Jewels
„Tora, wenn du Shou weiter so verträumt anstarrst, fallen dir noch die Augen raus.“
Hiroto stützte seine Arme sanft auf Toras Schultern ab und legte seine Wange an den dunklen Schopf des anderen Gitarristen. Tora zuckte zusammen, er war vollkommen in seiner Welt vertieft gewesen. In seiner kleinen, völlig vom Sänger eingenommenen Welt.
Widerwillig nahm Tora seinen Blick von Shou, der vor dem Mikrofon im Aufnahmeraum stand, und ließ ihn zu Hirotos grinsendem Gesicht wandern. „War es so deutlich?“
Hiroto nickte leicht und küsste Tora auf den Schopf. „Ja, war es. Du hast ihn angesehen, wie ein junges Schulmädchen, das zum ersten Mal richtig verliebt ist.“
Sanfte Röte breitete sich auf Toras Wangen aus und er lächelte verlegen. Genauso fühlte er sich auch, wenn er ihren Sänger in dem Aufnahmeraum stehen sah. Das honigblonde Haar stand unter seinen Kopfhörern verstrubbelt zu allen Seiten ab und die Konzentration ließ ihn sein Gesicht auf so süße Weise verziehen, dass Tora ihn am liebsten geküsst hätte. Dieser Gedanke kam ihm nicht schon zum ersten Mal und am Anfang hatte Tora sich dafür geschämt.
Schließlich war Shou ein Mann und er Tora war ebenfalls einer.
Doch es war gar nicht so anders, als bei einer Frau. Es waren die gleichen Gefühle, die ihn beherrschten. Abgesehen von den moralischen Fragen, die Tora jedoch weit in den Hintergrund seiner Gedanken verbannt hatte, war es das Gleiche. Nur der Sex war eben anders.
Pon ließ Tora frei und wuschelte ihm noch mal durchs Haar, ehe er sich zu Saga umwandte. „Gehen wir eine Rauchen?“, fragte er den Bassisten, der sich nickend seine Schachtel vom Tisch schnappte und mit dem Jüngsten vor die Tür ging. Tora hörte die Tür ins Schloss fallen und blickte wieder zu Shou, der mit dem Aufnahmeleiter inzwischen etwas besprach. Erleichtert darüber, dass er in einem anderen Raum saß und Shou beobachten konnte, ohne, dass der Aufnahmeleiter oder die sonstigen Techniker etwas davon mitbekamen, sank Tora in seinem Stuhl etwas zurück und entspannte sich. Shou nickte in die Richtung, in der das Fenster des Technikraums war und setzte sich die Kopfhörer wieder auf. Er hörte die Musik und zählte mit den Fingern die Takte bis zu seinem Einsatz mit. Seine Wimpern lagen aufeinander und Tora kam nicht umhin, das entspannte Gesicht seines Bandkollegen zu mustern und bewundernd anzusehen. Shou war für ihn praktisch makellos und fast von unnatürlicher Schönheit.
Plötzlich öffnete er die Augen und sah in Toras Richtung. Shous Augen funkelten, während er die Zeilen zu Jewels sang. Seine Züge hatten sich zu einem leichten Grinsen verzogen und Tora meinte den Boden unter seinen Füßen zu verlieren, während Shou seinen Blick an Toras heftete. Toras Blick fiel auf den sündigen Mund Shous, der seinen Gesang umschmeichelte, bevor er ihn die Welt hinaus ließ. Diese wenigen Minuten waren so intensiv, dass Toras Herz zu rasen begann und er völlig außer Atem war, als Shou mit einem undeutbaren Grinsen seinen Kopfhörer auf einen kleinen in der Wand eingelassenen Haken hing und dem Techniker das Zeichen für eine kleine Pause gab.
Tora wusste nicht, wie ihm geschah, als Shou auch schon im Raum stand und auf ihn zukam. Tief im Inneren hörte Tora noch immer Shous Gesang und er erschauderte, als der andere sich über ihn beugte, die Hände auf die Lehne des Stuhls platzierte und in Toras Augen sah. „Shou…“, flüsterte er und dieser grinste verschlagen. „Das war dafür, dass deine Juwelen mich beim ersten Mal so vom Singen abgehalten haben. Wenn du mich so anstarrst kann ich mich nicht konzentrieren.“ Shou hauchte nur, denn er war so nah an Tora, dass er ihn ohne Probleme verstehen konnte. Der Sänger ließ sich auf Toras Schoß nieder. „Aber das war nur der Anfang meiner Rache.“ Seine Arme schlangen sich um Toras Hals und er presste seine Lippen inbrünstig auf die seines Freundes. „Warte nur ab, wenn wir erst zu Hause sind. Dann krieg ich meine Rache, dafür, dass du deine Juwelengleichen Augen so auf mich geheftet hast!“
Tora grinste. „Ich freue mich drauf.“
Damit zog er Shou in einen langen Kuss, den sie erst lösten, als die Luft zwischen ihnen zu knapp wurde. „Noch ein paar Songs“, flüsterte der Sänger und er fuhr Tora sanft durch das Haar. Er ging, mit einem Versprechen in den Augen, das Tora den Feierabend schon jetzt versüßte.