Zum Inhalt der Seite

In/adäquat

OneShot- & Drabble-Sammlung [Various] - New: YULLEN
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Komurine 1.0 [Kanda x Allen]

Stets zu fangirlishen Diensten
 

»Wann kommt Allen endlich zurück? Ich halt‘ das langsam nicht mehr aus!«

»Che. Als ob sich was ändern würde, wenn Moyashi wieder da ist.«

»Würde es! Du musst es tun, Yū-chan. Für uns! Für den Schwarzen Orden!«

»Vergiss es!«
 

Kanda und Lavi saßen auf der Couch in Komuis Büro. Nachdem Lavi ihn an den bevorstehenden Untergang der Welt erinnert hatte, drehte sich Kanda um und starrte über die Sofalehne hinweg auf die Türklinke. Energisch kaute er auf seiner Unterlippe herum. Er stellte sich vor, wie die Klinke nach unten gedrückt werden würde und ein erleichterter Komui in den Raum spaziert käme. Er würde aufatmen und erfreuliche Dinge wie »Ich habe eine andere Lösung gefunden!« von sich geben. Doch als sich die Tür wirklich öffnete, wurde Kanda eines Besseren belehrt - Optimismus war hier eindeutig fehl am Platz.

»Es hilft alles nichts, es gibt nur die eine Möglichkeit«, seufzte Komui und plumpste auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch.

»Steht denn überhaupt nichts Hilfreiches in dieser verdammten Gebrauchsanweisung?!«, raunte Kanda, und wieder malten sich Bilder in seinen Kopf, die schleunigst verdrängt gehörten. Komui schüttelte den Kopf. Mit einem Schmunzeln streute Lavi zu allem Übel Salz in die offene Wunde:

»Feuchte schon mal deine Lippen an, für den Fall, dass dein Schatzi gleich zurückkommt~«

Kandas Augenbraue begann zu zucken. Er ballte die Fäuste. Die Fingernägel kerbten sich spürbar tief in die Handflächen. Doch ehe er die Absicht, aufzuspringen und Lavi das Grinsen aus der Visage zu prügeln, in die Tat umsetzen konnte, war die Tür ein weiteres Mal geöffnet worden, und das Grauen trat höchstpersönlich herein. Die gläsernen Augen zirkulierten wie ein Kettenkarussell. Die massiven Arme fuchtelten wild herum. Der stählerne Mund klappte mit einem Mal auf und setzte den Wahnsinn, mit dem der Schwarze Orden seit geschlagenen drei Tagen zu kämpfen hatte, fort:
 

»Komurine - will - Yullen - FANSERVICE
 


 

. . . . .
 

»Was soll ich mit so dummen westlichen Spielen? Ich hab‘ keinen Bock mehr.«

Kanda klatschte die Karten auf den Tisch und verschränkte die Arme. Auf solchen Mist konnte er getrost verzichten.

»Tja, Pokern ist nun mal nichts für Leute, die sich nur mit roher Gewalt behaupten können.« Allen rollte auffällig mit den Augen, legte sein Blatt auf das Deck und sammelte auch die restlichen Karten ein, um sie auf diesem zu stapeln. Kanda pfiff Luft durch die Zähne. Dass dieser Winzling sich auch ständig mit ihm anlegen musste.

»Forderst du mich jetzt nur noch zum Kartenspielen heraus, weil du weißt, dass du in einem richtigen Kampf verlierst? Che. Mit dieser Mädcheneinstellung wirst du immer ein Moyashi bleiben!« Kanda stand auf und lief an dem Knirps vorbei in Richtung Tür. Er ahnte bereits, dass dieser auf sein letztes Wort bestehen würde. Und das tat er auch.

»Oi, Kanda.« Er wagte, sich ihm in den Weg zu stellen. »Ich heiße Allen! Aber das kannst du dir natürlich nicht merken… Bei dem Bisschen Hirn ist es ja schon ein Wunder, dass du weißt, wie man ein Schwert in der Hand hält.«

»Was hast du da gesagt?!« Kanda zögerte nicht und packte Allen am Kragen. Er starrte ihn feindselig an. Allmählich sollte er sich angewöhnen, Mugen immer bei sich zu tragen - vor allem in solchen Situationen könnte dies sehr hilfreich sein. »Mir reicht es zu wissen, wie ich kleine Mistkerle wie dich in Stücke schlage!«

Allen drehte den Kopf zur Seite und schielte Kanda aus dem Augenwinkel heraus an. Er schien nicht mal minder erschrocken über die Drohung zu sein. »So? Du spuckst immer dieselben dummen Sprüche aus, Ba-Kanda…« Er zog ein arglistiges Grinsen. Das passte Kanda überhaupt nicht in den Kram. Er vergrub die Finger in dem Saum des Hemdes, das der Schwächling trug.

»…MOYASH-«
 

»Heeeey~, meine Lieben!«

Kanda ließ von Allen ab. Dieser runzelte die Stirn. »M-Meine Lieben…?«

»Ich muss euch unbedingt meine neueste Erfindung zeigen!« Komui hatte den Gemeinschaftsraum betreten, und seine Augen strahlten verdächtig. Kanda befürchtete Schlimmes. Als er sich zur Tür wandte, sah er, dass diese einen Spalt breit offenstand. Durch die Lücke lunzte ein großes, glänzendes Auge in den Raum. Die Lider schlugen mehrfach auf und zu, als es Kanda zu erspähen schien. Nun befürchtete er das Schlimmste.

»Los, Komurine, nicht so schüchtern. Sag den beiden ›Guten Tag‹!«

»Komurine?«, wiederholte Moyashi. »Das klingt wie-«

»-Komurin in weiblich, genau!« Komui schlug die Faust auf die offene Handfläche. »Da es mit Komurin immer Schwierigkeiten gab, dachte ich, dass es mit einem Mädchen vielleicht besser laufen würde. Ich habe ihr einen Chip installiert, der auf Haushaltsdienste programmiert ist. Sie kann also nichts kaputt, sondern nur sauber machen. Ist das nicht toll?« Er drehte sich um und machte eine lockende Geste. »Komm schon, Rine-chan. Niemand tut dir was!«

Der Türspalt wurde um wenige Zentimeter erweitert. Die murmelartige Iris bewegte sich von Kanda weg und nahm nun Allen ins Visier. Die Lider fielen mechanisch zu und schnellten anschließend nach oben. Kanda kämpfte mit der Geduld, als er ein weiteres Mal von dem Ding fokussiert wurde. Konnte dieser Schwachmat von Abteilungsleiter seine Zeit nicht ein einziges Mal sinnvoll nutzen? Nein, natürlich nicht. Stattdessen hielt er es für nötig, elende Blechbüchsen zum Leben zu erwecken, mit denen nichts anzufangen war.

Während Kanda sich in Gedanken die nötigen Worte zurechtlegte, um Komui zur Sau zu machen, wurde die Tür mit einem Mal aufgestoßen, und das klobige Etwas rollte geradewegs auf Moyashi zu. Die gläsernen Augen spiegelten Wahnsinn höchsten Grades wider. Die Blechbüchse breitete die Arme aus und packte ihr Opfer an der Taille.

»Oi, was…?!«

Kanda wich einen Schritt zurück. Augenblicklich darauf wurde ihm klargemacht, dass das bei Weitem nicht ausreichte, um das Schlimmste zu verhindern. Ehe er sich versah, hatte der Roboter Moyashi zielgenau auf ihn geschleudert, sodass beide zu Boden fielen. Was sollten diese verdammten Kinkerlitzchen?!

»Runter von mir, Moyashi!«, keifte er mit geballter Faust, die er nur zu gerne in Allens Gesicht sehen würde - aber da hatte er die Rechnung ohne Komurine gemacht.

»Muss - shippen. Will - Yullen - Fanservice!«

»...›Yullen‹?! Was meint sie mit-«

»A-Alles in Ordnung mit dir, Rine-chan?«

»FANSERVICE!!«

...

»Uaah!!«
 


 

*

»Komui. Ernsthaft. Was zum Teufel war das?!«

Nachdem die drei aus dem Raum geflohen waren, hatten sie mehrere Möbelstücke vor die Tür geschoben und sich, an ein Sofa lehnend, davorgesetzt. Kandas Augen waren weit aufgerissen. Noch immer stockte sein Atem.

Dieser Schrotthaufen hatte doch tatsächlich versucht, ihn und Moyashi am Schopf zu packen und ihre Köpfe - um nicht zu sagen: ihre Lippen - gewaltsam gegeneinanderzupressen. Hässliche Bilder übermannten ihn, als er sich vorstellte, wie das Ganze hätte ausgehen können, wären sie nicht schnell genug gewesen. Als er einen Blick auf Allens kreideweißes Gesicht wagte, wusste er zumindest, dass er nicht als Einziger mit einem Schock fürs Leben gebrandmarkt worden war.

»Ich kann mir ihr Verhalten auch nicht erklären. Ich hatte ihr doch eine zartbesaitete Seele installiert...«

Kanda wischte sich den Schweiß von der Stirn. Plötzlich wurde gegen die versperrte Tür geschlagen, und das Sofa bebte bei der Erschütterung. Kanda biss die Zähne zusammen.

»Du solltest mal überprüfen, ob du ihr keine anderen Funktionen eingebaut hast«, sagte Allen mit vorwurfsvollem Unterton. Komui rieb sich das Kinn und starrte an die Decke. Wieder überkam Kanda der Drang, seine Faust in jemandes Gesicht zu schlagen - diesmal jedoch in das Komuis.

»Kannst du nicht einmal irgendetwas richtig machen? Verdammt, du bist der Abteilungsleiter, trag endlich mal ein bisschen Verantwortung!«

»Hey, Ba-Kanda hat das erste Mal in seinem Leben etwas Sinnvolles gesagt!«, rief Allen aus, erkannte aber schnell, dass dies keine gute Idee gewesen war.
 

»Allen - gibt - Kanda - recht. Yullen - Hint! Yullen - Hint!«
 

Metallfäuste polterten gegen die Innenseite der Tür. Die Möbel kippelten durch die Wucht der Stöße. Die Blechbüchse war drauf und dran, sich zu befreien. Auch wenn Kanda nichts mit dem Begriff ›Yullen‹ anfangen konnte, meinte er eine leise, bittere Vorahnung zu haben, was der Grund für Komurines Verhalten war. Allen presste die Hände auf beide Ohren und hätte Kanda beim Ausholen beinahe den Ellenbogen ins Gesicht gerammt.

»Ahh, sie soll endlich aufhören! Stopp das, Komui!«

Komuis Gesichtsausdruck verriet, dass er allmählich erfasste, was es mit der Fehlprogrammierung auf sich hatte. »Na gut, ich lauf‘ schnell in mein Labor und schaue nach, ob ich auch wirklich den richtigen Chip eingebaut habe. Haltet hier die Stellung!«

Bevor Kanda etwas entgegnen konnte, war Komui aufgesprungen und losgesprintet. Allen hielt sich noch immer die Ohren zu, während der Schrotthaufen auf der anderen Seite fröhlich seine ›Yullen‹-Parolen weiterplapperte. Moyashi war wirklich überempfindlich.
 


 

*

»Warum hat das so lange gedauert?!«

»Kanda-kun? Allen-kun?« Komui nahm einen tiefen Atemzug. »Ihr werdet nicht erfreut über meine Nachrichten sein.«

Er kniete sich vor die beiden, die noch immer mit dem Rücken gegen das Sofa drückten, und rollte ein vollgekritzeltes Plakat auf. Die Tür zeichnete bereits einige Risse.

»Das hier ist die Bedienungsanleitung des Chips, den ich... versehentlich installiert habe.«

Nachdem er es hochgehalten hatte, legte er das Plakat auf dem Boden aus. Kanda warf einen flüchtigen Blick darauf. Dann schielte er zu Komui. »Che. Die ist auf Deutsch geschrieben, wie sollen wir das entziffern?«

»Ich hab‘ es Miranda übersetzen lassen.« Komui kramte ein zusammengefaltetes Blatt aus seiner Hosentasche, faltete es auf und legte es neben das Plakat. »Deshalb hat es so lange gedauert.«

Allen beugte sich vor und nahm es zur Hand. Sein Blick huschte unsicher von Komui zu Kanda, ehe er die Aufzeichnungen vorzulesen begann:
 

»Erstens: Ein Roboter, der diesen Chip installiert bekommt, verhält sich sehr schüchtern und erregt wenig Aufmerksamkeit, sofern weder Kanda Yū noch Allen Walker in seiner Nähe sind.«

Kanda zog eine Augenbraue hoch. Warum wurden in einer universellen Gebrauchsanweisung sein und Moyashis Namen erwähnt?

»...zweitens: Sobald eine der eben genannten Personen auf den Roboter trifft, schaltet dieser automatisch in den Yullen-Fangirl-Modus um. Er wird drauf und dran sein, die jeweils fehlende Person ausfindig zu machen und sie der vorhandenen auszuliefern.«

»Was soll dieser ›Yullen-Fangirl-Modus‹? Ich kann mir darunter nichts vorstellen.«

»Ich glaube, das willst du auch gar nicht«, murmelte Komui. »Lies weiter, Allen.«

Moyashi schluckte. »O-Okay... Drittens: Hat der Roboter beide Personen zueinander geführt oder ist von Beginn an auf beide gleichzeitig getroffen, erreicht der bereits aktivierte Modus die zweite Stufe. Diese äußert sich darin, dass der Roboter versucht, die beiden zu...-«

Allen sah aus, als hätte er ein Gespenst gesehen. Das Blatt zitterte in seiner Hand.

»Zu was, Moyashi?!«, bohrte Kanda nach, auch wenn ihm klar war, dass die Antwort alles andere als rosig ausfallen würde. Allen hielt Komui das Blatt hin. »Ich kann das nicht vorlesen. Das ist doch krank!«

Also setzte Komui die Misere fort: »-zu shippen. Zu verkuppeln. Euch zusammenzubringen. Komurine will euch als liebendes Pärchen sehen, Kanda-kun.«

Kanda meinte sich verhört zu haben. »Hä?!«

Allen hatte inzwischen die Hände vors Gesicht geworfen und die Beine angezogen. Die Vorstellung schien ihn sichtlich mitzunehmen.

»M-Moment! Wer zur Hölle programmiert solche Chips? Und warum... Moyashi und- ... bedeutet ›Yullen‹ etwa...?!« Mit jedem Satzfetzen, den Kanda herausbrachte, begann er sich seiner Lage bewusster zu werden. Jetzt verstand er auch Allens Reaktion darauf.

»Ja. Genau das bedeutet es«, bestätigte Komui, »ich weiß auch nicht, wer diesen Chip programmiert hat und wie er in den Schwarzen Orden gelangt ist. Jedenfalls habe ich ihn aus Versehen statt des Haushaltsmädchen-Chips in Komurine eingebaut...«

»Das heißt also im Klartext, es ist mal wieder alles deine Schuld! Du Idiot bist wirklich zu nichts zu gebrauchen!« Als Kanda wutentbrannt aufsprang, brach auf einmal Komurine durch die Tür und schob die Möbelstücke beiseite, um an ihr one true pairing zu gelangen. Ihre Glasaugen blitzten scharlachrot auf.
 

»Komurine - will - Yullen - FANSERVICE
 

Komui und Kanda hatten den verstörten Allen jeweils am Arm gepackt und rannten mit ihm im Schlepptau davon. Zum Glück war die Blechbüchse auf ihren zwei kleinen Rädern relativ langsam.

»Steht in der Bedienungsanleitung auch, wie man dieses Ding aufhält?!«

»Ja!« Die drei rannten in den nächstliegenden Raum und verbarrikadierten sich darin. Komui rang nach Luft, bevor er weitersprach: »Da ich Komurine keine Waffen eingebaut habe, müsste es spielend leicht sein, sie mit Gewalt aufzuhalten... aber das sollten wir lieber bleiben lassen. Laut der Gebrauchsanweisung ist eine Art Bombe im Chip installiert, die hochgeht, wenn man den Roboter angreift, fesselt oder sonst wie gewaltsam von seinem Vorhaben abhält.«

»Na ganz toll! Und wenn nicht mit Gewalt, wie dann?!«

»Mit Fanservice«, antwortete Komui trocken, »du musst Allen vor Komurines Augen... naja - küssen, oder sowas...«

Allen, der bis eben geschwiegen hatte, riss plötzlich die Augen auf. »WAS?! Das mach‘ ich garantiert nicht! Nie im Leben!« Er wandte sich Kanda zu. »Und du lass bloß die Finger von mir!«

»Che. Nichts lieber als das.«

Kanda verschränkte die Arme. Komui sah zwischen den beiden abwechselnd hin und her. »Aber ihr müsst es machen! Der Chip wird dann deaktiviert und wir können ihn entfernen. Komurine wird nicht eher Ruhe geben!«

»Dann lockt Moyashi sie eben an einen verlassenen Ort, zerstört sie und geht bei der Explosion ganz heldenhaft und selbstlos mit drauf. Damit hätten wir sogar zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.« Kanda hielt seine Idee für nahezu brillant. Allen sandte ihm verächtliche Blicke zu.

»Ich bin eher dafür, dass du dich opferst. Jemanden wie dich vermisst sowieso keiner!«

»Ohh, sagt der kleine Moyashi, der sich für den Mittelpunkt der Welt hält! Du bist doch sonst immer so scharf drauf, die Menschheit vor dem Bösen zu retten. Also hier, bitte, das ist deine Chance!«

»Hey, ihr zwei, wir haben keine Zeit für Streitereien!«, mahnte Komui. Als die Aufmerksamkeit wieder auf ihm lag, rückte er seine Brille zurecht und sprach weiter:

»Jetzt geht vor die Tür und bringt es hinter euch. Uns läuft sowieso die Zeit davon, weil ich Allen heute noch auf eine Mission schicken muss.«

»Heute? Wann genau denn? Und mit wem?« Allens Augen weiteten sich, und ein ahnungsvolles Lächeln zeichnete sich auf seine Lippen.

»Lenalee begleitet dich«, sagte Komui schnell und schaute auf seine Armbanduhr. Dann sah er Allen erstaunt an. »I-In einer halben Stunde kommt euer Zug! Verdammt... den müsst ihr kriegen. Die Verbindungen nach Spanien sind am Wochenende immer so schlecht...«

»Ach, müssen wir das? Tatsächlich?« Auf einmal sprang Allen auf. Er schmälerte die Lider, als er Kanda frech angrinste. »Tja, dann... wünsche ich dir mit Komurine eine wunderschöne Zeit, Kanda. See ya!«

»Oi, MOYASHI!«

»Allen-kun, wart-« Zu spät. Moyashi hatte bereits die Tür aufgerissen und sich aus dem Staub gemacht. Durch den offenen Spalt hörte Kanda das bedrohliche Rollen zweier Räder über Linoleumboden. Ein Geräusch mit hohem Wiedererkennungswert. Als er einen Blick auf den Flur wagte und ein rotes Augenpaar aus der Ferne erspähen konnte, schloss er zügig die Tür und setzte sich zusammen mit Komui davor.

Mal wieder waren sie eingesperrt. Wie lange sollte das noch so weitergehen? Bis Moyashi wieder zurückkäme? Kanda hoffte, dass dieser Idiot seinen Hintern so schnell wie möglich zurück in den Schwarzen Orden bewegen würde. Lange würde er den wütenden Fangirl-Roboter nicht ertragen können.

Kanda blinzelte und starrte irritiert ins Leere. Warum zog er in Erwägung, etwas ändere sich an der Lage, wenn Moyashi zurückkehre? Er schüttelte den Kopf. So ein Schwachsinn. Es musste eine andere Lösung geben. Eine durchführbare. Eine nicht mal ansatzweise so widerwärtige. Eine, die Kanda und Moyashi in Kombination gänzlich ausschloss. Irgendeine...
 


 

. . . . .
 

»Hey, vielleicht gibt es eine andere Lösung!« Lavi sprang vom Sofa und hob den Zeigefinger. Kanda sah aufmerksam auf, während sich Komurine vor seiner Nase wild im Kreis drehte und eine Yullen-Endlosschleife startete. »YullenYullenYullenYullen...«

Lavi sprach gegen sie an: »In der Gebrauchsanweisung steht zwar, dass sie Yū und Allen anhimmelt, aber es wird mit keiner Silbe erwähnt, was sie von anderen Pairings hält.«

»...das ist ein interessanter Aspekt.« Komui nickte und stierte Lavi mit scharfem Blick an, ehe er Kanda anvisierte. Diesem gefiel Komuis Gesichtsausdruck überhaupt nicht. Als er sich Lavi zuwandte, wurde es nicht gerade besser. Kanda verkrampfte die Augenbrauen. »Halt. Moment. Was willst du damit sagen?«

»Nun ja...« Lavis Grinsen nahm diabolische Züge an. Er ging einen Schritt auf Kanda zu, der wie versteinert auf der Couch sitzen blieb. »Wenn Komurine dich und Allen mag... dann mag sie vielleicht auch...«

Plötzlich stürmte Lavi los, geradewegs auf Kanda zu, der jetzt aufstand und die Hände wie einen Schild vor sich hielt. »Baka, mach das bloß nicht!!«

Seine Gebete wurden erhört. Als Lavi die Arme ausbreitete und kurz davor war, Kanda in eine Umarmung zu schließen, die über jegliche Freundschaftsgesten hinausgegangen wäre, fuhr die Blechbüchse einen ihrer Arme aus, erfasste Lavi und drängte ihn unsanft zurück.
 

»Yuvi - verhindern. Yuvi - inakzeptabel. Yullen - only! Yullen - only!«
 

»...womit sich deine Vermutung widerlegt hätte, Lavi«, merkte Komui verworren an und faltete die Hände auf dem Schreibtisch ineinander. Kanda wusste nicht, wo ihm der Kopf stand. Erst hatte der Schrotthaufen versucht, ihn und diese elende Moyashi zusammenzubringen, und dann war sogar Lavi auf die Idee gekommen, sich begierig auf ihn zu stürzen. In diesen drei Tagen war eindeutig mehr passiert, als sich mit Kandas Weltbild vereinbaren ließ. Lavi schien sich nicht zufriedenzugeben:

»Und was ist, wenn sie nebenbei noch Hetero-Pairings mag? Wir brauchen Lenalee...«

»NEEIIIN, nicht meine Lenalee!« Komui war kurz davor, in Sturzbachtränen auszubrechen. »Außerdem ist sie mit Allen auf Mission. Wenn sie zurückkommen, soll gefälligst Allen hinhalten, bei ihm sind wir wenigstens sicher, dass es funktioniert!«

»Hm, wo du Recht hast...« Lavi überlegte kurz. »Bei einer so extremen Fangirl-Attitüde kann man fast vermuten, Komurine sei... homophil. Hetero-Pairings lässt sie bestimmt noch weniger zu.«

»Dann bleibt nur noch Allen. In der Bedienungsanleitung steht auch, dass der Chip nach dreitägigem OTP-Entzug auf den Amok-Modus umschaltet...«

»...Allen ist unsere einzige Hoffnung. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«

»FANSERVICE
 

Langsam reichte es. Kanda konnte sich dieses Geschwafel nicht mehr länger anhören. Er stampfte in die Mitte des Büros, zog Mugen und richtete die Spitze auf Komuis Stirn.

»Oi. Ihr hirnrissigen Schwachköpfe. Ist euch eigentlich klar, dass ihr die ganze Zeit denkt, über meinen Kopf hinaus entscheiden zu können?!« Er drehte sich um und schwang das Schwert über Lavis Schopf, ehe er es ihm an die Kehle hielt. »Glaubt ihr allen Ernstes, ich zieh‘ so eine Nummer mit Moyashi ab, nur damit diese verdammte Blechbüchse endlich Ruhe gibt?« Abschließend führte er Mugen an Komurines metallene Schläfe. »Che! Lieber mach‘ ich dieses Ding hier und jetzt zu Schrott und jag‘ damit das ganze Gebäude in die Luft!«

»Bist du verrückt geworden?! Willst du uns alle umbringen?!«

»Eher sterbe ich, als Moyashi zu... - ihr wisst schon!«

Der Schrotthaufen drehte sich trotz Mordandrohung im Kreis und trällerte erquickt vor sich hin: »YULLENYULLENYULLENYULLENYULLENYULLEN~«

»Halt’s Maul!«, brüllte Kanda und holte mit dem Bein nach einem Tritt aus. Jetzt würde er diesem Wahnsinn ein für allemal ein Ende bereiten. Bestimmt war die Sache mit dem explodierenden Chip nur ein dummer Scherz des verrückten Erfinders - immerhin schien dieser aus Deutschland zu kommen, und dass alle Deutsche einen Dachschaden haben, war bei Weitem nichts Neues mehr.

»Halt, Kanda!!«
 

Und er hielt tatsächlich. Nein, falsch. Er wurde aufgehalten. Komurine hatte ihn am Bein gepackt und mit gewaltiger Kraft in die Ecke gefeuert. Fassungslos rappelte er sich auf.

»W-Was...?! Ich dachte, das Teil kann nicht kämpfen...«

Noch bevor Komui über eine mögliche Ursache nachdenken konnte, lieferte Komurine die Antwort:

»Zweiundsiebzig-Stunden-Frist - abgelaufen. Amok-Modus - aktiviert. Komurine - muss - zerstören. Zerstören. ZERSTÖREN

Lavi fasste sich an den Kopf. »Neihiin, es hat begonnen! Allen, wo bleibst du nuur~?!«

Die Blechbüchse fuhr ihre Arme aus und fuchtelte damit blindlings herum, zerberstete die Fensterscheibe, zerbrach einen Blumentopf, schlug tiefe Risse in die Decke. Komui hatte sich auf den Boden geworfen. Lavi und Kanda starrten schweigend auf das Monster, das soeben erwacht war. Die Augen leuchteten in einem intensiven Rot, der Mund war weit aufgerissen, die Stimme klang tief, rau und... irre. Jetzt wünschte sich selbst Kanda Moyashi auf der Stelle wieder zurück. In einem Kampf müssen Opfer gebracht werden. Das hatte er Moyashi bereits auf ihrer ersten gemeinsamen Mission gesagt. Und er glaubte bis heute an seine Worte. Selbst angesichts der Tatsache, inwiefern er als Opfer hinhalten musste.

In seinem Kopf drehte sich alles.
 

Komurine rollte über den geduckten Komui hinweg aus dem Raum. Scheinbar hatte sie die Absicht, den gesamten Schwarzen Orden auf den Kopf zu stellen und in jedem noch so kleinen Zimmer zu wüten. Lavi packte Kanda am Handgelenk und zog ihn mit sich.

»Los, Yū-chan, hinterher! Sie darf nicht noch mehr Schaden anrichten!«

Komui keuchte schwer. »Haltet sie auf... irgendwie... für den Schwarzen Orden...!«
 


 

*

Die Kantine war ein einziges Schlachtfeld. Finder kauerten unter Tischüberresten, Jerry versteckte sich zitternd hinter der Theke und Krory hatte sich Lavi und Kanda angeschlossen, die praktisch nichts gegen die Bestie ausrichten konnten. Würde Komurine attackiert werden, würde sie zurückschlagen. Würde sie kurz davor sein, den Kampf zu verlieren, würde sie sich selbst in die Luft jagen. Die Situation war schier aussichtslos.

Der amoklaufende Schrotthaufen schlug den Weg zur Forschungsabteilung ein. Dorthin durfte er keinesfalls gelangen. Die Wissenschaftler konnten sich noch weniger als die Finder zur Wehr setzen. Es würde zahlreiche Schwerverletzte, vielleicht sogar den einen oder anderen Toten geben.

»Was sollen wir jetzt tun?«

»Ich weiß nicht... das Gebäude evakuieren?!«

»Dafür ist es schon längst zu spät!«
 

Als sie am Haupteingang vorbeirannten, wurde plötzlich das große Tor geöffnet. Sonnenlicht flutete in den Flur, und Kanda warf die Hand vor die Augen. Es blendete. Er erkannte nichts. Lavi und Krory waren auch stehengeblieben. Als Kanda die Lider schmälerte, konnte er zwei Silhouetten ausmachen, hinter denen das Tor nun zufiel. Die Umrisse nahmen eine Gestalt an. Kandas Herz begann mit einem Mal zu hämmern.
 

»Hey, ihr drei«, erklang Lenalees freundliche Stimme.

»Na, ist das Komurine-Problem gelöst?« Moyashi schien viel zu zuversichtlich. Kanda krallte die Finger in den Stoff seiner Hose. Biss die Zähne zusammen. Spürte Schweiß an den Schläfen entlangperlen. Holte tief Luft. Und dann lief er los.

»Oi... M-Moyashi...«

»Was willst du?«

Kanda machte große Schritte. Seine Wangen glühten. Er blieb vor Allen stehen und murmelte: »...dich.«

Und dann packte er ihn grob am Hinterkopf und drückte die Lippen auf die seinen. Er hielt die Luft an und presste die Augen zu. Der Knirps in seinen Armen war wie zu Stein erstarrt. Weder Körper noch Mund rührten sich. Kanda ließ noch nicht von ihm ab. Als er die Augen wieder öffnete, starrte er in Allens, die weit aufgerissen waren und blanke Erschrockenheit widerspiegelten. Kanda fuhr mit den Fingern durch das weiße Haar. Es fühlte sich weich und seidig und irgendwie gut an. Um sie herum war alles still. Komurine hatte sich bestimmt beruhigt. Allen hing noch immer wie ein Stock in Kandas Umarmung.
 

Allmählich war es genug. Kanda stieß Moyashi von sich weg und wischte sich mit dem Ärmelsaum über die Lippen. Er seufzte und sah in die Runde. Lenalee hatte beide Hände vors Gesicht gelegt. Zwischen den Fingern konnte man erkennen, dass sie hochrot angelaufen war. Krory blinzelte benommen und sein Mund stand offen, während Lavi - wie erwartet - ein ziemlich begeistertes Gesicht machte. Insgeheim stand er wohl auf sowas...

Kanda räusperte sich. »Jetzt alle zufrieden?«

Mit einem Mal wunderte er sich, dass er die Sache relativ gelassen wegsteckte. So schlimm war es gar nicht gewesen. Ein bisschen schlimm natürlich, zweifelsohne! Aber nicht ganz so schlimm wie erwartet. Allen hingegen schnaufte und rang nach Luft. Wieder das kreideweiße Gesicht. Es könnte seinen Haaren Konkurrenz machen.

»...w-warum... Kanda...«, stammelte er und starrte entsetzt zu Boden. Moyashi war wirklich überempfindlich. Kanda gab ihm einen Klaps gegen den Hinterkopf.

»Jetzt wimmer nicht so rum. Hauptsache, dieser Roboter gibt nun endlich Ruhe.«

»Ähm... Yū-chan?« Lavi lächelte bitter. »Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen... aber Komurine ist vorhin einfach weitergerollt. Sie hat gar nicht gesehen, was du eben gemacht hast...«

Die Information traf Kanda wie eine Kugel mitten durch den Kopf. »Was?!«, brachten er und Allen gleichzeitig heraus.

Plötzlich hallte ein Schrei durch den Flur. Er kam aus der Forschungsabteilung. Die Blechbüchse war bereits bis dorthin vorgedrungen.

Kanda schielte Moyashi ahnungsvoll an. Allen schluckte. »N-Nein, Kanda... nein... n-nicht schon wie-«

»Opfer müssen gebracht werden, Moyashi. Lernst du denn nie dazu?!«

Mit diesen Worten packte er Allen an der Hand und stürmte mit ihm in Richtung Forschungsabteilung.

»Woah, das muss ich sehen! Yullen reloaded!«, hörte er Lavi hinter sich ausrufen, welcher den beiden auf der Stelle folgte. Kanda verkniff sich zu schmunzeln.
 

Ausnahmsweise tat es doch mal ganz gut, in der Rolle des selbstlosen Helden zu stecken.
 


 

-:-:-:-:-

the. end.
 

___
 

Ich habe einen Yullen-OS geschrieben. Ich. Habe. Einen. Yullen-OS. Geschrieben! Srsly, in meinem Kopf existiert nur Lavi x Kanda, deshalb war das hier reinste Hirnakrobatik. Aber hey, was tut man nicht alles für seine geliebten Internetkontakte? Nur für Hanayakani und so. :D

Ignoriert bitte die Tatsache, dass Exorzisten ‘ne Explosion überleben können... %D
 

Liebe Grüße,

Fujoshi Fujouri



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  -Raidon-
2012-08-21T23:40:21+00:00 22.08.2012 01:40
Eine echt tolle Geschichte^^
da war alles bei =) der Humor war wirklich gut und ich habe an einigen Stellen gelacht. Außerdem hast du Kandas Charakter echt super hinbekommen ^^
Und dass es Yullen war machte das ganze noch besser XD
weiter so^^
LG
Von:  Kalahari
2010-11-22T17:16:52+00:00 22.11.2010 18:16
toller oneshort
sehr unterhaltsam und lustig
dafür, dass ich yullen nicht so mag, war es richtig gut... vllt lags auch einfach nur drann, dass es bei der sache um den roboter ging^^"
Komurine ist wirklich genial, das fangirl in person, ihre hartneckigkeit ist zu bewundern, ebenso wie die verschiedenen stufen, in denen sich durch den orden wütet
also ich würd sagen: humor trifft es SEHR gut^^
LG


Zurück