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Eine Nacht

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von

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Eine Nacht

Eine Nacht
 

Langsam wurde Hermine wach. Noch im Halbschlaf kuschelte sie sich an die Wärmequelle neben ihr, dennoch brauchte sie eine Weile, bis sie sich schließlich zweierlei Dingen bewusst wurde: erstens, sie selbst war nackt. Zweitens, wer immer da neben ihr lag, war es ebenfalls.

Erschrocken riss sie die Augen auf, dann setzte sie sich so schnell auf und aus der zärtlichen Umarmung, dass ihr kurz schwarz vor Augen wurde und mit Entsetzen blickte sie auf Harry herunter, der noch selig schlief.
 

Harry, ihr Harry, ihr bester Freund, ihr brüderlicher Freund, der nie mehr als das in ihr sehen würde: eine gute Freundin. Obwohl sie sich sehnlichst wünschte, es wäre anders. Oh ja, sie, Hermine Jean Granger, hatte sich in ihn, den Goldjungen, verliebt. Doch sie wusste, dass ihre Gefühle für immer unerwidert bleiben würden.
 

Dass sie jetzt zusammen in Harrys Bett lagen, hatte schlicht den Grund, dass sie gestern zu viel getrunken hatte. Und er vermutlich auch. Denn welchen Grund sollte er haben, sie mit sich in sein Bett zu nehmen?
 

Vielleicht hatten sie sogar miteinander geschlafen, denn ihr feuerroter String hing seelenruhig über Harrys Wecker und augenblicklich nahm Hermines Gesicht eine ebensolche Hautfarbe an. Merlin, war ihr das peinlich! Sofort klaubte sie ihre Sachen zusammen.
 

Sie würde sich beeilen, um hier weg zu kommen und Harry das alles zu ersparen. Wenn er Glück hatte, konnte er sich nicht einmal mehr, genau wie sie selbst, an das erinnern, was in der Nacht passiert war und sie hoffte es inständig, denn sie wollte ihm das Gefühl ersparen, einen Fehler begangen zu haben und sie wollte die Reue nicht in seinen Augen sehen, wenn er es wüsste; sie wollte ihre Freundschaft nicht riskieren.
 

Es war so schon schwer genug für sie, zu ahnen, was sie in diesem Bett getan hatten und zu wissen, dass es für Harry gänzlich ohne irgendwelche tieferen Gefühle passiert war. Und sie schämte sich, in betrunkenem Zustand ihren eigenen nachgegeben zu haben, anstatt die Beherrschung zu bewahren und standhaft zu bleiben, so wie sie es schon seit Monaten von sich selbst abverlangte.
 

Rasch zog sie das Nötigste über und huschte dann auf leisen Sohlen aus dem Schlafsaal, der ansonsten wie ausgestorben wirkte, da die anderen wohl nicht mehr in den Schlafsaal gefunden hatten; bis vielleicht auf Neville, der schon während der Feier ins Bett gegangen war und daher die Vorhänge zugezogen und alle erdenklichen Zauber angewandt hatte, um den Partylärm von seinem Bett fernzuhalten. Das wusste Hermine so genau, da sie die zugezogenen Vorhänge um das Bett an der Tür gesehen hatte und Neville bei jeder Party so verfuhr, da er immer früh müde war.
 

Leise schlich sie die Treppe von den Jungenschlafsälen hinab und sah mit einem Blick, dass sie recht gehabt hatte: Ron, Seamus und Dean, und auch noch andere Schüler, lagen auf den Sofas und Sesseln im Gemeinschaftsraum verteilt und hielten dort ihr gemeinsames Schnarchkonzert. Es war das erste Mal, dass Hermine über diese Tatsache froh war. Sonst hatte sie den Jungs am nächsten Tag immer eine Vertrauensschüler-Standpauke gehalten, dass sie doch gefälligst ihren Rausch auch in ihren Betten ausschlafen sollten, doch diesmal bedeutete das auch, dass wohl kaum jemand mitbekommen haben dürfte, dass sie die Nacht im Jungenschlafsaal und dazu noch in Harrys Armen verbracht hatte.
 

Ein warmer Schauer überfuhr sie, als sie an die starken Arme und den angenehmen Duft dachte, den Harry ausstrahlte. Wohlig seufzte sie, denn die Stellen, die Harry heute Morgen berührt hatte, als sie aufgewacht war, kribbelten noch immer angenehm.
 

Rasch betrat sie den Mädchenschlafsaal und stellte erleichtert fest, dass auch dieser leer war. Wo ihre Mitbewohnerinnen waren, wollte sie lieber nicht wissen, aber vermutlich hatten diese mehr Glück mit der Wahl ihres Bettgefährten, als sie selbst. Traurig seufzte sie abermals auf und ging dann zu ihrem Bett. Dort verstaute sie dann ihre Unterwäsche, die sie zusammengeknüllt in ihren Händen getragen hatte, in dem Korb mit der Dreckwäsche.
 

Dann begann sie, ihre hellblaue Bluse, die sie zuvor in aller Hast falsch zugeknöpft hatte, wieder aufzuknöpfen. Zum Vorschein kam ihre nackter Oberkörper und sie entledigte sich auch ihres Rocks. Dann betrachtete sie sich kritisch in dem Ganzkörperspiegel, der an ihrem Schrank hing.
 

Dabei ließ sie eine Hand über ihren Oberkörper, den Bauch bis hin zum Oberschenkel streichen. Eigentlich fand sie sich recht hübsch. Sie hatte eine gute Figur, denn sie war schlank und ihr Busen war glücklicherweise auch nicht so klein. Und ihr Gesicht konnte man ebenfalls getrost als schön bezeichnen, zumal nachdem sie sich ja ihre Zähne zurecht zaubern ließ.
 

Deshalb fragte sie sich zum wiederholten Male, warum Harry sie einfach nicht als Frau sehen konnte. Für ihn würde sie immer nur diejenige sein, die man um Hausaufgaben bitten konnte, die ihm etwas erklärte, wenn er etwas nicht verstand und die einfach da war und für alles eine Lösung parat hatte.
 

Mehr nicht, leider.
 

Traurig wandte sie den Blick ab, um frische Klamotten zusammen zu suchen und im Bad, das direkt an das Zimmer angrenzte, unter die Dusche zu schlüpfen. Ihm fiel ja noch nicht einmal auf, wenn sie sich extra für ihn hübsch machte.
 

Als sie nach gut einer halben Stunde wieder aus dem Bad trat und in den Schlafsaal zurückkehrte, war dieser mit fröhlichem Geschnatter angefüllt, denn ihre Mitschülerinnen waren mittlerweile wieder eingetroffen und unterhielten sich über den letzten Abend und die darauf folgenden Nächte. Hermine lächelte nur traurig und ging dann hinunter, um zur Großen Halle zum Frühstück zu gehen.
 

Im Gemeinschaftsraum blieb sie abrupt stehen und auch ihr trauriges Lächeln war von ihrem Gesicht gewichen. Dort stand er, Harry, beugte sich lachend zu Ginny hinunter, die mehr als einen Kopf kleiner war als er, und die die Situation auch gleich ausnutzte und Harry sofort ihre Lippen auf die Wange drückte. Das Schlimmste war, dass es ihm noch nicht einmal etwas auszumachen schien, eher im Gegenteil, er schien es sichtlich zu genießen.
 

Und mit einem Mal fiel Hermine auch wieder der Grund ein, weshalb sie am Vorabend überhaupt so viel getrunken hatte. Normalerweise feierte sie nicht so viel, wenn ihre Quidditch-Mannschaft gewann, auch nicht, wenn sie gegen Slytherin gewannen. Doch gestern hatte ihr Harry heftig mit Ginny geflirtet, mit ihr gekuschelt und sie geküsst.
 

Flüchtig fragte Hermine sich, warum dann sie in Harrys Bett gelandet war, anstelle von Ginny, doch sie riss sich von dem schmerzenden Anblick los und rauschte durch den Gemeinschaftsraum zum Porträtloch und verließ diesen so schnell, wie irgend möglich. Die Tränen brannten in ihren Augen, doch sie unterdrückte sie. Sie wollte nicht wegen ihm weinen, sie hatte doch schon längst die Hoffnung begraben gehabt. Doch es war ein furchtbares Gefühl, zu wissen, dass sie gestern Abend offenbar nur die zweite Wahl gewesen war. Eigentlich dachte sie, Harry wäre nicht so und würde nicht mit den Gefühlen von zwei Mädchen spielen; er hatte das noch nie getan, so was passte gar nicht zu ihm.

Aber es bewies ihr, dass er sich tatsächlich ebenfalls nicht an ihre gemeinsame Nacht erinnern konnte und das versetzte ihr einen erneuten Stich ins Herz.
 

**
 

Betrübt sah Harry Hermine nach, als diese den Gemeinschaftsraum fluchtartig verließ, versuchte aber, es sich vor Ginny nicht anmerken zu lassen. Jedoch war ihm nicht entgangen, dass Hermines Handlung eine Reaktion auf seinen Anblick gewesen war.
 

Er hatte schon am Morgen, als er alleine in seinem Bett aufgewacht war, vermutet, dass es ihr peinlich sein würde, mit ihrem besten Freund geschlafen zu haben, aber dass es so schlimm für sie sein würde, hatte er nicht gedacht.
 

Ihm war schon vor einigen Wochen aufgefallen, dass er mehr als nur Freundschaft für seine brünette Freundin hegte. Zunächst hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, ob diese Gefühle wirklich echt waren, denn er wollte sie nicht verletzen, dafür war sie ihm zu wichtig. Dann hatte er überlegt, welche Auswirkungen seine Empfindungen auf ihre Freundschaft haben würden, denn er wollte sie nicht verlieren.

Konnte ja sein, dass sie ihn ablehnte.
 

Danach hatte er mit einfachen Gesten versucht, sich mitzuteilen, doch diese hatten nicht gefruchtet. Hermine verstand sie offenbar nicht, oder deutete sie einfach nur als freundschaftlichen Zuspruch.

Gestern, nach ihrem Sieg, hatte er es erneut versucht, sogar noch auf dem Quidditch-Feld in seiner rot-gelben Montur, hatte sie umarmt und fest an sich gezogen. Doch so intelligent Hermine sonst auch war, sie wusste offenbar nicht, was er von ihr wollte.
 

Aber auch er hatte Probleme, seine Gefühle auszudrücken. Er hatte nie über Gefühle gesprochen, oder auch nur Gefühle kennen gelernt. Seine Verwandten hatten ihm schließlich nur Verachtung entgegengebracht für das, was er war oder werden würde.

Ron und Hermine waren schließlich seine ersten Freunde geworden, wofür er ihnen noch heute unendlich dankbar war. Doch solch heftige Gefühle, wie er sie nun für Hermine aufbrachte, hatte er noch nie empfunden; jedenfalls keine positiven.
 

Als Ginny dann gestern plötzlich neben ihm gesessen und ihn geküsst hatte, war er vor Frust über sein eigenes Unvermögen schon so betrunken gewesen, dass er sich nicht mehr gewehrt und alles, was sie getan hatte, zugelassen hatte.
 

Bis Hermine plötzlich schwankend aufgestanden war. Harry hatte ihr verwundert nachgeblickt, als sie die Treppen zu den Jungenschlafsälen emporgestiegen war. Er hatte sich bei Ginny entschuldigt, denn er wollte Hermine darauf aufmerksam machen, dass sie die falsche Treppe erwischt hatte. Doch als Hermine dann so verloren in dem Schlafsaal gestanden hatte, in dem er wohnte – sie war mit schlafwandlerischer Sicherheit dorthin gegangen, kam sie doch schon seit sechs Jahren fast täglich dorthin – hatte er einfach die Tür hinter sich geschlossen und die sich ihm bietende Chance ergriffen und sie von hinten umarmt.
 

Zu dem Zeitpunkt hatte er alles erwartet: Gezicke, Geschrei, eine Ohrfeige, doch nichts dergleichen war geschehen. Im Gegenteil. Sie hatte sich herumgedreht, ihn kurz angesehen und ihn dann stürmisch geküsst. Ihm war kurz in den Sinn gekommen, dass sie das alles nur tat, da sie hoffnungslos betrunken war, doch seine Gefühle übermannten ihn in diesem Moment und er hatte sich nicht mehr zurückhalten können.
 

Und nun plagte ihn das schlechte Gewissen. Er hätte wissen müssen, dass sie es gar nicht gewollt hatte und es nun bereute, er hätte sich dazu zwingen müssen, standhaft zu bleiben.
 

**
 

Trotz des Tränenschleiers, der vor ihren Augen lag, war Hermine kurz darauf in der Großen Halle angekommen. Entschlossen blinzelte sie die Tränen weg, bevor sie durch das weit geöffnete Tor in den großen Saal schritt und dann rasch an den anderen Haustischen vorbei zum Gryffindor-Tisch huschte. Sogleich ließ sie sich auf einen der freien Plätze auf der Bank fallen und griff nach der Kanne mit dem Kürbissaft.
 

Als ihre Freunde schließlich kamen, war sie bereits mit ihrem Brötchen fertig und hatte sich gerade etwas Obst auf den Teller getan. Sie liebte frisches Obst und hatte immer das Gefühl, nach jedem Bissen zu spüren, wie sich die Vitamine in ihrem Körper ausbreiteten. Natürlich wusste sie, dass das Schwachsinn war, aber genauso wusste sie, dass Obst sehr gesund war, weshalb sie sowohl morgens als auch abends einen Teller davon aß.
 

Ihre Nase hatte sie in der sonntäglichen Ausgabe des Tagespropheten vergraben und sie sah kaum auf, als Ron sich neben ihr und Harry und Ginny sich ihr gegenüber niederließen. Jedoch entging ihr der glückliche Gesichtsausdruck ihrer rothaarigen Freundin nicht, die sich offenbar über Harrys Aufmerksamkeit freute, doch den Schwarzhaarigen selbst traute sie sich nicht anzusehen.

Lieber würde sie ihm in nächster Zeit aus dem Weg gehen.
 

Harry derweil musterte seine Freundin besorgt. Er sah, dass es ihr nicht gut ging, daher beschloss er, dass sie darüber würden reden müssen, über das, was vorgefallen war, auch wenn ihm das, was sie ihm sagen würde sicherlich nicht gefallen würde.

Doch sein Entschluss stand fest.
 

Sein Blick ging hinüber zu Ginny. Ihr musste er auch noch die Wahrheit sagen. Irgendwann.

Im Moment war ihr Blick spöttisch auf ihren Bruder gerichtet, der sich seinen Teller berghoch mit Rührei, Speck, Brötchen und Schokoladenkuchen vollbeladen hatte und selig alles durcheinander futterte. Das war so typisch Ron, doch bei einem Mädchen würde man bei dieser Kombination sicherlich eine Schwangerschaft vermuten.
 

Harry wandte kopfschüttelnd den Blick ab und seine Gedanken der letzten Nacht und seiner bevorstehenden Aufgabe zu. Er wusste nicht, wo er es anpacken sollte. Er konnte schlecht mit der Tür ins Haus fallen.

Während er sich so Gedanken machte, aß er kaum etwas, und wenn doch, so bekam er es nicht wirklich mit.
 

Als sie später wieder im Gemeinschaftsraum waren, wollte Harry auf seine Freundin zugehen, um mit ihr zu reden, doch auch Ron schien Hermines Zustand aufgefallen zu sein, denn er ging zu der Brünetten und nahm sie tröstend in den Arm, was in Harry Eifersucht hochkochen ließ, doch er sagte nichts dazu. Stattdessen wandte er den Blick ab und Ginny suchte wieder seine Aufmerksamkeit.
 

**
 

Den Tag verbrachte Hermine an ihrem Lieblingsort in Hogwarts: der Bibliothek. Auf der Suche nach einem bestimmten Trank, einem Trank, der ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen würde, damit sie sich wieder an die vergangene Nacht würde erinnern können.

Denn sie wollte sich erinnern, es war bestimmt wunderschön gewesen.

Auch, wenn sie wusste, dass es sie danach schmerzen würde und es sich nie wiederholen würde, sie wollte ihn wenigstens einmal bewusst spüren.
 

Nachdem sie einen geeigneten Trank gefunden hatte, der sie alles in einem Traum wieder erleben lassen würde, kopierte sie den Text mit einem Zauber auf ein Stück Pergament, besorgte sämtliche Zutaten, die sie alle vorrätig hatte, da sie auch immer Zutaten besaß, die nicht auf dem Lehrplan standen, nur zur Sicherheit, und hatte sich dann in den Raum der Wünsche zurückgezogen, um ihn zu brauen. Es war ein sehr einfacher Trank, wenn man eine so gute Schülerin war, wie sie es nun mal war.

Dann füllte sie eine kleine Phiole damit und räumte danach auf.

Da der Trank rasch fertig war, würde sie ihn schon in dieser Nacht ausprobieren können.
 

**
 

Später am Abend passte Harry Hermine vor dem zu Bett gehen ab. „Wir müssen reden!“

Hermine sah blicklos auf seine Hand auf ihrem Arm hinab, dann schüttelte sie diese ab. „Ich wüsste nicht, worüber,“ entgegnete sie betont kühl.

„Ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht!“ erwiderte Harry und musterte sie eingehend.

Dass sie das alles so kalt ließ, schnitt in sein Herz.

„Alles bestens!“ versicherte Hermine, doch sie konnte ihm dabei nicht in die Augen sehen.

Sie wollte keine lahmen Erklärungsversuche für seinen offenbaren Ausrutscher hören. Es würde ihr zu sehr wehtun, daher wandte sie sich rasch von ihm ab und flüchtete in ihren Schlafsaal.

Dort warf sie sich auf ihr Bett und gab sich endgültig den Tränen hin, die schon den ganzen Tag in ihren Augen brannten und immer wieder gedroht hatten, sie zu überwältigen.
 

Nach ein paar Stunden, so kam es ihr vor, machte sie sich bettgehfertig. Im Nachthemd legte sie sich dann ins Bett, zog die schweren roten Samtvorhänge zu und sprach alle möglichen Zauber, die verhindern würden, dass jemand die Vorhänge öffnete oder einen Laut aus dem Inneren vernahm oder der verhinderte, dass sie etwas von Außen hörte.

Sie wusste zwar nicht genau, was sie erwartete, wenn sie nun den Trank nehmen würde, doch sie wollte auf keinen Fall gestört werden.
 

Sie legte sich in ihr Bett und zog sich die Decke bis zum Kinn. Dann griff sie nach der Phiole mit der fliederfarbenen Flüssigkeit. Sie entkorkte diese und betrachtete den Trank kurz, bevor sie das Glas an ihre Lippen setzte und in einem einzigen Zug leerte.

Doch dann war sie zu aufgeregt, um gleich einzuschlafen und der Trank bewirkte nicht, dass sie schneller einschlief. Ungeduldig wälzte sie sich hin und her und ihre Gedanken fuhren Achterbahn. Sie wusste, dass sie eigentlich keine großen Erwartungen haben sollte, doch insgeheim freute sie sich auf das, was sie gleich sehen würde und konnte es kaum erwarten.
 

Nach einer Ewigkeit, wie es ihr erschien, war sie schließlich eingeschlafen.
 

Hermines Kopf dröhnte von dem vielen Alkohol, den sie intus hatte. Fahrig leerte sie ihr Glas, dann glitt ihr Blick zu Harry, der ihr gegenüber saß, Ginny neben sich, die sich strahlend an ihn kuschelte und ihm immer wieder Küsse auf die Wange, den Hals, die Lippen hauchte.
 

Schwankend stand sie auf, wandte sich um, wobei ihr schwindelig wurde und stolperte hastig die Treppe zu ihrem Schlafsaal hinauf. Schwungvoll riss sie die Tür auf und tapste ein wenig unbeholfen in den Raum hinein. Das Einzige, was sie wollte, war schlafen und alles vergessen. Ihre Gefühle, Harry, Ginny.
 

Unschlüssig und mit trüben Augen sah sie sich um und stellte mit nur milder Überraschung fest, dass sie nicht in ihrem eigenen Schlafsaal war. Allerdings wusste sie nicht sofort, in welchem sie stattdessen gelandet war.

Als sich plötzlich zwei Arme um sie schlangen, überlief sie eine ausgewachsene Gänsehaut und ein warmer Schauer lief ihren Rücken hinab.
 

Rasch drehte sie sich in der Umarmung und sah in die unglaublichsten grünen Augen, die sie je gesehen hatte. Sie musterte Harrys markantes Gesicht eine Weile. Noch bevor sie sich zu irgendwas entschließen konnte, war auch schon der letzte Abstand zwischen ihnen überwunden und sie fand sich in einem berauschenden Kuss wieder.
 

Leise keuchte sie, als sie die warmen weichen Lippen auf den ihren fühlte. Harry nutzte dies sofort aus, indem er seine Zunge durch den kleinen Spalt zwischen ihren Lippen gleiten ließ. Hungrig kam sie seinem Kuss entgegen und genoss es, dass Harry ihre Mundhöhle ausgiebig auskundschaftete.
 

Als nächstes spürte sie eine vorwitzige Hand, die sich unter ihren Rock schob, die andere verschwand unter ihrer Bluse und strich warm über Hermines Rücken. Ehe sie sich versah, hatte der Schwarzhaarige sie auf seine starken Arme gehoben und zu dem Bett hinübergetragen, auf dem er sie sanft in die weichen Decken gleiten ließ. Er selbst ließ sich daneben sinken und streichelte ihr dabei unter der Bluse über den nackten Bauch.
 

Hermine seufzte wohlig und räkelte sich unter den sanften Berührungen.

Es war wunderschön, mit ihrem heimlichen Schwarm hier zu liegen und sich von ihm liebkosen zu lassen. Kurz darauf wurden Harrys feine Fingerspitzen durch weiche Lippen ersetzt, die sich wohlig über ihren Bauch küssten und ihre Bluse dabei immer höher schoben.
 

Kurz darauf knöpfte Harry ihr das Oberteil flink auf, strich es ihr über die Schultern und es verschwand aus ihrem Blickfeld. Doch es war nicht wichtig, was damit geschah, denn das Einzige, was für sie zählte, war, dass Harry sich nun an ihrem BH zu schaffen machte.

Angespannt hielt sie die Luft an, doch nachdem auch dieser verschwunden war und sie das leichte Lächeln auf Harrys Gesicht sah, atmete sie erleichtert weiter. Es schien, als würde ihm gefallen, was er sah.
 

Erneut beugte der Schwarzhaarige sich hinab, setzte seine Lippen zunächst auf Hermines Hals, die den Kopf ein wenig zur Seite legte, um ihm mehr Spielraum zu bieten, und küsste sich dann hinab bis zu ihren Brüsten, die er dann sanft liebkoste. Sachte saugte er eine der aufgereckten Brustwarzen in den Mund und Hermine entfloh ein lustvolles Stöhnen.

Sie drängte ihm ihren Oberkörper entgegen und schloss die Augen, um sich den berauschenden Gefühlen in ihrem Inneren ganz hinzugeben.
 

Als nächstes fühlte sie, wie seine Hand an ihrem Bein hoch glitt und zart über die Innenseite ihres Oberschenkels strich, bevor sie auch schon von ihrem Rock und dem darunter befindlichen String befreit wurde.

Sie sah zu Harry hoch, der sich nun rechts und links neben ihr auf den Händen abstützte und sie einfach nur betrachtete, sie mit seinen Blicken streichelte.
 

Fahrig strich sie ihm mit den Händen über die muskulöse Brust, dann über die Schultern, bevor sie eine Hand in seinem wilden Haar vergrub und ihn ungeduldig zu sich herab zog, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Ein Blitzschlag durchfuhr sie, als sich ihre Zungen erneut trafen und sie Harrys herben Geschmack wahrnahm.

Er war so männlich und stark und er würde diese Nacht nur ihr alleine gehören.
 

Sie spürte seine Erregung an ihrem Oberschenkel und eine Hand, die ihr sanft über den Bauch strich. Erst jetzt bemerkte sie, dass auch er sich seiner Kleidung entledigt hatte. Dann begegneten sie sich im Blick und beide wussten, dass sie dasselbe wollten.

Hermine spreizte ihre Beine ein wenig und kurz darauf ließ Harry sich vorsichtig in sie hineingleiten, was sie beide zum Aufstöhnen brachte. Eine Weile verharrten sie so und Harry sah sie mit einem intensiven Blick voller Zärtlichkeit an. Auffordernd umschloss Hermine ihn mit ihren Beinen und Harry begann, sich in ihr zu bewegen und die Brünette kam ihm immer wieder entgegen, um ihn in sich aufzunehmen.
 

Keuchend erwachte Hermine. Das Kribbeln ihres soeben erlebten Orgasmus’ zog sich noch immer durch ihren Körper. Ihr war klar, dass sie allein durch die Erinnerung im Schlaf einen erneuten Höhepunkt erlebt hatte.

Doch sie war glücklich, sich endlich erinnern zu können. Es war schließlich sehr schön gewesen, so was sollte man nicht vergessen. Auch wenn sie wusste, dass dieses Gefühl spätestens dann vorüber ging, wenn sie morgen Harry erneut mit Ginny sehen würde.
 

Jedoch war sie nun stark genug, auch das zu ertragen.
 

**
 

Am nächsten Tag konnte Hermine Harry noch weniger in die Augen sehen, denn sie spürte in seiner Nähe immer, wie ihre Wangen heiß wurden und ihr Gesicht sich rot verfärbte. Soweit es ging, ging sie ihm aus dem Weg, auch wenn er ständig mit ihr sprechen wollte, sie blockte es rigoros ab.
 

So ging das auch die nächsten Wochen weiter, so dass auch Harry sich irgendwann von ihr zurückzog, da er ihre Gefühle nicht verletzen wollte, indem er sie zu sehr bedrängte. Es tat ihm weh, dass ihr diese Nacht offenbar so wenig bedeutete, dass sie noch nicht einmal mit ihm darüber reden wollte und dass sie es offensichtlich so furchtbar gefunden hatte, dass sie ihm nun aus dem Weg ging. Sie hatten ihren Kontakt auf das Nötigste eingeschränkt und besprachen nur Belanglosigkeiten.

Zum Glück für die Brünette hatten sie auch die Weihnachtsferien getrennt voneinander verbracht, er im Fuchsbau und sie mit ihren Eltern.
 

Ron hingegen kümmerte sich immer offener um die Brünette, die das auch schweren Herzens zuließ. Sie ahnte, dass der Rothaarige mehr für sie empfand und sie wusste, dass es falsch war, ihm Hoffnungen zu machen, doch sie konnte nicht anders. Hermine hatte das Gefühl, dass Harry ihr immer mehr entglitt und sie wollte nicht, dass auch Ron sich auf Grund verletzter Gefühle von ihr zurückzog.
 

Sie sah in seine blauen Augen, die sie erwartungsvoll ansahen, doch sie konnte sich nicht daran erinnern, was er gesagt hatte, zu sehr war sie mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt gewesen.

„Was hast du gesagt?“ fragte Hermine etwas verwirrt. Es kam selten vor, dass sie nicht zuhörte, wenn man mit ihr redete, aber in letzter Zeit kam das häufiger vor, wenn sie ehrlich zu sich selbst war.

„Ob wir zusammen mit Harry und Ginny nach Hogsmeade gehen,“ wiederholte Ron ihr ausnahmsweise geduldig.

„Sollten wir die beiden nicht lieber alleine lassen?“ Hermine erinnerte sich nur ungern daran, dass Ginny sich immer an Harry heranschmiss.

Ron schüttelte den Kopf. „Harry hat ja gefragt, ob wir mitgehen, also kann er nichts dagegen haben.“

Dennoch war Hermine eher skeptisch. Doch dann gab sie nach. Immerhin hatten sie schon lange nichts mehr miteinander unternommen und sie vermisste es trotz allem.

„Okay,“ stimmte sie daher schließlich zu.
 

Ron lächelte erleichtert. Auch er hatte längst bemerkt, dass es zwischen Hermine und Harry derzeit eher weniger gut lief. Vielleicht würden die beiden sich bei einem gemeinsamen Ausflug wieder einander annähern.
 

**
 

Harry stand draußen vor dem großen Eingangsportal in der kalten Februarsonne und versuchte, Ginny zu ignorieren. Zunächst war sie beleidigt gewesen, als er es abgelehnt hatte, sich vor einer Woche am Valentinstag mit ihr zu treffen. Doch an diesem Tag wollte er nur an Hermine denken, auch wenn sie jetzt, nach fast drei Monaten, noch immer kein Stück weiter waren, was die Nacht von damals anging. Außerdem war ihm aufgefallen, dass Hermine sich nun auffallend oft mit Ron traf, der sie noch dazu recht heftig umschwirrte, was oft genug Harrys Eifersucht hochkochen ließ.
 

Und Ginny ließ auch nicht locker, wenn er sie ignorierte. Stattdessen redete sie unentwegt und hoffnungsvoll auf ihn ein und er sah es noch kommen, dass er früher oder später einfach ausrasten würde und ihr seine Meinung geigen würde, egal, ob sie dann verletzt werden würde, oder was Ron dazu sagte, der immer auf der Seite seiner kleinen Schwester stehen würde. Schon schlimm genug, dass sie ihm mit ihrer Anhänglichkeit die Weihnachtsferien versaut hatte.
 

Er würde wohl deutlicher werden müssen, als er bisher gewesen war. Auch wenn es ganz gut tat, umschwärmt zu werden, wenn ihn schon die Frau ignoriertre, für die sein Herz schlug und diese wohlmöglich schon bald mit jemand anderem zusammen kam.
 

Endlich kamen Hermine und Ron aus dem Schloss. Harry drehte sich ihr zu und lächelte sie warm an. Er meinte, einen leichten Rotschimmer auf ihren Wangen zu erkennen, doch sie wandte sich schnell wieder von ihm ab und harkte sich zu seinem Leidwesen bei Ron unter. Er bemerkte, dass Ginny es ihr gleich tun wollte, doch er tat so, als hätte er es nicht gesehen und wandte sich ab, um sich den anderen beiden anzuschließen.

Gemeinsam gingen sie nach Hogsmeade hinunter, wobei Harry jedoch darauf achtete, dass etwas Abstand zwischen ihm und der Rothaarigen blieb.
 

**
 

Sie hatten bereits Schreiberlings Federladen, den Honigtopf und Weasleys Zauberhafte Zauberscherze besucht und waren nun auf dem Weg zu den Drei Besen. Sie waren ausgelassen, wie schon lange nicht mehr, selbst Hermine war besser drauf, als sonst. Hogsmeade-Besuche hoben meistens die Laune.
 

Plötzlich kamen ihnen vier schwarz vermummte Gestalten entgegen. Die Luft schien noch kälter zu werden, als sie eh schon war und dunkle Wolken zogen sich am Himmel zusammen.

Harry war bei diesem Anblick sofort alarmiert und ohne nachzudenken schob er sich schützend vor Hermine, noch bevor ihre Gegenüber ihre bereits gezogenen Zauberstäbe gehoben hatten und auch er hatte in weniger als zwei Sekunden seinen Zauberstab in der Hand.

„Verdammt!“ zischte er gereizt. Ein Todesserüberfall hatte ihm gerade noch gefehlt.

Doch schon schwirrten ihnen rote Zaubersprüche entgegen und Harry war nicht der Einzige, der einen grünlich schimmernden Schutzschild vor sich hochzog. Offenbar waren sie nicht die einzigen, die angegriffen wurden, denn plötzlich kam ein orkanartiger Lärm auf, der auf Kampfhandlungen schließen ließ.
 

Aus den Augenwinkeln nahm er rote Blitze wahr, die auf ihre Gegner zuschossen und auch er war nun in der Lage, einen Lähmfluch loszulassen, doch der Todesser, den er damit bedenken wollte, wich geschickt aus, da ihre Reihe schon von einem Fluch, den Hermine über Harrys Schulter hinweg abgefeuert hatte, aufgebrochen war und er somit genug Platz zum ausweichen hatte.
 

Ron war nun nicht mehr auf Harrys rechter Seite, wie zuvor noch, sondern auf der anderen bei seiner Schwester, um sie zu unterstützen. Noch immer hatten sie drei Todesser vor sich, die sich auch nicht irritieren ließen. Hermine stieß einen warnenden Schrei aus, als sie bemerkte, dass nun auch einige vermummte Gestalten von hinten auf sie zuschritten. Harry warf einen kurzen Blick über die Schulter und sah von dort mindestens fünf der schwarz gekleideten auf sie zukommen.

„Verdammter Mist!“ flüsterte er wütend. Offenbar hatten sie es auf ihre kleine Gruppe abgesehen, oder vielleicht eher auf ihn selbst. Und wenn dem so war, war Lord Voldemort mit Sicherheit nicht weit, da dieser Harry ja selbst erledigen wollte.
 

Der Schwarzhaarige drehte seinen Kopf und sah Ron und Ginny an. „Wir sollten uns aufteilen!“

Er selbst griff sich Hermines Hand und zog sie in eine der Seitengassen. Es war absurd, Hermine mitzunehmen, es war viel zu gefährlich, da sie ja ihn wollten wäre es besser, sie mit den anderen mitzuschicken, dann würde sie vielleicht eher lebend hier rauskommen.

Aber er konnte sie nicht alleine lassen, er wollte sie selbst beschützen, wenn es sein musste, unter Einsatz seines Lebens. Und Hermine protestierte auch nicht, obwohl es ihr ebenso klar sein musste.
 

Obwohl es in dieser Situation grotesk war und anderes sehr viel wichtiger war, kamen sie beide nicht umhin, das Kribbeln, das von ihren ineinander verschränkten Händen ausging, zu fühlen.
 

Während sie weiter durch die dunkle Gasse rannten, schossen rote und grüne Blitze an ihnen vorbei, die ihnen klar machten, dass sie weiterhin verfolgt wurden und noch längst nicht in Sicherheit waren. Vielleicht hatten die Todesser sich ebenfalls aufgeteilt, vielleicht folgten sie aber auch alle ihnen beiden, oder vielmehr Harry.
 

Hermine hinter ihm gab keinen Ton von sich. Vermutlich würde sie gerne ein paar gut gezielte Flüche abgeben, doch auch ihr musste bewusst sein, dass jede Bewegung in die andere Richtung sie verlangsamen würde und ihnen zum Verhängnis werden konnte. Harry wusste nicht, wie lange sie dieses Tempo durchstehen würde. Soweit er wusste, machte sie keinerlei Sport, außer vielleicht die ein oder andere Runde Schwimmen im Vertrauensschülerbad oder im Sommer im See. Im Gegensatz zu ihm, denn vor jedem Quidditch-Training und jedem Spiel stand ausgiebiges Aufwärmen auf dem Programm, was auch Laufen beinhaltete, so dass er mittlerweile eine gute Kondition hatte.
 

„Kommt hierher!“ zischte es plötzlich von links und ohne zu zögern folgte Harry der Stimme zwischen zwei Häuser. Auch hier war es eher dunkel und er hörte, wie Hermine hinter ihm tief Luft einzog. Und ihm war sofort klar, weshalb. Vor ihnen stand eine in einen dunklen Umhang gehüllte Gestalt. Sie waren in eine Falle getappt.
 

Sofort hob Harry seinen Zauberstab und er wusste, dass Hermine es ihm gleich tat, auch wenn sie dafür ihre Hände loslassen mussten. Der Todesser vor ihnen griff nach seiner tief ins Gesicht gezogenen Kapuze und erst jetzt sah Harry, dass ihr Gegenüber weder in der einen noch in der anderen Hand einen Zauberstab hatte, doch das konnte auch nur ein Trick sein.
 

Der andere schob nun den schwarzen Stoff von seinem Kopf und abermals schnappte Hermine nach Luft, doch Harry ging es in diesem Fall nicht anders. Das platinblonde Haar, die blasse Haut und die grauen Augen waren ihnen nur allzu bekannt.

„Malfoy!“ zischte Harry und hob seinen Zauberstab noch ein Stückchen höher. Er hatte schon einen passenden Spruch für seinen Schulrivalen auf den Lippen, doch dieser hob nur seine leeren Hände, so dass die Umhangärmel herabrutschten und am linken Unterarm das schwarze Mal zum Vorschein kam.
 

„Mach mit mir, was du willst, Potter!“ Malfoys Stimme war sehr leise.

Harry hielt inne und betrachtete sich den Blonden genauer. Das Haar wirkte stumpf, hatte allen Glanz verloren und stand wild von seinem Kopf ab. Seine Haut wirkte noch blasser als sonst, vielleicht sogar grau. Die Wangen waren eingefallen und auch die Arme schienen um einiges dünner zu sein, als das letzte Mal, da sie sich gesehen hatten. Was aber viel auffälliger war, waren die glanzlosen Augen, die das reinste Grauen, Entsetzen und Angst widerspiegelten und nicht mehr so kalt wirkten, wie früher.
 

Früher. Wann hatten sie sich zuletzt gesehen? Das war vor den letzten Sommerferien gewesen. Gerüchte hatten die Runde gemacht, dass Malfoy auf Grund seiner Volljährigkeit, die er letztes Jahr erreicht hatte, zum Todesser gemacht worden war und nun selbst mordend durch das Land zog und ein ebenso treuer Anhänger Lord Voldemorts geworden war, wie sein Vater vor ihm, der momentan in Askaban einsaß.
 

„Am Besten, du tötest mich!“ forderte Malfoy unerwartet. „Ich bin ein Todesser und somit dein Feind!“

„Warum hast du uns hierher gelockt?“ Harry sah sich argwöhnisch um. Ihre Verfolger hatten sie hier offenbar noch nicht entdeckt, aber das war nur noch eine Frage der Zeit.

Malfoy zuckte mit den Achseln, senkte die Hände aber nicht. „Es ist besser, wenn du überlebst.“

Harry richtete seinen Blick wieder auf den ehemaligen Slytherin. Auch das war unerwartet. War es nicht Malfoy gewesen, der ihm sechs Jahre lang das Leben zur Hölle gemacht hatte? War er es nicht gewesen, der dem dunklen Lord hinterher gehechelt war und Harrys Tod um jeden Preis wollte? Das hatte doch schon im ersten Schuljahr angefangen.
 

„Ist das Todesserdasein doch nicht so, wie du es dir vorgestellt hast?“ fragte Hermine neben ihm plötzlich.

Malfoy schnaubte abfällig. „Ihr habt ja gar keine Ahnung! Ihr wisst nicht, was ich durchmachen musste! Und alles nur wegen meinem Vater!“

Geringschätzig spuckte er auf den Boden.

„Es ist wahr, ich wollte Todesser werden, doch bereits beim ersten Treffen wurde mir klar, was es wirklich heißt, einer zu sein!“ Er sah Hermine an, dann Harry.

„Ihr wisst nicht, wie es ist, jemanden zu töten, ihr hört nicht ihre Schreie, ihr Gewinsel, ihre Betteleien und seht nicht die anklagenden Blicke! Ihr wisst nicht, wie es ist, gefoltert zu werden, bis ihr alles tut, was von euch verlangt wird! Ihr wisst nicht, wie es ist, wenn eure Mutter vor euren Augen gefoltert wird, weil ihr versagt habt! Ihr wisst nicht, wie es sich anfühlt, wenn eure Mutter vor euren Augen getötet wird!“ Den letzten Satz sprach er nur leise.

„Mein Vater hat mir prophezeit, dass ich nur ein halbes Jahr durchhalte, mit meinem ‚sanften’ Gemüt. Gelacht hat er und mir den Cruciatus auf den Hals gehetzt! Ich habe es acht Monate ausgehalten, aber nur, um meine Mutter zu beschützen! Sie ist jetzt tot, mein ach so toller Vater sitzt in Askaban, was also hält mich noch in Voldemorts Reihen? Ich hasse meinen Vater, was er mir angetan hat, wünscht man sich nicht seinem ärgsten Feind und es ist mir egal, ob Voldemort ihn tötet, wenn ich nicht mehr da bin und euch zur Flucht verholfen habe!“ In seinen Augen blitzte es kurz auf.

„Also beende es, Potter!“ Nun lag Entschlossenheit in seiner Stimme.
 

Harry musterte den Malfoy-Erben abschätzend. Er konnte sich nicht von dem beeinflussen lassen, was Malfoy ihm da erzählte und er warf einen kurzen Blick zu Hermine.

„Avada Ked-“ Doch Malfoy war schneller.

Ehe Harry sich versehen hatte, hatte der Blonde in sekundenschnelle seinen Zauberstab in der Hand und schoss nun seinerseits den Todesfluch auf den Todesser ab, der sie gefunden hatte und mit seinem Zauberstab auf Harry gezielt hatte.
 

Harry und Hermine fuhren zeitgleich mit gezückten Zauberstäben herum, doch sie konnten nur noch sehen, wie die schwarzgewandete Gestalt zu Boden sackte. Eine Weile betrachtete Harry reglos die bewegungslose Gestalt am Boden, während Hermine sich wieder Malfoy zugewandt hatte und mit ihrem Zauberstab auf ihn wies.
 

Dann drehte Harry sich wieder herum und konnte erkennen, das etwas auf ihn zugeflogen kam, das er reflexartig auffing. Überrascht sah er auf den Zauberstab in seiner Hand herab, dann wandte er den Blick wieder auf Malfoy, der wieder mit erhobenen Händen vor ihm stand, als sei nie etwas gewesen.
 

Harry runzelte die Stirn. „Wieso tust du das? Was bringt es dir, wenn du sowieso willst, dass ich dich töte?“

„Nenn es Frieden, nenn es Ruhe, nenn es Freiheit. Mir gleich. Aber auch Rache spielt eine nicht zu leugnende Rolle, denn du bist der Einzige, der Voldemort vernichten kann. Und meinen Vater,“ erklärte Malfoy ruhig.
 

Der Schwarzhaarige wog den fremden Zauberstab in seiner Hand. „Wieso ich? Wieso lässt du dich nicht von Voldemort töten?“

Malfoy verengte die Augen zu Schlitzen. „Weil ich, um ehrlich zu sein, nicht glaube, dass du imstande bist, zu töten. Aber wenn du Voldemort töten willst, musst du es können. Also kannst du an mir üben.“ Er warf dem Gryffindor einen starren Blick zu, der den seinigen nachdenklich auf die beiden Zauberstäbe gerichtet hatte. Malfoy hatte vermutlich gar nicht so unrecht.

Harry spürte einen forschenden Blick auf sich, der aber von Hermine kam.
 

„Nein,“ antwortete Harry schlicht und sah Malfoy dann fest an. Noch immer war keine Regung in dessen Gesicht zu lesen, doch Harry hatte das Gefühl, als würde der Blick stechender.

Er erwiderte den Blick weiterhin. „Du sagtest, Rache kann ein starkes Gefühl sein. Meine Eltern, mein Pate, Diggory... aber ich habe keine Rachegelüste. Und doch werde ich stark genug sein, Voldemort zu töten, da es viele Menschen gibt, die ich beschützen muss.“ Er warf Hermine einen kurzen Blick zu und ihre Blicke kreuzten sich.
 

Dann wandte Harry dem Blonden wieder seine Aufmerksamkeit zu. „Du wolltest einmal mein Freund werden...“

„Vorsicht!“ zischte Hermine. Sie war nur allzu skeptisch Malofy und seinen Motiven gegenüber. Sie war dagegen, dass Harry ihm sogleich vertraute, nur weil er hier irgendwelche Märchen erzählte und einen Todesser getötet hatte.

Harry wandte ihr den Kopf zu. „Keine Sorge, ich werde nun nicht meinerseits meine Freundschaft anbieten. Ich will nur wissen, warum?“ Er drehte sich wieder zu Malfoy.
 

Spätestens an dieser Stelle hätte der Gryffindor ein abschätziges Lächeln oder ein kaltes Grinsen erwartet, doch noch immer regte sich nichts in Malfoys Gesicht.

„Warum wohl?“ schnaubte Malfoy und verzog das Gesicht. „Ich sollte dich auf unsere Seite ziehen. Alle wussten, dass du bei Muggeln aufgewachsen bist und dass du neu in der Zauberwelt warst. Dass alles für dich neu war und du leicht zu manipulieren warst. Doch ich habe es einfach falsch angepackt und aus verletzter Eitelkeit auch sehr schnell aufgegeben. Mein erster Fehler. Aber ich war zu jung für solche Dinge.“
 

Harry nickte. Großartig überrascht war er jetzt nicht, er hätte es sich sogar denken können.

„Was nun?“ fragte Hermine leise.

Harry zuckte mit den Schultern. „Wir nehmen ihn mit.“ Er sah Malfoy an, um dessen Reaktion zu sehen, doch dieser blickte nur gefühllos zurück.
 

Sie schwiegen eine Weile.

„Die Todesser werden erst aufgeben, wenn sie dich erledigt haben oder wenn ihr Spion in Hogwarts berichtet, dass du wieder da bist,“ erklärte Malfoy dann irgendwann.

„Spion? Etwa Snape?“ wollte Harry mit hochgezogener Augenbraue wissen.

„Snape?“ Malfoy schnaubte abermals. „Mitnichten. Er arbeitet für Dumbledore. Ich habe ihn einzig und allein deshalb nicht verraten, weil er mehr wie ein Vater für mich ist, als mein echter Vater es jemals war.“

Harry legte den Kopf leicht schief. Er wusste nicht, was er von dieser Information halten sollte.

„Aber ich weiß, wer der eigentliche Spion ist. Und ich werde ihn auch auffliegen lassen.“ Erneut schwang Entschlossenheit in Malfoys Stimme mit.

Es schien, als hätte er sich schnell auf die neue Situation eingestellt, vielleicht hatte er aber einfach nur bereits geahnt, dass Harry ihn nicht umbringen würde.
 

„Dann gehen wir jetzt zurück,“ nickte Harry und wollte sich schon umdrehen, um die Häuserschlucht zu verlassen.

„Nein,“ hielt Malfoys Stimme ihn zurück. „Wir sollten apparieren.“

„Jeder weiß, dass man nicht nach Hogwarts apparieren kann!“ entgegnete Hermine aufgebracht.

Harry wölbte eine Augenbraue. Sie würde ja nun nicht wirklich zu einem Vortrag über Eine Geschichte von Hogwarts ansetzen?

Doch Malfoy kam ihr zuvor. „Nicht in das Gebäude hinein, aber vor das Tor zum Gelände. Von hier aus wären es zwanzig Minuten zu Fuß dorthin, zu gefährlich.“

Harry nickte zustimmend und reichte Malfoy seinen Zauberstab zurück, damit auch dieser apparieren konnte.
 

Als sie kurze Zeit später wieder am Tor auftauchten, war Malfoy tatsächlich noch bei ihnen. Harry hatte eher damit gerechnet, dass der Blonde flüchten würde, aber wahrscheinlich war auch diesem klar, dass Hogwarts die sicherste Zuflucht vor Lord Voldemort war. Und er war ja jetzt ein Verräter. Dennoch gab er Harry wieder seinen Zauberstab.

Rasch durchquerten die drei das Tor und rannten zum Eingangsportal hoch.
 

In der Eingangshalle herrschte ein riesiges Chaos. Viele der älteren Schüler waren offenbar verletzt, die jüngeren klammerten sich ängstlich an ältere, auch Erst- und Zweitklässler waren anwesend, die schockiert auf Neuigkeiten warteten.

„Todesser!“ schrie plötzlich ein Mädchen auf und deutete auf Malfoy, der sofort stehen blieb, als mehrere Zauberstäbe auf ihn gerichtet wurden.
 

„Er ist unbewaffnet!“ rief Harry und hielt Malfoys Zauberstab hoch, während er seinen eigenen zur Abwehr erhoben hatte. „Er hat uns das Leben gerettet!“

„Er hat das Mal,“ antwortete das Mädchen, offenbar eine Viertklässlerin aus Hufflepuff, skeptisch. „Und er hat immer gegen euch gekämpft!“

„Wir trauen ihm auch nicht, aber ohne Zauberstab ist er so wehrlos wie ein Squib!“ entgegnete Hermine nun scharf.
 

Als Malfoy schließlich zwischen Harry und Hermine weiterging, folgten ihm dennoch einige Zauberstäbe, was er aber schlichtweg ignorierte.
 

**
 

Harry und Hermine eskortierten Malfoy zum Büro des Schuldirektors. Dumbledore schien sie schon zu erwarten, denn ohne ihr Zutun sprang der Wasserspeier zur Seite und gab den Weg zur Wendeltreppe frei, die sie auch sogleich betraten und sich nach oben tragen ließen. Oben klopfte Harry dennoch höflicherweise an, bevor er die Tür öffnete und gemeinsam mit den anderen beiden eintrat.
 

Der Direktor saß hinter seinem Schreibtisch und sah den dreien erwartungsvoll entgegen.

„Setzt euch doch!“ forderte er sie auf und wies mit einer ausladenden Handbewegung auf drei gepolsterte Stühle, die ihm gegenüberstanden. Wortlos kamen sie der Aufforderung nach. „Zitronenbonbon?“ Dumbledore hielt ihnen eine kleine Glasschüssel voll mit dieser Süßigkeit entgegen. Während Harry und Hermine verneinend ihre Köpfe schüttelten, ignorierte Malfoy das Angebot gänzlich.
 

Der alte Mann stellte die Schüssel wieder an ihren Platz zurück und verschränkte die Hände auf dem Tisch zwischen ihnen. Eingehend musterte er die Siebtklässler. Er schien nicht überrascht, Malfoy bei ihnen zu sehen. „Nun, ich habe gerade Nachricht erhalten, dass die Todesser sich zurückgezogen haben. Sie haben wohl nicht das erreicht, was sie erreichen wollten.“ Er sah auf das Stück Pergament herab, das auf der Lesefläche vor ihm lag. „Es gibt keine Verluste unter den Schülern oder den Bewohnern des Dorfes.“
 

Er hob den Blick und durchbohrte damit den blonden Ex-Slytherin. „Nun, Mr. Malfoy, kommen wir am Besten gleich zur Befragung.“

Malfoy sah den Schuldirektor einfach nur starr an. „Veritaserum?“ war das Einzige, das er dazu sagte.

Dumbledore schüttelte bedächtig den Kopf. „Ich werde auch so wissen, ob Sie die Wahrheit sagen.“

Malfoy verengte die Augen zu Schlitzen. „Wie wollen Sie das bewerkstelligen? Ich bin geschult in Okklumentik.“

Der Direktor lächelte. „Ich habe meine eigenen Methoden.“ Er zwinkerte leicht, doch dann schien ihm aufzufallen, dass die beiden anderen Anwesenden keinesfalls damit zufrieden waren.

„Nun gut, da Sie es selbst vorgeschlagen haben.“ Er nickte bekräftigend und stand dann auf.
 

Der grauhaarige Mann kritzelte etwas auf ein Stück Pergament, dann schritt er zum Kamin. Er streute ein Pulver in die Flammen und warf dann das Pergament hinein. Bereits zwei Sekunden später flog eine kleine Phiole aus dem Feuer auf den Direktor zu und dieser brauchte sie nur noch aufzufangen. Mit dem Fläschchen kehrte er zum Schreibtisch zurück und hielt es Malfoy hin.

Dieser griff ohne zu zögern danach und trank einen kräftigen Schluck der durchsichtigen Flüssigkeit.
 

Harry und Hermine sahen dem eher skeptisch zu und wunderten sich, dass Malfoy es überhaupt tat. Doch dieser wusste, dass das die einzige Möglichkeit war, jemanden von seinen Worten zu überzeugen, denn er wusste, auch wenn er den beiden Gryffindors einiges erzählt hatte, sie würden ihm nie glauben. Der Direktor nahm wieder Platz und begann das Verhör.
 

Zunächst erzählte Malfoy ziemlich gefasst genau dasselbe, was er bereits in Hogsmeade erzählt hatte. Doch Dumbledore führte ihn durch seine Fragen immer tiefer in seine Taten und in seine Gefühlswelt hinein, dass dessen zur Schau gestellte starre Maske irgendwann zersprang wie ein Glas und genauso verlor er nun auch Wasser und die Tränen flossen in Strömen seine Wangen hinab.

Fassungslos sahen Harry und Hermine dem zu. Sie waren geschockt von dem, was der Blonde berichtete, oftmals beantwortete er die Fragen weit ausschweifender, als es nötig gewesen wäre und die beiden Gryffindors ertappten sich dabei, Mitleid für ihren ehemaligen Erzfeind zu entwickeln. Beide unterbrachen das Verhör nicht sondern folgten dem Geschehen nur stumm.
 

Irgendwann reichte Dumbledore dem Blonden ein großes Stofftaschentuch und ließ somit die beiden Zuschauer auch aus ihrer Starre erwachen. Es war seltsam, den sonst so beherrschten Jungen, den sie in aller Stille immer als ‚Eisprinz’ betitelt hatten, nun in Tränen und Gefühlen aufgelöst zu sehen.

Aber Harry meinte zu erkennen, dass es dem nun ehemaligen Todesser nun weitaus besser ging, nachdem er sich alles von der Seele geredet hatte, das ganze Grauen und die Heidenangst und beides auch vor Zeugen zugegeben hatte. Er hatte nichts mehr unterdrückt sondern alles zugelassen, auch wenn er sowohl Harry als auch Hermine nicht vergessen hatte. Aber was sollte es, er würde noch genug Probleme von Mitschülern bekommen, jetzt, da er wieder hier war, da sollte es ihm nicht viel ausmachen, wenn die beiden sich über seine Situation lustig machten.
 

Irgendwann war auch das letzte Schniefen, die letzte Träne versiegt und er senkte das Taschentuch, um es unbehaglich mit gesenktem Blick in seinen Händen zu kneten. Er musste nun der Dinge harren, die auf ihn zukommen würden und auf eine positive Entscheidung Dumbledores hoffen.
 

Dieser ergriff auch sogleich das Wort. „Nun, Ihre Rückkehr an diese Schule wird sich wohl als schwierig erweisen.“

Malfoy nickte nur, das hatte er nicht anders erwartet.

„Nach Slytherin können Sie nicht zurückkehren, dort gibt es leider noch einige Anhänger Voldemorts, dort werden Sie nicht sicher sein.“ Nachdenklich blickten die blauen Augen die drei Schüler an. „Sie könnten in Gryffindor untergebracht werden.“

Malfoy schüttelte sofort vehement den Kopf. „Ich habe weder Tapferkeit noch Mut bewiesen. Ich habe Menschen ermordet, weil ich ein Feigling war, weil ich mich selbst und meine Mutter am Leben erhalten wollte. Ich hätte es nicht verdient, in dieses Haus zu wechseln.“

„Wollen Sie dann nach Ravenclaw oder Hufflepuff?“ wollte der Direktor dann wissen, doch Harry kam der Antwort zuvor.

„Also ich halte es für mutig, sich gegen Voldemort zu stellen. Auch wenn es erst jetzt ist und es für manche zu spät kommt.“ Und der Schwarzhaarige wusste ja durch die Erzählungen, dass das vor allem Muggel und Muggelgeborene, aber auch Halbblüter betraf.
 

Malfoy wandte den Kopf zur Seite und sah seinen Rivalen etwas überrascht an. Damit hatte er wohl nicht gerechnet, dass ausgerechnet Harry für ihn Partei ergriff. Er wusste nicht, was er sagen wollte. Sein Stolz verbot es ihm, Hufflepuff zu wählen und zu einem Gryffindor zu werden, war früher sein schlimmster Alptraum gewesen. Noch bevor er über Ravenclaw überhaupt nachdenken konnte, wies der Direktor noch auf einen ganz anderen Aspekt hin.
 

„Ich würde vorschlagen, dass sich Mr. Malfoy unter Mr. Potters Schutz begibt. Selbst wenn wir verlautbaren lassen, weshalb Mr. Malfoy so gehandelt hat, wird man ihm nur mit Skepsis begegnen und ihm das Leben schwer machen,“ gab der alte Mann zu bedenken.

Malfoy war klar, dass er vor allem von seinen eigenen Hauskameraden einiges zu erwarten hatte, vielleicht würde auch jemand den Auftrag erhalten, ihn zu eliminieren, da er ziemlich viel wusste und in einige Pläne eingeweiht war. Dass ein Mord jetzt bereits zu spät war und Dumbleodre sofort nach dem Gespräch Gegenmaßnahmen einleiten würde, wusste Voldemort ja noch nicht.
 

Der Blonde gab sich geschlagen. „Dann werde ich jetzt wohl Gryffindor,“ seufzte er ergeben und gab sich in sein Schicksal. Ob das allerdings die beste Wahl war, da er den Löwen während seiner Schulzeit das Leben sehr zur Hölle gemacht hatte, war natürlich fraglich. Auch wenn Potter und Granger nun auf seiner Seite standen, so musste er sich zunächst als Löwe beweisen.
 

Dumbledore klatschte erfreut in die Hände. „Dann wäre das ja nun geklärt.“ Er wandte sich an Harry und Hermine. „Sie sollten Mr. Malfoy Nachhilfe geben, damit er bis zum Ende des Schuljahres im Unterricht mithalten kann.“

Die beiden nickten nur mechanisch.
 

**
 

Den Todesserumhang und die dazugehörige Maske hatte Malfoy in Dumbledores Büro gelassen. Es war ihm egal, was dieser damit anfing. Entweder irgendeiner kuriosen Sammlung hinzufügen, nach dem Krieg für eine Ausstellung nutzen oder sonst was. Er traute dem alten Kauz so ziemlich alles zu. Jetzt trug er nur noch eine schwarze Jeans und einen ebensolchen Rollkragenpullover.
 

Nervös stand er vor dem Porträt der Fetten Dame, die ihn kritisch und abschätzend musterte. Da half es ihm auch herzlich wenig, dass zwei des goldenen Trios bei ihm waren, zwei auch für das Gemälde vertrauenswürdige Personen, zumal Hermine ja noch immer Vertrauensschülerin war.

Harry nannte laut und deutlich das Passwort, so dass es klar war, dass auch Malfoy es hörte. Die Dame verzog das Gesicht, schwenkte aber kommentarlos das Bild zur Seite.
 

Sofort kam ihnen ein Heidenlärm entgegen. Sämtliche Gryffindors schienen im Gemeinschaftsraum und über den Vorfall am frühen Abend zu diskutieren. Harry kletterte durch das Porträtloch, gefolgt von Hermine, während Malfoy erst nach kurzem Zögern ebenfalls eintrat.

Fast sofort wurden die beiden Gryffindors bemerkt und bald lag die Aufmerksamkeit sämtlicher Anwesenden auf ihnen, die nach und nach verstummt waren, als sie Malfoy erkannt hatten.
 

Ron boxte sich zu seinen Freunden durch, die am Eingang stehen geblieben waren und die anderen Schüler angespannt beobachteten. Beide standen in Position, innerhalb von drei Sekunden Schutzschilde heraufzubeschwören, um den neuesten Gryffindor zu verteidigen.

„Was will der denn hier?“ spuckte Ron aus und sah Malfoy zornesglühend an.

Der tat etwas für Harry und Hermine gänzlich unerwartetes, indem er den Ärmel seines Pullovers am linken Arm hochzog und allen somit das Schwarze Mal präsentierte.
 

Innerhalb von wenigen Sekunden hatte er an die zweihundert Zauberstäbe auf sich gerichtet, doch auch Harry und Hermine hatten ihre gezogen und einen gemeinsamen Schutzschild errichtet, an dem die ersten Flüche abprallten.

„Er hat sich gegen Voldemort entschieden, sonst wäre er jetzt nicht hier,“ erklärte Harry ruhig, nachdem das Zischen der Flüche abgeflaut war und ignorierte geflissentlich, dass alle bei der Nennung des Namens wie üblich zusammenzuckten. „Dumbledore hat ihn unter meinen Schutz gestellt, weshalb er nun in Gryffindor wohnen wird. Er ist jetzt ein Gryffindor.“
 

Ein Raunen ging durch die Menge und Gemurmel setzte ein, aber auch Proteste. Niemand wollte den größten Feind des Hauses in seinen eigenen Reihen willkommen heißen, erst recht keinen Verräter, Todesser und Mörder.

„Ich musste töten, sonst hätte er mich oder meine Mutter getötet,“ ergriff Malfoy nun selbst das Wort, mit erstaunlich fester Stimme und es trat Schweigen ein. „Was hättet ihr denn getan, wenn er eure Mutter bedroht hätte?“ Er sah einige Gryffindors in der Nähe an und sein Blick blieb auf Ron haften, den er auffordernd ansah.
 

„Dumbledore hat vor uns ein Verhör geführt,“ begann nun Hermine. „Mit Veritaserum. Er hat es selbst vorgeschlagen und dann alles erzählt, was passiert ist. Er hat auch einige der zukünftigen Pläne Voldemorts verraten.“

Ron verengte die Augen. Sollte er seinen Freunden vertrauen? Er war diesmal nicht dabei gewesen, aber sie hatten ihn nie in einer solchen Situation belogen. „Dumbledore glaubt ihm, und ihr auch?“ harkte er skeptisch nach, nur um noch einmal sicher zu gehen. Die beiden nickten.
 

Der Rotschopf wandte sich dem Rivalen zu. „Aber er wollte doch freiwillig Todesser werden. Er hat doch immerzu davon geredet.“

Malfoy nickte. „Das stimmt. So wurde ich erzogen. Ich wollte immer das tun, was mein Vater von mir verlangte. Aber glaubt mir, ich habe das alles sehr schnell bereut. Doch ich konnte da nicht so einfach raus. Mein Vater hat mir einen frühen Tod prophezeit und mich dabei ausgelacht. Nach dem Tod meiner Mutter musste ich noch einen passenden Zeitpunkt abwarten. Der dann heute endlich gekommen war, denn so war ich nahe an Hogwarts.“
 

„Und er hat unser Leben gerettet,“ fügte Harry dann hinzu. „Die Todesser hatten es auf mich abgesehen, sie wollten mich töten.“

Die meisten Zauberstäbe wurden nun gesenkt.

„Aber er muss nicht in unserem Schlafsaal wohnen, oder?“ fragte dann Neville skeptisch. Wenn er mit Harry in einem Schlafsaal nächtigen würde, war sein Auftrag Voldemorts wohl klar.

„Doch natürlich,“ antwortete Harry und der rundliche Junge wurde etwas blass. Er war zwar längst nicht mehr so ängstlich, wie im ersten Schuljahr, aber Malfoy hatte ihm das Leben immer besonders schwer gemacht. „Aber Voldermort kann nicht gewusst haben, dass Dumbledore Malfoy nach Gryffindor steckt.“ Harry schien Nevilles Bedenken zu erraten.

„Das ist nicht sonderlich schwer, schließlich bist du der Einzige, vor dem die Slytherins so was wie Respekt haben,“ wandte Seamus ein. Für ihn war es klar, dass das sehr wohl vorauszuberechnen war.
 

Harry zuckte mit den Achseln. „Ich weiß, was ich bei der Befragung gehört und gesehen habe. Ich weiß, dass Malfoy mir nichts tun wird. Die Frage ist wohl eher, ob ihr ihm etwas tun werdet.“ Er sah in die Gesichter ringsum.

Dean schnaubte. „An dem werde ich mir nicht die Finger schmutzig machen. Es sei denn, er will dich killen.“ Er sah Harry bedeutungsvoll an.

Ron biss sich auf die Unterlippe. „Uns bleibt wohl nichts anderes übrig, als es zu versuchen.“
 

„Gut,“ nickte Harry und ging in Richtung der Treppe zu den Jungenschlafsälen, zu der sich eine Schneise zwischen den anderen Gryffindors bildete. Schweigend sahen diese dabei zu, wie Harry und Malfoy dorthin gingen, um schließlich auf der Treppe zu verschwinden. Erst nach einer Weile folgten dann die anderen Jungen aus dem Schlafsaal.

Oben rückte Harry gerade die Betten etwas zusammen, um noch ein zusätzliches hinzuzuzaubern und vergrößerte den Schlafsaal ein wenig, damit sich keiner durch ihren Zuwachs eingeschränkt fühlte.
 

Ohne, dass Harry es mitbekam, legten Seamus und Dean einige Zauber auf Harrys Bett, die sie alarmieren würden, wenn Malfoy sich dem Bett näherte und die den darin liegenden schützten.
 

„Hier ist alles so rot,“ stellte Malfoy fest, als er sich umsah.

„Du kannst keine Ansprüche stellen. Das ist nun mal unsere Farbe,“ bemerkte Ron unwirsch.

„Schon, aber es erinnert so an Blut,“ erklärte Malfoy leise, während er zu seinem neuen Bett hinüber ging.

Ron öffnete erneut den Mund für eine Bemerkung, schwieg dann aber. Natürlich, ein Todesfluch hinterließ keine Spuren, auch kein Blut, Folter aber schon.
 

Ohne zu zögern zog Malfoy sogleich seine Hose und das Oberteil aus. Harry zog scharf die Luft ein, als er die vielen Narben am Oberkörper des Blonden sah. Der drehte sich bei diesem Geräusch sofort zu ihm um und folgte seinem Blick.

„Sectumsempra,“ erklärte er leise. „Manchmal habe ich mir gewünscht, sie hätten mich nicht geheilt, sondern einfach verbluten lassen.“

...mit Folgen

... mit Folgen
 

Auch nach mehreren Wochen war der Alarm über Harrys Bett nicht losgegangen und auch ansonsten blieb Malfoy friedlich. Er nahm Nachhilfe in Verteidigung gegen die dunklen Künste und Zauberkunst bei Harry, für alles andere zeichnete Hermine verantwortlich, was wiederum zur Folge hatte, dass man die beiden ständig gemeinsam irgendwo antraf. Malfoy schaffte es sogar, Punkte für sein neues Haus zu sammeln, was ihm immer wieder Murren seitens der Slytherins einbrachte, die, genau, wie vorher gesagt, nichts mehr mit ihm zu tun haben wollten und ihn nun genauso angriffen, wie Slytherins es nun mal mit Gryffindors machten, wenn nicht sogar noch härter.
 

Es war ein eigenartiges Gefühl für ihn, jetzt quasi auf der anderen Seite zu stehen, doch er hatte gute Mitstreiter, denn mit Ron verstand er sich dank seines astreinen Schachspiels immer besser und auch Dean und Seamus luden ihn das ein oder andere Mal zu einer Runde Snape explodiert ein, die er sogar meistens annahm. Zwar hatte er das Spiel zuvor nicht gekannt, schließlich mochten alle Slytherins den Tränkelehrer und umgekehrt, aber im Grunde fand er es ganz lustig.
 

Auch das war ein Aspekt, den die Gryffindors erst lernen mussten: Malfoy besaß tatsächlich Humor. Wenn man genau hinhörte, konnte man auch hinter seinen zuweilen bissigen Kommentaren eben jenen Humor erkennen. Diese Kommentare waren aber mittlerweile größtenteils gegen sein ehemaliges Haus gerichtet, die ihm ja auch immer wieder eine große Angriffsfläche boten.

Das goldene Trio konnte sich jedenfalls meist köstlich darüber amüsieren und die anderen Gryffindors begannen, es ihnen gleich zu tun.
 

Hermine saß nun also mit dem Blondschopf in der Bibliothek und gemeinsam recherchierten sie für einen Zauber, den sie am Vortag in Verwandlung gelernt hatten und über den sie mehrere Rollen Pergament schreiben sollten. Harry und Ron befanden sich beim Quidditch-Training und hatten damit eine Entschuldigung, mit der sie sich ganz gut vor den Hausaufgaben drücken konnten.
 

Die Brünette schlug ihr Buch zu. Sie hatte bereits Zweidrittel des Aufsatzes geschrieben, doch den Rest würde sie verschieben müssen. „Ich muss jetzt gehen,“ verabschiedete sie sich.

„Etwa schon wieder in den Krankenflügel?“ Draco, er hatte ihnen bereits am ersten Tag nach seiner Ankunft den Vornamen angeboten, sah sie mit skeptisch gerunzelter Stirn an. „Du gehst in letzter Zeit oft zu Poppy.“ Früher wäre es undenkbar gewesen, dass Draco den Spitznamen der Krankenschwester laut aussprach.

„Naja...“ Sie wich seinem Blick aus und fühlte sich ertappt.
 

„Hast du eine ernsthafte Krankheit?“ erkundigte er sich weiter und klang dabei etwas besorgt. „Oder hat dir ein Slytherin einen Dauerfluch angehängt?“

Hermine lächelte schwach. „Du denkst schon wie ein Gryffindor. Nein, nicht an allem, was hier so passiert, sind Slytherins Schuld. Aber ich muss jetzt wirklich!“ Rasch machte sie auf dem Absatz kehrt und durchschritt eilig den Arbeitsbereich und die Buchreihen.

Wieso nur war ihm aufgefallen, dass sie die Medihexe einmal im Monat aufsuchte? Bisher hatte sie es gut verbergen können.
 

Sie hatte Ron endlich gesagt, dass aus ihnen nie ein Paar werden könnte. Natürlich war er enttäuscht gewesen, auch wenn er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Und Harry war zu sehr mit Ginny beschäftigt, als dass ihm irgendwas aufgefallen sein könnte. Zu dumm, dass sie jetzt plötzlich einen Freund mehr in ihrem Kreis hatten, der augenscheinlich auch noch sehr aufmerksam war.
 

Hastig schritt sie, während sie noch im Gehen ihr Buch in ihre Umhängetasche stopfte, die Gänge entlang und schließlich zwei Stockwerke höher. Kurz hielt sie davor inne und musterte die großen Flügeltüren, doch es nutzte ja alles nichts. Tief atmete sie ein und öffnete eine der beiden Türen gerade soweit, dass sie hindurchschlüpfen konnte.
 

Wie immer wurde sie bereits von der gütigen grauhaarigen Dame erwartet, die sie warm anlächelte. Sie wusste, dass ihr diese Untersuchungen ein wenig unangenehm waren, doch umgekehrt wusste Hermine, dass es notwendig war. Sie schloss die letzten Schritte zu der Medihexe auf, die sie zu einem der Betten wies. Die Brünette begab sich sofort dort hin und entledigte sich ihres Umhanges und ihrer Bluse, während Madame Pomfrey einen Vorhang zwischen Hermines Bett und das zur Tür gewandte Bett zog, so dass niemand Hermine sehen würde, der eintrat.
 

Endlich ließ Hermine auch den Illusionszauber über ihrem Körper fallen und die Medihexe widmete sich sofort dem runden Babybauch, der darunter zum Vorschein kam. Sanft tatstete sie ihn mit ihren warmen Händen ab und sprach dann einige Zauber, die eine genaue Diagnose lieferten.

Die alte Frau strahlte Hermine an. „Dem Baby geht es wunderbar! Und deine Werte zeigen auch nichts außergewöhnliches an. Aber wie fühlst du dich?“
 

Hermine hatte in den nun bereits sechs Monaten Schwangerschaft gelernt, dass ‚normale Werte’ und ihre Gefühlslage sich sehr weit voneinander entfernen konnten. Dennoch lächelte sie. „Im Moment geht es mir ganz gut.“ Nicht zu vergleichen mit den ersten drei Monaten, in denen ihr ständig übel gewesen war und sie sich fast jeden Morgen übergeben hatte. Trotzdem hatte sie es irgendwie geschafft, es vor ihren Zimmergenossinnen geheim zu halten. Die beiden Klatschmäuler hätten diese Nachricht sich in Windeseile verbreiten lassen. Wenn man wollte, dass sämtliche Schüler etwas Bestimmtes wissen sollten, musste man einfach nur so tun, als würde man Lavender und Parvati ein großes Geheimnis anvertrauen und man konnte sicher sein, dass es bereits nach einer Stunde alle Schüler wussten.
 

„Ich esse nur ziemlich viel absonderliches Zeug durcheinander und muss mich öfter hinsetzen, als früher,“ fuhr sie fort. Im Moment war es wirklich nicht schlimm, auch wenn sie etwas Muffensausen vor der eigentlichen Geburt hatte.

Poppy lächelte verständnisvoll. Sie kannte das ja, wenn auch nicht aus eigener Erfahrung, da sie kinderlos geblieben war, doch hatte sie so was in ihrer Zeit vor Hogwarts und manches Mal auch währenddessen bei anderen miterlebt. Und sie freute sich immer wieder, wenn neues Leben heranwuchs.
 

„Ich gehe kurz einen Zaubertrank holen,“ erklärte Poppy flüchtig und wuselte davon. Hermine in der Zeit setzte sich nun auf ihr Bett und strich sich liebevoll über den gewölbten Bauch. Irgendwie freute sie sich dennoch auf ihr Kind; eine Abtreibung war für sie von Anfang an nicht in Frage gekommen.

Plötzlich wurden die Flügeltüren aufgestoßen und schnelle Schritte näherten sich ihr. Die Brünette hatte sich gerade gemütlich zurückgelegt und sah sich momentan nicht in der Lage, zu reagieren. Dabei kamen die Schritte immer näher.
 

„Madame Pomfrey?“ Auch das noch, Draco.

Sie versuchte, sich so ruhig wie möglich zu verhalten, hielt den Atem an und bemühte sich, sich wenigstens aufzusetzen und vielleicht ihre Bluse vor ihren Bauch zu halten, doch Draco konnte sich denken, dass die Medihexe in ihrem Büro am Ende der Station war, was unweigerlich bedeutete, dass er auch an ihr vorbei musste. Innerlich verfluchte sie Pomfrey, dass diese es nicht für nötig erachtet hatte, den Vorhang vollständig zu schließen.
 

„Madame Pomfrey?“ fragte Draco noch einmal, doch diesmal war er schon auf der Höhe ihres Bettes, er sprintete vorbei und warf dabei einen Blick hinüber, doch sogleich blieb er abrupt stehen und die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ihre Blicke kreuzten sich und Hermine presste die Lippen zusammen.

Sie hatte es solange geheim halten können und nun das.
 

„Mr Malfoy?“ Irritiert wandte der den Blick zu der Medihexe. Er schien vollkommen vergessen zu haben, weshalb er ursprünglich hierher gekommen war.

„Ähm, ja...“ Er schien seine Sprache wiederzufinden. „Madame Pince schickt mich, ein Schüler hat in der Bibliothek ein Tischfeuerwerk der Weasleys gezündet, es gab ein paar leichtere Verbrennungen.“

Madame Pomfrey zog eine Augenbraue hoch.

„Die hat sie natürlich schon geheilt, es war nichts schlimmes dabei, aber sie möchte einen Beruhigungstrank,“ fuhr er rasch fort. Kleinere Heilzauber konnten auch die Lehrer wirken.

„Ahja.“ Madame Pomfrey wandte sich Hermine zu und drückte ihr den für sie bestimmten Zaubertrank in die Hand, bevor sie abermals in ihrem Kämmerlein verschwand.
 

Derweil träufelte Hermine einen Teil des Trankes auf ihre Hand, um mit ihm wie mit einer Salbe den Bauch einzureiben, bevor sie dann den Rest der Phiole austrank.

Draco hatte ihr dabei stumm zugesehen. „Äh, Hermine...?“

„Nicht jetzt!“ wehrte sie ihn sogleich ab. Sie hatte keine Lust, jetzt mit ihm zu erörtern, warum sie ihre Schwangerschaft geheim hielt. Stattdessen legte sie abermals einen Illusionszauber über sich und beide sahen zu, wie ihr Bauch wieder verschwand.
 

Dann kam Pomfrey zurück und überreichte Draco den gewünschten Trank. Schweigend verließen sie den Krankenflügel, davor schlug Draco den Weg nach unten zurück in die Bibliothek ein, während Hermine nachdenklich die Treppe hinauf zum Gryffindorturm empor schritt.

Sie hoffte nur, dass Draco sie nicht verraten würde.
 

**
 

Am Abend waren sie wieder zu fünft und sie bemerkte nur zu gut die stechenden Blicke, die Draco ihr aus seinen grauen Augen zuwarf, doch sie ignorierte ihn einfach. Er setzte sich neben sie an den Gryffindortisch, es war klar, dass er gewartet hatte, bis sie saß, damit sie sich nicht von ihm wegsetzen konnte.

„Wir reden nachher miteinander!“ flüsterte er ihr in bestimmtem Tonfall zu. Sie hatte schon den Mund zu einer Erwiderung geöffnet, als er ihr zuvor kam. „Und keine lahmen Ausreden! Ich weiß, was ich gesehen habe.“
 

Hermine schloss den Mund wieder und nickte ergeben. Früher oder später musste dieses Gespräch sowieso stattfinden und wie sie ihn einschätzte, würde er keine Ruhe geben, bis er nicht wusste, was er wissen wollte.

Denn neben dem an ihm neu entdeckten Humor, war Draco auch sehr neugierig und noch dazu oft recht besorgt wegen seiner neuen Freunde. Das hatte sie bei den vielen Gesprächen bemerkt, die er mit Harry über Voldemort geführt hatte.
 

Nach dem Essen verabschiedeten sie sich von ihren Freunden, allerdings bekam keiner der beiden den eifersüchtigen Blick mit, mit dem Harry Draco bedachte. Er hatte bemerkt, dass Ron sich langsam von Hermine zurückzog und sich anderen Mädchen zuwandte, doch nun hing seine brünette Freundin immer öfter mit Draco zusammen und das passte ihm genauso wenig.
 

Hermine derweil folgte Draco nach draußen. Es war zwar abends noch etwas kalt draußen, denn es war erst Mai, doch Hermine hatte schnell einen Wärmezauber gesprochen. Eine Weile gingen sie einfach nur schweigend nebeneinander her und Hermine wartete darauf, dass der Blonde das Wort ergriff.

„Also, wer ist der Vater?“ Hermine hatte damit gerechnet, dass er dies als Erstes fragen würde. Sie sah ihn nicht an, als sie antwortete.

„Harry,“ erwiderte sie schlicht.
 

„Harry?“ harkte Draco überrascht nach. „Ich habe nie Anbandlungen zwischen euch bemerkt,“ stellte er fest.

„Es war letztes Jahr nach dem Quidditch-Spiel gegen Slytherin. Wir haben gewonnen und beide zu viel getrunken.“ Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme wehmütig klang.

„Was empfindest du für ihn?“ wollte Draco daraufhin wissen und abermals kam sie sich ertappt vor.

„Ich liebe ihn,“ antwortete sie, sah ihn aber noch immer nicht an. Stattdessen schlenderte sie einfach weiter und strich sich gedankenversunken über ihren Bauch.
 

„Weiß er das denn?“ setzte der Blonde seine Fragen fort.

Hermine schüttelte den Kopf. „Nein, wieso auch, es ist doch eindeutig, dass er was von Ginny will.“

Draco wiegte den Kopf. „Da wäre ich mir nicht so sicher. Oder was meinst du, warum die beiden nicht zusammen sind? Das geht ja schon, seit ich hier bin und auch schon viel länger, oder?“ Er sah Hermine von der Seite an, die aber schwieg. „Mir scheint es eher, dass er sie auf Abstand hält,“ tat er seine Meinung kund.
 

Hermines Kopf ruckte nach oben und sie sah ihn erstaunt an. „Meinst du? Kann ich mir nicht vorstellen. Sie liebt ihn schon lange abgöttisch und letztes Schuljahr sind sie schon einmal fast zusammengekommen.“

„Dann solltest du dich vielleicht fragen, weshalb es nicht so ist,“ entgegnete Draco gelassen.

„Du meinst also, er liebt sie gar nicht?“ harkte Hermine skeptisch nach, erntete aber nur ein Achselzucken von ihrem Begleiter.
 

„Das musst du ihn schon selbst fragen,“ meinte Draco dann nach einer Weile. „Aber spätestens, wenn das Kind da ist, musst du ihm zumindest das sagen. Ich weiß, dass es oftmals schwierig ist, jemandem seine Liebe zu gestehen, aber du solltest es tun, bevor es zu spät ist.“

„Zu spät? Meinst du Voldemort?“ Hermines Kehle schnürte sich zu. Wenn sie nur daran dachte, dass Harry bei dem Endkampf sterben könnte, wurde ihr schlecht und die Tränen drückten ihr auf die Augen.
 

Abermals zuckte Draco mit den Schultern. „Oder er verliebt sich einmal tatsächlich in ein anderes Mädchen, pardon, in eine andere Frau. Könntest du das wirklich ertragen, wenn er sie dann irgendwann beispielsweise heiraten würde? Würdest du es nicht bereuen, es nicht wenigstens versucht zu haben? Selbst wenn du Angst hast, eure Freundschaft zu zerstören, ich denke nicht, dass das passieren wird, dafür steht ihr euch zu nahe. Er wüsste, wie er damit umgehen muss, selbst wenn er die Gefühle nicht erwidern sollte. Aber dann ist wenigstens dein Gewissen erleichtert.“
 

„Ja, vielleicht.“ Hermine sah auf den Boden und seufzte leicht.
 

**
 

Gemeinsam kletterten sie nun durch das Porträtloch, wobei Draco Hermine unauffällig half. Sobald sie den Gemeinschaftsraum betreten hatten, ließ Hermine ihren Blick durch eben diesen schweifen, über die vielen Tische, an denen Schüler saßen und ihre Hausaufgaben machten und über die vielen Sessel, die am Kamin standen und zum Ausruhen einluden, doch weder Ron noch Harry waren hier zu sehen. Die Brünette wusste nicht genau, ob sie nun erleichtert sein sollte, oder eher nicht.
 

Wäre Harry da, sie wüsste nicht, wie sie reagieren sollte. Sie wollte es ihm zwar sagen, doch sie wusste nicht genau, ob sie tatsächlich schon bereit dazu war. Die Brünette hatte zwar genug Zeit gehabt, um darüber nachzudenken, doch sie hatte den Gedanken daran lieber verdrängt und lieber nicht so genau darüber nachgedacht. Also würde sie sich wahrscheinlich wieder davor drücken.
 

Genau das schien auch Draco neben ihr zu denken, denn bestimmt griff er nach ihrer Hand und zog sie in Richtung der Wendeltreppe, die zu den Jungenschlafsälen hinauf führte.

„Am Besten, du tust es gleich! Je länger du es vor dir herschiebst, desto schwerer fällt es dir später!“ erklärte er sein Handeln und widerstrebend ließ Hermine sich mitziehen. Sie wusste ja, dass er recht hatte, aber wirklich behagen wollte ihr der Gedanke trotzdem nicht, Harry nun gegenüber zu treten.
 

Sie hatte ihre Gefühle ja nicht umsonst die ganze Zeit verheimlicht und auch jetzt kroch die Angst wieder in ihr hoch, die Angst vor Harrys Reaktion. Es war eigentlich schon traurig, wie wenig Vertrauen sie offenbar in ihren Freund hatte, dass sie ihm zutraute, sie nach einem solchen Geständnis einfach fallen zu lassen. Dabei waren sie doch schon so lange befreundet und sie war doch stolz darauf, von sich behaupten zu können, dass sie sich gegenseitig gut kannten.
 

Harry öffnete sich schließlich nicht jedem und er hatte auch allen Grund, misstrauisch zu sein. Schließlich war er auf der einen Seite eine Berühmtheit, für eine Tat, an die er sich noch nicht einmal erinnern konnte und die er eher unbewusst bewerkstelligt hatte und daher hatte er viele Bewunderer, die nur eben auf Grund seines Status’ etwas mit ihm zu tun haben wollten. Auf der anderen Seite hatte er sich aber auch aus dem gleichen Grund viele Feinde gemacht, die Feinde, die einfach nur neidisch waren und diejenigen, die in diesem Krieg auf der anderen Seite standen.
 

Sie verstand es nur zu gut, dass er nicht jedem sofort vertraute und diesen mit Skepsis begegnete. Deshalb war es ein schönes Gefühl, dass sie sich zu den wenigen Leuten zählen durfte, denen er rückhaltlos vertraute.

Aber genau das machte ihr auch Angst. Dass sie mit einem Liebesgeständnis dieses Vertrauen unwiderruflich zerstören könnte.
 

Dennoch ließ sie sich von dem blonden Gryffindor über den nur mit Fackeln beleuchteten Aufgang ziehen, bis vor den Schlafraum der Siebtklässler. Die Tür stand einen Spalt breit offen und laute Stimmen drangen aus dem Zimmer.
 

„Ich habe es dir schon vorher gesagt, aber du hast mir ja nicht zugehört! Deshalb sage ich es dir jetzt noch einmal: Ich liebe dich nicht und werde es auch nie. Mach dir also keine Hoffnungen mehr!“ war Harrys Stimme von drinnen zu hören.

„Aber Harry! Ich meine, wir haben so viel Zeit miteinander verbracht...“ begann Ginny, wurde aber sofort unterbrochen.

„Ja, wahrscheinlich war das der Fehler! Dadurch habe ich dir offenbar falsche Hoffnungen gemacht und das tut mir auch Leid. Du verdienst jemanden, der deine Gefühle erwidert, was ich aber nun mal nicht tue!“ verdeutlichte Harry noch einmal.

„Aber...“ Ginnys Stimme war tränenerstickt und es war ein Schluchzen zu hören. Dann hörten sie jemanden zur Tür rennen, kurz darauf wurde die Tür aufgerissen und Ginny drückte sich mit gesenktem Kopf an ihnen vorbei.
 

Hermine sah die geröteten Wangen und die Tränen, die ihrer Freundin über die Wangen liefen. Augenblicklich überrollte sie eine Welle aus Mitleid, denn sie konnte verstehen, wie es sich anfühlte, von demjenigen, den man liebte, abgewiesen zu werden. Schließlich wusste sie nicht genau, wie ihr eigenes Gespräch mit Harry enden würde, möglicherweise genauso.

Doch nun wurden ihre Wangen rot, als ihr langsam klar wurde, dass sie nun doch eine kleine Chance hatte und dass sie Ginny gegenüber eigentlich umsonst eifersüchtig gewesen war und das seit sage und schreibe bereits einem halben Jahr. Und vielleicht war sie ja damals in dieser Nacht doch gar nicht zweite Wahl gewesen.
 

Unsicher sah sie zu Draco rüber, der ihr nun aufmunternd zulächelte, doch in genau diesem Moment wurde die Tür ein weiteres mal aufgerissen.
 

**
 

Kurz sah Harry der Rothaarigen hinterher, doch dann richtete er den Blick auf den Boden. Es war ihm nicht leicht gefallen, sie so zu verletzen, sie weinen zu sehen. Doch es war besser so. Besser, als wenn sie sich weiterhin Hoffnungen gemacht hätte, die er einfach nicht erfüllen konnte. Und sie hatte sich ja auch schon lange genug welche gemacht und obwohl er versucht hatte, es ihr auf andere Weise zu verdeutlichen, war er damit gescheitert.

Genauso, wie Hermine seine Zeichen nicht verstand. Er grummelte. Auch mit ihr würde er richtig reden müssen, falls sie es denn zuließ.
 

Er drehte sich zur Tür und riss sie schwungvoll auf, um seine brünette Freundin suchen zu gehen. Wenn er jetzt schon dabei war, würde er auch das gleich hinter sich bringen, auch auf die Gefahr hin, dass sie dann nichts mehr von ihm wissen wollen würde. Aber er war es Leid, nicht zu wissen, woran er war.

Als er sie allerdings direkt vor der Schlafsaaltür stehen sah, weiteten sich seine Augen kurz überrascht, dann bemerkte er Draco, dessen Lächeln, mit dem er Hermine bedachte, das zaghaft erwidert wurde und seine Augen glitten zu ihren Händen hinab, die sich umschlossen.
 

Sofort verfinsterte sich sein Gesicht. Wieso auch nur hatte er sich überhaupt irgendwelche Hoffnungen gemacht? Den Schmerz in seiner Brust ignorierend wandte er den Blick von dem glücklichen neuen Pärchen ab, drückte sich an ihnen vorbei und rannte dann schnellen Schrittes die Wendeltreppe hinunter, wobei er immer einmal ein paar Stufen übersprang.

Hermines Rufen nach ihm ignorierte er. Er wollte es gar nicht wissen.
 

Stattdessen durchquerte er rasch den Gemeinschaftsraum, die anderen anwesenden Schüler, die ihn nun anstarrten, da sie ihn auf der Treppe gehört hatten, ignorierte er ebenfalls. Er drückte das Porträt auf und sprang hinaus in den Gang, beachtete die Schimpftirade der Fetten Dame über sein Benehmen nicht weiter und sprintete den Gang entlang, hüpfte die Treppen hinunter, durchschritt die Eingangshalle und fand sich nur wenig später draußen auf den Ländereien wieder.
 

Er war wütend auf sich selbst. Es war doch nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Hermine einen festen Freund haben würde. Was hatte er sich auch eingebildet, dass sie auf ihn warten würde? War er wirklich so anmaßend gewesen? Offenbar schon.

Es war nicht verwunderlich, denn Hermine sah sehr gut aus. Und dass es Draco war, der schließlich ihr Herz erobert hatte, war auch abzusehen gewesen, so oft, wie die beiden seit Dracos Ankunft hier zusammen ihre Zeit verbracht hatten.
 

„Accio Feuerblitz!“ rief er mit sich vor Wut überschlagender Stimme. Er musste sich irgendwie ablenken und seinen Zorn über sein eigenes Unvermögen irgendwie abreagieren. Harry wusste, es war seine eigene Schuld, dennoch tat es unglaublich weh.

Er hätte ihr einfach „Ich liebe dich!“ zubrüllen sollen, vor ihren Freunden, im Gemeinschaftsraum oder auch in der Großen Halle, vor allen anderen. Dann hätte sie ihm zuhören müssen, hätte ihn nicht abblocken können, so wie sie es getan hatte, als er versucht hatte, mit ihr unter vier Augen zu sprechen. Doch jetzt war es zu spät.
 

Verächtlich schnaubte er. Als ob das etwas geändert hätte. Er konnte keine Gefühle in sie hineinzwingen. Wo keine Gefühle waren, waren eben keine.
 

Kurze Zeit später war sein Besen bei ihm am Qudditch-Feld angekommen, er schwang sich auf den Stil und stieß sich ab. In rund fünfzehn Metern Höhe, begann er, sich abzureagieren, was ihm beim Fliegen eigentlich immer gelang. Er drehte Runde um Runde und verlangte seinem Besen eine immer höhere Geschwindigkeit ab, flocht Loopings und schnelle Richtungswechsel mit ein, doch seine Wut blieb.
 

Das Morgengrauen brach bereits an, als zumindest sein Körper ausgepowert war. Seine Gedanken rasten noch immer, doch seine Konzentrationsfähigkeit hatte soweit nachgelassen, dass es einfach zu riskant war, noch weiter zu fliegen. Außerdem sollte er verschwinden, bevor die ersten Schüler erwachten.
 

Kurz darauf traf er im Raum der Wünsche ein, in dem er seinen persönlichen Trainingsraum für das Duell gegen Voldemort eingerichtet hatte. Diesmal hatte er sich auch ein kleines Bett in einer Ecke gewünscht und ein komplettes Bad mit Dusche, doch auch nachdem er sich mit warmem Wasser von den Anstrengungen seine Fliegerei gereinigt hatte, war nicht sofort an Schlaf zu denken. Erst nach einer scheinbaren Ewigkeit gelang es ihm, seine Gedanken so weit zu leeren, dass er einschlafen konnte.
 

**
 

Irgendwann mittags wachte Harry auf. Er fühlte sich wie gerädert und den größten Teil des Unterrichtes hatte er vermutlich auch verschlafen. Und obwohl es nur noch rund ein Monat bis zu den Abschlussprüfungen war, war es ihm herzlich egal. Er war einfach nicht in der Stimmung, am Unterricht teilzunehmen, zumal er die ganze Zeit Hermine ausgesetzt sein würde und nachdem Draco jetzt zu Gryffindor gehörte, diesem ja auch. Das hätte er einfach nicht ertragen.
 

Harry stand auf. Dennoch musste er jetzt irgendetwas tun. Doch zuerst wollte er etwas essen, denn er hatte seit dem Abendessen nichts mehr zu sich genommen, aber er wollte nicht zum Mittagessen in die Große Halle, denn dann würde von ihm erwartet werden, dass er wenigstens am Nachmittagsunterricht teilnehmen würde und das wollte er nicht tun.
 

„Dobby!“ rief er daher einfach und kurz darauf erschien der kleine Hauself und sah ihn mit seinen großen grünen Augen an.

„Harry Potter, Sir, haben gerufen?“ Er verbeugte sich so tief, dass seine schmale Nasenspitze den Boden berührte und seine großen Ohren nach vorne schlackerten.

„Bringst du mir bitte etwas zu essen?“ fragte Harry höflich, obwohl er bei dem Anblick des Elfen bitter an Hermines B.Elfe.R erinnert wurde.

„Was wünschen Harry Potter, Sir?“ Der Hauself richtete sich auf und sah den Schwarzhaarigen erwartungsvoll an.

„Bring mir einfach ein Mittagessen, Dobby!“ bat Harry und mit einem leisen ‚Plopp’ verschwand der Elf.
 

Harry nutzte die Zeit, um sich seine Sportklamotten anzuziehen und einige Gegenstände verschiedener Größe herbei zu zaubern. Er musste nicht lange warten, bis Dobby wieder mit einigen Tabletts voll mit warmem Essen beladen wiederkehrte. Der Schwarzhaarige deutete auf den Tisch und den Stuhl, die in einer Ecke standen und der Hauself servierte das Essen, das Harry dann hungrig verschlang.

Nachdem er mit dem Essen fertig war, stieß er den Teller und die Tabletts mit seinem Zauberstab an, damit diese verschwanden und in der Küche auf dem kleinen Tisch neben der Tür erscheinen würden.
 

Dann stand er auf und stellte sich in die Mitte des Raumes. Sein Zauberstab schwang auf die herbeigezauberten Gegenstände und mit einer kurzen Bewegung und einem gemurmelten Spruch fingen diese an, in einem tornadoähnlichen Wirbel um ihn herum zu fliegen, auf unterschiedlichen Höhen beständige Kreise um ihn ziehend.

Kurz schloss er die Augen und drehte sich in entgegen gesetzter Richtung zu dem Wirbel um ihn herum, öffnete sie dann wieder und versuchte, so schnell wie möglich so viele der Vasen, Kerzen, Stühle und sonstigen Gegenstände mit einem Zauber zu treffen, wie es ihm möglich war.
 

Einige der Objekte verharrten mitten in der Luft, andere explodierten, wonach er immer einen Schutzschild aufbauen musste, damit die Trümmerteile nicht auf ihn trafen. Noch in der Drehung schickte er meist noch einen ‚Reparo’ hinterher, der die umherfliegenden Splitter direkt wieder zusammensetzte. All das diente in erster Linie seiner Zielgenauigkeit und seinem Durchhaltevermögen, denn er wusste, Voldemort würde sich nicht mit einem ‚Stupor’ besiegen lassen.
 

Durch die Sache mit Hermine, die doch sehr an ihm nagte, war seine Konzentrationsfähigkeit heute nicht so hoch wie sonst, doch er versuchte, es so gut wie möglich aus seinem Denken zu verbannen.

Erst nach mehreren Stunden beendete er schwer atmend sein Training und verschwand praktisch sofort unter der Dusche. Danach legte er sich hin.
 

Als er nach zwei Stunden wieder erwachte, hatte er Hunger. Ein kurzer Blick zur Uhr verdeutlichte ihm, dass seine Mitschüler vermutlich alle in der Großen Halle beim Abendbrot saßen. Noch immer verspürte er nicht sonderlich viel Lust, dort zu erscheinen und mit all seinen Gefühlen konfrontiert zu werden, doch er wollte auch nicht noch einmal, wie am Mittag, hier essen.

Deshalb entschloss er sich, hinunter in die Küche zu gehen.
 

**
 

Dobby, Winky und die anderen Hauselfen hatten ihn zuvorkommend empfangen und ihm quasi jeden Wunsch von den Lippen abgelesen und jetzt war er gesättigt. Zufrieden lehnte er sich zurück und überlegte gerade, die Nacht im Raum der Wünsche zu verbringen oder doch in seinem Schlafsaal, sich den Fragen seiner Freunde und Dracos Anwesenheit auszusetzen. Eigentlich hatte er keine großartige Lust darauf, aber irgendwann musste er sich dem doch stellen und er hatte jetzt schon lange genug den Beleidigten herausgekehrt, vor allem, da er ja selbst dran Schuld war und weder Draco noch Hermine etwas dafür konnten, dass er nie seine Gefühle gestanden hatte, also konnte er keinem der beiden einen Vorwurf machen.
 

Er lehnte sich zurück und beobachtete die Hauselfen bei ihrem geschäftigen Treiben, während seine Gedanken doch ganz woanders weilten. Daher zuckte er erschrocken zusammen, als plötzlich das ganze Schloss erdröhnte.

„Harry Potter, wir haben das Schloss umstellt. Wenn du nicht willst, dass wir angreifen, dann komm heraus und stell dich mir!“ war die dunkle durch den ‚Sonorus’ verstärkte Stimme Lord Voldemorts zu vernehmen.
 

Augenblicklich war es still in der Küche und Harrys Nackenhaare stellten sich zu Berge und eine Gänsehaut breitete sich auf seinem Körper aus. Er hatte gewusst, dass es letztendlich nur eine Frage der Zeit sein würde, bis Voldemort ihn herausfordern würde, doch er hatte nie damit gerechnet, dass der einen Weg finden würde, die Banne um die Ländereien Hogwarts zu durchbrechen, doch offenbar hatte er es heimlich still und leise geschafft.
 

Harry wunderte sich kurz, denn Dumbledore würde Lücken in seinen Zauberbannen doch sicherlich sofort bemerken und es war keine Sache von fünf Minuten, die vielen Banne zu Fall zu bringen. Doch Voldemort stand augenscheinlich vor Hogwarts’ Toren und ließ sich auch von Dumbledores Anwesenheit nicht abschrecken. Was so viel hieß, dass Hogwarts nun nicht mehr sicher war.
 

„Was werden Harry Potter, Sir, nun tun?“ Überrascht wandte er den Blick auf die kleine Hauselfe vor sich, der ihn mit besorgten großen Augen anblickte.

Dann fing er sich wieder und er stand auf. „Ich werde hingehen. Ich habe ja immer gewusst, dass es dazu kommen würde, weshalb also drücken? Der Krieg wartet nicht.“

Eine Weile musterte er die Elfen stumm, die ihn alle erwartungsvoll ansahen. „Ihr solltet euch alle in Sicherheit bringen. Vielleicht solltet ihr ein paar der jüngeren Schüler mitnehmen.“

„Natürlich, Harry Potter, Sir.“ Dobby verbeugte sich abermals tief und noch während Harry sich zur Tür drehte, wusste er, dass die Küche hinter ihm nun leer war.
 

Hastig rannte er durch den Gang, der sowohl zur Küche, als auch zu den Hufflepuff-Gemächern führte, hin zur Eingangshalle. Als er auf der Höhe zur Großen Halle war, hörte er von dort keinen Ton, offenbar waren die Schüler in entsetztes Schweigen verfallen, doch Harry kümmerte das nicht, er sprintete durch den Eingangsbereich, doch plötzlich hörte er rennende Schritte hinter sich.

„Harry!“ Ein spitzer Schrei, der ihn inne halten ließ und er drehte sich um.
 

Hermine kam ihm tränenüberströmt entgegen gerannt und aus einem Gefühl heraus blieb er stehen. Ehe er sich versehen hatte, stand sie vor ihm, die Arme um seinen Nacken gelegt und presste sich an ihn, den Kopf an seine Schulter gelegt, so dass er ihr Gesicht nun nicht mehr sehen konnte.

„Geh nicht hin!“ flehte sie schluchzend. „Bitte! Ich weiß doch gar nicht, was ich ohne dich tun soll... ich will gar nicht daran denken... ich liebe dich doch!“

Plötzlich schlug Harry das Herz bis zum Hals und er hatte das Gefühl, dass sein Magen explodierte. Rasch griff er nach ihren Schultern und drückte sie sanft von sich weg, um ihr in das rote und tränennasse Gesicht hinunter sehen zu können. „Hermine...“
 

„Ich weiß, ich hätte es dir schon früher sagen müssen... ich wollte es dir gestern schon sagen... Draco hat mich ermutigt... aber du hast das falsch verstanden, zwischen Draco und mir ist nichts!“ unterbrach sie ihn sofort und redete hastig weiter.

Harry stand vor Sprachlosigkeit der Mund leicht offen. Es wollte nicht in sein Hirn, was Hermine ihm nun offenbarte. Er hatte ein seltsames Gefühl im Bauch, als würden alle seine Organe schweben.

„Du musst mir glauben, Harry!“ Sie sah ihn eindringlich und flehend an. „Ich liebe dich! Wenn du... nicht zurückkommst, das würde ich nicht ertragen!“ Sie wagte es nicht, das Wort ‚sterben’ auszusprechen. Hermine wollte diese Möglichkeit nicht in Betracht ziehen.
 

„Hermine!“ hauchte Harry zart. Im ersten Moment wusste er nicht, wie er reagieren sollte, doch dann griff er in ihren Nacken, zog sie zu sich heran und küsste sie sanft auf die rosigen Lippen. Es war an der Zeit, dass er zu seinen Gefühlen stand. Seine andere Hand streichelte ihr über den Rücken und er hatte Hermines zierliche Gestalt fest an seine Brust gepresst.

Atemlos löste er sich wieder und sah die Brünette fragend an, denn so zierlich schien sie gar nicht mehr zu sein. „Hermine, was...?“

Doch diese nahm nur sanft lächelnd seine Hand, legte sie auf ihren Bauch, von dem sie den Illusionszauber genommen hatte und er fühlte eine Bewegung unter seine Handfläche. „Unser Kind!“ erklärte sie leicht verschämt, biss sich auf die Unterlippe und sah den Schwarzhaarigen, der sichtlich überrascht war, dann unsicher an.
 

Nach wenigen Augenblicken lächelte er dann, strich noch einmal über den runden Babybauch und küsste Hermine sacht auf die Lippen. „Ich liebe dich auch!“ hauchte er. „Und wenn ich wieder komme, werden wir eine Familie sein!“ Er strahlte sie zuversichtlich aus seinen grünen Augen an und löste sich von ihr, doch sie hielt seine Hand noch umklammert.

„Bitte geh nicht!“ flüsterte sie leise. Sie wollte ihn nicht gehen lassen, zu hoch das Risiko, ihn für immer zu verlieren.
 

Harry sah ihr in die von Tränen glitzernden karamellfarbenen Augen und sein Lächeln wurde wehmütig. „Ich würde auch lieber bei dir bleiben, aber du weißt, dass er keine Ruhe geben wird. Ich kann uns und dem Kind kein Leben auf der Flucht zumuten.“

Hermine wusste ja, dass Harry Recht hatte, dennoch fiel es ihr schwer, ihn gehen zu lassen.

„Lass mich die Welt für unser Kind besser machen!“ Er entzog ihr langsam seine Hand, lächelte ihr noch einmal zu, drehte sich dann um und verließ das Gebäude.
 

Die Brünette sah ihm lächelnd nach. Es sah ihm ähnlich, dass er furchtlos in diesen Kampf schritt, gestärkt durch ihr Liebesgeständnis und erst an sie und das Baby und dann erst an sich selbst denkend. Doch er hatte zum Schluss so viel Selbstsicherheit ausgestrahlt, dass sie ihm einfach glauben musste, wenn er sagte, dass er zu ihr zurückkommen würde. Sie war sich sicher, dass er sein Versprechen halten würde.
 

Kurz nachdem Harry verschwunden war, hörte sie, wie das Tor zur Großen Halle einen Spalt breit aufgedrückt wurde. Lärm flutete die Eingangshalle, doch Hermine drehte sich nicht nach den Schritten hinter sich um, sie starrte noch immer das Eingangsportal an, durch das Harry soeben verschwunden war.
 

„Ist er gegangen?“ Das war die Stimme ihres besten Freundes und sie konnte im Augenwinkel erkennen, dass der Rotschopf neben sie getreten war. Sie nickte nur stumm und merkte, wie die Tränen unaufhaltsam flossen. Er erwiderte ihre Gefühle, doch darüber konnte sie sich im Moment nicht so recht freuen. Ihre Gefühle waren ein einziges Chaos.
 

Ron hob seinen Zauberstab. „Ich werde ihm helfen. Voldemort hat bestimmt seine Todesser dabei.“ Rasch schritt er auf das Eingangsportal zu und erst, als er dort und somit auch in Hermines Blickfeld angekommen war, realisierte diese erst, was das bedeutete. Doch Ron wandte sich schon um.

„Das ist Harrys Kind, nicht wahr? Pass auf die beiden auf!“ verlangte Ron und sah Draco an, der an Hermines Seite stand. Auch er verschwand nun durch das Tor nach draußen.
 

Hermine nahm nun ihren Zauberstab zur Hand. Sie konnte doch nicht einfach hier herumstehen, während ihre beiden Freunde in einen Kampf um Leben und Tod verwickelt waren. Sie trat einen Schritt vor, doch sogleich spürte sie eine Hand auf ihrem Arm, die sie zurückhielt.

„Nicht, Hermine! Nicht in deinem Zustand!“ Draco hielt sie fest.

„Lass mich!“ entgegnete Hermine unwirsch und schüttelte seine Hand ab. Sie hatte keine Zeit jetzt, sich noch mit Draco auseinander zu setzen.
 

Doch plötzlich spürte sie eine kalte Zauberstabspitze an ihrem Hals und sie blieb abrupt stehen. Wütend schielte sie zu dem Blonden.

„Das kann ich nicht zulassen! Es war zwar Ron, der mir diesen Befehl erteilt hat und ich nehme eigentlich keine Befehle mehr von niemandem an, aber da es Harrys Kind ist... ich schulde ihm noch viel. Außerdem würde er es mir nie verzeihen, wenn dir etwas zustoßen würde. Und da er selbst nicht auf dich aufpassen kann, werde ich es tun.“ Draco sah sie sehr entschlossen an. „Und glaub mir, ich würde jetzt auch nichts lieber tun, als mich den beiden anzuschließen, aber ich wage zu behaupten, dass es für mich, als ehemaligen Todesser, noch gefährlicher wäre, da jetzt rauszugehen. Zumal Dumbledore Auroren angefordert hat, die nichts von meinem Verrat an Voldemort wissen und ich dann von zwei Seiten angegriffen würde. Und ich habe ja auch eine sehr wichtige Aufgabe, wenn ich dich und Harrys Nachkommen beschütze.“
 

Plötzlich wurden die großen Flügeltüren zur Großen Halle aufgestoßen und einige Siebtklässler, angeführt von Professor McGonagall, strömten heraus.

„Mister Malfoy!“ Die Professorin in vorderster Front war sichtlich geschockt und die ersten Zauberstäbe richteten sich auf Draco, denn viele sahen sich nun in ihrer Verrätervermutung bestätigt. Sie trauten dem ehemaligen Slytherin einfach noch immer nicht.
 

„Ich möchte nur Hermine davor bewahren, in ihrem Zustand etwas unüberlegtes zu tun!“ erklärte Draco mit lauter Stimme und wandte sich dann etwas leiser an Hermine. „Sag es ihnen!“

„Es stimmt, Professor, er wollte mich nur davon abbringen, mich ebenfalls an dem Kampf zu beteiligen!“ meinte Hermine nun laut an die Lehrerin gewandt.

Diese hob skeptisch eine Augenbraue, doch Draco ließ seinen Zauberstab verschwinden. Er ging davon aus, dass bei der Brünetten nun die Vernunft gesiegt hatte.
 

Die Professorin warf Hermine noch einen prüfenden Blick zu und diese nickte leicht. Dann rauschte die Verwandlungslehrerin mit den Siebtklässlern aus Gryffindor, Ravenclaw und Hufflepuff an ihnen vorbei, ebenso die Sechstklässler, die im Laufe des Jahres volljährig geworden waren. Fast alle, denen es möglich war, hatten sich freiwillig für diesen Kampf entschieden.

Nur Slytherins waren selbstverständlich keine dabei. Draco schnaubte abfällig. Es war nicht anders zu erwarten gewesen, das waren alles Feiglinge. Irgendwie war er nun zum ersten Mal froh, nicht mehr diesem Haus anzugehören, auch wenn er zu seinem Leidwesen ebenfalls nicht an dem Kampf teilnehmen konnte.
 

Lavender und Parati blieben kurz unsicher bei Hermine und Draco stehen. Von beiden war bekannt, dass sie Draco nicht trauten und dementsprechend misstrauisch beäugten die beiden Mädchen den Blonden, beide mit ihrem Zauberstab in der Hand. Dann wandte Parvati sich an Hermine. „Bist du dir sicher...?“ Sie sprach den Satz nicht aus, doch Hermine wusste auch so, was sie meinte.

Daher nickte sie nur. „Geht schon. Draco wird auf mich aufpassen, falls Voldemort doch noch zum Schloss vordringen sollte.“

„Aber...“ wollte nun Lavender einwenden, doch Hermine unterbrach sie.

„Ich vertraue ihm,“ erklärte sie bestimmt.

Lavender und Parvati warfen dem Blonden noch einen kritischen Blick zu, bevor sie sich schweren Herzens ebenfalls auf den Weg in den Kampf machten. Keine der beiden hatte die verheimlichte Schwangerschaft erwähnt, die nun aber nicht mehr zu verleugnen war.
 

Sobald die beiden verschwunden waren, verließen auch die anderen Lehrer die Große Halle. Hermine hatte das Gefühl, dass sämtliche Lehrer sie mit großen Augen ansahen, auf Grund ihres Zustandes, denn auch sie hatten nichts davon gewusst, doch das war Hermine herzlich egal.

Sie dachte die ganze Zeit nur daran, dass sie inständig hoffte, dass nicht nur Harry sein Versprechen hielt, sondern dass sie auch so viele ihrer anderen Freunde wie möglich wohlbehalten wieder sehen wollte.
 

„Dumbledore wird nicht helfen können,“ sinnierte Draco neben ihr leise.

Sie wandte ihm den Kopf zu. „Und weshalb nicht?“ Dumbledore war der stärkste Zauberer, weshalb sollte er in diesem Kampf nicht entscheidend eingreifen können?

„Hast du nicht gesehen, dass er nicht mit den anderen Lehrern die Große Halle verlassen hat?“ Draco warf ihr einen Seitenblick zu, doch sie musste ihm Recht geben, sie hatte es nicht bemerkt. Sie war zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt gewesen.
 

„Er versucht, die neu gewobenen Schutzzauber über der Großen Halle aufrecht zu erhalten, die er nun, da die alten durchbrochen sind, heraufbeschwören musste. Dafür muss er anwesend sein und all seine Kräfte verwenden. Deshalb sollten wir auch dort hin gehen, dort sind wir sicher,“ erläuterte Draco und legte eine Hand auf Hermines Arm.

„Meinst du, Voldemort wird Hogwarts angreifen?“ wandte sie sich an den Blonden.

Der zuckte nur mit den Schultern. „Wer weiß. Er würde Dumbledore vielleicht herausfordern, wenn er Harry....“ Abrupt unterbrach er und räusperte sich. „Aber das wird nicht passieren,“ setzte er hastig hinzu und warf Hermine einen besorgten Blick zu. „Dennoch sollten wir in die Große Halle.“

Hermine seufzte leise und ließ sich dann einfach von Draco führen.
 

In der Großen Halle bemerkte sie, dass er Recht hatte. Die Haustische waren verschunden, die Schüler saßen in kleinen Grüppchen an den Wänden auf herbeigezauberten Teppichen und Decken und Dumbledore stand mit erhobenen Armen in der Mitte der Halle und weiße Blitze gingen von seinen Händen aus zu einem weißen Schutzschirm, der wie dichter Nebel einen halben Meter über ihren Köpfen und am Rand der Halle entlang waberte.

Hermine wusste, dass in diesen Schutzschirm noch die Schutzzauber der anderen Lehrer mit eingeflochten waren. Sie hatten den Saal nur betreten können, da Dumbledore eine kleine Lücke für sie in den Schild gewebt hatte, da er die Auren seiner Schüler spüren konnte.
 

In der Halle herrschte größtenteils angstvolle Stille, doch wurde auch viel getuschelt und gerätselt, ob der Krieg nun endlich ein Ende finden würde und wie dieses vonstatten gehen würde.

Hermine setzte sich zusammen mit Draco auf einen der wuscheligen Teppiche. Betrübt sah sie ins Leere. In Gedanken war sie draußen auf dem Schlachtfeld, auf dem all ihre Freunde waren. Selbst Ginny und Luna, die beide im Verlauf des Jahres volljährig geworden waren.
 

Sie seufzte schwer, denn die Minuten, gar Sekunden zogen sich wie Gummi. Und ihr blieb nichts anders übrig, als sich selbst dafür zu verfluchen, dass sie nicht helfen konnte und ihr fiel auch keine Möglichkeit ein, von hier aus zu helfen, ohne sich selbst direkt an dem Kampf zu beteiligen. Die Brünette spürte die besorgten Blicke Dracos auf sich ruhen, doch nach Außen hin versuchte sie, nun, da ihre Tränen versiegt waren, die Fassung zu bewahren, während in ihrem Inneren der reinste Sturm tobte.
 

Alle Versuche, sich selbst irgendwie abzulenken, schlugen fehl. Sie konnte weder einen der dicken Wälzer lesen, die sie sich herbeigezaubert hatte, da sie sich einfach nicht konzentrieren konnte. Wenn sie ihre Gedanken abschweifen ließ, erschien ihr meist Harrys Gesicht vor Augen, was sie dann doch wieder nervös an den Kampf draußen denken ließ.
 

Der Kampf war schon ein paar Stunden im Gange, als plötzlich eine Schar Hauselfen in der Halle erschien. Dobby stellte sich vor Dumbleodre, dessen Gesicht mittlerweile vor Anstrengung verzerrt war, Hermine konnte nur erahnen, dass der Schutzschild von außen angegriffen wurde und sie mochte nicht dran denken, wie der Rest des Schlosses wohlmöglich aussah. Hier in der Halle bekamen sie von Außen absolut nichts mit.
 

„Dobby und die Hauselfen haben sicheres versteck für Schüler gefunden, Albus Dumbledore, Sir,“ erklärte der kleine freie Elf und verbeugte sich vor dem weißhaarigen Rektor. „Wir werde sie alle dorthin bringen.“

Dumbledore sah etwas überrascht drein. Normalerweise dachten Elfen selbst nicht so komplex und sie würden sich lieber niedermetzeln lassen, als ihren Arbeitsplatz zu verlassen. Der alte Mann wusste ja nichts von Harrys indirektem Befehl, an den sich die Hauselfen hielten.
 

Dann nickte er. „Okay, bringt die Schüler weg.“

Wie gut, dachte Hermine, dass Voldemort magische Wesen verabscheute, so wusste er auch nichts von der Magie, die den Hauselfen eigen war und es ihnen erlaubte, Dumbledores Schutzschirm zu durchdringen und sogar eine Person mit sich hinein- und hinauszubefördern.

Bereits nach kurzer Zeit waren nur noch Hermine, Draco und Dumbledore anwesend und Dobby und Winky erschienen erneut in der Halle.
 

„Ihr solltet ebenfalls gehen,“ erklärte der Direktor den beiden Schülern und sah sie eindringlich an.

„Nein,“ entgegnete Hermine schlicht und blieb beharrlich sitzen.

Draco lehnte sich zu ihr hinüber und legte ihr abermals eine Hand auf den Arm. „Wir sollten nicht hier bleiben. Damit hilfst du ihm auch nicht.“

„Aber ich bin in seiner Nähe,“ erwiderte Hermine trotzig.

Der Blonde seufzte leise und wandte sich an Dobby. „Nimm sie mit!“ Er legte etwas autoritäre Strenge in seine Stimme und seinen Blick und sein ehemaliger Hauself gehorchte sofort.

Mit seinen knöchernen Fingern umschloss er Hermines Oberarm, die Draco wütend anfunkelte und versuchte, sich zu wehren, doch bevor sie sich losreisen konnte, verschwand die Große Halle um sie herum und sie tauchte in einer großen von Fackeln erhellten Höhle auf, in der die anderen Schüler saßen und sich unterhielten und teilweise aßen, als sei nichts geschehen.

Hermine verzog das Gesicht. Sie würde vor Anspannung nun keinen Bissen runterkriegen.
 

Es dauerte eine Weile, bis Winky Draco brachte. „Dumbledore hat den Schutzschild nun aufgegeben und wird sich jetzt in den Kampf einmischen,“ berichtete er kurz, als er Hermines erwartungs- und hoffnungsvolles Gesicht sah. Doch andere Nachrichten, gar von Harry, konnte er ihr nicht bringen und von dem teilweise zerstörten Schloss wollte er auch vorläufig nicht erzählen, zumal hier auch noch sehr junge Schüler anwesend waren, die eine solche Nachricht vielleicht nicht so gut verkraften würden.
 

**
 

Erneut dehnte sich die Zeit unendlich in die Länge. Hermine hatte jegliches Zeitgefühl verloren, da die Zeit doch anderes verlief, als sie es empfand. Sie starrte nur vor sich hin, sie hatte nicht einmal mehr die Kraft, auf Draco zu achten, der verbissen versuchte, sie irgendwie abzulenken.

Als dann plötzlich Professor Dumbledore in der Höhle auftauchte, konnte sie nicht sagen, wie viel Zeit tatsächlich seit ihrem Aufbruch aus Hogwarts vergangen war, doch Hermine ertappte sich, wie sie hoffnungsvoll zu ihm aufsah. Doch es schien ihr, als würde der Mann sie absichtlich nicht ansehen und ihr ungutes Gefühl wurde stetig stärker. Draco bemerkte ihre Unruhe und beugte sich zu ihr. „Das hat bestimmt nichts zu bedeuten.“

Sie wusste, er wollte sie beruhigen, doch mit seinen Worten erreichte er genau das Gegenteil, bewiesen sie ihr doch, dass es auch ihm aufgefallen war und er ähnlich dachte.
 

„Die Schlacht ist vorüber, Voldemort wurde besiegt. Die Hauselfen werden Sie zurück nach Hogwarts bringen, doch Sie sollten sich darauf gefasst, dass die Schule teilweise zerstört wurde,“ ergriff der Rektor das Wort. Allgemeines Getuschel unter den Schülern wurde laut.

„Gab es Verluste?“ fragte nun ein Fünftklässler mit angespannter Stimme.

Dumbledore sah ihn kurz schweigend an. Offenbar überlegte er, ob er das vor allen Schülern beantworten konnte, wollte er doch gerade die jüngeren nicht erschrecken. „Ja,“ antwortete er nach einer Weile schlicht und atmete tief durch. Jedoch sah er dabei niemanden bestimmtes an.
 

Die Hauselfen, die bei den Schülern gewartet und sie bewacht hatten, griffen nun nach jeweils einer Hand von zwei Schülern und brachten diese zurück zum Schloss.

Hermine trat zögernd auf Dumbledore zu, der etwas mitgenommen aussah und sich mit geschlossenen Augen die Nasenwurzel massierte, während sich die Höhle um sie herum nach und nach leerte. „Herr Direktor?“ fragte sie leise. „Was ist mit Harry?“

Augenblicklich hörte er mit seiner Massage auf und sah sie aus müden blauen Augen an. Eine Weile, in der Hermines Sorge ins unermessliche stieg, sagte er nichts, doch dann sackten seine Schultern herab und ließ den Kopf sinken. „Wir wissen es nicht, Miss Granger. Wir wissen nicht, wie es passiert ist, wie Mr Potter Lord Voldemort besiegt hat. Wir haben die Leiche von Tom Riddle gefunden, aber von Harry gibt es keine Spur.“
 

Er beobachtete Hermine weiterhin aufmerksam, der gerade das Herz in die Kniekehlen gerutscht war. Ihr war übel geworden bei Dumbledores Ausführungen.

„Aber das heißt auch, dass keine Leiche gefunden wurde, oder?“ ergriff nun Draco das Wort.

Hermine hob den Kopf. Genau, daran hatte sie gar nicht gedacht.

Dumbledore schüttelte bedächtig den Kopf. „Nein, aber es gibt auch keinen Hinweis auf seinen Verbleib.“

„Könnte er entführt worden sein?“ wollte Hermine mit dünner Stimme wissen. Doch es war nicht Dumbledore, der ihr antwortete, sondern Draco.

„Nach Voldemorts Tod? Unwahrscheinlich,“ entgegnete der Blonde.
 

„Wenn sich jemand auf Voldemorts Posten schwingen wollte und sein Nachfolger werden wollte, wäre Harry der richtige Gefangene,“ entgegnete Dumbledore und Hermine sah ihn entsetzt an. Sie hoffte inständig, dass das Harry erspart blieb.

Draco schüttelte vehement den Kopf. „In Wirklichkeit sind alle Todesser Feiglinge. Wenn sie den mächtigen Schwarzmagier in ihrem Rücken verlieren, werden die Meisten eher die Flucht ergreifen, denn ihr Meister würde sie nun nicht mehr retten können. Außerdem würde sich keiner von ihnen genug Respekt der anderen eingehandelt haben, als dass ihm die anderen Todesser folgen würden.“
 

Dumbledore nickte matt. Er schien zu müde, weiter in die Psyche von Todessern vordringen zu wollen. „Kehren wir nach Hogwarts zurück.“ Er apparierte und da sämtliche Schutz- und Schildzauber über dem Gebäude zusammengebrochen waren, taten es ihm die beiden Siebtklässler gleich.

„Bist du dir sicher?“ harkte Hermine bei Draco nach, kurz nachdem sie in der Eingangshalle angekommen waren.

„Natürlich,“ antwortete Draco und war sich offensichtlich sehr sicher.
 

Erst jetzt wandte Hermine ihre Aufmerksamkeit auf das herrschende Chaos. Ein Teil des Eingangsportals war eingebrochen und ein rauer kalter Nachtwind zog herein. Überall wimmelte es von Zauberern, teilweise in Schuluniform, teilweise waren es aber auch erwachsene Zauberer, Auroren und Mitglieder des Ordens des Phönix.

Immer wieder wurden Verletzte an ihnen vorbei getragen, die ein Stockwerk höher im Krankenflügel behandelt werden würden, aber man schaffte offenbar die Leichen in die Große Halle, um sie dort in Reih und Glied auf den Teppichen und Decken aufzubahren.
 

Hermine beschlich ein flaues Gefühl im Magen. Wollte sie wirklich wissen, wer unter den Opfern war? Oder sollte sie zuerst in den Krankenflügel gehen und sich um die Lebenden kümmern?

Doch irgendetwas zog sie in die Große Halle. Und als sie die Torschwelle überschritt, wusste sie auch, was es war. Sie wollte sich selbst davon überzeugen, dass nicht irgendwo Harrys lebloser Körper lag.
 

Bedächtig sah sie nach rechts und ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Die Anzahl der Leichen verdeutlichte ihr, dass sie bisher zu wenig mit solchen Kämpfen und dem Krieg an sich zu tun gehabt hatte, als dass sie das Ausmaß realistisch hätte einschätzen können.

Sie wandte sich dem ersten Körper an der Tür zu. Sie kannte die Frau nicht, also ging sie weiter.

Plötzlich wurde ihr heiß und kalt zugleich und ihr wurde speiübel. Vor ihr lag Lavender Brown, mit der sie kurz vor dem Kampf noch ein paar Worte gewechselt hatte. Die Augen hatte man ihr zugedrückt, doch das Gesicht war dennoch eine starre Maske des Entsetzens. Hastig wandte sie den Blick ab, nur um dann zu sehen, dass dort Dean Thomas und Luna Lovegood nebeneinander lagen. Sie schluckte schwer und schloss die Augen. Ihr war schwindelig und sie war dankbar für die stützende Hand, die ihr Draco reichte, der sie die ganze Zeit begleitet hatte.
 

Dennoch zwang sie sich dazu, weiter zu gehen. Sie wollte Dumbledore unbedingt glauben, doch sie musste sich selbst vergewissern. Sie kamen an ein paar Leuten vorbei, die sie nur flüchtig vom Sehen kannte, von den Treffen des Ordens, denen sie aber nie genug Beachtung geschenkt hatte.

Dann blieb sie abrupt stehen und starrte auf die Leiche vor sich. Unsicher hob sie ihren Blick dann auf Draco, der neben ihr stand, doch seine Miene war ausdruckslos.
 

Vor ihnen lag Lucius Malfoy, doch Draco drängte Hermine geradezu, weiter zu gehen.

„Willst du dich nicht von ihm verabschieden?“ fragte die Brünette zögerlich.

Draco schüttelte unwirsch den Kopf. „Wozu? Er war nie ein richtiger Vater, nur mein Erzeuger. Ich fühle absolut nichts für ihn. Noch nicht einmal Hass oder Abscheu. Er ist einfach einer von vielen Toten.“
 

Kurz darauf trafen sie auf jede Menge Rotschöpfe, die sich um einen der Körper versammelt hatten. Hermines Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie Mrs Weasley in ein großes Stofftaschentuch schnäuzen sah. Das würde doch nicht Harry sein? Oder Ron?

Sie versuchte, die Familienmitglieder zu überblicken, in dem sie den Hals reckte, um zu sehen, wer fehlte. Sämtliche Gesichter waren von Trauer gezeichnet. Zu ihrem Entsetzen sah sie auch Ron nirgendwo.
 

Rasch trat sie heran. Wollte sie es wirklich wissen? Sie musste es wissen!

Hermine trat neben die ältere Frau, an den Zwillingen vorbei. Das Erste, was sie sah, waren rote Haare, die aber von grauen Strähnen durchzogen waren, bevor sie endlich das Gesicht erkennen konnte. Von ihrem Herzen fiel ein riesiger Felsbrocken, der ihr aber direkt in den Magen fiel und dort schwer liegen blieb. Es war Mr Weasley, der dort lag, nicht Ron, nicht Harry. Sie wusste nicht so recht, ob sie nun erleichtert war, es war ein sehr bedrückendes Gefühl und ihr stiegen Tränen in die Augen. Sie hatte so viel Zeit in den Ferien mit der Familie Weasley verbracht, manchmal sogar mehr, als mit ihren eigenen Eltern. Und sie hatte ihn sehr gemocht, seine Neugierde, was Muggeltechnik und -artefakte anging, seine liebenswerte Zerstreutheit und seine gütige Art.
 

Erst als Fred, der neben ihr stand, sie in eine feste Umarmung zog, wurde ihr bewusst, dass ihr die Tränen nun über die Wangen liefen. Sie schloss kurz die Augen, um ihren Blick von dem Leichnam wegzubringen und wischte sich dann hastig mit dem Umhangärmel übers Gesicht.

Dann spürte sie eine Hand an ihrem Bauch und spürte fragende Blicke auf sich. „Harry ist der Vater,“ erklärte sie leise und konnte ein kleines wehmütiges Lächeln auf Georges Gesicht sehen, der auf Freds anderer Seite stand.
 

Sie sah von George zu Fred hoch. „Wisst ihr, was mit Harry geschehen ist?“

Fred jedoch schüttelte nur betrübt den Kopf. „Das solltest du besser Ron fragen, wenn er wieder zu Bewusstsein kommt. Er liegt im Krankenflügel.“ Somit war nun auch geklärt, weshalb Ron nicht hier war.

Hermine bemerkte nicht, wie sie eine Hand in Freds Hemd verkrallte. „Ist er sehr schlimm verletzt?“

Fred schüttelte den Kopf. „Du kannst ruhig zu ihm gehen. Vielleicht ist er schon wach. Wir bleiben noch ein wenig hier,“ erwiderte er und sah wieder auf seinen Vater herunter.
 

Die Brünette nickte leicht und löste sich von dem Älteren und sah sich nach Draco um, der sich ein wenig zurückgezogen hatte und von den Weasleys geflissentlich ignoriert wurde. Sie schritt zu ihm hinüber, dann gingen sie gemeinsam an weiteren Leichen vorbei, unter welchen noch zwei Hufflepuff und eine Ravenclaw waren, die Hermine aber nicht näher kannte.

Schweigend gingen sie danach weiter zum Krankenflügel.
 

Auch hier herrschte Chaos, es waren viele Zauberer hier und sämtliche Betten waren belegt, mit einigen bekannten Gesichter. In einem der Betten saß einer der Patil-Zwillinge, während die andere daneben saß, einen Arm in einer Schlinge und ihrer Schwester die Hand hielt. Beide waren ungewöhnlich blass und Tränenspuren zierten ihre Gesichter.

Etwas weiter saß Remus Lupin in einem Bett, seine Frau saß auf der Bettkante, daneben Tonks Mutter mit dem Baby auf dem Arm. Dann endlich hatten sie Rons Bett erreicht, der nun wach war und sie leicht anlächelte. Augenblicklich fragte Hermine sich, ob er schon vom Tod seines Vaters wusste, denn er winkte sie beide lässig heran.
 

Dem kamen seine Freunde auch sofort nach und Hermine setzte sich auf seine Bettkante. „Wie geht’s dir?“ fragte sie behutsam und betrachtete sich den Verband um seinen Kopf und den um seine Brust und seinen Arm.

„Hm, ich hab wohl einen Haarausfallspruch abbekommen!“ Er grinste schief und erst jetzt fiel Hermine auf, dass er weder Haupthaar, noch Augenbrauen mehr hatte. „Aber du hättest mal sehen sollen, wie Mum die olle Lestrange fertig gemacht hat!“ schwärmte er begeistert. „Harry hätte das ja am Liebsten selbst gemacht, hat auch zuerst mit ihr gekämpft, du weißt ja, er leidet noch immer unter Sirius’ Tod. Aber dann ist natürlich Voldemort gekommen, da er es seiner Untergebenen nicht gestattet hätte, Harry zu töten.“
 

„Was ist mit Harry passiert?“ Hermine wollte da unbedingt wissen und sie war sich auch nicht sicher, ob sie die richtige Person war, die ihm die Todesnachricht von seinem Vater überbringen sollte. Das sollte jemand aus der Familie tun. Es würde ihn sicherlich aus der Bahn werfen.

Ron zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht genau. Ich hab mit einem der Todesser gekämpft, ich weiß noch nicht einmal, mit wem. Jedenfalls haben Harry und Voldemort gar nicht weit von uns weg gekämpft. Ich hab noch gesehen, wie Voldemort einen grünen Zauber abschickte, du weißt schon, die grünen sind die Unverzeihlichen. Ich weiß nicht, welcher es war, denn mein Gegner hat angegriffen, ich hab erst mal abgeblockt, doch dann wurde ich ausgeknockt. Während ich gefallen bin, hab ich in Harrys Richtung geschaut, doch er war nicht da, nur eine dunkle Gestalt lag dort am Boden, das ist alles, was ich gesehen hab. Dumbledore hat mich auch schon danach gefragt.“
 

„Ron, du bist ja wach!“ Sofort hatte der rothaarige Siebtklässler seine tränenüberströmte Mutter um den Hals hängen, die ihn in eine halsbrecherische Umarmung zog.

Hermine hielt es für das Beste, den Krankenflügel nun zu verlassen.
 

**
 

Hermine saß im Gemeinschaftsraum auf einem der Sessel direkt vor dem Kamin und starrte wehmütig in die emporzüngelnden Flammen.

Mehr als zwei Monate waren vergangen seit der Schlacht, von Harry noch immer keine Spur. Mr Wealsey und all die anderen waren begraben, bei einigen Beerdigungen war sie anwesend gewesen, doch mehr körperlich als geistig. Sie war in Gedanken immer nur bei Harry. Sie konnte einfach nicht glauben, dass er nicht zu ihr zurückkehren würde und hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben; er hatte ihr doch ein Versprechen gegeben. Dennoch fiel es ihr zusehends schwerer, ohne ihn zu sein.
 

Doch auch wenn Hogwarts leer war, denn nach der Schlacht hatte kein Unterricht und keine Prüfung mehr stattgefunden, sämtliche Schüler waren nach Hause gefahren, sofern sie noch eines hatten, so war sie nicht alleine. Sie hatte sich aus zwei Gründen dazu entschieden, auch in den eigentlichen Ferien hier zu bleiben. Würde Harry doch wieder zurückkommen, würde er hier sicherlich als erstes nachsehen, nach ihr suchen. Zweitens hatte Poppy sie durch die ganze Schwangerschaft begleitet und so wollte sie, dass die Krankenschwester ihren Sohn zur Welt brachte.

Und so waren Ron, Ginny und Draco bei ihr hier geblieben.
 

In den letzten zwei Monaten hatte sich der Orden daran gemacht, zerstörte Häuser der Muggel wieder aufzubauen, Hogwarts war nur Zweitrangig, die Zaubererwelt schuldete den Muggeln viel. Außerdem musste die Schule erst zum neuen Schuljahr fertig sein, wenn auch die ZAG und UTZ-Prüfungen nachgeholt werden würden. Dennoch waren sie nicht zu viert alleine hier in dem riesigen Gebäude, denn Dumbledore hatte die Schule kurzerhand zum Hauptsitz des Ordens erklärt, so dass auch die Weasleys und andere hier ein und aus gingen, doch sie hatten unten in Hufflepuff Quartier bezogen, so dass die vier Freunde ihre Ruhe im Gryffindorturm hatten.
 

Ginny war zu Hermine in den Schlafsaal gezogen, um ihr bei allem zu helfen, denn als mittlerweile hochschwangere hatte sie öfter Probleme, bei denen sie Hilfe brauchte. Außerdem war Ginny auch gar nicht mehr sauer auf sie. Nachdem sie mitgekriegt hatte, dass Hermine es war, die Harry liebte und die ein Kind von ihm erwartete, war sie Hermine erst einmal eine Woche aus dem Weg gegangen und hatte kein Wort mit ihr gewechselt. Doch Draco hatte mit ihr geredet, was offenbar gefruchtet hatte, sogar mehr, als zunächst beabsichtigt.
 

Hermine wusste nicht, ob das der Auslöser gewesen war, doch einige Zeit später stellte sie fest, dass die beiden sehr vertraut miteinander umgingen und irgendwann eröffneten sie ihr, dass sie ein Paar wären. Die Brünette war überrascht gewesen, hatte dann aber den Verdacht entwickelt, dass die beiden es nicht so offen zeigten, wenn sie in der Nähe war, um sie nicht zu verletzen. Für Hermine war es schwer, glückliche Paare zu sehen, das war ihr schon aufgefallen, als Tonks Remus abgeholt hatte und die beiden sich heftig angeflirtet hatten und ihre beiden Freunde schienen das zu ahnen.
 

Schwermütig dachte sie daran, dass Harry bald Geburtstag hatte. 18 würde er, dann wäre er auch endlich in der Muggelwelt volljährig. Sie wusste noch nicht, was sie an diesem Tag tun würde. Am Liebsten wäre es ihr, wenn sie einfach flüchten könnte und sich irgendwo vergraben könnte. Doch sie wusste auch, dass Harry sie so nicht wiedererkennen würde.
 

**
 

Die Weasley-Zwillinge hatten die verrückte Idee gehabt, auch ohne Harry dessen Geburtstagsparty zu veranstalten, die im Gryffindor-Gemeinschaftsraum stattfand. Es gab auch alles, was eine Geburtstagsparty brauchte: reichlich Dekoration, Butterbier, Feuerwhisky, Essen und ein ausgedehntes Weasley’sches Feuerwerk. Es waren sehr viele Gäste gekommen, als sie davon gehört hatten, der gesamte Gemeinschaftsraum war voller Zauberer. Nur ein Geburtstagskind, das gab es an diesem Tag nicht.
 

Hermine hingegen war oben in ihrem Schlafsaal, konkreter: in ihrem Bett. Die Decke hatte sie sich über den Kopf gezogen und sie weinte in ihre Kissen, während sie versuchte, den Lärm von unten zu ignorieren. Sie verstand einfach nicht, wie die anderen nun alle feiern konnten, während niemand wusste, was mit Harry geschehen war. Es schien so, als könne niemand ihre Gefühle nachvollziehen.
 

Sie konnte hören, dass die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde, doch sie rührte sich nicht. Kurz darauf spürte sie dann, dass sich ihr Bett ein wenig herabsenkte, als ein neues Gewicht hinzukam, dann fühlte sie eine Hand auf ihrer Schulter, die sie tröstend streichelte.

Eine Weile schwiegen sie sich an, bis Hermine sich umdrehte und die Decke ein wenig herunterzog, doch sie machte sich nicht die Mühe, ihre Tränenspuren aus dem Gesicht zu wischen.
 

„Wie könnt ihr feiern, wenn niemand weiß, was mit Harry geschehen ist?“ fragte sie leicht vorwurfsvoll. „Ihr habt doch auch alle jemanden verloren!“ Womit sie nicht nur Harry sondern auch die Toten meinte.

„Wir ehren so die Toten und gedenken ihnen.“ Ginny zuckte mit den Schultern. Wie oft hatten sie das schon diskutiert, denn Hermine hatte schon nicht sonderlich viel von den Vorbereitungen gehalten. „Außerdem glaubt keiner von uns, dass Harry tot ist. Wir haben alle noch Hoffnung.“
 

Sanft strich Ginny ihrer Freundin durchs Haar. „Du solltest runter kommen, etwas essen. Und ein wenig Ablenkung wird dir sicher gut tun. Die Feier ist wirklich schön. Außerdem wollen Fred und George bald ihr Innenraumfeuerwerk zünden.“ Sie lächelte der Brünetten aufmunternd zu.

Hermine seufzte leicht. Sie war absolut nicht in der Stimmung, zu feiern. Aber es tat gut, zu hören, dass sie nicht die Einzige war, die die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte. Und sie wusste, dass sich alle um sie Sorgen machten und dass sie etwas essen musste.
 

Also stand sie schweren Herzens auf, zog ihr Kleid glatt und wusch sich das Gesicht. Zusammen mit Ginny stieg sie die Treppe hinab und kam nicht umhin, festzustellen, dass Fred gerade die riesige mehrstöckige Geburtstagstorte anschnitt und dann die einzelnen Stücke verteilte.

Melancholisch lächelnd gesellte sie sich zu den anderen Partygästen und nahm ebenfalls ein Stück Torte entgegen, bevor auch schon das Feuerwerk gezündet wurde und den gesamten Gemeinschaftsraum in abertausende Farben tauchte und die Anwesenden immer wieder in neue Staunensrufe ausbrechen ließ.
 

**
 

Mitte August war es dann endlich soweit.

Der Morgen war noch ganz normal erlaufen, Hermine hatte normal gefrühstückt und ihr ging es so gut wie immer, auch mit dem Wissen, dass die Geburt stetig näher rückte. Dann war sie mit den anderen zurück zum Gryffindorturm gegangen, natürlich wesentlich langsamer, als gewöhnlich, da ihr das Treppensteigen mittlerweile doch sehr schwer fiel. Doch sie weigerte sich, sich richtig helfen zu lassen oder gar auf das gemeinschaftliche Frühstück in der Großen Halle zu verzichten und stattdessen in Gryffindor zu frühstücken. Es tat ihr gut, die anderen alle zu den Mahlzeiten zu sehen und mit ihnen über die Aufbauarbeiten und andere Dinge zu reden.
 

Dann hatte sie eine Weile in ihrem Lieblingssessel, der direkt am Kamin stand, der aber auf Grund der hohen Sommertemperaturen kein Feuer beherbergte, gesessen und gelesen. Doch plötzlich hatte sie einen heftigen Schmerz verspürt, der sich durch ihren ganzen Unterleib gezogen hatte. Irritiert hatte sie inne gehalten, denn der Schmerz war so schnell wieder verklungen, wie er aufgetaucht war. Sie legte eine Hand auf ihren Bauch, doch eine ganze Weile passierte nichts mehr, so dass sie sich wieder ihrem Buch zuwandte.
 

Ungefähr zwanzig Minuten hatte sie auch ihre Ruhe gehabt und diesen schnellen Schmerz schon fast vergessen, als sie eine erneute Schmerzwelle ergriff. Diesmal keuchte sie schmerzvoll auf und ihre Hand legte sich automatisch wieder auf ihren Bauch. Rasch legte sie ihr Buch beiseite, bemerkte aber nicht, dass ihre Freunde aufmerksam geworden waren. Sie stand auf. Irgendwie hatte sie ein mulmiges Gefühl ergriffen.
 

Kaum, dass sie stand, hörte sie ein seltsames Plätschern und fühlte eine Flüssigkeit an den Innenseiten ihrer Schenkel herab rinnen. Dann fühlte es sich an, als würde ein schwerer Stein in ihrem Magen weiter nach unten rutschen. Verwirrt starrte sie nun auf den nassen Teppich unter sich, unfähig, in irgendeiner Weise zu reagieren.

Dafür reagierte jemand anderes umso schneller und umsichtiger.
 

„Hermine!“ Irritiert hob sie ihren Blick auf Draco, der ganz plötzlich vor ihr stand und sie sofort auf den Sessel, vor dem sie noch immer stand, zurückdrückte. Sogleich hob er seinen Zauberstab und mit einem gemurmelten ‚Levicorpus’ begann der Sessel zu schweben und mitsamt Hermine und Sessel verließ Draco nun den Gemeinschaftsraum und bugsierte Hermine in den Krankenflügel.

Obwohl sämtliche Banne auf Hogwarts, so auch der Apparierschutz, aufgehoben waren, war dies die schnellste Möglichkeit, denn Apparieren war sowohl für das Kind, als auch für die Mutter während einer Schwangerschaft viel zu gefährlich, sogar schädlich.
 

Madam Pomfrey sah auf, als die Flügeltüren der Krankenstation aufgestoßen wurden und besah sich kurz Hermine, die sich an den Sessellehnen festklammerte.

„Was ist passiert?“ fragte sie sofort nach, doch es war Draco, der antwortete.

„Die Fruchtblase ist geplatzt!“ erklärte er sogleich und setzte mit einem Schlenker seines Zauberstabes den Sessel auf dem Boden ab. Kaum stand dieser, als Madam Pomfrey Hermine auch schon mit einem Zauber von diesem hob und auf einem der Betten niederließ.
 

„Sie warten besser draußen, Mr Malfoy, Mr und Mrs Weasley.“ Sie sah die drei nacheinander an, die nickten, ihrer Freundin noch einen kurzen Blick zuwarfen und dann gingen.

Ein erneuter Zauber bewirkte, dass Hermine kurz darauf eines der Krankenhemden trug, allerdings war ihr Unterleib nun frei.

Eine neue Wehe ergriff sie und sie stöhnte schmerzvoll auf, bevor Madam Pomfrey ihr dann einen schmerzlindernden Zaubertrank gab, den sie sofort dankbar herunterstürzte, ehe sie dann noch einen entspannenden Trank zu sich nahm.
 

Sie fühlte direkt die Wirkung der beiden Tränke und sie legte sich nun entspannt zurück. Oder zumindest fast entspannt, denn eigentlich war sie mehr als nervös. Immerhin musste sie die Geburt fast alleine durchstehen, aber auf der anderen Seite freute sie sich sehr auf ihr Baby, auch wenn sie fürchten musste, alleinerziehend zu sein.
 

**
 

Mittlerweile war es schon spät am Abend. Hermine hatte schon zuvor gelesen, dass eine Geburt mehrere Stunden dauern konnte, gerade, wenn es das erste Kind war. Doch langsam hielt sie die Schmerzen nicht mehr aus. Die Zauberwelt hatte zwar gute schmerzlindernde Tränke, doch sie durfte nicht zu viele davon nehmen, da dies Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes haben konnte. Und sie durfte auch nicht zu weggetreten sein, da sie mithelfen musste, ihr Kind in die Welt hinaus zu pressen.
 

Hermine atmete schwer, während Madam Pomfrey zwischen ihren aufgestellten Beinen hockte und zum x-ten Mal schaute, wie weit der Muttermund sich bereits geöffnet hatte und ob das Köpfchen schon zu sehen war. Während jeder neuen Wehe krallte die Brünette sich in die Matratze auf der sie lag und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als dass es endlich vorbei wäre und sie ihr Kind in den Armen halten könnte.
 

Plötzlich wurden die Flügeltüren zur Krankenstation donnernd aufgestoßen, doch Hermine überkam genau in diesem Moment eine erneute Wehe und sie kniff die Augen schmerzlich fest zusammen. Sie hörte nur große ausladende Schritte, umso erstaunter und sprachloser war sie, als Harry plötzlich vor ihr stand und sie sanft anlächelte. Noch ehe sie reagieren konnte, saß er hinter ihr und umschlang sie mit beiden Armen und strich einmal kurz über ihren Bauch.
 

Hermine wandte den Kopf nach hinten, um ihn richtig anzusehnen. Sie konnte es einfach nicht glauben, dass er wieder hier war.

„Harry...“ wisperte sie leise, wurde aber sofort von ihm unterbrochen.

„Scht! Konzentrier dich auf die Geburt und auf die Atmung!“ ordnete er leise an.

Er hatte zwar nie an der Schwangerschaftsgymnastik teilgenommen, die Madam Pomfrey und sie durchgeführt hatten, aber er schien dennoch zu wissen, worauf es ankam.
 

Harry hielt ihr die Hand hin, mit der Handinnenfläche nach oben und sie legte ihre dankbar darauf und verschränkte ihre Hände ineinander. Seine andere Hand ruhte auf ihrem Bauch und streichelte sie beruhigend. Als dann die nächste lang anhaltende Wehe einsetzte, krallte sie sich in seiner Hand fest, doch Harry spürte die Schmerzen nicht, die sie ihm damit zufügte. Er war viel zu aufgeregt, dass er ausgerechnet oder vielmehr glücklicherweise am Tag der Geburt zurückgekehrt war. Bald würde er Vater sein, ohne dass er wirklich die Zeit gehabt hätte, sich irgendwie darauf vorzubereiten.
 

Mittlerweile schrie Hermine vor Schmerzen, auch wenn sie sich, seitdem Harry hier war, wesentlich besser und leichter fühlte. Der Schwarzhaarige setzte sanfte beruhigende Küsse auf ihren Hals. „Ich liebe dich!“ flüsterte er ihr heiser ins Ohr und bemerkte gar nicht, dass sie ihre andere Hand nun in seinem Oberschenkel vergrub. Er konnte momentan nicht glücklicher sein.
 

„Noch einmal fest pressen, Mrs Granger!“ befahl Madam Pomfrey mit fester Stimme. Die hatte Harry fast vergessen und er sah an Hermines Körper entlang zu der alten Krankenschwester, die ihre Hände direkt an Hermines Unterleib hielt und offenbar schon ein Stück des Babykopfes in Händen hielt. Er schnappte tief nach Luft und sein Herz schlug einen Trommelwirbel. Gleich würde es soweit sein und er war so froh, dass er dabei war.
 

Mit einem Ruck zog die Krankenschwester und Hebamme den kleinen Babykörper schließlich aus Hermine heraus und ein protestierender Babyschrei ertönte.

„Trennen Sie die Nabelschnur!“ holte Madam Pomfrey ihn sanft aus seinen Gedanken.

Er sah die ältere Dame kurz unschlüssig an, bevor er seinen Zauberstab zur Hand nahm und ihn auf besagte Nabelschnur richtete und sie mit einem einfachen Schneidezauber trennte. Es war ein überwältigendes Gefühl, das zu tun und sein Kind nun endlich zu sehen.
 

Madam Pomfrey legte das quengelnde Baby auf Hermines Bauch und es beruhigte sich sofort, hatte es doch gleich bemerkt, dass es wieder bei seiner Mutter war.

„Oh Gott, er ist so klein!“ Tränen der Rührung liefen über Hermines Wangen, als sie ihrem Sohn sanft über den Kopf strich, während Harry langsam seinen Zeigefinger über die winzige Hand streichen ließ, die an Hermines Brust lag.
 

Eine Weile streichelten sie ihren Sohn, während Madam Pomfrey mit ein paar Zaubern das Bett und den Boden reinigte. Dann ergriff sie wieder das Baby, um es zu untersuchen.

Währenddessen lehnte Hermine sich wieder an Harry zurück, der ihr immer wieder seine Hände über ihren Bauch und ihre Schultern gleiten ließ. Sie genoss seine Nähe und war einfach nur froh, dass er wieder da war.
 

Diesmal hatte sie nicht mitbekommen, dass die Flügeltüren geöffnet worden waren und ihre drei Freunde kurz darauf an ihrem Bett standen.

„Harry, du bist wieder da!“ Ehe er sich versehen hatte, hatte Ginny ihn schluchzend umarmt. Dann trennte sie sich von ihm und sah ihn mit tränennassen Augen an, lächelte aber. „Wir haben immer gewusst, dass du zurückkommst!“ Ohne hinzusehen griff sie nach Dracos Hand und drückte sie leicht, was umgehend erwidert wurde.

Das fiel auch Harry auf und er zog eine Augenbraue hoch.
 

„Wir sind ein Paar!“ lächelte Ginny auf seinen Blick hin glücklich und wie zur Bestätigung zog Draco sie rasch an sich und schlang seinen Arm besitzergreifend um ihre Taille.

„Das ist schön.“ Harry lächelte die beiden kurz an, wurde dann aber abgelenkt, als Madam Pomfrey das Baby wieder in Hermines Armen ablegte.

„Er ist kerngesund,“ lächelte sie die frisch gebackenen Eltern an. „Wie soll er denn heißen?“ erkundigte sie sich dann neugierig.
 

Hermine sah ihren Sohn an, dann drehte sie leicht den Kopf, um kurz Harry anzusehen, doch der lächelte sie nur abwartend an. Sie hatten keine Zeit gehabt, darüber zu reden, doch sie wusste genau, wie sie ihren Sohn nennen wollte.

„Er heißt Sirius Draco“ hier zögerte sie kurz. „Potter.“

Harry griff nach Hermines Gesicht und drehte es so, dass er sie sanft küssen konnte, dann nickte er als Zeichen seines Einverständnisses. Allerdings kam er dann nicht umhin festzustellen, dass Draco Hermine mit offenem Mund ansah.
 

„Wieso...“ Draco räusperte sich kurz. „Wieso mein Name als Zweitname?“

Hermine sah sanft lächelnd zu ihm hoch. „Weil du mir in den letzten Monaten wirklich sehr geholfen und mich immer wieder aufgebaut hast.“

Draco sah sie zunächst sprachlos an, erwiderte das Lächeln dann aber stolz.
 

„Okay, wenn das jetzt geklärt ist, dann kann Harry uns ja jetzt erzählen, wo er die ganze Zeit war!“ mischte sich Ron nun fordernd ein, denn er wollte seine Neugier unbedingt endlich befriedigen und er war sich sicher, dass es auch für Hermine wichtig war, alles zu erfahren.

Harry, der eine Hand um Hermine herum geführt hatte, um seinem Sohn sanft über den Kopf zu streichen, der nach der anstrengenden Geburt vor Erschöpfung auf Hermines Brust eingeschlafen war, sah seinen besten Freund eine Weile an, bevor er antwortete. „In einem Muggel-Krankenhaus.“
 

„Was?“ fragten seine Freund alle verwundert.

Harry zuckte mit den Schultern. „Ich bin vor ungefähr sechs Wochen in einem Muggel-Krankenhaus aufgewacht. Man hat mir gesagt, dass ich anderthalb Monate im Koma gelegen hätte, danach hat man mich noch zu einer sechswöchigen Reha verdonnert. Ihr wisst ja, Muggelmedizin ist sehr langsam.“ Dabei sah er vor allem Hermine an, die das nur zu gut wusste, als Muggelstämmige. „Und in die Zauberwelt apparieren konnte ich auch nicht, denn ich hatte meinen Zauberstab nicht mehr.“

An dieser Stelle sog Draco scharf die Luft ein. Er als Reinblüter, der in der höchsten Gesellschaftsschicht Britanniens aufgewachsen war, maß dem Zauberstab einen sehr hohen Stellenwert zu; niemand durfte seinen Zauberstab verlieren. „Du hast deinen Zauberstab verloren?“
 

Harry sah ihn aufmerksam an. „Nicht ganz, ich habe ihn ja wieder. Ich weiß nicht genau, was damals passiert ist, als ich mit Voldemort gekämpft habe. Heute vermute ich, da alle Banne auf Hogwarts und dem Gelände aufgehoben waren, dass ich mich unbewusst wegappariert habe. Der Junge, der mich in einer Seitengasse in Glasgow gefunden und den Notruf gerufen hatte, hat mich jeden zweiten Tag besucht. Gestern hat er dann den ‚Stock’ mitgebracht, den ich umklammert hielt, als er mich fand. Er hatte ihn aufgehoben, um sich über mich lustig zu machen, weshalb ich einen Stock so verzweifelt festgehalten hatte. In dem Moment hat er mich doch sehr stark an dich erinnert, Draco.“ Harry schmunzelte leicht und erntete ein kleines entrüstetes Schnauben von dem Blonden.
 

„Dieser ‚Stock’ hat sich als mein Zauberstab herausgestellt und ich war ihm in diesem Augenblick natürlich sehr dankbar. Heute Nachmittag, nach den abschließenden Untersuchungen, ich war schließlich sehr schwer verletzt gewesen, wurde ich endlich entlassen und bin zuerst zum Grimauldplatz, nur um diesen verwaist vorzufinden. Im Fuchsbau sagte man mir, dass ihr alle hier seid, ich hab mir noch nicht einmal die Zeit genommen, ihnen irgendwas zu erklären und bin sofort hierher gekommen, weil ich dich sehen wollte.“ Zärtlich küsste er Hermine wieder, die sanft in den Kuss hinein lächelte.
 

„Unten bin ich Dumbledore in die Arme gelaufen, der mir sagte, dass heute die Wehen eingesetzt hatten und du im Krankenflügel wärst. Auch ihn habe ich ohne Erklärung einfach stehen gelassen.“ Er küsste über Hermines Wange. Kurz sah er zu Sirius, dann wieder zu Hermine. „Du solltest dich auch ausruhen und schlafen.“

Die Brünette legte ihren Kopf leicht schief. „Aber nur, wenn du hier bleibst.“ Sie umschloss seine Hand mit ihrer. „Ich lass dich nicht mehr weg.“
 

Ginny räusperte sich leicht und wandte sich an ihren Freund und an ihren Bruder. „Jungs, ich denke, wir sollten gehen und die beiden alleine lassen.“ Sanft legte sie jedem von ihnen eine Hand auf die Brust und drückte sie vom Bett weg.

„Ist ja gut,“ grinste Draco und die drei verabschiedeten sich kurz, bevor sie auch schon verschwanden.
 

Harry war mittlerweile aufgestanden und nahm vorsichtig seinen Sohn in die Arme. „Das ist ein kleines Wunder!“ flüsterte er leise, um Sirius nicht zu wecken. Vielleicht wurde er ja so charismatisch wie sein Namensgeber, aber noch schlief er unschuldig.

Dann legte er seinen Sohn umsichtig in das kleine Babybettchen, das Madam Pomfrey bereit gestellt hatte und deckte ihn zu. Eine Weile betrachtete er den schlafenden Kleinen, dann wandte er sich wieder zu Hermine, die ihm abwartend zugesehen hatte und nun eindeutig gegen die Müdigkeit kämpfte. Es war für sie ein sehr anstrengender Tag gewesen.
 

Ein liebevolles Lächeln schlich sich über Harrys Gesicht und er machte Anstalten, sich einen der Besucherstühle heranzuziehen, doch Hermine protestierte.

„Legst du dich zu mir?“ fragte sie leise.

Harry hielt inne und drehte sich zu ihr. Er schmunzelte leicht, dann ging er zu ihr und sie rückte ein wenig zur Seite, damit er sich neben sie legen konnte. Der Schwarzhaarige drehte den Kopf zur Seite, damit er sie ansehen konnte. Sie erwiderte den intensiven Blick.
 

„Ich liebe dich,“ murmelte sie, während sie in den grünen Seen versank, die Harrys Augen bildeten.

„Ich liebe dich auch,“ erwiderte der leise, legte einen Arm um ihre Hüfte und zog sie an sich. Ihr Kopf blieb an seiner Schulter liegen und nach kurzer Zeit spürte er die gleichmäßigen Atemzüge, die ihm verrieten, dass sie eingeschlafen war.

Harry drückte ihr noch einen kleinen Kuss auf die Stirn und sah zu dem Baby in dem Bettchen hinüber, bevor er sich zurücklegte und es dem Rest seiner Familie gleich tat und mit einem glücklichen Gefühl einschlief.



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  ItachiUchih4
2016-12-04T16:26:45+00:00 04.12.2016 17:26
Sehr schöne Geschichte, obwohl ich mir Draco so gar nicht vorstellen könnte, vllt weil ich auch nicht so der krasse Fan von ihm bin...
Umso mehr bin ich es von HarryxHermine :) Ich liebe das Pair einfach^^

Dein Schreibstil ist auch richtig gut, man kann alles wirklich flüssig lesen, hat echt Spaß gemacht.
Die Geschichte finde ich auch toll und hast dir wirklich gut was einfallen lassen mit Harrys Verschwinden!

Grüße Itachi
Von: abgemeldet
2009-08-14T08:24:56+00:00 14.08.2009 10:24
Ich fand es auch gut. Sehr spannend und romantisch.
Du kannst sehr schön schreben, aber mich hat gestört, dass
du so oft die Brünette;der schwarzharige;der Rotschopf etc.
geschrieben hast.
Sonst fand ich es wirklich schön!
Von:  _Zabini_
2009-08-03T17:59:15+00:00 03.08.2009 19:59
Die geschichte hat mich zu weinen gebracht,
es war so traurig wegen den beiden, wenn ich nicht gewusst hätte wer zusammenkommt
Hätte ich echt gedacht "Verdammt >-< lass es nicht so enden".
Aber naja xD

Das Dumbeldore nicht gestorben ist freut mich total,
das einige gestorben sind fand ich traurig aber naja es mussten welche sterben bei den Kampf wäre ja ansonten schon blöd gewesen ^^

Wie du das Ende gestaltet hast war echt schön
man hat richtig mitgefiebert... ob Harry wirklich noch lebt ^^

Naja ich finde du hast den 1. Platz dir redlich verdient
Von:  _Zabini_
2009-08-03T17:55:02+00:00 03.08.2009 19:55
Die Geschichte hat mich total gefesselt ich finde du hast das echt gut geschrieben, tut mir leid das jetzt erst das kommi kommt. Ich hatte das Kommi geben fast vergessen, doch naja kann ja passieren^^

Wie Keksfee bereits geschrieben hat ist dein Schreibstil, für einer der Punkt der mich langsam fesselt. Die Gefühle von Hermine konnte ich sehr gut verstehen und die Harry ebenfalls :D

Von:  Katherine_Pierce
2009-08-01T14:45:00+00:00 01.08.2009 16:45
Halleluja,
das war beachtlich^^
Die Seitenanzahl hat mich fast umgehauen. Die Story auch.
Hat mir sehr gut gefallen, vor allem, dass es ein Happy End gab(ich bin praktisch süchtig danach^^) und dass Ginny und Draco zusammengekommen sind. Zuerst hatte ich gedacht, Draco würde sich an Hermine ranmachen *grins*
Das mit dem Muggel-Krankenhaus war eine super Idee^^ Und Ron hat seine Kichererbse verloren oO Und Mr Weasley ist tot...*heul*
Und Voldie...Aber Dumbledore lebt^^'

Eine tolle FF^^
Hat Spaß gemacht zu lesen.
LG
Tarja
Von:  Keks
2009-07-30T18:53:43+00:00 30.07.2009 20:53
Hallo.
Also ich habe mir bis eben deine Fanfiction durchgelesen und ich muss schon sagen, sie hat mich positiv überrascht. Zumal bin ich nun wirklich kein Freund von HPxHG Storys und bin nur durch Zufall auf sie gestoßen.
Zuerst habe ich mir die Charakteren angeguckt und dachte,dass es doch interessant sein könnte.

* * *

Ich mag deinen Schreibstil. Du kannst außerordentlich gut Dinge bildlich darstellen, was mir persönlich schonmal sehr gut gefällt.
Deine Geschichte hast du ebenfalls schön eingeleitet und sie war auch teils-teils spannend aufgebaut. An manchen Stellen wurde es mir trotzdem zuviel und ich habe manche Absätze nur überflogen. 25 Seiten schrecken mich desöfteren schon ab,aber nur wenn es auf Kapitel bezogen ist.

Ich werde die Geschichte dennoch mit Spannung weiter verfolgen ^-^/)
Liebe Grüße,
Keksfee


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