophäen besessen.

„Ich muss etwas Besonderes sein. Etwas, das er haben will, um es seiner Sammlung hinzuzufügen.“

Blaise sah sie prüfend an, als wüsste er, dass sie ihm noch nicht alles erzählt hatte.

„An was genau denkst du?“

„Er ist der letzte Nachfahre von Salazar Slytherin. Ich muss ihm ebenbürtig sein, aber unerreichbar für ihn sein, damit er überhaupt das Verlangen entwickelt mich zu erobern.“

„Wir müssen also ein paar Gerüchte streuen. Dass du aus einer uralten Familie von Zauberern stammst, die dazu sehr mächtig ist und viele dunkle Geheimnisse hütet.“

„Er muss glauben, dass ich mehr weiß als er über die dunklen Künste. Das würde ihn wahnsinnig machen. Er hasst es gewöhnlich zu sein. Er will besser sein. Etwas Besonderes sein.“

„Du musst einen Freund haben.“

Blaises Äußerung ließ ihre ganze Begeisterung verpuffen. Sie wollte keinen Freund. Doch sie ahnte bereits, dass das ein fester Bestandteil von Blaises ursprünglichen Plan war. Wenn sie unerreichbar für ihn sein wollte, dann musste sie vergeben sein. Und sie ahnte schon auf wen das hinauslaufen würde.

Warum in aller Welt konnte sie Riddle nicht einfach erwürgen?

Blaises dunkle Augen ruhten auf ihr, während sie versuchte ein Argument dagegen zu finden. Irgendwie war in den letzten Wochen ihr Leben zusammengestürzt. Mit Harry und Ron hatte sie vor gar nicht allzu langer Zeit gegen Lord Voldemort gekämpft und nun saß sie hier mit einem Slytherin und plante Gefühle in einem Monster zu wecken.

Wo verdammt noch mal war alles aus dem Ruder gelaufen? Wieder lief alles auf Riddle hinaus. Gäbe es kein Lord Voldemort, wäre nichts davon passiert.

„Okay und wer schwebt dir da vor Augen?“

Blaise grinste als Hermine seinem Vorschlag nachgab. Sie warf ein weiteres Kissen nach ihm.

„Da uns im Augenblick kein geeigneter Slytherin zur Verfügung steht, nehmen wir einfach Riddles größten Konkurrenten in Sachen gute Noten und Verdienste: Zephir Cavill.“

„Der zufälligerweise sowieso ein Auge auf mich geworfen hat.“

„Und den Riddle hasst, was auf Gegenseitigkeit beruht.“

Hermine hatte gar nicht bemerkt, dass Zephir etwas gegen Riddle hatte, aber sie hatte ihn auch gar nicht nach ihm gefragt. Anderseits hatte sie ihm sowieso nicht wirklich zugehört. Doch irgendwie war es offensichtlich, dass die beiden Schüler miteinander konkurrierten. Sie waren gut aussehend. Schlau. Beide auf ihre Art beliebt. Charmant. Ehrgeizig.

„Und wie soll ich sein, um interessant zu wirken?“

„Sei noch arroganter als er und blicke auf ihn herab, denn er ist dir nicht mal annähernd ebenbürtig.“

Also sich ab jetzt noch mehr zusammenreißen, um den kalten Schauer zu unterdrücken, der ihr fast immer über den Rücken lief, wenn sie auf Riddle traf.

Sie verdrehte die Augen. Das würde überhaupt nicht sie sein. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie sich verlieren und keiner würde sie wieder erkennen, wenn sie zurückkehren würde.

Also warf die Braunhaarige ihr Haar zurück und hob den Kopf, während sie versuchte so verächtlich und arrogant wie sie konnte dreinzuschauen.

„Das musst du aber wirklich noch üben!“ Blaise lachte. „Stell dir vor du bist eine Prinzessin und keiner von denen ist dir auch nur ebenbürtig oder würdig dich anzusprechen.“

Hermine konzentrierte sich auf diesen Gedanken und versuchte es noch mal.

Der Spiegel im Raum tauchte so plötzlich auf, dass sie sich kurz erschrak. Sie hatte ganz vergessen, dass wenn man fest an etwas dachte auch Gegenstände im Raum ergänzt wurden.

Aber gut dann konnte sie vor einem Spiegel üben. Blaise beobachtete sie dabei.

Je länger sie in diesen Spiegel starrte, desto mehr schien Hermine zu verschwinden und einer neuen Person Platz zu machen. Blaise lobte sie für ihre Darstellung.

Doch war sie wirklich bereit dafür alles zu riskieren?
 

Später an diesem Tag betrat Hermine die Bibliothek. Sie hatte Stunden um Stunden mit Blaise verbracht und soviel besprochen, dass sich alles in ihr drehte.

Jetzt verschwand die Sonne langsam und die letzten Sonnenstrahlen fielen auf ihr Gesicht, als sie tief Luft holte, als würde sie gleich ins Wasser springen und tauchen.

All ihre Gedanken tanzten in ihrem Kopf und ließen sich nicht bündeln. Genervt gab sie es auf und ging zwischen den Bücherregalen lang. Sie legte Kraft in ihren Gang. Sie musste es nicht einmal spielen. Sie war wirklich wütend. Sie konnte es einfach nicht fassen.

So stürmte um die Ecke hinter der sie Riddle erwartete. Dort saß er und blickte nicht einmal auf.

Hermine baute sich vor ihm auf und funkelte ihn wütend an, als er mit lässigem Blick von seinem Buch hochblickte. Auf dem Einband stand in goldenen Lettern: „Okklumentik“.

„Du hältst dich wohl wirklich für etwas Besseres, nicht wahr? Du glaubst wohl wirklich dir fällt alles zu, weil du zufällig der kleine Liebling der Lehrer bist! Aber du bist ein Nichts!“

Ob ihre Worte Wirkung auf den Schwarzhaarigen hatte, ließ dieser sich gar nicht erst anmerken.

„Womit hab ich deinen Zorn auf mich gezogen?“

Seine Stimme klang wie immer gelangweilt und völlig desinteressiert. Er sah sie mit einem Blick an, als würde er einfach durch sie hindurch sehen.

Warum konnte sie ihn nicht einfach erwürgen?

„Ich bin sicher jemand mit deinen guten Noten und deiner Intelligenz kann die Frage sich auch von alleine beantworten. Aber natürlich auch nur wenn man wirklich was im Kopf hat.“

Er war ihrer nicht würdig. Sie war eine stolze Prinzessin und er ein Nichts. Was konnte er ihr schon antun, wenn sie doch die wahre Schwarzmagierin war?

„Tut mir leid, aber anscheinend verfüge ich nicht über deine bestechende Intelligenz, also musst du mir verraten, was ich so Schreckliches verbrochen haben soll.“

In seiner Stimme schwang etwas mit. Möglicherweise hatte sie ihn endlich verletzt.

Hermine schenkte ihm ein kleines Lächeln ohne ihre arrogante Maske aufzugeben.

„Aber natürlich helfe ich dir gerne auf die Sprünge. Klingelt bei „Halloweenball“ irgendetwas?“

Ein Schatten huschte über Riddles perfekte Maske und er stand auf. Nun überragte er sie ein ganzes Stück, aber sie versuchte gar nicht erst daran zu denken, dass er ein Mörder war.

„Wir hatten gestern ein Treffen mit den Vertrauensschülern über das ich dich auch informiert hatte, aber anscheinend konntest du uns nicht mit deiner glänzenden Anwesenheit beehren. Falls du vorhast dich dafür zu entschuldigen, würde ich es jetzt tun und beim nächsten Treffen pünktlich erscheinen.“

„Das muss mir völlig entfallen sein. Falls du mich jetzt entschuldigen würdest, ich habe jetzt anderes zu tun, als mich mit dir zu unterhalten.“

Riddle drängte sich einfach an ihr vorbei und sie schnappte fassungslos nach Luft, als er ihr einfach den Rücken kehrte. Dieser Kerl war einfach unfassbar!

So einfach ließ Hermine ihn aber nicht entkommen. Er konnte sich nicht einfach vor der Arbeit drücken. Sie stürmte ihm hinterher und holte ihn im Korridor ein.

„Du hältst dich wirklich für etwas Besseres! Aber wer bist du schon, wenn du nicht mehr der Liebling der Lehrer bist? Du hast doch keine Freunde und mögen tut dich auch niemand. Du bist einfacher ein Verlierertyp wie alle anderen, die nur ihren tollen Charme haben!“

Dieses Mal drehte er sich um und sah ihr direkt in die Augen. Seine ganze Maske verschwand und für einen kurzen Augenblick sah Hermine den wahren Riddle.

„Was weißt du schon von mir?!“, zischte er wütend, während sich seinen Augen zu Schlitzen zusammenzogen. Dann drehte er sich um und ging.

Ihr Bauch zog sich zusammen und sie hatte das Gefühl die Welt um sie herum würde einstürzen. Nach ein paar Minuten spuckte sie der Sog wieder aus und sie zitterte.

Auf was ließ sie sich da überhaupt ein? Alles was sie höchstens erreichen konnte, war, dass er sie auf seine Liste ganz oben setzen würde und sie umbringen würde.

Warum nur musste sie immer alles besser wissen? Hätte sie lieber es gar nicht erst versucht. Mit Riddle konnte man nicht wie mit einem vernünftigen Menschen sprechen. Vor allem sie nicht, die einfach nur den Mörder in ihm sah.
 

Zwei Tage später wurde Hermine etwas Besseres gelernt, als sie zum Treffen mit den Vertrauensschülern ging. Riddle war bereits da und gab Anweisungen. Überrascht, dass er aufgetaucht war, ließ sie ihn erstmal machen und musste feststellen, dass er wirklich ein Talent dafür hatte eine Gruppe zu leiten. Beim ersten Treffen hatte sie die anderen nicht so leicht begeistern können und hatte hart diskutieren müssen, damit überhaupt brauchbare Vorschläge von ihnen kamen.

Riddle fiel das alles einfach zu. Er schenkte den Vertrauensschülerinnen ein sanftes Lächeln, das seinen ganzen Charakter Lügen strafte und gab allen das Gefühl, das ihre Mitarbeit entscheidend war.

Sie setzte sich auf seine rechte Seite und wurde geflissentlich von ihm übersehen. Sie hatte es also wirklich geschafft ihn an seinem wunden Punkt zu treffen.

Wirklich bravo! Damit eroberte man auch gerade ein Herz. Sie seufzte. Jetzt musste sie sich wahrscheinlich bei ihm entschuldigen. Das passte ihr gar nicht.

Während er einige Vorschläge besprach, die teilweise total aberwitzig waren wie ein lebendiger Kürbis, der jeden am Eingang erschreckte, nutzte sie die Gelegenheit Riddle genau zu mustern.

Wenn er wirklich den Interessierten mimte, sah er mit schwarzem lockigem Haar wirklich hübsch aus. Die Mädchen schwärmten nicht umsonst für ihn. Sein Mund war auch nicht zusammengekniffen, sondern es schien fast, als könnte er jeden Augenblick lächeln.

Für einen kurzen Moment konnte sie einen Tom Riddle sehen, der ein ganz normaler Schüler war, der mit anderen seine Schulzeit auf Hogwarts genoss. Sie schloss die Augen um dieses Bild zu speichern und daran denken zu können, wenn sie das nächste Mal mit ihm sprach. So musste sie ihn sehen, damit sie mit ihm flirten konnte.

„Und Calice was hast du für heute vorbereitet?“

Seine kalte Stimme ließ das Bild wieder verblassen und Hermine blickte ihm fest in die Augen bevor sie die Bögen heraussuchte an denen sie gearbeitet hatte.

„Ich hab einen Ablaufsplan vorbereitet, damit wir ein Grundgerüst haben, um zu sehen was sich am besten einplanen lässt und einen vernünftigen Ablauf gewährleistet.“

Sie teilte an jedes Vertrauensschülerpaar einen Plan aus und reichte zum Schluss Riddle einen, der ihn genau studierte, aber anscheinend nichts finden konnte an dem er etwas aussetzen konnte.

Die weitere Diskussion verlief völlig ereignislos und nach einer halben Stunde war auf Grundlage ihres Plans und den Vorschlägen der Halloweenball in greifbare Nähe gerückt.

Hermine musste sich eingestehen, dass sie mit Riddle ein gutes Team bilden konnte, da er die Leute überzeugen konnte und sie sich darauf verstand Dinge auszuarbeiten.

Doch sie wusste genauso gut, dass der Schwarzhaarige auf sie verzichten würde, da er lieber alleine arbeitete und auf sich vertraute.

Riddle war sofort verschwunden, als das Treffen beendet worden war, während Hermine kurz stehen geblieben war in der Hoffnung noch ein Wort mit Zephir wechseln zu können, um ihm deutlich zu machen, dass sie an ihm interessiert war, was sie zwar nicht war, aber was bedeutete das schon.

Doch die Vertrauensschülerin von Ravenclaw, Eileen Prince, die Mutter von Snape, hatte Zephir für sich beschlagnahmt und flirtete hemmungslos mit ihm.

Hoffentlich erwartete Blaise nicht von ihr, das sie sich auf diese Weise an Zephir oder Riddle ran schmiss. Es war einfach verachtenswert.
 

Hermine fand Riddle letztendlich im Schulsprecherturm. Eigentlich hatte die Braunhaarige gar keinen Schimmer, was sie als Entschuldigung hervorbringen sollte.

Ob sie sich überhaupt entschuldigen sollte, war auch eine Sache, der sie sich nicht sicher war.

Sie hatte überlegt, ob sie Blaise davon erzählen sollte, dass sie Riddle beleidigt hatte und ihn nicht einfach ignoriert hatte, wie es eigentlich abgesprochen gewesen war.

Riddle hatte sie auf jeden Fall wahrgenommen, aber nur nicht auf diese Weise wie es sein sollte. Daher hatte sie Blaise die Szene verschwiegen und auch nicht jetzt hatte sie um Rat gefragt. Schließlich konnte sie das Ganze auch gut ohne den Slytherin meistern.

Riddle saß auf dem grünen Polstersofa und las wieder sein Buch, obwohl Hermine sicher war, das er es nicht ausgeliehen hatte. Wahrscheinlich wollte er nicht, dass jemand nachvollziehen konnte, worüber er recherchierte. Wie zum Beispiel Hokruxe.

Ob er wohl schon herausgefunden hatte, wie er seine Seele spalten konnte, um unsterblich sein zu können. Wenn er so ruhig dasaß, konnte sie wieder kaum glauben, dass er ohne zu zögern töten würde. Dachte er an seinen Vater und seine Großeltern, die er getötet hatte? Bereute er es irgendwie in seinem Inneren und wurde von Alpträumen geplagt?

„Was starrst du mich so an?“ Riddle hob den Blick und sah Hermine durchdringend an.

„Ich hab mich nur gefragt, was du für ein Mensch hinter deiner Fassade bist.“

Ihre Ehrlichkeit schien ihn zu überraschen, auch wenn er es sofort wieder verbarg.

„Und ich wollte mich entschuldigen, weil du Recht hattest, denn ich weiß wirklich nichts von dir und habe vorschnell geurteilt. Ich war einfach nur wütend, weil ich erwartet hatte, dass wir gut zusammenarbeiten würden und du mich nicht einfach im Stich lässt.“

Sie lächelte Riddle kurz an, der immer noch nicht zeigte, wie er ihre Entschuldigung aufnahm.

„Also urteile deswegen bitte auch nicht vorschnell über mich. Ich kann auch ganz anders sein.“

Immer noch keine Reaktion von ihm. Hermine wartete, doch er antworte nicht. Dann verzog sich sein Mund zu einem hämischen Grinsen.

„Ich hab mein Urteil längst über dich gefällt. Gute Zusammenarbeit? Lächerlich. Du bist mir nur ein Klotz am Bein. Am besten du tauchst bei den Treffen gar nicht erst wieder auf. Und glaub nicht nur weil der Direktor dir den Platz als Schulsprecherin gegeben hat, dass du ihn auch verdienst hast.“

Mit diesen Worten stand er auf und legte einen dramatischen Abgang mit wehendem Umhang hin.

Ihr erster Gedanke war, dass an Riddle ein Schauspieler verloren gegangen war.

Ihr zweiter, dass er ihr gerade den Krieg erklärt hatte.

Wie unglaublich passend. Wie hatte sie auch nur eine Sekunde glauben können, dass er ein netter, normaler Schüler sein konnte?

Krieg war sowieso besser. Sie konnte kämpfen und sie würde ihm zeigen, dass sie sich vor allem nicht einschüchtern lassen würde. Die Braunhaarige hatte genug Erfahrungen gesammelt, um Riddle in den Boden stapfen zu können.

Er würde es noch bereuen sie ein Klotz am Bein genannt zu haben. Hermine war jetzt wirklich wütend. Sie würde nicht sein Herz herausreißen, sondern sein Stolz mit den Füßen treten.

So einfach würde er sie nicht loswerden.
 

~Kapitel 5 Ende~

Armament

Samstag, September 16, 1944
 

8:21 A.M.
 

Blaise schlug unvermittelt das Buch, das er gerade noch aufmerksam studierte hatte, mit einem lauten Knall zu. Seine dunklen Augen fixierten Hermine, die sich nichts anmerken ließ.

„Er hat was? Warum musstest du ihn auch gleich noch mal beleidigen?“

Sie verdrehte die Augen und legte ihr Buch beiseite. Sie hätte es ihm nicht erzählen sollen.

„Ich hab ihm nur die Wahrheit ins Gesicht gesagt. Nichts weiter. Und vor allem hab ich mich bei ihm entschuldigt. Er hat einfach eingeschnappt reagiert.“

Blaise schnaubte ärgerlich und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Du tust auch nie was man dir sagt. Jetzt wird er dich ganz sicher nicht mehr in seine Nähe lassen. Willst du ihn jetzt im Schlaf ermorden oder wie lautet dein neuer Plan?“

Als ob sie überhaupt einen Plan hatte. Ihr war eigentlich egal wie, solange das Ergebnis lautet, dass ein Mörder weniger frei herumlief.

„Noch ist der ursprüngliche Plan nicht verloren. Dann konkurrierst du mit ihm und ziehst so sein Interesse auf dich. Es müsste dir als Miss Neunmalklug wohl nicht schwer fallen ihm eins auszuwischen. Dazu gehst du mit Zephir zum Ball und schon kann er dich gar nicht übersehen.“

Hermine war fassungslos. Warum schien es immer alles darauf hinauszulaufen, dass sie mit Riddle intim wurde statt ihn einfach erwürgen zu können?

Eine Frage, die ihr wohl keiner beantworten konnte. Ergeben seufzte die neue Ravenclaw und widmete sich wieder ihrem Buch über die Möglichkeit von Zeitreisen. Seit einer Stunde saß sie bereits mit Blaise im Raum der Wünsche und studierte ein Buch nach dem anderen, was ihr der Raum der Wünsche anbot. Und die angeblichen Geschwister fanden einfach nichts, was sie nach Hause brachte. Fast alle Bücher waren kurz nach dem Erscheinen verboten worden und handelten nur von merkwürdigen Methoden, die nicht gerade ungefährlich klangen. Auch Blaise hatte wieder nach seinem Buch gegriffen und las mit gerunzelter Stirn weiter. Das Schweigen breitete sich wie selbstverständlich über sie aus. Was sollte sie sich auch schon groß sagen? Es gab nur die zwei Themen Riddle und Heimkehr.

Hermine versuchte sich wieder auf die winzige Schrift in diesem Buch aus dem 16. Jahrhundert zu konzentrieren, doch ihr Kopf war nicht ganz da, wo er sein sollte. Warum hatte Riddle sie nur verurteilt? Okay, sie hatte sich nicht gerade freundlich benommen und dennoch war sie geschockt, dass er ihr einfach keine Chance gab. Jeder normale Mensch hätte ihr höchstwahrscheinlich verziehen. Warum nicht Riddle? Was hatte er nur erlebt, dass er so geworden war? Oder war er wirklich so geboren worden?

Seufzend zwang sie sich weiter zu lesen. Über so etwas sollte sie nicht anfangen zu grübeln. Riddle war Voldemort und damit ein Monster und Mörder. Nur so sollte sie ihn sehen. Nur mit diesem Bild und den Bilder der Toten konnte sie sich überwinden ihn zu töten.

Aber für einen kurzen Augenblick tanzte ihr wieder das Bild von gestern durch den Kopf, als er normal gewirkt hatte, auch wenn es nur Fassade gewesen war. Hatte Riddle sich nie gewünscht dazu zu gehören? Freunde zu haben?

Es war einfach unvorstellbar, dass er diesen Wunsch nicht hegte. Jeder Mensch brauchte Freunde. Selbst wenn es sich dieser Mensch nicht bewusst war. Riddle musste diesen Wunsch tief in sein Inneres zurückgedrängt haben und es völlig vergessen habe. Er konnte einem ja wirklich beinahe Leid tun. Doch soweit kam es noch! Hermine würde niemals Mitleid mit dieser Kreatur empfinden. Niemals.

Die Braunhaarige schnaubte laut und fing sich einen scharfen Blick von Blaise ein, der wohl endgültig dachte, dass bei ihr nicht alle Tassen im Schrank waren.

Sie widmete sich wieder mit Vergnügen ihrem Buch, während sie in Gedanken auf alle möglichen Arten und Weise Riddle umbrachte.
 

„Hey Calice, warte doch mal kurz.“

Eileen Prince eilte nach dem Zaubertränkeunterricht hinter Hermine her.

Überrascht darüber, was Eileen wohl wollte, blieb sie stehen und wartete.

„Danke, dass du gewartet hast. Ich wollte dir nur sagen, dass ich gehört habe, dass du Riddle in der Bibliothek runter gemacht hast. Das finde ich echt bewundernswert. Der Typ hat es echt verdient, dass ihm jemand mal die Meinung geigt. Wirklich echt klasse!“

Verdutzt sah Hermine sie an bevor sie sich daran erinnerte, dass das sicher nicht zu der Sorte Gesichtsausdrücke gehörte, die sie in der Öffentlichkeit zeigen sollte, um ihre Rolle gut zu spielen.

Also setzte sie ein fieses Lächeln auf und sagte verächtlich.

„Das hat er auch völlig verdient. Als ob er etwas Besseres wäre.“

Eileen nickte zustimmend und schüttelte sich ihre langen schwarzen Haare aus dem Gesicht.

Sie sah atemberaubend gut aus und Hermine musste daran denken, dass Snape wohl traurigerweise nach seinem Vater vom Aussehen kam.

Hermine setzte hinzu. „Er fürchtete mich sogar so sehr, dass er mich aus dem Ballkomitee rausekeln will und mich von den Treffen fernhalten will.“

Eileen schüttelte nur den Kopf. „Zephir und ich halten dich auf dem Laufenden. Das wird ihm nicht gelingen. Er hat sich ja sowieso nicht wirklich dafür interessiert.“

„Er ist nur auf sich selbst fixiert und andere sind ihm völlig egal. Hätte ich ihn nicht so angegriffen, wäre er sicher nie bei den Treffen aufgetaucht, weil er sich viel zu fein dafür ist.“

„Du bist wirklich die Erste, die Riddle ebenbürtig ist und das passt ihm sicher nicht.“

Eileen kicherte und deutete auf Riddle, der ihnen entgegenkam.

„Sieh nur seinen mürrischen Gesichtsausdruck. Er sieht wirklich verdammt gut aus, aber der Gesichtsausdruck macht alles kaputt. Zephir ist eindeutig der Schönling von beiden.“

„Mit Riddle würde ich auch niemals freiwillig ausgehen. Er ist einfach scheußlich. Kein Mädchen ist es wert, dass sie sich mit ihm abgeben sollte.“

Riddle verzog kurz das Gesicht, als er an ihnen vorbeiging und Hermine war sicher, dass er ihre Worte gehört hatte. Sollte er doch wissen, dass sie niemals freiwillig irgendetwas mit ihm zu tun haben wollte. Sie hasste ihn und das sollte er deutlich zu spüren kommen.

„Du hast es wirklich faustdick hinter den Ohren. Aber besser er weiß gleich auf welcher Seite du stehst. Nur sind nicht alle Mädchen der gleichen Meinung. Er hat einen richtigen Fanclub.“

Hermine verdrehte die Augen. Warum gab es immer Mädchen, die so oberflächlich waren und ausgerechnet einem Typen wie Riddle hinterherliefen? Unverständlich.

„Die werden auch noch erkennen, welch ein Idiot er ist.“

Eileen ließ sich neben Zephir an dem Ravenclawtisch nieder, während Hermine sich zwischen Blaise und Sophie setzten, die bereits mit dem Mittagessen angefangen hatten.

„Wer ist ein Idiot?“, fragte Zephir sofort neugierig.

„Riddle, wer sonst? Er muss anfangen sich zu fürchten. Hermine ist eine ernst zunehmende Gegnerin!“

Hermine wünschte sich, dass es so wäre. Heute morgen hatte sie mit Riddle zusammen Verteidigung gegen die dunklen Künste gehabt und als er begriffen hatte, dass sie wirklich klug war, dafür gesorgt, dass nur noch er dran genommen wurde.

Davor hatte ihn der Unterricht nicht mal interessiert und er hatte nur hin und wieder sich zu Wort gemeldet. Vielleicht war seine rege Beteiligung ein Zeichen dafür, dass er sie ernst nahm, aber sie hatte trotzdem die ganze Zeit das Gefühl gehabt, dass er innerlich über sie gelacht hatte, weil sie es nötig hatte sich ihm gegenüber so zu beweisen.

So als müsste er nicht mit ihr konkurrieren, da er sowieso besser war dank seinem megatollen Lehrerbonus und es nur tat um sie so darzustellen, als wäre sie verzweifelt bemüht sich mit ihm zu messen. Wie sehr sie ihn doch hasste.

„Mach dir nicht die Finger an ihm schmutzig. Der verdient es nicht mal, dass du überhaupt mit ihm redest. Dafür bist du viel zu gut für ihn.“

Zephir lächelte ihr charmant zu und Hermines Herz machte einen Satz. Verdammt, war der süß.

Kein Wunder, dass alle Mädchen in seinem Umkreis dahin schmolzen.

Sie setzte ein süffisantes Lächeln auf.

„Ich werde kein Wort mehr mit ihm reden und ihm keinen müden Blick zuwerfen bis er bettelnd bei mir ankommt.“

Und danach würde sie ihn eiskalt umbringen, doch das sagte sie nicht laut.
 

„Du wirst besser. Und er hat hoffentlich jedes einzelnes Wort gehört.“

Blaise warf ihr einen beinah anerkennenden Blick zu und wand sich zurück an seine Hausaufgaben. Sophie war gerade ein Buch aus dem Mädchenschlafsaal holen gegangen und Zephir war mit Eileen noch beim Abendessen, so dass die Geschwister einen ungestörten Augenblick für sich hatten, um ihre Pläne zu besprechen.

„Das will ich doch annehmen.“

Hermine lächelte böse und wand sich wieder ihren Aufgaben zu. Sie hoffte, dass ihn jedes Wort wie ein Messer durchbohrt hatte und ihn tief verletzt hatte.

„Dann werde ich deinen Ruf weiter ausbauen, damit du ihm auch seine Anhänger stiehlst. Ich hatte heute schon ein nettes Gespräch mit Castor Lestrange. Er schien an unseren schwarzmagischen Herkunft sehr interessiert zu sein. Ich wette er erzählt es seinen Slytherinfreunden.“

Blaise grinste selbstzufrieden. Hermine nickte gedankenverloren.

Nie hätte sie es für möglich gehalten, dass sie einmal darum bemüht sein würde sich mit Slytherins anzufreunden. Nichts von alldem hätte sie bis vor ein paar Wochen für möglich gehalten.

Es konnte auch kaum sein, dass sie sich überhaupt nicht auf ihre Hausaufgaben konzentrieren konnte.

Normalerweise versank sie völlig darin, aber hier gelang es ihr gar nicht. Sie brauchte eine gefühlte Ewigkeit für die Aufgaben. Selbst Blaise, der sich anfangs gegen die Hausaufgaben gewehrt hatte, da er es nicht eingesehen hatte, schien schneller voranzukommen.

Sophie kehrte fröhlich hüpfend zurück und sah neidisch auf die Pergamentrollen, die Blaise und Hermine bereits beschrieben hatte.

Vorsichtig beugte sich die Schwarzhaarige zu Hermine hinüber und flüsterte ihr ins Ohr.

„Du sollst rauskommen. Zephir will mit dir reden. Ich hoffe du hast dir deine Antwort überlegt.“

Kichernd wand sie sich zurück zu ihren Aufgaben und Hermine zwang sich aufzustehen.

Die Braunhaarige hatte keine Antwort, denn ihr Herz trauerte immer noch um den einen, den sie liebte und der nicht mehr bei ihr war. Alles was ihr blieb war eine Antwort, die ihr vorgegeben worden war, um ihren Plan zu verwirklichen. Um den zurückzuholen, den sie liebte.

Blaise sah ihr hinterher und setzte einen fragenden Blick auf, doch Hermine schüttelte den Kopf. Sie konnte ihm auch später noch seine Fragen beantworten.

Zephir stand ein Stückchen abseits im Flur und sah hinaus. Er wirkte völlig gedankenverloren und schien nichts wahrzunehmen. Hermine kam es so grausam vor ihn zu benutzen, um ihn später wieder fallen zu lassen. Sie war nicht diese Art von Mensch, aber sie musste es werden.

„Du wolltest mit mir reden.“

Zephir schreckte kurz zusammen und drehte sich dann lächelnd zu ihr um. Plötzlich hoffte sie, dass Sophie sich irrte und er nichts für sie übrig hatte. Dass er sie einfach nur unterstützen wollte seinen Erzfeind platt zu machen und nicht nach dem Halloweenball fragen wollte.

„Ja ich wollte dich etwas fragen. Ich hoffe es macht dir nichts aus und ich belästige dich nicht, denn wir kennen uns schließlich erst seit kurzem. Würdest du mit mir zum Halloweenball gehen?“

Und dann war es raus und Hermine atmete tief ein. Zephir war so ein liebenswürdiger Junge. Jedes Mädchen würde sich geehrt fühlen, doch sie dachte nur an Ron.

Doch sie zwang sich zu lächeln und verlegen die Augen niederzuschlagen.

„Ja, ich würde gerne mit dir zum Ball gehen.“

Hermine hoffte, dass er ihr all das Ganze abkaufte und nicht merkte, wie schlecht sie sich fühlte, als sie ihm etwas vormachte. Doch er lächelte breit.

„Super. Ich hätte schon gedacht du sagst nein. Dann hätte ich mit Eileen gehen müssen. Sie ist zwar ganz nett, aber nicht ganz mein Typ.“

„Ach nicht? Ihr seht zusammen wirklich toll aus.“

Hermine lächelte schüchtern und hasste sich dafür, dass sie nichts davon wusste, wie man mit einem Jungen flirtete. Sie war immerzu um Harry besorgt gewesen und hatte sich nie besonders nach anderen Jungs umgeguckt. Ihr fehlte die Erfahrung wie Blaise sie hatte.

Zephir schien wirklich verliebt in sie zu sein oder sie hatte doch mehr drauf, als sie ahnte. Er lächelte selig wie ein glückliches Kind, dem man seinen größten Wunsch erfüllt hatte.

„Wir werden das schönste Paar auf dem Halloweenball sein und jeder wird neidisch auf uns sein.“

Daran glaubte Hermine nicht, doch sie hoffte, dass ein Einziger sie bemerkte, auch wenn sich alles in ihr sträubte nur daran zu denken, wie es sein würde Riddle den Kopf zu verdrehen.
 

Die Zeit schien wie im Flug zu vergehen, so kam es Hermine vor.

Wieder war eine Woche verstrichen seit sie Zephir zugesagt hatte und sie seitdem jeden Tag das ungute Gefühl in ihr versuchte zu ertränken, wenn sie fröhlich mit Zephir plauderte und Sophie jede Einzelheit später erzählen musste.

Es kam ihr so falsch vor diese Welt. Völlig falsch. Sie hatte nichts hier verloren. Sie spielte mit Personen als wären es Schachfiguren, die sie beliebig einsetzen konnte.

Solch ein Mensch war sie nicht. Das Ganze machte sie einfach krank, aber sie war bereit diesen Preis zu bezahlen, wenn sie damit verhindern konnte, was passieren würde.

„Miss Calice könnten sie bitte wiederholen, was ich gerade über die richtige Farbe des Tranks der lebenden Toten gesagt habe?“

Professor Slughorn sah zu Hermine rüber, die ihm nicht zugehört hatte, aber glücklicherweise den Trank schon mal in der sechsten Klasse bei ihm gebraut hat.

„Zu Beginn steigt ein bläulicher Dampf auf, im mittleren Stadium nimmt es einen brombeerähnlichen Farbton an, nach der Zugabe des Schlafbohnen-Safts und der Baldrianwurzel, hellt es sich auf und wird fliederfarben. Durch vorsichtiges Rühren gegen den Uhrzeigersinn wandelt sich die Farbe des Trankes von Dunkelviolett über Flieder nach Rosa bis er am Ende klar wie Wasser wird.“

„Eine sehr ausführliche Antwort, Miss Calice. 10 Punkte für Ravenclaw. Dann könnt ihr mit der Zubereitung dieses Tranks beginnen.“

Slughorn wand sich ab und setzte sich an seinen Tisch. Die Schüler stürmten nach vorne und holten sich die Zutaten. Hermine hatte es nicht so eilig.

Sie dachte zurück an die erste Stunde Zaubertränke in ihrem sechsten Schuljahr, als Harry das Zaubertränkebuch vom Halbblutprinz erhalten hatte. Er hatte sie in Zaubertränke geschlagen und sie hatte sich geärgert, dass ausgerechnet er das Fläschchen Felix Felicis erhalten hatte.

Warum schien nur alles sie daran zu erinnern?

Hermine warf einen bösen Blick zu Riddle, der bereits an seinen Platz zurückgekehrt war und dabei war die Affodillwurzel klein zu hacken.

Er war Slughorns kleiner Liebling. Slughorn würde ihm Informationen über die Hokruxe geben. Das durfte nicht geschehen. Sie würde es zu verhindern wissen.

Hermine bereitete ihren Trank vor und erinnerte sich an die Anweisungen, die der Halbblutprinz aufgeschrieben hatte und die sie damals nicht befolgen wollte. Doch sie wusste es jetzt besser und sie brauchte Slughorns Aufmerksamkeit, der noch nicht auf die Idee gekommen war Blaise oder sie zu seinen Slug-Clubtreffen eingeladen hatte. Das würde sie jetzt ändern.

Als sie umrührte, rührte sie siebenmal gegen den Uhrzeigersinn und einmal mit dem Uhrzeigersinn und wiederholte diese Prozedur. Zu ihrer Freude nahm der Trank die richtige Farbe an, während Riddles Trank noch blassrosa war. Diesmal würde sie gewinnen.

„Ausgezeichnet, Miss Calice, wirklich ausgezeichnet. Dafür sollten sie verdient 50 Punkte für Ravenclaw erhalten. Wirklich hervorragend gemacht.“

Hermine triumphierte innerlich und hätte am liebsten gestrahlt, aber sie lächelte nur kurz, als wäre das nichts Besonderes für sie gewesen.

Sie hoffte nur, dass es ausgereicht hatte, damit Riddle klar wurde, das sie wirklich ernst zu nehmen war und vor allem, weil es ihr ein Gefühl von Stärke gab.

„Wow. Du bist echt super klug.“

Eileen lächelte freudig, als hätte sie selbst Riddle den Todesstoß versetzt.

Hermine war erleichtert, dass Eileen noch nichts davon gehört hatte, dass Zephir sie gefragt hatte, ob sie mit ihm zu Ball gehen würde. Sie wusste, dass Eileen wirklich alles für Zephir tun würde.

„Ach das war doch nichts. In Beauxbatons können wir den Trank schon im Schlaf herstellen.“

„Das muss echt eine wahnsinnig tolle Schule sein.“

Sophie hatte sich zu ihnen gesellt und strahlte.

„In einem Monat ist schon der Halloweenball und mich hat noch keiner gefragt, ob ich mit ihm hingehen will. Warum machen Jungs so etwas immer erst im letzten Augenblick?“

„Mich hat noch keiner gefragt. Du solltest dir erst Sorgen machen, wenn es nur noch eine Woche bis zum Ball ist. Aber dich wird sicher jemand fragen!“

Eileen schenkte Sophie ein optimistisches Lächeln.

„Ich beneide dich Hermine, dass dich Zephir jetzt schon gefragt hat!“

Hermine schnaubte nach Luft. Wie konnte Sophie nur so taktlos gegenüber Eileen sein?

Eileen war rot angelaufen und drehte sich wütend um. Großartig und dabei hatte Eileen sie immer unterstützt, wenn es darum ging Riddle eins auszuwischen.

Traurig sah Hermine ihr nach. Hoffentlich war Eileen nicht zu lange böse auf sie.
 

Eileen hatte es nicht besonders eilig damit sich wieder zu versöhnen. Hermine versuchte sie in den nächsten Wochen immer wieder anzusprechen, aber Eileen wand sich immer ab und ignorierte sie.

Zephir hatte mitfühlend versprochen mit Eileen zu reden, doch auch das hatte nicht geholfen.

Hermine musste sich eingestehen, dass sie Eileen vergrault hatte, aber sie versuchte es positiv zu sehen. Aber leider gelang es ihr nicht wirklich.

Die Braunhaarige kam sich furchtbar vor, doch sie würde diesen Preis zahlen müssen.

Wenigstens Zephir hatte ihr noch geholfen und rechtzeitig Bescheid gesagt, wenn Riddle wieder ein Treffen abhielt. Es hatte Riddle sicher geärgert, aber nach Außen hin hatte er nichts davon gezeigt und sie ganz normal behandelt, als wäre nichts gewesen.

Der nächste Triumph ließ auf sich warten und kam erst anderthalb Wochen später in einer Art und Weise, wie Hermine es niemals erwartet hatte.

„Hey Calice. Kann ich kurz mit dir reden?“

Überrascht drehte sich Hermine und stellte fest, dass der Slytherin Castor Lestrange sie angesprochen hatte. Hermine erinnert sich daran, dass Blaise ihr erzählt hatte, dass er sich mit Lestrange angefreundet hatte und ihm auf die Nase gebunden hatte, wie überaus schwarzmagisch begabt sie waren. Doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass es in irgendeiner Art Wirkung zeigen würde.

„Natürlich Lestrange. Worüber willst du mit mir reden?“

„Ich habe in letzter Zeit viel Zeit mit deinem Bruder verbracht, der wirklich außerordentlich begabt ist und er sprach immer nur in höchsten Tönen von dir. Seit deiner Zubereitung vom Trank der lebenden Toten bin ich überzeugt, dass er Recht damit hat und ich wollte dich fragen, ob du Lust hast uns Gesellschaft zu leisten.“

Hermine war verwirrt. Was trieb Blaise mit den Slytherins? Und zu was genau wurde sie da nun eingeladen? Sie musste um jeden Preis mitspielen.

„Wird Riddle dabei sein?“

Sie legte soviel Verachtung wie nötig in ihre Stimme, um deutlich klar zu machen, dass sie sich nicht mit Riddle abgeben würde. Dabei zog sie die Augenbraue fragend hoch.

Lestrange schüttelte den Kopf.

„Er ist lieber für sich alleine und interessiert sich nicht für unsere kleinen Treffen. Er weiß davon, aber er kommt eigentlich nie. Er brütet lieber über seine Bücher.“

„Dann werde ich kommen. Mein Bruder hatte schon immer ein Gespür dafür, wer die richtigen Leute sind. Ich vertraue ihm da völlig.“

Lestrange nickte und lächelte sie an.

„Und noch etwas. Würdest du mit mir zum Ball gehen?“

Lag das wirklich alles nur an den Gerüchten, die Blaise über ihre Familie verbreitet hatte? Es war doch verrückt, dass sie sich vorkam, als wäre sie wirklich eine der beliebten Schülerinnen.

„Tut mir leid, aber ich habe bereits eine Verabredung für den Ball.“

„Wer?“, fragte Lestrange scharf.

„Zephir Cavill.“

„Du solltest wirklich noch mal darüber nachdenken, ob du wirklich nicht lieber mit mir zum Ball gehen würdest. Cavill meint es nie ernst.“

„Ich werde darüber nachdenken“, versprach Hermine ihm, aber in Wahrheit war sie völlig verwirrt.

Was wäre jetzt das Richtige?

Die Braunhaarige beeilte sich in Gemeinschaftsraum der Ravenclaws zu kommen. Blaise musste ihr wirklich einiges erklären.
 

Blaise saß ruhig vor dem Kamin und von Sophie war nichts zu sehen. Genau der richtige Moment.

„Hallo Schwesterherz“, begrüßte sie Blaise ohne sie direkt anzusehen.

„Ich hab gerade mit Lestrange gesprochen.“

Blaise zeigte keine Reaktion. Die Ravenclaw spürte, dass er wusste, worauf sie hinauswollte, aber noch nichts dazu sagen würde.

„Er hat mich eingeladen zu euren Treffen. Um was geht es dabei?“

Blaise sah hoch, aber nichts in seinen Augen gab die Wahrheit preis.

„Du wirst es schon sehen, wenn du kommst. Hat er dich auch gefragt, ob du ihm zu Ball begleitest?“

Hermine zog die Augenbraue hoch. Sie hatte plötzlich das Gefühl, dass Blaise einiges vor ihr verbarg und Dinge plante von denen sie nichts ahnte. Wie konnte sie ihm weiter vertrauen?

„Ja hat er. Ich hab gesagt ich werde es mir überlegen.“

"Du wirst auch bei Zephir als Ballbegleitung bleiben, aber versprich Lestrange mit ihm zu tanzen.“

„Warum sollte ich das tun?“

„Damit Riddle dich mit ihm sieht und weiß, dass seine eigene Leute dich besitzen wollen. Es wird ihn schon reizen, dass du mit Zephir gehen wirst, aber wenn du dich dann auch noch mit seinen Leuten so gut verstehst, wird er gar nicht anders können, als dich besitzen zu wollen.“

„Du hattest das alles schon geplant gehabt, nicht wahr?“

Hermine war wütend. Sie konnte nicht einmal genau sagen, was sie so wütend machte. Blaise hatte die ganze Zeit daran gearbeitet, dass es so kommen würde und sie hatte dem auch zugestimmt, aber dennoch fühlte sie sich völlig übergangen, als wäre sie zu einer Schachfigur geworden, die nicht mehr selbst handelte, sondern der jeder Zug vorgegeben wurde.

„Du wirst seine Schwachstelle werden. So hatten wir es doch besprochen.“

Blaise schien irritiert zu sein. Hermine war verwirrt. Ihre ganze Wut verblasste.

„Ja so hatten wir es besprochen. Es ist nur der Gedanke daran ausgerechnet mit diesem Monster…“

Die Tränen kamen auf einmal und sie konnte sie nicht mehr zurückhalten. Es brach alles wieder auf. Ron, Fred, Tonks, Lupin und so viele andere, die ihr Leben verloren hatte. Ihre Eltern, die vergessen hatten, dass sie eine Tochter hatten. Harry, der so sehr kämpfte und der jetzt nicht hier bei ihr sein könnte, um sie in diesem Vorgehen zu unterstützen.

Sie fühlte sich so schwach und fragte sich, warum sie geglaubt hatte, dass sie die Kraft dazu besaß.

Sie konnte nicht so grausam sein. Sie konnte nicht so tun, als machte es ihr nichts aus mit anderen zu spielen und als wäre es kein Problem Riddle zu erobern.

Blaise zog Hermine in seine Arme, was sie noch mehr verdatterte.

Warum fühlte es sich so gut an?

Wann hatten Blaise und sie aufgehört zu streiten und waren zu einem Team geworden?

Hermine hörte auf zu weinen und beruhigte sich. Sie war nicht ganz so alleine. Blaise war hier und unterstützte sie, auch wenn er es vielleicht ein wenig übertrieb und sie sich immer noch nicht ganz sicher war, ob sie ihm wirklich vertrauen konnte.

„Danke“, flüsterte sie leise.

„Kein Problem. Ich bin doch dein Bruder“, sagte Blaise, aber es fehlte der ironische Unterton, den er sonst immer gehabt hatte, wenn er das sagte.

Als Sophie zu ihnen gestürmt kam mit strahlenden Augen, hatte Hermine sich wieder beruhigt und machte mit Blaise ihren Berg von Hausaufgaben.

„Nächstes Wochenende ist ein Ausflug nach Hogsmeade angekündigt!“

„Ach wie völlig überraschend. Damit hätte ich nicht gerechnet…“

Blaise kommentierte völlig sarkastisch Sophies Ausruf, was Hermine auch verstand. Ein Wochenende nach Hogsmeade war toll, aber man müsste sich deswegen nicht so riesig freuen.

„Nein, nein, es ist kein normales Wochenende. Dippet hat die Händler aus der Winkelgasse gebeten ihre Leute herzuschicken, damit es einen richtig kleinen Markt gibt auf dem wir alles bekommen können, was wir für den Ball noch brauchen.“

Daher kam Sophies Begeisterung. Hermine hatte noch gar nicht darüber nachgedacht, dass sie nichts für den Ball hatte. Dippet wollte wirklich, dass dieser Ball perfekt sein würde.

Die Braunhaarige erinnerte sich zurück an den Weihnachtsball in ihrem vierten Schuljahr, wo sie sich stundenlang fertig gemacht hatte. Nur um Viktor Krum zu gefallen.

Letztendlich verstand Hermine Sophies leuchtende Augen. Vielleicht sollte sie auch für einen kurzen Moment ihre Mission beiseite legen und sich einfach darauf freuen.

Aber der Ball würde nur ein weiteres Spiel werden und sie würde alles setzen müssen, um als Siegerin den Ball zu verlassen, auch wenn es bedeutete andere zu verletzen.
 

~Kapitel 6 Ende~

Bombardment

Samstag, Oktober 14, 1944
 

9:01 A.M.
 

„Schau mal Hermine! Da gibt es Armreifen!“

Sophie hüpfte zum nächsten Stand und erntete einige Lacher, da sie bekannt für ihre verrückte Art war. Auch Hermine lächelte, da Sophie es immer schaffte sie mit ihrer Begeisterung anzustecken.

Sophie war unglaublich früh im Schulsprecherturm aufgetaucht, hatte mit ihrer lauten, fröhlichen Art Riddle gleich verschreckt und Hermine angefeuert, damit diese schnell fertig wurde.

Danach waren sie die Strecke nach Hogsmeade fast herunter gerannt, da die Schwarzhaarige keine Sekunde Zeit hatte auf die Kutschen zu warten.

Nun waren sie die ersten, die sich die Ware an den Ständen ansehen konnte. Langsam kamen auch die anderen Schüler, wobei die Schülerinnen eindeutig in der Überzahl waren.

Überall kicherten alle und zeigten aufgeregt auf die verschiedenste Dinge.

Hermine wusste, dass auch sie sich darüber Sorgen machen musste, wie sie aussehen würde. Schließlich ging es darum nicht nur einem Jungen zu gefallen. Sie sollte allen gefallen und vor allem Riddle den Kopf verdrehen. Sie seufzte. Es schien unmöglich zu sein.

Sie sah sich die verschiedenen Kleider und Festtagsumhänge an. Welche Farbe sollte sie wählen? Wie sollte es geschnitten sein? Was würde am besten ankommen?

„Erinnerst du dich noch an das grüne Kleid aus der französischen Boutique?“

Blaise hatte sich unbemerkt an sie herangeschlichen.

„Das wofür ich dir die Ohrfeige verpasst habe? Ja daran erinnere ich mich.“

Blaise drückte ihr eine Tüte in die Hand und Hermine erkannte das Kleid wieder.

„Aber…“, setzte sie an, doch Blaise schüttelte den Kopf.

„Damit verzauberst du sie. Vertrau mir es gibt kein besseres Kleid, das dich zum Strahlen bringt.“

Hermine wusste, dass Blaise Recht hatte, da er von ihnen beiden einfach den besseren Geschmack hatte, was Mode anging. Und sie erinnerte sich zu gut daran, wie erstaunt sie sich im Spiegel gemustert hatte und nicht glauben, dass diese Schönheit wirklich sie gewesen war.

„Dann Herr Modeexperte, was schlagen sie als Accessoire vor?“

Blaise grinste vergnügt und zog sie weiter zu den Schmuckständen. Hermine bewunderte die vielen schönen Schmuckstücke, die alle gleich verführerisch strahlten.

Ihr Bruder dagegen ließ sein Blick flüchtig darüber streifen, als wäre ihm nichts gut genug.

Sophie gesellte sich zu ihnen und folgte Blaises Blick.

„Ach ich hab überhaupt keine Ahnung, was mir stehen könnte. Leihst du mir gleich deinen Bruder aus, damit er mir auch das Richtige heraussuchen kann?“

Hermine lächelte. „Nur zu. Er hilft dir sicherlich.“

Blaise hatte sich inzwischen eine silberne Kette gegriffen. Die Braunhaarige beugte sich vor und betrachtete die Kette. Der Anhänger bestand aus einem kleinen Smaragd in der Mitte, der von einer silbernen Schlange mit ebenfalls grünen Smaragdaugen umfasst wurde.

„Hermine die Kette ist zwar schön, aber sie gefällt Zephir sicherlich nicht. Du weißt doch, wie er zu den Slytherins steht. Nimm lieber was mit einem Raben und einem Saphir!“

Sophie hatte Recht mit dieser Warnung, doch Hermine wusste genau, dass diese Kette perfekt für ihren Plan war. Sowohl Lestrange als auch Riddle würden dieser Kette genug Beachtung schenken.

„Du hast Recht. Da ist es fast schade, dass unsere Farben Blau und Bronze sind.“

Die Ravenclaw zwinkert unauffällig Blaise zu und zog mit Sophie weiter. Blaise hatte wirklich den perfekten Geschmack, auch wenn es sie dafür gruselte in den Farben Slytherins aufzutreten.

Blaise tauchte nur Sekunden später wieder neben ihnen auf und ließ eine kleine Tüte in ihre Tasche gleiten und kümmerte sich dann um Sophie, die Blaise dafür anhimmelte.

„Sag mal Blaise du hast doch noch keine Begleitung für den Ball oder? Würdest du mit mir hingehen?“

Blaise zog überrascht die Augenbraue hoch und warf Hermine einen kurzen Blick zu.

„Natürlich Sophie, wie könnte ich bei einem süßen Mädchen wie dir nein sagen?“

Sophie kreischte begeistert und fiel Blaise um den Hals.
 

Sophie und Hermine schlenderten gemütlich den Weg wieder zurück nach Hogwarts. Sophie strahlte mit der Herbstsonne um die Wette und erzählte Hermine, was sie sich von dem Ball erträumte.

„Blaise ist wirklich ein Gentleman. Er könnte sicher jede haben, aber er hat mir zugesagt, das zeigt, dass er wie seine Schwester ein gutes Herz hat. Es wird bestimmt großartig werden. Ich hoffe die anderen Mädchen werden mich um Blaise beneiden. Das Kleid, das er mir ausgesucht hat, ist wunderschön. Ich kann es kaum abwarten bis zum Ball.“

Hermine hatte dagegen ein mulmiges Gefühl, was den Ball anging. Sie wusste, dass unglaublich viel von ihr abhing, aber es kam ihr nach wie vor völlig falsch vor.

„Wir vier werden die zwei perfekten Paare des Abends abgeben. Du wirst schon sehen!“

„Ach wirklich, du bist ja eine große Träumerin, aber deine Seifenblase wird zerplatzen.“

Die verächtliche Stimme hinter ihnen erkannte Hermine sofort.

Sie hatte bis jetzt nichts mit den Yaxleyzwillingen zu tun haben wollen, doch Nashira, die Ältere der beiden Schwester, war Vertrauensschülerin für Slytherin und so war Hermine zwangsläufig mit ihr aneinander geraten, da Nashira stets auf Riddles Seite gewesen war.

Neben ihr stand ihre Schwester Alrisha, die genauso bösartig lächelte. Hermine musste für eine Sekunde daran denken, dass es genau dieses Lächeln war, das Blaise von ihr erwartete.

„Was wollt ihr? Ihr glaubt doch nicht, dass sich irgendjemand um euch Flittchen bemüht!“

Sophie hatte einfach eine zu große Klappe.

„Von dir wollen wir gar nichts du verrückte Tagträumerin.“

„Wir wollen deine Freundin warnen. Calice, du machst dir große Feinde, wenn du weiter mit den falschen Leuten abhängst. Du solltest lieber zu uns kommen und dich nicht auf die Seite von den Anhänger Cavills schlagen.“

Die Zwillinge blickten Hermine fordernd an, die spürte wie die Wut in ihr hoch kochte.

Was glaubten die zwei eigentlich wer sie waren?!

„Ich verzichte. Ich bin von niemand ein Anhänger und habe nichts mit euren Spielchen zu tun. Und sicher werde ich nicht in euren kleinen Fanclub für Riddle eintreten.“

Alrisha funkelte sie scharf an und zog den Zauberstab. Nashira folgte ihrem Beispiel.

„Du bist so dumm!“

Hermine hatte ihren Zauberstab auch bereits in der Hand und Sophie starrte entsetzt mit großen Augen auf die Szene, die sich vor ihr abspielte.

„Wisst ihr euer lieber Riddle schert sich ein Dreck um euch. Ihr sollt nur die Drecksarbeit für ihn erledigen. Er ist völlig in sich selbst verliebt. Ihr seid diejenigen, die dumm und blind sind.“

„Petrificus Totalus“, schoss Alrisha einen Ganzkörperfluch auf Hermine ab.

„Protego!“

Der Zauber prallte an Hermines Schild ab.

„Expelliarmus!“, ertönte doppelt.

Nashira und Alrisha verloren ihre Zauberstäbe.

„Also wirklich Mädels. Es gibt kein Grund zu streiten.“

Lestrange und Blaise waren Hermine zu Hilfe geeilt. Erleichtert steckte sie den Zauberstab wieder weg, während die blonden Zwillinge ihre Zauberstäbe aufsammelten und mit einem letzten bitterbösen Blick wieder Richtung Hogwarts verschwanden.

„Danke“, sagte Hermine kurz gebunden.

Lestrange verneigte sich vor ihr und witzelte: „Immer wieder gerne eure Hoheit!“

„So ist meine Schwester. Sie hat genauso viele Freunde wie Feinde.“

Hermine verdrehte die Augen und Blaise grinste breit. Er hat wieder genau das bekommen, was er brauchte, um ihren Ruf weiter auszubauen.

Der Streit mit den Yaxleyzwillingen war auch anderen Schüler aufgefallen, die nun leise über das kleine Zauberduell tuschelten. Selbst Riddle würde davon zwangsläufig hören.

„Hermine du hast mir echt ein Schreck eingejagt. Ich hätte nicht gedacht, dass du gleich zum Zauberstab greifst. Mach so was nie wieder!“

Sophie sah wirklich verängstigt aus.

„Ich dachte dir ist es hier immer viel zu langweilig. Sagtest du das nicht am ersten Tag zu uns?“

Blaise lächelte Sophie charmant an, die sich wieder fasste und ruhiger wurde. Gemeinsam gingen sie zurück ins Schloss Hogwarts.
 

Es war eine Woche später, als Hermine von Blaise zum Treffen mit den Slytherins gebracht wurde.

In ihrem Kopf hatten sich die wildesten Fantasien mit ihren schlimmsten Befürchtungen vermischt, aber als sie sich in das leere Klassenzimmer traten, wirkte alles völlig normal.

Neben Lestrange waren noch weitere Slytherins anwesend sowie einige Hufflepuffs, die sich wohl ebenfalls für schwarzmagische Aktivitäten interessierten.

Aber weder die Yaxleyzwillinge noch Riddle waren zusehen und Hermine entspannte sich ein wenig, auch wenn sie immer noch fürchtete aufzufliegen, da sie in Wahrheit nichts von schwarzer Magie hielt und sie auch nie praktiziert hatte.

Sie setzte sich zwischen Lestrange und Blaise. Der Slytherin hatte es betont ruhig aufgenommen, als sie ihn darüber aufgeklärt hatte, dass sie nicht vor hatte mit ihm auf dem Ball zu gehen. Er hatte gelächelt und sich anscheinend ernsthaft darüber gefreut, dass sie mit ihm tanzen wollte.

Vielleicht erhoffte er sich auch nur, dass sie es sich noch anders überlegen würde oder dass sie ihn auf den nächsten Ball begleiten würde. Sie verstand die Welt sowieso nicht mehr.

Auch jetzt war Lestrange die Freundlichkeit in Person. Er war geradezu charmant und liebenswürdig. Es schien als wären wirklich nicht alle Slytherins schlecht, aber dennoch war Hermine vorsichtig.

Sie fürchtete eine Falle, die jeden Augenblick zu schnappen würde, wenn sie nicht aufpasste.

„Willkommen bei uns“, sagte einer der Slytherins namens Antonin Dolohow zu ihr.

„Unser kleiner Club hier“, Lestrange grinste in die Runde. „Wird immer größer wie es aussieht. Nun können wir auch Blaises Schwester als Mitglied bei uns willkommen heißen.“

Einige nickten ihr freundlich zu oder lächelten, aber andere verschränkten die Arme und sahen nicht gerade begeistert davon aus die Schulsprecherin aufzunehmen in ihren Kreis.

Das lag sicher daran, dass sie bis jetzt Zephir unterstützt hatte und nun scheinbar die Seiten wechselte. Das säte Misstrauen. Sie versuchte den Gesichtern Namen zuzuordnen.

Da war neben Dolohow Augustus Rookwood, Jason Avery, Arius Nott, Nevio Mulciber und Myron Rosier sowie einige, deren Namen Hermine nicht kannte.

Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken, wenn sie daran dachte, was diese Jungen noch alles tun würden und welch grausame Taten sie begehen würden.

Würde sie anfangs damit zu kämpfen haben und nachts nicht schlafen können? Oder waren ihre Herzen schon kalt genug, um nichts mehr zu empfinden?

„Wir nennen uns Todesser und frönen der schwarzen Magie. Unsere Treffen dienen unseren großen Plänen nach dem Schulabschluss. Die Herrschaft der Reinblüter über alle anderen und die Ausrottung von allen Muggel und Schlammblüter.“

Hermine musste sich zwingen bei dem Wort nicht zusammenzuzucken. Ihr war plötzlich schrecklich schlecht und sie wollte nichts lieber als davon laufen und sicher verstecken.

Doch die Braunhaarige musste ihre Rolle spielen und bleiben wo sie war.

„Das ist genau die richtige Einstellung. Bei uns in Frankreich gibt es auch Anhänger dieser Idee. Wir sollten noch vielmehr Zauberer und Hexen davon überzeugen.“

Aus dem Augenwinkel sah sie wie Blaise ihr zunickte. Also spielte sie ihre Rolle gut. Dennoch musste Hermine sich zusammenreißen, um nicht laut zu verkünden, wie schrecklich sie all dies fand und das diese Ansicht einfach falsch war.

Doch die Ravenclaw zwang sich ruhig zu bleiben und daran zu denken, dass mit Riddles Tod alles zusammenbrechen würde und nichts davon Wirklichkeit werden würde.

Wie sich rausstellte, schien es sich bei diesem Treffen nur um ein Besprechen der Pläne zu handeln mit der man die Ziele erreichen wollte. Es fiel einige Male auch Riddles Name, doch keiner von ihnen nannte ihn Lord Voldemort. Anscheinend grenzten sie Blaise und Hermine doch ein wenig aus, denn Hermine konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum sie nicht völlig offen waren und Riddle als den Anführer präsentierte, der er gewesen sein musste in seiner Schulzeit.

Auch das Riddle selten anwesend war, verwunderte sie zunehmend. Irgendwas stimmte hier nicht mit dem was eigentlich sein sollte oder es stimmte einiges nicht von dem, was Dumbledore Harry erzählt hatte, aber sie würde noch herausfinden, was hier vor sich ging.
 

Genau drei Tage später führte Hermine ein erstes richtiges Gespräch mit Riddle. Sie hatte es überhaupt nicht beabsichtigt und selbst ihm schien in seiner Verwunderung für einen Augenblick entfallen zu sein, dass er sie eigentlich nicht leiden konnte.

Hermine wurde mit jedem Tag, den der Ball näher rückte nervöser. All ihre Entschlossenheit schien zu verschwinden und sie fühlte sich, als würde sie immer tiefer fallen.

Zusätzlich zerbrach sie sich den Kopf über Riddle und die Todesser. Irgendetwas passte nicht ins Bild.

Es gelang der Braunhaarige nur einfach nicht es zu erkennen. Egal wie sehr sie sich bemühte.

Dazu kam der Berg an Hausaufgaben, der immer schwieriger wurde zu bewältigen. All ihre Sorgen führten dazu, dass sie einen Fehler machte, der zu ihrem Gespräch mit Riddle führte.

Nach dem Hermine stundenlang mit Blaise und Sophie gelernt hatte, kehrte sie weit nach Mitternacht zurück in den Schulsprecherturm.

Zu ihrer Überraschung fand sie Riddle vor, der in einem Stapel Bücher wühlte und nach etwas zu suchen schien. In Folge seiner Suche stieß er einen kleineren Bücherstapel um.

Eins der Bücher rutschte über den Boden bis an ihre Füße, sodass Hermine es aufhob. Doch als sie sich bückte rutschte etwas aus ihrer Tasche heraus.

Riddle bückte sich danach und Hermine erkannte viel zu spät, dass es die Tüte mit der Kette war. Sie hatte ganz vergessen sie zu den anderen Ballsachen zu legen.

Die Kette war im Fallen ein wenig aus der Tüte herausgerutscht und Riddle zog sie in seiner Neugier und möglicherweise auch Sammellust aus der Tüte.

Hermine hielt den Atem an, als Riddle die Kette in seiner Hand ausgiebig betrachtete. Sie sah in seinen dunklen Augen Verwunderung und Bewunderung.

„Dir gefallen also Schlangen?“, stellte Hermine zögerlich ihre Frage.

Er musterte sie überrascht und versuchte wohl die Kette mit ihr in Einklang zu bringen.

„Sie sind faszinierende Geschöpfe der Natur.“

Seine Stimme war ganz sanft, während sein Blick weiter über die Kette streifte und seine Finger die Schlange nachzeichneten.

„In der Antike hielt man die Schlange für unsterblich, weil sie durch ihre Häutung einen scheinbar endlosen Prozess der Verjüngung vollführen konnte. Sie ist ein Symbol der Unsterblichkeit.“

Hermine war gespannt wie Riddle auf ihre Worte reagieren würde, denn er wollte mit allen Mittel unsterblich werden.

„Schlangen werden von den Menschen verachtet und keiner weiß sie mehr wertzuschätzen. Mal hält sie für böse und hinterlistig, aber das sind sie in Wahrheit nicht. Sie stehen für Weisheit und Voraussicht. Für Weitsicht und Heilung.“

Riddle ereiferte sich in seiner Rede über Schlangen und Hermine wurde bewusst, dass sie ihn noch nie soviel am Stück hatte sagen hören.

„Sie sind eben mehr als man sehen kann“, fügte sie hinzu und streckte die Hand nach der Kette aus.

Riddles Blick schien sie zu durchbohren, sodass Hermine die Augen niederschlug. Die Ravenclaw hatte das Gefühl, als versuche er ihre Gedanken zu ergründen und zu verstehen, warum sie diese Kette besaß. Sie baute eine Mauer um ihre Gedanken und versuchte an nichts zu denken.

Riddles Blick verlor seine Intensität und vorsichtig legte er die Kette zurück in ihre Hand.

Sein Blick glitt ein letztes Mal über ihr Gesicht bevor er seine Bücher aufhob und verschwand.

Hermine blieb einen Augenblick verwundert stehen und betrachtete die Kette in ihrer Hand.

Was hatte sie damit preisgegeben? Und was glaubte Riddle jetzt?
 

Ein neues Wochenende begann und Hermine und Blaise saßen wie immer im Raum der Wünsche.

Es waren nur noch zwei Tage bis zum Ball und sie gingen noch einmal den Ablauf durch.

„Okay. Ich werde also den Schulsprecherturm so verlassen, dass Riddle mich nicht sieht. Das bedeutet, also, dass ich ziemlich spät herunterkomme.“

„So spät wie möglich. Jeder muss deinen Auftritt mitbekommen.“

Hermine nickte. So schwer würde das nicht werden. Sie war auch beim Weihnachtsball eine der Letzten gewesen. Sie war damals so schrecklich nervös gewesen.

„Dann werde ich zusammen mit Zephir den Saal betreten und mit ihm den Eröffnungstanz tanzen.“

„Und danach wirst du die Seite wechseln.“

„Ich werde Lestrange seinen versprochenen Tanz gewähren und darauf hoffen, dass auch seine anderen Freunde mich ansprechen und mit mir tanzen.“

„Das werden sie sicherlich. Und denk daran du schenkst Riddle höchstens einen kurzen Blick.“

Wieder ein Nicken. Eigentlich war alles logisch, aber Hermine hatte das dumpfe Gefühl, dass egal wie gut der Plan war, es sowieso schief laufen würde.

Man konnte alles planen, aber letztendlich hing es von den anderen ab, was genau passieren würde. Möglicherweise biss Riddle überhaupt nicht an und ließ sie den ganzen Abend links liegen. Es war einfach alles schrecklich kompliziert. Aufgrund ihres Missgeschickes war der größte Teil des Überraschungsmoments schon dahin, da Riddle ahnen konnte, dass sie mit den Slytherins sympathisierte. Zumindest wusste er, dass sie Schlangen mochte.

„Riddle wird nachgeben. Er kann es einfach dann nicht mehr leugnen, dass du für ihn eine Gefahr bist, die er am besten bannt, wenn er dich auf seine Seite zieht.“

Blaise wirkte so selbstsicher wie Hermine es gerne sein würde. Sie kam sich so unendlich schwach vor. Sie war so verzweifelt, dass sie ihre eigenen Regeln brach.

Niemals wollte sie mit diesen Mitteln arbeiten. Dafür hasste sie Riddle umso mehr.

„Es wird schon alles gut gehen. Aber mit dem Gesicht, das du jetzt ziehst, wird niemand mit dir tanzen wollen. Also probier es mal mit einem zuversichtlichen Lächeln!“

Hermine lachte, als Blaise eine Grimasse schnitt, um ihr zu zeigen, wie sie gerade guckte. Er hatte Recht. Sie durfte nicht zaudern, sondern musste tun, was getan werden musste.

„Ich hoffe du bist eine gute Tänzerin und trittst nicht allen auf die Füße, denn das ist ganz sicher nicht charmant und lädt dazu ein Tanz mit dir zu wagen!“

Hermine schnappte sich ein Kissen und warf es nach Blaise, der sich duckte und ein Kissen in ihre Richtung warf. Überrascht davon traf das Kissen die Braunhaarige, die lachend nach einem weiteren Kissen griff, das sofort griffbereit dalag.

Ein paar Sekunden später wirbelte durch den Raum weiße Feder und die zwei kugelten sich vor Lachen. Der Raum der Wünsche lieferte immer mehr Kissen nach mit denen sie sich nach Herzenslust bewerfen konnte, sodass der ganze Raum weiß von den Federn wurde.

„Wunderschön“, murmelte Hermine, als sie nach Luft schnappte.

Auch Blaise hielt inne und betrachtete die weiße Pracht. Es wirkte wirklich wie verzaubert.

„Bei uns fällt Schnee halt schon früher“, witzelte der Dunkelhaarige.

Blaise beugte sich vor und zog aus Hermines Haaren eine weiße Feder. Damit strich er ihr durchs Gesicht, worüber sie lachen musste.

Es tat gut mit Blaise Zeit zu verbringen. Jetzt war ihr leichter ums Herz zumute und sie fühlte sich, als wäre sie wieder mehr Hermine Granger und weniger Hermine Calice.

Sie würde es schaffen. Sie würde den Ball meistern. Sie würde Riddles Herz erweichen und sie würde ihn töten, um die Zukunft zu retten.
 

Am nächsten Tag waren alle furchtbar aufgeregt, da der Ball nur noch einen Tag entfernt war. Auch Hermine ergriff die Aufregung, denn für sie schien vielmehr auf dem Spiel zu stehen.

Im Unterricht wurde getuschelt, was die Lehrer kaum noch unterbinden konnte. Die Mädchen berieten sich noch einmal in der Kleidungsfrage und gingen sicher, dass auch ja kein anderes Mädchen das gleiche Kleid trug wie sie.

Die Jungen waren auch am Tuscheln, denn der Ball war auch für sie die Gelegenheit dem Mädchen ihrer Träume näher zu kommen. Also beriet man sich in Bezug auf Mädchen.

Hermine dagegen hing anderen Gedanken nach. Sie hatte niemanden, dem sie näher kommen wollte. Niemanden, den sie heimlich und still liebte und nun die Möglichkeit hatte es offen zu zeigen. Sie würde nur mit dem Mann flirten, den sie mehr hasste, als jeden anderen.

Sie vermisste Ron und sie vermisste Harry. Sie wünschte sich, dass die zwei hier bei ihr sein konnten.

Auch Ginny vermisste sie, die ihr jetzt hatte helfen können, da Ginny schon immer leichter die Jungen hat bezirzen können. Sie hätte ihr jetzt mit Rat zur Seite stehen können.

Aber keiner ihrer Freunde war hier. Doch hier hatte sie neue Freunde gefunden, auf die sie nun vertrauen musste und dir ihr beistehen würden.

Sophie kam gerade wieder angetänzelt und gesellte sich zu ihr an den Tisch.

„Am liebsten würde ich ja nichts essen, damit morgen mehr von dem leckeren Essen reinpasst, aber ein knurrender Magen ist bestimmt nicht förderlich beim Tanzen.“

Hermine kicherte bei der Vorstellung. „Das wirkt sicher eher abschreckend auf die Jungs.“

Also packte Sophie sich ordentlich auf ihren Teller und schaufelte alles in sich rein.

„Ach da fällt mir ein du sollst nach dem Mittagessen in Dippets Büro kommen. Er will mit den Schulsprechern noch einmal den Ablauf des Balls durchsprechen.“

Hermine blickte hinüber zu dem Slytherintisch, wo Riddle abseits der anderen sein Mittagessen einnahm. Seit ihrem Gespräch über Schlangen hatten sie kein Wort mehr miteinander gewechselt und hatten sich wieder gegenseitig ignoriert.

Jetzt sollte sie also gleich als geschlossene Einheit beim Schulleiter auf der Matte stehen und das Ergebnis ihrer Arbeit präsentieren. Sicher würde Riddle dafür sorgen, dass er besser da stand als sie.

Hermine beeilte sich mit dem Essen, damit sie vor Riddle bei Dippet sein konnte. Als sie aufstand, sah sie, dass auch Riddle sich erhob. Dann würde sie wohl zusammen gehen müssen.

Obwohl sie zeitgleich aufstanden, ging Riddle dennoch ein Schritt hinter ihr und gab sich auch keine Mühe aufzuholen. Stattdessen spürte Hermine seinen Blick im Rücken.

In Dippets Büro angelangt, forderte der Schulleiter sie auf sich zu setzen.

„Ich hoffe die Vorbereitungen sind gut gelaufen. Die Halle werden sie sicher später noch festlich dekorieren. Es muss alles gut aussehen.“

„Die Vertrauensschüler werden sich nachher darum kümmern und alles wie abgesprochen herrichten.“

Riddle klang lässig wie immer und saß locker auf seinem Stuhl.

„Wunderbar, wunderbar. Eine kleine Änderung hätte ich aber noch hinzuzufügen. Für den Eröffnungstanz hatte ich heute früh noch eine wunderbare Idee.“

„Was für eine Idee, Sir?“, fragte Hermine zögerlich nach.

„Das Schulsprecherpaar sollte den Ball eröffnen. Ich bin mir sicher, nein, ich bin davon überzeugt, dass sie zwei ein wunderschönes Paar abgeben werden. Sie als Repräsentanten dieser Schule sind die beste Wahl, um den Ball zu eröffnen.“

Hermine zwang sich den Mund nicht vor Erstaunen weit aufzuklappen, denn obwohl sie auf dem Ball darauf hoffen würde, dass Riddle sie zum Tanzen auffordern würde, zerstörte diese Ankündigung ihren ganzen Plan. Wenn Riddle bereits mit ihr getanzt hatte, würde es ihn vielleicht gar nicht mehr interessieren, dass sie eigentlich mit Zephir zum Ball ging, da er den ersten Tanz mit ihr hatte.

Das war wahrhaftig eine Katastrophe. Alles in ihrem Plan stützte sich darauf, dass Riddle sie besitzen wollte, weil sie nicht an ihm interessiert war und sich anderen zuwandte.

„Natürlich, Sir“, antworten Hermine und Riddle im Chor.

Riddle war sicher ebenso wenig davon begeistert wie sie. Kaum hatte Dippet sie entlassen, rauschte er davon ohne auch nur ein weiteres Wort mit ihr zu wechseln.

So wie man plant und denkt, kam es ja sowieso nie. Jetzt hieß es den Plan ändern.
 

„Oh nein“, flüsterte Blaise, als Hermine ihm in Arithmantik am Nachmittag von ihrem Gespräch mit Dippet erzählte. „Das bringt einiges durcheinander.“

Blaise verfiel in anstrengendes Nachdenken und auch Hermine grübelte über die Situation. Sie fürchtete auch ein wenig das Gespräch mit Zephir, dem sie erklären musste, dass sie den ersten Tanz mit seinem größten Rivalen tanzen würde. Zephir würde toben.

Der ganze Plan schien in sich zusammenzubrechen. Sie hatte es befürchtet. Es hing einfach zu sehr von anderen ab, wie der Ball verlaufen würde.

„Okay, du musst Riddle völlig ablehnend gegenübertreten. Er muss merken, dass du das nur tust, weil man es von dir erwartet, aber nicht weil es dir Spaß macht. Sobald das Lied zu ende ist, drehst du ihm den Rücken und gehst sofort auf Zephir zu. Zeig ihm die kalte Schulter.“

Hermine nickte, dennoch hatte sie das Gefühl, das der erste Plan der bessere gewesen war und es nun völlig von Riddles Sicht der Dinge abhing.

Aber eigentlich hing immer alles davon ab wie sie sich präsentierte und was Riddle dachte.

Vielleicht besaß Riddle nicht einmal mehr genug Herz, um sich überhaupt für irgendjemanden zu erwärmen und er war auch nicht Slughorn, der Menschen sammelte. Er war eben anders.

„Was soll ich Zephir sagen? Er muss ja wissen, dass ich nicht mit ihm den ersten Tanz tanze.“

„Sag ihm die Wahrheit, dass du es hasst mit Riddle zu tanzen und es nur tust, weil Dippet dich darum gebeten hat und du gleich nach Ende des Tanzes mit ihm tanzen wirst.“

Zephir würde sicher Verständnis für sie haben. Sie würde ihn gleich nach dem Unterricht abfangen und mit ihm reden, bevor er es vielleicht von jemand anderen hörte.

Als es klingelte, eilte Hermine die Treppe hinunter, um Zephir zu suchen. In der großen Halle stand er und bereitete mit den anderen Vertrauensschülern die Halle für den Ball vor.

Riddle war auch dort, aber er stand bei den Slytherins und war somit außer Hörweite.

„Zephir kann ich dich vielleicht kurz sprechen?“

Zephir sah sie und nickte, um dann ein paar Schritte mit ihr sich von den anderen zu entfernen.

„Ich hoffe du hast es dir nicht anders überlegt oder?“, fragte er besorgt.

„Nein hab ich nicht, aber Dippet hat beschlossen, dass das Schulsprecherpaar den Ball eröffnet.“

Zephirs hübsches Gesicht verzog sich augenblicklich zu einer wütenden Grimasse.

„Das heißt du wirst mit Riddle tanzen?!“

„Ja werde ich, aber…“, weiter kam sie nicht, denn Zephir hatte sich umgedreht und stürmte durch die Halle direkt auf Riddle zu. Hermine eilte ihm hinterher.

Dabei zog er seinen Zauberstab und richtet ihn auf Riddle, der betont gelassen den eigenen hervorzog.

„Du wirst Hermine in Frieden lassen. Sie gehört zu mir.“

Riddle setzte ein schiefes Lächeln auf. „Ich will nichts von ihr. Ich werde mit ihr tanzen und mehr nicht, also solltest du nicht gleich in die Luft gehen, Cavill.“

Es klang so herablassend, dass Hermine dachte, dass Zephir endgültig explodieren würde. Doch er ließ den Zauberstab sinken und musterte sein Gegenüber mit hasserfüllten Augen.

So leise, dass Hermine es kaum verstand, setzte Riddle hinzu: „Aber vielleicht sollte sie lieber mich wählen, denn wir wissen ja wer von uns beiden der Bessere ist.“

Dann ließ Riddle Zephir stehen und Hermine sah ihm verwundert nach.

Der Ball schien ein wahres Abenteuer zu werden mit völlig ungewissem Ausgang.
 

~Kapitel 7 Ende~

Disarmament

Dienstag, Oktober 31, 1944
 

4:51 P.M.
 

Hermine hatte eine richtig schlechte Nacht hinter sich gebracht und es trennte sie nun nur noch wenige Stunden von dem Ball, der vielleicht die größte Herausforderung ihres Lebens war.

Sie seufzte und strich über das grüne Seidenkleid. Sie war einfach keine geborene Schauspielerin.

Blaise vertraute ihr völlig, aber sie hatte kein Vertrauen in ihre Fähigkeiten. Und dass was Riddle gestern zu Zephir gesagt hatte, hatte sie noch mehr verwirrt.

Warum klang es so als wäre Zephir der wahre Böse und Riddle ein Unschuldslamm?

Das war doch völlig unmöglich. Was war nur zwischen den beiden vorgefallen?

Hermine überlegte, wen sie danach fragen konnte ohne dass es verdächtig klang. Sicher wusste Sophie eine Antwort darauf. Vielleicht konnte sie auch Lestrange fragen.

Eigentlich hätte sie gern Eileen befragt, aber die war immer noch nicht bereit dazu mit ihr ein Wort zu wechseln. Hermine hatte es mehr als einmal probiert, aber Eileen war ihr immer ausgewichen.

Nach dem heutigen Ball konnte sie es vielleicht wieder schaffen mit Eileen zu reden, da sie dann Zephir einen Korb geben würde. Möglicherweise stimmte Eileen das milde.

Aber jetzt war es Zeit, dass sie sich fertig machte, um perfekt auszusehen.

Wie beim Weihnachtsball würde sie Stunden brauchen, um ihre Haare glatt und geschmeidig zu bekommen. Zu Glück war ihr Haar nicht mehr so widerspenstig wie früher.

Sophie hatte sie gefragt, ob sie sich zusammen fertig machen wollen, doch Hermine hatte abgelehnt. Sie wollte, dass keiner sie danach fragten, warum sie ausgerechnet Slytherinfarben trug.

Wenn sie erst einmal einen glanzvollen Auftritt hingelegt hatte, würde sowieso keiner so schnell Fragen stellen. Aber spätestens bei ihrem Tanz mit Lestrange würde auch dem letzten klar sein, dass sie die Seite gewechselt hatte. Ihr tat es schrecklich leid, dass sie Zephir so sehr verletzten würde.

Hoffentlich kam es zu keinem Kampf. Zephir war gestern schon so wütend geworden.

Hermine steckte ihre Haare zu einer kunstvollen Frisur zusammen, sodass das ihr Nacken schön betont wurde und einige lose Locken ihr Gesicht umrahmten.

Das Kleid saß wieder perfekt und betonte ihre schmale Figur. Das machte sie viel weiblicher.

Sie atmete tief durch, um zu testen, ob die Korsage ihr nicht die Luft abschnitt, aber es saß alles richtig. Wie beim ersten Mal, als Blaise das Kleid für sie ausgesucht hatte.

Jetzt galt es ihr Gesicht dezent zu schminken. Ginny hatte ihr beigebracht sich zu schminken, da sie sich nie dafür interessiert hatte. Erst als sie Viktor Krum gefallen wollte, hatte sie sich damit auseinander gesetzt. Diesmal fiel es ihr viel leichter. Die Handgriffe waren geübter.

Hermine erkannte sich kaum selbst wieder, als sie in den Spiegel blickte. Dieses Mädchen ihr gegenüber konnte wirklich das Zeug haben heute Abend alle zu verzaubern.

Die Ravenclaw konnte wieder Mut und Selbstvertrauen fassen. Jetzt fehlte nur noch ein letztes Detail bevor sie fertig war. Sie nahm die Schlangenkette in ihre Hand.

Plötzlich musste sie daran denken, was Harry und Ron zu ihrem Outfit gesagt hätten. Ob sie unter die Schlangen gegangen wäre oder ob sie völlig den Verstand verloren hatte?!

Die Braunhaarige lächelte kurz und legte die Kette um. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie erfolgreich die drei Stunden herum gebracht hatte und es nun Zeit war für ihren großen Auftritt.

Ihr Spiegelbild lächelte ihr aufmunternd zu, als sie sich ein letztes Mal umdrehte. Ihr Inneres dagegen tobte und wollte niemals die Treppen zur großen Halle hinunter schreiten.

Sie atmete ein letztes Mal tief durch und schloss dann die Tür. Sie war bereit.
 

Im Schulsprecherturm war Riddle nicht, was Hermine erleichterte. Sie wollte so wenig Zeit wie möglich mit ihm verbringen. Allein der Tanz war schon zuviel, doch heute musste sie stärker sein und die Abscheu ablegen, um erfolgreich Riddle bezirzen zu können.

Ihr begegneten auf dem Weg hinunter keine Schüler mehr. Es waren wohl wirklich alle bereits unten versammelten und suchten ihre Partner.

Hermine genoss den Augenblick der Stille, als nur ihre Schritte in den Korridoren hallten. Gleich wurde der große Trubel beginnen und sie würde erst in einigen Stunden die Möglichkeit haben wieder durchatmen zu können. Dann erreichte sie die Treppe.

Die Braunhaarige blieb auf dem Absatz stehen und blickte hinunter. Sie versuchte Zephir, Blaise und Sophie ausfindig zu machen, doch es war schwer irgendjemand in den Farbgetümmel zu erkennen.

Ihr Blick glitt erneut über die Menge um Riddle ausfindig zu machen. Es brachte nichts.

Die ersten Blicke wanden sich bereits ihr zu und nun war es Zeit die Treppe hinunterzugehen. Sie strich noch ein letztes Mal über ihr Kleid. Jetzt war ihr Moment.

Alle Blicke richtete sich auf sie, als sie so elegant wie möglich die Treppe hinunterschwebte. Während sie hinunter schritt, erkannte sie plötzlich mitten im Getümmel Riddle.

Er stand völlig ruhig da und musterte sie wie immer mit einem völlig gleichgültigen Blick. Wie immer sah sie ihm nicht an, was er dachte und fragte sich, ob ihm gefiel, was er sah.

Auf einmal trat er einen Schritt auf sie zu und war damit schneller als Zephir, der viel weiter hinten gewesen war und noch dabei war sich durch die anderen hindurch zuschieben.

Hermine blickte kurz in seine dunklen Augen bevor sie seine dargebotene Hand ergriff und den Blick wieder von ihm abwendete. Augenblicklich machte die Schüler Platz für ihr Schulsprecherpaar.

Hermine suchte in der Menge das vertraute Gesicht von Blaise und sah ihn direkt neben der Tür stehen zusammen mit Sophie. Er nickte ihr kurz zu und sie lächelte zurück.

Dann kam der Augenblick, als die Tür zur Halle geöffnet wurde und sie als erstes eintraten. Während die anderen sich um die Tanzfläche herum versammelten, nutze Hermine die Chance einen Blick durch die geschmückte Halle schweifen zu können. Ihr Herz schwoll vor Stolz kurz an, als sie sah, dass alles genauso war, wie es sein sollte.

Doch jetzt musste sie sich notgedrungen zu Riddle umdrehen, denn sie hatten die Mitte der Tanzfläche erreicht und jeden Moment würde die Musik einsetzten.

Hermine wusste nicht so recht, wo sie nun hinsehen sollte. Sollte sie beim Tanz Riddle in die Augen sehen oder an ihm vorbeisehen?

Erstmal konzentrierte sie sich darauf die Hände an die richtige Position zu legen. Riddle legte seine Hand auf ihre Hüfte und nahm mit seiner Hand ihre Hand, als wäre sie so zerbrechlich, das, wenn er zuviel Druck ausübte, sie zerbrach.

Die Musik setzte ein und sie bewegte sich über die Handfläche. Hermine sah über Riddles Schulter hinweg und suchte Zephir, um nach Ende des Liedes zu ihm zu gehen.

Einige Drehungen später entdeckte sie ihn. Er schien Riddle mit seinen Blicken töten zu wollen. Sie lächelte zu ihm herüber und sein Gesicht wurde friedlicher.

Tief in ihrem Inneren schämte sie sich dafür ihn heute noch endgültig zu verraten. Er würde nie wieder mit ihr reden und das würde sie eindeutig vermissen.

Als das Lied endete, ließ Riddle sie sofort los, als hätte er sich verbrannt und Hermine würdigte ihn keines Blickes. Sie schritt auf Zephir zu und ließ sich von ihm zurück auf die Tanzfläche begleiten.
 

„Ich bin so froh, dass ich dich jetzt ganz für mich hab“, flüsterte Zephir ihr zu.

Hermine lächelte sanft. „Ich hab erledigt, was ich sollte. Es tut mir leid.“

Zephir schüttelte den Kopf und sah sie ganz sanft an, während er sie über die Tanzfläche führte.

„Jetzt bist du hier. Das ist alles was zählt für mich.“

Es war viel entspannter mit dem Ravenclaw zu tanzen. Sie konnte ihn ansehen, auch wenn sich tief in ihrem Inneren ihr schlechtes Gewissen regte. Sie konnte mit ihm lachen.

Es war alles okay, solange es Riddle dazu brachte, sie besitzen zu wollen. Auch wenn es sicher das Letzte war, was sie persönlich wollte, sollte der heutige Abend nur diesem Zweck dienen.

Zephir ließ sie nicht los, als das Lied endete und tanzte immer weiter mit ihr. Er schien überhaupt nicht die Absicht zu haben sie noch einmal aus den Augen zu lassen.

Hermine wusste, dass sie nicht endlos lange mit Zephir tanzen konnte, wenn sie noch mit Lestrange und den anderen Slytherins ebenfalls tanzen wollte.

„Zephir ich würde gerne etwas trinken. Es ist hier ziemlich stickig und in dem Kleid bekommt man sowieso so schlecht Luft, also brauch ich eine Pause.“

Zephir wirkte verstimmt, ging aber mit ihr von der Tanzfläche. Hermine steuerte direkt auf den Tisch zu, an dem Blaise und Sophie saßen.

„Hermine, du siehst atemberaubend aus! Die Farbe steht dir super.“

Sophie konnte sich in ihrem gelben Abendkleid ebenfalls sehen lassen. Es war ein guter Kontrast zu ihren dunklen Haaren und Augen. Blaise bewies wieder seinen exzellenten Modegeschmack.

Er selbst sah auch umwerfend in seinem schwarzen Anzug aus. Seine helle Haut stach richtig ins Auge und er schien es gerade zu präsentieren.

Zephir ging notgedrungen Getränke holen. Kaum hatte er Hermine den Rücken gekehrt, stand bereits Lestrange wie bestellt auf der Matte und hielt ihr die Hand hin.

„Ich hoffe, ich bekomme jetzt meinen versprochenen Tanz, Prinzessin.“

Sophie klappte der Mund auf, als Hermine ohne zu zögern die Hand des Slytherins ergriff.

Eigentlich hätte sie gern wirklich eine Pause gemacht, aber der Plan war straff und Zephir wie ein blutrünstiger Wachhund, der sich auf alles stürzen würde.

Also ging es zurück auf die Tanzfläche, wo Hermine sich weiter um sich selbst drehte und von einem Schwindelgefühl ergriffen wurde. Sie hätte sich gern suchend nach Riddle umgeblickt, aber Blaise hatte ihr eingeschärft auf keinen Fall in seine Richtung zu gucken.

Daher sah Hermine die Leute nur unscharf an ihr vorbeitanzen ohne wirklich zu erkennen, um wen es sich handelte. Sie konzentrierte sich auf Lestrange, der sie anlächelte.

Wer hätte gedacht, dass sie einmal so tief sinken würde und mit einem Todesser tanzen würde?

Und davor sogar mit dem dunklen Lord? Aber im Augenblick wirkte keiner von ihnen so gefährlich, sondern sie sahen alle aus wie ganz normale Jugendliche, die sich auf einem Ball amüsierten.

„Worüber denkst du gerade nach?“, fragte Lestrange sie. „Du siehst so nachdenklich aus.“

„Es ist alles so anders als in Frankreich“, antwortete Hermine. „Aber es ist auf seine Art schön.“

Das Lied endete und sie kamen zum Stehen. Hermine hatte das Gefühl, dass sich alles weiterdrehte, doch diesmal sah sie nur zwei Meter von sich entfernt Riddle stehen.

Er sah nicht zu ihr hinüber, also erlaubte sie sich einen kurzen Blick. Woraufhin sie das Mädchen an seiner Seite erkannte. Anscheinend war sie nicht die einzige, die am heutigen Abend die Seite gewechselt hatte. Ungläubig starrte Hermine Eileen an, die nun mit Riddle statt mit Zephir flirtete.
 

Nachdem Hermine sich für den Tanz bei Lestrange bedankt hatte, eilte sie von der Tanzfläche. Sophie war inzwischen von einem anderen Jungen zum Tanzen aufgefordert worden, sodass Blaise alleine an dem Tisch saß. Von Zephir war zum Glück auch nichts zu sehen.

„Hast du gesehen, dass Eileen mit Riddle tanzt?!“

„Hab ich gesehen. Reg dich darüber nicht auf, sondern bleib ruhig!“

Blaise fixierte sie mit seinen dunklen Augen und Hermine zwang sich tief durchzuatmen.

Es brachte ihr nichts sich darüber aufzuregen. Es hatte sie geschockt, dass Eileen ihnen den Rücken gekehrt hatte. Vor allem da Eileen Riddle auf den Tod nicht ausstehen konnte, aber das war wohl Grund genug, um mit ihm auf den Ball zu kommen, um Zephir eins auszuwischen. Wohl möglich sollte es auch ein Schlag gegen Hermine sein, da sie auch gesagt hatte, dass sie Riddle nicht ausstehen konnte. Hermine ließ sich auf den Platz neben Blaise fallen.

„Und jetzt?“, fragte sie verbittert. „Was ist jetzt unser toller Plan?“

Blaise sah sie überrascht an, als wäre ihm nicht ganz klar, was sie so sehr verstört hatte.

„Glaubst du Eileen ändert etwas an unserem Plan?!“

„Aber was wird sie glauben, wenn ich mich jetzt an Riddle ranschmeiße? Sie wird mich für den Rest ihres Lebens hassen, weil sie glaubt, dass ich ihr alles wegnehme.“

Blaise schüttelte den Kopf und lachte leise auf.

„Hermine denk daran, dass wir nicht für ewig hier bleiben. Wir tun, was getan werden muss und dann verschwinden wir zurück in unsere Zeit. Eileen wird sich nicht mal mehr an dich erinnern.“

Trotz Blaises Worten kam es Hermine völlig falsch vor erneut Eileen zu verletzten. Sie mochte die Dunkelhaarige und hatte sie in den wenigen Tagen, die sie sich kannte, unglaublich lieb gewonnen. Es war einfach gegen ihre Art Menschen, die ihr wichtig waren zu verletzten.

Sie wollte nicht länger an den Plan festhalten. Sie wollte das alles einfach nicht.

„Denk dran, dass du Riddle umbringen willst für das was er in der Zukunft tun wird. Wenn wir nichts unternehmen, sieht unsere Welt genauso aus wie vorher. Keiner wird gerettet. Die Toten bleiben tot und die Überlebende haben mehr Narben an der Seele als am Körper.“

Hermine fühlte sich völlig erschüttert. Blaise hatte Recht, doch trotzdem kämpfte alles in ihr dagegen an. Alles, was in der Vergangenheit getan wurde, hatte Auswirkungen auf die Zukunft.

„Ich werde mit ihr reden“, murmelte die Braunhaarige. „Ihr erklären…“.

„Was erklären? Du kannst ihr schlecht die Wahrheit sagen!“

Blaise wurde wütend und wollte Hermine aufhalten, indem er sie festhielt, als sie mit einem Ruck aufstand. Sie funkelte ihn wütend an. Warum verstand er es bloß nicht?

„Ich werde ihr nicht die Wahrheit sagen, aber ich muss mit ihr reden und ihr verständlich machen, dass ich das nicht tue, weil sie mir verhasst ist.“

Sie entzog sich Blaises Griff und ging weg. Irgendwo musste Eileen schließlich zu finden sein und diesmal musste sie ihr einfach zuhören.

Hermine suchte mit ihrem Blick die tanzenden Paare ab, doch weder Eileen noch Riddle waren zu sehen, also ging sie weiter durch die Halle.

Sie fühlte sich ein wenig verloren, als sie erkannte, dass sie kaum jemand hier kannte. Fast alle Gesichter waren ihr völlig unbekannt. Nicht einmal die Leute aus ihrem eigenen Jahrgang würde sie erkennen, da sie immer nur auf eine Person konzentriert gewesen war.

Blaise hatte verdammt noch mal Recht. Sie gehörte nicht hierher. Sie musste sich nicht darum kümmern, was hier passierte, wenn sie nur verhindern konnte, was in der Zukunft geschehen würde.
 

Hermine erkannte, als sie das dritte Mal die Halle durchrundete hatte, dass Eileen nicht hier war. Sie musste nach draußen gegangen sein. Die Braunhaarige wollte sich gar nicht vorstellen, was Eileen möglicherweise draußen mit Riddle trieb.

Wahrscheinlich würde sie es sowieso früh genug erfahren. Also ging sie durchs Portal nach draußen.

Ein frischer Wind fuhr ihr durch die Haarsträhnen und Hermine fröstelte augenblicklich. Der Herbst hatte in Hogwarts schon längst Einzug gehalten und der Winter war nicht mehr fern.

Trotzdem waren einige Schüler draußen und saßen auf Bänken, um miteinander zu kuscheln und den Sternenhimmel zu genießen.

Hermine blickte sich suchend nach dem einzigen Gesicht um, dass sie jetzt gern sehen wollte.

Eileen war ganz weit hinten und saß neben einem Kürbis, in dessen Inneren ein magisches Feuer leuchtet, das Wärme spendete. Sie war allein.

„Eileen“, sprach Hermine sie leise an.

Die Dunkelhaarige zuckte zusammen und setzte ein böses Gesicht auf.

„Was willst du? Mich daran erinnern, dass du dir Zephir geschnappt hast?!“

„Ich will es dir erklären. Bitte hör mir einen Augenblick zu!“

Eileen sah Hermine finster an, doch wich nicht zurück, als Hermine sich neben ihr hinsetzte.

Hermine sagte einen Augenblick nichts und auch Eileen schwieg.

„Weißt du, ich bin hierher nach England nicht gekommen, weil ich Lust darauf hatte. Ich bin eher geflohen vor dem, was zuhause geschehen war.“

Wieder schwieg sie kurz und setzte erneut an.

„Ich habe meinen besten Freund verloren. Nein, eigentlich noch viel schlimmer. Ich habe den Jungen verloren, den ich geliebt habe. Ich wollte nicht an dem Ort bleiben, an dem mich alles daran erinnerte, also bin ich hierher gekommen. Mein Bruder hat mich begleitet, weil er sich Sorgen um mich machte. Ich dachte hier wird es besser.“

Hermine biss sich auf die Lippe. Es war nah genug an der Wahrheit. Sie hatte wirklich ihren Liebsten verloren, doch war sie nicht freiwillig hierher gekommen. Hoffentlich glaubte ihr Eileen.

„Ihr wart alle so freundlich zu mir. Ich hatte endlich wieder Spaß. Als Zephir mich fragte, war ich völlig selbstsüchtig, weil ich dachte es hilft mir mit so einem netten Jungen auszugehen. Ich hab keine Sekunde daran gedacht, wie es dir geht und das tut mir wirklich leid.“

Eileen schwieg immer noch und sagte nichts. Hermine wusste nicht, was sie noch hinzufügen sollte. Eileen musste ihr einfach glauben, dass da nichts war mit Zephir.

„Also bist du nicht in Zephir verliebt?“, fragte Eileen leise.

Hermine schüttelte den Kopf. „Nein bin ich nicht. Ich mag ihn als Freund, aber mehr auch nicht.“

Eileen atmete erleichtert aus. „Da bin ich aber froh.“

„Ich wollte dich nicht als Freundin verlieren. Es tut mir wahnsinnig leid.“

Eileen schüttelte den Kopf bestimmt. „Wir sind noch Freunde!“

Hermine war froh, dass Eileen ihr geglaubt hatte. Blaise hatte zwar Recht, dass sie nicht für immer bleiben wollten, aber sie wollte nicht völlig ein Monster werden.

Sie wollte einfach Hermine Granger bleiben, die einen unglaublichen Hass auf Riddle hatte und nicht das Mädchen, das Menschen wie Schachfiguren behandelt und sich sogar selbst zur Schachfigur degradieren ließ. Sie brauchte Freunde.

Während sie in völliger Eintracht den Sternenhimmel betrachteten, hörten die Mädchen plötzlich Kampfgeräusche und es stoben Funken in die Luft.

„Was ist da denn los?“, fragte Eileen verwundert.

„Lass uns lieber nachsehen bevor etwas Schlimmes passiert.“

Sie sprangen auf und rannten in Richtung der Funken, um zu sehen, wer sich dort duellierte.

Hermine hatte ein ungutes Gefühl im Bauch.
 

Es waren Riddle und Zephir, die nun nachholten, was sie gestern nicht getan hatten. Es hatten sich schon einige Schaulustige versammelt, aber keiner schien dazwischen gehen zu wollen.

Hermine erkannte deutlich die zwei Parteien, die sich gebildet hatte. Auf der einen Seite standen die Slytherins, die es für gut hießen, dass Zephir mal eins übergebraten bekam. Auf der anderen Seite standen Zephirs Bewunderer, die sich um ihn sorgten und ihn zeitgleich anfeuerten.

Hermine musste an Harry und Malfoy denken, die sich immer genauso gegenüber gestanden hatten.

Es gab wohl zu jeder Zeit zwei Erzrivalen an der Schule, die einander hasste und jede Chance nutzten, um sich die Haare zu kriegen. Das war einfach typisch für Jungen.

Hermine beschloss einzuschreiten und Schlimmeres zu verhindern. Riddle hatte bereits getötet und Zephir schien oft genug auch bereit dazu zu sein.

„Hört auf!“ Hermine zog ihren Zauberstab und blickten die beide wütend an.

Zephirs Miene zerfraß ihr beinahe das Herz. Er sah sie mit einer solchen Abscheu an, während seine Augen zeigte, wie verletzt er war, weil sie ihm in Stich gelassen hatte.

Riddle beachtete sie kaum und sein Blick flog nur kurz zu ihr bevor er den nächsten Zauberspruch auf Zephir los schoss, denn dieser abwehrte.

Riddle hatte wieder dieses mörderische Grinsen.

„War Hermine nicht gestern noch deine Auserwählte? Und heute schon duellierst du dich wegen eines anderen Mädchens, die dir bis gestern egal war. Zum Glück hat dich der Sprechende Hut dich nicht nach Hufflepuff geschickt, denn treu bist du sicher nicht.“

Hermine stutzte und begriff dann. Es ging bei dem Duell diesmal gar nicht um sie, sondern um Eileen.

„Hermine ist genauso eine falsche Schlange wie du es bist. Ihr solltet euch zusammentun. Ihr wärt das perfekte Paar. Hinterlistig und boshaft genug seid ihr ja. Eileen hat wenigstens zu mir gehalten.“

Zephir versprühte mit jedem seiner Worte Gift. Hermine fühlte sich schrecklich. Es ging einfach alles schief. So hätte das alles nie kommen sollen. Sie war nicht wie Riddle.

Kraftlos ließ die Braunhaarige den Zauberstab sinken. Sie fühlte sich völlig erschlagen.

„Was ist hier los?“ Albus Dumbledore war aufgetaucht und die zwei Duellierenden ließen ihre Zauberstäbe sinken, um sich eine Strafpredigt anzuhören.

Hermine drehte dem Geschehen einfach den Rücken. Sie wollte heute nichts mehr hören.

Wie ein Schatten ihrer selbst durchquerte sie schnellen Schrittes die Halle und hoffte, dass Blaise sie nicht sah und sie darauf ansprach, was draußen geschehen war.

Oben im Schulsprecherturm ließ sie sich auf eins der Sofas sinken und zog die Beine an den Körper.

Sie war es so leid die Böse sein zu müssen. Die Tränen kamen schon fast wie gute alte Freunde, die sie daran erinnerte, warum sie hier war und was davor geschehen war.

Diese Zeit schien sie zu zerreißen wollen bis sie ihr Selbst völlig verloren hatte und nicht mehr als nur ein Schatten von Hermine Granger war. Sie wollte mit diesen Methoden nicht mehr weitermachen.

Es war Zeit, dass sie das Ruder übernahm und es wieder nach ihrer Nase ging.

Es war doch völlig egal, ob sie nun Riddles Herz erweichte oder nicht. Es ging nur darum ihn zu töten.

Nie wieder sollte jemand sagen sie wäre wie Riddle. Sie wollte einfach nur die Menschen retten, die sie liebte und auch wenn es einen Mord bedeutete, würde sie das in Kauf nehmen.

Es ging Hermine nicht um Macht wie Riddle. Sie war anders. Völlig anders.

Die Tränen wollten nicht mehr versiegen. Zephirs Worte hatten sie tief verletzt.

Dann schwang das Porträt vor dem Portal auf. Hermine brauchte nicht hochzusehen, um zu wissen, dass es Riddle war, der den Schulsprecherturm betreten hatte.

Sie wollte nicht, dass er sie so sah, also erhob sie sich und stand Riddle direkt gegenüber, der sich in den wenigen Sekunden ihr genähert hatte.

Er musterte ihr tränenverschmiertes Gesicht mit einem solchen neutralen Gesichtsausdruck, das Hermine ihn am liebsten für seine Gefühllosigkeit erschlagen hatte.

Dann fiel sein Blick auf die Kette, die sie immer noch trug. Hermine wünschte sich sie hätte sie abgerissen und in alle Einzelheiten zertrümmert. Sie war keine Schlange.

Riddle wand sich ab und ging ohne etwas gesagt zu haben. Hermine wurde einfach nicht schlau aus dem Kerl. Sie ließ sich zurück aufs Sofa sinken und atmete aus.

Riddles Schritte entfernten sich und sie war froh, dass er nichts gesagt hatte. Sie wollte nichts hören und nicht reden. Morgen würde sie sich wieder dem Kampf stellen.

Sie schloss die Augen und suchte Stärke und Kraft in ihrer glücklichen Erinnerungen mit Harry und Ron. Es beflügelte sie, wenn sie an die beiden dachte.

Als Hermine die Augen wieder öffnete, stand Riddle wieder vor ihr, doch diesmal lag etwas anderes in seinem Blick. Er beugte sich zu ihr vor und berührte die Kette an ihrem Hals.

Hermine fröstelte, als sie seine kalte Hand so dicht an ihrer Haut spürte und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, doch seine dunklen Augen hielten sie im Bann.

So fühlte sich also ein Beutetier einer Schlange, wenn es hypnotisiert wurde.

Und dann legten sich seine Lippen auf ihre und ihr Herz setzte aus.
 

~Kapitel 8 Ende~

Astonishment

Mittwoch, November 1, 1944
 

2:01 A.M.
 


 

Und dann legten sich seine Lippen auf ihre und ihr Herz setzte aus.
 

Der Kuss dauerte nur ein paar Sekunden. Er fühlte sich völlig kühl an, als hätten ihre Lippen Eis berührt. In ihrem Kopf schien alles auszusetzen. Hermine wollte ihn von sich stoßen, aber sie war zu überrascht, zu verwundert, um überhaupt irgendwie darauf zu reagieren. Dann war der Kuss vorbei.

In Riddles Augen war Triumph zu sehen und noch etwas anderes. Aber nach wie vor konnte Hermine nicht zuordnen, was sie in seinen Augen sah. Er verschwand einfach ohne ein Wort der Erklärung und ließ sie allein zurück mit ihren Gedanken.

Ihr Herz raste. Sie hatte gerade zugelassen, dass dieser Mörder sie küsste. Sie war entsetzt und schockiert, aber da war auch etwas anderes in ihr, das triumphierte.

Sollte es nicht genau so kommen? Sollte Riddle nicht Gefühle für sie entwickeln?

Doch es schien als hätte sie völlig die Kontrolle über das Geschehen verloren. Er hätte sie heute nur zum Tanzen auffordern sollen. Ein Kuss war nie eingeplant gewesen.

Verdammt! Warum war sie nur so verwirrt? Sie war völlig durcheinander. Ihr Herz klopfte wie wild und ihre Gefühle schienen Achterbahn zu fahren. Sie empfand nichts für Riddle. Nichts außer Hass und Wut. Es gab für ihre Gefühle keinen Grund verrückt zu spielen. Der Kuss ändert nichts.

Hermine atmete tief durch. Sie sollte sich beruhigen. Dieser Abend und diese Nacht waren einfach völlig verrückt gewesen und sie sollte dringend ins Bett.Morgen würde die Welt besser aussehen. Sie würde mit Blaise reden können und ihre Gefühle wären wieder in einer völlig normalen Verfassung. So war es am besten.

So wanderte sie in ihren Schlafsaal und zog sich aus. Sie warf alles in die Ecke und ließ sich in das Bett fallen. Sie hoffte auf einen tiefen Schlaf, der sie umfangen würde, doch er blieb aus.

Als der Schlaf sie Stunden später endlich einhüllte, träumte sie.

Sie träumte von einem brennenden Hogwarts. Harry hatte sich ausgeliefert, um alle anderen zu retten, doch der dunkle Lord hatte ihn getötet und danach alle anderen umgebracht. Sie hatte es nicht geschafft. Sie hatte versagt. Alles war verloren und verbrannte.

Dann sah sie sich selbst mit Riddle, der erkannt hatte, was sie vorhatte und sie nun umbringen würde.

Sie sah ihr Spiegelbild in seinen eiskalten Augen, sah seinen erhobenen Zauberstab. Sie wusste sie würde jetzt sterben müssen, spürte es bis ganz tief in ihre Seele.

Doch er zögerte den Zauberspruch zu sagen, den er in der Zukunft ohne Wimperzucken sagen würde. Den er bereits gesagt hatte ohne zu zögern. Trotzdem hielt er inne und sie sah dieses verräterische Funkeln in seinen Augen, das ihr schon beim Kuss aufgefallen war.

Tief in ihr begann sich ein neuer Gedanke zu formen, der so ungeheuerlich war, dass sie sich dagegen wehrte ihn laut zu denken. Er schien einfach völlig abstrus und abwegig.

Konnte Riddle etwa wirklich etwas empfinden? Hatte er etwas bei diesem Kuss gefühlt?

Sie wagte kaum weiterzudenken. Wenn er wirklich etwas empfunden hatte, dann bedeutete das er…

Nein, das war völlig ausgeschlossen. Er empfand nichts für sie.

Doch er zögerte immer noch und sah ihr in die Augen. Sie konnte sich nicht losreißen, nicht laut schreien, nicht ihren eigenen Zauberstab ziehen, um der Sache ein Ende zu setzten.

Sie sah nur seine dunklen Augen und in ihnen etwas Unfassbares: Gefühle.

Er kam näher und ließ den Zauberstab sinken. Wieder beugte er sich vor und wieder fühlte sie seine Lippen auf ihren, doch dieses Mal waren sie nicht aus Eis, sondern warm und angenehm.

Vielleicht konnte sie ihn retten…
 

Hermine schrak hoch. Sie war über ihren Traum zutiefst bestürzt. Sie versuchte es auf die Geschehnisse des gestrigen Tages zu schieben, dass dieser Traum sie so mitnahm.

Was war nur los mit ihr? Sie musste dringend an die frische Luft. Einfach raus.

Die Braunhaarige schlüpfte schnell in ihre Kleidung, fuhr sich mit der Bürste durchs Haar und stürmte die Treppe hinunter und erstarrte mitten in der Bewegung.

Dort saß Riddle und las. Er hob nicht den Kopf, obwohl er sie sicher gehört hatte. Hermine konnte nicht umhin sein Profil zu betrachten. Er sah wirklich gut aus.

Dann hob er den Blick und sah sie unverfroren an. Sie spürte wie ihr die Röte ins Gesicht stieg und statt locker lässig an ihm vorbeizugehen, als wäre nichts gewesen, stürmte sie an ihm vorbei in der Hoffnung, dass er nicht gesehen hatte, wie sie errötet war. Als sie auf dem Korridor war, bemerkte sie, dass er es sich trotzdem denken konnte aufgrund ihrer überstürzten Flucht, aber sie war noch völlig durcheinander.

Dieser Traum heute Nacht hatte sie aufgewühlt und Möglichkeiten freigelegt, an die so noch gar nicht gedacht hatte. Aber es schien alles so ungeheuerlich und sie wollte sich nicht drauf einlassen.

Doch sie fühlte sich wie eine Ertrinkende, die immer tiefer hinab gezogen wurde und verzweifelt gegen das Wasser trat, aber eigentlich schon begriffen hatte, dass es keine Rettung mehr gab.

Ein Gedanke, der einmal gedacht war, konnte nicht zurückgenommen wurde. Konnte nicht ausgelöscht werden. Er war einfach unwiderruflich da.

Hermine eilte durch die Schule, die noch völlig still da lag. Die Sonne war gerade aufgegangen und es waren einige sicher gerade erst ins Bett gewankt und würden noch Stunden schlafen. Obwohl es mitten in der Woche war hatten heute alle frei. Erst morgen würde sie wieder die Schulbank drücken müssen und dann wäre die Schule wieder laut um diese Uhrzeit.

Hermine war froh, als sie nach draußen trat und ein kühler Wind sie umfing. Sie wünschte sich, dass er alles fortwehen würde, was sie bedrückte.

Auf der Bank, auf der sie erst gestern mit Eileen gesprochen hatte, ließ sie sich fallen und blickte zum Verbotenen Wald, der ihr beinahe einladend erschien. Warum nur ließ sie sich so verunsichern? Warum schien ihre Stärke sich immer wieder davon zu schleichen und sie im Stich zu lassen, wenn der Mut sie verließ?

Sie verfluchte sich selbst für ihre Unsicherheit und Unerfahrenheit in Sache Jungs. Wenn sie nur mehr Erfahrungen hätte, dann könnte sie mit diesem Kuss viel cooler umgehen. So aber war sie völlig überrumpelt worden und hatte das Gefühl ihr hätte jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Warum nur war sie so durcheinander?

Der Kuss war völlig kühl gewesen. Völlig neutral. Keine Leidenschaft. Es war eher die Tatsache, wer sie geküsst hatte, die ihre Gefühle so verrückt spielen ließ. Niemals hätte sie gedacht, dass Riddle jemand küssen würde. Dass er überhaupt etwas tat, was auf emotionaler Basis und nicht auf rationaler Basis war. Er musste einen Grund gehabt für diesen Kuss. Sie weigerte sich zu glauben, dass er sie völlig grundlos geküsst hatte. Es musste einen Grund geben.

Die Braunhaarige musste nur noch herausfinden, was für ein Grund es war. Das würde sie davon ablenken über diesen Kuss nachzudenken. Sie musste sich wieder konzentrieren.

Für sie gab es keinen Grund etwas anderes als Hass für ihn zu empfinden. Und es würde auch nie einen anderen Grund geben, denn sie würde Riddle töten. Sie musste es tun, damit der Traum vom brennenden Hogwarts nicht wahr wurde. Das war alles, was sie tun konnte und alles, was sie tun musste, um zu verhindern, was in der Zukunft möglicherweise geschehen würde.

Sie würde zum kalten Windstoß werden, der das Unheil davon fegte.
 

Erst als die Sonne sich immer näher dem Zenit näherte, ging Hermine wieder hinein in das Schloss. Sie fürchtete sich ein wenig vor dem Gerede, denn das Duell zwischen Zephir und Riddle war sicher in allen Mündern und damit waren es Zephirs Worte auch.

Hoffentlich ändert das nichts zwischen Eileen und ihr. Nachdem sie gestern versucht hatte ihre Freundschaft zu retten, konnte es nicht wieder zur Funkstille kommen.

Es gab eine Mischung aus Frühstück und Mittagessen in der Halle. Ganz daran angepasst, wann man aufgestanden war und worauf man jetzt am ehesten Hunger hatte.

Hermines Magen knurrte laut, da sie gestern nicht einmal auf den Ball etwas gegessen hatte. Da Blaise noch nicht zu sehen war, setzte sie sich an den Ravenclawtisch.

Verstohlen schaute sie sich um, ob irgendjemand sie musterte und über sie sprach, aber alle redeten nur von ihren persönlichen Erlebnissen auf dem Ball.

Sie aß genüsslich und war froh, dass Riddle nicht auftauchte. Auch die anderen Slytherins fehlten. Blaise war auch noch nicht aufgetaucht. Auch Eileen, Sophie und Zephir fehlten.

Hermine fühlte sich völlig allein gelassen. Eigentlich kannte sie hier niemanden. Sie erinnerte sich zurück an ihre ersten Monate auf Hogwarts. Damals hatte sie auch keine Freunde gehabt.

Erst an Halloween mit dem Angriff des Trolls hatte sie Freunde gefunden. Die allerbesten Freunde, mit denen sie durch alle Schwierigkeiten gemeinsam gegangen war.

Hier war Halloween vergangen und es schien sich nichts für sie geändert zu haben. Viel mehr hatte sie die Leute verloren, die ihr wichtig waren.

Diesmal musste sie sich allein der Aufgabe stellen und allein fühlte sie sich völlig schwach. Sie vermisste ihre Freunde so sehr, das es einfach nur schmerzte.

Irgendwann war sie fertig mit dem Essen und es war nach wie vor niemand aufgetaucht. Sie beschloss in den Raum der Wünsche zu gehen und dort weiter nach einer Möglichkeit zu suchen, wie sie zurückreisen konnte. Blaise würde sie auf jeden Fall dort suchen, wen er mit ihr reden wollte.

Im Raum der Wünsche waren wieder eine Unmenge an Büchern zum Thema Zeitreisen. Hermine zog das Buch heraus, das sie als letztes gelesen hatte und begann an der markierten Stelle weiter zu lesen.

Sie wusste nicht wie viel Zeit sie dort verbrachte und über die makabersten Möglichkeiten las in der Zeit zu reisen. Da schwor ein Autor darauf, dass man sich nur einen toten Frosch über die linke Schulter schmeißen musste und dabei laut das Datum sagen musste, zu dem man reisen wollte.

Hermine musste bei dieser Vorstellung laut lachen.

„Was gibt es denn so lustiges?“

Blaise stand so unvermittelt hinter ihr, das die Braunhaarige erschrak. Er beugte sich über ihre Schulter, um die Stelle zu lesen über die sie so gelacht hatte.

Diese plötzliche Nähe überraschte sie. Er hatte sie zwar schon einmal in den Arm genommen, um sie zu trösten, aber eigentlich hielt er immer eine gewisse Distanz zu ihr.

Jetzt spürte sie sein Gesicht direkt an ihrem. Sie fühlte sich ein wenig unwohl. Die Nähe behagte ihr nicht ganz. Sie war sowie schon durcheinander genug und sollte am besten nichts ins Blaises Verhalten reininterpretieren. Er war einfach ein Frauenschwarm.

Er lachte leise auf, als er die Stelle zu Ende gelesen hatte.

„Das sollten wir unbedingt ausprobieren. Du natürlich zuerst Schwesterherz.“

Blaise setzte sich auf die Sessellehne und behielt damit die geringe Distanz zwischen ihren Gesichtern bei. Als Hermine in Blaises dunkle Augen blickte, musste sie augenblicklich an das andere dunkle Augenpaar denken, dass sie völlig gefangen gehalten hatte.

In ihrer Verwirrung stieß sie Blaise von der Sessellehne und sprang mit gerötetem Gesicht auf.

Erst als sie Blaises verdutzte Miene sah, beruhigte sich ihr Herz wieder.
 

Blaise hatte sich wieder aufgerappelt und nahm im Sessel gegenüber Platz. Hermine war völlig erleichtert, dass der Abstand zwischen ihnen wieder normal war. Ihr Herz spielte ihr im Augenblick einfach nur verrückte Streiche. Jetzt musste sie sich auch noch erklären.

„Alles in Ordnung mit dir?“ Blaises Miene war besorgt. „Ich hab von dem Duell gestern Abend gehört. Was ist passiert, als du gegangen bist?“

Zephir hatte sie eine falsche Schlange genannt und Riddle hatte sie geküsst, aber wie verpackt man so was in den richtigen Worten ohne dass Blaise sofort merkte, was in ihr vorging?

Also begann sie stockend von ihrer Unterhaltung mit Eileen zu erzählen.

„…, dann hörten wir die Geräusche und sind aufgestanden, um nachzusehen. Wir fanden Zephir und Riddle im Duell verstrickt vor. Es ging um Eileen und nicht um mich. Ich wollte die zwei zum Einhalten bringen, aber Riddle reizte Zephir weiter und Zephir nannte mich falsche Schlange.“

Blaise ballte die Hand zur Faust.

„Der hat keine Ahnung. Du bist keine falsche Schlange. Du tust nur das, was getan werden musste. Wenn er dich noch mal beleidigt, sag Bescheid, dann polieren ihm die Schlangen mal die Fresse.“

Hermine war überrascht über Blaises Drohung. Er erinnerte sie an Harry und Ron, die auch jederzeit Malfoy die Fresse poliert hätten, wenn er sie wieder Schlammblut genannt hätte.

Es war seltsam, da Blaise doch eigentlich auch nichts mit ihr zu tun haben wollte, weil sie Muggeleltern hatte, doch jetzt verteidigt er sie genauso stark.

Zögernd setzte Hermine ihre Erzählung fort.

„Ich bin zurück in den Schulsprecherturm und hab…“ Sollte sie wirklich sagen, dass sie geweint hatte? Aber Blaise hatte bewiesen, dass er zu ihr hielt.

„Ich war völlig fertig, weil alles schief gelaufen war. Ich weinte und da kam Riddle rein. Er ließ mich in Ruhe und verschwand. Aber dann kam er zurück und …“

Hermine spürte, wie ihr die Röte wieder ins Gesicht herauf kroch und sah Blaises fragenden Blick.

Sie wollte es nicht laut sprechen, weil es dann wirklich passiert war. Dann war es nicht nur Einbildung gewesen, sondern es war wirklich geschehen.

„Spuck schon aus, was passiert ist. Es wird doch nicht so peinlich gewesen sein.“

Blaise hatte da leicht reden. Er war schließlich nicht derjenige, der völlig durcheinander war wegen eines Kuss und eines Traumes. Sie musste sich zusammenreißen.

„Er hat mich geküsst“, murmelte sie, doch Blaise verstand sie trotzdem.

Es sah aus, als würden in Blaises Gesicht alle Gefühle auf einmal toben. Er konnte sich wohl auch nicht recht entscheiden, wie er diese Situation nun beurteilen sollte.

Eigentlich hatte Hermine gehofft, dass wenigstens Blaise alles klarstellen würde und ihr so helfen würde ihre eigenen Gefühle wieder in Zaum zu kriegen.

Doch jetzt sah es so aus, als wäre Blaise ebenso davon überfordert wie sie. Dabei hatte Blaise doch gar kein Grund durcheinander zu sein. Warum war er es dann?

„Er hat dich geküsst? Aber warum?“

In seiner Miene tanzten immer noch Verwirrung, Zufriedenheit, positives Erstaunen, Wut und Schockiertheit. So hatte sie Blaise noch nie gesehen.

„Er hat nichts gesagt. Ich weiß nicht warum…“

„Nichts? Was sollte seine Aktion dann?!“

Hermine zuckte mit den Schultern. Das hatte sie sich auch schon gefragt, aber bis jetzt war ihr noch kein Grund eingefallen, aus welchem Grund Riddle sie geküsst haben könnte.

„Wir müssen es raus finden. Er wird einen Grund gehabt haben.“

Sie sah wie Blaise schluckte, als müsste er das vergiftete Stück Apfel hinunterwürgen.

„Es scheint immerhin so, als hätte er Interesse an deiner Person gefunden.“

Hatte Riddle wirklich Interesse an ihr? Hermine glaubte einfach nicht daran. Sie hatte nicht das Gefühl eine wirkliche Gefahr für den dunklen Lord zu sein.

Doch egal wie sehr sie herumrätselte, ihr fiel kein Grund für diesen Kuss ein. Vielleicht war es doch nur um sie gegangen, auch wenn das für sie unvorstellbar war.
 

Der nächste Tag kam und Hermine hatte keine Lust aufzustehen. Sie würde Riddle begegnen und sie war sich immer noch nicht sicher, ob ihr Herz ihr keine weiteren Streiche spielte. Zephir würde da sein und Sophie, die immer alles wissen wollen würde. Und natürlich Eileen. Hermine zwang sich aufzustehen. Sie durfte sich keine zu großen Sorgen machen. Gestern hatte keiner ein Wort über das Duell verloren. Vielleicht würde heute auch keiner darüber reden.

Dieses Mal saß Riddle nicht im Gemeinschaftsraum der Schulsprecher. Hermine atmete erleichtert auf. Draußen erwartete sie aber eine Überraschung. Eileen stand dort und wartete auf sie. Überrascht ging sie auf sie zu.

„Guten Morgen Hermine.“ Eileen umarmte sie. „Ich hab dir etwas zu erzählen!“

„Guten Morgen Eileen, was gibt es denn so Wichtiges?“

Eileen strahlte über beide Ohren. „Ich bin jetzt mit Zephir zusammen.“

Hermine konnte sich nicht so recht freuen für die Schwarzhaarige, da sie immer noch Zephirs Worte im Ohr hatte und einfach nicht vergessen konnte, wie er sie angesehen hatte.

Eileen sah Hermines Gesichtsausdruck und berührte sanft ihre Schulter.

„Ich habe Zephir erzählt, was du mir erzählt hast. Ich hoffe das ist in Ordnung gewesen. Auf jeden Fall ist er nicht mehr wütend auf dich. Er war einfach nur enttäuscht von dir, also nimm ihm das nicht ganz so übel. Auf mich war er erst einmal auch ziemlich wütend, aber jetzt…“

Eileen strahlte bis über beide Ohren. Hermine war erleichtert zu hören, dass Zephir nicht mehr wütend auf sie war und das alles vergessen war.

„Dann freu ich mich wirklich für dich. Ihr seid ein schönes Paar.“

Hermine war froh, dass trotz ihres Verhaltens auf dem Ball sie doch nicht alle vergrault hatte. Sie war also doch noch kein gefühlloses Monster. Sie hatte noch Freunde. Gemeinsam gingen sie zum Frühstück. Sophie erwartete sie schon freudestrahlend.

„Wir haben uns gestern gar nicht mehr gesehen, also müsst ihr mir jetzt alles erzählen, was ihr auf dem Ball erlebt. Bis ins allerkleinste Detail.“

Eileen begann vor lauter Glück strahlend von ihrem Ball zu erzählen, während Hermine sich wieder in ihren Gedanken verloren hatte. Sie suchte immer noch nach einem Grund.

Irgendwann schweifte ihr Blick hinüber zum Slytherintisch. Sie sah zum ersten Mal Lestrange und seine Freunde bei Riddle sitzen. Sie führten eine hitzige Diskussion.

Lestrange gestikulierte wie wild, während Riddle kühl etwas auf seine Worte erwiderte. Lestrange schüttelte den Kopf, was Riddle einen wütenden Blick und eine zischende Bemerkung entlockte.

Am Ende stand Lestrange auf und ging gefolgt von seinen Leuten.

Immer noch gebannt starrte Hermine herüber bis Riddle ihren Blick erwiderte. Sein Blick nahm sie wieder für einige Sekunden gefangen bevor sie ihren Blick senkte.

Ihr Herz klopfte wie wild und sie konnte selbst nicht sagen, warum sie so fasziniert von seinen Augen war und warum sie sich einfach nicht mehr losreißen konnte. Sie fühlte sich, als hätte Riddle sie hypnotisiert und nun war sie in diesem Bann gefangen.

Als sie wieder aufblickte, war Riddle aufgestanden und verschwunden. Auch die anderen Schüler machten sich auf dem Weg zum Unterricht.

Hermine folgte Eileen und Sophie in den Verwandlungsunterricht, den sie zum Glück gemeinsam mit den Hufflepuffs hatten.

Es fiel ihr leicht Professor Dumbledore zuzuhören und sie versank völlig im Unterrichtsgeschehen. Hier musste sie nicht lange nachdenken. Das konnte sie und Dumbledore lobte sie für ihre schnelle Auffassungsgabe und ihr großes Talent.

Hermine dachte nicht eine Sekunde an Riddle und vergaß all ihre Probleme und Sorgen für den Augenblick.
 

Der Tag schien wie im Flug zu vergehen. Es dauerte nicht lange, da saßen sie bereits wieder zum Abendessen alle zusammen. Zephir hatte zwar kein Wort mit Hermine gesprochen, aber setzte sich ebenfalls zu ihnen. Blaise setzte sich neben Hermine statt wie sonst neben Zephir, den er mit einem bösen Blick bedachte. Zwischen den beiden Freunden schien ebenfalls Funkstille zu herrschen. Selbst Sophie und Eileen schienen kein Thema mehr zu haben über das sie reden konnten. So still war es noch nie bei ihnen gewesen. Es war unheimlich und gespenstisch. Der Ball hinterließ doch seine Spuren. Sophie bemühte sich um ein Gespräch.

„Hermine, kannst du mir gleich noch mal bei den Hausaufgaben zu Verwandlung helfen?“

Der Zauber, den Dumbledore heute mit ihnen geübte hatte, war wirklich kniffelig gewesen. Es war wirklich kein leichtes Stück Arbeit als UTZ-Schüler.

„Natürlich helfe ich dir dabei.“ Hermine lächelte Sophie an.

„Macht ihr auch mit beim gemeinsamen Lernen im Gemeinschaftsraum?“

Eileen nickte, aber Zephir und Blaise entschuldigten sich beide, da sie noch etwas anderes vorhätten. Hermine fragte sich, was Blaise wohl diesmal wieder plante. Bestimmt traf er sich mit den Slytherins. Also machten sich die drei Mädchen alleine auf dem Weg in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws, wo sich bereits viele andere Gruppen zum Lernen zusammengeschlossen hatten. Gerade die oberen Jahrgänge waren wie wild am Büffeln. Die einen fürchteten ihre ZAG-Prüfungen, die anderen waren im sechsten Schuljahr und mitten drinnen und die Siebtklässler bereiteten sich auf ihre UTZ-Prüfungen vor. Sie fanden zum Lernen noch einen Platz in der Ecke.

Die drei machten sich gleich an den Aufsatz für Verwandlung. Hermine suchte in ihrem Verwandlungsbuch nach der richtigen Seite.

„Sag mal Hermine wie war es eigentlich bei dir auf dem Ball? Du bist ziemlich schnell wieder verschwunden. Und vorhin hast du auch nichts erzählt!“

Hermine blickte in Sophies neugierige Augen, die nur darauf brannten alles zu erfahren.

„Da gibt es wirklich nichts Erzählenswertes.“

„Nichts Erzählenswertes? Du hast erst mit Riddle getanzt, dann mit Zephir seinem größten Rivalen und dann hat Lestrange dich zum Tanzen aufgefordert! Wenn das nicht skandalträchtig ist!“

„Ich hatte Lestrange einen Tanz versprochen. Ich wusste ja nicht, dass ich damit einen Fehler begehe. Du vergisst, dass ich mich nicht auskenne mit euren Feindschaften.“

In Wirklichkeit kannte Hermine sich bestens damit aus. Aber das ahnte die anderen zwei ja nicht.

Sophie zuckte mit der Schulter. „Ich werfe es dir ja nicht vor, aber was ich ja wirklich unverschämt fand, war ja Riddles Verhalten, als du mit ihm getanzt hast.“

Hermine zog verwundert die Augenbraue hoch. Sie erinnerte sich nicht daran, dass Riddle ihr unverschämt vorgekommen war, aber sie hatte ihn auch nicht genau gemustert.

Sophie kicherte. „Er hat dir die ganze Zeit auf deinen Busen gestarrt, also das hätte ich wirklich nicht von ihm gedacht.“

Riddle hatte auf ihren Busen gestarrt? War er etwa doch ein ganz normaler Junge?

Doch im nächsten Augenblick begannen sich die Puzzlestücke zusammenzufügen.

„Hermine alles okay mit dir?“ Sophie winkte mit der Hand vor ihrem Gesicht.

„Ich hab noch ein Buch, das uns weiterhelfen könnte. Ich geh es eben holen.“

Hermine stand auf und flüchtete aus dem Gemeinschaftsraum. Warum hatte sie vorher nicht daran gedacht? Es war alles so einfach gewesen.

Im Schulsprecherturm schoss Hermine gleich hoch in ihren Raum und fand in der Ecke ihr Ballkleid vor. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht es ordentlich aufzuhängen.

Nun hob sie es auf und hängte es beiseite. Sie suchte weiter, doch egal wie sehr sie sich bemühte, etwas fehlte. Das fehlende Puzzlestück. Ihre Kette war verschwunden.
 

Hermine ließ sich auf ihr Bett sinken. Sie erinnerte sich genau an ihr Gespräch mit Riddle über Schlangen. Sie erinnerte sich daran, dass als er zurück in den Schulsprecherturm gekommen und ihr gegenüber gestanden hatte, ein Blick auf ihre Kette geworfen hatte. Und als er zurückkam um sie zu küssen, hatte er mit seiner Hand ihre Kette berührt.

Aber sie konnte sich nicht daran erinnern, dass sie die Kette abgenommen hatte, als sie ins Bett gegangen war. Sie konnte sich nicht daran erinnern sie weggelegt zu haben.

Der Grund für den Kuss war so einfach gewesen. Riddle hatte es die ganze Zeit nur auf ihre Kette abgesehen. Es ging nie um etwas anderes.

Erleichtert atmete Hermine auf. Irgendwie stimmte sie das froh. Sie hatte so viele Gedanken daran verschwendet, was es zu bedeuten hatte, doch jetzt lag alles offen vor ihr.

Das verräterische Funkeln in seinen Augen hatte nichts mit Gefühlen zu tun. Riddle war nur begierig darauf gewesen diese Kette zu besitzen und er hatte sie ihr ganz einfach abgeluchst.

Wahrscheinlich lachte er sich jetzt ins Fäustchen, weil sie rot geworden war und aus dem Schulsprecherturm geflüchtet war.

Hermine ballte wütend die Hand zur Faust. Sie war so dumm gewesen. Nur wegen so einem Idioten hatte ihr Herz verrückt gespielt. Das würde sie ihm heimzahlen.

Auch wenn ihr die Kette nichts bedeutete, so ungestraft ließ sie ihn nicht davon kommen. Er konnte nicht einfach tun, was er wollte. Wenn sie ihn erwischte, würde er sein blaues Wunder erleben.

Hermine Granger ließ sich nicht von einem Slytherin verrückt machen. Vor allem nicht von diesem Slytherin. Nie wieder würde sein Blick sie gefangen nehmen.

Sie würde ihn vernichten. Es gab nichts Gutes in ihm. Nichts was lohnte um ihn zu retten. Hermine stürmte hinunter in ihren Gemeinschaftsraum. Sie würde hier auf Riddle warten. Er tauchte auch ziemlich schnell auf und übersah sie geflissentlich. Hermine versperrte ihm dem Weg zu seinem Schlafsaal.

„Wir müssen reden!“

„Ich wüsste nicht, worüber ich mit dir reden sollte.“

Er schob sich an ihr vorbei, doch Hermine gab sich nicht so leicht geschlagen. Sie hielt ihn am Ärmel fest und notgedrungen musste er sich wieder zu ihr umdrehen.

„Ich hätte gerne meine Kette wieder!“

Kurz blitzte etwas in Riddles Augen auf. Er hatte also wirklich ihre Kette an sich genommen.

„Was für eine Kette?“

Natürlich spielte er das Unschuldslamm, das von nichts wusste, aber Hermine wusste es besser.

„Die Kette, die du mir gestern gestohlen hast. Du musstest da zu dreisten Tricks greifen, um sie dir zu holen. Klingelt es da bei dir?“

Riddle entzog sich ihrem Griff und setzte sein diabolisches Lächeln auf.

„Ich weiß nicht wovon du sprichst. Du hast deine Kette wohl verlegt. Es schon mal mit Zaubern versucht? Oder suchst du nur nach einem Grund dich an mich ran zu schmeißen?“

Hermine zuckte zusammen. Was glaubte dieser Kerl eigentlich wer er war?

„Du bist sicher der letzte Mensch auf der Welt mit dem ich zusammen sein möchte. So ein arroganter und selbst verliebter Typ hat es gar nicht verdient, dass es überhaupt eine einzige Person gibt, die sich um ihn sorgt und für ihn etwas empfindet!“

„Dann wäre das ja geklärt.“

Er drehte sich einfach um und ging. Hermine sah ihm hinterher. Das konnte einfach nicht wahr sein.

„Bevor das einfach so geklärt wäre, will ich noch eine Sache wissen.“

Riddle hielt inne, was Hermine überraschte. Er drehte sich nicht wieder um, aber er blieb stehen.

Und plötzlich kamen die Worte aus ihrem Mund, ohne dass sie vorgehabt hatte, es auszusprechen. Doch dann hing die Frage in der Luft und konnte nicht mehr zurückgenommen werden.

„Wenn es dir nicht um die Kette ging und ich dir ebenso verhasst bin wie du mir, warum hast du mich dann überhaupt geküsst?“
 

~Kapitel 9 Ende~

Glance

Donnerstag, November 2, 1944
 

9:15 P.M.
 


 

„Wenn es dir nicht um die Kette ging und ich dir ebenso verhasst bin wie du mir, warum hast du mich dann überhaupt geküsst?“
 

Riddle antwortete nicht. Hermine hätte es auch überrascht, wenn es anders gewesen wäre. Trotz allem war sie enttäuscht und sie wusste selbst nicht genau, was sie von ihm erwartet hatte. Wohl kaum, dass er ihr plötzlich seine Liebe gestand. Aber vielleicht, dass er ehrlich genug war, um ihr zu sagen, dass er die Kette gestohlen hatte. Doch er schwieg nur und das machte sie unendlich wütend.

Sie holte tief Luft, um nicht gleich vor Wut los zu schreien.

„Ist es nur, weil du mich fürchtest? Willst du nicht, dass ich dir weiter deinen Platz streitig mache? Schließlich bin ich diejenige, die in deinem Club sitzt, während du der Rausgeschmissene bist!“

Hermine schalte sich im selben Augenblick einen Dummkopf. Warum musste sie Riddle auch immer nur reizen statt einfach einmal im Leben den Mund zu halten?

Er drehte sich ganz langsam zu ihr um. Sein Blick sprühte vor Zorn.

„Du tust was?“, fragte er ganz leise und bedrohlich, dass ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief.

Jetzt hieß es einfach nur die Ruhe bewahren und nichts Falsches sagen.

„Dein kleiner Club von Todesser hat mich eingeladen den Treffen beizuwohnen, aber dich hab ich da noch nie gesehen. Hattest du eine Meinungsverschiedenheit mit ihnen?“

Hermine musste wieder an das gestrige Frühstück denken als Lestrange und Riddle diskutiert hatten. Vielleicht erfuhr sie endlich, was hier nicht stimmte. Sie wollte es wissen.

Riddle war aufgebracht und musste sich zusammenreißen. Er atmete zischend aus.

„Mein kleiner Club von Todesser hat dich gar nicht zu interessieren. Halt dich da raus und tauch nie wieder bei den Treffen auf, wenn dir dein Leben lieb ist.“

Er überwand die Distanz zwischen ihnen und baute sich direkt vor ihr auf. Ihre Gesichter waren sich wieder so nah und obwohl Hermine sich fürchtete hatte sie für einen Augenblick das Gefühl sich an Riddle anlehnen zu müssen, um nicht ins Bodenlose zu stürzen.

Aber sie musste sich jetzt zusammenreißen, damit er nicht merkte, dass sie Angst hatte. Sie warf die Haare zurück und warf ihm einen bösen Blick zu.

„Ich tue, was ich für richtig halte und werde mir von dir wohl kaum etwas verbieten lassen.“

Dann ging sie hoch erhobenen Hauptes an ihm vorbei und verzog sich in ihren Schlafsaal. Es lohnte sich nicht mehr das Buch zu holen, um zu Sophie und Eileen zurückzukehren.

Stattdessen warf sie sich auf das Bett und überlegte, warum Riddle und die Todesser getrennte Wege gingen. Er konnte sagen was er wollte, es musste etwas zwischen ihnen vorgefallen sein.

Aber wie konnte sie herausfinden was es war? Würde Lestrange ihr diese Frage beantworten?

Hermine konnte Lestrange noch nicht so recht einschätzen. Sie hatte erst wenige Male mit ihm gesprochen und konnte sich keinen Reim aus ihm machen.

Er schien nett zu ihr zu sein und sie auch zu mögen, aber Hermine war sich nicht sicher wie viel davon wiederum echt war und wie viel davon von ihrer falschen Herkunft beeinflusst war.

Lestrange vertrat Riddles Ideale erbarmungslos und doch war er anders in seiner Art und Weise. Es musste einen Grund geben für diesen Unterschied.

Hermine nahm sich fest vor morgen Lestrange gerade heraus zu fragen. Entweder er antwortete ihr oder sie musste andere Mittel und Wege suchen. Irgendwo musste noch ihr Zaubertrankbuch liegen.

Sie hatte noch nie Veritaserum hergestellt, aber wenn sie keine Wahl hatte, würde sie es zumindest versuchen, um endlich herauszufinden was hier nicht stimmte.

Es würde dauern bis der Trank fertig war, aber sie hatte Zeit und Geduld. Sie würde noch früh genug herausfinden, was hier gespielt wurde.
 

Hermine wusste sofort, dass es ein Traum war, als sie wieder das brennende Hogwarts sah.

Sie sah das dunkle Mal über dem Schloss schweben. Sie sah unzählige Tote und Verletzte.

Sie sah Todesser, die die Überlebenden folterten. Sie sah das Blut und das Feuer, was alles verschlang.

Und dann sah sie ihn. Nicht Lord Voldemort, sondern Tom Riddle.

Er beobachtete die ganze Szene mit seinem gleichgültigen Gesichtsausdruck. Nur sein kleines, süffisantes Lächeln zeigte, wie sehr er es genoss.

Sie rang mit den Tränen und der Wut. Wie konnte er einfach da stehen und zusehen?

Niemand konnte so gefühlskalt sein! Sie wollte schreien, doch es kaum kein Laut über ihre Lippen.

Doch Riddle nahm sie trotzdem wahr. Wie im ersten Traum drehte er sich zu ihr und sie sah ihr verängstigtes Spiegelbild in seinen eiskalten Augen.

Er stand ihr mit erhobenem Zauberstab gegenüber und Hermine wusste genau er würde sie umbringen.

Doch wieder zögerte er und ließ seinen Zauberstab sinken. Da war wieder dieses verräterische Funkeln in seinen Augen, doch diesmal erkannte sie was es war. Es war Wärme.

Seine Augen schienen aufzutauen. Er trat auf sie zu. Alles an ihm war auf einmal warm und einladend.

Hermine wollte sich in seine Arme stürzen lassen und alles vergessen.

In ihr war wieder dieser Gedanke, der sich in ihrem Kopf ausbreitete und sie völlig einnahm.

Sie wollte ihn abschütteln, doch er war überall und klammerte sich fest.

Wenn Riddle fühlen konnte, konnte er dann zurück auf den rechten Weg gebracht werden?

Konnte sie ihn retten und musste ihn nicht töten? War das möglich?

Sie wagte kaum zu atmen, sondern blickte nur in Riddles Augen, die fast sanft wirkte.

Konnte es möglich sein? Konnte sie ihn vielleicht retten?

Hermine erwachte mit einem Schreck. Schon wieder dieser seltsame Traum. Als ob es jetzt noch möglich wäre Riddle auf den richtigen Weg zu bringen. Er hatte bereits getötet.

Sie schnaubte über ihre Träume. Sie wollte gar nicht erst über diese Möglichkeit nachdenken.

Also stand sie auf und zog sich an. Heute würde sie mit Lestrange reden. Vielleicht sollte sie Blaise noch in ihre Pläne einweihen, aber erstmal versuchte sie es auf eigener Faust.

Riddle saß wieder einmal in ihrem Gemeinschaftsraum, den Hermine aber mit großen Schritten durchquerte ohne ihn auch nur zu grüßen.

Heute wurde sie nicht rot. Heute war sie stark genug, um Riddle die Stirn zu bieten. Er würde noch sehen, was er sich für einen Ärger mit ihr eingebrockt hat.

Als sie die große Halle betrat, blickte sie sich nach Lestrange um, konnte ihn aber noch nicht entdecken. Also setzte sie sich zu Sophie und Eileen.

„Wo bist du gestern abgeblieben? Wir haben noch auf dich gewartet.“

Sophie sah sie vorwurfsvoll an. Hermine verdrehte gekonnt die Augen.

„Ach ich bin in Riddle rein gelaufen, der mich darüber aufgeklärt hat, dass selbst die Schulsprecherin um diese Uhrzeit nicht mehr auf den Fluren unterwegs sein sollte.“

„Oh. Das erklärt natürlich einiges. Riddle nimmt immer alles so genau.“

Sophie seufzte. Und Eileen setzte mit einem Schnauben hinzu.

„Er ist einfach nur ein arrogantes Arschloch. Du solltest dir nichts von ihm sagen lassen.“

Hermine nickte geistesabwesend und ließ ihren Blick wieder über den Slytherintisch schweifen.

Kein Lestrange zu sehen. Dafür hatte Riddle seine morgendlichen Studien unterbrochen und sich dazu herabgesetzt ebenfalls zu frühstücken bevor der Unterricht losging.

„Wenn man vom Teufel spricht…“, murmelte Eileen, als sie Hermines Blick folgte.

„Das nächste Mal werde ich ihm mal so richtig die Meinung geigen.“

Hermine wand sich ab und sah Eileen mit boshaftem Lächeln an. Eileen nickte zustimmend.

Diesmal verdrehte Sophie die Augen, sagte aber nichts dazu, sondern sprach von anderen belanglosen Dingen mit denen sie ihr Gespräch fortsetzten bevor der Unterricht begann.
 

Hermine brauchte Lestrange gar nicht groß zu suchen. Nach Verteidigung gegen die dunklen Künste stand er so plötzlich hinter ihr, dass sie sich erschrak.

„Ich hab dich gesucht. Sag deinem Bruder, dass es heute Abend wieder ein Treffen gibt.“

Hermine nickte und musste sich erst einmal sammeln.

„Sollte das Treffen nicht erst nächste Woche stattfinden? Warum wird es vorverlegt?“

Sie wollte erst einmal ein normales Gespräch anfangen bevor sie ihre Frage stellte.

Lestrange zuckte mit den Schultern.

„Hat keinen bestimmten Grund. Heute passt einfach genauso gut wie in einer Woche.“

„Kann ich dich was fragen, Lestrange? So aus purer Neugier?“

Er nickte. „Du kannst alles fragen, was du willst, Prinzessin.“

Hermine fühlte sich leicht veräppelt, weil er ihr immer Kosenamen gab und zögerte kurz.

„Hattet ihr Streit mit Riddle? Ich hab gesehen wie ihr miteinander diskutiert habt.“

„Nichts Besonderes. Er wollte mich nur mal wieder belehren und das lass ich mir nicht gern gefallen. Die Jungs hören eh eher auf mich als auf ihn.“

„Ist das der Grund warum Riddle nicht zu euren Treffen auftaucht? Mir hat er nämlich gesagt, dass ich nicht wieder bei euren Treffen auftauchen soll, aber er scheint überhaupt nicht das Sagen zu haben, aber bevor ich da was missverstehe, wollte ich dich fragen.“

Lestranges Augen wurden schmal und er schnaubte verächtlich.

„Du brauchst gar nicht auf ihn hören. Er taucht doch selber nie auf und hält sich immer für etwas Besseres als alle anderen. Da muss er sich nicht wundern, wenn keiner mehr auf ihn hört.“

Hermine nickte doch in ihrem Kopf arbeitete es. War es wirklich so einfach? Handelte es sich einfach nur um Machtkämpfe? Gönnte Lestrange Riddle nicht die Führungsposition?

Es schien so einfach zu sein, aber Hermine wollte sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden geben. Ihr Gefühl sagte ihr, dass noch viel mehr dahinter steckte und Neid auf die Macht nur ein Grund war.

Aber sie wusste, dass Lestrange nicht noch mehr zu diesem Thema sagen würde. Und noch mehr Fragen würden ihn misstrauisch machen. Vielleicht konnte Blaise noch etwas aus ihm herauskitzeln oder sie musste es wirklich mit Veritaserum ausprobieren. Möglicherweise hatte Professor Slughorn davon sogar etwas vorrätig, sodass sie es nur stehlen musste.

„Dann sehen wir uns heute Abend“, sagte sie lächelnd zum Abschied.

„Bis heute Abend, Prinzessin.“

Lestrange drehte sich um und auch Hermine wand sich in die andere Richtung. Doch schon beim Umdrehen stieß sie mit jemand zusammen. Und dieser Jemand war niemand anders als Riddle.

Seine kalte Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

„Um dich reißen sich ja fast die Jungs. Erst Cavill, jetzt Lestrange. Wer kommt als nächstes?“

„Besser als dein Fanclub, der jedes Mädchen in Stücke reißt, das dich nur ansieht und du schenkst ihnen keine Sekunde Beachtung“, erwiderte Hermine bissig. „Und du hast dich vergessen in der Liste mit den Jungs, die sich um mich reißen.“

Sie hatte ihm wohl für eine Sekunde die Sprache verschlagen, denn sie schaffte es drei Schritte an ihm vorbei bevor er zu einer Antwort ansetzen konnte.

Und seine Antwort verblüffte sie völlig, denn damit hatte sie nie gerechnet.

„Was für ein Fanclub?“, fragte Riddle ahnungslos und verwirrt.

Es reichte um sie herumfahren zu lassen und ihn entgeistert anzugucken. Sie hatte sich mit Alrisha und Nashira herumplagen müssen und er hatte nicht mal Notiz davon genommen.

Hermine stemmte die Hand in die Hüfte.

„Du willst mir nicht ehrlich erzählen, dass du so blind durchs Leben läufst, das dir dein Fanclub völlig entgangen ist? Dann mach mal die Augen auf und schau genau hin.“

Und als hätte sie vor dem Spiegel geübt, legte sie den perfekten Abgang hin.
 

Aber leider wurde man trotz aller bösen Worte einen Riddle einfach nicht los.

Hermine verfolgte schon längst keinen bestimmten Plan mehr mit ihren Aktionen und genoss es beinahe schon Riddle in den Boden zu stapfen, auch wenn er es immer noch schaffte, sie völlig zu verwirren. Sie hoffte, dass sich das bald endgültig legen würde.

Riddle fing sie beim Mittagessen ab. Sie hatte gerade Eileen und Sophie entdeckt, als er ihr in den Weg trat und sie kühl musterte. Von der Verwirrtheit war keine Spur mehr zu finden.

„Wir müssen zu Professor Dippet nach dem Mittagessen.“

Dann ging er zum Slytherintisch und ließ sie vorerst in Frieden. Sie runzelte die Stirn. Dippet war echt besessen von seinen Plänen. Was hatte er wohl diesmal geplant?

„Nervt Riddle dich schon wieder?“, wollte Eileen sofort wissen.

„Ach es geht wieder um Dippet. Der will uns nach dem Mittagessen sehen.“

„Oh“, quietschte Sophie. „Gibt es noch ein Fest? Du musst unbedingt nachher erzählen, was Dippet diesmal Tolles so plant! Hoffentlich gibt es auch noch ein tolles Fest zu Weihnachten!“

Sophie ließ sich so leicht begeistern. Hermine nickte und versprach ihr danach direkt zum Gemeinschaftsraum der Ravenclaws zu kommen, wo sie sowieso ihre gemeinsamen Freistunden zum Lernen und für den Berg Hausaufgaben nutzen wollten.

Es waren erst vier Tage vergangen seit Dippet sie das letzte Mal in sein Büro zitiert hatte, um ihnen mitzuteilen, dass sie den Ball gemeinsam eröffnen mussten.

Diesmal war sie vor Riddle da, was sie zutiefst erleichterte, da sie einfach nicht mit ihm reden wollte. Nicht das er das dringende Bedürfnisse hatte mit ihr zu reden. Er bekam ja sowieso kaum den Mund auf und wenn doch kam selten etwas Brauchbares oder gar etwas Nettes zustande.

„Ah Miss Calice. Überpünktlich wie es scheint. Wo haben sie Mr. Riddle gelassen?“

Dippet begrüßte sie munter und Hermine befürchte Schlimmstes. Gute Laune passte ganz sicher nicht zu diesem Schulleiter. Einen Augenblick dachte Hermine an Dumbledore. Er war zwar hier an der Schule und sie hatte ihm im Unterricht, aber es war etwas ganz anderes, wenn er hier anstelle von Dippet sitzen würde. Bevor sie antworten konnte, betrat Riddle das Büro. Mit ihm kam Professor Beery herein, der im Kräuterkundeunterricht stets gute Laune verbreitete.

„Dann setzen sie sich alle. Wir haben unseren Plan für Weihnachten zu besprechen.“

Hermine stöhnte innerlich, da sie schon genug beim Halloweenball zu tun hatte. Mit den Hausaufgaben und dem Lernen kombiniert, hatte sie eigentlich keine Lust eine weitere Veranstaltung zu organisieren, aber Dippet war einfach zu besessen davon.

„Der Halloweenball lief atemberaubend gut. Viele Eltern haben bereits Briefe an mich geschickt und davon berichtet wie entzückt ihre Kinder davon gewesen waren. Nun werden wir dieses sicher noch zu verbessern wissen. Der Weihnachtsball soll noch schöner werden. Um dies zu gewährleisten hatte Professor Beery die reizende Idee ein Theaterstück zu veranstalten.“

Und bevor Dippet ihm das Wort erteilen konnte, brach Professor Beery bereits in einem begeisterten Redeschwall aus, da er – wie er oft betonte – ein Fan des Laientheaters war.

„Ich dachte an das Märchen „Der Brunnen des wahren Glückes“ von Beedle dem Barden. Es ist das bekannteste und beliebteste Märchen. Professor Dumbledore hat sich bereits bereit erklärt für die Spezialeffekte zu sorgen und Professor Kettleburn wird sich um den Wurm kümmern. Also müssen wir nur noch die vier Darsteller finden und ein paar Statisten und schon kann es mit dem Proben losgehen. Das wird wunderbar werden.“

Hermine verzog den Mund. Darauf hatte sie wirklich keine Lust. Sie warf einen kurzen Seitenblick auf Riddle, der völlig erstarrt auf seinem Stuhl saß. Er kannte sicher nicht die Märchen von Beedle dem Barden, da er wie sie bei Muggel aufgewachsen war.

Er bemerkte ihren Seitenblick und sah sie an. Hermine fühlte sich ertappt dabei, wie sie schon wieder Riddle musterte und musste an ihren Traum denken.

Doch zu ihrer Überraschung schenkte er ihr ein kurzes Lächeln bevor er wieder zurück zu Dippet sah. Ein Lächeln, in dem nichts Böses zu schlummern schien. Hermines Herz raste.

War es doch möglich ihn zu retten?
 

Dippet hielt sie über eine Stunde in Beschlag. Er hatte duzende Ideen wie man den Ball gestalten konnte. Die meisten davon hielt Hermine für völlig übertrieben.

Sie hatte ihren Blick auf die Uhr gerichtet, da sie fürchtete gar keine Zeit mehr von ihrer Freistunde übrig zu haben. Danach hatte sie noch Zauberkunst. Und heute Abend war das Treffen.

Hermine war wieder mulmig zumute. Sie musste unbedingt noch mit Blaise sprechen.

Doch Dippet konnte sich einfach nicht kurz fassen. Hermine spürte beinahe wie ihr die Zeit durch die Finger glitt. Sie konnte den Drang kaum unterdrücken zu gähnen, aber was viel schlimmer war, sie konnte nicht aufhören Riddle flüchtige Blicke zu zuwerfen.

Er nahm alles lässig und wenn Dippet ihn langweilte, so sah man es ihm überhaupt nicht an. Er wirkte ernsthaft interessiert an dem Weihnachtsball.

„Und natürlich möchte ich sie bitten wieder gemeinsam den Ball zu eröffnen. Sie sahen atemberaubend als Paar aus. Sie präsentieren Hogwarts so gut wie niemand anders.“

Hermine stockte der Atem. Sie dachte zurück an den Ball und den Tanz mit Riddle. Und natürlich kehrten ihre Gedanken zurück zu dem gestohlenen Kuss.

„Mit Freude präsentieren wir wieder unsere Schule.“

Wie konnte Riddle dem zustimmen? Auf gar kein Fall würde sie noch einmal mit ihm tanzen.

„Natürlich ist es eine Ehre den Ball zu eröffnen“, begann Hermine zuckersüß ihren Angriff auf Dippet. „Aber finden sie nicht auch, dass nicht auch anderen Schüler diese Ehre zukommen sollte? Und zweimal das gleiche Paar ist schön und gut aber es wiederholt sich. Sollten wir nicht ein bisschen Kreativität beweisen und vielleicht das Paar ganz zufällig bestimmen durch Lose?“

Dippet bedachte sie mit einem kritischen Blick und dachte über ihren Vorschlag nach. Riddle hingegen warf ihr einen verwunderten Blick zu und schüttelte leicht den Kopf.

Aber sie wusste schon längst, dass sie Dippet für sich gewonnen hatte und er ihrem Vorschlag zustimmen würde, auch wenn es ihn natürlich eine gewisse Überwindung kostet.

„Eine ausgezeichnete Idee, Miss Calice. Ich bin sicher, dass werden sie erfolgreich in die Tat umsetzten. Nun sollten sie sich erstmal mit den Vertrauensschülern besprechen, um mir dann ihr erarbeitetes Konzept vorzustellen. Und nun geht zurück in euren Unterricht.“

Hermine stand erleichtert auf. Nicht nur, dass sie nicht mit Riddle tanzen musste, nein, sie konnte endlich noch ein bisschen Zeit ihrer Freistunde nutzen.

„Calice, warte.“

Riddle holte sie auf dem Flur wieder ein. Er war heute eindeutig zu gesprächig.

Hermine überlegte kurz zu beschleunigen und sich in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws zu flüchtigen doch entschied sich dagegen. Sie rannte nicht vor Riddle weg.

„Was gibt es Riddle?“, fragte die Braunhaarige daher betont lässig. „Ich hab es eilig.“

Sie ging langsam weiter und Riddle blieb nichts anderes übrig, als neben ihr herzugehen, wenn er mit ihr reden wollte. Doch statt etwas zu sagen, schwieg er, als hätte er vergessen, was er eigentlich noch mal von ihr wollte. Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu. Er sah auf den Boden und hatte die Hände in die Hosentasche gesteckt. Das ließ ihn wie einen kleinen Jungen wirken, der nicht recht wusste, was er sagen sollte.

Riddle bemerkte ihren Seitenblick und legte sein kleines, diabolisches Lächeln auf.

„Ich hab das Gefühl, dass du mich gar nicht so sehr hasst wie du behauptest. Vielleicht gehörst du ja selbst in meinem Fanclub?“

Hermine verzog das Gesicht. „Träum ruhig weiter, Riddle.“

Damit beschleunigten sie ihre Schritte und ließ ihn stehen, auch wenn sie das Gefühl hatte, dass er sich hinter ihrem Rücken gerade wunderbar auf ihre Kosten amüsierte.
 

Hermine hatte natürlich ihre ganze Zeit von der Freistunde mit Dippet und Riddle verbracht, dass sie sich jetzt beeilen musste, um zu Zauberkunst zu kommen.

Wenigstens sah sie dort Blaise, der irgendwie heute den ganzen Tag wie vom Erdboden verschwunden gewesen war. Doch auch in Zauberkunst blieb der Platz neben ihr leer.

Sie begann sich ernsthaft Sorgen um den Slytherin zu machen, der zwar murrte, dass sie unbedingt den Unterricht besuchen und Hausaufgaben machen mussten, aber trotz allem immer brav auftauchte.

Heute war er weder beim Frühstück, noch beim Mittagessen gewesen. Wo steckte er bloß?

Sie musste dringend mit ihm reden. Riddle wurde ihr eindeutig zuviel. Und dann auch das Treffen heute Abend von dem ihr keiner versprechen konnte, dass sie nicht doch aufflog.

Kaum war Zauberkunst vorbei, stürzte sie zum einzig denkbaren Ort, wo Blaise den ganzen Tag unauffällig sich verstecken konnte: Dem Raum der Wünsche.

Wie Hermine es sich gedacht hatte, saß er in seinem Stammsessel und las in die Zeitreisenbücher.

„Du warst nicht im Unterricht.“

Blaise zuckte überrascht zusammen und winkte dann ab.

„Ich dachte ich nutze meine Zeit ein wenig sinnvoller. Ich hab ein paar interessante Sachen gefunden.“

Er deutete auf den kleinen Bücherstapel neben sich.

Hermine setzte sich auf den zweiten Sessel.

„Lestrange hat mich heute angesprochen. Das Treffen wird heute Abend stattfinden.“

Blaise zog fragend die Augenbrauen hoch. „Und warum?“

Die Braunhaarige zuckte mit den Schultern.

„Er sagte es gäbe keinen bestimmten Grund. Es würde einfach nur besser passen.“

„Und was gab es sonst?“, hakte Blaise nach.

„Dippet plant ein Theaterstück und einen Ball zu Weihnachten, Lestrange will Riddle seinen Posten streitig machen, Riddle hat mir gedroht wenn ich zu dem Treffen zu gehen,...“

„Stopp, stopp. Warte mal. Riddle hat dir gedroht? Dir ist aber hoffentlich nichts passiert?“

Sie schüttelte den Kopf und Blaise atmete erleichtert auf.

„Und jetzt erzähl mir noch einmal ganz ausführlich, was heute passiert ist.“

Also erzählte Hermine Blaise alles was seit dem gestrigen Abend passiert war. Er hörte zu und unterbrach sie kein einziges Mal bis sie fertig war mit dem Erzählen.

„Wer hätte das gedacht, dass ausgerechnet Lestrange Riddle herausfordert? Da war der dunkle Lord zu seiner Schülerzeit wohl doch nicht immer die Nummer 1.“

Hermine verdrehte die Augen über Blaises Spott.

„Das ist doch egal. Ich bin sicher da steckt noch mehr dahinter als nur das was Lestrange preisgegeben hat. Und das müssen wir herausfinden!“

„Ich werde noch mal mit Lestrange reden. Er hat eine Schwäche für Alkohol und sagt sicher nicht nein, wenn ich mit ihm trinken gehe und zur Not stehlen wir wirklich Veritaserum.“

Hermine war erleichtert, dass Blaise ihr ganz selbstverständlich glaubte, dass da noch mehr hinter steckte musste und ihr dabei half hinter das Geheimnis zu kommen.

„Und was machen wir weiter mit Riddle?“

Sie sah kurz etwas in Blaises Gesichtsausdruck auffunkeln bevor er gelassen lachte.

„Um den kümmern wir uns später. Du solltest nur aufhören ihn zu provozieren, sonst passiert dir wirklich noch etwas. Aber ich glaube, wenn wir ihn für den Moment in Ruhe lassen, ist das auch in Ordnung. Danach können wir uns immer noch was überlegen.“

Hermine war froh, dass Blaise nicht mehr von ihr verlangte mit Riddle zu flirten. Sie war sowieso völlig durcheinander und war erfreut, wenn sie sich eine zeitlang auf etwas anderes konzentrieren konnte. Dann hatte sie Zeit alle ihre Gedanken zu sortieren.

„Dann sollten wir uns mal auf den Weg machen, damit wir nicht die Letzten sind.“

Blaise stand auf und reichte Hermine die Hand, um sie hochzuziehen. Hermine lachte. Mit Blaise an ihrer Seite würde sie auch dieses Treffen überleben.
 

Hermine und Blaise waren doch die Letzten, die in dem leeren Klassenraum ankamen, der als Treffpunkt für die Todesser diente. Hermine fragte sich, warum noch kein Lehrer diese Versammlung entdeckt hatte. Es handelt sich nicht um ein Geheimzimmer oder sonst etwas.

Trotzdem fanden die Treffen immer hier statt, dauerten zwei Stunden und dann gingen alle wieder ihre Wege, so als wäre nichts je gewesen.

Lestrange saß bereits in der Mitte und lächelte sie freundlich an, als sie den Raum betraten.

„Hermine und Blaise. Schön, dass ihr auch gekommen seid.“

Die Geschwister setzten sich zwischen all die anderen Todesser. Hermine kam sich wieder völlig fehl am Platz vor. Sie gehörte einfach nicht hierher.

Zum Glück hatte die Todesser noch nicht das Dunkle Mal. Niemals wäre sie bereit gewesen soweit zu gehen, um hinter die Geheimnisse zu kommen, die hier verborgen lagen.

Nicht einmal Dumbledore hatte es geschafft aus dieser Zeit Erinnerungen zu sammeln, die er hätte Harry zeigen können. Warum sollte sie es schaffen hinter diese Geheimnisse zu kommen?

Nein, so durfte sie gar nicht erst anfangen zu denken. Sie war in einer ganz anderen Position. Sie war eine Mitschülerin Riddles, bildet sogar mit ihm zusammen das Schulsprecherpaar und war dank Blaise inmitten der Todesser. Sie würde es herausfinden.

Hermine hörte nur mit halbem Ohr den Worten Lestranges zu. Er erzählte eigentlich wieder von den großen Plänen, als müsste er die Anwesenden immer wieder daran erinnern, worum es hier ging.

Doch weit kam Lestrange nicht, denn plötzlich schwang die Tür auf. Fast alle sprangen sofort auf, weil sie glaubten, dass sie entdeckt worden war. Doch herein kam nur Riddle.

„Ihr müsst nicht gleich aufspringen nur weil ich komme. Oder dachtet ihr ich bin jemand anders?“

In seiner ruhigen Stimme lag eine leise Drohung, so als hätte er gefragt, ob er nicht mehr willkommen wäre. Lestrange biss sich auf die Lippe und schwankte wohl in der Frage, was er nun tun sollte.

Die meisten begrüßten Riddle freudig und warfen ihm bewundernde Blicke zu. Hermine sah sofort, wer neben Lestrange nicht so erfreut war über Riddles Auftauchen war.

Es waren zwei der Hufflepuffs sowie Avery, die die Miene verzogen und erst nach einer Geste von Lestrange ebenfalls Riddle begrüßten. Lestrange forderte Riddle also nicht offen heraus.

Während Hermine noch die Reaktionen der Todesser beobachtete, spürte sie einen Blick auf sich ruhen und ihr fiel Riddles Drohung wieder ein.

Es war wirklich Riddle, der trotz all der Leute um ihn herum, den Blick auf ihr ruhen hatte.

Sie erwiderte seinen Blick entschlossen. Sie würde sich nicht davonjagen lassen.

Blaise neben ihr spannte seinen Körper an, als wäre er bereit sofort aufzuspringen und ein Duell vom Zaun zu brechen. Er war sich Riddles Drohung ebenso bewusst.

Riddles Blick war undurchdringlich und Hermine wusste nicht, was er dachte. Er musterte sie weiter, doch er sagte nichts. Er schickte sie nicht hinaus. Er tat nichts dergleichen.

Er nahm einfach nur seinen Platz ein, auf dem vorher Lestrange gesessen hatte und begann dann zu reden. Und Hermine wurde klar, warum Lestrange Riddle niemals die Stirn bieten konnte.

Riddle war einfach ein begnadeter Redner und selbst sie glaubte einen Augenblick seinen Worten bevor sie sich darauf zurück besann, warum sie hier war.

Blaise blieb angespannt sitzen und auch Hermine ließ die Furcht nicht los. Doch da war auch die Verwirrung. Warum war er zurückgekommen? Und warum ließ er sie in Ruhe?

Sie verstand ihn einfach nicht.

Doch eins wusste sie sicher: Einen Riddle wurde man nicht einfach so los.
 

~Kapitel 10 Ende~

Impeachment

Samstag, November 4, 1944
 

01:05 A.M.
 

Hermine war immer noch verwirrt. Riddle war zu den Todessern zurückgekehrt und hatte berauschende Reden geschwungen, doch er hatte sie trotz seiner Drohung verschont.

Zumindest bis jetzt. Sie hörte seine Schritte hinter sich.

Als das Treffen zu Ende ging, war sie so gleich verschwunden bevor er etwas sagen konnte.

Doch er hatte den gleichen Weg wie sie zum Schulsprecherturm und Hermine überlegte abzubiegen, um bei Sophie Unterschlupf zu erhalten, doch sie wollte nicht.

Sie war viel zu neugierig auf das, was jetzt kommen würde. Was würde Riddle tun?

Er hatte sie fast eingeholt und sie spürte seinen Blick in ihrem Nacken. Warum rannte sie nicht um ihr Leben statt langsamer zu werden, als würde sie auf ihn warten? Ihr Traum schien sie völlig verhext zu haben und in ihr eine Hoffnung erweckt zu haben, die tödliche Folgen haben könnte.

Jetzt war Hermine direkt am Schulsprecherturm angelangt und Riddle war hinter ihr zum Stehen gekommen. Sie spürte seinen Atem an ihrem Hals, als er sich nach vorne beugte.

„Hast du etwa das Passwort vergessen, Calice? Oder bist du einfach nur zu überwältigt von meiner Anwesenheit, dass es dir die Sprache verschlagen hat?“

Sie musste sich umdrehen, um in seine Augen sehen zu können, in der Hoffnung dort die Wärme zu entdecken, von der sie geträumt hatte, um zu wissen, dass sie ihn nicht töten musste.

In Riddles Augen lag keine Wärme. Er musterte sie kühl wie immer.

„Du bist auf jeden Fall ein besserer Redner als Lestrange es je sein könnte“, sagte Hermine mit einem gewissen Unterton, der ihn daran erinnern sollte, dass es auch Menschen gab, die besser waren als er und die ihn schlagen konnte, wie er Lestrange übertrumpft hatte.

Riddle ging darauf aber gar nicht erst ein und trat noch einen Schritt auf sie zu, sodass sie die Wand hinter sich spüren konnte. Sie saß in der Falle.

„Du bist gekommen“, stellte er fest und Hermine wusste nicht Recht, ob er damit zurück auf seine Drohung hinauswollte oder ob es etwas anderes war. „Warum?“

Hermine wusste keine Antwort auf diese Frage, da ihre ursprünglichen Gründe sich verflüchtigt hatten und sie ihm diese sowieso nicht hätte nennen können.

„Warum bist du nie da gewesen?“, stellte sie ihm die Gegenfrage.

Sie brachte ihn aus der Fassung mit dieser Frage, denn er schien wirklich nach einer Antwort zu suchen, die seine Abwesenheit erklärte.

„Ich habe nicht geglaubt, dass mich jemand in Frage stellen würde.“

Und mit diesem Eingeständnis kehrte das verräterische Funkeln in seinen Augen zurück und Hermine war völlig verblüfft von der Erkenntnis, dass es wirklich ein Hauch Wärme war, der dort in seinen Augen tanzte und sie wie magisch anzog.

Hermine musste sich zusammenreißen, um ihre Aufmerksamkeit wieder zurück zu Riddle zu lenken und nicht mehr an ihr klopfendes Herz zu denken, dass sich wie wild darüber freute, dass ihr Traum Recht behalten hatte.

„Lestrange vertritt die gleiche Ansicht wie du. Er wünscht sich nur ein wenig mehr Macht, sonst würde er dich nicht in Frage stellen, denn er steht völlig hinter deinen Zielen.“

Warum verteidigte sie Lestrange gegenüber Riddle? Was tat sie überhaupt hier?

Sie war völlig verwirrt. Sie musste dringend weg von ihm, um wieder klar denken zu können.

Riddle beugte sich vor, sodass ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander getrennt waren und ihr Herz schien wieder aussetzen zu wollen, doch er zog sich wieder zurück und für einen Augenblick sah sie in seinen Augen die gleiche Verwirrung, die sie fühlte.

Er trat zurück und ging nicht auf ihre Verteidigung für Lestrange ein. Er schien plötzlich völlig in Gedanken versunken zu sein und sie nutzte die Zeit um das Passwort zu nennen.

Das Portal schwang auf und mit einem letzten Blick auf Riddle betrat sie den Turm.

Erst jetzt merkte sie wie sehr sie zitterte. Sie hatte wirklich Angst gehabt und doch hatte sie ihre Hoffnung stehen bleiben lassen. Was sollte sie jetzt nur tun?

Riddle schien fühlen zu können und jetzt war sie noch verwirrter als vorher.

Was sollte sie nur tun? Warum hatte sie ihn nicht sofort erwürgt?

Dann wäre jetzt alles einfacher und sie musste nicht ihr wie wild schlagendes Herz im Zaum halten.
 

Hermine war unter ihre Bettdecke gekrochen und hatte gehofft, dass sich das Zittern einstellen würde, doch alles an ihr und in ihr war aufgewühlt.

Nie im Leben hatte sie erwartet, dass ihr das passieren würde. Sie verlor so gut wie nie die Selbstbeherrschung und jetzt schien sie sich nur noch mit Mühe und Not unter Kontrolle zu halten.

Der Kuss, dann ihr Traum und zum Schluss das Aufleuchten von Wärme in seinen Augen. Das war einfach zuviel. Wie sollte sie damit umgehen?

Als sie hier gelandet war, hatte sie die Absicht gehabt Riddle zu töten, doch jetzt zögerte sie.

Alles in ihr war durcheinander geraten und nichts schien mehr festen Bestand zu haben.

Sie musste dringend für sich selbst eine Entscheidung treffen. Entweder sie entschied sich ihn zu töten oder sie begann zu daran zu glauben, dass er sich auch so bekehren ließ.

Doch Hermine wollte sich nicht entscheiden. Sie wollte lieber schlafen und zu Ruhe kommen.

Diesmal schlief sie völlig traumlos und fühlte sich beim Erwachen so gut wie schon lange nicht mehr.

Sie wollte keinen Gedanken an ihre Probleme verschwenden, sondern einfach einen Tag völlig normal sein. So als würde sie ganz normal in Hogwarts ihr letztes Jahr machen.

Riddle saß wie immer in seinem Sessel und las. Das schien sein typisches Morgenritual zu sein.

Hermine war fast an ihm vorbei als er sie ansprach.

„Sag den Vertrauensschüler, dass wir uns heute treffen, um den Weihnachtsball zu besprechen. Und kümmern dich um die Lose und die Werbung für das Tanzpaar.“

Als er ihren entrüsteten Gesichtsausdruck sah, grinste er leicht und stand auf.

„Es war deine Idee, also solltest du dich auch darum kümmern, findest du nicht?“

„Du könntest trotzdem mal „Bitte“ sagen. Das schadet dir ganz sicher nicht.“

Hermine funkelte ihn wütend an, während sein Grinsen nur größer wurde.

„Ach hätte ich auch „Bitte“ sagen sollen, damit du nicht zum Treffen erscheinst oder wärst du sowieso erschienen, weil du tust, was du für richtig hältst?“

Der spöttische Unterton in seiner Stimme trieb sie fast in den Wahnsinn.

„Dein Befehlston und deine Drohungen haben auf jeden Fall nichts gebracht. Vielleicht solltest du es das nächste Mal wirklich mal auf die höfliche Art probieren“, entgegnete sie ihm.

Hermine drehte sich um, doch Riddle hielt sie wie schon so oft vom Gehen ab.

„Dann komm bitte“, er betonte das Wort ganz deutlich. „…zum Treffen nächste Woche.“

Hermine fragte sich, ob sie gerade das richtig verstanden hatte. Er hatte nicht gesagt, dass sie nicht kommen sollte, sondern hatte sie ganz ausdrücklich dazu eingeladen.

„Wolltest du nicht, dass ich nicht bei den Treffen auftauche? Woher der Sinneswandel?“

„Vielleicht hat mir gestern einfach dein Kompliment gefallen, dass du mich für einen begnadeten Redner hältst.“

Mit dieser undurchsichtigen Antwort ließ er sie stehen und ging zum Frühstück.

Hermine hatte es nie als Kompliment gemeint, auch wenn sie wirklich glaubte, dass er gut reden konnte. Aber sie wollte endlich einmal verstehen, was in Riddles Kopf vor sich ging.

Sie bedauerte es keine Legilimentikerin zu sein und fragte sich, wie weit Riddles Fähigkeiten in diesem Bereich wohl entwickelt waren.

Wenn er auch nur ahnte, woher sie kam und was sie vorhatte, würde das fatale Folgen haben. Sie sollte versuchen ihren Kopf zu entleeren, wenn sie mit Riddle sprach. Leider schien das unmöglich zu sein, weil sie immer völlig aufgewühlt war.

Hermine machte sich auf den Weg zum Frühstück. Sie musste dringend mit Blaise reden.
 

Böse Mienen empfingen sie am Ravenclawtisch. Hermine fiel ein, dass sie schon wieder eine Verabredung mit Eileen und Sophie sausen lassen hatte.

„Es tut mir Leid, dass ich gestern nicht mehr gekommen bin. Dippet hat uns festgehalten, um den Weihnachtsball zu besprechen.“

Sophie quietschte auf und vergaß augenblicklich beleidigt zu sein.

„Riddle will nachher ein Treffen mit den Vertrauensschüler, um Dippets Ideen zu besprechen und neue Ideen ins Rennen zu bringen“, sagte Hermine zu Eileen und Zephir.

„Noch mehr organisieren?“, stöhnte Eileen auf. „Wie sollen wir uns da auf die Prüfungen vorbereiten? Dippet hat echt kein Herz und ist nur an seinem eigenen Erfolg interessiert.“

„Riddle wird sicher wieder alles auf uns abschieben“, brummte Zephir.

„Das tut er doch sowieso immer“, beschwerte sich Eileen.

„Aber ein Weihnachtsball! Das ist doch wunderbar“, mischte sich Sophie ein.

Hermine nahm sich die Zeit um zu Blaise herüberzusehen, der still da saß und fragend die Augenbraue hochzog, als sie ihn ansah. Sie schüttelte den Kopf, da sie wusste, dass er sich Sorgen um sie gemacht hatte und wissen wollte, ob Riddle noch seine Drohung wahr gemacht hatte.

Sie musste später mit ihm dringend sprechen, auch wenn sie ehrlich nicht wusste, wie es weitergehen sollte. Sollte sie weiter versuchen herauszufinden, warum Lestrange und Riddle getrennte Wege gegangen waren? Oder sich lieber wieder auf Riddle zu konzentrieren?

„Es wird sogar ein Theaterstück geben“, warf Hermine gedankenverloren ins Gespräch ein.

Sophie war völlig begeistert und auch Eileen ließ sich davon anstecken. Nur Zephir starrte vor sich und nahm nicht an der Unterhaltung teil. Er war völlig angespannt. Als Hermine sich umdrehte, um zu sehen, was Zephir so fest fixierte, sah sie Riddle am Slytherintisch, der Zephirs Blick hart erwiderte.

Das war auch ein Geheimnis hinter das Hermine gerne kommen würde, um Riddle in seiner Gesamtheit zu verstehen. Warum hassten sich Riddle und Zephir nur so sehr?

Vielleicht sollte sie dem einmal nachgehen, doch jetzt hieß es erstmal Unterricht und danach den Weihnachtsball vorbereiten. In Gedanken beschäftigte sie sich schon mit den Losen und wie sie am besten Werbung dafür machte. Heute wollte sie völlig normal sein.Doch das war schwieriger als erwartet, denn niemand wollte sie in Ruhe lassen.

Lestrange holte sie nach Verteidigung gegen die dunklen Künste ein.

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir danken oder wütend sein sollte.“

Verdutzt blieb Hermine stehen. „Warum solltest du mir danken wollen?“

Lestrange lächelte sie charmant an, so als wäre es das Offensichtlichste auf der Welt.

„Na Prinzessin, weil Riddle nicht grundlos zurückgekommen ist.“

Irgendwie wollte der Satz nicht in ihren Kopf hinein, denn er konnte völlig unterschiedlich ausgelegt werden.

Er konnte sie wirklich fürchten.

Er konnte von ihr daran erinnert worden sein.

Sie hatte ihm auf die Nase gebunden, dass er dort keine Macht mehr hatte, was seinen Stolz verletzt hatte und er ihr das Gegenteil beweisen wollte.

Oder letzte Möglichkeit: Er war zurückgekommen, weil er in ihrer Nähe sein wollte.

Den letzten Gedanken strich sie gleich wieder. Unmöglich.

„Und er hat seine Drohung dir gegenüber nicht wahr gemacht“, ergänzte Lestrange.

„Er hat mich sogar ausdrücklich eingeladen weiterhin zu kommen“, sagte sie tonlos.

Lestrange besah sie mit einem seltsamen Blick, als müsste er erst überlegen, ob das ein Scherz gewesen war oder ob es sich um eine ernst gemeinte Aussage handelte.

„Wir sehen uns dann später beim Treffen“, sagte er nur noch und verschwand.

Hermine blieb zurück und hatte das Gefühl, dass verwirrt zu sein langsam zur Normalität wurde.
 

Hermine hatte erst die Chance mit Blaise zu reden, als sie in Kräuterkunde nebeneinander Pflanzen umtopften. Sie erzählte ihm was passiert war, verschwieg aber ihre eigenen Gefühle.

Blaise schien trotzdem etwas zu ahnen, auch wenn er sie nicht offen darauf ansprach, worüber sie ganz froh war, da sie erstmal selbst für sich die Entscheidung fällen musste, was sie tun wollte.

„Glaubst du wirklich Riddle wäre, na ja, zu echten Gefühlen fähig?“, fragte Hermine ihn.

„Es ist auf jeden Fall bedauernswert, dass er nicht weiß, wie es ist zu lieben. Es bestünde die Möglichkeit, dass er sich ändern könnte, aber eine sichere Methode wäre es nicht.“

Hermine ließ diesen Gedanken auf sich einwirken. Sie musste beide Seiten beleuchten bevor sie sich entscheiden konnte. Sie war lange genug hier um ein wenig Abstand zu dem Krieg zu haben, doch es waren immer noch frische Wunden, die sie schmerzten.

Wie sollte sie nun das Ganze betrachten?

„Du solltest dir keinen großen Kopf darüber machen. Es wird sich schon ein Weg finden.“

Blaise sah sie an und das beruhigte sie augenblicklich. Er schaffte es immer wieder sie auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen und verhalf ihr zu einem leeren Kopf.

In diesem Zustand konnte Riddle sicherlich nicht ihre Gedanken lesen, doch leider konnte sie Blaise nicht überall mit hinnehmen.

„Wir sollten uns erstmal auf die Kleinigkeiten konzentrieren. Ich versuch mit Lestrange zu reden und du fragst Sophie nach Zephir und Riddle.“

Eigentlich war Hermine immer diejenige gewesen, die die Dinge ganz praktisch und organisiert anging. Jetzt war es Blaise, der ihr half einen klaren Kopf zu behalten.

Ohne ihn wäre sie wahrscheinlich schon wahnsinnig geworden.

„Erstmal muss ich mich gleich mit Riddle und den Vertrauensschüler treffen. Ich hab noch überhaupt keine Ahnung, wie ich das alles noch organisieren soll.“

„Sagt jemand, der mehr Unterrichtsfächer belegt als jeder andere und in allen eine gute Note hat?“ Blaise grinste breit. „Also wenn du das nicht schaffst, schafft das sicher niemand.“

Sie lächelte erfreut über sein Kompliment und schöpfte daraus neue Kraft. Sie hatte es im dritten Schuljahr auch geschafft in zwei Kursen zeitgleich zu sein, dann müsste das hier auch funktionieren.

Nach Kräuterkunde ging sie zusammen mit Eileen und Zephir zum Treffen.

Riddle war bereits da. Er grüßte höflich die beiden Vertrauensschüler, auch wenn die Stimmung eindeutig eisig war und Hermine leicht fröstelte. Sie ließ sich neben Riddle fallen und wartete auf die restlichen Vertrauensschüler, die nach und nach eintrudelten. Alrisha ließ sich sofort auf den freien Stuhl neben Riddle fallen.

Lestrange musste darüber grinsen, zwinkerte Hermine zu und setzte sich dann neben Alrisha.

Dann waren alle versammelten und Riddle klärte sie über Dippets Plan auf. Wie immer wurden die einzelnen Vorschläge heftig diskutiert bis in etwa ein Plan entstand und jeder seine Aufgaben zugeteilt bekommen hatte. Neben den Losen musste Hermine sich noch um das Theaterstück kümmern. Überraschenderweise kümmert sich Riddle auch um einiges.

Dann war das Treffen vorbei und Hermine hatte Zeit sich mit den Aufgaben zu beschäftigen, denn sie wollte so schnell wie möglich Werbung dafür machen, dass der Eröffnungstanz verlost wurde.
 

Zwei Stunden später saß Hermine in einem Gewühl von weggeworfenen Zetteln, da ihr keine Idee gut genug erschien, um sie so umzusetzen. Es sollte möglichst viele Lose kaufen und es musste auch ein System geben, damit das Paar auf jeden Fall aus einem Mädchen und einem Jungen bestand. Eigentlich war es gar nicht so schwer. Es hing ganz ab von der Frage, ob diejenigen ihren Namen selbst rein warfen oder ob sie Lose kauften. Andererseits konnten natürlich auch Paare ihre Namen rein werfen, damit nicht zwei Leute gezogen wurden, die sich gar nicht ausstehen konnten.

Doch eigentlich wurde es erst richtig spannend, wenn das Paar ganz zufällig gezogen wurde und aus einer interessanten Kombination bestand.

Hermine entschied sich dafür Lose zu verkaufen, denn dann konnte jeder so viele Lose kaufen und damit möglicherweise seine Chance steigern.

Wenn es zwei verschiedene Töpfe gab aus denen man Lose ziehen konnte, war auch gewährleistet, dass das Paar aus einem Jungen und einem Mädchen verstand, denn Dippet verstand sicherlich keinen Spaß, wenn plötzlich zwei Jungen oder zwei Mädchen den Ball eröffnen sollte.

Am besten verkaufte sie die Lose für zehn Knuts, damit wirklich jeder Schüler sich ein Los leisten konnte. Sie würde sich noch ein Zweck für das eingenommene Geld ausdenken müssen.

Verkaufen konnte sie die Lose während dem Mittagessen. Sie würde Zephir und Eileen um Hilfe bitten, damit jeder von ihnen auch essen konnte. Hermine ließ den Stift fallen und war endlich zufrieden mit dem Ergebnis.

Sie seufzte und streckte sich kurz.

„War die Arbeit so anstrengend?“

Hermine zuckte zusammen. Hinter ihr saß Riddle in seinem Stammsessel und hatte ein Buch in der Hand. Hermine fragte sich plötzlich, wann er eigentlich Hausaufgaben machte. Er schien immer nur hier zu sitzen und zu lesen. Er hatte wieder diesen gleichgültigen Blick mit dem er sie musterte, doch Hermine glaubte langsam, dass er in Wahrheit neugierig war und es nur versteckte.

„Ich wollte es gleich fertig machen. Je früher man damit fertig ist, desto eher kann ich mich wieder vorbereiten auf die Prüfungen.“

Riddle nickte nur und Hermine sammelte ihre Notizen sowie die weggeworfene Zettel wieder ein.

Sie wollte lieber schnell den Raum verlassen bevor sie Riddles Anwesenheit in den Wahnsinn trieb. Hermine warf die unwichtigen Zettel in den Kamin und holte dann ihre Bücher von oben.

Heute würde sie wirklich mit Eileen und Sophie lernen bevor die zwei dachten, dass Hermine sie völlig vergessen hatte.

Außerdem musste sie so nicht die Zeit in der Nähe von Riddle zubringen. Ihre Gedanken schweiften sowieso ständig zu Riddle ab. Er war so völlig anders als sie sich ihn vorgestellt hatte. Es war völlig normal gewesen davon auszugehen, dass er schon immer ein Monster gewesen war, aber das schien nur zur Hälfte zu stimmen. Er konnte fühlen und hatte es nur in den Jahren immer mehr verlernt. Aber es war immer noch in ihm drin und konnte vielleicht wieder freigelegt werden.

Aber warum hatte sie nur das Gefühl immer weniger zu verstehen, je mehr Zeit sie hier verbrachte?

Jede neue Erkenntnis brachte sie nur noch mehr durcheinander.
 

Eileen und Sophie saßen bereits an ihrem Stammtisch im Gemeinschaftsraum. Hermine hatte diesmal an alles gedacht und setzte sich zu den beiden. Sophie hatte längst vergessen, dass Hermine sie schon mehr als einmal sitzen gelassen hatte und Eileen schien auch großzügig darüber hinwegzusehen. Gemeinsam kümmerten sie sich um die Hausaufgaben und wiederholten den Stoff.

„Ich bin fertig für heute!“

Sophie warf ihren Stift drei Stunden später beiseite.

Eileen gähnte auch schon. Es war kurz vor halb zwölf. Hermine hätte schon längst wieder zurück gemusst zum Schulsprecherturm. Sophie sah Hermines Blick zu Uhr.

„Bleib heute Nacht hier. Wir haben sowieso ein freies Bett, da wir nur zu viert sind. Schließlich lebst du im Schulsprecherturm und nicht hier.“

Hermine nickte dankbar, da sie keine Lust hatte erwischt zu werden. Vor allem wollte sie keine nächtliche Begegnung mit Riddle riskieren. Also folgte sie den zwei Mädchen in den Schlafsaal. Die anderen zwei Ravenclawmädchen schliefen bereits tief und fest. Hermine kletterte in das freie Bett, das zwischen dem von Eileen und dem von Sophie stand.

Es war schön eine Nacht einmal nicht ganz alleine zu schlafen. Die anderen zwei waren auch aufgeregt und sie flüsterten noch miteinander.

Plötzlich kam Hermine der Zeitpunkt unglaublich günstig vor ihre Frage zu stellen.

„Sagt mal, was ist eigentlich wirklich zwischen Zephir und Riddle vorgefallen? Warum hassen die zwei sich so sehr? Da muss es doch ein Grund für geben.“

Eileen und Sophie tauschten über Hermine einen Blick aus. Hoffentlich erzählte sie ihr die Geschichte.

Dann senkte Sophie die Stimme.

„Du weißt das natürlich nicht, aber auch wenn das jetzt total unglaublich klingt, die zwei waren einmal gute Freunde.“

„Sie waren sich ähnlich und verstanden sich, aber richtige Freunde waren sie nie“, ergänzte Eileen.

„Aber was ist dann passiert?“, fragte Hermine, die ihre Neugier kaum im Zaum halten konnte.

Unvorstellbar, dass ausgerechnet die zwei einmal Freunde gewesen sein sollten.

„Das weiß eigentlich keiner so recht“, gab Sophie zu. „Es gibt aber Gerüchte was passiert sein soll.“

„Und was für Gerüchte?“, hakte Hermine nach. „Irgendjemand muss doch etwas wissen.“

Die zwei tauschten wieder einen Blick miteinander aus.

„Es sollen einen großen Streit gegeben haben, weil beide die Spitze für sich beansprucht haben“, antworte Eileen. „Doch es gibt Gerüchte, dass es noch um vielmehr ging.“

„Aber leider weiß keiner die Wahrheit“, fügte Sophie hinzu. „Sie sind einfach keine Freunde mehr.“

„Weil sie wahrscheinlich sowieso nur eine Zweckgemeinschaft waren.“

Hermine war ein wenig enttäuscht nicht noch mehr zu erfahren. Warum war es so unmöglich nur irgendetwas über Riddle herauszufinden? Irgendjemand musste doch mehr wissen! Aber wahrscheinlich gab es niemanden, dem Riddle sich je anvertraut hatte. Der einzige, der die Wahrheit wissen würde, wäre Zephir, der sie immer noch mied. Also würde er ihr es ganz sicher nicht erzählen, aber vielleicht verriet er es Eileen.

„Und Zephir hat nie darüber gesprochen?“, fragte Hermine vorsichtig.

Die zwei schüttelten den Kopf.

„Hat denn nie jemand gefragt? Oder spricht er nicht darüber?“

Wieder wurde ein Blick ausgetauscht und Hermine fragte sich langsam, ob die zwei nicht doch mehr wussten als sie zugaben.

„Hermine lass es gut sein. Zephir wird nicht darüber reden und es ist doch auch nicht wichtig. Es ist schon solange her, dass es keine Bedeutung mehr hat.“

Eileen hatte diesen mitfühlenden Blick bevor sie sich hinlegte und wegdrehte. Auch Sophie rollte sich ein, um endlich schlafen zu können.

Für die zwei mochte es keine Bedeutung haben, aber für Hermine war es unglaublich wichtig. Wie sollte sie sonst je Riddle verstehen und je wissen, ob die Möglichkeit bestand ihn zu retten?
 

Hermine hatte die ganze Nacht wach gelegen und versucht eine Möglichkeit zu finden, um endlich an die Antworten zu gelangen, die so dringend brauchte.

Dabei schien sie sich vollkommen im Kreis zu drehen, denn kein Mensch sprach über Riddle oder wusste wirklich die Wahrheit. Der einzige Mensch, der alles wusste, war Riddle selbst. Doch den konnte sie schlecht fragen. Genauso wenig kam sie an Zephir ran. Wer also konnte noch etwas wissen? Oder wusste genug, um sie weiterzubringen?

Lestrange blieb ihre einzige Hoffnung. Sie hoffte, dass Blaise erfolgreicher war als sie, denn sonst würde sie sich ewig weiter im Kreis bewegen.

Als die Sonne aufging schnappte sie sich ihre Sachen und ging zurück zum Schulsprecherturm, um noch die Aushänge für die Lose und das Theaterstück zu holen. Außerdem musste sie ihre Tasche wieder packen und noch mal mit der Haarbürste versuchen Ordnung in ihrem Haar zu schaffen.

Hoffentlich war Riddle noch nicht wach. Fehlte ihr gerade noch, dass er sie so zerzaust sah.

Hermine betrat den Gemeinschaftsraum. Kein Riddle, der mit dem Buch in der Hand hier saß und las, doch dann sah sie ihn. Er war auf dem Sofa eingeschlafen.

Sie hatte Riddle noch nie schlafend gesehen und konnte nun nicht widerstehen sich an ihn heranzuschleichen. Er sah so friedlich aus mit einem Lächeln im Gesicht. Er hatte etwas von einem kleinen Jungen und nichts von einem Monster. Er hatte sich zusammengerollt und nur sein Umhang bedeckte ihn. Hermine war völlig fasziniert von diesem Anblick. Dieser Riddle war wieder völlig neu.Sie beugte sich vor und konnte nicht widerstehen ihm eine seiner Locke aus dem Gesicht zu streichen, um sein schmales, hübsches Gesicht zu betrachten. Ihr Herz begann wieder wie verrückt zu schlagen und in diese Stille hinein klang es wie eine Trommel, die in ihren Ohren dröhnte.

Riddle wurde nicht wach, sondern schlief friedlich weiter. Wenn sie diesen Jungen sah, glaubte sie umso mehr daran, dass er zu retten war. Er konnte wieder auf den rechten Weg zurückgebracht werden. Er würde wieder fühlen können.

Sie zog ihre Hand wieder weg, damit er weiterschlafen konnte, doch auf halbem Wege packte Riddle sie und war wieder wach. Sein dämonisches Grinsen kehrte zurück.

„Du hast doch etwas für mich übrig, Calice!“

„Für dich ganz sicherlich nicht!“

Hermine versuchte sich aus seinem Griff zu entwinden, doch er hielt sie eisern fest.

Wütend blickte sie in seine Augen und hasste sich für ihre Schwäche. Auch jetzt drohten seine Augen sie wieder völlig gefangen zu nehmen und zu hypnotisieren.

„Was willst du Calice?“, fragte Riddle mit drohender Stimme.

„Ich will Antworten“, entgegnete sie ihm. „Ich will verstehen.“

Sein Griff wurde noch fester und seinen Augen schienen noch dunkler zu werden.

„Was willst du Calice?“, wiederholte er seine Frage.

Hermine wand nicht den Blick ab, sondern blickte ihm fest in die Augen. Sie würde jetzt nicht kneifen. Wenn er den Grund wissen wollte, sollte er ihn auch bekommen.

„Ich will dich verstehen Riddle.“

Hinter seinen Augen tobte ein Gewitter. Ihr Arm schmerzte bereits, doch Riddle lockerte seinen Griff nicht und sie musste gegen die Tränen ankämpfen.

„Verschwinde und versuch nicht in Sachen herumzuschnüffeln, die dich nichts angehen!“

Er ließ sie los und verschwand.

Verzweifelt versuchte Hermine zu verstehen, was gerade schief gelaufen war.

Sie hatte das Gefühl gehabt einen Schritt näher an Riddle gelangt zu sein. Hatte sogar geglaubt, dass sein Herz nicht zu Stein sondern nur zu Eis erstarrt war.

„Ich werde nicht aufhören zu fragen“, warf sie ihm hinterher, doch er hörte sie schon nicht mehr.

Nun konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Wieder war alles schief gelaufen. Was sollte sie nur tun? Was konnte sie nur tun? Es gab nur die eine Möglichkeit. Sie musste ihn töten.
 

~Kapitel 11 Ende~
 

Encouragement

Samstag, November 18, 1944
 

6:41 P.M.
 

„Sind das alle?“, fragte Professor Beery ein wenig enttäuscht.

Hermine hatte für diesen Samstag das Vorsprechen für das Theaterstück angesetzt und jetzt saß sie hier mit Professor Beery in einem leeren Klassenzimmer, um sich die Schüler anzuhören. Bis jetzt hatten sich zehn Schüler fürs Vorsprechen eingefunden. Unter anderem Eileen, die Zephir dazu überredet hatte, sich für die Rollen der Amata und des Ritters Sir Luckless zu bewerben, weswegen Zephir nun eher weniger begeistert neben ihr saß.

„Wir können noch warten. Vielleicht kommen noch welche“, schlug Hermine vor.

Doch sie wusste, dass es sinnlos war noch länger zu warten, da sie schon bereits fast eine Stunde auf mögliche Nachzügler gewartet hatten. Selbst Professor Beery schien das einzusehen.

„Wenn die anderen Schüler erstmal dieses Theaterstück gesehen haben, werden beim nächsten Mal sich alle um die Rollen reißen.“

Hermine war sich dessen nicht so sicher, aber sie wollte den Kräutekundelehrer nicht entmutigen, der völlig in seiner Leidenschaft fürs Theater aufging. Das Vorsprechen begann also und Hermine machte sich Notizen ohne wirklich zu wissen, worauf sie achten musste, da sie noch nie Theater gespielt hatte. Sie verließ sich völlig auf Professor Beerys Einschätzungen, der sich angeregt Notizen machte. Hermine fand Eileen ausgezeichnet, die anscheinend ebenfalls völlig ins Theater vernarrt war. Eileen bekam auch sofort die Rolle der Amata zugesprochen und Zephir erhielt schließlich auch die Rolle des Sir Luckless, woraufhin Eileen ihm glücklich um den Hals fiel. Für Altheda fand sich eine Hufflepuff aus der sechsten Klasse und der Rest der Bewerber bekam Statistenrollen für die Anfangsszene zugeteilt.

„Fehlt nicht noch die Besetzung für Asha?“, fragte Hermine überrascht Professor Beery.

„Für die Rolle hab ich schon jemanden im Visier, der heute nicht vorgesprochen hat!“

„Wen?“, hakte Hermine nach. Sie war schließlich für die Organisation dieses Theaterstücks zuständig.

„Ich dachte ehrlich gesagt an sie, Miss Calice. Sie wären perfekt für diese Rolle geeignet.“

Hermine klappte der Mund auf. Sie hatte eigentlich überhaupt keine Lust im Theaterstück mitzuspielen, aber sie konnte sich an einer Hand ausrechnen, wie hoch die Chancen waren eine andere Besetzung zu finden, also stimmte sie widerwillig zu.

Sie verabredete mit Professor Beery am nächsten Samstag mit den Proben zu beginnen und verließ dann den Raum, um sich zu Eileen und Sophie zum Lernen zu gesellen. Seit Tagen mied sie den Schulsprecherturm, da sie auf jede weitere Begegnung mit Riddle getrost verzichten konnte. Sie war auch nicht zu den Treffen der Todesser erschienen, obwohl Riddle sie kurz vorher noch eingeladen hatte. Aber sie glaubte, dass sie auch nicht mehr länger von seiner Seite aus erwünscht war. Außerdem war sie auch einfach nur wütend auf sich selbst, weil sie so naiv gewesen war und geglaubt hatte Riddle ändern zu können. Sie hatte geglaubt, dass er fühlen konnte. Das war einfach nur purer Quatsch gewesen und Hermine war, nachdem sie zwischen Wut und Enttäuschung hin und hergeschwankt war, zu ihrem alten Plan zurückgekehrt. Sie würde Riddle umbringen und dann mit Blaise wieder in ihre Zeit zurückkehren.

Eileen strahlte sie freudig an, als Hermine den Gemeinschaftsraum betrat.

„Ich hab die Rolle bekommen und Zephir auch, ist das nicht perfekt?“

„Du warst auch die Beste“, sagte Hermine, was Eileen noch mehr strahlen ließ.

„Ich werde auch mitspielen. Professor Beery wollte unbedingt mich als Asha.“

„Das ist ja super. Das wird richtig gut werden!“

Hermine nickte nur nachdenklich. Sie hatte darauf so gar keine Lust, aber sie würde einfach mitmachen. Vielleicht half es ihr endlich Riddle aus dem Kopf zu kriegen.
 

Am Montag war es Lestrange, der sie offen nach ihrem Fernbleiben von den Treffen fragte.

„Du sagtest doch, er hätte dich ausdrücklich eingeladen. Warum bist nicht gekommen?“

„Riddle hat seine Meinung eben wieder geändert.“

Hermine wollte nicht über Riddle reden. Sie wollte es nicht erklären.

Also drängelte sie sich an Lestrange vorbei, der sich ihr aber in den Weg stellte.

„Warum hat er seine Meinung geändert? Und auf seine letzte Drohung hast du auch nicht gehört!“

„Ich bin es leid nett zu ihm zu sein, wenn er alle fünf Sekunden seine Meinung ändert. Das ist einfach furchtbar und nervig. Darauf kann ich gut verzichten.“

Jetzt zwängte sie sich endgültig an Lestrange vorbei, der sie diesmal auch gehen ließ.

Sie wollte einfach nicht über Riddle nachdenken, also sprach sie nicht von ihm und ging ihm aus dem Weg. Wirklich klappen tat es trotzdem nicht.

Er war immerzu in ihrem Kopf. Diese Gratwanderung zwischen dem süßen Jungen, der er im Schlaf gewesen war und der grausamen, fiesen Schlange zu der er werden konnte, beschäftigte sie, ließ sie einfach nicht los und verfolgte sie bis in ihre Träumen.

Und Hermine hasste sich dafür, dass sie so sehr fokussiert auf Riddle war.

„Alles in Ordnung?“, fragte Blaise als er sich neben ihr fallen ließ. Sie hatten Arithmantik zusammen. Hermine hatte Blaise den größten Teil der Geschehnisse anvertraut.

Sie nickte. „Alles bestens.“

Blaise nahm es ihr nicht ab. Dafür war er viel zu aufmerksam. Aber immerhin fragte er nicht weiter nach, sondern ließ es auf sich beruhen. Und dafür war sie ihm zutiefst dankbar.

„Lass uns nachher weiter Nachforschungen anstellen. Das lenkt ab. Außerdem haben wir bald alle Bücher durch und dann bleiben nur noch die übrig, die viel versprechend klingen.“

Blaises Vorschlag war genau das Richtige. Sie hatte auch keine Lust wieder mit Eileen und Sophie zu lernen, da sie sich überhaupt nicht anstecken ließ von Sophies Fröhlichkeit und ihre Laune nur in den Keller sank, wenn sie mit den zwei zusammen war. Die zwei waren glücklich, so wie es jetzt war und hatte keinen Krieg gesehen. Sie hatte niemanden verloren und sie waren jetzt nicht Jahrzehnte von ihren Freunden getrennt.

Hermine fühlte sich als wäre sie wieder ganz am Anfang ihrer Zeitreise. Sie war entschlossen Riddle zu töten und konnte nur daran denken, wie Ron gestorben war. Das einzige, was sich geändert zu haben schien, war ihre Beziehung zu Blaise, der immer mehr zu einem Freund wurde, den sie nicht mehr missen wollte. Doch noch etwas hatte sich geändert, auch wenn sie es ungern zugab. Sie war nicht mehr so wild entschlossen Riddle zu töten, weil sie ihn kennen gelernt hatte.

In ihr gab es diesen naiven Teil, der einfach daran glauben wollte, dass Riddle fühlen konnte. Und dieser Teil ließ sie unentschlossener werden.

Hermine musste diesen Teil in sich abtöten, wenn sie erfolgreich Riddle töten wollte. Doch wie bewerkstelligte sie das? Und war es das wirklich wert? Würde sie so nicht das Gute in sich töten? Oder zumindest die Hoffnung, dass etwas Gutes in jedem Menschen gab?

Hermine fühlte sich gefangen in diesem Konflikt mit sich selbst. Es schien alles so einfach und leicht, doch sich dazu zu überwinden war hart und kompliziert.

Sie war sich nicht sicher, ob sie jemals die Kraft dazu haben würde.

Wahrscheinlich würde sie zögern und selbst sterben.
 

„Hermine, willst du nicht doch reden?“

Blaise schien in sie hineinsehen zu können. Wahrscheinlich wusste er längst mit welchem Gewissenskonflikt sie kämpfte, weil er ihre Gedanken gelesen hatte.

Hermine gab auf, so zu tun, als würde sie das Buch aufmerksam zu studieren, obwohl sie in Wahrheit nicht einen Satz gelesen hatte.

„Du siehst wirklich nicht gut aus.“ Blaise strich ihr die Haare aus dem Gesicht und legte die Hand an ihre Stirn. „Du bist ganz blass und du hast leichtes Fieber.“

Sie schüttelte den Kopf, doch Blaise sah sie streng an.

„Leg dich lieber hin. So bist du mir auch keine Hilfe. Ruh dich aus und dann sieht die Welt morgen gleich wieder besser aus.“

Er lächelte aufmunternd und Hermine brach plötzlich in Tränen aus.

„Das ist eine Lüge. Die Welt sieht morgen nicht besser aus. Es wird einen Krieg geben und so viele werden sterben. Ich könnte etwas tun, aber ich fühl mich so schrecklich. Ich weiß nicht, ob ich es tun könnte. Das ist einfach alles entsetzlich.“

Blaise nahm sie in den Arm und redete beruhigend auf sie ein. In ihr tobte alles. Sie hatte das Gefühl nie wieder Herr über ihre eigenen Gefühle zu werden, die sich gegenseitig bekämpften und ihr alle Kräfte raubten. Sie schien immer mehr zu verzweifeln und es schien kein Ausweg aus dieser Lage zu geben.

Hermine wünschte sich mit aller Macht zurück nach Hause, doch es war ein scheinbar endloser Alptraum, der sie hier in dieser Zeit gefangen hielt.

„Ich will einfach nur noch zurück. Ich will nicht mehr hier bleiben. Ich will nur noch zurück“, schluchzte sie hemmungslos.

„Wir schaffen das. Wir finden einen Weg zurück. Lassen wir Riddle einfach sein und konzentrieren uns nur noch darauf einen Heimweg zu finden.“

Blaise strich ihr übers Gesicht und lächelte sanft, dann zog er sie wieder in seine Arme bis ihre Tränen verebbten und sie sich wieder beruhigte.

„Und jetzt leg dich ins Bett. Komm ich bring dich hin.“

Hermine stand auf und wischte sich mit einem Taschentuch die letzten Tränen aus dem Gesicht.

Blaise begleitete sie bis zum Schulsprecherturm.

„Ruh dich auch wirklich aus. Zerbrich dir nicht den Kopf über irgendetwas, das sich im Augenblick nicht ändern lässt, sondern schlaf einfach mal eine Runde.“

Sie nickte brav und umarmte Blaise noch einmal.

„Danke“, flüsterte sie. Er hatte ihr schon so oft auf die Beine geholfen.

Hermine kletterte in ihr Bett und kuschelte sich ein.

Blaise war wirklich super. Irgendwie musste sie ihm das zurückgeben, was er ihr immer gab.

Sie hatte das Gefühl immer auf ihn angewiesen zu sein, doch ihm noch nie eine große Hilfe gewesen zu sein. Er half ihr ohne jemals eine Gegenleistung zu verlangen.

Wirklich seltsam für einen Slytherin. Aber sie war ja auch nicht gerade eine typische Gryffindor.

Vielleicht arbeiteten sie deswegen so gut als Team zusammen.

Mitten in ihren Überlegungen kam endlich der erholsame Schlaf, der dieses Mal ganz auf seltsame Träume verzichtete.
 

Am nächsten Morgen ging es Hermine wieder besser.

Sie fühlte sich nicht mehr ganz so schlapp, doch in ihr tobte der Gewissenskonflikt weiter.

Trotz Blaises weiser Worte, dass sie sich nicht den Kopf über Dinge zerbrechen sollte, die sie sowieso nicht mehr ändern konnte, dachte sie immer noch an Riddle. Natürlich wäre sie froh einfach nach Hause zurückzukehren, doch sie wusste, es würde an ihr ewig nagen, dass sie hier nichts unternommen hatte, um den Lauf der Zeit zu verändern.

Also beschloss sie sich wieder zusammen zu nehmen und einen Plan auszuarbeiten, um Riddle endgültig loszuwerden, damit sie sich keine Vorwürfe machen musste, es nicht wenigstens versucht zu haben und wenn sie starb, dann wenigstens aus gutem Grund.

Blaise gegenüber sollte sie es nicht unbedingt erwähnen. Er machte sich schon ohnehin genug Sorgen um sie und sie würde wenigstens das alleine schaffen.

Hermine machte sich fertig und ging nach unten. Ihr war aufgefallen, dass Riddle in den letzten Tagen sich nicht mehr morgens seinem Ritual, vor dem Frühstück zu lesen, widmete.

Sie hatte zwar nicht direkt nach ihm Ausschau gehalten, aber er war auch nicht mehr beim Frühstück gewesen. Sie ging davon aus, dass er ihr ebenfalls aus dem Weg ging.

Darüber war die Braunhaarige auch ganz froh. Es gab zwar noch den gemeinsamen Unterricht, doch dort konzentrierte sie sich einfach auf den Lehrer. Es war eigentlich leicht Riddle aus dem Weg zu gehen, doch leider führte ein gewolltes Ignorieren dazu, dass sie ihn doch so sehr wahrnahm, als ob sie ihn ansehen würde. Und nicht an ihn denken zu wollen, führte zwangsläufig dazu ständig an ihn zu denken. Es war die absolut falsche Methode die ganze Sache zu vergessen.

Hermine grübelte auf dem Weg zum Frühstück weiter darüber, wie man eine Person am leichtesten vergessen konnte und kam zu keiner guten Lösung.

Also ließ sie sich neben Eileen und Sophie fallen.

„Blaise sagte du wärst gestern krank gewesen. Geht es dir wieder besser?“

Hermine nickte und Sophie strahlte sofort wieder.

„Das ist schön. Dann leistest du uns heute Abend wieder Gesellschaft?“

Hermine nickte wieder und sah Blaise und Zephir auf den Tisch zukommen.

„Geht’s es dir wieder gut?“, fragte Blaise, als er bei ihr ankam.

„Alles wieder gut“, antwortete Hermine und setzte ein kleines Lächeln auf.

Blaise beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Das ist schön, Schwesterherz.“

Blaise ließ sich neben ihr fallen und wich ihrem fragenden Blick aus.

Warum gab er ihr einen Kuss auf die Stirn? Wollte er damit ihre Geschwisterliebe unterstreichen?

Oder..? Nein, Blaise empfand ganz sicher nichts für sie. Dafür hatte er immer viel zu deutlich gemacht, was er von Muggelstämmigen hielt.

Hermine machte sich wirklich einfach zu viele Gedanken. Wahrscheinlich begann sie sich schon wirklich Dinge einzubilden, die gar nicht da waren.

Riddles Gefühle waren ja auch so eine Einbildungssache. Und sie hatte ja schon einmal geglaubt, dass Blaise was für sie empfinden könnte, aber da war sie wegen Riddles Kuss auch völlig durcheinander gewesen und sie war eigentlich immer noch durcheinander. Das war zu einem verdammten Dauerzustand geworden und das war sie so leid.

Jetzt sollte das Spiel endlich mal nach ihren Regeln gespielt werden.

Hermine suchte den Slytherintisch vergeblich ab. Riddle war nicht zu entdecken.

Aber er würde noch früh genug sein blaues Wunder erleben.
 

Doch diese Woche brachte keine Veränderung und so kam der Samstag mit den ersten Theaterproben.

Hermine hatte immer noch keinen Plan und ignorierte Riddle nach wie vor, obwohl sie sich vorgenommen hatte, endlich ihr Versprechen einzulösen und weitere Fragen zu stellen.

Sie wollte sich nicht verjagen und verschrecken lassen, doch genau dieser Fall war eingetreten und nun musste sie noch einmal komplett von vorne anfangen.

„Hermine, du bist nicht bei der Sache. Du hast deinen Einsatz verpasst!“

Eileen sah sie vorwurfsvoll an. Sie standen zusammen mit Amy Clover, der Hufflepuffschülerin, die Altheda spielte, auf einer kleinen Bühne.

Sie hatte das Kommando von Professor Beery völlig überhört. Hermine entschuldigte sich und versuchte Riddle aus ihren Gedanken zu verbannen.

Sie begannen erneut und Hermine achtete diesmal auf ihre Einsätze. Es lief eigentlich alles ganz gut, aber sie kam sich wie eine miserable Schauspielerin vor.

„Sollen wir zusammen nachher den Text noch einmal üben?“, fragte Eileen sie später auf dem Weg zurück zum Gemeinschaftsraum der Ravenclaws.

„Ja gern. Du kannst das richtig gut. Ich glaube, dass ich das niemals so hin bekomme wie du.“

„Ach was. Mit ein bisschen Übung bist du genauso gut.“

„Hast du früher schon in Theaterstücke mitgespielt?“

Eileen schüttelte mit einer traurigen Miene den Kopf.

„Nein, leider hatte ich noch nie das Glück.“

„Dieses Mal wirst du aber der Star sein.“

Eileen kicherte und umarmte Hermine.

„Du bist echt eine tolle Freundin.“

Gemeinsam gingen sie nun zu Sophie, um sich wieder dem Berg Aufgaben zu widmen und andere Sache zu wiederholen, da im Frühling bereits die Prüfungen vor der Tür standen.

„Woran denkst du eigentlich ständig?“, fragte Eileen Hermine unvermittelt.

„An nichts Bestimmtes“, wich Hermine ihr aus.

„Nichts Bestimmtes? Das klingt stark, als wäre da jemand verliebt.“

Sophie kicherte und sah Hermine mit einem breiten Grinsen an, so als hätte sie es erraten.

„Ich bin nicht verliebt!“

Hermine schüttelte entrüstet den Kopf.

„Das macht es nur noch auffälliger. Um wen handelt es sich denn?“

„Komm schon. Wir sind deine Freundinnen. Uns kannst du es erzählen.“

Sophie und Eileen stürzte sich auf sie und kitzelten sie durch. Hermine schnappte nur verzweifelt nach Luft zwischen ihren Lachanfällen. Irgendwann ließen die beiden von ihr ab.

„Also? Wir würden es gern wissen.“

„Ich bin in niemanden verliebt. Ehrlich! Ich hätte es euch doch längst gesagt.“

Eileen und Sophie sahen sie an und nickten dann.

„Wir glauben dir.“

„Aber du sagst uns sofort Bescheid, wenn sich da etwas ändern sollte. Ist das klar?“

Hermine nickte ergeben. Nachdem sie noch kurz über mögliche Kandidaten diskutierten, machten sie sich zurück an die Aufgaben. Und Hermine verschwand wieder in ihren Gedanken.

Konzentrieren konnte sie sich sowieso nicht. Plötzlich fragte sie sich, ob Sophie vielleicht Recht hatte. Hatte sie Gefühle für Riddle? Das erschien völlig irrwitzig.

Schließlich dachte sie nur soviel an ihn, weil sie einen Plan brauchte, um ihn zu vernichten. Es gab keinen anderen Grund, warum sie an ihn denken sollte. Sie musste nur endlich einen guten Plan finden.

Doch sie wusste in Wahrheit suchte sie gar keinen Plan, denn einen Menschen töten, ging durch einen einfachen Zauber für den man nur den nötigen Willen besitzen musste. Und dieser Wille fehlte ihr. In Wahrheit suchte sie nur noch Ausreden, um das nicht zu zugeben müssen. Doch noch war sie nicht bereit, sich das selbst einzugestehen. Noch glaubte sie daran, dass sie einen Weg finden würde, um Riddle zu töten.
 

Hermine wusste, dass der Tag kommen musste, an dem sie Riddle wieder über den Weg laufen würde und mit ihm reden müsste. Als Schulsprecherpaar war das kaum zu verhindern und so ging Hermine nun zu Dippet, um ihm den Plan für den Weihnachtsball und dem Theaterstück vorzulegen.

Riddle würde natürlich auch dort sein und sie musste sich ihm endlich stellen. Sie kam zu spät und Riddle saß längst auf seinem Stuhl in seiner gewohnten lässigen Haltung. Er sah sie nicht einmal an, als sie den Raum betrat und sich neben ihn setzte.

„Miss Calice, wie geht es mit dem Theaterstück voran?“

„Sehr gut. Die Proben verlaufen bis jetzt einwandfrei. Es wird sicher ein voller Erfolg.“

Dippet nickte und sah fast aus, als würde er gleich applaudieren, weil sie so gute Arbeit leisteten.

„Mr. Riddle hat mir bereits von ihren Plänen für den Weihnachtsball berichtet. Wirklich sehr gute Arbeit, die sie bis jetzt als Team abgeliefert haben.“

Wenn Dippet nur wüsste, dass sie so gar nicht als Team in den letzten Wochen zusammengearbeitet hatte. Jeder hatte seine eigenen Ideen verfolgt.

„Und wie läuft es mit den Verkäufen der Lose?“

„Es wurden bereits viele gekauft. Manche kaufen auch mehrere um ihre Chancen zu erhöhen. Der Losverkauf kommt auf jeden Fall gut an.“

„Sehr schön. Sehr schön. Und was gedenken sie mit den Einnahmen zu machen?“

Jetzt kam der Augenblick. Hermine atmete tief durch. Sie hatte sich das genau überlegt.

„Ich dachte daran sie an die Waisenhäuser in London zu spenden, Sir.“

Riddles Blick verdüsterte sich augenblicklich, doch Dippet bemerkte nicht, wie die Atmosphäre im Raum plötzlich in Eiseskälte umschlug.

„Sehr schön. Dann wäre ja alles geklärt. Ihr könnt mit euren Vorbereitungen fortfahren.“

Hermine stand langsam auf. Sie brauchte Riddle nicht einmal ansehen, um zu wissen, dass er unglaublich wütend war. Noch tobte diese Wut unsichtbar hinter seiner Maske, die er für Dippet aufgesetzt hatte, doch kaum wenn sie den Raum verlassen hatten, würde diese Maske fallen. Langsam hatte sie das Gefühl, dass sie ein wenig lebensmüde war, wenn sie immer aufs Neue Riddle herausforderte. Das konnte einfach kein gutes Ende nehmen. Während sie die Treppe vom Schulleiterbüro herunter stiegen, schien es immer kälter zu werden, doch noch sagte er nichts. Erst als sie unten angekommen waren, hielt er sie fest.

„Was sollte das, Calice?“

Hermine sah in seine dunklen Augen, in denen wieder ein Gewitter tobte.

„Ich weiß nicht, was du meinst, Riddle!“, sagte sie betont ruhig.

Sie entzog sich seinem Griff und ging einfach weiter auf die Treppe zu, um nach unten in die große Halle zu gehen. Dort musste sie sich noch mit Professor Beery treffen. Doch Riddle folgte ihr und sie drehte sich wütend auf dem Absatz der Treppe um.

„Wo liegt eigentlich dein Problem, Riddle? Ich lass dich doch in Ruhe, so wie du wolltest!“

„Ach wirklich? Mir scheint, dass du dich immer noch einmischst.“

In seinen Augen blitzte die Wut auf und er trat einen Schritt auf sie zu. Wie im Reflex trat sie einen Schritt zurück und vergaß völlig, dass direkt hinter ihr die Treppe war. Ihr Fuß fand keinen Halt und sie stürzte nach hinten. Doch Riddle ergriff ihren Arm und zog sie zurück auf den Absatz. Hermine war völlig überrascht und starrte auf seine Hand, die immer noch ihren Arm festhielt. Ihr Blick blieb an den goldenen Ring hängen, der sie an irgendetwas erinnerte. Dann fiel ihr erschrocken auf, wie nah sie gerade Riddle war.

„Danke“, murmelte sie und drehte sich um, um die Treppe hinunterzulaufen.

Hoffentlich konnte Riddle nicht hören, wie laut ihr Herz schlug und sah nicht, dass sie errötet war.

Hermine verfluchte sich für ihre Gefühle, die ihr einfach nicht mehr gehorchen wollten.
 

Der goldene Ring fiel Hermine erst zwei Tage später wieder ein. Sie saß wieder mit Blaise im Raum der Wünsche, um die letzten Bücher zu studieren, die ihnen möglicherweise nach Hause verhelfen konnten. Sie selbst hatte den goldenen Ring nie gesehen, aber sie erinnerte sich plötzlich an Harrys Wörter über die Horkruxe. Der erste Horkrux, den er zerstört hatte, war das Tagebuch gewesen. Der zweite Horkrux war ein goldener Ring gewesen, den Dumbledore zerstört hatte und dabei sich diese Verletzung an der Hand zugezogen hatte. Den goldenen Ring, den Riddle vor der Ermordung seiner Eltern seinem Onkel abnahm. Wie blind war sie bis jetzt gewesen. Es gab bereits zwei Horkruxe. Das Tagebuch und der Ring der Gaunts.

Sie konnte Riddle nicht einfach töten. Sie musste sich erst erneut auf die Jagd auf Horkruxe begeben. Plötzlich strömten all die Erinnerungen von der Jagd auf die Horkruxe auf sie ein.

„Hermine, alles in Ordnung mit dir? Du bist schon wieder ganz blass im Gesicht.“

„Ich glaube wir haben ein Problem.“

Blaise zog fragend die Augenbraue hoch.

„Wir können Riddle nicht einfach so töten.“

„Ich dachte wir wollten uns damit gar nicht mehr beschäftigen.“

Hermine fiel das mit Schrecken auch wieder ein. Sie hatte ja vorgehabt das alleine durch zu ziehen ohne das Blaise davon wusste.

„Aber jetzt erklär mir warum können wir ihn nicht einfach töten?“

„Weil er bereits zwei Horkruxe besitzt.“

Sie sah Blaises fragenden Blick, der mit dem Begriff nichts anfangen konnte. Jetzt musste sie ihm alles anvertrauen, doch sie vertraute Blaise inzwischen genug.

„Horkruxe sind Gegenstände, in denen man ein Teil seiner Seele einschließt. Stirbt man, bleibt ein Teil der Seele erdgebunden und man kann daher nicht wirklich sterben. Deswegen hat Voldemort auch überlebt und ist zurückgekehrt. Er brauchte nur einen neuen Körper, den er sich in unserem vierten Schuljahr auch wieder verschafft hat.“

Blaise sah Hermine skeptisch an.

„Er hat also ein Teil seiner Seele irgendwo eingeschlossen?“

Hermine nickte.

„Er hatte sogar mehrere Horkruxe hergestellt. Insgesamt sechs Stück, die man erst zerstören muss bevor man ihn töten kann. Ich hab überhaupt nicht daran gedacht, dass er bereits zwei seiner Horkruxe in seiner Schulzeit hergestellt hat.“

„Also könnten wir ihn nicht töten bevor wir nicht diese zwei Horkruxe vernichten?“

Hermine nickte wieder.

„Und du weißt auch was das für Gegenstände sind?“

„Ein goldener Ring, den er trägt und ein alter, schwarzen Taschenkalender.“

Plötzlich fiel Hermine ein, dass sie noch ein Problem hatte.

„Aber die Gegenstände können nur durch bestimmte Dinge zerstört werden und da gibt es ein kleines Problem. Es geht entweder durch das Schwert von Gryffindor, das aus dem sprechenden Hut gezogen werden kann, oder durch Basiliskenzähne, die wir aber nicht haben, weil der Basilisk in der Kammer des Schreckens noch lebt.“

„Es gibt die Kammer des Schreckens doch gar nicht“, sagte Blaise verdutzt.

Hermine lachte. „Doch die gibt es. Riddle hat sie vorletztes Jahr geöffnet und dabei den Basilisken herausgelassen. Es kam ein Mädchen dabei ums Leben.“

„Und wer war es damals im zweiten Schuljahr bei uns?“

„Das war der Taschenkalender, also Riddles Tagebuch hat Ginny kontrolliert und sie dazu benutzt die Kammer des Schreckens erneut zu öffnen.“

Blaise sah überrascht drein.

„Ein Horkrux kann also selbstständig handeln und Menschen zu Dingen zwingen?“

„Ja. Er kann leicht Besitz von einem ergreifen, wenn man nicht stark genug ist dem zu widerstehen. Es handelt sich um schwarzmagische Objekte.“

„Die wir jetzt zerstören müssen, um an Riddle heranzukommen.“

„Genau.“

„Das ist irgendwie verdammt krank seine Seele zu zerstückeln.“

Hermine zuckte nur mit den Schultern. Sie hatte längst einen Plan, wie sie an die Horkruxe herankam. Sie brauchte nur noch ein Mittel, um sie zu zerstören.

„Gut. Wann fangen wir an?“

Blaise sah sie voller Tatendrang an und Hermine offenbarte ihm ihren Plan.
 

Hermine hätte niemals gedacht, dass sie einmal freiwillig Riddles Schlafgemach betreten würde.

Doch jetzt stand sie hier in seinem Raum und betete, dass er brav zum Unterricht ging und erst in einer Stunde hier auftauchen würde. Normalerweise würde sie auch nie den Unterricht schwänzen. Doch heute war ein Tag der Ausnahmen. Sie konnte sich nur vorstellen, dass Riddle den Taschenkalender hier aufbewahrte. Später würde er ihn Lucius Malfoy anvertrauen, doch noch war Lucius kein Todesser und noch war Riddle Schüler dieser Schule und kein dunkler Lord. Sie bezweifelte, dass er ihn immer mit sich herumtrug. Dafür hatte er den Ring immer bei sich. Sein Tagebuch war der Horkrux gewesen mit dem er am leichtfertigsten umgegangen war, also ging Hermine davon aus, dass er auch jetzt keine großen Sicherheitsvorkehrungen dafür getroffen hatte. Schließlich hatte er noch große Pläne und wollte noch mehr Horkruxe herstellen.

Sie versuchte ein Aufrufzauber, doch das Tagebuch erschien nicht. Sie musste sich also mühsam durch Riddles Sachen wühlen. Besonders ordentlich war Riddle scheinbar nicht. Sie begann also systematisch alles zu durchsuchen.

Sie kam nur langsam voran und sie bekam Panik, dass sie es nicht rechtzeitig schaffen würde.

Mit der Suche wurde sie von Erinnerungen geplagt. Sie musste an die harte Zeit denken, in der sie mit Harry und Ron den Horkruxen hinterher gejagt waren und öfter dem Tod nur knapp entronnen waren.

Jetzt musste sie erneut den Tod riskieren, um diese Horkruxe vom Antlitz dieser Welt zu tilgen.

Endlich wurde sie fündig. Sie zog den schwarzen Kalender aus einem Stapel Bücher heraus.

Es war eine Ewigkeit her seit sie ihn das letzte Mal in der Hand gehabt hatte, um zu überprüfen, ob irgendein magischer Zauber darauf lag, ohne damals zu ahnen, was sie da in den Händen hielt.

Diesmal wusste sie es besser. Es sah zwar wie ein harmloser Kalender aus, war aber in Wahrheit eins der gefährlichsten schwarzmagischen Objekte auf dieser Welt.

Sie spürte ganz bewusst die dunkle Aura, die davon ausging und wusste plötzlich, dass ein Mensch, der dazu fähig war so etwas herzustellen nie gerettet werden konnte.

Riddle war bereits verloren. Er hatte seine Seele bereits gespalten. Da gab es nichts Gutes in ihm.

Hermine wusste selbst nicht warum sie plötzlich eine tiefe Trauer überkam.

Sie hatte das Gefühl, dass sie um diese arme Kreatur weinen musste, weil es sonst niemanden gab, der um ihn trauern würde.

Plötzlich erstarb in ihr die Hoffnung etwas für Riddle tun zu können und sie wusste selber, dass sie sich eigentlich immer gewünscht hatte, ihn nicht töten zu müssen.

Doch es gab nur diesen einen Weg. Für den anderen Weg kam sie viel zu spät.

Plötzlich hörte sie Schritte und zuckte zusammen. Sie hatte völlig die Zeit vergessen und Riddle war gerade aus dem Unterricht zurückgekommen.

Er würde gleich nach oben kommen und sie hier entdecken. Sie konnte sich nirgendwo verstecken. Sie steckte den Kalender in ihren Rock und zog ihr T-Shirt darüber.

Hoffentlich merkte er nichts davon. Dann stand Riddle vor ihr.

„Was zum Teufel machst du in meinem Zimmer?“

Er hatte den Zauberstab gezückt und Hermine dachte, dass ihr Ende doch eher kam, als sie gedacht hatte.
 

~Kapitel 12 Ende~
 

Rapprochement

Freitag, Dezember 1, 1944
 

3:33 P.M.
 

Riddles Zauberstab zeigte unablässig auf Hermine, während Riddle seine Worte wiederholte.

„Was zum Teufel treibst du hier in meinem Zimmer?“

Hermine spürte den kalten Schauer, der ihr den Rücken runterjagte und fühlte das Zittern.

Warum war er schon zurück? Es hatten nur zwei, drei Minuten gefehlt und sie wäre sicher mit dem Tagebuch draußen gewesen. Doch das Schicksal meinte es einfach nicht gut mit ihr.

Sie hatte sich eine Ausrede für diesen Fall zurechtgelegt, doch sie fiel ihr nicht mehr ein.

„Ähm…ich…“, stotterte sie drauflos. Dann fiel es ihr wieder ein. „Ich such meine Kette.“

Sie versuchte ihre Stimme fest klingen zu lassen, doch sie schwankte bedrohlich in den Tönen.

Ihre Gedanken arbeiteten rasend schnell. Sie suchte einen Ausweg, denn Riddle würde sie niemals einfach so gehen lassen und dann würde er das Tagebuch entdecken. Seine Wut und Zorn wollte sie sich gar nicht ausmalen. Er würde sie foltern und dann töten. Hermine versuchte tief durchzuatmen. Noch war sie nicht tot und noch hatte er nicht das Tagebuch entdeckt. Vielleicht konnte sie ihn noch überlisten.

„Ich habe dir gesagt, dass ich deine Kette nicht habe.“

Er betont jedes Wort sorgfältig und Hermine hatte die Kette wirklich nicht gesehen, aber sie hatte auch gar nicht darauf geachtet. Es hieß jetzt Zeit raus zuschlagen bis sie einen Plan hatte.

„Und ich sollte dir das glauben? Aus welchem Grund bitte schön?!“

Riddles Gesicht verzog sich zu einer grauenhaften Maske, so sehr kämpfte er mit seiner Wut. Sie hatte wirklich Glück, dass sie überhaupt noch lebte. Sie wusste, dass er auch keinen Mord hier an der Schule riskieren konnte, doch er war kurz davor es doch zu tun.

„Hast du irgendetwas gefunden?“

Selbst seine Stimme klang völlig verzerrt.

Sie hatte noch nie solche Angst verspürt wie jetzt in diesem Augenblick. Ihr Leben hing am seidenen Faden und sie wusste einfach nichts, was sie vor dem Tod bewahren konnte.

„Noch…“, sie betonte dieses Wort. „…hab ich nichts gefunden.“

Hermine sah es in Riddles Gesicht arbeiten. Er schien so versucht sie zu töten. Sie musste etwas unternehmen.

„Und warum sollte ich das dir glauben?“

Die Gegenfrage. Eine Pattsituation. Keiner traute dem anderen.

Riddle hielt seinen Zauberstab auf sie gerichtet, doch er hatte keinen einzigen Zauberspruch abgefeuert. Warum eigentlich nicht? Hermine hatte ihren Zauberstab nicht einmal gezogen. Warum eigentlich?

Sie spürte diese dumme Hoffnung in sich aufwallen, dass er vielleicht doch etwas für sie empfand und er trotz seines Zorns zögern würde. Und plötzlich wusste Hermine, das sie alles auf eine Karte setzten musste und dieser Hoffnung einfach vertrauen musste. Vielleicht der größte Fehler in ihrem Leben, aber scheinbar die einzige Möglichkeit möglicherweise heil aus dieser Angelegenheit heraus zukommen.

Entschlossen schritt Hermine auf Riddle zu, folgte ihrem Herzen statt wie sonst ihrem Verstand. Sie war viel zu schnell an ihn heran, doch das hielt ihn davon ab etwas gegen sie zu unternehmen. Woher sie diese Zuversicht auf einmal hatte, konnte sie sich nicht erklären. Dieses Mal ließ Hermine sich nicht von Riddles Blick fesseln. Sie ignorierte den Gewittersturm in seinen Augen und küsste ihn. Riddle war völlig überrascht, so wie sie es gewesen war bei seinem Kuss.

All ihre Gefühle, die sie fortgesperrt hatte, die sie hatte vergessen wollen, durchströmten sie jetzt.

Eigentlich hatte Hermine schon längst gewusst, dass sie stärkere Gefühle für Riddle hatte als sie jemals hätte zugeben wollen. Doch sie wusste genauso, dass ihre Gefühle nichts ändern würde. Der einzige Weg blieb die Horkruxe zu zerstören und ihn zu töten. Hermine löste den Kuss und lächelte Riddle an.

„Das war für die Kette“, flüsterte sie und ging dann aus seinem Zimmer.
 

Riddle kam Hermine nicht hinterher. Sie hatte ihn wirklich überrumpelt. Doch er würde sich schnell wieder davon erholen, also beeilte sie sich wegzukommen.Sie hatte das Tagebuch und war noch mal mit dem Leben davongekommen. Nun würde sie es erstmal im Raum der Wünsche verstecken, wo Blaise schon ungeduldig auf sie wartete.

„Warum hat das so lange gedauert? Ist etwas passiert?“, fragte er.

„Riddle kam rein, aber ich hab ihn überrumpelt. Den ersten Horkrux haben wir.“

Sie wedelte mit dem schwarzen Taschenkalender vor Blaises Nase.

„Und du bist sicher, dass das mit Riddle kein Nachspiel haben wird?“

Hermine wollte sich jetzt keine Sorgen machen, also winkte sie ab. Mit diesem Problem würde sie sich noch beschäftigen müssen. Jetzt musste sie erst einmal eine Möglichkeit finden den Horkrux zu zerstören.

„Welche Möglichkeiten gibt es jetzt dieses Ding zu zerstören?“

Blaise warf einen kritischen Blick auf das Tagebuch, das jetzt zwischen ihnen lag.

„Eigentlich nur die Basiliskenzähne. An das Schwert kommen wir nicht heran und selbst wenn es hatte erst seine Kraft dadurch erhalten, dass Harry damit den Basilisk erschlagen hatte und es das Basilikengift in sich aufgenommen hatte. Die dritte Möglichkeit wäre das Dämonsfeuer, aber als Crabbe diesen Zauber angewandt hat, ist er dabei umgekommen und wir anderen sind nur knapp mit dem Leben davon gekommen.“

„Crabbe ist tot?“, echote Blaise.

Hermine vergaß immer wieder, dass Blaise so vieles nicht wissen konnte. Sie wusste nicht ob Blaise mit Crabbe befreundet gewesen war, aber er hatte ihn gekannt. So viele waren gestorben und es gab immer jemand, der trauerte. Es war völlig egal ob Rebell oder Todesser. Jeder hatte irgendwo Freunde und Familie.

„Ja er ist tot“, bestätigte Hermine ihre Worte.

Blaise schwieg bedrückt und auch Hermines Gedanken schweiften zu den Toten ab. Immer wieder sah sie deren Gesichter und fragte sich, ob sie es schaffen konnte die Zukunft zu ändern.

„Und der Basilisk ist da unten in der Kammer des Schreckens und quicklebendig“, führte Blaise nach einen kurzen Augenblick des Schweigens das Gespräch weiter.

„Ja. Das heißt wir haben keine Möglichkeit das Tagebuch zu zerstören, wenn wir nicht gerade die unbändige Lust in uns verspüren gegen den Basilisken zu kämpfen.“

Blaise seufzte. Auch Hermine empfand die momentane Situation nicht gerade als positiv. Riddle würde sie noch umbringen und sie konnte nichts gegen ihn ausrichten, solange sie die Horkruxe nicht zerstören konnte. Es war zum Haare raufen. Nie ging es auch nur einen Schritt vorwärts. Jeder Plan schien zu Asche zu zerfallen und so bewegten sie sich nur im Kreis.

Auch Blaise grübelte, denn keiner von beiden war scharf darauf in die Kammer des Schreckens zu gehen, um den Basilisken zu erledigen, um an die Zähne zu kommen. Ob man solche Zähne einfach bestellen konnte? Auf dem Schwarzmarkt sicherlich.

Doch ihnen fehlte einfach die Zeit. Riddle würde früher oder später das Tagebuch vermissen und dann zwei und zwei zusammenzählen.

„Wir haben keine andere Wahl oder?“

Hermine schüttelte den Kopf. Ihr fiel nichts anderes ein.

„Wie kommen wir in die Kammer und wie erledigen wir den Basilisken?“

„Um in die Kammer zu kommen, müssen wir jemanden finden, der Parsel sprechen kann. Der beste Weg den Basilisken zu töten, wäre ein Hahn.“

„Ein Hahn?“, wiederholte Blaise. „Gegen eine riesige Schlange?“

Hermine zuckte mit den Schultern.

„Der Schrei eines Hahns kann einen Basilisken töten.“

„Und wo bekommen wir jetzt verdammt noch mal einen Hahn her?“

„Den brauchen wir nicht, solange wir nicht in die Kammer können.“

Blaise zuckte hilflos mit den Schultern. Sie drehten sich einfach immer nur im Kreis.
 

Hermine hatte es fast erwartet, dass Riddle noch im Gemeinschaftsraum sitzen würde, um sie zur Rede zu stellen, doch er war nicht da. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie es gewagt hatte den dunklen Lord zu küssen. Das hatte sicher kein Mädchen vor ihr getan und sie hatte es einfach gemacht. Nur weil sie eine Sekunde zulange auf ihr Herz gehört hatte. Unvorstellbar, dass sie das wirklich getan hatte. Und dann waren da noch ihre Gefühle für Riddle. Sie hatte für diesen Augenblick zugelassen, dass sie diese Gefühle überrollten. Es war als würde sie ertrinken und nur mit letzter Kraft war sie zurück ans Ufer gelangt.

Doch Hermine wusste, dass es nichts ändern würde. Riddle würde diese Gefühle nie erwidern und selbst wenn er es tun würde, würde es ihn kaum von seinen Plänen abhalten. Es gab nur diesen einen Weg. Sie musste daran denken, was für die Zukunft das Beste war. Also durfte sie nicht schwach werden und diese Gefühle nie wieder zulassen. Gerade hatten sie ihr noch das Leben gerettet, doch beim nächsten Mal konnte die Gefühle der Grund sein, warum sie sterben würde.

Hermine sollte sich lieber darauf konzentrieren, dass sie in die Kammer des Schreckens gelangte. Wie sollte sie an einen Parselmund gelangen? Riddle war einer, aber der würde wohl kaum dabei helfen, wenn sie vorhatten den Basilisken zu töten, um dann seine Horkruxe zu zerstören.

Ron hatte Harry im Schlaf Parsel sprechen gehört und das Zischen nachgeahmt, aber sie war sich nicht sicher, ob sie das auch konnte. Wenn ihre beiden Freunde nur hier wären, dann wäre alles viel einfacher. Sie wäre auch nie auf Abwege geraten, da Harry und Ron ihr schon gründlich den Kopf gewaschen hätten, wenn sie gewusst hätten, dass sie sich zu Riddle hingezogen fühlte.

Sie ließ sich auf ihr Bett fallen und starrte die Decke an. So viele Sorgen und so viele Probleme, die gelöst werden musste und sie wusste einfach nicht wie. Was würde geschehen, wenn sie Riddle das nächste Mal begegnete? Wie würden sie miteinander umgehen? Würde er sie töten?

Hermine konnte die Situation gar nicht mehr einschätzen. Sie hatte nie das Gefühl gehabt zu verstehen, was in Riddle vor sich ging und sie bedauerte es keinen Einblick in sein Herz zu erhalten. Aber was hatte sie erwartet? Das ihr bloßes Auftauchen etwas verändern würde? Es schien sich rein gar nichts zu verändern.

Manchmal glaubte sie, dass alles was sie tat sinnlos war, aber dann erinnerte sie sich daran, wie sie Sirius und Seidenschnabel vor dem sicheren Tod gerettet hatten und wusste, dass es möglich war die Zukunft zu verändern.

Es musste einfach zu schaffen sein. Sie würde einen Weg in die Kammer des Schreckens finden und den Basilisken töten. Und dann würde sie ihre Gefühle abschalten, um Riddle zu töten.

Aber solange es noch nicht so weit war, würde Hermine nicht aufhören daran zu glauben, dass die Hoffnung in ihr Recht behalten würde und es nie soweit kommen würde.

Es war falsch darauf zu hoffen, dass das Unmögliche eintreten würde. Es war eine dumme Illusion und doch wollte Hermine nicht mehr als einfach daran glauben und hoffen, dass es wahr wurde.
 

Hermine starrte den Spiegel an. Sie erinnert sich an den ersten Morgen, als sie vor lauter Angst nicht hatte schlafen können und stundenlang geweint hatte. Auch in der vergangenen Nacht hatte sie kein Auge zu bekommen. Sie fürchtete den Augenblick, in dem sie Riddle begegnen würde. Vielleicht hatte er gemerkt, dass das Tagebuch verschwunden war. Oder er war einfach immer noch wütend, weil sie in seinem Zimmer gewesen war.Es schien unmöglich zu sein, dass sie heute wieder heil herauskam.

Die Braunhaarige strich sich durchs Haar und starrte dieses blasse Mädchen im Spiegel an. Seit ihrem ersten Tag hatte sie Riddle immer wieder gereizt und jetzt hatte sie einfach den Bogen überspannt. Aber dieser Tatsache musste sie sich jetzt stellen. Also verließ Hermine das Bad und ging nach unten in den Gemeinschaftsraum, wo Riddle sein Morgenritual wieder ausführte und las.

Sie blieb unsicher stehen. Allein mit ihm in einen Raum sein, war das Letzte, was sie jetzt wollte. Aber sie musste an ihm vorbei, um zum Portal zu gelangen. Noch hatte er sie nicht bemerkt, aber das war eine Sache von Sekunden bis er es tat.

Ob sie es schaffte an ihm vorbeizukommen ohne dass etwas passierte? Wenn sie erst einmal unten war zwischen all den anderen Leuten, wäre sie in Sicherheit.

Sie könnte die Nächte wieder im Ravenclawturm verbringen. Sophie und Eileen würde sie wohl kaum verstoßen, wenn sie sich bei ihnen verkroch. Aber eigentlich wollte sich Hermine bei keinem verkriechen. Trotz ihrer Angst wollte sie immer noch wissen, wie es in Riddle aussah und ihn verstehen.

Die Braunhaarige wagte also weiterzugehen und war gespannt wie Riddle reagieren würde.

Schon in dem Augenblick, wo er den Blick von seinem Buch hob, sah sie wieder den Gewittersturm in seinen Augen toben. Er war wütend, aber etwas anderes hatte sie gar nicht erwartet.

Hermine beschloss ihn einfach zu ignorieren und an ihm vorbeizugehen, als wäre nichts zwischen ihnen vorgefallen.

„Du hältst dich wohl für unheimlich klug, nicht wahr?“, höhnte Riddle hinter ihr.

Hermine drehte sich zu ihm und funkelte ihn an.

„Ich hab es dir nur heimgezahlt“, antwortete sie schlicht.

Sie wusste nicht warum, aber es gefiel ihr Riddle zu reizen. Vielleicht war sie wirklich lebensmüde geworden.

Er war inzwischen aufgestanden und stand vor ihr.

„Du hast mir überhaupt nichts heimgezahlt. Du glaubst nur, dass du irgendeine Macht über mich hättest und es dir erlauben könntest. Aber du bist mir völlig gleichgültig.“

„Trotzdem habe ich es geschafft dich mit dem Kuss zu überrumpeln, also kann ich dir nicht völlig gleichgültig sein. Oder warst du so geschockt, weil ich es gewagt habe dich zu küssen?“

Er schwieg und Hermine triumphierte still. Sie hatte es geschafft Riddle die Sprache zu verschlagen.

„Du liegst falsch. Da ist nichts zwischen uns“, beharrte Riddle.

Hermine sah ihn funkelnd an. Sie wusste es besser und er würde es noch einsehen.

„Da ist etwas zwischen uns. Ich weiß nicht was es ist, aber du wirst noch den Tag erleben, an dem feststellen wirst, dass ich dir nicht gleichgültig bin und du etwas für mich empfindest!“

Mit diesen Worten drehte sie auf den Absätzen um und stürmte hinaus.

Wie nur konnte sie Riddle jemals zeigen, was da tief verborgen in ihm schlummerte?

Wie konnte sie ihm beweisen, dass da mehr zwischen ihnen war?
 

Hermine wusste es war falsch zwei Pläne zeitgleich zu verfolgen, die einander behinderten.

Sie konnte sich in den nächsten Tagen auch auf nichts wirklich konzentrieren, weil sie in Gedanken immer hin und her überlegte, was das Beste wäre.

Der naive Teil in ihr wollte an der winzige Hoffnung festhalten, dass Riddle sich von ihr bekehren ließ, doch der wütende, hasserfüllte Teil verurteilte ihre Gefühle und wollte nur Rache. Wie mechanisch gesteuert kümmerte sie sich um die Theateraufführungen und verkaufte abwechselnd mit den Vertrauensschüler Lose für den Ball. Sie probte mit Eileen, um textsicherer zu werden, doch sie konnte auf der Bühne keine Gefühlsregungen zeigen, sondern ratterte nur ihren Text herunter. Professor Beery verzweifelte und war zeitgleich der größte Optimist, der glaubte, dass alles bis Weihnachten sitzen würde. Hermine lernte wie eine Besessene und es lenkte sie auch von all ihren Problemen ein wenig ab, aber kaum kam sie zur Ruhe war alles wieder da.

Riddle ging ihr aus dem Weg oder machte sie wütend an, wenn sie sich begegneten, aber noch war ihr nichts passiert, was sie wohl auch Lestrange zu verdanken hatte, der die andere Todesser davon abhielt sie zu anzugreifen, weil er immer noch daran glaubte, dass sie Schuld daran war, dass Riddle jetzt wieder die Todesser sicher führte und er ihr deshalb irgendwie dankbar war. Das verstand Hermine überhaupt nicht, da Lestrange kurz vorher die Macht noch übernehmen wollte. Sie kam erst viel später auf die Idee, dass Riddle auf ihren Rat gehört hatte und Lestrange wirklich zu seiner rechten Hand gemacht hatte und ihm etwas mehr Macht gegeben hatte.

Ein größeres Problem blieb Riddles Fanclub, der ihr das Leben zur Hölle machte. Bei jeder Gelegenheit stürzten sich die Mädchen angeführt von den Yaxleyzwillingen auf sie.

Hermine war es leid mit so vielen Problemen belastet zu sein. Es hatte sich noch immer keine Möglichkeit ergeben, wie sie die Kammer des Schreckens gelangen konnte und Riddles Tagebuch lag nach wie vor versteckt im Raum der Wünsche.

Auch in der Sache Zeitreise kam sie nur langsam voran. Inzwischen hatten Blaise und Hermine nur noch einen kleinen Stapel viel versprechender Bücher übrig, aber sie konnte die Methoden nicht ausprobieren, solange sie Riddle noch nicht getötet hatten. Es war ernüchternd, dass sie nach fast vier Monaten in der Vergangenheit nichts erreicht hatten.

Hermine fühlte sich fürchterlich und stürzte sich noch mehr in die Arbeit in der Hoffnung, dass es sich alles von selbst ergeben würde, auch wenn das völlig dumm war.

Blaise war auch schlecht gelaunt, weil es nicht voranging und wünschte sich vom Raum der Wünsche Alkohol, um seine Wut darin zu ertränken.

Weihnachten rückte immer näher und Hermine war fast froh darum Tag und Nacht beschäftigt zu sein.

Mit all der Arbeit konnte sie sich fast vorstellen zuhause zu sein und mitten im siebten Schuljahr zu sein. Manchmal dachte sie, dass eigentlich jeden Augenblick Harry und Ron um die Ecke kommen mussten, um sie von ihrer Arbeit wegzuziehen und draußen eine Schneeballschlacht zu veranstalten.

Doch es kam niemand um die Ecke, der sie rausholte und so saß Hermine am Fenster und sah die anderen im Schnee toben.

Diese fröhliche Zeit betrübte sie einfach nur, weil ihr alles noch mehr fehlte und sie war an manchen Tagen kurz davor einfach zurückzureisen und sich nicht mehr mit Riddle aufzuhalten.

Doch ihre Träume vom brennenden Hogwarts verfolgten sie immer noch und so blieb sie standhaft.

Es würde sich ein Weg ergeben und einer der beiden Pläne würde erfolgreich umgesetzt werden.
 

Die Zeit verging für Hermine mit der ganzen Arbeit wie im Flug und schon war die Zeit gekommen für die Generalprobe des Theaterstücks. Es wurde das erste Mal auf der extra hergerichteten Bühne in der großen Halle geprobt. Alle waren furchtbar nervös. Professor Beery war ständig in Bewegung und redete auf alle ein.

Eileen hielt sich krampfhaft an Zephir fest, der beruhigend auf sie einredete, dass sie wundervoll wäre, wodurch ihr Griff etwas lockerer wurde.

Amy flüsterte ihren Text die ganze Zeit vor sich hin und starrte hoch zur verzauberten Decke, von der es herunter schneite.

Hermine überprüfte, ob alle Statisten für die Eingangsszene anwesend waren und bereits in ihre Kostüme geschlüpft waren.

Innerlich war sie auch nervös, da sie noch nie auf der Bühne gestanden hatte, aber sie sagte sich, dass wenn sie es schaffte mit einem Riddle klarzukommen, das hier ein Kinderspiel für sie sein müsste.

Für die Generalprobe waren nur einige der Lehrer anwesend, während alle Eingänge zur Halle blockiert waren, damit ihre Mitschüler nicht die Generalprobe versauen konnte.

Hermine war sich immer noch sicher, dass alle lachen würde über dieses klägliche Theaterstück und sie wusste jetzt schon, dass wenn Riddle auch nur ein Wort darüber verlor sie ihm eine verpassen würde, das ihm hören und sehen verging.

Aber jetzt musste sie sich erstmal auf die Generalprobe konzentrieren. Nachdem alle Fragen und Problemen geklärt waren, konnte endlich angefangen werden.

Die Probe verlief katastrophal. Es hieß zwar immer, dass eine missglückte Generalprobe eine gelungene Premiere versprach, was Professor Beery auch mindestens fünfzig Mal erwähnte, aber Hermine hatte das Gefühl, dass die Premiere gar nicht gut werden konnte. Sie fiel in der Anfangsszene über ihr Kleid und riss Zephir um, was ihr einen wütenden Blick von Eileen einbrachte, die sofort wieder eifersüchtig war. Eileen selbst vergaß dreimal ihren Einsatz, was Amy aber noch übertraf, die jeden ihrer Einsätze verpasste und den Text überhaupt nicht mehr konnte.

Zephir brachte seine Textstellen durcheinander. Die Statisten standen völlig falsch und einer fiel sogar noch von der Bühne, was total komisch aussah, sodass alle ins Lachen ausbrachen.

Am Ende waren alle verzweifelt und Professor Beery musste überall gut zu reden, damit nicht alle schmissen. Amy brach in Tränen aus und auch Eileen war kurz davor.

Es war eine einzige Katastrophe. Hermine war völlig am Boden.

Zephir ließ sich neben ihr fallen, weil Eileen doch angefangen hatte zu weinen und hinausgestürmt war. Hermine fiel erst jetzt auf, das sie seit dem unglückseligen Halloweenball nicht mehr wirklich miteinander geredet hatten. Das lag daran, dass sie beide wütend auf den anderen waren, aber auch daran, dass Eileen Zephir nicht in Hermines Nähe lassen wollte.

Obwohl Hermine ihr versichert hatte, dass sie nichts für Zephir empfand, hatte Eileen doch Angst, dass Zephir immer noch etwas für Hermine empfand und mit ihr Schluss machen würde, wenn er glaubte, dass Hermine ihm ebenfalls zugeneigt war.

Doch jetzt saßen sie nebeneinander und Eileen war nicht da.

„Die Probe war wirklich Mist“, versuchte Hermine ein Gespräch zu beginnen.

„Na dann klappt hoffentlich die Premiere. Eileen freut sich schon seit Wochen darauf.“

„Sie wird das auch auf jeden Fall meistern. Ich gönne es ihr auf jeden Fall.“

Plötzlich sah Zephir sie ganz ernst an und stellte ihr eine überraschende Frage.

„Was empfindest du für Riddle?“

Hermine war völlig unvorbereitet auf diese Frage. Sie lief rot an und verriet damit mehr, als sie jemals hätte zugeben würden. Nicht einmal mit Blaise hatte sie offen über ihre Gefühle gesprochen.

Sie wollte sich selbst kaum eingestehen, dass da wirklich etwas war.

„Das ist nichts. Was sollte da sein?“

Sie versuchte ihr Erröten und ihre Unsicherheit zu überspielen, doch Zephir durchschaute sie, sodass sie einfach die Flucht ergriff, etwas murmelte, dass sie noch was erledigen musste und schnellstmöglich aus der großen Halle verschwand.
 

Hermine hatte ein mulmiges Gefühl, als sie am nächsten Tag gemeinsam mit Riddle zu Dippet gerufen wurde.

Morgen war Weihnachten und sie musste plötzlich daran denken, dass sie auch einen Tag vor Halloween zu Dippet gerufen worden war, damit er ihnen eröffnete, dass sie zusammen den Ball eröffnen sollten.

Dieses Mal wurde das Paar aber von Dippet ausgelost und Hermine hoffte, dass es ein passendes Paar war. Sie hatte beide Boxen mit den Namen dabei und mühte sich damit ab.

Riddle ignorierte sie und würde ihr nicht helfen die Boxen zu tragen. Das war wieder einer dieser Momente, in denen sie Riddle einfach nur erwürgen wollte. Dumm nur, dass es wegen den Horkruxe nicht funktionieren würde. Hermine starrte unbewusst auf den goldenen Ring, der der zweite Horkrux war. Noch wusste sie nicht, wie sie an ihn herankommen sollte. Sie hatte überlegt Riddle noch einmal mit einem Kuss zu überrumpeln, doch er würde sich nicht zweimal auf diese Weise austricksen lassen. Also musste es eine andere Möglichkeit geben, doch noch war ihr nichts eingefallen.

Riddle nannte das Passwort bei den Wasserspeiern und sie gingen die Treppe zu Dippets Büro hoch, der sie schon längst erwartete und ungeduldig auf die Uhr sah.

Hermine stellte die zwei Boxen auf dem Schreibtisch ab, wodurch sie für etwas Unordnung sorgte, was Dippet mit bösem Blick quittierte. Sie lächelte entschuldigend und ließ sich dann auf den Stuhl neben Riddle fallen.

„Ich hoffe, dass die Vorbereitungen für unser Weihnachtsfest gut verlaufen sind und es morgen keine Schwierigkeiten im Ablauf geben wird.“

„Alles ist vorbereitet, Sir“, antworte Riddle betont lässig.

„Gut, gut. Dann lasst uns das Tanzpaar auslosen.“

Er griff in die erste Box und wühlte einen Augenblick darin herum bis er einen Zettel herauszog, der sorgfältig ganz klein gefaltet worden war.

Dippet entfaltete ihn und las vor.

„Tom Riddle. Das passt ja hervorragend. Dann will ich ihnen mal eine passende Tanzpartnerin ziehen.“

Riddle erwiderte Dippets Lächeln freundlich und für einen kurzen Augenblick hatte Hermine das Gefühl, dass ein boshaftes oder eher triumphierendes Grinsen über sein Gesicht huschte.

Sie hatte gar nicht gewusst, dass Riddle ein Los gekauft hatte, aber sie war ja auch nicht immer beim Losverkauf dabei gewesen, also konnte es durchaus möglich sein.

Dippet hatte inzwischen aus der anderen Box ein Zettel gezogen und öffnete ihn.

„Oh welch interessante Fügung“, stieß er hervor. „Hermine Calice.“

Hermine klappte der Mund auf. Sie hatte mit dem Losverkauf doch verhindern wollen, dass sie ein zweites Mal mit Riddle tanzen musste. Und jetzt hatte der Zufall dafür gesorgt, dass sie doch wieder den Ball eröffnen mussten.

„Welch seltsamer Zufall, dass sie das Schulsprecherpaar ziehen“, witzelte Riddle.

„Ja wirklich seltsam, aber dann werden sie wieder den Ball eröffnen. Darüber bin ich zutiefst entzückt, denn ich weiß genau, dass sie ihre Sache wunderbar machen werden.“

Damit entließ er sie und Hermine stand immer noch völlig geschockt vor der Bürotür.

Riddle war längst entschwunden und sie fragte sich, was das Schicksal für ein böses Spiel eigentlich mit ihr trieb.
 

~Kapitel 13 Ende~

Malevolence

Montag, Dezember 25, 1944
 

7:56 A.M.
 

Hermine erwachte am Weihnachtsmorgen aus einem ihrer Alpträume. Das brennende Hogwarts schien allgegenwärtig zu sein und sie fragte sich verzweifelt, ob sie diese Vision irgendwie abwenden konnte. Nichts schien zu funktionieren und es schien ihr langsam völlig unmöglich zu sein etwas dagegen ausrichten zu können. Der dunkle Lord würde leben und Hogwarts würde brennen.

Sie arbeitete sich in eine sitzende Position hoch und entdeckte erst jetzt den kleinen Haufen an Geschenken vor ihrem Bett.

Hermine war überhaupt nicht in weihnachtlicher Stimmung und lustlos griff sie nach dem ersten Päckchen. Langsam öffnete sie es. Es war das Buch „Geschichte Hogwarts“. Zuhause in ihrer Zeit besaß Hermine dieses Buch bereits, aber natürlich eine viel neuere Ausgabe, die schon etliche Male überarbeitet worden war. Das Geschenk stammte von Lestrange. Sie war überrascht etwas von ihm zu erhalten. Sie selbst hatte nichts für Lestrange gekauft und hoffte, dass Lestrange nichts von ihr erwartet hatte.

Hermine hatte sowieso beinahe die Weihnachtsgeschenke vergessen, da sie sich in die Arbeit gestürzt hatte. Außerdem hatte sie gar nicht darüber nachgedacht, dass ihr jemand etwas schenken konnte. Also hatte sie nur für Sophie, Eileen und Blaise noch schnell etwas besorgt. Von diesen drei hatte sie auch etwas geschenkt bekommen.

Sophie hatte ihr eine große Tüte mit allen möglichen Süßigkeiten aus dem Honigtopf geschenkt.

Von Eileen bekam sie ein Buch über das Theater und dem Schauspielern.

Blaise schenkte ihr eine neue Halskette, an der dieses Mal ein Rabe hing, der einen blauen Saphir im Schnabel trug. Es passte perfekt zu ihrem Ballkleid für den Weihnachtsball.

Aber es waren noch zwei weitere Geschenke übrig von denen Hermine nicht wusste, wer hinter diesen Geschenken stecken könnte.

Das erste Geschenk stammte von Zephir, dem sie sie selbst mit Absicht nichts geschenkt hatte, weil sie ihn seit dem Halloweenball nicht mehr besonders mochte.

Es war eine kleine Spieluhr, die Hermine aufzog, damit eine schöne Melodie von einem Schlaflied erklang. Zephir hatte auch ein Zettel beigelegt, auf dem stand: „Gegen die bösen Träume.“

Eileen musste ihm von Hermines Alpträume erzählt haben. Jetzt fühlte sie sich ein wenig schuldig nichts für Zephir gekauft zu haben.

Am letzten Geschenk baumelte ein Brief, auf dem stand: „Zuerst lesen.“

Hermine öffnete den Brief in der Hoffnung etwas über den Absender zu erfahren.

Doch im Brief stand nur ein einziger Satz und unterschrieben worden war auch nicht.

Es stand dort drin nur: „Heute Abend öffnen.“

Hermine sah verärgert auf das Geschenk. Natürlich war sie neugierig auf den Inhalt des Geschenkes, aber es passte ihr gar nicht, dass sie es nicht öffnen sollte. Sie würde sicher nicht bis heute Abend brav warten. Vor allem hatte sie bereits eine gewisse Vorahnung von wem das Geschenk stammte und was das Geschenk war. Entschlossen griff sie nach Päckchen und riss es auf. Darin war eine kleine Schmuckschatulle.

Hermine atmete tief durch und klappte den Deckel der Schatulle hoch. Darin lag die vermisste Halskette mit dem Schlangenanhänger. Sie funkelte ihr entgegen, während in Hermine die Wut hoch kochte.

Riddle besaß die Frechheit die Kette erst zu stehlen und sie ihr jetzt ganz unverfroren wiederzugeben. Was hatte er vor? Sie am Ende des Abends wieder zu küssen, um die Kette wieder zurückzubekommen? Das konnte er vergessen!

Wütend schleuderte sie die Schatulle von sich. Sie würde diese Kette heute Abend ganz sicher nicht tragen. Sie war nicht Riddles Spielzeug, das tat, was von ihm verlangt wurde.

Da verstand Riddle ihre Gefühle völlig falsch.
 

Nach ihrem Wutanfall zog Hermine sich an und stürmte an Riddle vorbei ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Er konnte vergessen, dass sie heute Abend mit ihm den Ball eröffnete. Sie würde einfach nicht auftauchen und ihn dort ganz verlassen stehen lassen. Sollte er doch mit einem Mädchen aus seinem Fanclub tanzen.

Sie ließ sich in der großen Halle neben Eileen fallen, die schon ganz blass war, da am späten Nachmittag das Theaterstück aufgeführt wurde. Zephir redete leise auf sie ein und warf Hermine kurz einen Blick zu.

Hermine wand sich an Sophie und bedankte sich für ihr Geschenk. Sophie lächelte.

„Dir auch Dankeschön. Woher wusstest du nur, dass ich neue Haarspangen für meine Frisur heute Abend brauche? Du hast doch nicht meine alten gestohlen, um dich jetzt glänzend als Hellseherin zu präsentieren oder?“

„Sophie du hast einfach einen hohen Verschleiß an Haarspangen“, warf Eileen ein, die jetzt wieder etwas mehr Farbe im Gesicht hatte.

„War doch nur ein Scherz. Hermine würde nie etwas stehlen!“

Als Sophie lachend abwinkte, musste Hermine plötzlich an Riddles Tagebuch denken, dass sie gestohlen hatte. Aber davon ahnte Sophie ja nichts.

„Wer eröffnet jetzt eigentlich heute den Ball? Wird das noch bekannt gegeben oder wird das eine Überraschung?“

Hermine musste bei dem Gedanken dran laut seufzen.

„Was ist Hermine? Ist es so ein schlimmes Paar?“

Sophie konnte immer so schrecklich neugierig sein. Hermine war hin und her gerissen. Wenn sie ihr es sagte, würden alle heute Abend wissen, dass sie nicht auftauchte, um Riddle eins auszuwischen, aber wenn sie es nicht sagte, hatte Riddle die Chance es einfach zu überspielen, da keiner wusste, wer das Paar für heute Abend war.

„Dippet hat ausgerechnet Riddle und mich gezogen“, stöhnte Hermine.

Sophie sah sie mitfühlend an.

„Du hast wirklich Pech, wenn du schon wieder mit Riddle tanzen musst. Ihr zwei versteht euch auch nicht besonders gut, nicht wahr?“

„Wir verstehen uns gar nicht. Er ist der launenhafteste Typ, den ich kenne.“

Und trotzdem war sie in ihn verliebt, aber das sagte sie nicht laut.

Heimlich warf Hermine einen Blick Zephir zu, der aber völlig beschäftigt damit zu sein schien ein weiteres Brötchen mit Butter zu beschmieren. Sie hatte Angst, dass er wusste, was sie für Riddle empfand. Was würde er tun?

Wenn er wirklich der verhasste Rivale von Riddle war, würde er dann auf die Idee kommen sie gegen Riddle zu benutzen?

Im nächsten Augenblick schalte sich Hermine einen Dummkopf. Er könnte sie nur gegen Riddle einsetzen, wenn Riddle ihre Gefühle erwidern würde, was er aber nicht tat.

„Dich bestraft das Schicksal wohl wirklich“, meinte Eileen. „Wenn ich mir vorstellen müsste überhaupt Zeit mit diesem Idioten verbringen zu müssen! Schrecklich!“

„Ach Hermine schafft das schon“, entgegnete Sophie munter.

„Na hoffentlich. Riddle raubt einem wirklich den letzten Nerv.“

Hermine musste lachen. Eigentlich hat Riddle sie schon so viele Nerven gekostet, dass sie gar keine mehr haben konnte. Sie musste wirklich auf dem besten Weg sein wahnsinnig zu werden.

„Hoffentlich klappt heute auch alles wie am Schnürchen!“, seufzte Eileen.

„Mach dir keine Sorgen. Was soll schon groß schief gehen?“, sagte Hermine lachend. „Es ist doch alles gestern schon schief gelaufen. Jetzt kann es nur klappen!“

Aber damit irrte sie sich gewaltig.
 

Hermine saß in ihrem Zimmer und ging ein letztes Mal den Text für das Theaterstück durch.

Inzwischen hatte sie ein mulmiges Gefühl im Bauch und ihr war richtig schlecht.

Sie hatte schreckliches Lampenfieber und zeitgleich war sie immer noch schrecklich wütend auf Riddle. Eigentlich hatte sie das mit der Kette gewusst. Er konnte es nicht sein lassen sie zu reizen und ihr deutlich zu machen, dass er alle Fäden in den Händen hielt und sie nach seiner Pfeife tanzen musste.

Aber Hermine konnte es auch nie lassen ihn herauszufordern. Am Ende war sie selbst Schuld daran. Als sie noch schreckliche Angst vor Riddle gehabt hatte, wäre es ihr nie im Traum einfallen sich gegen ihn zu stellen und ihm die Meinung zu geigen.

Doch sie hatte ihre Angst inzwischen nahezu verloren. Noch war er nicht dieses schreckliche Monster, auch wenn er auf dem besten Weg dorthin war. Aber gerade deswegen würde sie heute Abend nicht mit ihm tanzen, denn er sollte nicht glauben, dass er sie irgendwie in die Knie zwingen konnte. Sie war keine willenlose Anhängerin seiner Sache.

Hermine war das genaue Gegenteil und das würde sich nicht ändern. Sie würde ihn töten. Sie ließ den Text sinken, da sie sich überhaupt nicht darauf konzentrieren konnte. Immer tanzte Riddle in ihren Gedanken umher und ließ alles verschwimmen.

Es wäre wirklich einfacher gewesen, wenn sie ihm gleich bei ihrer ersten Begegnung einen Todesfluch auf den Hals gehetzt hätte. Dann müsste sie jetzt nicht so viele Gedanken daran verschwenden. Er wäre dann fort gewesen und wäre nur noch an seine Horkruxe gebunden gewesen. Ohne sein Gefolge wäre er vielleicht immer nur ein Seelenbruchstück ohne Körper gewesen.

Hermine legte den Text endgültig beiseite und stand auf. Ihre Gedanken drehten sich nur im Kreis und sie kaute den gleichen Gedanken immer wieder durch.Lieber sollte sie sich jetzt auf den Weg machen, damit sie rechtzeitig da war, um ihr Kostüm anzuziehen und geschminkt zu werden. Das Theaterstück war ihr so was von egal, aber da musste sie jetzt durch.

Unten im Gemeinschaftsraum saß Riddle. In Hermine tobte es kurz, aber äußerlich blieb sie ruhig.

Er sprach sie direkt an.

„Calice, wir treffen uns hier um acht und gehen dann gemeinsam hin.“

Hermine verdrehte die Augen. Riddle glaubte wirklich, dass sie einfach seinen Worten Folge leisten würde. Er hatte immer diesen typischen Befehlston. Aber sie machte da nicht mit.

„Ich werde alleine hingehen. Fehlt mir noch, dass ich mit dir gesehen werde“, antwortete sie schnippisch.

„Und ich dachte, du würdest dich darum gerade zu reißen.“

Riddle grinste.

„Das bildest du dir doch nur ein“, entgegnete Hermine wütend. „Mit jedem anderen würde ich zum Ball hingehen, aber ganz sicher nicht mit jemand wie dir, der Gefühle nicht achtet. Es geht dir immer nur um dich und um niemanden anderen. Mit so jemand will man keine einzige Sekunde in seinem Leben verbringen müssen!“

Riddle sah sie irritiert an. Hermine machte sich nichts vor. Er würde nie verstehen, was sie eigentlich meinte und trotzdem würde sie weiter versuchen es ihm näher zu bringen.

Doch sie hatte jetzt keine Zeit sich weiter mit ihm zu beschäftigen, also drehte sie sich um und verschwand. Es war immer das gleiche und es schien sich nichts zu ändern.
 

„Hermine!“ Eileen kam ihr entgegen gerannt. „Wir haben uns schon gefragt, wo du bleibst!“

„Tut mir leid. Ich bin den Text noch mal durchgegangen und hab völlig die Zeit vergessen.“

Eileen nickte ungeduldig und zog sie mit sich.

Professor Beery lief schon nervös hinter der Bühne auf und ab. Er scheuchte die Statisten von einer Stelle zur anderen und murmelte etwas davon, dass keiner am Rand stehen durfte. Hermine erinnerte sich an die Generalprobe, als einer von der Bühne hinuntergefallen war. Sie warf einen kurzen Blick über die Schar Schüler und sah, dass immerhin alle da waren.

Beinahe hätte sie erleichtert aufgeatmet, doch das hob sie sich lieber für nach dem Ende des Stückes auf, falls alles gut gelaufen war.

Gerade wurde Amy in einem kleinen Nebenraum geschminkt und Eileen drückte Hermine ihr Kleid in die Hand, damit diese sich in der kleinen Umkleidekabine umziehen konnte. In der Umkleidekabine klangen die aufgeschreckten und nervösen Stimmen leiser und Hermine ließ sich Zeit damit sich umzuziehen.

Vor dem Vorhang sammelten sich die Schüler und tuschelten aufgeregt.

Ihr war inzwischen richtig schlecht und sie versuchte sich in der Umkleidekabine kurz zu sammeln bevor sie sich mit dem Chaos da draußen auseinander setzte.

Professor Beery hielt gerade eine kleine Ansprache, um alle noch einmal zu beruhigen und ihnen Mut zu machen. Gleich würde der Vorhang aufgehen und Hermine war noch nicht einmal geschminkt.

Der kleine Nebenraum war jetzt völlig ausgestorben und sie setzte sich vor den Spiegel, um sich selbst zu schminken. Zum Glück konnte sie das dank Sophie auch alleine sehr gut. Gerade als sie den Lippenstift auftragen wollte, sah sie im Spiegel hinter sich Zephir stehen.

Professor Beery hielt immer noch seinen Vortrag, also musste er sich weg gestohlen haben.

„Du siehst hübsch aus.“

Zephir näherte sich und stand direkt hinter ihr. Hermine lief plötzlich ein kalter Schauer über den Rücken. Sie fühlte sich so unerwartet an Riddles dunkle Aura erinnert. Das hier bedeutete nichts Gutes. Zephir war ganz sicher nicht hier um ihr nette Komplimente zu machen, sondern hatte etwas anderes im Sinn.

„Was willst du Zephir?“, entgegnete Hermine eine Spur zu heftig.

Zephir hinter ihr grinste diabolisch. Er spürte ihre Angst, die sie sich selbst nicht erklären konnte. Bis jetzt hatte sie Zephir für völlig ungefährlich gehalten, aber sie hatte sich auch nie mit ihm wirklich beschäftigt. Er war einfach nur eine Schachfigur gewesen. Sie versuchte das Zittern zu unterdrücken und trug den Lippenstift auf. Dann stand sie auf und wollte an Zephir vorbei, doch dieser hielt sie fest.

„Wo willst du hin Hermine? Wir können uns doch endlich einmal ungestört unterhalten.“

Hermine sah ihm in die Augen und sah darin die gleiche Boshaftigkeit wie bei Riddle. Er drängte sie an die Wand und sie fühlte sich völlig hilflos. Irgendetwas lief hier gerade gewaltig schief. Warum hatte sie nie gesehen, dass Zephir auch ein Monster war? Ein Monster, das sie sich zum Feind gemacht hatte, ohne es wahrzunehmen.

„Du schuldest mir immer noch eine ehrliche Antwort. Was empfindest du für Riddle?“

Hermine sah ihn fest an. Sie würde ihm keine Antwort auf diese Frage geben, aber sie wusste schon längst, dass er die Antwort genauso gut kannte wie sie.

Er beugte sich vor und flüsterte ihr ins Ohr.

„Wenn du es mir nicht sagen willst, können wir wenigstens herausfinden, was er für dich empfindet. Das interessiert dich doch sicher genauso sehr wie mich oder? Und praktischerweise steht er gerade hinter dem Vorhang und wird jeden Augenblick diesen Raum betreten, um dir viel Glück zu wünschen. Wollen wir wetten?“

Zephir grinste teuflisch und küsste sie.
 

Hermine schloss die Augen nicht und versuchte sich gegen den Kuss zu wehren. Doch Zephir hielt sie fest im Griff und zwang sie ihren Mund zu öffnen.

Riddle betrat wirklich den Raum, als Zephirs Zunge Hermines Mund erkundete. Hinter ihm stand Eileen, die wohl auf Riddle eingeredet hatte, dass er nichts hinter der Bühne zu suchen hatte und starrte entsetzt auf die Szene vor ihren Augen.

Auf Riddles Gesicht blieb es völlig starr und er drehte sich einfach um. Eileen folgte ihm entgeistert und den Tränen nah.

Endlich beendete Zephir diesen Kuss und ließ von Hermine ab. Sie fühlte sich schrecklich. Sie wusste nicht wie diese Szene gewirkt haben musste, aber Eileen würde sie hassen.

„Riddle scheint ja doch nichts für dich übrig zu haben. Dabei war ich mir so sicher!“

Hermine holte aus und verpasste Zephir eine, um sich endlich zu befreien.

Ihr Kopf wollte die Informationen noch gar nicht verarbeiten, so sehr stand sie unter Schock. Sie musste es Eileen augenblicklich erklären. Sie fühlte sich sogar dazu verpflichtet Riddle irgendetwas zu erklären, auch wenn sie tief in drinnen zutiefst enttäuscht über seine Reaktion war.

Jetzt war ihr wirklich richtig schlecht. Zephirs Kuss war grauenerregend gewesen und sie wollte sich am liebsten übergeben in der Hoffnung, dass dieser eklige Geschmack in ihrem Mund verschwand. Doch sie musste hinter Eileen hinterher, aber Professor Beery ergriff sie.

„Miss Calice, sie müssen auf die Bühne! Das Theaterstück fängt an!“

Im nächsten Augenblick wurde sie auf die Bühne geschubst und stand direkt einer wutentbrannten Eileen gegenüber, die ihren Zauberstab zog.

„Wie konntest du nur?!“, spie sie ihr entgegen. „Du hast gesagt du empfindest nichts für ihn!“

„Eileen“, setzte Hermine an, doch da flog ihr schon der erste Zauberspruch entgegen.

„Du verdammte, miese Lügnerin!“

Hermine wich einem zweiten Zauberspruch aus, der einen der Statisten traf und ihm einen Bart wachsen ließ.

Es roch plötzlich verbrannt und Hermine sah in einem kurzen Seitenblick, das irgendetwas am Rande der Bühne explodierte.

Rauch stieg auf und Hermine zog verzweifelt ihren Zauberstab, da sie nur noch Eileens wütende Schimpftirade hörte, sie aber nicht mehr sehen konnte und ihren Zaubersprüchen auch nicht mehr ausweichen konnte. Sie hörte Schüler schreien und überall hörte sie panische Schritte, da ein völliger Tumult ausbrach.

Hermine feuerte ziellos in die Richtung aus der die Zaubersprüche kamen und hoffte Eileen einen Körperklammerfluch aufzuhalsen zu können, damit sie ihr zuhören musste.

Professor Beery war inzwischen auf der Bühne aufgetaucht und versuchte verzweifelt Ordnung zu schaffen. Das Feuer griff auf die Bühne über, doch Hermine wollte nur mit Eileen reden. Einer der Zaubersprüche traf Professor Beery, dessen Kopf plötzlich gigantisch anschwoll. Von weiter fern glaubte sie Dumbledores Stimme zu hören, der die Schüler zur Ordnung rief, während Dippet laut durch die Halle brüllte, dass irgendwer das verdammte Feuer löschen sollte. Die Rauchschwaden lichteten sich und Hermine sah Eileen. Die Schwarzhaarige sah sie im gleichen Augenblick und stürmte auf sie zu.

„Schlampe!“, schrie sie und feuerte wild einen Zauberspruch nach dem anderen ab.

Hermine fühlte sich den Bruchteil einer Sekunde an Bellatrix Lestrange erinnert bevor sie geistesgegenwärtig ein Schutzschild um sich herum aufbaute, damit keiner der Zauber sie traf. Sie musste nur einen Körperklammerfluch gut gezielt hinbekommen. Dann konnte Eileen sie nicht mehr angreifen. Warum lief alles nur so verdammt schief? Doch in ihrer Überlegungen hinein, zersprang ihr Schutzschild und Eileen hatte freie Bahn. Hermine war zu langsam und konnte nicht mehr ausweichen.

„Sectumsempra!“, schrie Eileen völlig wild.

Hermine spürte wie ihr Körper aufgeschlitzt wurde und dann verlor sie das Bewusstsein.
 

Das Erste, was Hermine durch den Kopf geisterte war, dass Harry dieses verdammte Zaubertränkebuch hätte wegwerfen sollen. Sie hatte ihm ja immer gesagt, dass dahinter nichts Gutes steckte und sie hatte Recht behalten. Er hatte mit diesem Zauber Malfoy aufgeschlitzt und ihn beinahe umgebracht. Jetzt würde er nicht am Quidditchspiel teilnehmen können und sie würden den Pokal nicht gewinnen. Warum wusste Harry es immer nur alles besser? Sie hatte es ihm ja gesagt.

Dann wurden ihre Gedanken wieder klarer. Ihr fiel ein, dass sie sich mit Eileen duelliert hatte. Es wollte ihr nicht einleuchten, woher Eileen diesen Zauber kannte. Doch dann setzten sich die Bruchstücke wieder zusammen. Eileen war Snapes Mutter und der hatte dieses verdammte Zaubertränkebuch voll gekritzelt. Der selbsternannte Halbblutprinz. Vielleicht hatte er diesen gewalttätigen Zauberspruch von seiner Mutter. Eileen schien ja echt brutal zu sein. Warum hatte Eileen sie eigentlich noch mal angegriffen? Wegen Zephir. Dieser verdammte Schweinehund.

Hermine schoss hoch und stellte fest, dass sie im Krankenflügel war. Aufgrund der plötzlichen Bewegung tat ihr alles weh und sie ließ sich wieder zurücksinken. Eine deutlich jüngere Madam Pomfrey kam auf sie mit strengem Gesichtsausdruck zugeeilt.

„Sie müssen liegen bleiben. Ich habe ihre Wunden zwar geschlossen, aber sie sind noch viel zu schwach. Sie müssen heute Nacht hier im Krankenflügel bleiben. Morgen sind sie wieder hergestellt, aber bis dahin bleiben sie einfach liegen und schlafen, verstanden?“

Hermine nickte schwach und Madam Pomfrey eilte wieder davon. Die Braunhaarige konnte erkennen, dass jedes Bett im Krankenflügel belegt war. Sie erinnerte sich wieder an das gewaltige Chaos. Dippet würde sie umbringen. Ob der Ball wohl noch wie geplant stattfand? Eher unwahrscheinlich nach dem Brand in der großen Halle. Warum hatte es überhaupt gebrannt? Sie konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, ob das durch das Duell verursacht worden war.

Überall klagten Schüler Madam Pomfrey ihre Schmerzen. Was hatte Hermine nur angerichtet? Dabei trug sie überhaupt nicht die Schuld. Es war Zephir gewesen, der plötzlich völlig verrückt geworden war. Woher hatte er überhaupt gewusst, dass Riddle auftauchen würde? Er hatte doch mit dem Rücken zur Tür gestanden. Es war einfach alles schief gelaufen.

Nichts schien hier jemals zu funktionieren. Hermine kamen die Tränen und sie drückte ihr Gesicht in das Kissen, um einen Schluchzer zu unterdrücken.

Als Eileen und Sophie ihr erzählt hatten, dass Riddle und Zephir einmal Freunde gewesen waren, weil sie sich ähnlich waren, hätte Hermine nie vermutet, wie ähnlich die zwei sich wirklich waren.

Wie hätte sie denn auch ahnen können, dass in Zephir solch ein Monster schlummerte?

Oh verdammt es war einfach grauenvoll. Ihr wurde schlecht, wenn sie wieder an den Kuss dachte.

Sie konnte einfach nicht mehr. Das war zuviel für sie.

Sie brach in Tränen aus und weinte sich verzweifelt in den Schlaf.
 

Es war dieselbe Szene wie immer. Das brennende Hogwarts und vor ihr stand Riddle. Er hatte den Zauberstab erhoben und ging auf sie zu. Sie hatte ihren Zauberstab in der Hand und wollte ihn töten, doch sie konnte nicht. Sie sah in seine Augen und glaubte darin Liebe für sie zu erkennen. Er ließ den Zauberstab sinken und sie ließ ihren fallen. Er nahm sie in den Arm und beugte sich zu ihr vor, um sie zu küssen. Gerade als sie die Augen schließen wollte, um sich diesem molligwarmen Gefühl hinzugeben, das sie durchströmte, sah sie im Spiegel hinter Riddle Zephir mit erhobenen Zauberstab und der grünen Lichtstrahl, der auf sie zuschoss. Riddle sah ihn nicht und sie schubste ihn beiseite um ihn zu retten. Dann traf der grüne Lichtstrahl sie und sie fiel wie eine Puppe, der man die Fäden durchgeschnitten hatte, zusammen.

Hermine riss die Augen auf und sah jemanden an ihrem Bett sitzen. Sie blinzelte noch mal um die grässlichen Traumbilder loszuwerden und erkannte Riddle, der auf dem Stuhl neben ihrem Bett eingeschlafen war. Überrascht richtete sie sich auf.

Er sah so friedlich aus, wenn er schlief. Aber warum war er hier?

Hermines Herz klopfte wie wild. War er etwa ihretwegen hier? Das wäre unglaublich.

Sie beugte sich vor, um ihn zu wecken. Sie musste ihn das einfach fragen. Sie musste einfach hören, dass er zu Gefühlen fähig war, dass er etwas für sie empfand, auch wenn er das sicher nicht zugab.

„Hermine“, murmelte Riddle in diesem Augenblick und Hermine erstarrte in ihrer Bewegung.

Er hatte sie bei ihrem Vornamen genannt. Er musste gerade von ihr träumen.

Konnte das denn möglich sein? Hatte sie vielleicht doch längst etwas erreicht ohne es zu ahnen?

Ihr Herz schlug noch heftiger und sanft berührte sie Riddle an der Schulter.

„Tom“, flüsterte Hermine leise.

Sie wagte es seinen Vornamen in den Mund zu nehmen. Ihn mit seinem verhassten Vornamen anzusprechen. Doch er hörte darauf und schlug die Augen auf.

Und da war endlich die Wärme in seinen Augen, die sie so lange verzweifelt versucht hatte heraus zu kitzeln. Da war der Riddle in den sie sich so rettungslos verliebt hatte.

In seinen Augen spiegelten sich echte Sorgen wieder und er beugte sich zu ihr vor, um sie in seine Arme zu ziehen. Er hielt sie fest, als wäre er ein Ertrinkender, der sich verzweifelt, an dem letzten Halt in seinem Leben klammerte.

Hermine war fassungslos. Konnte das hier überhaupt wahr sein oder träumte sie immer noch?

Sie fühlte sich in seinen Armen so wohl und erwiderte seine Umarmung genauso verzweifelt. Vielleicht war das ihre einzige Chance ihm jemals nah zu sein.

Nach einer gefühlten Ewigkeit löste Tom die Umarmung und sah sie an. Sie versank in seinen Augen und ließ es bereitwillig geschehen, dass er sie küsste.

Dieser Kuss war echt und alle Gefühle in ihr explodierten, als sie ihn voller Leidenschaft erwiderte.
 

~Kapitel 14 Ende~

Enchantment

Dienstag, Dezember 26, 1944
 

2:21 A.M.
 

Der Kuss schien eine gefühlte Ewigkeit zu dauern und Hermine verlor sich für den Augenblick völlig in Riddles Umarmung und seinem Kuss.

Das erste Mal wurde ihr wirklich klar, dass sie ihn nicht töten wollte. Sie wollte ihn retten.

Sie fühlte sich ein wenig schuldig für diesen selbstsüchtigen Gedanken, aber jetzt konnte sie nicht mehr anders. Er hatte ihr bewiesen, dass er etwas empfinden konnte, dass er etwas für sie empfinden konnte und das war alles, was sie brauchte, um jeden Plan ihn zu töten, zu verwerfen.

Völlig abrupt endete der Kuss, als Riddle sie auf einmal von sich schob. Er hatte seine Arroganz und seine Gefühllosigkeit wohl wieder entdeckt. Sein diabolisches Lächeln war wieder da, aber seine Augen strafte seiner Miene Lüge. Gleich würde er irgendetwas sagen, um den Moment zu zerstören und sich selbst zu belügen, doch seine Augen sprachen die Wahrheit.

Riddle empfand etwas für sie, selbst wenn er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte.

Hermine war auch verwirrt, aber sie zog Stärke und Selbstvertrauen aus dieser Szene. Sie konnte etwas verändern und dieses Wissen musste ihr fürs Erste reichen.

„Du lässt dich wirklich leicht reinlegen, Calice“, meinte er betont lässig und lehnte sich zurück in seinen Stuhl, als wäre nichts passiert. „Du empfindest also nichts für mich?“

Hermine war kurz davor die Augen zu verdrehen. Sie hatte so damit gerechnet, dass so ein Spruch von ihm kommen würde, weil er nicht ehrlich zugeben würde, was ihn wirklich hierher geführt hatte.

„Und du hast das natürlich alles nur gespielt ohne irgendetwas dabei zum empfinden“, entgegnete Hermine mit einem ironischen Unterton.

„Natürlich“, gab er zurück. „Ich musste schließlich wissen, wie ich dich einordnen soll. Ich hätte wirklich gedacht, dass du das Zeug zu mehr als nur einem Fangirlie hättest, aber du enttäuschst mich wirklich. Du lässt dich von deinen Gefühlen so einfach beeinflussen und das macht dich schwach.“

Hermine würde nicht klein beigeben. Sollte er doch von ihren Gefühlen wissen.

Und sollte er sich noch so lustig darüber machen, sie würde ihm schon zeigen, dass er auch fühlen konnte und dass er sich ändern konnte.

Aber so schnell würde sie ihm nicht sagen, was sie wirklich fühlte. Sie wollte ihn verletzten und ihn irgendwie treffen, weil er dachte, dass sie schwach war.

„An dir ist wirklich ein Schauspieler verloren gegangen“, meinte sie bitter. „Aber an mir wohl auch. Wie hat dir die Szene mit mir und Zephir gefallen? Er kann auf jeden Fall besser küssen als du!“

Riddle schoss in die Höhe und in seinen Augen war wieder der altbekannte Gewittersturm, der ihr zeigte, wie wütend er gerade auf sie war.

Hermine fühlte sich schlecht, denn sie wollte nicht, dass er glaubte, dass sie es mit Absicht so eingefädelt hatte. Sie wollte nicht, dass er dachte, dass sie freiwillig Zephir geküsst hatte, aber sie wollte ihn nicht triumphal entkommen lassen, indem er erfuhr, wie sehr sie sich schon in ihn verliebt hatte. Das musste verhindert werden. Sie brauchte Zeit.

„Du solltest dich von Cavill fernhalten“, drohte er ihr.

„Was passiert dann sonst? Tötest du mich dann, weil ich nicht tue, was du mir sagst? Ich bin nicht dein verdammtes Spielzeug mit dem du nach Belieben herumspielen kannst!“

Hermine wünschte sich, dass sie aufstehen konnte und ihm richtig in die Augen blicken konnte.

Sie wollte nicht, dass er sie hasste, aber sie war selbst überfordert mit der Situation.

Hilflos saß sie verletzt in einem Krankenhausbett und tat das Einzige, worin sie scheinbar richtig gut war: Riddle zu reizen und zu provozieren.

Ein normales Gespräch schien für sie so unmöglich zu sein.

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass du tun und lassen kannst, was du willst“, gab Riddle zurück. „Ich bin derjenige, der dir deinen Spielraum gibt und du überschreitest wie so oft die Grenzen. Langsam hab ich keine Geduld mehr mit dir. Sei also vorsichtig!“

Die Drohung blieb im Raum hängen, während er verschwand.
 

Hermine fragte sich, wie es immer damit enden musste, dass sie sich stritten und einer wütend wegging. Mal wieder drohte er ihr, aber sie hatte keine so große Angst mehr vor ihm. Wenn er ihr etwas tun wollte, hätte er oft genug die Gelegenheit gehabt, aber er hatte sie immer wieder verstreichen lassen ohne etwas zu tun.

Aber sie hatte ein Triumph errungen von dem Riddle noch nichts ahnte. Obwohl der Kuss sie überrascht hatte, hatte sie ihren Verstand nicht völlig ausgeschaltet. Geistesgegenwärtig hatte sie Riddle den goldenen Ring vom Finger gezogen.

Nun hielt sie den Ring der Gaunts in ihren Händen und hatte damit den zweiten Horkrux. Jetzt war die Zeit gekommen die Kammer des Schreckens zu öffnen und einen Basilisken zu töten.

Hermine fühlte sich von der Vorstellung berauscht. Stets hatte sie das Gefühl gehabt nicht voran zu kommen, aber jetzt hatte sie zwei Horkruxe und brauchte nur noch einen Basiliskenzahn.

Riddle hatte ihr ungewollt seine Gefühle enthüllt und sie konnte das Böse in ihm töten, wenn sie die Horkruxe zerstörte und dann den Rest seiner Seele retten bevor er sich weiter verkrüppelte und entstellte. Es lief alles fast optimal.

Natürlich war da die Sache mit Eileen und Zephir, die sie klären musste. Vor allem hinter Zephirs Geheimnis wollte sie endlich kommen. Eileen hatte sie vermutlich endgültig verloren. Sie würde kein Wort mehr mit ihr sprechen. Dafür war sie viel zu eifersüchtig und eingeschnappt. Dieses Mal hatte Hermine auch keine Geschichte parat, um Eileen zu besänftigen, denn die Wahrheit würde sie ihr nicht glauben. Dafür war Zephir viel zu sehr ihr strahlender Ritter.

Aber sie musste trotzdem endlich wissen, was hier ablief.

Irgendetwas war von Anfang an verkehrt gewesen und jetzt wo sie den diabolische Seite von Zephir gesehen hatte, glaubte sie nicht mehr, dass das, was zwischen ihm und Riddle vorgefallen belanglos gewesen war. Es war ein wichtiges Puzzleteil, das ihr noch fehlte, um alles zu verstehen.

Doch fürs Erste musste sie sich gedulden. Sie konnte nicht an zwei Fronten gleichzeitig kämpfen. Wenn sie den Krankenflügel verlassen durfte, würde sie mit Blaise reden und alle Vorkehrungen für die Kammer des Schreckens treffen.

Und danach würde sie sich Zephir vornehmen. Zumindest hoffte sie, dass ihr das Schicksal nicht wieder ein Strich durch die Rechnung machte.

Hermine durfte nicht vergessen, warum sie hier in der Vergangenheit war.

Um etwas zu verändern. Um die Welt, die sie kannte, zu ändern.

Um einen Krieg zu verhindern.

Sie dachte das erste Mal seit langem wieder an Harry und Ron. Sie fühlte sich schlecht, weil sie solange keinen Gedanken mehr an sie verschwendet hatte. Was war sie nur für eine Freundin. Sie vermisste die beiden unheimlich. Soviel hatten sie zusammen durch gestanden und nun war sie alleine hier und versuchte diese Mammutaufgabe zu lösen.

Hermine seufzte und legte sich wieder hin. Zumindest hatte sie Blaise, der zu ihr stand. Nie hätte sie gedacht, dass sie ausgerechnet in dem Slytherin einen Freund finden würde. Doch sie war froh, denn ganz alleine wäre es sicherlich schrecklich hier gewesen. Schrecklich war es so oder so, aber nicht ganz so schrecklich und furchtbar wie es hätte gewesen sein können, wenn sie alleine hier gewesen wäre.

Sie versuchte zu schlafen, aber da waren so viele Gedanken in ihrem Kopf.

Was hatte Zephir mit der Voldemortgeschichte zu tun?

Konnte sie Riddle von ihren Gefühlen überzeugen?

Und würde sie ein Weg zurück in ihre Zeit finden?

Ein Haufen unbeantworteter Fragen, von denen sie nicht wusste, wie sie jemals eine Antwort finden sollte.

Doch irgendwann überrumpelte sie der Schlaf und sie fand sich wie so oft im brennenden Hogwarts wieder, wo sie davon träumte, wie Zephir versuchte Riddle zu töten und sie sich dazwischen warf, um ihn zu beschützen und starb.

Ob das wohl ihre Zukunft war?
 

Hermine wachte am späten Morgen wieder auf und fühlte sich besser. Ihre Verletzungen waren zu Gänze verheilt und ihr war nicht mehr schwindelig.Den Ring der Gaunts hielt sie immer noch fest in ihrer Faust. Nachdem Madam Pomfrey sie untersucht hatte, durfte sie gehen.

Ihr erster Weg führte sie den Raum der Wünsche, weil sie hoffte dort Blaise zu finden. Sie wollte weder in den Schulsprecherturm noch in den Ravenclawgemeinschaftsraum. Zum Glück war Blaise wirklich im Raum der Wünsche und ersparte ihr langes müheseliges Suchen und bewahrte sie auch vor dem Gerede der Leute.

„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Blaise sie und umarmte sie besorgt.

„Alles wieder bestens“, sagte Hermine abwehrend.

„Ich hab mir echt Sorgen gemacht. Ich konnte kaum etwas von der Katastrophe sehen, weil ich mit Lestrange viel weiter hinten gesessen habe, aber Eileen ist ja ganz schön auf dich losgegangen. Und ich habe gehört du hättest es mit Zephir im Umkleideraum getrieben, was ich ja für absoluten Blödsinn halte, aber du musst mir sagen, was da passiert ist!“

Hermine holte tief Luft und versuchte die Geschehnisse hinter der Bühne kurz zusammenzufassen. Sie war entsetzt, dass es heißen sollte, sie hätte hinter der Bühne mit Zephir ein Stelldichein gehabt.

Blaise seinerseits war entsetzt zu hören, was Zephir für ein Monster war und was geschehen war.

Wütend sprang er auf. „Den werde ich mal ordentlich verhexen. Das hätte ich ihm ja nie zugetraut. Wenn ich mit dem fertig bin, weiß der nicht mehr wo oben und wo unten ist!“

Hermine legte Blaise beruhigend die Hand auf dem Arm und bemerkte eine Narbe am rechten Unterarm, die ihr bis jetzt noch nie aufgefallen war.

„Wir müssen uns erstmal auf die Horkruxe konzentrieren und wie wir die Kammer des Schreckens öffnen“, meinte sie und präsentierte ihm den Ring.

„Wie bist du denn an den gekommen?“, fragte Blaise verwundert und nahm ihn ihr neugierig geworden ab. „Heißt dass wir haben alles um Riddle kalt zu machen?“

Hermine zuckte ein wenig bei den Worten „kalt machen“ zusammen, aber sie wusste, dass es immer noch der eigentliche Plan war, auch wenn sie langsam wirklich anfing diese Idee zu verabscheuen.

„Ja wir müssten nur in die Kammer kommen. Dafür bräuchten wir ein Parselmund und…“

„Ein Hahn!“, fügte Blaise hinzu. „Das hab ich mir gemerkt.“

Er grinste sie an und Hermine fühlte sich gleich ein wenig besser. Zumindest einer von ihnen war total motiviert bei der Sache.

Auch sie musste sich wieder darauf konzentrieren und für einen Augenblick ihr gewaltiges Gefühlschaos beiseite schieben.

Es ging nur Schritt für Schritt voran.

„Beim nächsten Hogsmeadebesuch kommendes Wochenende könnten wir einen Hahn besorgen oder vielleicht reicht es auch, wenn wir das Krähen eines Hahnes einfach aufnehmen. Und ich glaube ich weiß auch wie wir in die Kammer des Schreckens gelangen können.“

Sie zog das versteckte Tagebuch hervor. Wenn es Ginny als Nichtparselmund gelungen war mithilfe der Erinnerungsgestalt von Tom Riddle die Kammer zu öffnen, konnte ihr das auch gelingen.

Sie würde sich nicht vom Tagebuch in die Irre führen lassen und sich davon einnehmen lassen.

Blaise lachte fröhlich. „Dann machen wir bald einer riesigen Schlange den Garaus und dann nehmen wir uns Riddle vor, weil wir dann endlich von hier verschwinden könnten.“

Er zog ein Buch aus dem kleiner geworden Stapel heraus und zeigte ihr was er in der Zwischenzeit herausgefunden hatte.

Der Zauber, der hier beschrieben war, klang machbar und bestand nicht aus irgendwelchen schrägen Beschwörungen bei der man sich einen Frosch über die Schulter warf oder ähnliches.

„Klingt gut“, murmelte Hermine.

Plötzlich ging ihr das alles zu schnell.

Vier Monate lang waren sie überhaupt nicht vorangekommen und jetzt überschlugen sich die Ereignisse. Sie hatten die Horkruxe, sie kannten einen Weg in die Kammer und konnten Riddle töten.

Der Haken an der Sache war, dass Hermine ihn nicht mehr töten wollte.

Sie glaubte an das, was sie heute Nacht gesehen hatte.

Aber erstmal sollte sie an die Zerstörung der Horkruxe denken.

Alles Schritt für Schritt machen, um sich langsam dem Ziel anzunähern.
 

Hermine beschloss später sich ihren Ängsten zu stellen und zuerst den Ravenclawgemeinschaftsraum aufzusuchen bevor sie sich zurück in die Hölle des Löwen begab, um mit Riddle zu sprechen.

Sie wollte zumindest Sophie die Sache erklären und sicher gehen, dass nicht alle gegen sie waren.

Irgendwie ertrug sie die Vorstellung nicht von allen gehasst und gemieden zu werden.

Erstaunlicherweise hielt es sich mit dem Getuschel im Rahmen, als sie eintrat.

Sophie saß an ihrem Stammtisch und war alleine.

Eileen war nicht zu sehen, was Hermine Hoffnung machte, dass sie Sophie nicht auf ihre Seite gezogen hatte, denn sie würde es sehr bedauern die quirlige Dunkelhaarige als Freundin zu verlieren.

So kam sie auf Sophie zu, die überrascht aufblickte und ihr freudig um den Hals fiel.

„Dir geht es gut! Das sah schrecklich aus. Das ganze Blut auf der Bühne. Ich dachte du wärst gestorben. Eileen hätte das egal aus welchem Grund auch immer nicht tun dürfen! Man unterhält sich doch erst vernünftig und richtet kein Blutbad an. Das mit Zephir glaub ich sowieso nicht. Der ist nicht ganz koscher und Eileen hätte sich gar nicht in ihn verlieben dürfe. Das erinnert mich daran, dass du ja in jemanden verliebt bist! Und streite es nicht ab!“

Hermine war wieder erstaunt, wie viel und wie schnell Sophie reden konnte.

Wie ein Wasserfall, der unermüdlich vor sich hin plätscherte.

„Alles okay. Das mit Zephir stimmt nicht. Er hat mich geküsst und das war richtig eklig. Und ich bin in niemanden verliebt“, entgegnete Hermine.

Sophie verdrehte die Augen. „Jemand wie Zephir hätte ich das vom Äußeren her ja nicht zugetraut, aber jeder der mal mit Riddle befreundet war, kann sie nicht mehr alle haben. Wenn Eileen doch nicht so blind wäre. Ich hab versucht Partei für dich zu ergreifen, aber sie wollte nichts hören.

Und in wen bist du nun verliebt? Sag nicht Lestrange oder gar Riddle?!“

Hermine seufzte. Sophie war irgendwie ein Stück Normalität in ihrem Leben.

„Ich sag es dir nur…“, begann Hermine. „…wenn du für mich herausfindest, was zwischen Riddle und Zephir damals vorgefallen wird. Irgendjemand muss doch etwas wissen.“

„Es ist Riddle oder?“, fragte Sophie und ließ sich stöhnend in ihren Sessel sinken. „Aber Hermine das ist doch hoffnungslos. Ich meine der ist so gefühlskalt wie die Antarktis.“

Hermine musste lachen bei dem Vergleich und auch Sophie lachte bevor sie wieder ernst wurde.

„Jetzt wirklich mal ganz ehrlich, was findest du an dem?“

Hermine musste sich selbst eingestehen, dass sie das gar nicht so genau wusste. Es war wahrscheinlich ihre Hoffnung und dieses seltene Aufblitzen von Wärme in seinen Augen, was verantwortlich für das Entstehen ihrer Gefühle war.

Sie seufzte theatralisch. „Hilfst du mir nun? Und ich denke mal ich streite mich einfach gerne mit ihm. Das hat nichts zu bedeuten.“

Jetzt war sie kein Stück besser als Riddle, wenn sie ihre Gefühle leugnete.

„Ich werde schauen, was ich tun kann. Und Riddle weiß gar nicht, was er an dir hat“, meinte die Dunkelhaarige und sah Hermine einen Augenblick lang an.

Sie wünschte sich, dass Riddle zu schätzen wusste, was sie für ihn tun wollte.

Er wusste gar nicht, wie es sich anfühlte geliebt zu werden.

Sie dagegen hatte es schon einmal mit Ron erlebt und es war ein wunderbares Gefühl.

Wenn er es nur verstehen würde, dann könnte er zu einem besseren Mensch werden.

„Der kann doch sowieso nichts schätzen, aber ich werde wohl mal versuchen zu schauen, ob ich die Antarktis ein wenig schmelzen kann und ob darunter ein Herz ist.“

„Dafür brauchst du aber einen wirklichen heißen und starken Feuerzauber“, erwiderte Sophie und zwinkerte ihr verschwörerisch zu.

Hermine errötete leicht, als sie verstand, worauf ihre Freundin hinauswollte. Also verführen würde sie Riddle ganz sicher nicht.

Das fehlte ihr gerade noch. Danach würde er sich den Rest ihres Lebens lustig über sie machen.

Sie machte es lieber auf ihre eigene Art, auch wenn sie nicht wusste, wie sie das anstellen sollte, aber irgendetwas schien sie ja schon bewirkt zu haben, also reichte es vielleicht ganz einfach sie selbst zu sein, um einen Riddle in die Knie zu zwingen und die Antarktis zu schmelzen.

Wenn das nicht klappte, tötete sie ihn lieber bevor sie sich nackt vor ihm auszog.
 

Hermine wusste, dass sie sich nicht ewig im Ravenclawgemeinschaftsraum verstecken konnte. Sophie war ihr zwar noch wohl gesonnen, aber Eileen war es eindeutig nicht. Also fiel der Schlafsaal als Rückzugsort vorerst weg. Darum musste sie nach dem Abendessen den Schülersprecherturm wieder ansteuern. Doch bis dorthin kam sie gar nicht.

Hermine hatte es tief in ihrem Inneren geahnt. Zephir hatte sie von der ersten Sekunde, die sie nach Hogwarts gekommen war, im Blick gehabt. Anfangs war er vielleicht wirklich an ihr interessiert gewesen, aber mit ihrem Interesse an Riddle hatte sie wohl dafür gesorgt, dass er sie als Feindin betrachtete. Ihre Aktion von Halloween mal eingeschlossen, hatte sie ihm ziemlich deutlich gemacht auf wessen Seite sie stand und es war nicht seine.

Deshalb verwunderte sie es gar nicht, dass er ihr im Korridor auflauerte.

Jetzt hatte er jede Maske fallen gelassen und Hermine lief ein kalter Schauer über den Rücken.

Diese lässige Haltung mit der er auf sie wartete. Dieses diabolische Grinsen auf seinem Gesicht. Er war Riddle ähnlicher als sie gedacht hätte. Auf alles gefasst zog sie ihren Zauberstab. Irgendwo in ihrem Kopf merkte sie selber an, dass sie das bei Riddle noch nie getan hatte. Dafür bei Zephir sofort und das jetzt auch alle ihre Alarmglocken losgingen.

„Wütend auf mich?“, meinte Zephir grinsend. „Dabei hab ich dir doch gar nichts getan. Für Eileens Aktionen bin ich schließlich nicht verantwortlich. Sie hat da wohl etwas missverstanden.“

Er kam auf sie zu und Hermine hob drohend ihren Zauberstab.

„Bleib bloß weg von mir“, fauchte sie.

Er hob beschwichtigend die Hände. „Aber, aber. Ich wollte doch nur wissen, wie Riddle zu dir steht. Du entschuldigst doch meine Neugierde.“

Trotz ihres Zauberstabs kam Zephir noch näher an sie heran. Hermine fühlte sich wie erstarrt. Sie wusste, dass sie angreifen musste, aber alles an ihm irritierte sie. Er war Riddle so ähnlich und doch ganz anders. Sie konnte seine böse Aura förmlich spüren und ihr wurde ganz anders dabei. Sie hatte auf einmal Angst und wollte nur noch weg von hier.

„Was ist los, meine Hübsche?“, fragte Zephir sie und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Er war ihr viel zu nah und Hermine wich einen Schritt zurück.

Zephir lachte. „Das darf ich wohl so auffassen, dass unsere Freundschaft traurigerweise ihr Ende gefunden hat.“

Er beugte sich zu ihr vor und brachte seinen Mund auf Höhe ihres Ohres.

„Du weißt gar nicht, was für einen Fehler du machst. Mich willst du nicht zum Feind haben. Also denk noch mal genau darüber nach bevor du dich für Riddle entscheidest.“

Er zog sein Gesicht wieder weg, auch wenn er für eine Sekunde seine Lippen vor ihrem Mund verharren ließ bevor er wieder auf Abstand ging. Zephir sah sie noch einen Augenblick an bevor er den Korridor entlang schlenderte.

Hermine dagegen sank zitternd in sich zusammen. Sie fühlte sich so schrecklich hilflos und verängstigt wie ein kleines Reh auf einer großen Lichtung. Es kam ihr vor, als wäre ihr der Boden unter den Füßen weggezogen worden und sie fiel und fiel ohne dass ein Ende in Sicht war.

Warum hatte sie nie zuvor Zephirs dunkle Aura bemerkt? Und warum hatte sie das Gefühl, dass er der wahre Feind war, so wie in ihrem Traum?

Plötzlich hörte sie Schritte hinter sich.

„Hey Prinzessin, alles in Ordnung mit dir?“

Lestrange sah sie besorgt an und erst jetzt merkte Hermine, das sie weinte. Unkontrolliert zitterte sie und konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Der Slytherin strich ihr über den Rücken und murmelte freundliche, aufmunternde Worte. Es dauerte einige Minuten bis Hermine einigermaßen die Begegnung mit Zephir verkraftet hatte.

„Komm ich bring dich in den Schulsprecherturm. Da kannst du dich ausruhen“, sagte Lestrange und half ihr auf die Beine.

Ihr war ihr Zusammenbruch schrecklich peinlich, aber Lestrange verlor kein Wort darüber. Er stützte sie, da sie ziemlich wacklig auf den Beinen war und brachte sie bis zum Gemeinschaftsraum der Schulsprecher, wo natürlich niemand anders als Riddle in seinem Sessel saß und ein Buch las.

„Was ist passiert?“, fragte er Lestrange.

„Ihr ging es nicht gut und ich habe sie hierher gebracht, aber jetzt kannst du dich ja um sie kümmern“, antwortete Lestrange und wand sich zum Gehen um.

Hermine ließ sich auf einem Sofa fallen und nickte Lestrange dankbar zu. Sie hasste es, dass Riddle sie schon wieder in diesem Zustand sah. Lestrange verschwand und sie war wieder einmal allein mit Riddle.
 

Riddle sah Hermine einen Augenblick prüfend an.

„Du hast geweint“, stellte er sachlich fest. „Was ist nun wirklich passiert?“

Sie nahm ihre letzte Kraft zusammen und sah ihn verächtlich an.

„Das geht dich nichts an“, sagte sie und zwang sich aufzustehen. „Also gute Nacht!“

Riddle versperrte ihr den Weg und bot ihr seinen Arm an. Hermine war überrascht, aber sie war immer noch wütend auf ihn, also übersah sie das Angebot einfach und ging an ihm vorbei. Sie wollte nicht schwach erscheinen und seine Hilfe annehmen.

Außerdem hatte er ihr mal wieder gedroht, was ihn nicht sympathischer machte.

Aber er schien wirklich ehrlich besorgt um sie zu sein, auch wenn er das nicht zugeben würde.

Als sie noch einmal einen Blick über ihre Schulter zurückwarf, sah sie, dass er sein Buch wieder zur Hand genommen hatte, aber trotzdem noch einen letzten Blick zu ihr herüber warf bevor er sich leicht irritiert wieder seinem Buch zuwandte.

Wenn er doch nur ehrlich zu seinen Gefühlen stehen würde, statt sie zu leugnen. Dann wäre vieles einfacher.

Hermine ließ sich in ihrem Zimmer aufs Bett fallen, aber sobald sie die Augen schloss, sah sie wieder Zephirs Gesicht vor ihr, das nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt war.

Sie wühlte sich in ihre Decke, aber seine Drohung fühlte sich soviel realer an als die von Riddle, da sie nicht wusste wozu Zephir in der Lage war.

Hatte er auch seine Leute um sich geschart?

Diese unbekannte Bedrohung jagte ihr Angst ein.

Bei Riddle hatte sie ungefähr gewusst, worauf sie sich eingelassen hatte.

Hier hatte sie keine Ahnung, was auf sie zukommen würde.

Dass ausgerechnet Zephir ihr den Schlaf rauben würde, hätte sie auch nicht vermutet.

Jetzt kam Hermine die Spieluhr auf ihrem Nachttisch wie ein bedrohliches Omen vor.

Die würde vermutlich böse Träume auslösen und nicht dagegen helfen.

Irgendwann stand sie auf und stülpte einen Karton über die Spieluhr.

Sie kam sich dabei zwar ziemlich lächerlich vor, aber es half ihr ein wenig.

Schlafen konnte sie trotzdem nicht.

Als die ersten Sonnenstrahlen durch ihr Fenster fielen, gab Hermine ihr Vorhaben einzuschlafen endgültig auf und sie beschloss aufzustehen.

Es war Mittwoch und bis zum Samstag waren es noch vier Tage.

Dann konnten sie sich die Aufnahme vom Krähen eines Hahnes besorgen.

Und dann ging es endlich in die Kammer des Schreckens.

Hermine zog sich an und wanderte nach unten, wo sie sich in Riddles Sessel fielen ließ und sich sein Buch nahm, was dort bereits startklar lag.

Bestimmt stand er bald auf, denn er war normalerweise immer vor ihr wach.

Sie blätterte gedankenverloren ein wenig in dem Buch herum, hatte aber nicht die Muße etwas davon wirklich zu lesen.

Erstaunlicherweise fühlte sie sich hier sicherer und auf einmal überkam sie der fehlende Schlaf.

Hermine wurde wieder davon wach, dass ihr etwas von den Schultern rutschte.

Überrascht stellte sie fest, dass es ein Umhang war und schreckte hoch.

Doch es war nur Riddle, der ihr gegenüber saß. Er zog eine Augenbraue hoch.

„Das ist mein Sessel“, betonte er.

„Da steht nicht dein Name drauf“, erwiderte Hermine. „Wie spät ist es?“

„Es ist Nachmittag. Du hast den halben Tag hier geschlafen und vor dich hin gesabbert.“

Hermine fuhr sich mit der Hand über den Mund und wurde rot.

Warum konnte sie nicht einmal von einer Peinlichkeit verschont werden?

„Du hast übrigens gelogen“, meinte Riddle plötzlich und Hermine sah ihn irritiert an.

„Im Bezug darauf, dass nichts passiert wäre. Lestrange hat noch gesehen wie Cavill weggegangen ist. Hat er dir gedroht? Hast du deswegen geweint?“

Hermine verfluchte die Tatsache, dass ausgerechnet Lestrange sie gefunden hatte. Natürlich war er gleich zu Riddle damit gekommen.

Warum konnte man hier nicht einmal verschont bleiben?

„Du suchst dir wirklich mit einer Vorliebe die falsche Gesellschaft aus“, meinte Riddle, als sie ihm nicht antwortete. „Cavill ist da scheinbar nur die Spitze des Eisbergs.“

Hermine verstand nicht, worauf er hinauswollte. Er meinte sicher nicht sich selbst damit, aber wer war denn noch die falsche Gesellschaft?

„Ich weiß nicht was du meinst“, erwiderte sie.

Riddle lächelte und stand auf. „Ich meine deinen Bruder oder weißt du nicht, was er getan hat?“

Hermine war noch verwirrter und als Riddle nun wissend lächelte, fühlte sie sich, als würde sie im Dunkeln sitzen. Natürlich wusste sie kaum etwas von Blaise, aber Riddle spielte gezielt auf etwas an, von dem sie scheinbar wissen musste.

„Was meinst du? Was soll ich wissen?“, fragte sie ihn, doch Riddle antwortete ihr nicht, sondern ging in sein Zimmer.

„Was meinst du damit?“, warf sie ihm noch ein Stück lauter hinterher. „Antworte mir gefälligst!“

Doch keine Antwort und wieder hatte Hermine eine Frage mehr, die unbeantwortet blieb.

Atonement

Freitag, Dezember 29, 1944
 

4:25 P.M.
 

„Hermine hörst du mir überhaupt zu?“

Blaise fuchtelte mit seiner Hand vor ihrem Gesicht herum.

Sie schreckte zusammen. Schon wieder war sie mit ihren Gedanken abwesend gewesen.

Da gab es soviel, das sie beschäftigte, dass ihr Kopf sich anfühlte, als müsste er platzen.

Erst ihr Plan in die Kammer des Schreckens zu kommen, dann dazu das Geheimnis um Zephir und zu guter Letzt die geheimnisvolle Aussage von Riddle über Blaise, was es nicht gerade leichter machte klar nachzudenken.

Und dazwischen ihre Gefühle für Riddle.

So wie Ron einmal gesagt hatte „Soviel kann ein Mensch doch gar nicht fühlen“ und auch bei ihr schien es an der Belastungsgrenze angelangt zu sein.

Was war nur mit Blaise? Sollte sie Riddles Aussage Glauben schenken und davon ausgehen, dass Blaise etwas Schreckliches getan hatte?

Aber sie konnte Blaise auch kaum fragen, ob er etwas getan hatte, weil sie Angst hatte ihn durch diese Aussage zu verlieren. Sie hatte schon fast alles verloren und sie wollte nicht auch noch Blaise verlieren. Dafür war er ihr zu wichtig geworden.

„Ich hab dir zugehört“, antwortete Hermine, obwohl es nicht stimmte.

Warum musste Riddle in ihr nur diese Zweifel sähen?

Bis jetzt hatte sie Blaise blind vertraut.

„Nein, du hast mir nicht zugehört“, seufzte Blaise. „Was beschäftigt dich denn so?“

Hermine verdrehte die Augen. Sie wusste gar nicht, wo sie da anfangen sollte.

„Alles irgendwie“, gab sie zu. „Zephirs Drohung macht mich fertig. Ich weiß nicht, wer er ist und was ich gegen ihn ausrichten soll. Dann müssen wir uns darauf konzentrieren in die Kammer zu kommen und zu guter Letzt versteh ich Riddle einfach nicht.“

Blaise setzte sich neben ihr auf das Sofa und sie war froh ihn bei sich zu wissen.

„Wir schaffen das schon“, versprach er ihr. „Wir haben bis jetzt alles geschafft.“

Aber Hermine war sich dessen einfach nicht sicher.

Riddle hatte es wieder einmal geschafft sie zu verunsichern und Zephir raubte ihr jeden restlichen Nerv. Seine Drohung hatte ihr Angst gemacht und sie fühlte sich gefangen.

Riddle und Zephir wollten beide, dass sie sich für eine Seite entschied und Stellung bezog.

Aber sie wollte nur die Zukunft verändern und sich nicht in die Kämpfe der Vergangenheit hineinziehen lassen.

Hoffentlich war Riddles Bemerkung nur ein mieser Trick gewesen, um sie von Blaise zu entzweien und in seine Richtung zu drängen.

Morgen würde sie endlich nach Hogsmeade gehen und die Aufnahme machen.

„Wollen wir gleich Sonntag in die Kammer?“, fragte Hermine.

Blaise grinste. „Du hast mir wirklich nicht zugehört. Ich hatte gerade vorgeschlagen, dass wir in der Nacht von Montag in die Kammer gehen, wenn alle den Beginn des neuen Jahr mit Feuerwerk feiern. Dann wird Riddle nichts davon mitbekommen und wir töten den Basilisken, holen uns seine Zähne und zerstören die Horkruxe.“

„Riddle wird es aber merken. Wenn wir Glück haben, vermutet er Zephir dahinter, aber er könnte uns auf die Schliche kommen. Wir sollten es erst machen, wenn wir ein Weg zurückgefunden haben.“

Blaise nickte nachdenklich. „Ich hoffe, dass es bald der Fall ist. Die Situation hier wird immer ungemütlicher. Ich würde am liebsten zu den Slytherins ziehen. Zephir kann mich nicht mehr ausstehen und hat es auf mich abgesehen.“

Hermine hatte gar nicht daran gedacht, dass Blaise mit Zephir im gleichen Schlafsaal war und als ihr Bruder längst Stellung zu den Slytherins bezogen hatte.

Besorgt sah sie ihn an. „Aber er hat dich nicht angegriffen oder?“

Blaise schüttelte den Kopf. „Und selbst wenn, würde ich ihm erst einmal jedes böse Wort und jede Drohung dir gegenüber heimzahlen, denn ich bin der einzige, der fiese Witze über dich machen darf.“

„Damit hast du aber schon lange aufgehört“, gab Hermine zurück. „Und ich will nicht, dass du dich deswegen duellierst. Ich komme schon klar.“

Blaise grinste nur und fuhr ihr durchs Haar. „Mach dir keine Sorgen um mich, Schwesterherz. Konzentriere dich ganz auf Riddle. Ich kümmere mich schon um den Rest.“

Aber Hermine machte sich Sorgen.

So viele Fragen und so viele Ängste machten ihr das Leben schwer.

Wenn sie nur wüsste, was Riddle meinte.

Sie wollte nicht zweifeln, aber sie fing trotz allem damit an, denn sie begann auch Riddle zu vertrauen. Nur ein wenig, aber es reichte aus, um sie an Blaise zweifeln zu lassen.
 

Hermine versuchte diese vage Aussage von Riddle aus ihrem Kopf zu bekommen und erinnerte sich nach ihrem Treffen mit Blaise daran, dass Sophie ihr versprochen hatte mehr über Zephir herauszufinden. Vielleicht konnte sie sich damit ablenken.

Also suchte sie Sophie in der Bibliothek auf, die dort Eileen aus dem Weg ging.

Die Stimmung hatte sich in wenigen Tagen seit Weihnachten drastisch verschlimmert.

Die große Halle stank immer noch nach verbranntem Holz und die mögliche Auseinandersetzung zwischen Zephir und Riddle heizte diese düstere Stimmung noch mehr an.

Hermine hatte das Gefühl wieder zurück in der großen Schlacht um Hogwarts zu sein und mit ansehen zu müssen, wie Unzählige ihr Leben aushauchen mussten.

Ihr gefiel diese Atmosphäre so gar nicht. Sie hinterließ bei ihr ein beklemmendes Gefühl.

Und nun mussten Sophie, Blaise und sie den Kopf einziehen, um nicht etwas abzubekommen.

„Hey Hermine“, begrüßte Sophie sie, als sie sich neben ihr fallen ließ.

Selbst hier schien ihr dieser Schatten zu folgen, der auf ganz Hogwarts lag.

Die Geschichte sah keinen Kampf in Hogwarts vor, aber wer wusste schon, was Hermine durch ihr Handeln alles veränderte hatte. Vielleicht fand der große Kampf jetzt ein paar Jahrzehnte eher statt.

Darauf konnte sie aber getrost verzichten.

„Und schon etwas herausgefunden?“, fragte Hermine leise, um zu verhindern, dass jemand möglicherweise doch zuhörte.

Sophie seufzte und verdrehte die Augen theatralisch.

„Wo bleibt meine Begrüßung?“, fragte sie gespielt beleidigt.

„Tut mir leid, ich vergaß. Wie geht es dir heute, mein herzallerliebste Sophie?“, entgegnete Hermine.

„Wunderbar. Ich habe zwar das Gefühl, als würde mir hinter der nächsten Rüstung jemanden auflauern, um mir einen Schockzauber zu verpassen, aber ansonsten ist alles in Butter.“

Hermine musste kichern, weil Sophie es so übertrieben betonte, dass es irgendwie schon wieder lustig war. Auch Sophie konnte nicht mehr länger und fing an zu lachen.

Es war schön, dass sie noch zusammen lachen konnten und noch nicht alles so dunkel und düster war.

Nach einer Weile hatten sie sich wieder beruhigt und Hermine kehrte zum ernsthaften Gesprächsthema wieder zurück.

„Weißt du nun irgendetwas? Wenn ich nicht bald mehr über Zephir weiß, dreh ich durch.“

Sie hatte Sophie von Zephirs Drohung erzählt, was auch Sophie ein wenig verstört hatte.

Also wusste die Dunkelhaarige von der Dringlichkeit ihres Problems.

„Es ist echt schwer etwas herauszufinden“, gab Sophie zu. „Zephir achtet darauf nie etwas über sich selbst zu erzählen, aber ich hab ein wenig von dem erfahren, was wohl im ersten Schuljahr über ihn erzählt wurde. Da hat er wohl noch nicht so sehr auf seine Vergangenheit geachtet.“

Hermine beugte sich neugierig vor. „Erzähl schon. Was hast du erfahren?“

„Er ist wohl von reichen Muggel adoptiert worden und kennt seine richtigen Eltern nicht. Er geht aber davon aus, dass es Zauberer gewesen sind. Er wird sich wahrscheinlich von ihnen im Stich gelassen fühlen. Irgendwann hat er aber behauptet, dass es ein dummes Gerücht wäre und er reiche Zauberereltern hätte und nie etwas mit Muggel zu tun gehabt hätte.“

Hermine war überrascht. Das klang so nach Riddle, auch wenn es eine etwas andere Geschichte war.

Zephir war von seinen Eltern weggegeben worden und fühlte sich von ihnen verraten. Er wollte ihnen beweisen, dass er mehr war und dass sie stolz auf ihn sein könnten.

Und er wollte auf gar keinen Fall mit seiner Muggel-Vergangenheit in Verbindung gebracht werden, weswegen er behauptete, dass er ein Reinblüter war.

Das stank zum Himmel hoch.

„Mehr hast du nicht herausgefunden? Nichts über Riddle und Zephir?“, hakte Hermine nach.

„Nur ein wenig. Sie haben sich wohl wegen ihrer Vergangenheit gut verstanden und haben gemeinsam Nachforschungen über ihre Eltern angestellt. Darüber sollen sie dann aneinander geraten sein, aber einen genauen Grund kenn ich nicht, da sie keine Freunde zu dem Zeitpunkt hatten und mit niemanden darüber geredet haben. Also kannst du sie nur direkt fragen, wenn du das wissen willst.“

Hermine nickte nachdenklich. Sie hatte schon länger überlegt Riddle darauf anzusprechen.

Sie hatte Hoffnungen, dass wenn sie es geschickt genug anstellte, er es ihr erzählen würde.

„Ich muss es wohl einfach mal ausprobieren. Aber danke für deine Hilfe“, meinte Hermine.

Sophie lächelte und gemeinsam machten sie sich an die Hausaufgaben.
 

Hermine hatte die letzten Tage vermieden länger als nötig mit Riddle im selben Raum zu sein.

Sie hatte keine Lust mit ihm zu reden.

Er würde von ihr nur wissen wollen, was zwischen ihr und Zephir vorgefallen war, würde sich aber davor drücken über seine Gefühle zu sprechen.

Er würde ihr auch nicht sagen, was er wegen Blaise gemeint hatte, was für sie nur ein Grund mehr war wütend auf ihn zu sein.

Aber heute würde sie es wagen mit ihm zu reden.

Sie wollte nicht mehr im Dunkeln herumtapsen ohne die Richtung zu wissen.

Riddle saß wie immer in seinem Sessel und las.

Inzwischen hatte sie das Gefühl, dass er auf sie wartete. Zumindest blieb er nur so lange bis sie aufgetaucht war und wenn sie dann in ihrem Zimmer verschwunden war, tat er es ihr nach.

Das hatte sie herausgefunden, als sie noch einmal umgedreht war und gemerkt hatte, dass er gerade in seinem Zimmer verschwunden war. Sie fragte sich, was wohl in seinem Kopf vorging. Ob er wohl gemerkt hatte, dass sein Handeln mit seinen Gefühlen für ihr verbunden war.

Dieses Mal kam sie herein und setzte sich in den Sessel gegenüber. Das irritiert ihn. Das konnte sie in seinem Gesicht kurz aufblitzen sehen. Schließlich war sie ihm aus dem Weg gegangen.

„Du willst also wissen, ob Zephir mir gedroht hat?“, begann sie das Gespräch. „Dann will ich wissen, was zwischen euch vorgefallen ist bevor ich eine Seite wähle. Ich sehe es überhaupt nicht ein als Schachfigur für einen Krieg missbraucht zu werden, von dem ich rein gar nichts weiß.“

Riddles Gesicht verdunkelte sich, als sie ihm so offen klar machte, dass sie nicht tun würde, was er von ihr wollte, solange sie nicht wusste, worum es ging.

Hermine hoffte, dass sie den richtigen Weg gewählt hatte. Sie musste einfach wissen, was passiert war, denn sonst wusste sie nicht, was sie nun tun sollte.

War Zephir nun wirklich der Böse in dieser Geschichte?

Riddle sprach betont ruhig, als er ihr antwortete.

„Das geht dich nichts an. Du solltest dich nur von ihm fernhalten.“

„Und warum?“, fragte Hermine, auch wenn sie wusste, dass es Riddle weiter provozierte.

Noch blieb er aber betont gelassen, was nur noch deutlicher machte, wie wütend er eigentlich war.

„Tu einfach, was ich dir sage. Und wenn nicht, dann bist du einfach dumm, Calice. Halte dich da raus und tu deinen Pflichten als Schulsprecherin. Mehr erwartet keiner hier von dir.“

Sie fühlte sich behandelt, als wäre sie ein kleines Mädchen, das von den großen Sachen sowieso nichts verstehen würde und die einfach artig zuhause warten sollte, während um sie herum ein Krieg tobte.

„Nicht mit mir“, drohte Hermine und sprang auf. „Ich bin keine verdammte Schachfigur. Nenn mich meinetwegen dumm, aber ich weiß, dass hier etwas läuft und ich will gefälligst wissen, was das ist. Und wenn ich dafür Zephir fragen muss, dann tu ich das, auch wenn er mir gedroht hat. Aber du drohst mir ja auch ständig. Also ehrlich, darauf hab ich keinen Bock mehr!“

Sie sah Riddles verdutzten Gesichtsausdruck, als sie einfach ihrer Wut Luft machte.

„Ich bin kein kleines wehrloses Mädchen. Wenn mir jemand dumm kommt, dann zeig ich ihm, wo es lang geht. Und euer kleiner Streit scheint so kindisch zu sein. Wahrscheinlich wisst ihr gar nicht mehr worum es mal wirklich ging. Was hat Zephir gemacht? Deinen Teddybär kaputtgemacht?! Ihr seid solche Idioten. Ich frage mich ehrlich manchmal, ob das hier ein Irrenhaus ist. Seid ihr alle hier wahnsinnige Massenmörder?! Mir reicht es auf jeden Fall!“

Wütend stürmte Hermine fort und ärgerte sich über sich selbst. Wieder war sie kein Stück schlauer, aber es hatte wenigstens gut getan, ihrer Wut Luft zu machen.
 

Hermine lag in ihrem Bett und konnte nicht einschlafen.

Diese düstere Atmosphäre machte ihr zu schaffen. Morgen würde sie zumindest mal in ihrem Plan in die Kammer zu gelangen vorwärts kommen.

Und in der Nacht zum Montag würden sie in die Kammer gehen und den Basilisken töten.

Hermine war nur ein einziges Mal dort unten gewesen. Zusammen mit Ron.

Der Schmerz kam plötzlich. In all den Wirren hatte sie kaum noch an diesen Augenblick gedacht.

Dabei hatten sie sich gerade ihre Gefühle füreinander eingestanden und sie hatte Ron zum ersten Mal geküsst. Dieser Moment hatte ihr soviel Kraft gegeben. Auch wenn der Krieg um sie herum getobt hatte, war Ron für sie da gewesen.Er hatte ihre Hand gehalten und sie verteidigt. Nach Jahren der Freundschaft hatten sie im finstersten Augenblick zueinander gefunden. Und dann war alles vorbei gewesen. Nur weil ein Todesser ihren Weg gekreuzt hatte, der nichts von der Schonzeit von einer Stunde gewusst hatte. Der einfach den Todeszauber gesprochen hatte und ihr die gerade entdeckte Liebe genommen hatte. Ron, den sie ihr halbes Leben geliebt hatte.

Hermine überkamen die Tränen.

Was war es nur für eine Ironie, dass sie sich jetzt in den dunklen Lord persönlich verliebt hatte und darüber nachdachte ihn nicht zu töten?

Es war so selbstsüchtig von ihr, Riddle nicht töten zu wollen. Er hatte es verdient. Selbst wenn er fühlen konnte, hatte er es für all dieses Leid wirklich wahrhaftig verdient. Sie sollte nicht so denken, aber sie tat es.

Riddle zu töten würde ihr die Genugtuung verschaffen, die sie brauchte, um über Rons Tod hinwegzukommen. Wenn sie Riddle bekehren wollte, würde sie vermutlich noch Jahre dafür brauchen und würde hier festsitzen.

Es war so viel einfacher ihn zu töten und in ihre Zeit zurückzukehren.

Aber wie würde sie sich fühlen, wenn sie es tat? Konnte sie damit leben?

Keiner würde das Opfer verstehen, dass sie dann erbracht hatte, weil sie sich niemand an einen Bösewicht namens Voldemort und einen schrecklichen Krieg erinnern würde.

Auf einmal wurde Hermine klar, dass sie wahrscheinlich nicht in die neue Zukunft passen würde.

Sie hatte all diese Erinnerungen. Sie erinnerte sich an Rons Tod. An den Krieg.

Würden diese Erinnerungen verschwinden, wenn sie durch die Zeit reiste?

Würde sie sich nicht mehr daran erinnern können, was sie getan hatte?

Das machte ihr Angst. Vielleicht sollte sie doch hier bleiben und Riddle bekehren, aber dann würde sie nie zurückkehren können.

Mit diesen Gedanken im Hinterkopf übermannte sie der Schlaf.

Und sie träumte von dieser Nacht in Hogwarts. Sie sah den Todesser. Sah seine blutende Wunde am rechten Arm und den erhobenen Zauberstab, der auf sie zielte.

Sie wollte schreien und Ron beiseite ziehen, doch sie war unfähig etwas zu tun.

Wieder schoss der grüne Strahl aus dem Zauberstab und Ron fiel in sich zusammen.

Sein Gewicht drückte auf sie, als der Todesser auf sie zukam.

Für einen kurzen Blick erhaschte sie ein Blick auf seine Augen, die sich hinter der Maske verbargen.

Ihr Herz blieb stehen, weil sie diese Augen wieder erkannte.

Der Todesser wurde von einem Geräusch abgelenkt und wandte sich ab.

Hermine blieb fassungslos zurück und erwachte.

Sie wusste nicht, ob ihr Kopf ihr einen Streich gespielt hatte oder ob es ein Bruchstück war, an das sie sich plötzlich wieder erinnerte.

In diesen dunklen Augen hatte sie schon so oft geblickt und in ihnen Stärke gefunden.

Es war unmöglich.

Aber plötzlich zählte sie eins und eins zusammen.

Natürlich war es absolut im Bereich des Möglichen. Sie hatte es nur wegen ihrer Trauer und ihres Hass nicht bemerkt.

Es war ihr damals schon seltsam vorgekommen, aber sie hatte es nie zu Ende gedacht.

Sie erinnerte sich an die Narbe auf seinem rechten Arm.

Alles in ihr sträubte sich noch gegen ihre Erkenntnis. Sie wollte es nicht laut denken.

Nicht alles zusammenfügen, um die Wahrheit zu sehen.

Riddle hatte Recht gehabt, schoss ihr durch den Kopf. Es gab etwas, was sie nicht wusste.

Und nun gestand sie es sich zu denken.

Blaise war der Todesser, der Ron getötet hatte.
 

Kaum war der Gedanke geformt, konnte Hermine ihn nicht mehr zurücknehmen.

Selbst wenn es falsch war, saß es jetzt fest in ihrem Kopf.

Aber alles erschien auf eine schreckliche Art und Weise logisch.

Blaise war in der Nähe gewesen, als der Zauber sie in die Vergangenheit gesetzt hatte.

Der Todesser müsste sich im unmittelbaren Umfeld des Büros aufgehalten hatten, da er nicht hätte disapparieren können.

Sie hatte sich immer gewundert, warum Blaise dort gewesen war.

Er musste die Zeit genutzt haben, um sich zu säubern und seine Wunde zu verschließen.

Hermine war zu schockiert, um klar zu denken.

Blaise hatte sich ganz normal mit ihr unterhalten, als wäre nichts geschehen.

Ob er geplant hatte, sie auch zu töten?

Hermine durchlief ein Schauer.

Sie sollte aufhören darüber nachzudenken. Sie musste mit Blaise reden.

Ihn damit konfrontieren. Sie wollte nicht schlecht von ihm denken.

Er war für sie da gewesen, hatte ihr geholfen.

Vielleicht bereute er es. Vielleicht wollte er es wieder gut machen.

Aber das änderte nichts an dem Wissen, dass er ihr Ron genommen hatte.

Er hatte ihn einfach getötet. Einfach so.

Was sollte sie jetzt nur tun?

Es war schon fast morgen. Sie musste mit Blaise reden, aber das konnte sie nicht im Gemeinschaftsraum der Ravenclaw tun.

Sie musste sich jetzt zusammenreißen. Möglicherweise war es doch nur ein Traum und es lag alles an ihren Zweifel durch Riddles Aussage.

Hermine zwang sich aus ihrer Schockstarre zu erwachen und sich anzuziehen.

Blaise und sie wollte sich im Raum der Wünsche treffen, um gemeinsam nach Hogsmeade zu gehen.

Vielleicht kam er schon eher oder er hatte dort wieder geschlafen, um Zephir aus dem Weg zu gehen.

Sie wollte nicht glauben, dass er so etwas getan hatte.

Also brauchte sie Gewissenheit, die sie nur bekam, wenn sie mit ihm redete.

Würde er es abstreiten? Wie würde sie reagieren, wenn es die Wahrheit war?

Hermine musste sich zwingen nicht noch länger darüber nachzudenken, sondern die Treppe hinunterzugehen. Riddle war noch nicht wach, was sie beruhigte.

In ihrem Zustand konnte sie ihn nicht gebrauchen.

Ihre Schritte beschleunigten sich, weil sie es hinter sich bringen wollte.

Sie rannte dreimal auf und ab vor dem Wandvorhang bis die Tür erschien.

Blaise hatte wirklich hier geschlafen. Er war gerade dabei sich sein Hemd anzuziehen, als sie hereingestürmt kam.

Überrascht drehte er sich um. „Hermine, was ist…“, fing er an, als er ihren Gesichtsausdruck sah.

Hermine zwang sich jedes einzelne Wort ganz ruhig auszusprechen.

„Hast du Ron getötet? Warst du der Todesser, den wir in diesem Gang getroffen haben? Ist das der Grund, warum du in der Nähe warst, als wir in der Zeit zurückgereist sind?“

Sein schockierter Gesichtsausdruck war ihr schon Antwort genug.

Er sah aus, als hätte sie ihn auf frischer Tat beim Stehlen von Süßigkeiten ertappt. Nur hatte er keine Süßigkeiten gestohlen, sondern ein Leben ausgelöscht.

„Hermine, ich wollte das nicht“, versuchte er die Situation zu retten. „Ich wollte niemanden töten.“

Doch keine seiner Worte erreichten sie, denn sie sah nur das, was geschehen war und nichts konnte mehr etwas an diesem Wissen ändern.

„Wie konntest du nur?!“, schrie sie ihm ins Gesicht. „Ich hab dir vertraut und du hast meinen Freund getötet. Wie konntest du es nur wagen mir ins Gesicht zu sehen ohne dich dafür zu schämen?!“

Da war plötzlich all diese Wut in ihr, die sie vorher für Riddle gehabt hatte, aber jetzt wollte sie Blaise töten für das, was er getan hatte.

Sie war zutiefst verletzt und entsetzt. Sie hatte ihm wirklich vertraut. Sie hatte ihn gemocht und sich an den Gedanken gewöhnt ihn als Bruder zu haben.

Dabei hatte er die ganze Zeit dieses dunkle Geheimnis vor ihr gehütet.

Er hatte wirklich Ron getötet.

Sie fühlte diese Ratlosigkeit und Verzweiflung in ihr. Warum verlor sie nur immer alles?

„Ich will dich nie wieder sehen“, zischte sie. „Komm mir nie wieder unter die Augen, wenn dir dein Leben lieb ist.“

Sie sah Blaises Entsetzen und konnte erkennen, dass sie ihn nun verletzt hatte, aber das erschien ihr nur gerecht. Sie wollte Blaise nicht töten, auch wenn sie es am liebsten getan hätte.

Doch er war immer noch der einzige Mensch hier, der aus ihrer Zeit stammte und Hermine hatte Angst davor alleine hier zu bleiben. Sie wollte nicht mehr alleine sein, aber sie konnte auch zeitgleich nicht den Gedanken ertragen, dass ausgerechnet der Mörder ihres Freundes ihre einzige Bezugsperson zu ihrer Zeit war.

Hermine wollte Blaise nie wieder in die Augen sehen, aber seine Anwesenheit würde sie trotzdem beruhigen und dafür hasste sie ihn.

Und wenn sie es nicht schaffte die Vergangenheit zu ändern, würde sie ihn dafür töten.

Hermine drehte sich um und rannte fort.
 

Hermine schaffte es irgendwie zurück zum Schulsprecherturm.

Irgendwann hatten die Tränen angefangen ihr die Sicht zu nehmen und ihre Wut wurde durch die schreckliche Erkenntnis ersetzt, die alles in ihr zu durchdringen erschien.

Der Schmerz war unermesslich stark und schien sie zu zerreißen wollen.

Es fühlte sich an, als würde sie Ron ein zweites Mal verlieren.

Als würde sich der Boden unter ihren Füßen auftun und sie mit sich herunterziehen.

Blaise hatte Ron getötet hallte es immer wieder durch ihren Kopf.

Sie wusste tief in ihrem Inneren, dass er es wirklich bereute und ihr deswegen auch half.

Jetzt verstand sie zumindest den Grund, warum er sich so leicht überzeugen lassen hatte und so schnell mit daran gearbeitet hatte, den dunklen Lord zu töten.

Aber ihr Wissen, dass er es gewesen war, der Ron in der Zukunft getötet hatte, brachte sie um den Verstand. Es war noch nicht geschehen, aber für sie war es passiert.

Sie hatte Ron verloren und es war alles wegen Blaise gewesen.

Hermine stolperte fast über die Stufe in den Gemeinschaftsraum der Schulsprecher.

Durch ihren Tränenschleier erkannte sie gerade so Riddle, der auf seinem normalen Platz saß.

Und sie wurde wütend, weil er durch seine Aussage ihr Erinnerungsvermögen angestachelt hatte, sich an diese Szene zu erinnern. Weil er sie zweifeln lassen hatte.

Warum hatte er nicht einfach nichts sagen können?

Ihr wäre lieber gewesen, dass sie nie erfahren hätte, wer der Todesser gewesen war.

„Du bist an allem schuld“, spie sie Riddle entgegen. „Es ist alles deine Schuld!“

Diese Worte waren so wahr. Riddle war an allem in der Zukunft schuld, er war auch für das jetzige Chaos verantwortlich. Wenn es ihn nicht gäbe, würde nichts davon passieren.

Riddle sah sie völlig fassungslos an und schien überfordert damit zu sein, wie er auf sie reagieren sollte. Das sorgte dafür, dass sie sich wieder besann und nicht ihren Zauberstab zog, um ihn auf der Stelle zu töten. Stattdessen ließ sie sich aufs Sofa fallen und weinte hemmungslos weiter.

Das war endgültig zu viel für sie.

Irgendjemand musste es wirklich schlecht mit ihr meinen, wenn sie so bestraft wurde.

Riddle setzte sich nach einem Augenblick neben sie.

„Erzähl mir, was passiert ist“, forderte er in seiner typischen Befehlsstimme auf.

Das er jetzt noch den Nerv hatte, ihr etwas zu befehlen.

Hermine gab ihm keine Antwort, auch wenn sie sich wünschte, dass er sie einfach in den Arm nahm, um sie zu trösten. Aber das war lächerlich.

Riddle hatte vermutlich nicht einmal eine Ahnung, was er tun musste, um einen anderen Menschen zu trösten. Schließlich war er ein gefühlskalter Arsch.

„Was ist passiert?“, fragte er nun in seiner charmanten Stimme.

Sie blickte nicht einmal auf.

„Calice“, drohte er kurz bevor er überfordert aufgab.

Aber er blieb neben ihr sitzen. Er ging nicht weg und irgendwie tröstete Hermine das schon ein wenig.

Ein Mensch blieb bei ihr und ließ sie nicht alleine zurück.

Und das gab ihr den Anstoß zu ihm herüberzurutschen. Sie wollte ihn bei sich wissen.

Sie hatte Angst, dass er aufstehen würde, doch er blieb immer noch.

Hermine wollte ihn nicht darum bitten sie in den Arm zu nehmen. Es reichte ihr direkt neben ihm zu sitzen und sie beruhigte sich langsam wieder.

Der Schmerz in ihrer Brust war nicht mehr ganz so unerträglich.

„Calice“, flüsterte Riddle. „Du bist echt unerträglich.“

Das brachte Hermine sogar zum Lächeln unter all den Tränen.

Es war ein so typischer Riddlesatz, der aber überhaupt nicht böse gemeint erklang.

„Danke“, wisperte sie zurück und erlaubte sich an Riddle anzulehnen.

Er lehnte sich zurück, schob sie aber nicht von sich.

Sie konnte sein Grinsen fast spüren, während sie seinem verräterisch klopfenden Herz lauschte.

„Du hast dich längst für eine Seite entschieden“, meinte er. „Du kannst gar nicht anders als bei mir zu bleiben egal wie sehr du dich dagegen wehrst.“

Und damit hatte er wohlmöglich sogar Recht, aber jetzt für diesen Augenblick wollte sie nur bei ihm sein, weil es keinen anderen Menschen gab, bei dem sie lieber wäre.

Das war wirklich eine komische Sache, denn er war wirklich der Auslöser für alles.

Aber sie war rettungslos in ihn verliebt und verzieh es ihm seltsamerweise, denn er war jetzt hier bei ihr und das reichte ihr völlig.

Unbalance

Samstag, Dezember 30, 1944
 

2:15 P.M.
 

Hermine erinnerte sich nicht mehr daran eingeschlafen zu sein, aber sie träumte eindeutig, also musste sie vom ganzen Weinen erschöpft ins Reich der Träume hinüber geglitten sein.

Es war ein seltsamer Traum. Sie war wieder fünf und hatte noch keine Ahnung von ihrer magischen Fähigkeiten. Manchmal geschah Seltsames um sie herum und ihre Eltern konnten sich noch keinen Reim aus den Geschehnissen machen, aber sie liebten sie über alles und verwöhnte sie als ihre einzige Tochter nach Strich und Faden ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen.

Es war einer dieser Tage an denen Hermine unabsichtlich zauberte. Sie hatte einen verletzten, kleinen Vogel gefunden und wollte ihn zurück zu seinem Nest bringen, so wie ihre Kindergartenlehrerin es ihr einmal erklärt hatte, doch das Nest war ganz oben im Baum und Hermine war noch zu klein um hinaufzuklettern. Aber sie wollte nicht aufgeben. Sie wollte den Vogel zurück nach Hause bringen, wo seine Familie auf ihn wartete. Seine Mutter würde sich um ihn kümmern und Hermine hätte ihn gerettet, was sie stolz ihrer Kameraden erzählen würde, damit sie von den anderen beachtet wurde und nicht mehr vom Spielen ausgeschlossen wurde.

Sie starrte verzweifelt auf das Nest und wünschte sich einen Weg nach oben, als sie auf einmal oben auf dem Baum saß. Erschrocken von der plötzlichen Höhe klammerte sie sich mit einer Hand am Baum fest, da sie Angst davor hatte zu fallen.

Aber jetzt war ihre Chance gekommen. Sie musste nur tapfer sein und den Vogel in sein Nest setzen. Sie war nur wenige Meter neben dem Nest gelandet und statt sich verwundert zu fragen, wie sie es hier hoch geschafft hatte, schob sie sich auf dem Ast weiter entlang Richtung Nest.

Hermine atmete tief durch und setzte den Vogel in sein Nest zu den anderen.

Stolz auf sich selbst lächelte sie. Ihre Spielkameraden würde ihr das kaum glauben, aber sie fühlte sich wie eine Heldin, die das Leben eines Unschuldigen gerettet hatte.

Aber während sie noch in ihrem Erfolg schwelgte verlor sie den Halt und stürzte mit einem Schrei in die Tiefe hinab.

Hermine schrie ebenfalls als sie aufwachte und schoss in der Höhe, wobei sie mit voller Wucht mit ihrem Kopf gegen einen anderen Kopf knallte.

Derjenige zog seinen Kopf wieder zurück und rieb sich die Stelle, an der sie ihn erwischte hatte.

Es war Riddle, der sich über sie hinüber gebeugt haben musste.

Sie brauchte einen Augenblick um die Situation zusammenzusetzen. Zuerst einmal musste sie die Frage klären, wo sie war, denn sie war nicht in ihrem Zimmer und sie war auch nicht im Gemeinschaftsraum. Damit blieb nur Riddles Raum übrig, was sie verdatterte.

Wie war sie hergekommen?

Es musste dem Licht nach zu urteilen Nachmittag sein, dass hieß sie hatte den ganzen Morgen verschlafen, aber sie konnte sich nicht mehr daran erinnern eingeschlafen zu sein.

Erst langsam dämmerte es ihr wieder. Sie hatte schrecklich geweint wegen der Erkenntnis, dass Blaise ein Mörder war und Riddle war bei ihr geblieben. Er hatte sie auf seine Art getröstet, wofür sie ihm dankbar gewesen war. Das war das Letzte woran sie sich erinnerte konnte.

„Wenn du wieder wach bist, kannst du ja wieder verschwinden. Ich bin nicht deine Nanny“, grummelte Riddle.

Hermine war noch gar nicht wach genug, um sich mit Riddle zu streiten, also kletterte sie aus seinem Bett heraus. Überhaupt fühlte sie sich jetzt wo sie sich wieder an den Morgen erinnerte und an ihre Erkenntnis seltsam schwach auf den Beinen. Blaise hatte Ron getötet. Es traf sie sofort wieder wie ein Schlag in die Magengrube und sie blieb neben Riddle stehen unfähig den Raum zu verlassen.

Nein, sie musste sich zusammenreißen. Sie konnte nicht schon wieder einen Zusammenbruch vor seinen Augen haben. Das von heute morgen würde er ihr bestimmt auch noch nachtragen.

„Warum bin ich überhaupt in deinem Zimmer?“, fragte sie Riddle, um über ihre Schwäche hinwegzuspielen.

Er verschränkte die Arme. „Weil du eingeschlafen bist und ich – wie du dich sicher erinnerst – nicht in den Mädchenschlafsaal kann.“

„Das letzte Mal hast du mich doch einfach im Gemeinschaftsraum schlafen gelassen und mich nur mit deinem Umhang zugedeckt“, erinnerte sich Hermine.

Riddle sah ungehalten aus, weil sie auf dieser Kleinigkeit herumhackte, aber sie wollte sich eigentlich gar nicht streiten sondern sich nur ablenken um nicht nachzudenken. Und den Slytherin zu ärgern konnte sie auch ohne darüber längerfristig zu grübeln.

„Dir ging es schlecht und ich dachte ein Bett wäre dir lieber. Aber da hab ich wohl falsch gedacht. Wahrscheinlich passt der lieben Prinzessin mein Bett nicht in den Kram. Und jetzt verschwinde endlich aus meinem Zimmer.“

Hermine fühlte sich davon angegriffen, dass er ausgerechnet Lestranges Kosename für sie verwendet, um sie loszuwerden, also verschwand sie bevor er sie wirklich hochkant raus warf.
 

Immerhin vergaß Hermine dadurch für einen Augenblick ihre Schwäche und sie kam bis in den Gemeinschaftsraum, wo sie sich hinsetzte, weil sie der Gedanke beunruhigte in ihr Zimmer zu gehen, wo sie vollkommen alleine mit ihren Gedanken wäre.

Und jetzt im Augenblick wollte sie auf gar keinen Fall alleine sein und auch wenn Riddle nicht hier war im Moment, so konnte er jederzeit hier herunter kommen und das beruhigte sie.

Erstaunlicherweise kam Riddle ihr sogar sofort hinterher und setzte sich in seinen Stammsessel. Er hatte zwar ein Buch in der Hand, aber er machte keine Anstalten es zu lesen.

„Wirst du mir jetzt erzählen, was heute morgen mit dir los war?“, fragte er in einem sachlichen Tonfall, obwohl sie genau wusste, dass er furchtbar neugierig war.

„Was meintest du als du sagtest, dass mein Bruder etwas getan hat von dem ich nichts weiß und dass er deswegen eine schlechte Gesellschaft für mich ist? Hat er dir etwas erzählt?“

Er verzog das Gesicht, weil sie ihm schon wieder eine Gegenfrage stellte.

„Dann hattest du Streit mit deinem Bruder?“, schlussfolgerte Riddle nicht dazu bereit auf ihre Frage einzugehen.

Hermine seufzte. „Ich will nur wissen, was du glaubst über meinen Bruder zu wissen! Kannst du mir nicht ein einziges Mal meine Frage beantworten?!“

Eigentlich war es ihr egal was Riddle wusste. Sie brauchte nur irgendetwas, worüber sie reden konnte. Sie wollte nicht nachdenken. Auf gar kein Fall wollte sie sich mit Blaise beschäftigen. Am liebsten würde sie sich mit nichts mehr beschäftigen wollen. Sie fühlte sich völlig ratlos, weil sie nicht wusste, wie es jetzt weitergehen sollte. Plötzlich musste sie durch das alles ganz alleine durch und das machte ihr Angst, denn woher nahm sie jetzt die Kraft die Horkruxe zu zerstören?

Riddle sah sie an, als könnte er ihre Gedanken lesen und dadurch erfahren, was in ihr vorging.

Sie sprang wütend auf und reagierte über.

„Du dringst doch nicht etwa in meinen Verstand ein oder?!“, fauchte sie ihn wütend an, weil sie irgendwie ihre aufgestauten Emotionen rauslassen musste. Würde sie überhaupt merken, wann er ihre Gedanken las? Wusste er daher von Blaises Verbrechen? Wusste er dann auch alles andere?

„Atme tief durch, Calice. Ich tue gar nichts außer mich mit dir zu unterhalten, aber bei dir ist wohl endgültig eine Schraube locker“, schnauzte er zurück.

„Ich will nicht tief durchatmen. Ich will wissen was du damit meinst. Sonst…“, weiter kam sie nicht, da ihr keine gute Drohung einfiel, was sie sonst tun würde.

Riddle hob fragend die Augenbraue und wartete darauf, dass sie ihren Satz beendete, aber sie ließ ihn einfach unvollendet. Sie war wirklich am Durchdrehen, aber das war ja auch wirklich kein Wunder mehr. Sie hatte einen Zusammenbruch gehabt, weil sie erfahren hatte, dass ihr angeblicher Bruder, der für sie zu ihrem besten Freund geworden war, in Wahrheit ihren Freund, der gerade ihr fester Freund geworden war und den sie über alles geliebt hatte, getötet hatte.

Wer würde da nicht durchdrehen?!

Und mit einmal wurde ihr klar, dass Riddle sie genau da hatte, wo er sie wollte.

Hermine sank zurück auf das Sofa und fühlte sich mit einem Mal so erschöpft, als wäre ihr ganzes Leben nun vorbei und sie wurde von Altersschwäche festgehalten.

„Herzlichen Glückwunsch“, zischte sie zu Riddle herüber. „Ich hab niemanden mehr. Danke dass du mich an meinen Bruder zweifeln lassen hast. Warum konntest du nicht einfach die Klappe halten und mich in Ruhe lassen?!“

Riddle legte den Kopf schief und sie konnte sein kleines diabolisches Lächeln sehen, das er sich nicht verkneifen konnte, denn für ihn war es so gelaufen wie er es gewollt hatte.

Sie hatte ihre einzige echte Bezugsperson verloren und in ihrer Schwäche hatte sie sich ausgerechnet bei ihm ausgeheult, womit er sie in der Hand hatte.

Immerhin hatte sie ihm wenigstens nicht gesagt, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Er glaubte sowieso schon, dass sie sein Spielzeug war. Sie musste ihm nicht noch mehr Gründe an die Hand liefern, um ihm klar zu machen, wie sehr sie sich ihm ausgeliefert hatte.

Jetzt erschien Hermine ihr Zimmer doch verlockend und so stand sie auf um den Raum zu verlassen.

Sollte Riddle sich doch ins Fäustchen lachen. Sie konnte einfach nicht mehr und sie fühlte sich so schrecklich leer, dass sie am liebsten laut geschrieen hätte, um festzustellen, ob sie noch da war oder ob sie sich schon endgültig verloren hatte, doch nicht einmal dazu hatte sie noch die Kraft.
 

Hermine verbrachte das restliche Wochenende in ihrem Zimmer. Sie hatte nicht einmal Lust zum Essen hinunterzugehen, denn dort würde sie nur all den Leuten begegnen, die sie hassten.

Ganz am Anfang war es nur Riddle gewesen, doch jetzt konnte sie ihrer Liste noch Eileen, Zephir und Blaise hinzufügen, damit blieb nur noch Sophie übrig, die sie mochte.

Hermine seufzte bei diesem traurigen Gedanken. Klar sie war nie eins der beliebten Mädchen gewesen und damals ohne Harry und Ron wäre sie in Hogwarts auch alleine geblieben, weil sie mit ihrer Art noch nie wirklich gut Freunde gefunden hatte. Das war schon so im Kindergarten gewesen und hatte sich nie wirklich verändert. Aber es deprimierte sie trotzdem, dass sie es nicht schaffte Freunde zu finden. Es konnte doch nicht so schwierig sein, aber irgendwie gelang es ihr nicht wirklich.

Mit solchen Gedanken versuchte sie sich abzulenken, doch sie durchlebte den Verlust von Ron noch einmal, doch dieses Mal war es umso schlimmer weil es nicht nur Ron war den sie verloren hatte.

Sie hatte auch Harry, Ginny und all ihre Freunde in Hogwarts verloren, weil sie Blaise nachgejagt war und dadurch in der Vergangenheit gelandet war. Damit war sie ihrer Zukunft beraubt worden, denn wenn Hermine ehrlich war glaubte sie nicht mehr daran, dass sie jemals wieder zurückkehren würde. Sie wusste nicht, ob sie es überhaupt noch wollte. Sie hatte in der Vergangenheit auch sich selbst verloren. Das Mädchen, das in Hogwarts zum ersten Mal richtige Freunde gefunden hatte und gelernt hatte, was Freundschaft und Loyalität war, gab es nicht mehr. Hermine hatte ihren Halt verloren und war gestürzt wie damals als sie den Vogel zurück zu seinem Nest gebracht hat. Irgendwann würde sie auf dem Boden aufschlagen und zertrümmert werden.

Hermine schloss die Augen, rollte sich auf ihrem Bett ein und versuchte sich zurückzuerinnern. Sich an irgendetwas Gutem zu klammern, um nicht mehr den Schmerz zu spüren, der ihre Brust durchzog. Versuchte an Ron zu denken. Sich sein Gesicht vorzustellen. Sein Lächeln. Doch die Erinnerungen verwischten und sie konnte sich kein klares Bild mehr von ihm machen. Alles verschwamm vor ihren Augen und irgendwann sah sie nichts mehr. Dann kamen die Tränen, denn ihr wurde schmerzlich bewusst, dass sie begann zu vergessen. Ihre Erinnerungen erloschen langsam und die Braunhaarige fragte sich ob es daran lag, dass sie zu lange in der Vergangenheit war oder ob ihr Bewusstsein nur begann all den Schmerz ins Unterbewusstsein zu schieben, um sie vor dem Zerbrechen zu bewahren und sie am Leben zu erhalten.

Hermine war es gleichgültig. Riddle hatte gewonnen. Sie war so einsam wie nie zuvor und sie hatte jeden Halt in ihrem Leben verloren. Sie würde einfach in ihrem kalten, trostlosen Zimmer liegen bleiben und warten bis alles vorbei war. Sie hatte genug davon zu kämpfen, wenn sie immer nur verlor, was ihr lieb und teuer war. Sie würde die Vergangenheit nicht ändern können. Sie würde nicht in die Gegenwart zurückkehren. Und sie würde nie die Zukunft haben, die sie sich erträumt hatte.
 

Sophie war irgendwann einfach da und zog Hermine in ihre Arme. Sie fragte nicht was passiert war, sondern hielt sie nur und strich ihr beruhigend über den Rücken, während Hermine von einem Tränenkrampf in den nächsten überglitt. Sophie erzählte kleine Anekdoten von den Mahlzeiten, die sie verpasst hatte und brachte sie auf den neusten Stand der Gerüchteküche. So verbrachten sie Stunden um Stunden. Sophie hatte ihr Sandwichs mitgebracht und als Hermine einen kleinen Bissen nahm, wurde ihr bewusst wie hungrig sie gewesen war. Doch jeden Bissen, den sie verschlang, erinnerte sie nur daran, dass sie damit nicht die Leere füllen konnte, die sich schleichend wieder in ihr ausgebreitet hatte. Sie musste zwischendrin immer wieder stoppen, weil sich ihre Tränen mit dem Geschmack des Sandwichs vermischten und sie nicht schlucken konnte. Sophie tupfte ihr Gesicht dann mit einem Taschentuch ab.

„Lern doch vernünftig zu essen“, schimpfte sie dabei leise und gab Hermine das Gefühl von einem Stück Normalität in alldem Irrsinn, der in ihrem Leben herrschte. Sie war so unendlich dankbar für ihre Freundin, die keine Fragen stellte und einfach für sie da war. Mit der Zeit gingen Sophie die Geschichten und der Klatsch aus und sie wurde schweigsam. Hermine hatte sich weitgehend beruhigt und war auch still geworden. So verbrachten sie einen Moment und genossen einfach die bloße Anwesenheit des anderen, während sie ihren jeweiligen Gedanken nach hingen.

Dann atmete Sophie tief ein und aus als hätte sie gerade allen Mut zusammengenommen, um die Frage zu stellen, die ihr wohl schon länger auf der Zunge lag und wahrscheinlich noch viel länger in ihrem Kopf herumgeschwirrt war.

„Was zur Hölle hast du mit Riddle angestellt?“

Hermine zuckte hoch und starrte Sophie entgeistert an, denn mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet.

„Warum?“, fragte sie vorsichtig an, denn bei Riddles Launen hatte sie keinen blassen Schimmer, was das jetzt schon wieder zu bedeuten hatte.

Sophie zuckte mit den Schultern und rang nach Worten, um zu beschreiben, was sie meinte.

„Er ist…“. Sie stockte kurz. „... so besorgt um dich. Er kam zu mir und bat mich ganz höflich darum, dass ich nach dir sehen sollte. Ich meine ich wollte sowieso kommen, um nach dir sehen und dir was zu essen bringen, damit du nicht verhungerst. Aber er wusste genau, dass du dein Zimmer seit gestern morgen nicht mehr verlassen hast. Ich glaub er war die ganze Zeit unten in eurem Gemeinschaftsraum und hat darauf gewartet, dass du runterkommst.“

Hermine war nicht mehr sonderlich überrascht, denn sie wusste längst, dass Riddle sich in sie verliebt hatte, wobei es sich immer noch seltsam anfühlte sich das vorzustellen. Sie konnte Sophies Überraschung verstehen.

„Du hast es wirklich geschafft und den Eisblock mit deiner Liebe geschmolzen oder?“

Wenn Sophie das so ausdrückte klang es nach einer furchtbaren kitschigen Soap, in der sie und Riddle die Hauptrollen innehatten und sich bis aufs Messer bekriegten, obwohl alle Zuschauer schon wusste, dass sie am Ende zusammen in einer Hochzeitskutsche in den Sonnenuntergang reiten würde. Aber sie fing lieber nicht damit an Sophie zu erklären, was eine Soap war, denn die Muggel hatten den Fernseher noch gar nicht erfunden und selbst wenn bezweifelte Hermine, dass Sophie je fernsehen geschaut hätte.

„Ich weiß nicht genau. An manchen Tagen denke ich schon, aber Riddle würde es sich nie eingestehen“, erwiderte sie auf Sophies Frage.

„Trotzdem! Unglaublich, dass er überhaupt zu so etwas in der Lage ist. Aber du bist eben auch einfach supertoll und superhübsch, da muss man sich einfach in dich verlieben.“

Sophie fiel ihr um den Hals und lachte. Hermine konnte gar nicht anders als zu lächeln, obwohl sie sich innerlich immer noch so leer vorkam, doch ein klitzekleines Teil in ihr füllte sich wieder und die Leere schrumpfte ein wenig in sich zusammen. Wenn sie Sophie doch nur mit zurücknehmen könnte. Aber vielleicht war das auch gar nicht nötig.

„Fühlst du dich wieder besser?“, fragte sie Sophie einen Augenblick später und hatte ein schelmisches Blitzen in den Augen. Hermine nickte langsam. Ihr Gefühl sagte ihr, dass Sophie irgendeine verrückte Idee im Hinterkopf hatte.

„Dann sollten wir uns beeilen, damit wir das Feuerwerk nicht verpassen“, sprudelte Sophie hervor, sprang auf und zog Hermine in der gleichen Bewegung mit sich ins Badezimmer, wo sie ihr half ein dezentes Make-up aufzulegen, damit man ihr nicht ansah, wie viel sie geweint hatte und wie schlecht es ihr ging. Hermine hatte schon wieder völlig ausgeblendet, dass bereits der letzte Tag des Jahres angebrochen war. Für eine Sekunde dachte sie an den Plan in die Kammer des Schreckens zu gehen und den Basilisken zu töten, doch das erinnerte sie nur an Blaise und es versetzte ihr hundert kleine Messerstiche, sodass sie den Gedanken sofort wieder beiseite schob. Das Feuerwerk mit Sophie anzuschauen war eine wirklich willkommene Ablenkung, die sie brauchte.
 

Riddle saß in seinem Stammsessel als Hermine und Sophie herunterkamen. Ein schneller Blick genügte um zu sehen, dass Sophie möglicherweise Recht hatte mit ihrer Vermutung, dass der Slytherin das ganze Wochenende hier zugebracht. Neben dem Buch, das er gestern bei ihrem letzten Gespräch dabei gehabt hatte, waren weitere Bücher hinzugekommen. Genau so lagen auf dem Tisch Pergamentrollen, die darauf schließen ließ, dass er seine Ferienhausaufgaben hier unten gemacht hatte. Und die Wolldecke, die verräterisch auf dem Sofa lag, schien sogar darauf hinzuweisen, dass er auch die Nacht hier verbracht hatte.

Doch als sie herunterkamen blickte er nicht mal auf so sehr schien er in seine Lektüre vertieft zu sein. Hermine warf ihm einen langen Blick zu, den Sophie mit einem Augenverdrehen kommentierte und sie weiter mit sich zog. Riddle sagte auch nichts, aber Hermine wusste nicht einmal, was er hätte zu ihr sagen sollen. Sie dachte nur daran wie er sie gestern Morgen getröstet hatte. Wie er bei ihr geblieben war und sie sogar hinauf in sein Zimmer getragen hatte. Plötzlich schoss ihr die Röte ins Gesicht. Sie hatte noch gar nicht weiter darüber nachgedacht, was es bedeutet hatte, aber sie hatte in seinem Bett geschlafen. Er war bei ihr gewesen als sie aufgewacht war. Hatte sich über sie hinübergebeugt. Vor ein paar Monaten hätte sie nie geglaubt, dass das bei ihr wolligen Wärme statt panischer Angst verursachen würde.

Hermine schüttelte verwirrt den Kopf, was Sophie mit einer gehobenen Augenbraue quittierte.

„Lass mich raten: Riddle?“, fragte der Lockenkopf, während sie die Treppen zum Astronomieturm emporstiegen. Von oben drang schon lautes Gelächter herunter. Sie waren nicht die einzigen, die hier hoch kamen. Hermine konnte sich nicht daran erinnern, dass es bei ihnen ein echtes Feuerwerk in Hogwarts gegeben hatte. Es hatte nur ein Feuerwerkregen auf der verzauberten Decke in der Großen Halle gegeben und dazu ein Festessen. Es hätte sich für die wenigen Schüler gelohnt, die die Ferien überblieben nicht gelohnt. Wahrscheinlich war es nur eine Ausnahme von Dippet, aber sein Plan war nicht aufgegangen. Die meisten Schüler waren in den Ferien nachhause gefahren. Viele von ihnen waren noch nachträglich nach der großen Katastrophe mit dem Weihnachtsball zu ihren Familien gefahren. Dippet war darüber sicher nicht erfreut.

„Er ist schwierig“, antwortete Hermine.

„Es ist Riddle. Das ist in seiner Natur“, gab Sophie frech zurück und öffnete die Tür zur Aussichtsplattform. Die Zahl der Schüler war klein, aber es waren trotzdem mindestens noch 50 Schüler. Auf den ersten Augenblick sah Hermine niemanden, den sie kannte, doch dann erspähte sie Avery und einige der anderen Todesser, die sich mit niemand anderen unterhielten als Zephir.

Sophie merkte wie Hermine sich versteifte und fasste sie sofort bei der Hand, um sie auf die andere Seite des Turms zu ziehen. Nur der Anblick von Zephir machte ihr angst und bange. Sie fragte sich über was Avery und Zephir diskutierten.

„Das Feuerwerk“, rief Sophie und deutete auf den sternenklaren Himmel über ihnen auf dem sich der erste Funkregen in allen Farben ergoss. Hermine vergaß worüber sie sich Sorgen gemacht hatte und starrte auf das Schauspiel über ihr. Schon als Kind hatte sie das Feuerwerk an Silvester geliebt und ein magisches Feuerwerk war tausendmal schöner als eins der Muggel. Die Funken bildeten die verschiedensten Formen und Sophie kreischte jedes Mal auf.

„Sieh nur eine Schlange. Da drüben ein Drache. Und soll das da ein Riese sein?“

Hermine ließ sich von der Begeisterung anstecken und klammerte sich an der Brüstung fest, während sie sich nach vorne beugte, um alle Einzelheiten erhaschen zu können.
 

Als sich eine Hand auf ihre Schulter legte, zuckte Hermine erschrocken zusammen und versuchte die Hand mit einem Sprung zur Seite abzuschütteln.

Hinter ihr stand Blaise, der sie flehend ansah. „Bitte Hermine, lass es mich erklären.“

Alles stürzte wieder auf sie und angeekelt trat sie einen weiteren Schritt zurück, während sie in ihren Umhang nach ihrem Zauberstab suchte. Doch sie wurde nicht fündig, denn sie hatte gar nicht daran gedacht ihn einzupacken. Weiter zurück konnte sie auch nicht, da sie bereits die Brüstung im Rücken hatte. Um sie herum waren so viele Menschen durch die sie sich durchdrängeln müsste um von hier wegzukommen und Blaise hatte sich direkt vor ihr aufgebaut. Sophie war immer noch auf den Himmel fokussiert und hatte noch gar nicht mitbekommen, was sich neben ihr abspielte, aber sie ahnte auch gar nicht, dass Blaise der Grund dafür war, dass Hermine so verstört war.

„Nein“, fauchte sie, um sich Zeit für einen Ausweg zu suchen. Sie wollte nicht hören was Blaise zu sagen hatte. Es war ihr egal. Er hatte ihr wehgetan. Er hatte ihr etwas Wichtiges genommen und dabei ihr Herz herausgerissen. Er hatte nicht einmal den Mut gehabt ihr die Wahrheit ins Gesicht zu sagen und hatte alles die ganze Zeit verschwiegen, während er auf netten Bruder gespielt hatte. Das konnte sie ihm nicht verzeihen.

Blaise versuchte einen Schritt auf sie zu zugehen. „Es tut mir alles so schrecklich leid. Ich wollte so was doch nie.“

„Nein! Ich will es nicht hören. Ich hab gesagt du sollst mir nie wieder unter die Augen treten. Also verschwinde gefälligst und nimm deine geheuchelten Entschuldigungen mit dorthin wo der Pfeffer wächst und von dort aus bis zum Ende der Welt!“

Hermine schrie und wollte nur raus hier. Die gähnende Leere in ihr begann sie zu verschlingen und sie mit sich zu reißen. Warum konnte der Schmerz nicht enden?!

Sophie hatte sich inzwischen umgedreht und auch genug andere Leute hatten dem Schauspiel am Himmel gekehrt. Es war seltsam still um sie geworden und nur das Knallen durchbrach diese Stille. Riddle war aus dem Nichts flankiert von Lestrange und Mulciber aufgetaucht.

„Verschwinde!“ Seine Stimme war schneidend wie aus Eis und alles an ihm drückte seine Wut aus. Der Gewittersturm in seinen Augen tobte wieder, doch Blaise schien sich davon nicht einschüchtern lassen zu wollen.

„Hermine“, bat er noch einmal, doch sie wand den Blick ab. Sie wollte nichts hören. Sie wollte zurück in ihr Zimmer und nur in Ruhe gelassen werden.

„Du hast sie gehört: Verschwinde!“, wiederholte sich Riddle, während Lestrange und Mulciber ihre Zauberstäbe zogen und auf Blaise richteten, der nun einen Schritt zurück machte, während sein verzweifelter Blick immer noch auf Hermine lag.

Riddle trat einen Schritt auf Blaise zu, der den Blick des Slytherin ebenso eisig erwiderte.

„Du wirst weder deiner Schwester noch mir noch einmal unter die Augen treten sonst stirbst du einen überaus qualvollen Tod, den ich sicherlich über die Maßen genießen würde“, drohte Riddle, während sein kleines, diabolisches Lächeln sein Gesicht umspielte. „Calice gehört mir!“

„Kümmert euch um ihn“, wies er Lestrange und Mulciber an bevor er nach Hermines Hand griff, die die ganze Szene nur in einer fassungslosen Starre verfolgt hatte und nun ohne Widerspruch ihm folgte, denn sie wollte nur weg von all diesem. Die Leute starrten sie an und flüsterten miteinander, doch Hermine verstand nicht was sie sagten und es war ihr auch egal. Bereitwillig ließ sie sich von Riddle durch die Massen ziehen, die ihm bereitwillig Platz machten, denn niemand wollte sich mit ihm anlegen. Sie sah Zephirs amüsiertes Lachen, der die Show offenbar genossen hatte und dann waren sie auf der Treppe. Hermine heftete den Blick auf die Stufen. Riddle sagte nichts, aber sie konnte spüren wie die Wut durch ihn pochte und ihn völlig einnahm. Sein Griff war fest, doch sie hatte nicht die Kraft zu protestieren.

Erst als sie vor dem Porträt zum Stehen kam, ließ er locker und drehte sich zu ihr um.

„Ich hab das Passwort geändert“, teilte er ihr mit. Seine Stimme klang sachlich, doch nur ein Blick in sein Gesicht verriet ihr, dass er von seinen widersprüchlichen Gefühlen beherrscht wurde, die um die Vorherrschaft kämpften. Er zog sie durch den Gemeinschaftsraum bis in sein Zimmer. Hermine hatte nicht den leisesten Schimmer, warum er sie hierher brachte.

„Du bleibst hier!“, erklärte ihr und ließ ihre Hand los. Er strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sie konnte förmlich sehen wie er sich selbst innerlich sagte, dass er sich beruhigen musste. Er atmete schwer als wäre ein Marathon gelaufen.

„Aber…“, setzte Hermine schwach an, unsicher, was sie eigentlich sagen wollte.

„Keine Widerworte!“, schnauzte Riddle, der immer noch mit sich kämpfte und sich im Rückwärtsgehen befand. Gleich würde er die Tür schließen und sie war alleine hier. Aber genau das wollte sie doch auch oder nicht? Nur ihre Ruhe. Allein mit ihrem Schmerz und ihrer Wut.

Ohne weiteren Widerspruch ließ Hermine zu, dass Riddle die Tür hinter sich schloss. Sie konnte hören wie der Riegel der Tür klickte und sie von außen verriegelte. Dann war sie alleine und sank langsam zu Boden, wo sie sich einrollte und ihren Tränen freien Lauf ließ. Tolles neues Jahr!
 

~Kapitel 17 Ende~
 

Silence

Montag, Januar 01, 1945
 

5:22 P.M.
 

Die erste Eule kam am späten Nachmittag am nächsten Tag. Hermine blickte verwirrt hoch als sie das leise Klopfen am Fenster hörte. Erst konnte sie es nicht zuordnen, dann erkannte sie den Waldkauz, der auf dem Fenstersims hockte. Riddle war noch nicht wieder aufgetaucht, aber sie hatte lauten Krach aus dem Gemeinschaftsraum gehört, was sie darauf schließen ließ, dass irgendein Möbelstück seinem Wutausbruch zum Opfer gefallen war und wenn er sich noch nicht beruhigt hatte, hatte sie auch keine wirkliche Lust mit ihm zu reden. Sie stand auf und öffnete das Fenster. Falls das Post für Riddle war konnte die Eule sich gefälligst verziehen. Doch der Brief, den die Eule im Schnabel trug, war an sie adressiert. Sie nahm den Brief und verscheuchte den Waldkauz mit einer Handbewegung, damit sie das Fenster wieder schließen konnte und sich wieder in ihre Festung aus Decken und Kissen verziehen konnte. Erst als sie sich dort wieder eingekuschelt hatte, untersuchte sie den Brief. Es war kein Absender auf dem Brief also musste sie den Brief notgedrungen öffnen.

Schon als sie die ersten Worten gelesen hatte ließ sie angewidert den Brief fallen. Er war von Blaise, der nun auf anderem Weg versuchte Kontakt mit ihr aufzunehmen. Hermine wollte seine Geschichte nicht hören. Wütend darüber das Blaise nicht aufgab rollte sie sich wieder auf Riddles Bett ein. Sie lauschte auf ihre Atemzüge, denn sonst war es völlig still im Zimmer. Sie versuchte ihre Gedanken an irgendetwas zu heften, doch sie glitten immer wieder zurück zu den Geschehnissen in der gestrigen Nacht. Zephir und Avery, Blaises Verzweiflung, Riddles Wut.

Doch Hermine war es so leid sich Gedanken darüber zu machen und aus all dem ein Sinn zu gewinnen. Es schien ihr immer unmöglicher die Vergangenheit zu ändern und wenn sie die Vergangenheit nicht verändern konnte, welchen Zweck hatte das alles hier noch?

Wer sagte, dass ihre Mission von Anfang an überhaupt funktioniert hätte? Sie war nicht Harry. Sie war nicht auserwählt. Über sie hatte nie irgendjemand eine Prophezeiung angefertigt.

Hermine seufzte und rollte sich tiefer in die Bettdecke ein. Sie vergrub ihr Gesicht in Riddles Kissen, das nach ihm roch. Seinen Duft saugte sie in sich auf. Es wäre soviel einfacher, wenn sie nichts über die Vergangenheit wüsste. Wenn sie wirklich aus Frankreich kam und sich hier in den Schulsprecher verliebt hatte. Wenn alles zuviel wurde konnte sie einfach zu ihrer Familie nach Frankreich zurückkehren und alles hinter sich lassen. Sie würde nicht das Gefühl haben, dass sie völlig versagt hatte und alles aussichtslos geworden war.

An der Scheibe klopfte es wieder leise. Hermine hatte nicht mal Lust sich umzudrehen. Sie wusste auch so, dass es eine weitere Eule war. Blaise würde nicht so schnell aufgeben. Aber was konnte er schon sagen? Er hatte Ron ermordet. Mehr gab es zu dieser Geschichte nicht zu sagen. Sie wollte nichts darüber hören. Aber irgendwie war sie auch ein wenig dankbar, denn sie war dabei gewesen ihr Ziel aus den Augen zu verlieren. Sie war dabei gewesen ihre Freunde zu vergessen. Wäre die Wahrheit über Blaise nicht ans Licht gekommen, hätte sie einfach alles vergessen. Beinahe hatte sie sich an ihr Leben hier in der Vergangenheit gewöhnt. Ihre Auseinandersetzungen mit Riddle, die gemeinsamen Stunden mit Blaise im Raum der Wünsche, die Spontanbesuche von Sophie. All das war zu ihrem Alltag geworden und sie hatte es wirklich nicht schlecht gefunden, wenn es dabei geblieben wäre. Hermine seufzte und rollte sich auf die andere Seite. Sie gehörte nicht hierher.

Dieser Gedanke versetzte ihr einen gewaltigen Stich, denn sie musste sich eingestehen, dass alles in ihr bleiben wollte. Sie wollte nicht in ihre Gegenwart zurückkehren, wo ein Krieg herrschte und Menschen, die ihr etwas bedeuteten, einfach getötet wurden. Sie wollte nicht zurückkehren in eine Welt ohne Ron, denn sie glaubte nicht daran, dass sie noch die Kraft besaß etwas an seinem Schicksal zu verändern. Das Klopfen an der Scheibe wurde immer lauter. Hermine wünschte sich, dass sie ihren Zauberstab dabei gehabt hätte, dann hätte sie einen Schalldämpferzauber ausgeführt und hätte ihre Ruhe dadurch gehabt. So zog sie die Decke über den Kopf und versuchte die ganze Welt auszublenden.
 

Draußen war es schon längst wieder dunkel und als der Regen einsetzte und rhythmisch gegen die Scheibe prasselte, wurden Hermines Augen immer schwerer bis sie schließlich zufielen. Der Regen hatte den Vorteil, dass die Eulen ihre nervige Mission ihr Blaises Briefe zuzustellen erst einmal unterbrochen und sich ins Trockene geflüchtet hatten. Ihr wäre es am liebsten, wenn sich die Briefe im Regen auflösen würden, aber da es Pergament war, würde das nicht so schnell passieren.

So hoffte sie, dass der Regenschauer für immer anhielt und sie ihre Ruhe haben konnte. Ihr Magen grummelte ein wenig, denn das letzte, was sie gegessen hatte, waren die Sandwichs gewesen, die Sophie ihr mitgebracht hatte bevor sie gegangen waren, um sich das Feuerwerk anzusehen. Das war bereits fast einen ganzen Tag her und langsam überschattete das Hungergefühl alle anderen Gefühle.

Hermine fragte sich, ob Riddle sie völlig vergessen hatte und sie hier verhungern lassen würde. Sie hatte seit Stunden nichts mehr von unten gehört. Entweder er verhielt sich vollkommen still im Gemeinschaftsraum oder er war im Schloss unterwegs.

Während sie darüber nachdachte, was Riddle wohl treiben würde, übermannte sie der Schlaf endgültig und zog sie zurück in eine bekannte Traumwelt.

Schon beim Anblick des brennenden Hogwarts fragte Hermine sich wie oft sie diesen Traum schon geträumt hatte. Er fing immer gleich an, doch er hatte sich den Monaten immer weiter verändert. In ihrem letzten Traum hatte sie sich geopfert, um Riddle vor Zephir zu beschützen. Wie würde der Traum dieses Mal enden?

Sie drehte sich zu Riddle um, der den Zauberstab auf sie gerichtet hatte und auf sie zuschritt. Sie zog ihren eigenen Zauberstab. Nicht um ihn gegen Riddle zu richten, aber um bereit für Zephirs Angriff zu sein. Wieder nahmen Riddles Augen und die darin liegende Wärme sie völlig ein. Er ließ seinen Zauberstab sinken und sie stürzte in seine Arme, in denen sie sich geborgen fühlte. Doch ließ sie ihren Zauberstab dieses Mal nicht fallen. Als Riddle sie küssen wollte, sah sie wieder Zephirs Spiegelbild, der sich von hinten angeschlichen hatte. Sie entzog sich Riddles Umarmung und drehte sich zu Zephir um, damit sie ihn stoppen konnte bevor er den Todesfluch sprechen konnte.

Doch als Hermine sich umdrehte veränderte sich die Szenerie ihres Traumes. Sie befand sich nicht mehr auf dem Hügel vor dem brennenden Hogwarts, sondern jetzt war sie auf dem Astronomieturm. Eiserne Ketten hielten sie gefangen und schnitten ihr in die Haut.

Zephir stand lachend vor ihr, trat dann einen Schritt auf sie zu und beugte sich soweit vor, dass er in ihr Ohr flüstern konnte. Sie war angewidert von ihm und wollte weg, doch ihre Fesseln erlaubten ihr keine Bewegungsfreiheit und so musste sie seine Nähe ertragen.

„Wen liebst du mehr?“, flüsterte Zephir ihr ins Ohr. Seine Stimme klang sanft und freundlich, doch das diabolische Grinsen in seinem Gesicht strafte ihn Lügen. „Du kannst nur einen retten!“

Hermine war verwirrt. Was meinte er damit? Zephir lachte und wies nach rechts und links. Sie folgte seiner Handbewegung mit den Augen und entdeckte auf der einen Seite Riddle, der von Avery bedroht wurde und auf der anderen Seite Ron, der von Blaise in Schach gehalten wurde.

„Du kannst nur einen retten“, wiederholte Zephir seine Worte. „Also wähle!“

Ihre Augen wanderten von Riddle und Ron hin und her. Sie rief sich in den Kopf, dass alles nur ein Traum war. Doch ihr Herz war schwer und sie wusste nicht, ob sie im Wachleben diese Entscheidung hätte treffen können. Ron oder Riddle?

„Ich kann auch beide vom Turm werfen lassen“, sagte Zephir mit einem Schulterzucken. „Ich zähle bis drei und wenn du bis dahin keinen Namen nennst werden beide dran glauben.“

Hermine warf einen schnellen Blick zwischen den beiden hin und her.

„Eins!“

Sie wollte nicht mit ansehen, wie beide in den Abgrund stürzten. Sie wollte sich aber auch nicht entscheiden. Sie liebte beide. Nur wen liebte sie mehr?

„Zwei!“

Ihr Herz traf dann eine Entscheidung für sie. Sie konnte es nicht ertragen Ron wieder sterben zu sehen.

„Drei!“, sagte Zephir, während Hermine zeitgleich den Namen des Weasley brüllte.

„Ging doch“, meinte der Ravenclaw nur und gab mit einer Handbewegung Blaise den Befehl Ron von der Brüstung zu stürzen. Wieder musste Hermine mit ansehen, wie ihr Freund starb. Sie schrie auf und wehrte sich gegen ihre Fesseln. Zephir lachte laut und finster auf.

„Ups das war wohl der Falsche.“
 

Hermine wachte schweißgebadet und schwer atmend wieder auf. Ihr Gesicht und auch das Kopfkissen waren nass. Sie zitterte am ganzen Körper und musste die Arme um sich selbst schlingen.

„Beruhig dich“, flüsterte sie sich zu. „Beruhig dich. Es war nur ein Traum.“

Doch das Zittern wollte nicht aufhören und sie begann wieder zu weinen. Ihr Herz schien wieder zu zersplittern und in all seine Einzelteile zu zerbrechen. Der seelische Schmerz raubte ihr den Atem und drückte sie nieder. Warum musste sie Ron immer und immer wieder verlieren? Sie ertrug das nicht mehr. Sie wollte, dass es aufhörte. Dass der Schmerz ein Ende fand. Hermine zwang sich tief ein- und auszuatmen. Es half ein wenig. Das Zittern wurde schwächer und ihre Tränen versiegten langsam.

Ein grausamer Traum. Da hatte sie für eine Sekunde gedacht, dass sie den Traum unter ihrer Kontrolle hatte und dass sie bestimmen konnte wie er ausging und dann hatte sich alles verändert. Sie hatte den Boden unter den Füßen verloren. Sie war diejenige gewesen, die in Wahrheit den Astronomieturm heruntergestürzt war. Alles war schief gelaufen.

Und plötzlich wurde ihr klar, was ihr Unterbewusstsein ihr versucht hatte mitzuteilen. Etwas, das sie schon längst gewusst hatte, aber in letzter Zeit immer weiter nach hinten verdrängt hatte.

Ließ sie Riddle leben, würde Ron in der Zukunft sterben. Und tötete sie Riddle, würde Ron überleben. Es gab keinen Weg um beide zu retten. Sie musste eine Entscheidung treffen. Sie konnte sich nicht in einem Kissenberg verstecken und versuchen die Welt auszublenden. Das würde nichts am Ausgang der Geschichte ändern. Hermine musste wieder zu ihrer alten Stärke zurückfinden.

Da drang der Geruch von Essen an ihre Nase und ihr Magen knurrte laut. Erschrocken schlug Hermine mit der Hand auf ihren Bauch, um das Knurren zu unterdrücken, doch es war eh niemand hier im Raum, der es gehört haben könnte. Trotzdem war es ihr so laut vorgekommen, dass sie fast sicher war, dass es Riddle unten im Gemeinschaftsraum gehört hatte. Scheinbar war er zumindest im Zimmer gewesen als sie geschlafen hatte, denn auf dem Nachttisch stand ein ganzes Tablett voll Köstlichkeiten. Da waren nicht nur ein Haufen belegte Brötchen, sondern auch eine Schüssel Kürbissuppe, ein kleiner Salat, ein Pudding und eine Tafel Schokolade. Sie konnte gleich über ihren Traum nachdenken.

Hungrig schlang Hermine hastig ein Brötchen herunter bevor sie sich verschluckte und husten musste. Sie war so ausgehungert gewesen. Sie durfte es jetzt nicht übertreiben. Langsamer aß sie das zweite Brötchen und löffelte dann die Suppe. Ihre ganze Konzentration legte sie aufs Kauen und Herunterschlucken, denn sie wollte gar nicht weiter über ihren Traum grübeln. Aber sie würde es tun müssen, denn ihr Traum hatte ihr die bittere Wahrheit gezeigt. Sie konnte nicht weiter in der Vergangenheit leben und darauf hoffen, dass sich alles von selbst zum Guten wenden würde. Sie konnte aber auch nicht in die Zukunft zurückkehren ohne etwas verändert zu haben.

Hermine musste eine klare Entscheidung treffen und sie wusste bereits wie sie aussehen würde. Ihr Traum hatte ihr gezeigt, was ihr wichtiger war oder anders was ihr Herz nicht mehr ertragen konnte. Sie konnte dem Schmerz von Rons Verlust nur auf eine Art und Weise ein Ende bereiten und das bestand – so wie es schon von Beginn an gewesen war – nur darin Riddle zu töten.

Hermine hatte keine andere Wahl. Ihre Gefühle für Riddle könnten ihn vielleicht ändern und möglicherweise würde das ausreichen, um die Zukunft zu ändern, aber sie musste sich zu hundert Prozent sicher sein, dass Ron überleben würde. Also musste sie Riddle töten.
 

Nachdem Hermine ihre Entscheidung gefällt hatte, fühlte sie sich unendlich traurig. Sie hatte wirklich geglaubt, dass es ihr ausreichen würde daran zu glauben, dass ihre Gefühle für Riddle genug waren. Aber es reichte ihr nicht aus. Ihr Glaube war nicht genug. Sie musste sich absolut sicher sein, dass es Ron gut gehen würde. Sie wollte den Schmerz seines Verlustes nicht weiter ertragen.

Es fühlte sich wie ein Rückschlag an. Dabei war es bloß die Rückkehr zu ihrem alten Plan. Sie hatte sich nur etwas vorgemacht. Es würde jetzt nur viel härter werden nachdem sie sich schon eingestanden hatte, dass sie Riddle liebte. Doch da war in ihrem Herzen immer noch die Liebe und Hingabe zu Ron und diese war stärker. Ron war nicht nur die Liebe ihres Lebens gewesen, sondern er war auch ihr bester Freund neben Harry. Sie hatte soviel zusammen durch gestanden. Ihre Beziehung zu Ron war einfach auf einem ganz anderen Level als es die zu Riddle jemals sein würde. Das konnte sie nicht opfern nur weil sie einer Hoffnung nach hing, die sich ebenso schnell als Irrglaube erweisen konnte.

Hermine blieb dabei. Riddle musste sterben. Anders würde es nicht gehen. Sie musste sich wieder aufraffen und ihrem alten Plan nachgehen.

Das Problem war sie war immer noch eingesperrt. Sie versuchte die Tür zu öffnen, doch Riddle hatte nicht vergessen die Tür wieder zu verschließen. Also musste sie einen anderen Weg finden, um an der Umsetzung ihres Plans zu arbeiten. Sie musste etwas tun.

Sie sah sich um und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Das hier war Riddles Zimmer. Sie hatte es schon mal durchsucht auf der Suche nach seinem Tagebuch, doch sie hatte dabei auf nichts anderes geachtet. Aber irgendwo hier würde sich nichtsdestoweniger ein Hinweis finden lassen, der ihr die ganze Geschichte zwischen Riddle und Zephir erklären würde. Oder ein Hinweis auf Riddles Pläne. Irgendetwas würde sie hier finden, dass ihr eine ihrer vielen Fragen beantworten könnte.

Während die Sonne ihre ersten Strahlen durch das Zimmer schickte und den neuen Tag anbrechen ließ, begann Hermine alles aus den Regalen und Schubläden zu reißen.

Nur Minuten später herrschte um sie herum das komplette Chaos. Falls Riddle beschloss genau in diesem Augenblick nach ihr zu sehen würde er einen Tobsuchtsfall bekommen. Doch Hermine war das gleichgültig. Sollte Riddle doch kommen. Er würde sie nicht töten. Sie war längst sein Schwachpunkt geworden. Diesen Teil ihres Planes hatte sie schon verwirklicht. Sobald sie hier raus kam würde sie sich um die Horkruxe kümmern. Dann war Riddle verwundbar und es fehlte nur noch der letzte Teil ihres Planes. Sie schluckte schwer, wenn sie daran dachte, dass sie ihn töten musste. Das würde alles von ihr abverlangen und würde sie wahrscheinlich völlig zerstören. Aber es musste geschehen. Nicht nur Ron wegen sondern auch für all ihre anderen Freunde.

Hermine konzentrierte sich wieder daran den Stapel Pergament durchzusuchen, der verstreut auf dem Fußboden lag. Sie nahm sich die Zeit und las alles genau durch. Vieles davon waren bloß alte Hausaufgaben, die ihr erneut zeigten wie wortgewandt und klug Riddle war. Er war aber auch sehr vorsichtig und zeigte sein wahres Gesicht nicht. Kein Wunder, dass niemand ihn in Verdacht hatte.

Riddle schien wirklich übervorsichtig zu sein. Hermine hatte nicht erwartet, dass er eine Art Todessertagebuch führte, indem er all seine Gedanken niederschrieb, aber sie war enttäuscht, dass sie auf den ersten Blick nichts finden konnte. Wieder einmal ärgerte sie sich, dass sie vergessen hatte ihren Zauberstab mitzunehmen. Sie konnte den Raum so nicht auf magische Verstecke untersuchen. Aber so schnell würde Hermine nicht aufgeben. Das Zimmer war groß genug und sie würde jeden Zentimeter doppelt und dreifach untersuchen.
 

Hermine war so vertieft in ihre Arbeit, dass sie zuerst gar nicht die Rückkehr der Eulen bemerkte. Erst nach einiger Zeit hörte sie das Klopfen gegen die Fensterscheibe und die vereinzelten Rufe der Eulen, die sich alle auf dem Fenstersims niedergelassen hatte. Jede wollte ihren Brief loswerden und so stritten sie untereinander, während sie immer wieder versuchten sich bemerkbar zu machen.

Hermine seufzte als sie die Schar Eulen entdeckte. Ihr Problem mit Blaise hatte sie wieder verdrängt gehabt, doch selbst in ihrem Traum war er als der Mörder von Ron in Erscheinung getreten.

Sie ignorierte die Rufe der Eulen und wand sich wieder dem Chaos auf dem Fußboden zu. Sie hatte bereits den größten Teil der Notizen durchgesehen. Alles was sie als unwichtig erkannt hatte, räumte sie zurück in die Schubläden, um mehr Ordnung zu schaffen.

Sie beschloss als nächstes seine Bücher durchzuschauen. Möglicherweise befand sich darin ein Notizzettel oder er hatte sich etwas an den Rand notiert. Jede Kleinigkeit könnte ihr helfen alles zu verstehen, denn auch wenn sie sich entschieden hatte Riddle zu töten, so wollte ein Teil von ihr immer noch begreifen, warum Riddle war wie er nun mal war.

Sein Büchergeschmack ging immer knapp vorbei an schwarzer Magie, aber er hatte trotzdem einige interessante Bücher mit brisanten Themen in seinem Zimmer. Da waren viele fortgeschrittene Lehrbücher zu Zaubertränken aber auch zu Angriffszaubern. Ein Buch war darunter, dass sich ausführlich mit Folterflüchen aus dem Mittelalter beschäftigt bei dem Hermine würgen musste, weil die Illustrationen zu anschaulich waren. Sie zwang sich trotzdem es komplett zu lesen, aber nirgendwo hinterließ Riddle eine Notiz. Und dann war da sein Okklumentikbuch. Riddle trug es häufig bei sich oder las darin. Wenn sie irgendwo fündig werden sollte, dann müsste es in diesem Buch sein.

Hermine wollte es gerade aufschlagen als plötzlich etwas in das Zimmer schoss. Die Eulen hatten ihre Streitereien untereinander inzwischen aufgegeben und hatten angefangen den Riegel des Fensters von außen zu bearbeiten, den sie langsam zurückschoben. Kaum war der Fensterspalt breit genug schossen die ersten Briefe in das Zimmer hinein und im nächsten Augenblick sprang das Fenster endgültig auf, womit die Eulen in den Raum hinein flogen. Alles was Hermine noch auf dem Boden liegen hatte flog durcheinander und sie fluchte laut, während die Eulen endlich ihre Briefe zustellten.

Sie scheuchte die Eulen hinaus, die sich bereitwillig vertrieben ließen. Ihren Job hatten sie schließlich jetzt erledigt. Danach schob Hermine die Briefe beiseite und versuchte wieder Ordnung zu schaffen.

Gerade griff sie wieder nach dem Okklumentikbuch als ihr etwas Rotes ins Auge fiel.

Ein weiteres Mal fluchte sie leise, denn sie wusste genau was das war. Blaise hatte ihr einen Heuler geschickt. Ohne Zauberstab würde sie dieser Sorte Brief nicht entkommen können.

Der Umschlag begann bereits zu kokeln und Hermine konnte sich denken, dass Riddle definitiv nicht darüber erfreut sein würde, wenn sie eine Explosion in seinem Zimmer verursachen würde. Also atmete sie tief durch und versuchte sich gegen das zu wappnen, was auch immer in diesem Brief stehen würde bevor sie ihn vorsichtig öffnete. Im nächsten Augenblick verwandelte sich der Brief in eine Art Mund und erfüllte den Raum mit Blaise Stimme.
 

„Hermine, ich weiß du willst mich nicht sehen und auch nicht hören was ich sagen zu habe. Und wer könnte es dir verdenken? Du hast keinen Grund mir jemals wieder zu vertrauen. Dafür hast du jeden Grund mich für den Rest deines Lebens zu hassen und zu verachten. Daran werde ich nichts ändern können, aber ich bitte dich trotzdem dir meine Geschichte anzuhören. Es tut mir unendlich leid, dass ich dich auf diese Weise zwingen muss dir alles anzuhören, aber ich muss wissen, dass du zumindest einmal meine Sicht der Dinge gehört hast. Danach kannst du mich soviel hassen wie du willst und du musst auch nie wieder mit mir sprechen. Ich werde dich in Ruhe lassen. Das verspreche ich dir.

Ich habe lange überlegt, wo ich mit meiner Geschichte anfangen soll. Ich entschied mich dazu mit meiner Mutter zu beginnen. Du kennst wahrscheinlich wie viele andere auch die Gerüchte, dass die sieben Ehemänner meiner Mutter – darunter auch mein Vater – alle auf mysteriöse Weise umgekommen sind. Ich kann nicht leugnen, dass meine Mutter etwas damit zu tun hatte. Aber sie ist per se kein schlechter Mensch. Sie interessiert sich einfach nur für ihre Schönheit und ihren Reichtum. So war sie seit ich denken konnte, aber sie war trotz allem immer für mich da, wenn ich sie wirklich gebraucht habe. Du fragst dich sicher bereits was meine Mutter mit der ganzen Sache zu tun hat.

Du musst wissen einer ihrer Ehemänner war ein Todesser. Meine Mutter selbst war nie eine Anhängerin der Todesser. Der Reinblutstatus war für sie wichtig, aber dafür in den Krieg ziehen und zu riskieren, dass sie eine Narbe davon trägt war nichts für sie. Aber in der Zeit des ersten Krieges gegen den dunklen Lord hatte sie einen seiner loyalsten Todesser geheiratet und so sichergestellt auf der Seite der Sieger zu stehen, aber kaum war der dunkle Lord verschwunden war sie seiner überdrüssig geworden und er starb auf ebenso mysteriöse Weise wie all die anderen.

Als der dunkle Lord zurückkehrte, fürchtete sie seinen Zorn und zog sich zurück. Erst passierte nichts. Wir hofften längst, dass er sich nicht darum kümmern würde, dass es ihm gleichgültig war. Schließlich waren viele Todesser in seiner Abwesenheit verstorben oder getötet worden. Doch in meinem siebten Schuljahr in den Weihnachtsferien standen sie eines Tages vor der Tür unseres Anwesens und verlangten Einlass. Meine Mutter öffnete ihnen, obwohl sie sich fürchtete, doch sie hoffte, dass sie mit ihrer Schönheit und ihren Charme alle bezirzen konnte, sodass man sie wieder in Ruhe ließ. Aber die Todesser kamen nicht um den Tod von einem von ihnen zu rächen, sondern sie kamen wegen des Vermögens meiner Mutter.

Ein Krieg muss finanziert werden und auch wenn viele der Todesser aus reichen und alten Familien kamen und sie dazu bereit waren ihr Vermögen dem dunklen Lord zur Verfügung zu stellen, gibt es genug, die nicht bereit sind ihr ganzes Vermögen aufzugeben. Daher kam ihnen meine Mutter in den Sinn, die ein immenses Vermögen besitzt und die man leicht mit dem Tod ihres Ehemanns erpressen konnte. Meine Mutter gab ihnen nicht besonders bereitwillig ihr Geld und so entschied man mich als Geisel zu nehmen, um zu gewährleisten, dass meine Mutter weiter zahlte. Ihr drohte man an mich zu töten und mir sagte man, dass meine Mutter ihren achten Ehemann nicht überleben würde. Ich weiß nicht welcher Todesser sie geheiratet hat, aber man wollte sichergehen, dass man weiterhin über ihr Geld verfügen werden könnte. Ich wurde nicht als Geisel behandelt sondern als Gast, denn mein Status als Reinblütler schützte mich vor Folter oder Gefängnis. Ich konnte mich recht frei bewegen und durfte nach kurzer Zeit auch wieder nach Hogwarts zurückkehren.

Doch dann kam die Nacht der Schlacht in Hogwarts. Ich hatte das Pech in Amycus Carrow zu laufen, der sich noch genau daran erinnern konnte, dass ich eine Geisel war. Er wollte, dass ich blieb und kämpfte aber ich weigerte mich. Also setzte er den Imperiusfluch gegen mich ein und befahl mir jeden zu töten, der sich dem Schulleiterbüro nähern würde. Wahrscheinlich hatte er zu dem Zeitpunkt erfahren, dass Harry Potter im Schloss war und der dunkle Lord mit seinen Todesser auf dem Weg war. Was so wichtiges im Schulleiterbüro war, hatte er mir nicht gesagt. Ich versuchte mich gegen den Fluch zu wehren, da ich nicht die Absicht hatte für die Todesser gegen meine Schulkameraden zu kämpfen. Aber meine Sorge um meine Mutter lähmte mich weit genug, sodass ich nicht den nötigen Willen hatte, um mich endgültig dem Fluch widersetzen zu können. Als in der Nähe etwas explodierte und ich von Trümmern getroffen, war ich froh, dass ich ohnmächtig wurde.

Es war viel Pech und ein dummer Zufall, dass ich in dem Augenblick wieder zu mir gekommen bin, als du und Weasley den Gang entlangkamst. Ich wollte euch warnen, aber stattdessen kam der Todesfluch über meine Lippen. Ich kann nicht einmal in Worte fassen wie ich mich in diesem Moment gefühlt habe. Ich war schockiert über das was passiert war. Der Schock und das Entsetzen reichten aus um die Kontrolle über mich selbst zurückzuerlangen und ich rannte blind drauf los. Einfach weg von diesem Grauen. Ich konnte nicht glauben, dass ich zu so etwas fähig gewesen war. Dass ich einen Menschen getötet hatte. Aber ich hatte es getan. Ich hörte wie du mir nachgesetzt bist und ich habe mich versteckt. Dann sah plötzlich die Umgebung ganz anders aus. Und vor mir baute sich eine Lehrerin auf, die ich noch nie gesehen hatte, die mich zu einem Schulleiter brachte, den ich ebenfalls noch nie gesehen hatte. Du erkanntest mich nicht als den Todesser, der Weasley getötet hatte und ich konnte mir schnell zusammenreimen, dass wir in der Vergangenheit gelandet waren. Ich stand immer noch unter Schock und ich konnte zu Beginn nicht anders als mich in alte Verhaltensmuster zurückzuflüchten und viel Alkohol zu konsumieren, um alles vergessen zu können und schlafen zu können. Doch es ging nicht. Ich hatte es immer wieder vor Augen, konnte nicht vergessen, dass ich in der Zukunft einen Menschen töten würde. Konnte es nicht ertragen dir in die Augen zu schauen und darin deinen Kummer widergespiegelt zu sehen. Es war unerträglich. Und dann eröffnest du mir, dass es einen Weg gibt alles zu verändern, indem wir Riddle töten. Am Anfang hielt ich es für eine Schnapsidee, aber nach nur kurzer Zeit erkannte ich, dass du Recht hattest und ich auf diese Weise rückgängig machen konnte, was geschehen war. Das war auch der Grund warum ich es dir nie erzählt habe. Ich hatte immer gehofft, dass wir Erfolg haben würden und wir in die Zukunft zurückkehren würden und alles gut sein würde, denn ich hab dich immer weiter lieb gewonnen und wollte irgendwann nicht mehr nur die Zukunft für mich selbst verändern, sondern dir auch deinen Kummer nehmen. Natürlich wusste ich, dass ich es selbst nie vergessen würde und es mich mein ganzes Leben lang verfolgen würde. Das würde meine Buße sein. Doch die Wahrheit kommt immer heraus und nun weißt du alles. Ich kann nur hoffen und beten, dass du mich verstehen wirst, aber ich kann die Tatsache nicht verändern, dass ich Weasley getötet habe. Ich wünschte ich könnte es. Ich wünschte ich hätte mehr Willenskraft gehabt. Ich wünschte ich wäre nicht Carrow begegnet. Aber es sind alles leere Wünsche. Es gibt nur einen Weg alles ungeschehen zu machen. Und ich hoffe du verstehst warum ich unseren Plan nicht aufgeben kann. Es tut mir alles so unendlich leid, aber ich kann jetzt nicht umkehren. Ich kann nicht zurück in diese Zukunft. Ich flehe dich an. Bitte versteh mich ein wenig und vielleicht kannst du mir eines Tages all meine Sünden vergeben.
 

Dein dich liebender (angeblicher) Bruder

Blaise Zabini
 

PS. Ich weiß, dass der Imperiusfluch sich nach einer typischen 08/15 Todesser-Ausrede anhört. Inwieweit du mir glaubst oder nicht, überlass ich ganz dir. Aber denk an unsere gemeinsame Zeit und ob du dir wirklich sicher bist, dass ich dazu in der Lage bin jemanden zu töten.“
 

Hermine hatte gar nicht realisiert, wann sie angefangen hatte zu weinen. Sie hatte Blaises Geschichte nicht hören wollen. Ein Teil von ihr hatte gewusst, dass er eine vernünftige Erklärung für das Geschehen hatte. Und deswegen hatte sie es nicht hören wollen. Es war soviel einfacher ihn zu hassen für den Mord an Ron, als Verständnis für ihn zu haben. Jetzt konnte sie Blaise nicht mehr hassen. Sie wusste genau, dass er ihr die Wahrheit gesagt hatte. Sie hatte es in seiner Stimme gehört, welche Überwindung es ihn gekostet hatte ihr diese Geschichte zu erzählen und er hatte Recht. Sie musste nur an ihre gemeinsame Zeit denken und schon fiel es ihr immer schwerer in ihm nur den Mörder Rons zu sehen. Er hatte sie belogen und die Wahrheit vor ihr verborgen und sie nahm ihm das weiterhin übel, aber sie konnte ihn nicht hassen. Verzeihen würde sie ihm trotzdem nicht so schnell. Mit der Wahrheit war jetzt alles viel schwerer für Hermine. Die Wahrheit war eine Bürde.

Blaise hatte ihr schon einmal gesagt, dass er jemanden im Krieg verloren hatte und sie verstand jetzt, dass er sich selbst damit gemeint hatte. Sie schluchzte laut auf, während der Brief sich in seine Einzelteile zerlegte und in tausend Stückchen auf den Fußboden regnete.

Hermine hielt immer noch das Okklumentikbuch in der Hand und sie schlug es auf, um sich abzulenken, um nicht weiter über Blaise nachdenken zu müssen und was seine Worte bedeuteten.

Schon auf der ersten Seite wurde sie überraschenderweise fündig. Jemand hatte eine Widmung für Riddle in das Buch geschrieben.

„Damit du das Dunkle und Abscheuliche im Menschen besser erkennen und dich davor schützen kannst.“

Darunter war mit den Initialen Z. C. unterzeichnet worden. Zephir hatte Riddle dieses Buch geschenkt, aber was hatte er mit seinen Worten gemeint. Das half ihr nicht eine ihrer Fragen zu beantworten, sondern warf im Gegenteil eine neue auf.

Bevor Hermine weiter darüber grübeln konnte, hörte sie Schritte, die sich der Tür näherten. Auf Riddle war sie in diesem Augenblick überhaupt nicht vorbereitet. Ihr Gesicht war immer noch tränenverschmiert und sie saß mitten in all seinem Hab und Gut, während um sie herum verstreut Briefe und Briefreste lagen. Dazu war sie physisch völlig durcheinander durch ihre Entscheidung Riddle töten zu wollen und Blaises Brief. Definitiv kein guter Moment für den Slytherin um aufzutauchen. Doch sie konnte ihn nicht davon aufhalten und so öffnete sich wenige Sekunden später die Tür. Er hatte wieder ein Tablett voll Essen dabei, aber er stoppte sofort, als er das Chaos in seinem Zimmer erblickte. Er wollte ansetzen, um ihr die Leviten zu lesen, doch plötzlich schwankte er und ließ das Tablett fallen. Hermine sprang auf und wollte zu ihm eilen, um zu sehen, was mit ihm los war, doch sie erstarrte in der Bewegung. Sie verstand was Blaise gemeint hatte, als er gesagt hatte, er musste an ihrem Plan festhalten, da er nicht mehr umkehren konnte.

Hermine trat erschrocken einen Schritt zurück und sah zu wie Riddle in sich zusammensank, während er sich mit schmerzerfülltem Gesicht an die Brust griff. Er litt furchtbare Schmerzen, doch sie würde ihm nicht zur Hilfe kommen. Dann schaute er auf und sah ihr direkt in die Augen. Erstaunen, Erkenntnis und Zorn spiegelte sich in einer raschen Abfolge in seinen Augen wieder. Er hatte erkannt, dass sie wusste, was mit ihm geschah. Dass sie alles wusste.

Hatte sie jemals eine Chance gehabt ihn zu verändern und ihn zu Gefühlen zu befähigen, so hatte sie diese nun für immer verspielt. Es gab nur noch einen Weg um alles zu beenden. Hermine nahm Reißaus bevor Riddle wieder aufstehen und seinen Zauberstab ziehen konnte. Jetzt gab es keinen Weg mehr zurück. So wie Blaise es gesagt hatte. Sie konnten nicht mehr umkehren. Es ging nur noch weiter vorwärts auf ihr Ziel zu. Sie musste Riddle töten.

Consequence

Dienstag, Januar 02, 1945
 

7:01 A.M.
 

Nachdem Hermine einen kurzen Abstecher in ihr Zimmer gemacht hatte, um ihren Zauberstab zu holen, ließ sie den Schulsprecherturm schnellen Fußes hinter sich und stürmte in die – ihr einzig denkbare – Richtung. Sie wusste nicht wo sie anfangen sollte, um ihre Gedanken in eine sinnvolle Ordnung zu bringen. Aber sie wusste, dass sie jetzt zum Klo der Maulenden Myrte musste und dann weiter in die Kammer des Schreckens, um sich selbst zu vergewissern, dass wirklich gerade die Horkruxe zerstört worden waren. Riddle hatte in ihren Augen ablesen können, dass sie genau wusste, was mit ihm geschah. Er war sich verraten vorgekommen, von ihr hinters Licht geführt. Wenn er Gefühle für sie gehabt hatte, so waren diese ebenfalls verloren. Er würde sie vermutlich bei der erstbesten Gelegenheit umbringen, wenn sie ihm nicht jetzt zuvor kam. Der Gedanke war furchtbar, aber ihr blieb nicht mehr viel anderes übrig. Sie hatte immer gewusst, dass sie in dem Augenblick, indem die Horkruxe zerstört wurden, schnell handeln musste und sie konnte sich nun nicht mehr damit aufhalten, dass sie eigentlich Gefühle für Riddle hatte, sondern sie musste einfach weiterstürmen und jetzt jedes Risiko in Kauf nehmen, um ihr Ziel zu erreichen und selbst wenn es bedeutete sich selbst dabei zu opfern und ein Teil ihrer eigenen Seele abzuspalten. Nur würde sie daraus keinen Horkrux formen, sondern dieser Teil würde einfach verloren sein, aber wenn das der Preis war, den sie zahlen musste, um Ron und die anderen in der Zukunft zu retten, so würde sie ihn bezahlen.

Endlich hatte Hermine den Korridor erreicht auf dem das Klo der Maulenden Myrte lag. Vor zwei Jahren hatte Riddle hier das muggelstämmige Mädchen mit dem Basilisken getötet. Myrte war ein Mädchen wie sie. Riddle hatte ihren Tod einfach in Kauf genommen. Nachdem was passiert war, würde er auch ihren Tod hinnehmen, wenn sie ihm noch einmal unter die Augen trat.

Hermine wollte das Klo betreten, doch die Tür ließ sich nicht öffnen. Sie versuchte es mit einem Zauber aber die Tür schien von innen versiegelt zu sein. Natürlich hatte Blaise Vorkehrungen getroffen. Das Mädchenklo wurde sicher hin und wieder genutzt trotz des Todesfalls vor zwei Jahren, denn noch hatte Myrtes Geist sich nicht häuslich hier niedergelassen. Zumindest hatte Hermine nichts über den Geist der toten Schülerin gehört und sie war sich sicher, dass man darüber getratscht hätte, wenn Myrte in der Toilette aufgetaucht wäre.

Frustriert ließ Hermine von der Tür ab und überlegte was sie jetzt tun sollte. Hier auf dem Gang fühlte sie sich schutzlos ausgeliefert. Sie war unsicher, ob sie warten sollte bis Blaise wieder aus der Kammer des Schreckens auftauchte, aber er war ihr einziger Verbündeter in dieser Sache und sie brauchte ihn dringender als zuvor, denn alleine konnte sie das einfach nie durchstehen. Und Blaise wollte das Gleiche wie sie. Rons Tod verhindern. Auch wenn sie nie vergessen würde, was er getan hatte, war er der Einzige, der ihr jetzt helfen konnte.

Hermine entschied, dass sie nicht länger hier auf dem Korridor warten konnte und ein Teil von ihr machte sich Sorgen um Blaise, den sie erinnerte sich daran wie es gewesen war ein Horkrux zu zerstören und es sah danach aus als hätte er sogar beide zerstört. Es musste ihn viel Kraft gekostet haben der schwarzen Magie zu widerstehen.

Die Tür aufzusprengen war möglicherweise nicht die beste Idee, denn es würde sicher ein Haufen Leute auf den Plan rufen, doch ihr fiel nichts Besseres ein, um in das Klo zu gelangen.

Doch bevor sie den Zauber ausführen konnte, wurde die Tür plötzlich aufgerissen. Ihr gegenüber stand aber nicht Blaise, den sie erwartet hatte zu sehen, sondern es war Lestrange.

Er war genauso überrascht sie zu sehen wie sie ihn, denn er stoppte augenblicklich. Aber Hermine hatte keine Zeit sich mit dem plötzlichen Auftauchen von Lestrange zu beschäftigen und sich zu fragen warum ausgerechnet der Slytherin hier war, denn sie erkannte hinter ihm Blaise, der blutend am Boden lag. Sie stürmte an Lestrange vorbei.
 

„Blaise“, rief Hermine entsetzt und ließ sich neben ihm zu Boden fallen, während sie seine Wunden untersuchte. Er war kaum noch bei Bewusstsein. Er durfte sie jetzt nicht im Stich lassen. Er konnte sie hier nicht alleine lassen. Sie konnte nicht noch mehr Menschen verlieren.

„Blaise wach auf“, flehte sie ihn dieses Mal an, doch er hatte die Augen geschlossen und es sah aus, als würde er endgültig das Bewusstsein verlieren. Sie hatte ihren Zauberstab noch in der Hand und kümmerte sich gleich darum seine Wunden zu schließen. Der Basilisk konnte sie ihm nicht zugefügt haben, denn sonst wäre Blaise schon längst durch das Gift in seinem Körper getötet worden. Außerdem hielt er in der einen Hand noch immer einen Basiliskenzahn fest umklammert. Diese Wunden waren von einem Fluch verursacht worden.

Lestrange hatte die Klotür wieder verschlossen und war an sie herangetreten. Hermine wollte sich wütend zu ihm umdrehen. Was hatte er Blaise angetan? Sie wäre am liebsten aufgesprungen und hätte ihm einen Fluch verpasst, doch Blaise brauchte sie jetzt. Langsam verschlossen sich die Wunden wieder und sie konnte dadurch endlich die Blutung stoppen. Lestrange hatte immer noch nichts gesagt und auch nichts gegen sie unternommen, sondern er stand sonderbar still und blass neben ihr. Hermine fragte sich immer mehr was vorgefallen sein musste, während sie in Riddles Zimmer festsaß.

„Hey Lestrange was ist passiert?“, sprach sie ihn an und er schien erschrocken wieder aus seinen Gedanken aufzuwachen und sich wieder bewusst zu sein wo er sich hier befand. Doch dann verlor sich sein Blick wieder und erst jetzt erkannte Hermine, dass Lestrange mehr wie eine willenlose Puppe wirkte. Alles was den Slytherin sonst ausmachte schien wie fort geblasen zu sein. Sie musste sich widerstehen nicht mit der Hand vor seinen Augen herumzuwedeln, denn sie wusste längst, dass Lestrange unter dem Imperiusfluch stand. Nur warum?

Plötzlich hustete Blaise und sie wand sich wieder ihm zu. Er hatte die Augen aufgeschlagen und sah sie an als wäre sie eine Erscheinung, die ihm sein Kopf vorgaukelte.

„Bin ich tot?“, war seine erste Frage und Hermine hätte fast lachen müssen, wäre die Situation nicht so verdammt ernst gewesen.

„Nein bist du nicht. Ich hab deinen Heuler bekommen“, erwiderte sie. Doch sie wusste nicht was sie noch sagen sollte. Sie war erleichtert, dass Blaise noch am Leben war, aber es war immer noch nicht einfach für sie mit ihm zu reden ohne dabei Rons Gesicht vor Augen zu haben. Sie sah unsicher zur Seite und auch Blaise schwieg, während er sich langsam in eine sitzende Position hocharbeitete.

„Du hättest ruhig erwähnen können, dass ein Horkrux zu zerstören sich so scheiße anfühlt“, sagte er ohne weiter nachzufragen was sie zu seiner Geschichte sagte.

„Du hast es also wirklich getan?“, fragte Hermine nach, obwohl sie die Antwort schon längst kannte. Sie brauchte nur eine Bestätigung um es wirklich glauben zu können.

Blaise zog aus der Tasche seines Umhangs das durchbohrte Tagebuch und den in zwei Hälften zerbrochenen Ring hervor und gab ihr beides als Beweis. Hermine wusste nicht was sie sagen sollte. Das hier war ihr Plan gewesen. Es war seltsam ihn jetzt ausgeführt zu sehen.

„Was ist mit Lestrange?“, fragte sie Blaise, den er musste derjenige gewesen sein, der den Slytherin unter den Imperiusfluch gesetzt hatte.

„Er spricht Parsel“, erklärte Blaise und zuckte mit den Schultern, was er im nächsten Augenblick zu bereuen schien, denn er verzog schmerzerfüllt das Gesicht.

„Hat er dir diese Wunden hinzugefügt?“, fragte Hermine weiter.

Blaise schüttelte den Kopf und eigentlich hätte sie sich denken können, wer dafür zuständig gewesen war. Das letzte Mal hatte sie Blaise auf dem Astronomieturm gesehen. Riddle hatte Mulciber und Lestrange den Befehl gegeben sich um ihn zu kümmern. Was danach passiert war konnte sie sich nur ausmalen, aber bei Riddle konnte sie sich denken, was er damit gemeint hat.

„Du bist ein dämlicher Idiot“, warf sie ihrem angeblichen Bruder an den Kopf. „Wie konntest du mit diesen Verletzungen in die Kammer des Schreckens gehen und dich einem Basilisken entgegenstellen?! Du bist wirklich lebensmüde!“

Die Tränen rannen über ihr Gesicht und ihr wurde bewusst, wie erleichtert sie eigentlich war, dass Blaise noch an ihrer Seite war. Sie fiel ihm um den Hals. Überrascht über ihren plötzlichen Gefühlsausbruch erwiderte er ihre Umarmung. Sie konnte seine Unsicherheit aber auch seine Erleichterung förmlich spüren.

„Ich hab mir Sorgen um dich gemacht. Ich dachte, dass Riddle dir etwas getan hat. Ich musste einfach etwas unternehmen. Ich musste dich da rausholen“, murmelte Blaise in ihr Haar.

„Er hat mir nichts getan“, beschwichtigte Hermine ihn und löste sich dann von Blaise. „Aber wir müssen ihn töten.“

Zwischen ihnen war immer noch so viel Ungesagtes, aber das konnte warten. Sie hatten jetzt Wichtigeres zu tun und die Zeit lief ihnen davon.
 

Hermine bestand darauf Lestrange mitzunehmen, als sie sich mit Blaise in den Raum der Wünsche zurückzog, wo sie erst einmal in Sicherheit sein sollten. Wenn Riddle herausfand, dass seine rechte Hand unwissentlich an der Zerstörung seiner Horkruxe beteiligt war, würde das sicher furchtbare Konsequenzen mit sich ziehen und sie wollte nicht daran schuld sein, dass dem Slytherin etwas passierte, da sie ihn doch ein wenig in ihr Herz geschlossen hatte. Außerdem konnte sie den geschwächten Blaise nicht tragen und vor allem nicht beschützen, wenn es auf dem Weg zum Kampf kam. Es widerstrebte ihr zwar dafür einen unverzeihlichen Fluch zu nutzen, doch sie konnte jetzt einfach nichts riskieren. Die Gänge waren noch leer und immer noch schien Riddle nicht hinter ihr her zu sein, was sie nicht beruhigte, sondern in eine noch größere Alarmbereitschaft versetzte. Sie erreichte den Raum der Wünsche, doch nicht einmal hier wagte Hermine es aufzuatmen. Sie war viel zu angespannt. Lestrange legte Blaise auf einem Sofa ab. Danach versetzte Hermine den Slytherin in eine Art komatösen Schlaf, sodass er nichts um sich herum mitbekam und sie sich in Ruhe besprechen konnten, denn wer wusste wie viel Zeit ihnen dafür noch blieb. Hermine setzte sich auf die äußerste Ecke des Sofa auf dem Blaise lag, Sie wollte nicht alleine in diesem Moment sein, aber sie konnte nicht zur Normalität zurückkehren und tun als sei nichts zwischen ihnen vorgefallen.

„Ich mach es“, sagte Blaise mehr zum Kissen als in ihr Gesicht. „Du musst nichts damit zu tun haben. Ich töte ihn und bringe es zu Ende!“

„Du machst erst einmal gar nichts. In diesem Zustand bleibst du hier liegen“, entgegnete Hermine.

Sie wollte eigentlich gar nicht über den letzten Schritt ihres Planes reden. Es war alles plötzlich so schnell gegangen und jetzt hatte sie keine Zeit mehr alles auszudiskutieren. Sobald sie diesen Raum verließen, konnte ein Tornado auf sie zurollen. War es da wichtig wer von ihnen beiden den Todesfluch sprach? Es konnte sein, dass sie es mit einem ganzen Heer an Todesser aufnehmen mussten. Riddle alleine war schon ein gewagtes Unterfangen, aber ein Riddle mit Unterstützung war ein Ding der Unmöglichkeit.

Hermine fühlte sich alleine bei dem Gedanken so unendlich erschöpft und ausgelaugt. Sie wollte sich wieder stark fühlen. Doch ihr Herz fühlte sich so unendlich schwer an.

Blaise streckte eine Hand nach ihr aus, doch bevor er ihre Schulter berühren konnte, ließ er sie unsicher wieder sinken. Sie musste daran denken wie Riddle sie getröstet hatte, doch kaum tauchte dieser Augenblick vor ihren Augen auf und gab ihr ein sanftes Kribbeln auf der Haut, versuchte Hermine es von sich zu schütteln. Sie durfte daran nicht mehr denken.

„Du liebst ihn oder?“, fragte Blaise und er konnte die Antwort in ihrem Gesicht ablesen, als sie es nicht verhindern konnte zu erröten. „Dann lass es mich tun. Du kannst mir wegen Weasley doch eh nie völlig verzeihen. Ich kann damit leben, wenn du mich für immer hasst, wenn ich Riddle auch noch töte.“ Er schluckte schwer und flüsterte den letzten Teil nur noch. „Ich möchte doch nur, dass du wieder glücklich bist.“

„Ich will aber nicht, dass du das für mich tust!“, fuhr Hermine ihn an. „Ich will nicht…ich…“.

Sie musste sich auf die Lippen beißen, um nicht zu zeigen wie sehr ihr all das hier zu schaffen machte. Sie musste jetzt stark sein. Sie durfte nicht mehr einknicken. Bis zum bitteren Ende musste sie durchhalten. Nur dann würde es die Zukunft geben, die sie sich wünschte.

„Es ist mein Plan. Ich habe die beste Chance an Riddle zu kommen und ich werde es tun“, erwiderte sie mit halbwegs fester Stimme. Es klang noch nicht ganz überzeugend, was sie daran sehen konnte, dass Blaise eine Augenbraue fragend hochzog, aber er sagte nichts mehr zu diesem Thema. Hermine wusste genau, dass er es trotzdem tun würde, wen er nur für einen Augenblick die Chance erhalten würde. Ein Teil von ihr wollte ihn einfach machen lassen. Für sie war es die einfachste Lösung. Sie konnte ihn für den Rest ihres Lebens hassen, weil er ihr beide Liebsten genommen hatte. Doch ein anderer Teil von ihr fürchtete den Verlust von Blaise. Sie wollte ihn nicht missen, noch wollte sie ihn für immer hassen. Sie brauchte ihn.

Nichts davon kam über ihre Lippen. Noch war sie nicht dazu bereit all das laut auszusprechen. Die Frage wer es tun würde, würde sich von ganz alleine auflösen und bis dahin musste darüber nicht mehr gesprochen werden.
 

Hermine stand auf und steuerte auf den Stapel nützlicher Bücher zu. Es gab noch eine andere ungeklärte Frage. Falls außerhalb dieses Raums alles nach Plan verlief und sie es hierher zurückschafften, mussten sie bereit dazu sein nach Hause in ihre Zeit zurückkehren zu können.

Sie griff nach einem Buch aus dem Stapel und setzte sich hin um zu lesen.

Noch konnten sie nicht herausgehen. Nicht solange es Blaise nicht besser ging. Ihr Vorhaben war schon gefährlich genug, da sollten sie besser gut ausgeruht und unverletzt losziehen. Hermine würde am liebsten für immer hier bleiben und wünschte sich fast, dass die Zeit still stand und sie nicht tun musste, was getan werden musste.

Um sich von alldem abzulenken vertiefte sie sich in die Theorien der Zeitreise und bald schwirrte ihr der Kopf vor lauter Hypothesen. Blaise war eingeschlafen und schnarchte leise, während sie darüber nachdachte, was es für Folgen haben würde, in die Zukunft zurückzukehren. Würde sich alles verändert haben? Würde nichts mehr so sein wie in ihren Erinnerungen? Würde sie sich überhaupt an ihre Reise erinnern können? Würde sie wirklich alles zum Besseren verändern oder würde die neue Zukunft noch schlimmer sein?

Diese Fragen spuckten ihr durch den Kopf auch wenn sie wusste, dass es auf all diese Fragen keine Antwort geben würde und Hermine sich diese Fragen nur stellte, um sich einzureden, dass das Risiko zu groß war, dass es schief laufen wurde und sie Riddle umsonst töten würde. Weil ihr Herz schmerzte und sie diesen Schritt nicht gehen wollte. Doch sie sah Ron immer wieder vor ihren Augen sterben. Sie musste dieses Opfer erbringen. Es gab keinen anderen Weg mehr. Sie brauchte sich nichts mehr vormachen. Egal wie hoch das Risiko war, dass es nicht gelang. Sie musste es versuchen. Und sie musste lernen mit ihrer Entscheidung zu leben. Sie wollte nicht mehr schwanken. Sie wollte fest entschlossen sein und zu ihrer alten Stärke zurückkehren. Seit wann war sie so eine Heulsuse, die völlig gelähmt da saß und voller Zweifel nichts unternehmen konnte? Sie war zwar unabsichtlich in der Vergangenheit gelandet, aber sie hatte von Anfang an einen Plan gehabt. Es war nur zuviel Zeit dazwischen verstrichen in der ihr Herz sie von etwas Besserem überzeugen wollte, doch sie war schon immer jemand gewesen, die mehr auf ihren Kopf und dem darin liegenden Wissen vertraut hatte als auf ihr Herz und egal wie sehr sich ihr Herz gerade verkrampfte und sich weigerte, so gab es nur noch diese eine logische Schlussfolgerung, um hoffentlich alles in Ordnung zu bringen.

Hermine schlug das Kapitel mit der Theorie der Parallelwelten auf. In ihrem Kopf wusste sie schon längst, dass sie mit ihrer Reise in die Vergangenheit eine Parallelwelt geschaffen hatte. Sie musste diesen Fakt einfach ignorieren und nicht darüber nachdenken, dass selbst, wenn sie erfolgreich war, es immer eine Welt geben würde, in der Ron sterben würde und sie in die Vergangenheit reisen würde. Anders ließ sich das Paradox der Zeitreise nicht erklären. Es war anders als mit ihrem Zeitumkehrer, wo sie nur die direkte Vergangenheit veränderte hatte und die Auswirkungen nicht so groß gewesen waren. Sie war aber mehr als 50 Jahre in die Vergangenheit gereist und die Auswirkungen dieser Reise mussten mindestens eine Parallelwelt geschaffen haben, um das Kontinuum ihrer eigenen Welt zu gewährleisten, das ihr die Zeitreise ermöglicht hatte. Hermine schüttelte den Kopf, denn sie wollte nicht weiter über Parallelwelten und deren Konsequenzen für ihre Heimkehr nachdenken. Sie legte das Buch zurück auf den Stapel und schaute nach Blaises Wunden. Er schlief immer noch, doch war sein Schlaf unruhig und er schien gegen jemanden in seinem Traum zu kämpfen.

Hermine dachte an ihre eigenen Träume und in Kombination mit dem gerade halb gelesenen Kapitel über Parallelwelten, wurde ihr etwas klar: Zephir war die Konsequenz ihrer Reise in die Vergangenheit. Irgendwie erschien ihr dieser Gedanke korrekt, auch wenn sie keine Beweise für ihre Theorie hatte. Aber in ihrer Welt, der Zukunft, hatte nie jemand von einem Mitschüler Riddles gehört, der ihm in seiner Bosheit in nichts nachstand, vielleicht sogar schlimmer als Riddle war. Sie hatte das Gefühl, dass er ursprünglich nicht existiert hatte. Ergab das überhaupt alles noch Sinn?

Sie lachte leise und blinzelte gegen die Tränen, die plötzlich anfingen über ihr Gesicht zu laufen. Sie spürte einen dicken Kloß im Hals und es überkam sie wie eine Welle das Gefühl niemals wieder nach Hause zu kommen. Irgendwie fühlte sich alles auf einmal endgültig an. Sie konnte nicht sagen, wo dieses Gefühl plötzlich herkam. Vielleicht lag es daran, dass sie in der Hinterecke ihrer Kopfes angefangen hatte über die Möglichkeiten von Parallelwelten nachzudenken oder daran, dass sie durch ihren Traum, den sie erst gestern geträumt hatte, der ihr aber schon lang zurückliegend vorkam, eine schwere Entscheidung getroffen hatte und sie damit aber völlig unglücklich war. Es schien alles mit diesem Tag zu Ende zu gehen. Es gab für sie keine glückliche Heimkehr und sie musste sich das eingestehen bevor sie den Raum der Wünsche für immer verlassen würde. Sie war am Ende ihrer Geschichte angelangt.
 

Hermine drängte die Tränen zurück und stoppte die Welle des Schmerzes, die versuchte sie erneut zu überrollen. Sie war eine Kämpferin und sie würde nicht mehr an ihrer Entscheidung zweifeln. Die Zeit des Zweifelns war endgültig vorbei. Sie strich Blaise die Haare aus dem Gesicht und ihre Berührung schien ihn zu beruhigen, denn sein Schlaf wurde sanfter und er entspannte sich merklich. Sie wollte ihn hier nicht zurücklassen, aber sie wollte auch nicht sehen, wie er sich für sie aufopferte. Das hier war ihr Plan und ihre Entscheidung. Hermine wollte sich nicht mehr hinter anderen verstecken und sich selbst aufgeben. Der sprechende Hut hatte sie damals nicht umsonst nach Gryffindor geschickt. Sie war mutig und sie war bereit die Konsequenzen zu tragen.

Die Gryffindor strich Blaise noch einmal über den Kopf. Sie hatte sich wirklich an ihn gewöhnt und ihn trotz allem lieb gewonnen. Alles was sie nun tun würde war nicht mehr nur für ihre Freunde. Es war auch für Blaise und für sie selbst. All dieser Schmerz würde ihnen allen erspart bleiben, wenn sie Riddle tötete. Niemand konnte versprechen, dass damit alles ausgelöscht war und die Zukunft eine bessere sein würde, doch Hermine wollte daran festhalten. In einer Welt hatte sie Ron vielleicht nicht retten können, doch in dieser würde es keinen Krieg geben und Ron würde leben. Alle Toten sollten leben ohne Opfer eines brutalen Krieges zu werden. Harry sollte sein Leben mit seinen Eltern verbringen können. Remus und Tonks sollten ihren Sohn gemeinsam großziehen können. Fred und George würde die Welt mit ihren scherzhaften Zauberartikel begeistern. Hogwarts sollte nicht in tausend Jahren zerstört werden und noch die Heimat für viele Schüler werden. All das konnte sie ermöglichen. Daran musste sie fest glauben.

Hermine atmete noch einmal tief durch und sah ein letztes Mal auf den schlafenden Blaise. Sie würde auch ihm ein besseres Leben ermöglichen. Er würde seine Mutter wieder sehen können und würde in Ruhe seine seelischen Wunden heilen können. Hermine zwang sich zu gehen. Sie ließ auch Lestrange zurück. Blaise würde sich um den Slytherin schon kümmern, wenn er wieder aufwachte. Sie hatte jetzt andere Sorgen. Die Braunhaarige verharrte vor der Tür. Sie wusste nicht, was sie dort draußen erwarten würde. Eigentlich ein normaler Ferientag. Die Schule würde wie leer gefegt sein. An Silvester hatte es nur so ausgesehen, als wären nur ein paar Duzend Schüler in Hogwarts verblieben. Doch von diesen Schüler hatte sie mindestens zwei Feinde: Riddle und Zephir und die wiederum hatten einige ihrer Lakaien, die ebenfalls in den Ferien in Hogwarts verblieben waren. Die Wahrscheinlichkeit auf eine dieser Personen zu treffen schien also deutlich gewachsen zu sein. Andererseits konnte sie es auch schaffen ungesehen durch das Schloss zu kommen ohne auf irgendjemand zu treffen, da sie unmöglich überall sein konnten und sich ihr in den Weg stellen konnten. Doch eigentlich ging es ihr nur um eine Person und sie hatte so eine Ahnung, dass sie ihn trotz allem was geschehen war, in seinem Sessel im Schulsprecherturm finden würde. Sie atmete ein letztes Mal noch durch bevor sie die Tür öffnete und auf den Gang trat.
 

Auf dem Gang war es wie zu erwarten still. Es musste jetzt etwa Mittag sein, wenn ihr Zeitgefühl sie nicht im Stich ließ. Die Wintersonne schien durch eins der Fenster und wärmte ihr ein wenig das Gesicht. Draußen bedeckte Schnee die ganze Landschaft und glitzerte im schwachen Sonnenlicht. Es war ein wunderschöner Anblick, doch leider hatte sie keine Wertschätzung für diesen Ansicht im Augenblick, da ihr Kopf völlig ausgefüllt war von einem anderen Gedanken. Sie wand sich nach links und eilte den Gang hinunter. Ihren Zauberstab hielt sie fest umklammert, da sie fürchtete auf irgendjemand zu treffen, der ihr nicht wohlgesinnt war und sie musste vorbereitet sein für den Moment, wenn sie den Schulsprecherturm betreten würde. Es müsste schnell gehen. Sie durfte Riddle nicht zu Wort kommen lassen. Sie durfte ihm nicht einmal in die Augen sehen, um nicht von seinem Blick gebannt zu werden. Sie umschloss ihren Zauberstab noch fester. Sie konnte es schaffen. Sie musste es schaffen.

Ihre Schritte hallten im Korridor wieder, während sie eiligen Schrittes durch das Schloss lief. Sie wollte jetzt nicht stoppen. Sie wollte nicht mehr innehalten, denn, wenn sie das tat, fürchtete sie den Mut zu verlieren und wiederumkehren zu wollen. Nein, sie durfte jetzt nicht umdrehen. Es ging nur noch geradeaus weiter. Direkt auf ihr Ziel zu. Doch leider war das nicht so leicht wie gedacht.

Plötzlich traten ihr zwei Gestalten in den Weg. Alrisha und Nashira Yaxley. Die beiden Blondinnen hatten Hermine gerade noch gefehlt.

„Du“, drohte Alrisha ihr mit dem Zauberstab. „Jetzt haben wir dich!“

Wusste die zwei was mit Riddle war? Hatte er die beiden losgeschickt, um sie zu finden? Hermine war für einen Augenblick verunsichert, was die zwei von ihr wollten, doch das wurde schnell beantwortet.

„Calice, wir haben dich gewarnt. Halte dich von Riddle fern!“, schnauzte Nashira sie an und fuchtelte wild mit ihrem Zauberstab in der Luft. Hermine hätte vor Erleichterung beinahe gelacht. Die Welt war immer noch normal. Riddles Fanclub konnte sie nicht leiden und die einzige Sorge der beiden Yaxley-Schwestern war, dass sie in ihren Augen eine Rivalin um die Gunst von Riddle war und deshalb aus dem Weg musste.

„Warum? Stört es euch, dass er sich für mich interessiert?“, stichelte Hermine zurück. „Ihr himmelt ihr ihn ja nur aus der Ferne an, da könnt ihr lange warten bis er euch mal bemerkt.“

„Expulso“, brüllte Alrisha wutentbrannt. Hermine wehrte den Fluch mit einem ungesagten Schutzzauber ab und feuerte selbst einen Beinklammerfluch ab auf Alrisha ab, die sich aber im letzten Augenblick verteidigen konnte. Im selben Augenblick ging auch Nashira in den Angriff, sodass Hermine sich konzentrieren musste, um beide Gegnerinnen zeitgleich im Schach zu halten. Es entspannte sich ein Geflecht aus vielfarbigen Blitzen, die hin und her geschleudert wurden. Hermine sehnte sich in so einem Augenblick wieder Harry und Ron herbei, die ihr den Rücken freihalten konnten und eh viel besser in Zauberduellen waren als sie selbst. Dennoch hatte die Jahre voller Abenteuer gemeinsam mit den zwei sie gelernt, wie es war in richtigen Duellen zu kämpfen, in denen es um Leben und Tod ging und wo man keine zweite Chance erhielt. Diese Erfahrungen hatten die Yaxley-Schwestern nicht und so gelang es Hermine nach einigen Minuten als erstes Nashira zu besiegen, die nicht schnell genug war und von einem Körperklammerfluch getroffen wurde.
 

Jetzt waren es nur noch Alrisha und Hermine. Die Slytherin war noch wutentbrannter als zuvor und spuckte vor Hermine auf den Fußboden.

„Du bist ein Niemand. Eine Ausländerin. Wer will sich schon mit dir abgeben“, zischte sie. „Riddle will doch in Wahrheit nichts von dir. Du bist doch nur sein Spielzeug.“

Hermine trafen diese Worte mehr als sie zugegeben hätte. Sie wollte nicht an Riddle denken, der nun wirklich nichts mehr von ihr wollte außer ihren Tod vielleicht noch. Die Braunhaarige schnaubte.

„Und warum glaubst du, dass er nicht nur mein Spielzeug ist?!“, fauchte sie zurück. „Er ist doch nur interessant, weil er der geheimnisvolle, gut aussehende Typ ist, der niemanden an sich ranlässt. Und er hat mich an sich rangelassen und soll ich dir etwas sagen?! Hinter dieser Fassade war nichts Interessantes. Nichts Liebenswertes!“ Hermine holte tief Luft und fuhr fort. „Er ist ein Egoist, der sich nur um sich selbst kümmert und der kein Funken Liebe in sich hat. Er ist einfach nur psychisch krank.“

Sie redete sich in Rage und versuchte gar nicht so sehr Alrisha davon zu überzeugen, dass Riddle ein schlechter Mensch war, sondern viel mehr sich selbst.

„Meinst du es interessiert ihn die Bohne, dass du ihn magst?! Er weiß doch nicht einmal wie du heißt und wenn er dich mal anspricht, dann doch nur um dich zu benutzen. Er hat keine Freunde, weil er nicht einmal weiß was das ist. So jemand ist doch nur verabscheuungswürdig. So jemanden möchte ich nicht meinen Leben und ich rate dir auch davon ab. Halte dich fern von Riddle. Er wird dir nur wehtun und du wirst leiden, weil du ihn liebst, aber er deine Gefühle nicht erwidert. Er wird dich nie verstehen und du wirst ihn auch nie verstehen! Also lass mich in Ruhe mit deinem Geheule und such dir wen besseres, der dich auch verdient hat!“

Stille senkte sich über den Flur als Hermine geendet hatte. Alrisha sah sie völlig erstaunt an und wusste auf diesen Wortschwall erstmal nichts zu erwidern. Nashira lag immer noch am Boden, doch langsam löste sich der Körperklammerfluch.

Hermine hatte keine Zeit mehr zu verschwenden. Jetzt hatte sie sich hochgeschaukelt und war wirklich in der Stimmung um Riddle gegenüber zu treten. Sie stampfte an den beiden Schwestern vorbei und lief den Gang hinunter. Doch weit kam sie nicht, denn ein weiteres Mal wurde ihr der Weg versperrt. Wieder einmal trat ihr ein Mädchen entgegen. Auch gegen sie hatte sich Hermine schon duelliert. Sie hatte einmal Eileen gemocht, doch das war längst in der Vergangenheit. Mit Vernunft war der sturen Dunkelhaarigen nicht mehr beizukommen, denn dafür war sie längst schon viel zu verbittert und von Hass zerfressen. Hermine konnte es aber nicht unversucht lassen wenigstens einmal mit ihr zu reden.

„Eileen, lass mich gehen. Ich werde Riddle töten“ Doch statt beiseite zu treten oder zumindest überrascht der Wortwahl wegen überrascht zu sein, grinste Eileen nur hämisch.

„Oh ist das so? Mich würde ja wirklich brennend das Warum interessieren. Also lass uns doch kurz einmal darüber plaudern.“

Und bevor Hermine noch etwas erwidern konnte, traf von hinten sie ein Fluch und alles wurde schwarz.

Enlightment

Dienstag, Januar 02, 1945

 

2:46 P.M.

 

Hermines Kopf dröhnte als sie wieder zu Bewusstsein kam. Sie musste mit dem Kopf auf den harten Boden aufgeschlagen sein. Sie erinnerte sich an Eileens hämisches Grinsen und dann war da nichts mehr gewesen. Jemand musste hinter ihr gewesen sein und sie hatte es nicht bemerkt. Sie ärgerte sich über ihre eigene Unvorsichtigkeit, denn schließlich war sie darauf vorbereitet gewesen, dass ihr von allen Seiten Gefahr drohte. Ihr Zorn auf Riddle war wieder erloschen und stattdessen sah sie sich, als sie die Augen aufschlug, Zephir gegenüber.

Schnell ließ sie ihren Blick schweifen um zu wissen wo sie war und wie lange sie bewusstlos gewesen war. Auf die erste Frage fand sie schnell eine Antwort, denn es roch nach kaltem Stein und abgestandener Luft und das kleine Licht in der Mitte des Raumes reichte aus, um zu erkennen, dass sie in einem der Keller von Hogwarts war. Sie hätte gedacht, dass Zephir sich nicht ins Revier der Schlangen zurückziehen würde. In ihrem letzten Traum hatte sie ihn auf einem Turm gesehen und irgendwie hätte sie erwartet, dass sie genau wie in ihrem Traum gefesselt am Astronomieturm baumeln und Zephir sie vor die Wahl stellen würde. Hermine schallte sich eine Närrin. Nur weil sie ihre Träume so wichtig nahm, hatte sie noch lange nicht die Fähigkeit erlangt, in ihren Träumen die Zukunft vorherzusehen. Außerdem glaubte sie nicht an Vorhersagen. Aus diesem Grund hatte sie schließlich in ihrem dritten Jahr Wahrsagen als einziges Fach hingeschmissen. All diese Gedanken schossen ihr durch den Kopf, als sie sich langsam aufrichtete, während Zephir an einem Tisch gelehnt ihr dabei zusah. Eileen war nicht zu sehen und auch sonst war niemand in dem Raum. Hermine tastete nach ihren Zauberstab, aber natürlich war er nicht mehr dort.

„Na Prinzessin ausgeschlafen?“

Hermine funkelte ihn wütend an. So durfte sie nur Lestrange nennen und selbst ihm nahm sie das noch böse. Sie wollte nicht auf dem Boden kauern und richtete sich ruckartig auf, doch sofort packte sie der Schwindel und alles verschwamm vor ihren Augen. Sie griff blind nach der Wand hinter ihr, doch fand ihre Hand nicht was sie suchte. Stattdessen spürte sie einen starken Griff an ihrem Arm. Hermine versuchte sich loszureißen, doch Zephir hielt sie fest. Langsam kehrte ihre Sicht wieder zurück. Die Angst packte sie wie bei ihrer letzten Begegnung mit Zephir und sie tat ihr Bestes um das Zittern zu unterdrücken.

„Angst Prinzessin?“, flüsterte Zephir in ihr Ohr. „Warum denn?“

„Was willst du von mir?!“, entgegnete Hermine und schrie dabei fast. Sie musste sich wieder unter Kontrolle bekommen. Es konnte einfach nicht sein, dass ihr Zephir so viel Furcht einjagte. Sie hatte sich schon in viel schrecklicheren Situationen befunden. Als sie von Bellatrix gefoltert worden war, hatte sie Todesängste ausgestanden und es dennoch überlebt. Sie versuchte Zephir wütend anzufunkeln, doch er grinste nur fies zurück.

„Ich habe gehört du willst Riddle töten“, entgegnete Zephir auf ihre Frage. „Das erscheint mir seltsam, denn selbst ein Blinder kann sehen, dass du Gefühle für ihn hast. Deine Gefühle für ihn sind natürlich bedauernswert, aber wegen eines gebrochenen Herzens bringt man doch niemanden gleich um. Also würde mich wirklich brennend interessieren, wie es kommt, dass du Riddle töten willst.“

Hermine biss sich auf die Lippe. Sie hatte das nur zu Eileen gesagt, in der Hoffnung sie würde sie ziehen lassen und keinen weiteren Gedanken daran verschwendet, was sie antworten sollte, wenn sie jemand nach dem „Warum“ fragte, denn eigentlich sollte sie Riddle längst getötet haben und zurück in ihrer Zeit sein.

„Na schön. Ja, er hat mir das Herz gebrochen. Ich war wütend und da ist mir das herausgerutscht“, verteidigte sich Hermine.

„Ich glaube dir kein Wort. Du verschweigst etwas seit du hierher gekommen bist und ich denke es wird Zeit, dass ich die Wahrheit von dir erfahre.“

Ihr fiel jetzt das Glas mit einer durchsichtigen Flüssigkeit auf, das auf dem Tisch stand. Es musste hinter Zephir verborgen gewesen sein, doch dadurch, dass er ihr zur Hilfe gekommen war, war es nun zu erkennen. Falls der Ravenclaw auf den Überraschungsmoment gehofft hatte, um ihr Veritaserum zu verabreichen, hatte er diesen Augenblick längst verspielt. Das Wahrheitsserum würde sie nun bekämpfen können, da sie wusste, was auf sie zukam. Ihrem trockenen Mund nach zu urteilen und der Tatsache, dass sie sich noch ganz als Herr ihrer Zunge betrachtete, ging sie davon aus, dass er ihr auch nichts verabreicht hatte, als sie noch bewusstlos gewesen war.

Zephir folgte ihrem Blick zum Glas. „Oh, keine Sorge. Eileen hat es mir gebracht, aber wo bliebe der ganze Spaß, wenn du mir alles so einfach erzählen würdest. Nein, nein, ich habe es nicht eilig. Wir haben alle Zeit der Welt, um dir jedes deiner Geheimnisse zu entlocken“.

Der irre Blick in seinen Augen versetzte Hermine zurück nach Malfoy’s Manor, als sie hilflos Bellatrix ausgeliefert gewesen war. Sie konnte es nicht verhindern, dass ihr Tränen in die Augen stiegen bei der Erinnerung an die Schmerzen und Ängste, die sie dort ausgestanden hatte. Nicht schon wieder. Sie blinzelte die Tränen fort und kämpfte gegen Zephirs Griff. Er packte nur noch härter zu und ein leiser Schmerzensschrei entwich ihrer Kehle.

 

„Eileen hat mir erzählt, dass du deinen Geliebten in Frankreich verloren hast. Wie wäre es wenn wir damit anfangen, warum du hierher gekommen bist? Möchtest du mir darüber nicht etwas erzählen?“ Seine Stimme klang freundlich und einfach nur neugierig, doch Hermine sah den durchdringenden Blick mit dem er sie musterte und dann spürte sie es. Es fühlte sich an, als würde jemand ihren Kopf mit Gewalt aufbrechen. Sie musste dagegen ankämpfen. Sie dachte daran, wie sie immer mit Harry geschimpft hatte, wenn er sich mit den Okklumentikstunden bei Professor Snape nicht genug anstrengt hatte. Wie oft hatte sie ihm damit in den Ohren gelegen, dass er seinen Kopf frei von allen Gedanken machen sollte, um Voldemort aus seinem Kopf herauszuhalten. Sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass Harry es einfach nicht tat, weil er Professor Snape gehasst hatte. Dass es ihm gefiel, die Möglichkeit zu haben, an Voldemorts Gedanken teil zu haben. Doch jetzt wusste sie, dass Harry ihr nie erzählt hatte, wie grauenvoll seine Unterrichtsstunden gewesen sein musste und warum es ihm durch die Anstrengung immer schwerer gefallen war sich vor Voldemort zu verschließen.

Der Schmerz in ihrem Kopf explodierte und sie sah Erinnerungen in schneller Abfolge an ihr vorbeirasen. Da waren Harry und Ron, die mit ihr zusammen lachten und im Gemeinschaftsraum der Gryffindors saßen nachdem sie dem Troll im ersten Jahr entkommen war. Ihre Eltern, die sich nicht mehr an sie erinnerten. Die Toten der Schlacht in der Großen Halle. Ginny, die weinte und die sie in den Arm nahm. Blaise als Todesser, der ihr gegenüberstand. Gleich würde sie wieder miterleben müssen, wie Ron starb. Hermine kämpfte verbissen und sie hatte das Gefühl langsam Zephir aus ihrem Kopf zurückzudrängen. Plötzlich ließ der Schmerz in ihrem Kopf nach und sie zitterte am ganzen Körper. Zephir lockerte seinen Griff ein wenig, während er sie nachdenklich ansah. Er hatte viel zu viel gesehen, doch wusste er die Puzzlestücke richtig zusammenzusetzen?

Hermine fühlte sich völlig schwach und ausgelaugt, obwohl nicht einmal eine Minute vergangen war. Jetzt wünschte sie sich beinahe, dass sie doch das Veritaserum verabreicht hätte bekommen. Das wäre schmerzloser gewesen. Dann schoss ihr die Erkenntnis durch den Kopf. Das Veritaserum war ihre Chance. Sie musste nur von Zephir loskommen. Doch genau in diesem Augenblick verstärkte sich sein Griff wieder.

„Interessant“, sagte er nur leise zu sich selbst. „Du warst schon mal in Hogwarts. War das etwa der Gemeinschaftsraum der Gryffindors, den ich dort gesehen habe? Wirklich erstaunlich für jemanden, der angeblich aus Frankreich kommt und noch nie vorher in Hogwarts gewesen ist.“

„Ach“, entgegnete die Braunhaarige mit soviel Verachtung in ihrer Stimme, wie sie noch aufbringen konnte. „Sagt jemand, der noch nie in Beauxbatons war?! Was weißt du schon von meinem Leben?!“

Zephir lachte laut auf und schüttelte dann den Kopf. „Du willst also spielen? Dann lass uns spielen. Je länger du gegen mich kämpfst, desto mehr Spaß wird es sein dich endgültig zu brechen.“

Und bevor Hermine die Chance hatte etwas zu erwidern, explodierte der Schmerz in ihrem Kopf wieder. Sie keuchte und versuchte sich zu wehren. Sie dachte verzweifelt an den Inhalt des ersten Buches, das ihr einfiel. In ihrem Kopf ging sie Satz für Satz die Märchen von Beedle den Barden durch und versuchte alle anderen Gedanken aus ihrem Kopf zu bannen. Das klappte für einen Augenblick, doch dann ging ihr das Märchen von den drei Brüdern durch den Kopf, da es das Märchen war mit dem sie sich am meisten beschäftigt hatte und damit kehrten Harry und Ron wieder zurück und Erinnerungen von den beiden tauchten vor ihrem geistigen Auge auf. Sie versuchte ihren Kopf wieder zu leeren bevor Zephir zuviel sah, doch die unvorstellbaren Schmerzen, die sie durchlitt, machten es ihr unmöglich, ihren Kopf leer zu fegen. Wieder gelangte sie zu der Szene, in der sie Blaise gegenüberstand. Sie sah den Todesfluch und war bewegungslos. Wieder brach Ron über ihr zusammen und wieder war sie gelähmt vor Schmerz und Trauer. Dann die Wut und der Rachewunsch. Weiter durfte Zephir nicht gehen. Sie kämpfte verbissen gegen den Erinnerungsstrom. Nein, er durfte auf keinen Fall sehen, wie sie hierher gekommen war. Er hatte schon viel zu viel gesehen. Sie hörte entfernt sich selbst schreien und flehen. Die Schmerzen waren unerträglich. Gleich würde sie wieder das Bewusstsein verlieren. Sie ertrug nicht die körperlichen und seelischen Schmerzen, die Zephir ihr zufügte. Sie suchte verzweifelt nach einem Anker, an den sie sich klammern konnte, um nicht von den Erinnerungen fortgeströmt zu werden und da tauchte ein Bild auf. Riddle, der friedlich auf dem Sofa schlief. Riddle, der beinahe lächelte. Riddle, der dieses verräterische Funkeln in den Augen hatte.

Zephir schnaubte und ließ sie angewidert los. Er trat einen Schritt zurück und verzog das schöne Gesicht zu einer hässlichen Grimasse.

„Was findest du nur an dem?!“, spuckte er ihr förmlich entgegen. „Du hättest an meiner Seite stehen können. Du kannst immer noch an meiner Seite stehen. Lass diesen Idioten sein. Wir wären ein atemberaubendes Paar. Du mit deiner schwarzmagischen Herkunft wärst perfekt für meinen Plan. Aber nein, du willst Riddle diesen weichherzigen Trottel.“

Er schauderte bei dem Gedanken an Riddle und sah aus, als würde er im nächsten Augenblick sie packen und sie solange schütteln bis er alle Gedanken an Riddle aus ihr herausgeschüttelt hatte. Plötzlich begriff Hermine, dass Zephir nie an ihr als Person interessiert gewesen. Statt Riddle mit den Gerüchten über ihre schwarzmagische Herkunft zu ködern, hatte Zephir angebissen. Sie wusste immer noch nicht warum, aber jetzt da er sie nicht mehr festhielt und von seinem Hass auf Riddle abgelenkt schien, sah sie ihre Chance zum Gegenschlag gekommen. Sie rappelte sich so schnell sie konnte auf und stürzte auf den Tisch zu. Zephir überrumpelt, war eine Sekunde zu langsam bevor er sie packen konnte, hatte sie schon das Glas mit Veritaserum in der Hand. Sie hatte nur diese eine Chance. Mit einer Geschwindigkeit, die sie sich gar nicht zugetraute hatte, wirbelt sie herum und schüttete die Flüssigkeit direkt in Zephirs Gesicht.

 

Der Ravenclaw hatte vor Überraschung den Mund geöffnet, vermutlich um einen Fluch auf sie loszulassen, doch das war genau das was sie brauchte. Drei Tropfen würden genügen, dachte Hermine sich, während sie sah, wie die Flüssigkeit über Zephirs Mund lief. Nur drei Tropfen. Gebannt starrte sie auf seinen Mund. Nur drei Tropfen. Es schien eine Ewigkeit in dieser einzelnen Sekunde zu vergehen bevor Zephir sie packte und sein Mund sich schloss. Doch sein Gesichtsausdruck wurde ausdrucksloser und sein Griff war nicht mehr so stark wie vorher. Veritaserum würde Zephir zwar nicht außer Gefecht setzen, aber durch den überraschten Angriff würde er sich zumindest nicht mehr gegen ihre Fragen wehren können. Was aber nicht bedeutete, dass er nicht noch auf sie losgehen konnte. Sie entriss sich seinem Griff und brachte den Tisch zwischen sich und dem Ravenclaw bevor sie die Frage stellte, die ihr schon so lange auf dem Herzen lag.

„Ich will die Wahrheit wissen. Was ist zwischen dir und Riddle passiert?“

Zephirs Gesicht verzog sich wieder zu der widerlichen Grimasse, die die Erwähnung von Riddle mit sich brachte. Er atmete schwer und presste seine Lippen fest aufeinander, als wollte er verhindern, dass er sprach, doch es war nur eine Frage bis er nicht mehr Herr über seinen Mund war. Sein Blick wurde von Sekunde zu Sekunde leerer bis Hermine sicher war, dass er genug Veritaserum geschluckt hatte, um ihr jede Frage zu beantworten. Sie wiederholte ihre Frage.

„Riddle und ich?“, begann Zephir. „Wir waren uns so ähnlich. Beide besessen von der Frage, wo wir herkamen, fest davon überzeugt, dass unsere Väter große Zauberer gewesen sein mussten. Das sie aus irgendeinem Grund nicht für uns hätte sorgen können. Ich traf Riddle das erste Mal im Pokalzimmer, wo er die alle Pokale und Medaillen nach dem Namen seines Vaters absuchte. Er wollte es vor mir verstecken, doch ich verstand ihn. Auch mich hatte es in diesen Raum getrieben auf der Suche nach meiner Familie.“

Zephir schien gedankenverloren in die Ferne zu starren und in Erinnerungen zu schwelgen. Sophie hatte mit ihren Nachforschungen also Recht behalten. Riddle und Zephir hatten sich gemeinsam auf die Suche nach ihrer Herkunft begeben. Sie konnte sich die zwei elfjährigen Jungen vorstellen, die gemeinsam die Pokale absuchten und die Bücher wälzten, um endlich auf die Namen zu stoßen, die sie so sehnsüchtig suchten.

„Ihr habt euch also im Pokalzimmer getroffen. Und was ist dann passiert? Was habt ihr gefunden?“, fragte Hermine begierig darauf endlich die ganze Geschichte zu erfahren.

„Riddle hatte es einfacher als ich, da er wusste, dass er nach seinem Vater und seinem Großvater benannt worden war. Ich dagegen hatte nur den Nachnamen meines Vaters. Wir suchten und suchten, doch wir fanden weder ein Riddle noch einen Cavill in den Schülerlisten. Wir waren enttäuscht und dem Aufgeben nahe. Riddle folgte daraufhin einer neuen Spur. Er hatte längst herausgefunden, dass Salazar Slytherin ein Parselmund wie er gewesen war. Besessen von der Idee, ein Nachfahr von Slytherin zu sein, begann er dessen Stammbaum nachzuvollziehen. Ich dagegen musste mir eingestehen, dass ich keiner weiteren Spur folgen konnte. Es gab niemand mit dem Namen Cavill, der je in Hogwarts studiert hatte. Ich suchte nach allen Zephirs in der Hoffnung wie Riddle nach meinem Vater oder Großvater benannt worden zu sein, doch die wenigen, die diesen Namen trugen, waren vor langer Zeit verstorben und von keinem schien ein Weg zu mir zu führen. Ich war ein Niemand.“

Hermine spürte Mitleid in sich aufwallen. Sie konnte sich nicht in die Lage versetzten nicht zu wissen wer ihre Eltern waren, aber sie konnte genug Fantasie aufbringen, um sich vorzustellen, dass das Nichtwissen einen verzweifeln lassen konnte.

„Aber du hattest doch eine dich liebende Familie, die dich adoptier hat, oder nicht?“

„Wenn interessieren schon diese Heuchler? Sie haben mich nur aufgenommen, weil es gerade schick war in ihrem durchlauchten Kreise sich um Bedürftige zu kümmern. Und was war schon großartiger als selbst ein Waisenkind zu adoptieren und ihm ein besseres Leben zu ermöglichen?! Ich war nur ein Mittel, um sich unter ihren so genannten Freunden abheben zu können. Als der Brief aus Hogwarts kam und ich endlich wusste, dass ich etwas Besonderes war, dass meine Eltern etwas Besonderes gewesen sein mussten, war ich froh dieser Familie aus Heuchlern zu entfliehen. Ich würde endlich herausfinden, wer ich wirklich war und meine Vergangenheit hinter mich lassen.“

Die Ähnlichkeit zwischen Riddle und Zephir war so hervorstechend. Hermine konnte sich kaum diesem Gedanken entziehen, dass sie das Gefühl hatte gerade fast exakt dieselbe Geschichte zu hören, wie die, die ihr Harry über Riddles Vergangenheit erzählt hatte.

„Was ist zwischen dir und Riddle passiert?“, griff sie ihre ursprüngliche Frage wieder auf. „Woran ist eure Freundschaft zerbrochen?“

„Wir waren nie Freunde“, fuhr Zephir mit matter, monotoner Stimme fort. „Wir waren Rivalen. Immer deutlich wurde unsere Rivalität. Wir waren ehrgeizig, wollten uns beide beweisen und wir waren talentierter als der Rest unseres Jahrgangs. Wir versuchten einander zu übertrumpfen, wo es nur ging und distanzierten uns immer weiter voneinander.“

„Aber ihr hasst euch so sehr. Da muss doch mehr als nur Rivalität hinter stecken. Warum hasst du Riddle so sehr?“

Zephir zuckte mit den Augen und sein Gesichtsausdruck begann sich wieder zu einer Grimasse zu verziehen. Lange würde der Trank nicht mehr halten. Zephir begann dagegen anzukämpfen.

„Riddle konnte es nicht lassen mir seinen Fund auf die Nase zu binden. Ich hatte die Suche längst aufgegeben und begann mir eine reinblütige Familie anzudichten, um die Frage nach meiner Herkunft für immer zu unterbinden. Doch Riddle wurde fündig. Er behielt Recht. Er war ein Nachfahr des legendären Salazar Slytherin. Er kam damit direkt zu mir und lachte über mich für meine ausgedachte reinblütige Herkunft. Er belächelt das nur, denn schließlich konnte er auf einen langen Stammbaum von reinblütigen und mächtigen Zauberern zurückblicken. Ich hasste ihn dafür und schwor mir ihn eines Tages zu töten. Ich würde ihm das Leben zur Hölle machen. Ich würde der größte Zauberer aller Zeiten werden und ihn übertriumphen. Niemand würde mehr meine Herkunft belächeln, denn niemand würde mich mehr in Frage stellen. Ich wäre der mächtigste Zauberer.“

 

Hermine begriff auf einmal soviel. Zephir war die Konsequenz ihrer Zeitreise. Dadurch, dass sie in die Vergangenheit mit dem Wissen der Zukunft gereist war hatte sie eine Anomalie geschaffen. Um die Zeitachse aufrecht zu erhalten gab es nun zwei Jungen mit dem Potential Lord Voldemort zu werden. Vielleicht war das der Grund, warum sie nie den Namen Voldemort gehört hatte. Solange sie sich in der Vergangenheit einmischte mussten beide Möglichkeiten bestehen bleiben. Würde sie Riddle ausschalten, würde Zephir seinen Platz annehmen. Er begann bereits damit, weil Riddle Gefühle für sie entwickelt hatte. Je stärker seine Gefühle für sie geworden waren, desto böser war Zephir geworden. Was würde passieren, wenn sie beide auslöschen würde? Würde dann eine dritte Person mit dem Potential für Lord Voldemort auftauchen? Hermine wollte über diese Möglichkeit gar nicht weiter nachdenken. Ihr wurde klar, dass es nicht ausreichte Riddle zu töten und dann in ihre Zeit zurückzukehren. Sie musste auch Zephir aus dem Weg schaffen, um sicher zu gehen, dass nicht er Lord Voldemort wurde. Warum machte ihr die Vergangenheit es nur so schwer? Alles was sie wollte war ihre Liebsten vor Schaden in der Zukunft zu bewahren. Doch dafür musste sie selbst den höchsten Preis zahlen. Sie atmete tief durch. Sie war nicht so weit gekommen, um jetzt aufzugeben. Zwei letzte Fragen hatte sie noch, obwohl Hermine noch tausend andere Fragen durch den Kopf schwirrten, doch dafür hatte sie keine Zeit mehr.

„Wo ist mein Zauberstab?“, war ihre erste Frage. Ohne ihn konnte sie nichts unternehmen, um hier heraus zu kommen.

„In meiner Umhangtasche.“

Hermine umrundete den Tisch und wagte sich wieder an Zephir heran. Der Trank schien ihn noch zu lähmen und er sah sie nur desinteressiert an. Sie griff schnell in seine Umhangtasche und wurde zum Glück sofort fündig. Augenblicklich brachte sie wieder genug Abstand zwischen sich und Zephir, der ihr trotz seiner Geschichte immer noch Angst einflösste.

„Und was erwartet mich außerhalb dieses Kellers?“, war ihre zweite Frage. Sie wollten vorbereitet sein falls Eileen oder welche von Zephirs Anhänger dort draußen auf sie warteten.

„Ich habe Eileen fortgeschickt. Sie ist mit ihrer Eifersucht einfach völlig unbrauchbar. Sie war als Werkzeug zwar nützlich, aber ich wollte nie sie. Ich will dich!“ Die letzten Worte sprach Zephir mit einem solchen Nachdruck, dass Hermine wusste, dass es jetzt nur noch eine Frage von Sekunden war bevor der Trank seine Wirkung endgültig verlieren würde. Sie hatte genug gehört und wussten, dass sie erst einmal hier raus musste. Doch Zephir war dichter an der Tür dran und sie hatte nicht daran gedacht ihm seinen Zauberstab abzunehmen. Hermine atmete tief durch und durchquerte den Raum, vorbei an dem Tisch, vorbei an Zephir, dessen Gesicht langsam wieder Ausdruck annahm.

„Alohomora!“ Die Tür sprang auf und ließ Hermine entkommen. „Colloportus!“ Sie drehte sich um, um die Tür hinter ihr wieder zu versiegeln. Der Gang lag ausgestorben da. Sie brauchte einen kurzen Augenblick, in dem sie verschnaufen konnte. Sie hatte sich gerade selbst der Chance beraubt Zephir direkt auszuschalten, aber seine Geschichte hatte sie zu sehr an Riddle erinnert, sodass sie eine gewisse Distanz brauchte. Den Plan zu haben jemand zu töten und es wirklich zu tun waren immer noch zwei verschiedene Dinge. Sie war sich nicht sicher, ob sie die Kraft hatte, zwei Menschen zu töten. Doch wenn sie die Wahl hatte, würde sie lieber nur Zephir töten wollen. Aber diese Wahl hatte sie nicht mehr. Tief in ihr hatte sie mit ihrer Erkenntnis längst eine Entscheidung gefällt. War sie bereit den ultimativen Preis zu bezahlen?

 

Plötzlich hörte Hermine Schritte von allen Seiten auf sie zu kommen. Sie trat in den Schatten einer Rüstung und hielt den Zauberstab bereit. Sie spähte nach links und rechts, während die Schritte immer dichter kamen. Den Geräuschen nach zu urteilen kamen mehre Personen von beiden Seite. Sie war umzingelt. Rechts sah sie zuerst die Schatten, die den fünf Leuten voraneilten, die gleich um die Ecke kommen würde. Hermine staunte nicht schlecht, als sie die bunte Truppe sah, die da um die Ecke bog. Ganz vorne war Sophie, die hinter sich Riddle hatte – ihr Herz machte ungewollt einen Hüpfer –, Nashira und Alrisha, die sich scheinbar von der Auseinandersetzung wieder erholt hatte, und als letzte im Bund Eileen. Sie war auch diejenige, die Hermine als erste erspähte.

„Da ist sie!“

„Hermine!“ Sophie stürzte auf sie zu. „Alles in Ordnung bei dir?“ Sie fiel Hermine um den Hals und schien erleichtert sie bei bester Gesundheit vorzufinden. Hermine war verdattert. Gerade mit Riddle, Eileen und den Yaxley-Schwestern im Schlepptau, hatte sie etwas anderes erwartet. Sie blickte zu Riddle, der ihrem Blick auswich und mit verschränkten Armen dastand.

Sophie grinste und flüsterte. „Eileen hat mir Bescheid gegeben. Sie konnte wohl den Gedanken nicht ertragen, dass Zephir mit dir alleine im Raum sein wollte.“

„Und die anderen?“, flüsterte Hermine zurück. Sie konnte sich keinen Reim aus dieser Kombination machen.

„Alrisha ist dir nach und hat gesehen was passiert ist. Sie ist zu Riddle und wir haben uns auf dem Weg hier unten getroffen.“

Doch bevor Hermine noch mehr fragen konnte, war auch von links eine Gruppe von Personen angekommen. Lestrange führte die Gruppe an. Es waren die Todesser und Blaise, der wieder besser aussah und ihr einen vorwurfsvollen Blick zuwarf. Plötzlich schienen alle an einem Ort versammelt mit denen Hermine, die letzten Monate verbracht hatte. Es war eine merkwürdige Situation. Hermine wollte zu gern mit Blaise reden und sie wollte wissen, warum Riddle hier war. War er gekommen um ihr zu helfen oder war er froh gewesen, dass Alrisha ihm die Suche nach ihr erspart hatte, um sie endlich töten zu können? Aber würde er bei der zweiten Möglichkeit sie nicht zumindest böse funkelnd ansehen? Wieder hatte sie diese Hoffnung, die in ihr aufflammte. Nein, sie konnte das nicht mehr zulassen. Doch was konnte sie in einem völlig überfüllten Kellergang schon unternehmen?

Alle starrten sich verwundert an, als wüsste keiner wirklich, warum sie sich hier unten getroffen hatten. Als warteten sie auf eine Ansage oder einen Startschuss. Die Atmosphäre war seltsam aufgeladen, voller Erwartungen und Ängste, voller offener Fragen und voller Entscheidungen, die jeden Augenblick gefällt werden musste.

Dann kam der Knall. Die Kellertür, die Hermine versiegelt wurde, flog aus den Angeln, traf mehrere der Todesser und knockte diese aus. Staub wirbelte auf und Hermine wirbelt herum den Zauberstab auf Anschlag. Zephir trat aus der Öffnung hervor und lachte laut auf. „Jetzt habe ich es verstanden! Danke für diesen interessanten Einblick!“ Sein Lachen wurde noch lauter und manischer.

Im Gang wurde es zunehmend unruhiger. Zauberstäbe wurden gezogen und jeder schien bereit zum Angriff. Hermine wollte sich am liebsten umdrehen, um zu sehen, was Riddle in ihrem Rücken tat. Welcher Ausdruck lag jetzt auf seinem Gesicht? Doch sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Was immer Zephir dachte, dass er sich zusammengereimt hatte, durfte nicht ausgesprochen werden. Hermine wechselte einen schnellen Blick mit Blaise, der ihr zunickte. Sie hoffte er verstand, welche Gefahr von dem Ravenclaw ausging. Er durfte auf keinen Fall ihr Geheimnis ausplaudern.

Zeitgleich feuerten Hermine und Blaise, die erste Zaubersprüche ab.

„Stupor!“

„Expelliarmus!“

Zephir lachte und wehrte beide Zaubersprüche ab. Sein Blick wanderte an Hermine vorbei zu der einzigen Person, die ihn interessieren zu schien. Nun konnte Hermine nicht mehr an sich halten. Sie musste sich umdrehen und wie Zephir zu Riddle schauen. Der stand mit dem Zauberstab in der Hand da und erwiderte den Blick seines Rivalen. Hermine konnte nicht ausmachen, was er gerade dachte. Er schien völlig emotionslos zu sein.

Zephir deutet mit der Hand in ihre Richtung. „Du wirst nicht glauben Riddle, was ich über deine kleine Prinzessin hier herausgefunden. Ich habe dir ja immer gesagt, dass es abscheuliche Menschen dort draußen gibt und hier ist eine von dieser Sorte Mensch. Genauso wie ihr angeblicher Bruder.“ Er wedelte in die Richtung von Blaise. Hermine erinnerte sich an den Spruch aus dem Okklumentikbuch. Danach hatte sie Zephir gar nicht mehr befragt.

Alle sahen verwirrt aus mit Ausnahme von Hermine und Blaise. Riddle verzog dagegen nicht einmal den Mundwinkel. Er wusste, dass sie etwas mit den Horkruxen zu tun gehabt hatte. Dass Blaise ebenfalls daran beteiligt gewesen sein konnte, würde er sich an einer Hand abzählen können. Sie gehörte also auch ohne Hinweis sicher zu der Kategorie von Personen, die er verabscheute. Doch noch war Zephir nicht fertig mit seiner großen Enthüllung. Hermine musste ihn mit einem ungesagten Zauber schocken bevor er nur ein weiteres Wort sagen konnte. Im nächsten Augenblick riss es sie selbst von den Füßen.

„Lass mich doch zu Ende reden“, wies Zephir sie zurecht. „Das hier geht alle etwas an. Ihr müsst nämlich wissen, dass unserer Geschwisterpaar gar nicht aus Frankreich zu uns gekommen sind, sondern…“, er machte eine kunstvolle Pause, in der der ganze Gang den Atem anzuhalten schien“, …sie kommen aus der Zukunft, um die Vergangenheit zu ändern. Sie haben Menschen verloren in einer großen Schlacht hier in Hogwarts und sind jetzt hier um den Menschen zu töten, der dafür verantwortlich war.“

Immer noch diese erwartungsvolle Stille. Jeder schien vergessen zu haben wie man Luft holte.

„Sie sind hier, um dich zu töten, Riddle.“

Predicament

Dienstag, Januar 02, 1945
 

3:19 P.M.
 

„Sie sind hier, um dich zu töten, Riddle.“
 

Hermine konnte die Augen nicht von Riddles Gesicht lassen. Hinter seinen Augen schien wieder ein Gewittersturm zu toben, doch er sah nicht so aus, als würde er Zephir Glauben schenken. Hoffentlich dachte er nur, dass es eine Finte von seinem Gegner war, der ihn verunsichern wollte, denn auf den ersten Blick wirkte es so, als wäre Riddle in der Überzahl. Eileen war schwierig einzuschätzen. Hermine war nicht mehr mit Zephir in einem Raum, also würde sie wahrscheinlich wieder auf der Seite des Ravenclaws stehen. Sie erinnerte sich daran, dass sie Avery und zwei der Hufflepuffs zusammen mit Zephir gesehen hatte, also war sie sich nicht sicher auf wessen Seite diese drei standen. Doch selbst das klärte nicht die Frage auf welcher Seite Blaise und sie stehen würde. Gleich würde etwas passieren. Hermine wusste nur noch nicht was. In den Augenblicken nach Zephirs Worten hätte man eine Stecknadel fallen hören können.

Dann von einer Sekunde auf die andere war der ganze Gang mit Lärm gefüllt. Fragen wurden durcheinander geworfen. Sophie, die eigentlich zu Hermine geeilt war, um ihr wieder aufzuhelfen, war in ihrer Bewegung erstarrt und mit großen Augen sah sie auf Hermine hinab. Blaise setzte sich dafür in Bewegung und war neben ihr. Hermine löste sich von Riddles Gesicht und wand sich zu dem ehemaligen Slytherin.

„Wir müssen beide töten“, flüsterte sie ihm ins Ohr, während er ihr aufhalf. Blaise sah sie nicht einmal überrascht an. „Zusammen“, entgegnete er nur und spielte damit auf ihren Alleingang an. Sophie klappte den Mund auf, um etwas zu fragen und klappte ihn dann wieder zu. Die Dunkelhaarige ohne Worte zu erleben amüsierte Hermine für einen kurzen Augenblick. Alle Blicke begannen sich ihnen zuzuwenden. Alle starrten sie an und fragten sich, ob Zephir mit seinen Worten Recht haben könnte. Konnten Blaise und sie wirklich aus der Zukunft kommen? Zephir hatte – abgesehen von dem was er in ihrem Kopf gesehen hatte – keinen Beweis für seine Behauptung. Hermine war sich sicher, dass die meisten ihm nicht glauben würden, da die Behauptung abstrus war. Doch etwas anderes war es mit der Behauptung, dass sie Riddle töten wollte. In dieser Hinsicht konnte sie nur hoffen, dass alle Augen im Kopf hatten und sehen konnten, dass sie Gefühle für den Slytherin hatte. Sie war nicht gerade mit ihren Gefühlen hausieren gegangen, aber so oft wie sie darauf angesprochen worden war, vermutete sie, dass sie doch recht offensichtlich gewesen war. Das lag sicher an ihrem Talent immer zu erröten und daran, dass sie überhaupt nicht gut lügen konnte.

Ihr Blick wanderte wieder zu Riddle, der ihr dieses Mal nicht auswich. Sie sahen einander in die Augen. Kaum hatte sie sich in seine Augen verloren, spürte sie wieder das Ziehen in ihrem Kopf. Dieses Mal war es sanfter als bei Zephir, doch sie konnte es dennoch nicht zu lassen, dass Riddle die Wahrheit erfuhr. Sie versuchte ihn sanft aber bestimmt aus ihren Gedanken zu verdrängen, doch das sorgte nur dafür, dass Riddle noch stärker begann gegen sie anzukämpfen. Hermine dachte daran, wie sie Zephir erfolgreich aus ihren Gedanken gedrängt hatte, als sie an seinen Rivalen gedacht hatte und ihn wütend gemacht hatte. Sie wollte nicht an Zephir denken, um Riddle nicht noch wütender zu machen. Außerdem bargen diese Erinnerungen keine positiven Gefühle. Also dachte Hermine wieder an Riddle und hoffte es würde ihn besänftigen und ihn ablenken. Wieder sah sie den schlafenden Riddle, der so friedlich schlief. Der immer in seinem Sessel saß und las. Der sie davor bewahrte die Treppe herunterzufallen. Der seine Hände in die Hosentasche steckte und wortlos neben ihr herlief. Der ihr Angst machte, aber der sie auch tröstete. Der diese versteckte Wärme in seinen Augen hatte.

Doch das Ziehen hörte nicht auf. Riddle sah ihr immer noch in die Augen, doch sein Gesichtsausdruck wirkte verbissener. Er wollte sich nicht ablenken. Er wollte Antworten und plötzlich spürte Hermine wie ihr Erinnerungsstrom ihr entrissen wurde und andere Bilder auftauchten, an die sie gar nicht denken wollte.
 

Harry und Ron, die ihr im zweiten Schuljahr das Tagebuch von T.V. Riddle zeigten. Ihr erster Gedanke war gleich gewesen, dass es ihnen sagen konnte, was es mit der Kammer des Schreckens auf sich hatte.

Wie ein Echo hörte sie sich selbst sagen: „Ach Ron, wach auf! Wir wissen, dass die Person, die die Kammer das letzte Mal geöffnet har, vor fünfzig Jahren von der Schule verwiesen wurde. Wir wissen, dass T.V. Riddle seine Auszeichnung für besondere Verdienste um die Schule vor fünfzig Jahren erhalten hat. Nun was wäre, wenn Riddle seine besondere Auszeichnung bekam, weil er den Erben von Slytherin gefangen hat? Sein Kalender, als eine Art Tagebuch benutzt, würde uns wahrscheinlich alles sagen – wo die Kammer ist und wie man sie öffnet, und was für eine Kreatur darin lebt.“

Ihre Enttäuschung, als sie dem Tagebuch sein Geheimnis nicht entlocken konnte und die Überraschung, als sie später erfahren würde, dass das Tagebuch wirklich der Schlüssel zur Kammer des Schreckens gewesen war. Hermine versuchte sich gegen diese Erinnerung zu wehren. Alles in ihr schrie Riddle zu nicht weiter nachzuforschen. Sie wollte sich lösen, wieder in die Gegenwart zurückkehren. Warum griff denn niemand ein und stoppte Riddle?

Wieder hörte Hermine ihre eigene Stimme wie in einem Nebel zu ihr herüberschwappen.

„In diesem Jahr wird Tom Riddle sein letzter Jahr in Hogwarts beginnen. Er wird also in unserem Jahrgang sein.“

„Und wer ist dieser Tom Riddle? Hab noch nie von dem gehört.

„Dieser Junge wird später einmal Lord Voldemort werden“.

Pause. Warum stoppte niemand Riddle? Warum war sie nicht stark genug, um ihn aus ihren Gedanken zu vertreiben. Sie wollte es aufhalten, wollte nicht, dass er den nächsten Satz hörte. Doch zu spät. Das Ziehen in ihrem Kopf riss alles zu Tage, was sie so sehr zu verbergen versuchte.

„Und ich habe vor ihn zu töten, um damit all das Leid in der Zukunft abzuwenden.“

Weitere Erinnerungen strömten auf sie ein. Wieder die Bilder aus der Zukunft. Die Schlacht von Hogwarts. Die Jagd nach den Horkruxen. All das Leid, was sie verhindern wollte. Rons Tod, den sie immer wieder durchleben musste. All ihre Freunde, die gestorben waren. Alles nur um ihn zu stoppen.

„Was, wenn du sein Schwachpunkt werden würdest?“

Blaises Worte schienen wie ein Echo durch ihren Kopf zu verhallen bevor die nächsten Gesprächsfetzen in ihrem Kopf ertönten.

„Dann lass uns einen dunklen Lord vernichten.“

„Ganz ehrlich du musst ihn faszinieren. Du musst es wert sein, dass er dich erobern will.“

„Die Welt sieht morgen nicht besser aus. Es wird einen Krieg geben und so viele werden sterben. Ich könnte etwas tun, aber ich fühl mich so schrecklich. Ich weiß nicht, ob ich es tun könnte. Das ist einfach alles entsetzlich.“

„Du hast doch etwas für mich übrig, Calice!“

„Er hat also ein Teil seiner Seele irgendwo eingeschlossen? Also können wir ihn nicht töten bevor wir nicht diese zwei Horkruxe vernichten?“

„Ein goldener Ring, den er trägt und ein alter, schwarzer Taschenkalender.“

„Du liebst ihn oder?“

„Eileen, lass mich gehen. Ich werde Riddle töten!“

Und dann waren da plötzlich die Szenen aus ihrem sich wiederholenden Traum. Das brennende Hogwarts und Riddle vor ihr. Sie fiel ihm in die Arme und sie küssten sich. Dann der Todesfluch. Sie warf sich schützend vor Riddle und starb für ihn.

Konnte er nicht sehen, dass sie trotz all ihrer Vorsätze und all der schrecklichen Dinge, die er in der Zukunft anrichten würde, sie sich doch in ihn verliebte hatte? Dass in ihr ein schrecklicher Konflikt tobte, ob sie ihn töten sollte oder ihm beistehen sollte? Dass sie an eine bessere Zukunft glauben wollte, aber es einfach nach all dem Leid, das sie erfahren hatte, nicht mehr konnte?

Ihr Kopf fühlte sich inzwischen als würde er explodieren so schnell flossen ihre Erinnerungen an ihr vorbei. Der Strudel aus Bildern ergab schon lange keinen Sinn mehr und an ihr Ohr schwappten nur noch vereinzelte Wortfetzen. Dann hörte es mit einem Mal auf.
 

Es dauerte mehrere Sekunden bis Hermine ihre Umgebung wieder wahrnehmen konnte. Sie wusste nicht wie lange Riddle in ihrem Kopf gewühlt hatte, es fühlte sich wie Stunden an, aber es konnte nur wenige Minuten gewesen sein. Um sie herum tobte das Chaos.

Während Riddle in ihre Gedanken eingedrungen war, musste Blaise versucht haben ihn davon abzuhalten, denn er war in einem Duell mit Lestrange und Mulciber verwickelt. Direkt neben ihn duellierte sich Sophie mit den Yaxley-Zwillingen. Zephir stand in sicherem Abstand zu den Duellen und schien sich königlich zu amüsieren. Neben ihm waren Eileen, Avery und die zwei Hufflepuffs, an deren Namen Hermine sich nie erinnern konnte. Ihr Blick wanderte zu Riddle, der den Kontakt zu ihr scheinbar nicht absichtlich unterbrochen hatte, sondern einem Fluch hatte ausweichen müssen.

Kaum bemerkte er ihren Blick sah er sie an, doch nicht um sie mit seinen Augen zu fesseln und wieder in ihre Gedanken einzudringen. Er hatte genug gesehen.

Zum ersten Mal seit sie sich erinnern konnte richtete er seinen Zauberstab auf sie. Hermine konnte den Gewittersturm in seinen Augen sehen. Wie verletzt er war. Wie wütend er war. Sein schönes Gesicht hatte sich zu einer wütenden Grimasse verzogen. Da war nichts mehr Liebenswertes an ihm. Er sprach kein Wort und attackierte sie geräuschlos.

Geistesgegenwärtig gelang es Hermine mit einem ungesagten Zauber den Angriff abzuwehren. Jetzt hatte sie wirklich keine andere Wahl mehr. Ihr Herz wurde schwer als sie selbst einen Angriffszauber gegen Riddle schickte, doch es war zu spät. Alles war verloren.

Lautlos entspann sich ein Duell zwischen ihnen. Die Stille war unheimlich. Hermine hatte keine Zeit nach Blaise und Sophie zu sehen, denn Riddle forderte jedes bisschen ihrer Aufmerksamkeit. Er war ein hervorragender Duellant. Immer wieder drängte er sie in die Ecke und immer wieder gelang es ihr erst im letzten Augenblick einen Ausweg zu finden.

Ihr Schutzschild zersprang unter der Flut an Angriffszaubern, doch erstaunlicherweise konnte die Gryffindor ihrem Gegner Paroli bieten.

Neben Riddle wurde ein Loch in die Kellerwand gesprengt, als ein Fluch sein Ziel verfehlte. Hermine nutze den kurzen Moment, indem Riddle abgelenkt war, um ein Ganzkörperfluch auf ihn loszuschicken, doch er war sofort wieder ganz da. Der Gewittersturm in seinen Augen tobte weiter.

Angriff. Abwehr. Gegenangriff. Abwehr. Angriff. Abwehr. Gegenangriff. Abwehr.

Knapp entkam Hermine einem Fluch, indem sie sich auf den Boden warf und der Fluch in der Wand über ihr einschlug. Sie keuchte. Sie war brillant. Sie konnte hunderte von Zauber und Flüche. Aber sie war keine gute Duellantin. Es fehlte ihr an Ausdauer. Riddle schien nicht einmal erschöpft zu sein.

Er schoss weiter Fluch auf Fluch auf sie nieder und nahm sich kaum die Zeit ihre Angriffe abzuwehren. Einer Salve Angriffen folgte der nächsten. Keine Sekunde blieb ihr um sich zu erholen.

Gerade wollte sie einen neuen Schutzschild errichten, als sie plötzlich Zephir höhnen hörte.

„Was soll das Calice? Große Töne spucken, dass du Riddle töten willst, aber es nicht einmal versuchen. Hast du den Zauberspruch vergessen?! Es heißt Avada Kedavra!“

Er lachte. Riddle hatte für eine Sekunde ebenfalls innegehalten und sah nicht zu Hermine, sondern zu Zephir, der immer noch abseits stand und alles nur beobachtet.

Hermine holte tief Luft, nutzte die kurze Unterbrechung, um sich wieder zu sammeln. Sie wusste, dass sie nur mit einem Todesfluch einen Schlussstrich ziehen konnte. Aber immer noch zögerte sie. Immer noch konnte sie sich nicht dazu durchringen. Riddle drehte sich wieder zu ihr um, doch er feuerte nicht wie erwartet die nächste Salve ab, sondern starrte sie nur an.

Auf einmal wurde Hermine bewusst, dass nicht nur sie zögerte es ein für alle Mal zu beenden, auch Riddle brachte es nicht über sich den Todesfluch auszusprechen. Trotz allem, was er in ihrem Kopf gesehen und gehört hatte, hatte er nicht ein einziges Mal versucht sie zu töten.
 

„Komm schon töte Riddle. Wolltest du nicht deinen Ronniespätzchen vor dem sicheren Tod retten?“, höhnte Zephir in die Stille hinein.

Riddles Gesicht verzog sich wieder. Die nächste Salve an Flüchen folgte. Immer noch ohne den Todesfluch, doch dieses Mal erwischte sie der Crutiatus-Fluch bevor sie sich dagegen wehren konnte. Vor Schmerz windend lag sie am Boden, als ihr plötzlich Blaise zur Hilfe kam. Mulciber lag ausgeknockt am Boden, während Lestrange den Zauberstab sinken lassen hatte. Hermine konnte sich aufrappeln, als Blaise sich nun mit Riddle duellierte. Einen Seitenblick zeigte ihr, dass Sophie zwar etwas abgekämpft aussah, aber sich immer noch tapfer gegen die Yaxley-Schwestern behaupten konnte. Sie wollte ihrer tapferen Freundin am liebsten zur Hilfe eilen, doch zuerst musste sie Blaise helfen. Blaise war bereits sichtlich erschöpft, denn er hatte es bereits mit zwei Duellgegnern aufgenommen und war immer noch sichtlich mitgenommen von seinem Besuch in der Kammer des Schreckens und dem Vernichten der Horkruxe. Ganz zu schweigen davon, dass er außerdem mit den Wunden aus seiner vorigen Begegnung mit Riddle zu kämpfen hatte.

Innerhalb weniger Sekunden hatte Riddle Blaise in die Enge getrieben, der nicht mehr schnell genug abwehren konnte. Blut spritzte aus seiner Schulter und aus seinem Gesicht, als er nicht mehr rechtzeitig genug ausweichen konnte. Hermine hob ihren Zauberstab, doch wurde von einem Fluch gestoppt, der knapp an ihr vorbei flog, sodass sie gezwungenermaßen ausweichen musste. Doch an ihrer statt eilte – sie konnte ihren Augen kaum trauen – Lestrange Blaise zur Hilfe. Der Slytherin befand sich eindeutig nicht mehr unter dem Imperius-Fluch, dennoch hatte er sich entschieden zwischen Riddle und Blaise zu treten. Mit einem Schlenker seines Zauberstabs wehrte er Riddles Attacke ab. Riddle stoppte wutentbrannt und sah fassungslos seine rechte Hand an, die es gerade gewagt hatte, sich gegen ihn zu stellen. Lestrange sah selbst zutiefst verunsichert aus und Hermine rechnet es ihm hoch an, dass er nicht augenblicklich flüchtete und stürzte besorgt zu Blaise, um nach seinen Wunden zu sehen. Er lächelte sie müde und erschöpft an, als sie auf ihn zukam.

„Lestrange“, zum ersten Mal ertönte Riddles Stimme im Kellergang. Seine drohende, eiskalte Stimme ließ einen kalten Schauer Hermines Rücken herunterfahren. Sie tippte schnell mit ihrem Zauberstab gegen Blaises Wunden, damit sie sich wenigstens schlossen und er nicht weiter Blut verlor bevor sie sich wieder zu Lestrange und Riddle umwandte.

„Aber … aber …“, stotterte der sonst so selbstsichere Lestrange.

„Tritt beiseite“, befahl Riddle. „Lass es mich beenden.“

Lestrange warf Hermine und Blaise einen schnellen Blick zu. In seinen Augen lag Unsicherheit, Angst, aber auch Wärme. Er hatte sie in diesen Monaten in sein Herz geschlossen.

„Aber sie sind meine Freunde“, entgegnete er mit brüchiger Stimme.

„Sie sind Lügner. Sie haben dich belogen, Lestrange. Sie haben uns alle belogen. Sie wollen nicht nur mich, sondern uns alle tot sehen.“

Lestrange trat unsicher von einem Bein auf das andere. Hermine wollte etwas sagen, ihm irgendwie erklären, dass es sie im Herzen berührte hatte, dass Lestrange für sie eingetreten war. Dass sie ihn nicht hatte belügen wollen. Dass sie ihn auch in ihr Herz geschlossen hatte. Doch nicht ein Wort kam über ihre Lippen. Stattdessen war es Blaise, der auf Lestrange zu trat, ihm eine Hand auf die Schulter legte, um ihn dann bestimmt zur Seite zu schieben.

„Ich bin dein Gegner, Riddle. Lass es uns zu Ende bringen.“

„Nein“, flüsterte Hermine tränenerstickt und nahm ihren Platz neben Blaise ein. „Zusammen.“

Ein schneller Tausch von vertrauten Blicken. Dann die nächste Runde.

Angriff. Abwehr. Gegenangriff. In Deckung gehen. Angriff. Zwei Flüche, die sich in der Luft trafen. Funken, die nieder regneten und ihnen die Sicht nahm. Wieder ein Fluch, der sein Ziel verfehlte. Eine Explosion. Schutt und Asche, die durch die Luft wirbelten. Todesser, die wieder das Bewusstsein erlangten und sich in den Kampf einmischte. Lestrange, der in einer Zwickmühle steckte und nicht wusste auf wessen Seite er noch stand. Und dazwischen immer wieder das Lachen von Zephir, das den Gang ausfüllte und der sie immer wieder antrieb es doch endlich zu beenden.
 

Hermine hörte wie Sophie stöhnte. Sie war als einzige nicht in dem großen Gewusel verstrickt, das sich in der Enge des Kellerganges gebildet hatte, sondern versuchte sich immer noch alleine gegen Alrisha und Nashira zu Wehr zu setzen. Die ehemalige Gryffindor wäre ihrer Freundin gerne zu Hilfe geeilt, doch mehr als einen schnellen Blick zu ihr hinüber konnte sie nicht entbehren. Sie fühlte sich schlecht, weil sie die fröhliche Ravenclaw mit in ihren Schlamassel gezogen hatte und zeitgleich war Hermine froh, dass sie so eine gute Freundin hier in der Vergangenheit gefunden.

Wieder verfehlte ein Fluch sie nur knapp. Mehr Staub wirbelte auf, als der Fluch in der Wand einschlug. Der Kellergang war nur noch Schutt und Asche. Die Luft war vom ganzen Staub trüb. Nur die Blitze der Zauber und Flüche erhellten den Gang in ihren zahlreichen Farben.

Unvermittelt stolperte Sophie vor Hermines Füße, als sie scheinbar einem Körperklammerfluch von Nashira ausweichen wollte. Sofort warf Hermine ein Schutzschild vor ihre Freundin, damit sie nicht von einem der umher fliegenden Flüche getroffen wurde. Riddle war gerade für einen Augenblick mit Blaise beschäftigt und auch wenn Hermine ihn nicht alleine lassen wollte, brauchte Sophie sie jetzt auch. Sie drehte sich zu den Yaxley-Schwestern um, um sich erneut in ein Duell mit den zwei Slytherins zu verstricken. Sophie kam wieder auf die Füße und eilte Hermine zu Hilfe. Zu zweit wurden sie schnell Herr der Lage, da weder Nashira noch Alrisha besonders gute Duellantinnen waren, wie Hermine vor wenigen Stunden hatte bereits feststellen können. Sie streckten beide mit Ganzkörperflüchen nieder, die ihnen die beiden zumindest zeitweise vom Hals halten sollte.

Hermine sah den verbitterten und wütenden Blick, den ihr Nashira zuwarf, die schon wieder von ihr niedergestreckt worden war. Doch mehr als ein müdes und fast entschuldigendes Lächeln brachte Hermine nicht zustande bevor sie gemeinsam mit Sophie Blaise gegen Riddle und den gerade stehenden Todessern zu Hilfe kamen.

Zephir lachte noch immer wie wahnsinnig. Wäre Hermine nicht so beschäftigt damit am Leben zu bleiben, hätte sie im längst schon das Grinsen vom Gesicht gewischt. Wie damals als sie Draco Malfoy eine verpasst hatte. Das hatte sich gut angefühlt. Doch sie konnte gerade nichts gegen den widerlichen Ravenclaw unternehmen. Er musste nichts tun und konnte sich einfach zurücklehnen, da Riddle gerade kein Interesse an seinem Erzrivalen hatte, sondern seine ganze Wut und Hass auf sie gelenkt hatte. Die Todesser folgte ihren Anführer und hinterfragte nicht, warum sie ihre ehemaligen Kameraden angriffen. Schließlich waren Hermine und Blaise nur die Neuen, die dazu gekommen war, die gar nicht hierher gehörten. Ob sie nun aus Frankreich oder aus der Zukunft waren spielte dabei keine Rolle. Lestrange war der einzige, der sich aus dem Kampf zurückgezogen hatte und wie Zephir zu ihnen herübersah, fassungslos darüber, was sich vor seinen Augen abspielte und unsicher was er selbst tun sollte.

Zephir dagegen wusste genau was sie alle tun sollten. „Wo bleibt die Show? Komm Calice, töte Riddle wie du es versprochen hast. Oder soll das lieber dein liebes Bruderherz übernehmen? Der hat doch schon Erfahrung damit jemand zu töten.“

Blaise biss sich auf die Lippen und wollte sich wütend zu Zephir umdrehen, doch ihm stellten sich Mulciber und Rockwood in den Weg. Inzwischen waren von den ausgeknockten Todessern fast alle wieder am Bewusstsein, sodass es nun drei gegen fünf stand. Sie konnte von Glück reden, dass Lestrange daneben stand, denn Riddle war selbst so stark wie drei Gegner. Auch Zephir mischte nicht mit, aber das lag nur daran, weil er sich nicht die Hände schmutzig machen wollte. Er wollte, dass sie seinen Rivalen für ihn auslöschte. Damit würde er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Riddle wäre er los und Hermine wäre als seine Mörderin auch kein Hindernis in seinem Weg mehr.
 

Die Wende kam so überraschend, dass für einen Augenblick alle innehielten, verwundert darüber, was gerade geschehen war und der Staub die Zeit fand zu Boden zu rieseln.

Zephirs Lachen stoppte und ein lautes „Was soll das?!“ entfuhr ihm stattdessen. Alle drehten sich zu ihm um. Die letzten Flüche prallten an den Wänden ab und verpufften. Riddles Gesicht verzog sich zu einem kleinen Lächeln als er sah, was seinem Rivalen zu schaffen machte.

Eileen hatte sich gegen ihn gewandt und ihm hinterrücks einen Körperklammerfluch verpasst. Was diesen Meinungsumschwung bei ihr bewirkt hatte, konnte Hermine nur erraten. Sie hatte vielleicht erkannt, dass Zephir mit ihnen allen nur ein Spiel spielte. Dass er Hermine und Blaise benutzten wollte, um Riddle aus dem Weg zu schaffen. Dass er Eileens Eifersucht dazu ausgenutzt hatte, damit sie zu Riddle eilte, um ihn hier in die Falle zu locken. Vielleicht war sie auch nur so verrückt wie Zephir und hatte schlichtweg den Verstand verloren.

„Jetzt spuckt er wohl keine großen Töne mehr, der hochgeborene Herr mit der würdenvollen Abstammung“, höhnte Riddle. Die Todesser lachten. Die Genugtuung seinen Rivalen wehrlos und erniedrigt zu sehen, schien Riddle für den Augenblick von Hermine, Blaise und Sophie abzulenken.

Sie sahen alle drei völlig abgekämpft aus, waren von oben bis unten von Staub bedeckt und hatte über den ganzen Körper kleinere bis größere Blessuren bis jetzt davon getragen.

„Woher der Sinneswechsel, Prince?! Hast du endlich erkannt, dass Zephir Abschaum ist?“

Riddle trat näher heran an Eileen, die ihm ihren Zauberstab ins Gesicht hielt.

„Du solltest mal in den Spiegel schauen. Du bist selber Abschaum!“, fauchte sie zurück. „Ihr seid alle widerwärtige, abscheuliche Aufschneider. Ihr verdient es alle zu krepieren.“

Riddle lachte leise auf. „Du solltest dich selber besser dazu zählen. Niemand mag Feiglinge und Verräter, die einen hinterrücks niederstechen. Das ist verabscheuenswürdig“

Mit diesen kalten Worten flogen seinen Augen von Eileen zu Hermine herüber, die unter seinem frostigen Blick am liebsten im Boden versunken wäre. Sie biss sich auf die Lippe. Seine Augen fixierten sie. Der Gewittersturm schien fürs erste verebbt zu sein. Stattdessen fragte sein Blick stumm nach dem Warum.

Hermine wollte schreien, weil er ein Monster sei. Weil er Schuld an all den Toten in ihrem Leben sein würde. Weil er Muggel, wie ihre Eltern und sie selbst waren, töten würde. Weil er den Basilisken auf Myrthe losgelassen hatte. Weil er seinen Vater und seine Großeltern aus Rache getötet hatte.

Es gab so viele verdammt gute Gründe, warum sie ihm in den Rücken gefallen war. Warum sie ihn belogen hatte und mit seinen Gefühlen gespielt hatte.

Doch nichts davon kam über ihre Lippen. Sie erwiderte nur seinen Blick ohne ihm auszuweichen. Sie war wer sie war. Sie hatte getan was sie für richtig gehalten hatte. Sie war bereit dafür einzustehen.

Riddle erwiderte ihren Blick mit der gleichen Intensität und für einen Augenblick schien die Welt still zu stehen. Ihre Augen sprachen miteinander und erzählten sich in dieser Sekunde mehr als sie je miteinander gesprochen hatte.

Dann endete der Moment als Eileen mit einem kurzen Keuchen zu Boden ging. Zephir hatte den Körperklammerfluch abgeschüttelt und seine Angreiferin kurz und schmerzlos außer Gefecht gesetzt.

„Ich will ja euren herzallerliebsten Moment, wo ihr euch tief in die Augen seht und euch gleich in die Arme fallt nicht unterbrechen, aber scheinbar muss man alles hier selbst machen:“
 

Der erste Todesfluch flog nur knapp an Riddle vorbei und riss ein noch größeres Loch in die Wand als alle Flüche, die davor darauf abgeprallt waren.

Die Stille, die danach eintrat, war gespenstisch. Bis hierhin war es nur ein Duell zwischen verfeindeten Parteien gewesen. Man hatte vom Töten gesprochen. Aber keiner hatte einen Todesfluch ausgesprochen. Keiner hatte damit gerechnet, dass es in diesem Duell wirklich Tote geben würde. Plötzlich war der unverzeihliche Fluch, der schrecklichste der drei, ausgesprochen. Der grüne Blitz hatte sein Opfer zwar verfehlt, aber jeder in diesem kleinen, engen Kellergang wusste, dass es noch nicht vorbei war. Das hier war jetzt ein Kampf auf Leben und Tod.

Riddles Blick hatte sich innerhalb von Millisekunden völlig verdüstert. Er scheuchte die Todesser, die immer noch schockiert dreinblickten, zur Seite. Sophie hatte die Hände vor dem Mund geschlagen. Blaise hatte Lestrange beiseite gezogen, um nicht in das Kreuzfeuer zu geraten. Hermine hatte das Gefühl als hätte ihr Magen sich plötzlich verdreht. Sie sah sich zurückversetzt in die Schlacht von Hogwarts. Der grüne Blitz löste Horrorvorstellungen in ihr aus.

Riddle feuerte zurück mit dem Crutiatus-Fluch, doch er konnte nicht mehr verbergen wie sehr er Zephirs Tod sehen wollte. Es war nur noch eine Frage der Zeit bis Riddle selbst den Todesfluch aussprach. Zephir lachte kurz auf. Auch ihm war das Vergnügen und die Genugtuung anzusehen, die ihm dieses tödliche Duell bereitete. Wieder schoss ein grüner Blitz aus seinem Zauberstab hervor. Wieder verfehlte der Fluch Riddle nur um Zentimeter.

Alle waren zurückgewichen in der Angst selbst von einem Todesfluch getroffen zu werden. Wie versteinert starrte Hermine auf das Duell vor ihr. Neben ihrem Magen begann sich auch ihr Herz zusammen zu ziehen. Sorge stieg in ihr auf. Sie wollte das nicht mit ansehen. Es sollte aufhören. Grauen überkam sie, ließ sie erzittern. Noch ein grüner Blitz. Wieder und wieder das Bild von Ron, der getroffen wurde und einfach in sich zusammenfiel. Sie wollte schreien, doch ihre Stimme versagte ihr den Dienst. Alles was sie nur noch wollte, war das es aufhörte. Der einzige Gedanke, der ihr wie ein Mantra durch den Kopf rannte, war: Lass es aufhören. Nicht auch noch Riddle. Lass es aufhören!

Hermine konnte sich selbst nicht erklären, warum sich ihre Füße plötzlich bewegten und warum sie sich zwischen den beiden Duellanten wieder fand. Ihr Herz hatte eine Entscheidung getroffen, die im Kopf noch nicht angekommen war. Das hier war wie in ihrem Traum. Es sollte alles am Ende so kommen. Es fühlte sich irgendwie richtig an Riddle den Rücken zu zudrehen und mit erhobenem Zauberstab Zephir entgegenzutreten.

„HERMINE!“, schrieen Blaise und Sophie gleichzeitig auf.

„Tritt beiseite, dummes Mädchen.“

„Nein“, entgegnete Hermine mit fester Stimme.

„Hermine“, konnte sie hinter sich eine leise Stimme hören, die fast flehend klang.

Es versetzte ihr ein Stich ins Herzen.

Zephir erhob seinen Zauberstab und mit einem Knall schoss der grüne Blitz auf sie zu.

Hermine versuchte nicht einmal sich zu verteidigen. Wenn sie für Riddle starb, wenn sie für ihn aus Liebe starb, vielleicht würde das ihn ändern. Vielleicht gab das den Ausschlag. Das grüne Licht raste auf sie zu. Gleich wäre es vorbei.

Dann explodierte die Welt um sie herum. Sie wurde auf den Boden geschleudert. Blind von dem ganzen aufgewirbelten Staub und hustend versuchte Hermine wieder auf die Füße zu kommen. Sie war aus irgendeinem Grund noch am Leben. Dafür war vor ihr ein gigantisches Loch im Fußboden. Riddle trat auf sie zu und zog sie hoch direkt in seine Arme. Hermine wurde die Sicht durch seinen Umhang geraubt und sie atmete seinen wunderbaren Geruch ein.

„AVADA KEDAVRA!“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Damit hätten wir den Anfang dieser Geschichte. Was nun folgen wird, werde ich natürlich nicht verraten. Eins verrate ich euch aber schon: Hermine ist nicht allein in der Vergangenheit gelandet.
Ich hoffe der Prolog hat euch gefallen und euch neugierig auf das erste Kapitel gemacht.
Bin auf jeden Fall gespannt auf eure Meinung zum Prolog.

Bis zum ersten Kapitel,
eure ChiaraAyumi!
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das erste Kapitel war eine schwierige Geburt, aber ich hoffe es hat euch trotz allem gefallen. Glaubt mir ich hab mich sehr schwer daran getan, es so logisch und realistisch wie möglich zu machen. Perfekt ist es sicher nicht. Ich habe leider auch noch kein Beta gefunden, also ist das Kapitel auch nicht gegengelesen. Ich hoffe das Kapitel macht euch neugierig aufs nächste Kapitel und ich bin natürlich gespannt auf eure Meinung zum ersten Kapitel.

Dann bis zum zweiten Kapitel!
Eure ChiaraAyumi
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Lang ist es her, dass ich etwas von mir hören ließ. Schule und Nebenjob raubte mir den letzten Nerv und den letzten Hauch Freizeit. Doch jetzt sind die Klausuren überstanden und die Ferien in greifbarer Nähe. Ich werde also mit dem nächsten Kapitel nicht so lange auf mich warten lassen.
Ich hoffe, dass das zweite Kapitel euch ebenso begeistern konnte wie das erste. Im nächsten Kapitel wird dann auch endlich unser lieber Tom auftauchen, denn ohne ihn fehlt der Story ja noch das entscheidende Element. Also freut euch auf das nächste Kapitel.

Bis zum dritten Kapitel,
eure ChiaraAyumi
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Lang ist es her, dass ich etwas von mir hören ließ. Jetzt sind Ferien und ich bemühe mich wirklich bald ein neues Kapitel folgen zu lassen. Ich hoffe, dass das dritte Kapitel wieder eurer Interesse weckt. Im nächsten Kapitel werden dann neue Charakter auftauchen und Hermine wird Tom zur Rede stellen.
Also freut euch auf das nächste Kapitel.

Bis zum vierten Kapitel,
eure ChiaraAyumi
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
*räusper*
Ja das ist das vierte Kapitel. Es hat vor allem Spaß gemacht den Dialog zwischen Blaise und Hermine zu schreiben. Die zwei sind einfach das beste Geschwisterpaar aller Zeiten. Und teuflisch.
Ich hoffe es hat euch gefallen.
Bis zum fünften Kapitel,
eure ChiaraAyumi
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel war bockig. Selbst jetzt bin ich mir nicht sicher, ob es in seiner Gesamtheit passt.
Es hat wieder etwas länger gedauert, was zum Teil auch daran liegt, dass ich bald Abitur schreibe und gerade ziemlich unter Stress stehe. Ich hoffe das Kapitel hat euch mit seinen ganzen Entwicklungen ganz gut gefallen. Lasst einen Kommentar da und verratet es mir!
Bis zum nächsten Kapitel,
eure ChiaraAyumi
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So dieses Kapitel wäre geschafft und das Abitur liegt nun seit gestern auch hinter mir. Das bedeutet das nächste Kapitel wird ziemlich zügig folgen, weil ich erstens sehr viel Zeit jetzt habe und zweitens selbst unbedingt die Handlung vorantreiben will. Ich hoffe, dass auch dieses Kapitel euch gefallen hat und dank all denen, die diese Geschichte lesen!
Bis zum nächsten Kapitel,
eure ChiaraAyumi Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So jetzt wird es spannend. Das nächste Kapitel wird es in sich haben.
Also bis zum achten Kapitel,
eure ChiaraAyumi
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
*räusper*Ja schon wieder ein Cliffhanger. Ich muss sagen in diesem Kapitel lief nichts wie geplant ab. Die Charaktere haben sich doch ernsthaft selbstständig gemacht. Auf die Kette gab es schon im letzten Kapitel ganz viele versteckte und offensichtliche Andeutungen. Ob das wirklich alles ist, was hinter Riddles Verhalten steckt? Wir werden es noch früh genug erfahren.
Bis zum nächsten Kapitel,
eure ChiaraAyumi

PS. Tausend Dank für eure tollen Kommentare.
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Es klingt vielleicht verrückt, aber ich glaube das hier ist das erste richtige Tom/Hermine Kapitel dieser Fanfic. Ich hatte die ganze Zeit die Befürchtung, dass mir Riddle misslingt, wenn ich ihn soviel reden und handeln lasse. Ich hoffe es ist mir gelungen ihn authentisch zu belassen, auch wenn er sich natürlich verändern muss, wenn es ein Paaring geben soll.
Das nächste Kapitel kommt sicher schneller. Ich hoffe es hat euch gefallen!
Bis zum nächsten Kapitel,
eure ChiaraAyumi
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und schon ist es wieder Aus mit dem lieben, netten Riddle.
Bis zum nächsten Kapitel,
eure ChiaraAyumi
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wir haben die Hälfte geschafft und jetzt geht es hochdramatisch in die zweite Hälfte der Geschichte.
Euch wird noch einiges erwarten, also bleibt an der Geschichte dran!
Hoffe dieses Kapitel gefällt euch!
Bis zum nächsten Kapitel,
eure ChiaraAyumi
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel eröffnet die zweite Hälfte, doch ich persönlich kann es gar nicht abwarten bis zum nächsten Kapitel, denn ich kann euch sagen, das vierzehnte Kapitel wird es in sich haben.
Also hoffe ich, dass euch dieses Kapitel gefallen hat!
Bis zum nächsten Kapitel,
eure ChiaraAyumi
Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (60)
[1] [2] [3] [4] [5] [6]
/ 6

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  zuckermaus2707
2021-07-22T20:44:48+00:00 22.07.2021 22:44
Hi ich wollte mal anfragen ob du die Geschichte noch weiter schreibst? Ich warte jetzt, keine Ahnung über 5 Jahre über die Vollendung dieser Genialen Geschichte und sitze wie am ersten Tag auf heißen Kohlen. Ich hab glaub ich schon mal geschrieben da hieß es du schreibst weiter, aber jetzt ist seit deinem letzten Update doch viel Zeit vergangen. Ich dachte ich schreib dir mal, damit du weißt das es noch jemand in 2021 gibt der auf ein Ende (hoffentlich ein gutes) mit Tom und Hermine wartet. ;)
Von:  Marron-Kaetzchen
2018-10-19T13:10:34+00:00 19.10.2018 15:10
Heyho,
Ich habe deine Geschichte schon früher gelesen und konnte mein Glück kaum fassen als ich mich nach Ewigkeiten mal einloggte und eine Benachrichtigung hatte dass du weiter geschrieben hast.
Ich habe sie jetzt in einem Rutsch nochmal von Anfang an gelesen und habe sie immer noch so gern. Ich hoffe wirklich du bringst sie noch zu Ende und ich kann bald weiter lesen 😊
Antwort von:  ChiaraAyumi
19.10.2018 15:19
Ah +~* das freut mich, dass du dich an die Geschichte noch erinnerst und du sie auch noch einmal gelesen hast. Es sollte auch bald weitergehen. Ich hab in den letzten Monate meine Masterarbeit geschrieben und bin deswegen nicht mehr dazu gekommen. Aber viel fehlt nicht mehr und ich bin entschlossen diese Geschichte zu Ende zu bringen!
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar. So etwas freut mich immer riesig!
Von:  emymoritz
2018-05-24T19:16:00+00:00 24.05.2018 21:16
Ohhh hat sie ihn jetzt doch umgebracht oder er sie
Antwort von:  ChiaraAyumi
25.05.2018 22:14
Danke für deinen Kommentar! Da musst du dich bis zum nächsten Kapitel gedulden ; ) Es kommt aber bald!
Von:  emymoritz
2018-02-09T07:11:35+00:00 09.02.2018 08:11
Ich bitte um Fortsetzung
Antwort von:  ChiaraAyumi
09.02.2018 13:59
Sollst du möglichst bald bekommen :) Das Kapitel ist schon halb fertig.
Von: abgemeldet
2017-10-30T17:42:49+00:00 30.10.2017 18:42
Hey :)
ich verfolge sehr interessiert deine Fanfiction, da das Paaring Tomione sehr interessant ist. Es prallen zwei Personen aus verschiedenen Welten aufeinander - so könnte man es zumindest ausdrücken!
Mich würde es interessieren wann es weiter geht mit deiner Geschichte, denn seit dem 30.07. wurde kein weiteres Kapitel mehr online gestellt - dies finde ich sehr schade da deine FF eine sehr interessante und gut geschriebene Geschichte ist. :)


Von:  schatz123
2017-08-02T22:34:05+00:00 03.08.2017 00:34
Ich finde das die ff super ist mal was anderes und ich mag tom/hermine
nur haben die zwei ein schönes ende ??
und schreib weiter so
lg
Von: abgemeldet
2017-06-18T23:23:02+00:00 19.06.2017 01:23
Super Tomione FanFiction!
Ich habe sie in einem Stück durchgelesen und bin echt gespannt wie es weiter geht. Vor allem da Blaise dunkles Geheimnis gelüftet ist und was Tom mit ihm vorhat. Da bin ich auch echt mal gespannt :)
Ich freue mich schon sehr auf das nächste Kapitel und werde es auch selbstverständlich lesen :)
Von:  NaxLu
2015-03-14T13:25:12+00:00 14.03.2015 14:25
Eine ganz tolle Geschichte, Ich hoffe es geht bald weiter.
Und es werden mehr Eifersucht Szenen auftauchen.

Lg, Nami :)
Von:  SkiNut-chan
2014-10-14T13:42:35+00:00 14.10.2014 15:42
Mach bitte weiter das ist so eine tolle Geschichte
LG
Skinut-chan
Von:  zuckermaus2707
2014-04-29T22:08:23+00:00 30.04.2014 00:08
Jetzt ist es schon über ein Jahr her. Dabei ist die Geshcicht so gut!!!! Wie gehts endlich weiter?!


Zurück