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Familienbande

Von Vätern, Söhnen und Töchtern
von

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Anny's Kummer

„Haste was?“

Crystals Stimme riss Ace aus seinen trüben Gedanken. Schon seit einiger Zeit grübelte der stumm vor sich hin, wie er sich möglichst schnell aus der Affäre ziehen konnte. Allein bei dem bloßen Gedanken auf Dragon zu treffen, stellten sich bei Ace sämtliche Nackenhaare auf.

Nein, Ärger dieser Art ging man tunlichst aus dem Weg.

Unter keinen Umständen würde er...

„Kannste nicht antworten?“ raunzte die dunkelhäutige Schönheit ein zweites Mal, launisch wie eh und je. Obwohl er ihr den Rücken zu gewand hatte, konnte Ace es förmlich spüren wie sich ihr Blick in ihn hinein bohrte. Mürrisch fuhr er herum und starrte sie warnend an.

„Lass mich in Ruhe!!“

„Schlecht gelaunt, oder wie?“

„Schnauze!“

Mit einem Knurren lief der Pirat vorne weg und ließ die junge Frau einfach stehen. Crystal sagte zwar nichts, aber ihre Augen blitzten im Abendlicht schelmisch auf.

Lange Zeit herrschte daraufhin ein eisiges Schweigen.

Immer noch folgte die kleine Gruppe dem schmalen Pfad, der sich höher und höher in die Berge führte.

Will lief an der Spitze, dicht gefolgt von Ace. Anny hielt sich etwas abseits, weil sie es nicht wagte direkt neben dem Fremden zu gehen. Dennoch beäugte sie ihn immer wieder scheu.

Crystal bildete das Schlusslicht.

Als sie eine kleine Anhöhe erreichten, breitete sich zur Rechten ein beeindruckendes Panorama aus. Man hatte eine wunderbare Aussicht über das endlose Meer, das im Sonnenuntergang in allen Farbnuancen erstrahlte.

Anny war auf einem kleinen Sims stehen geblieben und ließ den Blick schweifen.

In den honigbraunen Augen flammte Sehnsucht auf. Sehnsucht und Schwermut.

„Fast so wie früher!“ entfuhr es ihr mit einem tiefen Seufzer. Die Worte ließen die anderen innehalten.

Schweigend beobachteten die drei das Mädchen, dass sich immer noch nicht rührte.

„Was ist mit ihr los?“ fragte Ace Will, der sich müde auf einen Stein gesetzt hatte.

„Ich meine, was genau ist sie. Sind das... Teufelskräfte? Die Nummer in der Kneipe war... ehrlich gesagt fast schon gruselig!“

„Wenn du das schon gruselig findest, dann leg dich besser nie mit dem Rest von Anny’ s Verwandtschaft an. Die Baker- Weiber sind allesamt gemeingefährliche Hexen. Eine schlimmer als die andere. Und die Alte ist die Oberhexe in dem ganzen Verein.“

Die Wunde an Will’s Arm, die dieser gerade vorsichtig betastete, unterstrich die düsteren Worten nur zu deutlich. Aber etwas an seiner Wortwahl ließ Ace aufhorchen.

„ //Ihre// Verwandtschaft? Seid ihr...“

„Halbgeschwister, ja sind wir. Hätte Mom nur zweimal hingesehen, auf wen sie sich damals eingelassen hat. Unser Leben hätte so ruhig und beschaulich bleiben können.“

Ein trauriges Schnauben entfuhr ihm.

„Klingt beinahe so als wäre es eine Strafe ihr Bruder zu sein.“ bemerkte Ace mit hochgezogener Augenbraue.

„Diese Familie ist eine Plage, die ich lieber heute als morgen los wäre! Aber ich... ich kann sie doch nicht... Anny... ich kann sie nicht einfach alleine lassen. Sieh sie dir doch an.“

Ace Blick folgte der Geste. Nachdenklich musterte er Anny von der Seite.

Das Licht der untergehenden Sonne tauchte ihre Shilouette in warmes Gold. Auffrischender Abendwind bauschte das weißblau geringelte Kleid auf, der Matrosenkragen tanzte auf und ab, und einige der malvenblauen Strähnen wirbelten nach vor und umrandeten Annys teils noch kindliche Züge. Aber ihre Augen waren die einer Erwachsenen. Ernst und nüchtern. Und unendlich traurig.

Dennoch wenn man genau hinsah, entdeckte man in dem tiefen Honigbraun noch einen Funken kindliche Verträumtheit und Lebensfreude. Doch dies wurde zu sehr von dem durchlebten Schrecken und der bitteren Trauer der vergangen Jahre überdeckt. Aber am Grunde von Annys Augen war ein Funkeln, das anscheinend nur darauf wartete wiedererweckt zu werden.

Ace konnte verstehen, dass Will seine Schwester nicht im Stich lassen wollte. Wer könnte das schon, wenn man einmal in ihre Augen gesehen hatte.

Doch als er wieder zu dem jungen Mann hinüber sah, bemerkte er einen seltsam harten, verbissenen Ausdruck um dessen Mundwinkel. Auch Will’ s Blick war für einen kurzen Moment eisig kalt.

//Ob ich’s mir nur eingebildet habe?// fragte Ace sich im Stillen, dann lenkte Anny wieder die Aufmerksamkeit aller auf sich.

Tränen glänzten mit einem Mal auf ihren Wangen.

„Wenn doch... wenn doch... ich wünschte Mom könnte das jetzt auch sehen. Sie hat Sonnenuntergänge so sehr geliebt.“

Sofort biss das Mädchen die Lippen fest aufeinander, aber sie konnte das Schluchzen nicht mehr zurückhalten. Will senkte ebenfalls betrübt den Kopf und nickte stumm. Die Trauer der beiden legte sich wie ein tiefschwarzer,

tonnenschwerer Mantel über die Gruppe und drückte die Stimmung zu Boden. Es war nicht zu überhören, das die Mutter der Geschwister nicht mehr am Leben seien musste. Die Mienen der beiden waren mehr als deutlich. Zumindest die von Anny.

Wieder erhaschte Ace einen kurzes Aufflackern in Will’ s Mimik, das nicht so recht passen wollte. Das war keine Trauer gewesen, nein das war...

„Es ist alles meine Schuld!! Ich bringe allen nur Unglück.“ klagte das scheue Mädchen mit einem Mal heftig.

„Unfug!! Ist es nicht!! Das ist nun mal leider Schicksal!“ meldete sich plötzlich Crystal wieder zu Wort. Die scharfe Stimme der dunkelhäutigen Frau ließ Anny sofort verstummen.

„JA! Ein Schicksal an dem deine Familie die Schuld trägt!!“ polterte Will los. Doch Crys funkelte ihn nur ein Mal warnend an, da schwieg er sofort.

„Schmeiß mich ja nicht mit Ma und ihrer Bande in einen Topf, Kleiner!! Die Brücken zu dem Irrenhaus hab ich vor Jahren eingerissen. Und ich trauere keinem von ihnen nach!“ fauchte Crys heftig und ihre Augen blitzten. Dann aber fügte sie mit düstere Stimme hinzu: „Außer meiner Mutter.“

„Deine... Mutter ist auch tot.“ murmelte Anny. Die eigene Trauer war mit einem Mal Nebensache.

Crys nickte nur stumm. Der Kopf blickte zu Boden und die linke Hand ballte sich zur Faust.

„Und ich weiß auch, welcher Arsch dafür verantwortlich ist!!“

Zornig schoss der weiße Schopf in die Höhe. Reflexartig machte Ace eine Satz von ihr weg.

„Ich garantiert nicht!“

„Nein, aber die Sau unter deren Flagge du segelst, Freundchen!“ schoss die Frau wütend zurück. Crys sah aus, als würde sie jede Sekunde auf ihn los wollen. Doch im nächsten Moment kam sie wieder zur Ruhe.

„Aber was würde das schon bringen. Das macht sie auch nicht mehr lebendig!! Weder mein Zorn noch meine Trauer.“

Wieder war es einen Augenblick lag still, dann meinte Will schließlich: „Wir müssen weiter! Wenn es erst komplett dunkel ist, erkennt man hier fast nichts mehr.“

Schweigend setzte sich die Gruppe wieder in Bewegung.



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