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Happy Illness

Auch ein Leader macht Fehler
von

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Um genau 3 Uhr morgens fiel mir die Idee zu diesem OS ein und da ich weiß, dass ich mir meine Ideen besser gleich aufschreiben sollte, habe ich natürlich gleich angefangen.

Und das is dann das Ergebnis.

Aber keine Sorge, ich hab das nicht die ganze Nacht über gemacht. ^^°
 

Ich wünsch euch viel Spaß beim Lesen.

Mika

*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*
 

Man sollte wirklich auf die Zeichen seines Körpers hören…

Diese Erfahrung musste auch ich machen. Ich hätte nie zu träumen gewagt, dass ich einmal so einen gravierenden Fehler in meinem Leben begehen würde. Aber ich habe es getan. Ja, auch ich bin manchmal ein wenig naiv. Doch das ist wohl jeder einmal. Aber ich hoffe nur, dass ich aus diesem Fehler mal was lerne, denn es sollte nie wieder vorkommen.
 

*
 

Als ich an diesem Morgen aufstand, merkte ich deutlich, dass etwas mit mir nicht stimmte. Ich hatte unsagbare Kopfschmerzen und mein Shirt klebte förmlich an meinem Körper. Schon seit Tagen verspürte ich etwas Merkwürdiges. Ich hoffte nur, dass ich nicht krank wurde.

Tja, dieses Thema war dann wohl gegessen. Jetzt wusste ich, dass ich definitiv krank war.
 

Ich seufzte und ließ mich zurück in die weichen Kissen meines Bettes fallen. Das durfte wirklich nicht wahr sein. Warum musste das ausgerechnet heute sein? Hätte es nicht noch bis morgen oder vielleicht sogar übermorgen Zeit gehabt? Nein, Kai musste ja mal wieder an einem der unpassendsten Tage überhaupt krank werden. Ich schaffte es aber auch immer wieder. Die anderen machten sich schon darüber lustig, denn es war wirklich unheimlich.
 

Es passte mir absolut nicht in den Kram, dass mein Körper heute schlapp machen wollte. Das würde ich nicht zulassen, dafür war dieser Tag einfach zu wichtig. Es war das Final. Es war das Finale der 72 Konzerte umfassenden Tour von The Gazette und da sollte man eigentlich topfit sein.
 

Ich erhob mich mühsam und tapste auf nackten Sohlen durch mein Schlafzimmer direkt ins Bad. Mein erster Blick wanderte in den Spiegel und ich erschrak förmlich vor dem Etwas, das mich daraus anblickte. Es war blass, hatte dicke Augenringe und Schweiß stand auf dessen Stirn. Dass die Augen glasig wirkten, brauchte ich da wohl nicht mehr zu erwähnen. Also definitiv krank.
 

„Mann, siehst du Scheiße aus.“, grinste ich meinem Spiegelbild entgegen. Das Leben war grausam genug, da konnte man es doch wenigstens an so einem bescheiden schönen Tag auch ein wenig durch den Kakao ziehen. War ja schließlich nicht verboten. Und hindern konnte mich eh keiner daran.

Wobei… Es wäre schon schön gewesen, wenn man morgens wenigstens nicht alleine aufwachen würde und man jemanden um sich hatte. Ja, auch ich fühlte mich einsam. War ja auch nicht unbedingt verwunderlich. Wir waren manchmal Monate lang auf Tour und hingen uns förmlich auf der Pelle. Aber es blieb kaum Zeit für einen Menschen, mit dem man sein Leben teilen konnte. Das fehlte mir unheimlich. Meine letzte Freundin hatte sich genau aus diesem Grund von mir getrennt. Sie hatte mich sogar aus der Wohnung geschmissen, die eigentlich ich bezahlt hatte.

Aber so war das Leben nun mal.

Außerdem hatte sich unsere Beziehung eh so um den Gefrierpunkt befunden. War ich zuhause, zerrte sie mich meist sofort ins Schlafzimmer. Dabei hieß es immer, Männer würden immer nur an das Eine denken. Tja, es gab halt auch Frauen, denen es nicht besser ging.

Von Liebe und Zuneigung mir gegenüber war keine Spur. Entweder sie war gänzlich weg oder sie versteckte es verdammt gut.

Aber lassen wir das. Dies war die Vergangenheit und nun musste ich mich eben der Zukunft widmen. Die sah für den heutigen Tag allerdings alles andere als rosig aus.
 

Seufzend musterte ich mich nochmals kurz, ehe ich meinen Spiegelschrank öffnete und mir erst einmal zwei verschiedene Tabletten daraus angelte. Eine gegen Kopfschmerzen und die andere gegen das Fieber, das mich über Nacht heimgesucht hatte. Dann entblätterte ich mich, beziehungsweise befreite mich mit Mühe und Not aus den eng anliegenden und schon fast festgewachsenen Klamotten, die ich immer zum Schlafen anhatte und stieg unter die Dusche.
 

Eine halbe Stunde später saß ich dann an meinem kleinen Küchentisch, blätterte durch die morgendliche Frühstückslektüre und schlürfte ein bisschen an meinem Kaffee. Aber selbst der schmeckte heute einfach nur scheußlich. Dabei war er doch genauso wie jeden anderen Morgen auch. Irgendwas stimmte wirklich nicht mit mir. Allerdings tat ich es als vorübergehende Lappalie ab. Was sollte schon groß passieren?

Mein Körper war sonst auch immer in einer top Verfassung. Heute hatte ich einfach nur Pech gehabt. Aber es würde schon nichts passieren.
 

Das hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt tatsächlich gedacht…
 

„Wir danken unseren Fans und dem gesamten Staff für die Unterstützung…“, kündigte Ruki nun den allerletzten Song für diese Tour an. Dann hatten wir es also geschafft und schlappe 72 Konzerte weltweit gegeben. Ich konnte es immer noch nicht fassen. Wir haben so viel Spaß gehabt und ich konnte gar nicht beschreiben, wie glücklich ich in dem Moment war.
 

Mit dem Handrücken wischte ich mir den Schweiß von der Stirn und lächelte in das Auditorium hinein. So wie ich es eigentlich immer tat und man konnte mir förmlich ansehen, dass ich Drummer mit Leib und Seele war. Ja, ich spielte verdammt gerne und die Jungs bewunderten mich auch immer dafür. Manchmal fragten sie mich auch, wie ich das alle hinbekam. Als Leader hatte man einfach eine Menge um die Ohren und trotzdem schaffte ich es immer noch, genug Zeit für mich zu haben, die ich dann meist hinter meinen Drums verbrachte. Ich liebte sie einfach über alles.
 

Als Ruki nun Miseinen ankündigte, konnte ich mich nicht mehr halten. Dieser Song war einfach nur klasse und ich wollte mal wieder alles aus mir rausholen. Ja, auch ich war verdammt schnell für Dinge zu begeistern. Und Miseinen war irgendwie schon zum ständigen Begleiter geworden. Der Song war aber auch einsame Spitze und Ruki sang ihn mit so viel Herzblut. Auch die anderen gingen immer darin auf. Ganz besonders Aoi. Er war halt unser Poser und ich mochte es, wenn er die Fans ordentlich in Verzückung versetzte, wenn er seine Hüften lasziv kreisen ließ und mit den Mädchen vor der Bühne flirtete. Er war halt einfach ein verdammt heißer Kerl. Und ich musste zugeben, dass er immer mehr Sexappeal bekam, umso älter er wurde. Keine Ahnung, wie er das machte, aber ich war schon neidisch auf ihn.
 

Ich bekam kaum mit, was sonst um mich herum geschah. Die Lichter flackerten, das Konfetti wurde in die Luft geschossen und Ruki schien sich nicht mehr halten zu können. Dass Uruha andauernd mit Reita flirtete, entging mir mal wieder nicht. Der Kerl zog ihn schon fast mit seinen Blicken aus. Gut, dass die beiden in letzter Zeit sich immer ein Zimmer geteilt hatten. Wer weiß, was passiert wäre, wenn einer von den beiden in meinem Zimmer genächtigt hätten. Das wäre sicher nicht zum Aushalten gewesen. Aber das war jetzt nebensächlich.
 

Gerade überschritten wir die Grenze von der ersten Hälfte des Songs zur anderen, als mir plötzlich schwarz vor Augen wurde und im nächsten Moment spürte ich nur noch, wie der Boden unter meinen Füßen scheinbar nachgab und ich nach hinten fiel. Ich rechnete fest mit einem harten Aufprall, denn ich saß immerhin auf einem Hocker und der stand auf einem Podest, damit ich auch was vom Publikum und das wiederum von mir hatte.

Aber der Aufprall blieb aus. Stattdessen schien jemand mich aufzufangen. Mehr bekam ich nicht mit. Es war alles nur noch schwarz und ich hörte nur leise Stimmen, die scheinbar schrien und dann meinen Namen. Ich wusste noch nicht einmal, was genau passiert war. Und so driftete ich in die Dunkelheit.
 

*
 

„Aufwachen!“ Ich spürte plötzlich einen Schlag auf meine Wange und verzog das Gesicht. Ein kurzer Schmerz durchzuckte meine Wange und ich kniff die Augen zusammen und rümpfte die Nase. Welcher Idiot wagte es, mich einfach so zu schlagen. Man konnte einen Menschen auch auf nettere Art und Weise wecken. Ich machte das schließlich auch nicht. Aber, wer auch immer das war, der würde meine Rache zu spüren bekommen. Und die würde nicht nur süß ausfallen. Ganz sicher nicht.
 

Mürrisch öffnete ich ein Auge und versuchte meine Sicht endlich klarer zu bekommen. Das war allerdings gar nicht so leicht, wie sich herausstellte. Ich sollte mir angewöhnen, vorsichtiger zu sein.

Mein Murren blieb auch nicht verborgen, denn ich erkannte, die Person, die vor mir saß und mich etwas verdattert anschaute. „Mal wieder ein Morgenmuffel vom Feinsten, was?“, grinste er mich im nächsten Moment wieder an. Darauf wusste ich nichts zu erwidern, denn eigentlich war ich nie ein Morgenmuffel. Ich war eher derjenige, der die Anderen immer unzählige Male aus den Federn schmeißen musste, weil sie den Wecker in die nächstbeste Ecke des Raumes befördert hatten. Da durfte ich auch mal ein wenig grummelig sein. Außerdem hatte ich auch noch das Gefühl, dass ich gleich verglühen würde. Mir war heiß und meinem Kopf ging es auch nicht wirklich gut.
 

„Was ist passiert?“, fragte ich und stellte fest, dass meine Stimme kaum zu hören war und dann auch noch eher krächzte. Ich hatte echt keinen Plan mehr. Das einzige, was ich wusste, war, dass wir auf der Bühne gestanden hatten und Miseinen spielten. Danach war irgendwie… Ja, wie sollte ich sagen? Blackout? Ja, das traf es doch ganz gut. Also sollte mich gefälligst mal jemand aufklären, was hier los war.

Und… Ich schaute mich genauer um… Wo zum Teufel war ich hier eigentlich? Das kam mir alles andere als bekannt vor. Meine Wohnung war es definitiv nicht und für ein Hotelzimmer war das viel zu unordentlich. Den Angestellten, der das hier verbrochen haben würde, hätte der Hotelführer sicher schon hochkant vor die Tür gesetzt.
 

Aber wo war ich denn dann?
 

Mein Blick wanderte abermals durch den kleinen Raum. Erst jetzt merkte ich, dass ich mit ihm alleine hier war. War das etwa seine Wohnung? Ich war nämlich noch nie bei ihm gewesen. Wenn wir uns trafen, dann meist bei Ruki oder mir. Aber hier waren wir noch nie gewesen. Aber ich musste feststellen, dass er doch einen recht ordentlichen Geschmack hatte, was das Mobiliar und die Farbwahl betraf. Bei Uruha würde ich sicher immer nur gegen eine violette Wand starren, egal, wo ich hinsah. Und das war wirklich nicht das, was ich jetzt gebrauchen konnte.
 

Plötzlich wurde mir die Decke weggerissen und meine Beine frei gelegt. Verdattert starrte ich den Schwarzhaarigen an. Was sollte das denn eigentlich werden? „ Ano… Was… was tust du da? Was soll das werden?“, stammelte ich und sah meinem Gegenüber leicht verwirrt in die dunklen Augen. Ich verstand wirklich nicht, was er nun vorhatte.

Doch dann folgte ich seinem Blick, als er mich erst angrinste und dann zu meinen Beinen hinabschaute. Okay, jetzt war ich wirklich verwirrt.
 

„So, wo du schon mal wach bist, kannst du auch gleich mal deine Medizin nehmen und ich wechsle dann gleich mal die Wadenwickel. Muss ja nicht sein, dass es dir noch beschissener geht als gestern Nacht. Reicht, wenn du einen die ganze Nacht auf Trab hältst. Da will ich wenigstens den Tag über etwas Erholung. Bin ja kein ausgebildeter Krankenpfleger. Aber ich dachte mir nur, dass du bei mir sicher besser aufgehoben wärst.“

Eine meiner fein geschwungen Brauen erhob sich und Aoi lachte, als er mein etwas verdatterten Blick erkannte. Er wusste wohl, dass ich das jetzt nicht so ganz nachvollziehen konnte. Musste ich auch nicht. Dafür hatte ich eh viel zu starke Kopfschmerzen. Da wollte ich nicht auch noch die letzten grauen Zellen überbeanspruchen.
 

Der Gitarrist grinste mich mal wieder mit seinem absolut faszinierenden Lächeln an. „Na ja, die anderen haben sich zwar schon so ihre Gedanken gemacht, als plötzlich kein Schlagzeug mehr zu hören war und die Fans plötzlich wie am Spieß schrien, aber als der Arzt dann meinte, dass du einfach nur ne saftige Erkältung hättest und ne Pause bräuchtest, waren sie beruhigt. Und sicher ist dir auf der Bühne nicht entgangen, wie Ruha und Rei sich wieder angeschmachtet haben. Da wollte ich dich nun wirklich nicht lassen. Wer weiß, wozu die dich dann missbraucht hätten.“ Er kicherte.
 

„Und warum hast du mich mitgenommen und nicht Ruki?“, fragte ich neugierig. Erneut bekam ich ein breites Grinsen geschenkt. „Ruki und Krankenpflege? Bist du dir sicher, dass du dir das antun wollen würdest? Er war schon fast panisch durch den Backstagebereich gerannt und hat sämtliche Staffs tierisch genervt. Frag mich nicht, was ihn gestochen hatte, aber wir haben ihm ne Beruhigungsspritze verpassen lassen, damit er wieder runterkommt. Hat auch ganz gut geklappt. Aber ich glaube, dass der noch pennt. Wirst ja sehen, wann er hier aufschlägt.“
 

Okay, das war wirklich eine gute Idee gewesen. Dann hatte ich also den Geeignetsten aus seiner Band als Krankenpfleger verpasst bekommen. Gut, aber ich wollte eigentlich nach Hause und nicht bei Aoi in der Wohnung lümmeln. Und so setzte ich mich richtig auf und musste kurz inne halten, um mir den schmerzenden Schädel zu halten. „Itai…“, murmelte ich und wurde abrupt an den Schultern zurück in die Kissen gedrückt.

„Vergiss es! Was auch immer du jetzt vorhast, vergiss es einfach. Du bleibst im Bett und keine Widerrede.“, wurde ich auch sogleich angemotzt und seufzte. Toll, jetzt wurde ich auch noch gegen meinen Willen festgehalten. Ganz tolle Sache. Warum musste eigentlich auch immer mir so etwas passieren?
 

„Aber…“, versuchte ich, mich doch irgendwie aus der Affäre zu ziehen, doch sofort hatte ich eine Hand auf meinem Mund liegen und meine Proteste wurden im Keim erstickt. Eigentlich hätte ich es mir denken können. Aoi war nicht der Typ, der Widerworte duldete. Aber ich selbst war auch nicht besser. Da nahmen wir beide uns nicht wirklich viel. Nur ich hatte den Vorteil, dass ich der Leader war und somit eigentlich immer das letzte Wort. Zumindest theoretisch, denn Aoi machte es mir in den Bandbesprechungen auch nicht immer leicht, weil er schlussendlich immer wieder einen letzten Kommentar dazu abgeben musste. Manchmal nervte es, aber irgendwie brachte es uns auch immer wieder zum Lachen und auch schwierige Entscheidungen wurden dadurch nicht mehr ganz so beklemmend aufgenommen.
 

„Uke Yutaka!“, schimpfte er auch gleich weiter wie ein Rohrspatz. „Du hast Bettruhe bekommen und das Management weiß Bescheid. Das wussten sie gestern schon, denn dein Abgang war ja nicht zu übersehen gewesen. Uruha hatte nachher dann der Presse Entwarnung gegeben, nachdem wir wussten, was mit dir passiert war und dass soweit alles okay zu sein schien.“

So war das also. Aber was genau war eigentlich passiert?
 

„Yuu?“, fragte ich ihn daraufhin auch gleich. Er lächelte mich nur an und nickte. „Was ist eigentlich genau passiert? Ich weiß nur noch, dass wir Miseinen gespielt haben. Ab da is alles weg. Ich weiß nicht mal, wie ich hier hergekommen bin oder so.“, seufzte ich und versteckte mein Gesicht erst einmal tief in Aois Kissen. Ich hatte echt Mist gebaut, wie es schien. Sogar die Presse wusste mehr als ich. Das war irgendwie unfair. Wenn ich schon der Verursacher war, dann wollte ich auch wissen, wie ich es geschafft hatte, die gesamte Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.
 

Er räusperte sich und tippte nachdenklich an sein Kinn. Fehlte nur noch die Professorenbrille und es wäre perfekt. Irgendwie sah es schon witzig aus. Aber Aoi war eh immer für seine Scherze und Witze bekannt. Man fragte sich dann immer, wer von uns eigentlich der Älteste in der Band war. Er schien das eigentlich nicht wirklich zu sein. Vom Verhalten her jedenfalls nicht. Das war unumstritten.
 

„Also…“, begann er und schaute mich nun eindringlich an. „Ich hatte irgendwie schon die ganze Zeit das Gefühl, dass mit dir irgendetwas nicht stimmte. Du warst wirklich anders als sonst. Viel zu ruhig und nachdenklich. Das hatte mich stutzig gemacht und dachte mir, dass ich dich lieber im Auge behalten sollte. Und als du dann plötzlich tatsächlich weg warst, war ich froh, dass der Staff meine Zeichen deuten konnte. Sonst wärst du sicher nicht nur mit der Erkältung davon gekommen. Manchmal bist du aber auch unmöglich, Kai-chan.“

Ich schluckte. Gut, also mal wieder nach hinten weggekippt. War ja nicht das erste Mal, aber jetzt hatte mein Körper wohl gänzlich schlapp gemacht. Ich sollte meinen Kreislauf und mein Abwehrsystem mal wieder auf Vordermann bringen. Es war wirklich unheimlich mit meinem Körper, wenn es auf ein Final zuging. Vielleicht hatten die anderen sowas schon geahnt. Und ich war verdammt froh, dass ich sie hatte.
 

„Arigatou gozaimasu.“, bedankte ich mich brav bei meinem Freund. Aoi war manchmal ein Kind, aber manchmal auch sehr erwachsen. Irgendwie kam es immer auf die Situation an. Im Moment machte er beides Abwechselnd.
 

Während ich den ganzen Tag im Bett bleiben musste und von Aoi sogar zum Klo getragen wurde, kümmerte er sich um mein leibliches Wohl. Ich war nur froh, dass ich dann doch alleine mein Geschäft erledigen durfte. Wäre peinlich gewesen, wenn er mir dabei auch noch geholfen hätte. Und ich war ja nicht totsterbenskrank, sondern einfach nur erkältet und ein bisschen wackelig auf den Beinen. Mehr nicht.
 

Brav schluckte ich meine Medikamente und versuchte sogar, Aois merkwürdig aussehendes Essen hinunter zu kriegen. Also Koch würde er ganz bestimmt nicht werden. Das stand schon mal fest. Aber er kochte bei weitem besser als Uruha. Der setzte eher die Küche in Brand und flutete sie danach noch, weil er das Feuer löschen wollte. Ich beneidete Reita nicht wirklich. Der Arme musste das immer über sich ergehen lassen. Und Ruki nistete sich eigentlich immer bei mir ein zum Essen. Keine Ahnung warum. Dabei kochte er doch gar nicht so schlecht. Vielleicht lag es nur daran, dass er zu faul war zum Kochen. Egal, ich freute mich immer, wenn mich jemand besuchen kam. Und wenn es nur zum Essen war.
 

Als es langsam dämmerte, klingelte es an der Tür und ehe ich mich versah, hatte ich jemandem um den Hals hängen und ein paar Augenpaare mehr musterten mich schon von der Tür aus.

Vorsichtig drückte ich den kleinen Zwerg von mir und lächelte ihn an. Ich war froh, dass die Tabletten endlich anschlugen und ich wenigstens die Kopfschmerzen für ein paar Stunden los war. Aoi war wirklich der perfekte Krankenpfleger. Er kam alle zwei Stunden zu mir und wechselte die Wadenwickel. Er tauschte den Eisbeutel aus und schüttelte mein Kissen ordentlich durch, damit ich wieder besser liegen konnte. Er hatte mir sogar extra den Fernseher aus dem Wohnzimmer ins Schlafzimmer geschleppt, damit ich wenigstens etwas Beschäftigung hatte, wenn er mal weg war. Irgendwie fand ich das schon süß von ihm. Sowas hatte ich ihm eigentlich nie zugetraut. Aber ich musste sagen, dass mir diese Seite an ihm gefiel. Also noch eine mehr, die für ihn sprach.

Der Mann war einfach nur perfekt. Er liebte die Musik genauso wie ich. Er hatte einen ausgeprägten Humor und sein Lachen war einfach umwerfend. Dass er auch noch so verdammt hot aussah, war zwar nebensächlich, aber ließ ihn noch anziehender wirken. Da brauchte man sich nicht wundern, dass die Frauen reihenweise schwach wurden, wenn sie ihn sahen. Tja, er war eben ein perfekter Vorzeigemusiker und ich war stolz darauf, dass er einer meiner Freunde war.
 

„Beruhig dich, Ruki und lass mich leben. Ich bin nur krank und hatte nicht vor, schon so zeitig abzudanken. Wenn du so weitermachst, wird das nämlich der Fall sein.“, krächzte ich und ich war wirklich happy, dass Reita sich erbarmte und mir den Kleinem vom Hals schaffte.

„Wie geht´s dir, Kai? Wir haben uns echt Sorgen um dich gemacht.“, meinte Uruha und schaute mich besorgt an. Ich lächelte ihn und auch die anderen an. „Schon gut. In ein paar Tagen bin ich wieder topfit. Is nichts Tragisches. Aoi kümmert sich um mich.“ Plötzlich sah ich das breite Grinsen der Drei vor mir und stockte. Was hatte das jetzt schon wieder zu heißen?

„Er kümmert sich um dich? Und wie gut is er?“, kam es schelmisch von Uruha und Ruki lachte laut los. Ich verstand nicht, was das nun werden sollte. Nur gut, dass in diesem Moment gerade Aoi das Zimmer betrat und mich wieder mit einem frisch zubereiteten Tee versorgte. Irgendwie war er total lieb zu mir. Keine Ahnung, warum. Aber es war trotzdem schön. Ich befand mich also in den besten Händen.
 

„Was lachst du so blöd?“, knurrte er Ruki an und sah dann Uruhas schelmisches Grinsen. „Behalte deine perversen Phantasien bitte für dich und leb sie mit Reita aus. Nicht hier. Das ist meine Wohnung. Also wenn du gerade ne Nummer brauchst, dann raus.“ Aoi war plötzlich wie ausgewechselt. Was war denn nun los? Eben war er noch mit einem Lächeln durch die Gegend getänzelt und jetzt so? War er etwa in den Wechseljahren? Oder stand er vielleicht unter Drogen?

Ich hoffte, dass weder das eine noch das andere zutraf.
 

„Zicke!“, kam es leise von Reita und ich sah, wie er merklich zusammenzuckte, als Aois Blick ihn traf. Ich konnte zwar nicht sehen, wie er ihn anschaute, aber es muss ziemlich heftig gewesen sein. Reita zuckte sonst nie. Aber warum war Aoi mit einem Mal so anders?

„Beruhigt euch doch mal. Ich leb noch und hab keine Lust auf Zoff.“, meinte ich nur und legte die Decke beiseite. „Wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich jetzt gerne unter die Dusche. Ich stink wie nen Iltis und brauch frische Klamotten.“ Mehr sagte ich nicht und stand auf. Mir wurde schwindlig und ich stand ziemlich wackelig auf den Beinen. Hoffentlich legte sich das bald. War ja nicht zum Aushalten.
 

Ich spürte die verdatterten Blicke der anderen und dann auch schon, wie ich am Arm gepackt wurde und mich im nächsten Moment auf den Armen einer meiner Freunde befand. Aber es war nicht irgendwer. Es war mal wieder Aoi. Der Kerl schien Gefallen daran zu haben, mich andauernd irgendwo hin zu schleppen. Das war mir unheimlich. Aber ich hatte auch keine Kraft, um mich dagegen zu wehren. Also ließ ich es mir gefallen und legte die Arme um Aois Nacken, um mich an ihm festzuhalten. Meinen Kopf lehnte sich gegen seine Schulter und sog automatisch den Duft von ihm ein. Irgendwie roch er wirklich gut. Er hatte zwar ein Parfum aufgelegt, aber es roch nicht so penetrant. Es war eher dezent und unterstrich seinen eigenen Duft einfach perfekt. Ich merkte nicht einmal, dass ich mich enger an den Körper schmiegte und meine Augen zufielen. Ich fühlte mich einfach nur wohl. Es war schon komisch. Aber es war nicht unangenehm. Es gefiel mir einfach.
 

Im nächsten Moment standen wir auch schon im Badezimmer und Aoi setzte mich auf dem Toilettendeckel ab. Dann hockte er sich vor mich und schaute mich an. Ich kam mir gerade wie ein Kind vor. „Was ist?“, fragte ich ihn, als er mich auch nach zwei Minuten immer noch anstarrte. Ich konnte mir nicht erklären, was das werden sollte.

„Ich würd gern duschen gehen. Is das okay?“, fragte ich vorsichtshalber und ich schien ihn damit wieder aus den Gedanken gerissen zu haben, denn er zuckte leicht und blinzelte.

„Alles okay bei dir?“ Jetzt war ich um ihn besorgt. Nicht, dass er sich bei mir angesteckt hatte und nun auch noch krank wurde. Musste ja nicht sein. Es reichte völlig, wenn ich Depp mal wieder krank im Bett liegen musste. Aoi sollte fit bleiben.
 

„Aoi?“, hakte ich nach, als er mich einfach nur breit angrinste und sich nicht rührte. Er war zwar wieder da, aber irgendwie machte er mir Angst so. Was ging in diesem Kerl eigentlich vor? Dabei dachte ich immer, dass Miyavis und Uruhas Hirn schon verworren waren, aber Aoi schien da auch keine Ausnahme von zu sein. War ich eigentlich nur noch von solchen merkwürdigen Gestalten umgeben?

Wobei… Aoi war eigentlich nicht merkwürdig. Es war seine Art. Zwar eine komische Art, aber es war seine und sie passte irgendwie ausgesprochen gut zu ihm. Keine Ahnung, wieso es so war, aber ich konnte ihn mir eigentlich auch nicht anders vorstellen. Aoi war und blieb immer der Clown vom Dienst, auch wenn er mal eine ernste Seite von sich preisgeben konnte. Aber das musste wirklich eine entsprechende Situation sein, damit er diese auch zeigte.
 

Als er noch immer nicht so richtig reagierte, legte ich meine Arme auf seine Schultern und zog ihn ganz nah an mich heran. Ich schaute ihm tief in die Augen, denn unsere Gesichter waren nur noch ein paar Zentimeter voneinander entfernt. Dieses Mal grinste ich ihn an und stupste mit meiner Nase frech gegen seine. „Hey, aufwachen, Schlafmütze. Ich wollte duschen und nicht meinen Hintern auf deinem Klodeckel platt sitzen. Also hilf mir mal hoch.“, witzelte ich und verstummte im nächsten Augenblick auch schon wieder.

In Aois Gesicht konnte ich deutlich etwas Undefinierbares erkennen. Allerdings wusste ich wirklich nicht, was es war. Nur seine Augen hatten einen anderen Ausdruck angenommen und sie wirkten dunkler als zuvor. Jetzt wollte ich wirklich wissen, was in seinem Kopf vorging.
 

Mein Lächeln verschwand sofort und ich starrte einfach nur noch in die dunklen Iriden meines Gegenübers. Gott, seit wann hatte der Kerl so wunderschöne Augen? Und seit wann verlor ich mich einfach in ihnen? Das ging ja mal gar nicht. Aber ich schaffte es auch nicht, mich von diesen zu lösen. Und so starrte ich einfach weiter. Und irgendwie machte er auch nichts anderes.
 

Wie lange wir so da im Badezimmer hockten, wusste ich nicht mehr, aber wir wurden durch ein wildes Klopfen an der Badezimmertür unterbrochen und erschraken bei den Worten, die uns durch die geschlossene Tür zugerufen wurden.

„Hey, das ist eine Badezimmer und kein Ort für wilde Sexspielchen. Also bewegt eure Hintern da mal wieder raus. Ich hab keinen Bock, hier ewig auf euch warten zu müssen. Ihr könnt es treiben, wenn wir weg sind. Also kommt endlich raus.“

Wem diese Stimme gehörte, war wirklich nicht schwer zu erraten. Es war Uruha. Die Diva konnte aber auch einfach nicht ihre Klappe halten. Ich lief hochrot an und bemerkte, dass es Aoi scheinbar auch nicht anders ging.
 

Mit einem Ruck stand er auf den Beinen und riss die Tür von innen auf. Ein verdatterte Uruha stand dahinter und wich einen Schritt zurück, als Aoi zum Konter ansetzte. „Halt einfach deine Klappe, kapiert? Das hier ist meine Wohnung und da mache ich, was ich will. Und wenn es dich stört, dann verpiss dich einfach. Hast du mich verstanden?“, keifte er und knallte auch gleich die Tür von innen wieder zu.

Ich saß einfach nur da und starrte ihn an. Das war eine komische Szene gewesen, aber so sprachlos hatte ich Uruha auch noch nie erlebt. Und ich bekam dieses Bild von ihm nicht aus meinem Kopf. Sofort musste ich lachen und Aoi schien es anzustecken. Wir beide lachten einfach nur noch.
 

Nach einer Weile hörten wir von draußen nur noch die meckernde Stimme Uruhas und das resignierte Seufzen von Reita und Ruki. Irgendwie taten mir die Beiden schon ein wenig leid, aber nicht so sehr, dass ich ihnen helfen wollte. Und einem zickigen Uruha wollte ich auch nicht ertragen müssen. Der konnte nämlich zur Furie werden und allem Anschein nach, war er nicht mehr weit davon entfernt.

Ich kicherte noch leise vor mich hin und bemerkte nicht, dass Aoi sich nicht mit den anderen beschäftigte, sondern mich die ganze Zeit anstarrte. Erst als ich mich zu ihm wandte und seinen musternden Blick bemerkte, schaute er hastig weg. Was war denn nun kaputt? Irgendwie begriff ich hier heute gar nichts mehr. Ich sollte meine grauen Zellen wirklich mal wieder fit machen, damit ich mit meinen Gedanken auch mal wieder hinter den anderen herkam. So wie jetzt sollte es jedenfalls nicht bleiben.
 

Erschrocken zuckten sowohl er als auch ich zusammen, als ein lauter Knall ertönte. Das war wohl Aois Wohnungstür gewesen, die da mit einem ordentlichen Wumms zugeschmissen wurde. Und ich hatte irgendwie das Gefühl, zu wissen, welche Ursache das hatte.

Dann klopfte es leise an der Badezimmertür und Aoi öffnete. Ich saß noch immer auf dem Klodeckel und schaute nun gespannt, was nun passieren würde. Allerdings stand dieses Mal kein Uruha vor uns. Nein, es war Reita, der sich verbeugte und sich auch sogleich mit Ruki verabschiedete. Uruha hatte wohl einen ordentlichen Abgang hingelegt. Und wie ich Reita und Ruki kannte, würden sie ihm jetzt so schnell wie möglich folgen, damit sich der Brünette nicht wieder die Kante gab. Uruha hatte ein Vorliebe dafür, wenn mal etwas nicht so lief, wie er es gerne gehabt hätte.
 

Ich lächelte die beiden an und winkte ihnen zum Abschied. „Arigatou, dass ihr hier ward. Ich hab mich echt gefreut. Grüßt Ruha lieb von mir, hai?“, verabschiedete ich mich und bekam von Ruki schnell noch einen kleinen Schmatzer auf die Wange gedrückt. Das Knurren aus der anderen Richtung hatte ich erst gar nicht bemerkt. Erst als Reita mich kurz drückte, hörte ich es. Es war zwar leise, aber auch nicht zu überhören. Ich hatte jetzt wirklich das Gefühl, etwas Wichtiges verpasst zu haben. Nur leider kam ich nicht darauf, was es sein konnte. Und das wurmte mich tierisch. Sonst war ich doch auch nicht auf den Kopf gefallen, aber heute schnallte ich wirklich absolut gar nichts. Das war ein beschissenes Gefühl, weil ich doch eigentlich ein verdammt neugieriger Mensch bin und wirklich alles, und damit meine ich wirklich alles, wissen wollte. Es war halt meine Natur. So wie es Reitas Natur war, diesen komischen Gesichtstanga zu tragen. Manchmal fragte ich mich, ob er den wenigstens bei den Liebesspielchen mit Uruha abnahm, oder ob er sogar damit duschen ging.
 

Als die anderen beiden dann auch weg waren, saß ich irgendwie noch immer an der Stelle, an der ich schon vor knapp einer halben Stunde saß. Warum eigentlich? Hatte ich nicht gesagt, dass ich duschen wollte? Eigentlich schon, aber irgendwie war es bisher nicht dazu gekommen. Ich fragte mich nur, wieso eigentlich. War es denn so schwer, mal eben unter die Dusche zu hüpfen?

Scheinbar, denn wie gesagt, ich saß noch immer hier und hatte mich noch nicht einmal einen Millimeter von der Stelle bewegt.
 

„Yuu?“, fragte ich vorsichtig, denn der andere schien schon wieder in seinen Gedanken versunken zu sein. Aber er sah schon süß aus, wenn er so abwesend vor sich hinstarrte und dabei auch ab und an mal eine Grimasse zog. Ich konnte so wenigstens ungestört seine feinen Gesichtszüge mustern. Er war wirklich verdammt attraktiv. Und ich konnte wirklich jede Frau verstehen, die sich von ihm angezogen fühlte. Der Mann war einfach nur heiß.

Aber nicht nur sein Aussehen hatte mich schon immer fasziniert. Nein, auch seine Ausstrahlung und vor allem sein Gitarrenspiel. Ich bedauerte es eigentlich immer sehr, wenn Uruha die ganzen Gitarrensoli in den Songs bekam und nicht er. Dabei war er nicht schlechter als Uruha. Die beiden nahmen sich da wirklich nicht viel. Vielleicht sollte ich das für das nächste Album einfach mal ändern und sein Gitarrenspiel mehr einbeziehen. War vielleicht keine so schlechte Idee.
 

Mein Blick blieb an den verführerischen vollen Lippen des anderen hängen. Ich sah, wie er mal wieder an seinem Lippenpiercing spielte. Es war einfach süß. Immer, wenn er das tat, wusste man, dass er nervös war. Aber wieso war er jetzt nervös? Es stand doch kein Auftritt bevor oder so. Nein, sie waren hier ganz alleine und er war eigentlich dabei, eine Dusche zu nehmen. Doch auch jetzt war er dort noch nicht angelangt. Wenn das so weiterging, würde er heute sicher nicht mehr duschen können. Sie würden wahrscheinlich noch stundenlang hier sitzen und sich anschweigen. Aber das hatte er nicht vor.
 

„Yuu?“, fragte ich abermals und ließ es mir nicht nehmen, ihn mal eben auf die Schulter zu tippen. Schlagartig drehte er den Kopf zu mir und ich sah unglaublich viel Unsicherheit in seinen Augen aufblitzen. Hatte ich was verpasst?

„Aoi? Was ist los?“, platzte es auch gleich aus mir heraus. Doch dann erschrak ich mich fast zu Tode. Ich fand mich plötzlich in Aois Armen wieder und wurde eng an den starken Körper gepresst. Das war jetzt wirklich nicht mehr witzig. Würde mich mal bitte jemand aufklären, was hier abging? War ich etwa der einzige Trottel, der nichts mitbekommen hatte?

Die Wahrscheinlichkeit war sehr hoch, denn außer mir schienen hier wirklich alle Bescheid zu wissen. Oder stand ich einfach nur mal wieder auf der Leitung und musste nur die Füße heben, um dies zu ändern? Ich wusste es nicht, und so ließ ich es mir auch nicht nehmen und hakte einfach mal nach.

„Sag mal, Yuu… Hab ich hier eigentlich was verpasst? Oder warum verhaltet ihr euch alle so komisch. Wenn dem so is, dann klär mich bitte mal auf, denn ich hab keinen Bock, der einzige Blöde zu sein, der mal wieder nichts kapiert.“
 

Okay, jetzt hatte ich ihn aus dem Konzept gebracht. Eindeutig, denn jetzt konnte ich deutlich sehen, dass er schluckte und versuchte, einen Punkt an der Wand hinter mir zu fixieren. Gott, ich wollte endlich wissen, was hier gespielt wurde. Ich hatte echt die Schnauze voll, immer der Unwissende zu sein oder immer wieder Dinge als Letzter zu erfahren. Das sollten sie sich schleunigst abgewöhnen. Denn bei sowas reagierte ich immer äußerst sensibel.
 

Ich sah nur, wie Aoi mich etwas verwirrt anschaute und dann den Blick gen Boden richtete. Ein lautes Seufzen verließ meine Lippen und ich legte eine Hand an Aois Kinn, um ihn zu zwingen, mir direkt ins Gesicht zu sehen. Ich hasste es, wenn ich mit jemandem sprach und der mich dabei noch nicht einmal ansah. Das war einfach nur unhöflich. Ich machte das ja auch nicht, also erwartete ich, dass man mir den gleichen Respekt entgegenbrachte.

Aber der Gitarrist schwieg. Er sagte kein einziges Wort und so seufzte ich abermals.

„Wir machen das jetzt so.“, begann ich und schaute ihn dieses Mal verdammt ernst an. „Ich gehe jetzt duschen und du überlegst dir in der Zeit, wie du es mir sagst. Ich weiß zwar nicht, worum es geht und welches Ausmaß es hat, aber ich habe wirklich keinen Bock darauf, hier der Idiot zu sein.“ Dann ließ ich hin los und erhob mich. Ich war zwar noch immer sehr wackelig auf den Beinen, aber die Duschkabine war nun wirklich nicht weit weg von mir.
 

Ohne ihn weiter zu beachten, zog ich mir das Shirt über den Kopf, das mittlerweile nicht mehr ganz so hartnäckig an meinem Körper klebte. Ich wollte einfach nur den Schweiß loswerden und mich endlich frischer fühlen. Und so blieb auch meine Hose nicht lange an ihrem Platz. Mit einigen Schritten ging ich an ihm vorbei und zog hinter mir die Kabinentür zu. Tja, nützen tat das nicht viel, denn das Ding war nicht einmal aus Milchglas. Nein, es war klar und so konnte ich von innen direkt zu Aoi schauen, der wie versteinert vor der Kloschüssel hockte und weiterhin auf den Deckel starrte, auf dem ich bis eben gesessen hatte. Perplex war schon gar kein Ausdruck mehr und irgendwie entlockte es mir ein breites Grinsen. Aoi sprachlos u sehen, war eine Seltenheit und man sollte es wirklich ausnutzen.
 

Allerdings konnte ich mich nicht lange daran ergötzen, denn ich wollte wirklich endlich dieses eklige Gefühl auf der Haut loswerden. Und das hieß halt, dass ich den Wasserhahn doch endlich mal anstellte.

Ich genoss das warme Wasser auf meinem Körper und konnte regelrecht spüren, wie sich die dünne Schweißschicht verdünnisierte und den Abfluss hinunter gespült wurde. Ich sollte öfters zu Aoi kommen. Seine Dusche war um einiges besser als meine eigene, stellte ich gerade fest. Es fühlte sich einfach toll an.

Wohlig seufzend schloss ich die Augen und reckte meinen Hals nach oben, um auch an jedem noch so kleinen Winkel meines Körpers das Wasser spüren zu können. Gott, das war so herrlich.
 

Doch dann wurde ich plötzlich aus meinen Gedanken gerissen und fühlte nur noch eine eiskalte Wand in meinem Rücken und wie meine Handgelenke unsanft gegen die Fliesen gepresst wurden. Erschrocken riss ich die Augen auf und sah direkt vor mir in ein Augenpaar, das ich nur allzu gut kannte. Ich schluckte. Irgendwie wurde Aoi mir immer unheimlicher und ich bekam Angst vor ihm. Was sollte das alles? Warum tat er das? Und warum stand er plötzlich unter der Dusche mit mir zusammen?
 

„Yuu…“, sagte ich ziemlich unsicher und es war nicht zu überhören, dass ich wirklich keinen Plan mehr hatte. Sein Gesicht war meinem Eigenen verdammt nah und ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss. Auch wenn er ein Mann war, so konnte ich nicht leugnen, dass dieser Anblick mich nicht kalt ließ. Ich versuchte, mich zusammenzureißen und mir nichts anmerken zu lassen, aber als ich dann bemerkte, dass nicht nur ich hier nackt unter der Dusche stand, wurde mir heiß und kalt zu gleich. Das warme Wasser lief über mein Gesicht und dann meinen Hals entlang über die Brust. Bei ihm sah das so verdammt verführerisch aus. Ich schluckte und stellte mal wieder fest, dass dieser Kerl verdammt attraktiv war. Dennoch zwang ich mich, nicht noch genauer hinzusehen. Das wäre auch sicher keine gute Idee gewesen. Nein, ganz sicher nicht. Und so kniff ich einfach die Augen zu und hoffte, dass dies hier alles nur ein blöder Traum war. Einer von vielen, die ich in den letzten Wochen immer wieder geträumt hatte. Bitte, lass das hier nur ein Traum sein, betete ich.
 

Doch leider hatte Kami-sama meine Gebete wohl nicht gehört. Warum eigentlich nicht? Konnte er mir nicht einfach mal auch einen Gefallen tun? Nein, wieder einmal musste man das alles selbst in die Hand nehmen. Auf den da oben war mal wieder kein Verlass. Typisch Kami-sama. Der verkrümelte sich immer, wenn er arbeiten sollte. War wohl mal wieder im Urlaub. Ebenso wie die anderen 365 Tage im Jahr. Was erwartete er eigentlich? Wenn man was haben wollte, musste man es eben doch selbst in die Hand nehmen. Und so öffnete ich letztendlich doch wieder die Augen und konnte nicht verhindern, dass ich wieder direkt in die Augen Aois schaute. Nein, besser starrte. Ich schluckte.
 

„Was… was soll… das werden?“, stotterte ich mir zurecht und wollte doch eigentlich selbstsicher rüberkommen. Das konnte ich jetzt knicken. Is mal wieder voll in die Hose gegangen. Ups, ich hatte ja noch nicht einmal eine an. Also konnte ich mich mal wieder geschlagen geben.

Erneut versuchte ich mein Glück und sprach ihn an. Und tatsächlich. Endlich zeigte er mal eine Reaktion. Okay, mit so einer Reaktion hatte ich dann doch nicht gerechnet. Mir blieb fast das Herz stehen, als er das machte. Ich konnte gar nicht so schnell schalten, als ich plötzlich einen gewaltigen Stromschlag durch meinen Körper zucken spürte.
 

Das war… Ja, was war es? Ich konnte es einfach nicht beschreiben. Aber zu allererst fragte ich mich, warum er das eigentlich tat? Es gab niemals Anzeichen dafür und trotzdem tat er es. Einfach so und ohne Vorwarnung? Ich war echt überfordert und versuchte, krampfhaft meine Gedanken zu sortieren und ihn endlich von mir loszubekommen. Aber das war gar nicht so leicht. Im Moment war er einfach stärker und meine Hände hatte er auch fest im Griff. Da blieb nur eines und ich wusste, dass er mich dafür vielleicht hassen würde. Aber er ließ mir auch gar keine andere Wahl.
 

„Itai!“, hörte ich ihn nur fluchen und konnte nun sicher sein, dass er wieder bei Verstand war. Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass ich so brutal sein würde. Ich schmeckte Blut an meinen Lippen und entdeckte dann auch welches an seiner Lippe. Ich hatte ihm in die Lippe gebissen, damit er sich endlich von mir löst. Ich wusste einfach nichts anderes, um ihn von mir wegzubekommen.

„Gomen nasai.“, entschuldigte ich mich bei ihm und rieb mir vorsichtig die Handgelenke. Er hatte einen verdammt festen Griff und ich spürte nun, wie wieder Blut in meine Fingerspitzen floss.
 

Erleichtert atmete ich auf, als ich endlich wieder Freiraum hatte und mich von der kalten Wand lösen konnte. Die war verdammt hart und eiskalt gewesen. Kein Wunder, dass ich deswegen jetzt zitterte.

Plötzlich spürte ich einen ziemlich finsteren Blick auf mir. Ich schluckte. Oh oh, Aoi war jetzt sicher sauer auf mich. Ich sah auf und er wischte sich gerade mit dem Handrücken das Blut von den Lippen. Oh Mann, da hatte ich mir ja wieder ein Ding geleistet.

Jetzt kam ich mir irgendwie schäbig vor. Ich hatte ihm einfach so in die Lippe gebissen. Und das nur, weil er mich einfach so geküsst hatte. Gott, ich war echt bescheuert. Aber… er hatte doch gar kein Recht dazu, mich zu küssen. Also war diese Aktion doch wieder berechtigt?
 

Aois Blick sagte mir eindeutig etwas anderes. Erst schaute er wirklich ziemlich angesäuert, doch plötzlich wandelte sich sein Blick und ich konnte sehen, wie seine Augen leicht glitzerten. Okay, ich hatte definitiv einen Fehler gemacht. Mal wieder. Den letzten hatte ich doch erst gestern begangen, als ich mich mal wieder überschätzt hatte. Der Lohn dafür war eine Bekanntschaft mit der Bewusstlosigkeit und der Orientierungslosigkeit nach dem Aufwachen. Aber es hatte auch etwas Gutes. Ja, etwas sehr Gutes. Ich hatte eine Seite an meinem Freund kennengelernt, die ich ihm nicht zugetraut hatte. Und wie dankte ich es ihm?
 

„Warte!“ Ich hielt ihn am Arm fest, als er sich umdrehte und die Dusche verlassen wollte. Ich musste das hier jetzt einfach klären. Ich konnte damit nicht leben. Nein, wenn ich es dabei belassen hätte, wäre ich nicht Kai. „Warte, Aoi.“, hielt ich ihn weiterhin auf. Ich wollte irgendwie auch nicht, dass er jetzt einfach ging. Ich wollte eine Erklärung von ihm, warum er mich geküsst hatte. Es wurmte mich einfach und ich wollte klare Verhältnisse, was das anging. Wie sollte ich mich ihm gegenüber denn verhalten, wenn ich keine Ahnung hatte, was der Grund dafür war?
 

Ich hielt einfach seinen Arm fest umklammert und ließ ihm so keine Möglichkeit, einfach so abzuhauen. Das sollte er ja auch nicht.

„Warum… Warum hast du mich geküsst?“, fragte ich ihn mit bebender Stimme. Irgendwie kam in mir die Hoffnung auf, dass es vielleicht einen tieferen Grund für seine Handlung gab. Wie oft hatte ich ihn von meinem Platz auf der Bühne aus beobachtet? Wie oft hatte ich Uruha dafür verflucht, dass er ihm so nahe sein konnte, während ich hinter meinen Drums einfach nur zugucken konnte? Ich empfand das schon seit geraumer Zeit als unfair. Aber was sollte ich denn schon machen? Nao hatte ja das Glück, dass die Jungs die Möglichkeit hatten, direkt zu ihm zu kommen und Saga, Shou und Hiroto hatten es auch schon des Öfteren genutzt. Aber bei ihm gab es wirklich keine Möglichkeit. Nur zu gern hätte er das auch mal ausprobiert.
 

„Ano…“, kam es leise zurück und ich lauschte gespannt den Worten, die jetzt folgen würden. Hoffentlich … hoffentlich…

Ja, was hoffte ich eigentlich? Warum hoffte ich eigentlich überhaupt? Ich hatte doch gar keinen Grund dazu. Es war nur ein einziger Kuss und den hatte ich verdammt brutal beendet. Ich war einfach ein Idiot. Da hatte ich schon mal die Gelegenheit und dann setzte ich das auch noch eiskalt in den Sand. Tja, auch ich bin eben nicht perfekt. Ich bin auch nur ein Mensch und jeder Mensch macht Fehler. Meine werden zwar immer die dämlichsten sein – so glaubte ich zumindest – aber das tat dem ja keinen Abbruch.
 

Doch dann kamen Worte, die nicht besser als ein Schlag ins Gesicht waren.

„Ich wollte es halt einfach nur mal ausprobieren. Den Fanservice mit Ruki, Rei und Ruha find ich iwie langweilig. Und nun hatte ich halt mal die Chance, es an dir auszuprobieren.“

Ich hatte das Gefühl, dass mein Herz stehen bleiben würde und ich kaum mehr Luft bekam. Das war dieser verdammte Grund? Das war alles? Deshalb hatte er mir meinen ersten Kuss mit einem Mann geraubt? Deshalb stand er hier nackt mit mir unter der Dusche? Deshalb hatte er Uruha so angefahren? Nur weil er mal austesten wollte, wie der Fanservice mit mir war?
 

Wut kochte in mir hoch. Hatte ich mich so sehr in ihm getäuscht? War ich mal wieder zu leichtgläubig gewesen und hatte mir Dinge erhofft, die sowieso nie in Erfüllung gehen würden? Was hatte ich mir nur dabei gedacht?
 

„Verstehe.“, schnaubte ich und man sah mir deutlich an, dass nicht viel fehlte und ich wäre explodiert. Aoi konnte froh sein, dass ich mich meistens doch ganz gut unter Kontrolle hatte. Sonst wäre das hier sicher nicht so glimpflich für ihn ausgegangen. Ganz sicher nicht.

Wütend stieß ich ihn beiseite und torkelte aus der Duschkabine, um mir im nächsten Moment ein Handtuch zu schnappen und es mir umzulegen. Ich hatte keine Lust, mich hier abzutrocknen oder noch länger zu bleiben. Ganz bestimmt nicht. Es war mir zuwider. Auch wenn ich mir selbst ab und an mal gewünscht hatte, ein wenig Fanservice mit ihm machen zu dürfen, sollte sich das aber nur auf die Bühne beschränken und nicht unter der Dusche in seiner Wohnung.
 

Ich war sauer. Mächtig sauer. Auch wenn ich noch nicht wirklich fit war und mich kaum auf den Beinen halten konnte, schleppte ich mich ins Schlafzimmer des Gitarristen und schnappte mir meine Klamotten. Ich hatte das Gefühl, dass ich einen neuen Rekord im schnell Anziehen aufgestellt hatte, aber das war auch nicht von Bedeutung. Ich wollte einfach nur hier weg und diesen Trottel aus meinem Kopf verbannen. „Baka!“, murmelte ich nur und ging an einem halbnackten Aoi vorbei direkt in den Flur. Gut, dass meine Schuhe gleich vor meiner Nase standen. So konnte ich wenigstens gleich weg hier und musste nicht erst noch suchen.

Schnell schlüpfte ich hinein, griff nach meiner Jacke, die über der Garderobe hing und verließ die Wohnung Aois mit einem ordentlichen Knall. Was er jetzt von mir hielt, war mir sowas von egal. Der Idiot sollte bleiben, wo der Pfeffer wuchs. Ich hatte die Nase gestrichen voll.
 

Taumelnd setzte ich einen Fuß vor den anderen und war heilfroh, wie ich endlich in der U-Bahn saß und wusste, dass ich in ein paar Minuten endlich wieder in meinem Reich war. Dort wollte ich mich auch einfach nur in die warme Wanne legen und die Gedanken an das eben Geschehene einfach von mir spülen. Es sollte einfach im Abfluss verschwinden und nie wieder auftauchen. Aoi hatte mir irgendwie verdammt weh getan und ich merkte noch nicht einmal, wie meine Augen brannten und nun doch langsam die Tränen über meine Wangen marschierten.

Ich bemerkte es erst, als die ältere Dame, die mir gegenüber saß mich mitleidig ansah und mich dann auch gleich ansprach. „Junger Mann? Geht es Ihnen gut?“, fragte sie und ich schaute sie an. Leicht schüttelte ich den Kopf und lächelte. „Schon okay. Es ist nichts. Habe nur etwas im Auge.“, log ich. Aber ich wollte mir nicht die Blöße geben und ihr sagen, dass ich heulte, weil Aoi mich zwar geküsst hatte, aber dies ganz bestimmt nicht, weil er mich liebte. Es war schon echt verzwickt.

Aber sie gab auch gleich Ruhe und reichte mir lediglich ein Taschentuch. Ich bedankte mich und war irgendwie froh, dass wenigstens jemand da war, der sich ein wenig um mich zu kümmern schien.
 

Den Rest der Fahrt über schwieg ich und reagierte auch nicht auf das Klingeln meines Handys. Ich wollte jetzt nicht reden. Und ich war mir sicher, dass es einer der Jungs war. Lag wohl auch daran, dass ich für sie alle, einen speziellen Klingelton eingestellt hatte. Vielleicht sollte ich mich auch nochmal damit beschäftigen, jedem einzelnen einen eigenen Ton zuzuordnen. Dann müsste ich nicht immer das Handy raus kramen, um zu sehen, wer von ihnen es war. Aber jetzt im Moment war es mir reichlich egal. Und so griff ich nur in meine Tasche und schaltete das Telefon gänzlich aus. So würde ich wenigstens meine Ruhe haben.
 

Dann hatte ich es endlich geschafft. Die Bahn hielt an ‚meiner‘ Station und ich verließ den Wagon. Nur noch ein paar Meter trennten mich von meiner Wohnung, dann würde ich endlich wieder in meiner Zuflucht sein und die konnte ich gerade mehr als nur gebrauchen. Nicht nur dass mein Körper krank war, jetzt tat auch noch mein Herz weh. Es war zwar eher symbolisch, aber es hatte mich doch schon schwer getroffen, dass er sich mir gegenüber so verhalten hatte. Warum tat er das mit mir? Ich war auch nur ein Mensch und mir tat so etwas auch weh.
 

Endlich war ich angekommen. Ich hatte gerade die Tür aufgeschlossen, als ich schon in meine eigenen vier Wände geschoben wurde und hinter mir die Tür einfach zufiel. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah, da fand ich mich auch schon wieder gegen eine Wand gedrückt wieder. Was war hier heute eigentlich los? Warum geschah mir das schon wieder? Was hatte ich eigentlich verbrochen?

Ein leichter Schmerz durchfuhr meinen Körper, als mein Rücken gegen die Wand kam und ich hisste auf. Das tat verdammt weh. Auch wenn es eigentlich sonst nicht so war. Aber mein Körper war eh schon geschwächt und ich fand es widerlich, dass man meine Schwäche einfach so ausnutzte. Wer war das eigentlich, der mich einfach vor meiner eigenen Wohnung abfing.
 

Langsam lichtete sich meine Sicht und ich zuckte sofort zusammen. Das durfte doch wohl nicht wahr sein. Ich hob die Hände und presste sie gegen die Brust meines Gegenübers. Ich stemmte mich mit aller Kraft dagegen und schaffte es sogar, einige Zentimeter Freiraum zu erkämpfen. Aber meine Kraft reichte bei weitem nicht aus, um mich gänzlich zu befreien. Ich verfluchte gerade meine Schwäche. Und ich hasste ihn dafür, dass er das jetzt auch noch schamlos ausnutzte. Ja, ich verfluchte ihn gerade dafür. Bis vor kurzem hatte er mich noch so liebevoll umsorgt. Und jetzt?
 

„Hau ab!“, schrie ich ihn an. Wenigstens diese Art von Verteidigung war mir geblieben, aber sie schien nicht viel zu bringen. Er hielt mich einfach fest und ich fühlte, wie mir immer heißer wurde. Nein, es war nicht das Gefühl, was ich verspürt hatte, als wir uns in seinem Badezimmer gegenübergestanden hatten. Dieses Gefühl hatte mich eh getäuschte, denn er hat a nur Fanservice testen wollen. Mehr nicht.

„Verschwinde endlich und lass mich in Ruhe! Such dir einen anderen Deppen! Ich will dich nie wieder sehen m…“ Weiter kam ich nicht, denn erneut spürte ich seine Lippen auf meinen. Ich wollte ihn wegdrücken. Ich schaffte es nicht. Ich wollte ihm das Gleiche wie vorhin noch einmal antun, doch irgendwie konnte ich nicht.
 

Stumme Tränen fluteten meine Augen und liefen dann über mein Gesicht, als in ihnen kein Platz mehr war. Der Damm war gebrochen und immer mehr der salzigen Tropfen lösten sich aus meinen Augenwinkeln. Ich konnte einfach nicht mehr.

Man hatte mir zwar gesagt, dass man immer sensibler war, wenn man krank wäre, aber dass es so krass war, glaubte ich nicht. Nein, hier ging es noch um einiges mehr. Und ich wusste nicht mehr, wie ich mich dagegen wehren sollte. Nein, ich schaffte es einfach nicht mehr.
 

Meine Beine gaben nach und auch mein restlicher Körper fühlte sich so kraftlos an, dass ich tatsächlich den Halt verlor und an der Wand entlang gen Boden glitt. Ich hatte es Aois Reaktion und seiner Kraft zu verdanken, dass ich nicht hart aufschlug, sondern ein weiteres Mal in seinen Armen hing. Aber selbst der Aufprall wäre mir lieber gewesen als diese Schmach.

„Geh weg… Hau endlich ab…“, nuschelte ich mit tränenerstickter Stimme. Doch er tat mir diesen Gefallen nicht. Und statt ihn wieder von mir zu stoßen, krallten sich meine Hände wie von selbst in sein Shirt und mein Gesicht vergrub ich in seiner Halsbeuge. Mein ganzer Körper bebte und leises Schluchzen verließ meine Kehle. „Warum tust du das?“, fragte ich und ich hatte Angst, er konnte meine Worte gar nicht hören.
 

Ich wartete vergebens auf eine Antwort. Aoi machte mir wirklich Angst. Das war nicht der Aoi, den ich kannte. Wo hatte er ihn gelassen? Wo war er hin? Wo war der liebevolle und lustige Freund hin, den ich immer in ihm gesehen hatte? Warum hatte er sich plötzlich so verändert? Ich wollte den alten Aoi wiederhaben.
 

Der Aoi, in den ich mich verliebt hatte…
 

Ich erschrak und mein Körper verkrampfte sich augenblicklich. An diesen Gedanken musste ich mich erst gewöhnen. Ich hatte noch nie zuvor darüber nachgedacht. Aber… Die Zeichen sprachen wirklich dafür, wenn ich so genau darüber nachdachte.

Ich sah ihn immer an.

Ich wollte sein Lächeln immer wieder sehen.

Ich war eifersüchtig auf Uruha.

Ich wollte ihn berühren.

Ich wollte bei ihm sein.

Ich wollte ihn küssen.
 

Verdammt! Warum war mir das nicht schon vorher aufgefallen? Warum lief ich nur so blind durch die Gegend? Ich war wirklich ein Idiot.
 

Vorsichtig schaute ich auf, als er mich auf mein Bett legte und sofort die Decke über meinen zitternden Körper zog. Die Tränen hatten nachgelassen und das Gefühl von Hass und Wut wich dem Gefühl von Unsicherheit und Angst. Ja, jetzt hatte ich Angst. Sollte ich es ihm sagen? Sollte er wissen, was in mir vorging? Aber was wäre, wenn er nichts für mich empfand? Was, wenn ich damit unsere Freundschaft und vielleicht sogar die Band zerstören würde?

Das wollte ich ganz bestimmt nicht. Nein, das durfte nicht sein. Aber… Ich musste es ihm sagen. Wenn er mich dafür verachten würde, hatte ich immer noch die Option, die Band und die Stadt zu verlassen, damit ich nichts zerstörte. Also konnte ich es ihm doch einfach sagen oder?
 

„Warum bist du abgehauen?“, fragte er mich plötzlich und durchbrach die Stille, die sich zwischen uns gelegt hatte. Lediglich unsere Blicke trafen sich. Ich wusste nicht genau, was ich dazu sagen sollte? Ich hatte Angst vor seiner Reaktion.

Doch dann nahm er mir die Worte ab und setzte sich zu mir aufs Bett. Er beugte sich vorn über und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Den Rücken hatte er mir zugewandt und ich sah, wie sich ein leichtes Zittern über den Körper legte. Ich hatte ein ungutes Gefühl und fühlte mich mit einem Mal total mies.
 

„Aoi?“ Ich setzte mich auf und konnte nicht anders. Meine Arme schlangen sich von hinten um den nun ebenfalls zitternden Körper und meinen Kopf bettete ich auf seinem Rücken. Sofort spürte ich die Wärme, die von seinem Körper ausging und ich fühlte mich gleich viel wohler dabei.

„Hm…“, machte er nur, doch ich spürte, wie er eine seiner Hände auf meine legte, die auf seinem Bauch Rast gefunden hatten.

„Ich glaube…“, wisperte ich und machte wieder eine Pause. Stille. Genau davor hatte ich mich gefürchtet. Was war, wenn wir uns nichts mehr zu sagen hatten? Das wäre das Ende gewesen. Und es sollte nicht enden, bevor es überhaupt angefangen hatte. Er konnte mich immer noch vor den Kopf stoßen, wenn er es wusste. Aber dann hatte ich es ihm wenigstens gesagt.

Ich öffnete den Mund und setzte an…
 

Und wieder kam ich nicht dazu, meine Gedanken in Worte zu fassen, denn Aoi drehte sich abrupt um und drückte mich in die Kissen. Wieder blickte ich in diese schwarzen Augen, die mich musterten. Ich schluckte und wollte erneut ansetzen und ihm sagen, was in mir vorging. Aber auch dazu kam ich nicht mehr, denn meine Gedanken wurden wieder durcheinander gewirbelt.
 

Aoi küsste mich. Ja, er küsste mich schon wieder. Und ich hatte Angst, dass es wieder so ein Kuss war. Ein Kuss ohne Gefühl. Ein Kuss, der für die Bühne bestimmt war. Das wollte ich nicht. So einen Kuss wollte ich nicht von ihm. Wenn er mich schon küsste, dann sollte er es aus Liebe tun und nicht, damit er rausfand, wie der Fanservice mit dem Drummer seiner Band war.

Mit leichtem Druck versuchte ich ihn von mir zu schieben. Aber es klappte nicht. Und plötzlich durchzuckte mich eine Hitze. Ich spürte, wie er meine Lippen sanft massierte. Das war nicht wie der Kuss unter der Dusche. Nein, dieser Kuss war irgendwie anders. Trotzdem löste ich mich von ihm und schaute ihn an. Meine Wangen waren gerötet. Ob es am Fieber lag, das wieder in mir aufstieg, bezweifelte ich stark. Aber ganz abstreiten würde ich es nicht.
 

„Yuu… Was?...“ Ich wusste einfach nicht, wie ich es sagen sollte. Doch dann hatte er mir wieder ein zuckersüßes Lächeln geschenkt. Ich schmolz bei dem Anblick förmlich dahin. Meine Knie wurden weich und mir wurde heiß. Was hatte das schon wieder zu bedeuten?

Heute stand ich wohl wirklich auf der Leitung. Das war gar nicht gut.
 

Doch ehe ich weiterreden konnte, hatte er einen Finger auf meine Lippen gelegt. „Ssscht.“, machte er und legte seine Stirn gegen meine. Ich verstand mal wieder nichts. Doch dann sprach er einfach drauf los. „Ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich so ein Ekel bin, aber…“ Ich sah, wie er rot anlief und musste unwillkürlich in mich hinein lächeln. Er sah mal wieder süß aus, wenn er so schaute.

„Eigentlich sollte das so nicht laufen, wie es jetzt gekommen ist. Ich wollte es anders machen, aber irgendwie überkam es mich einfach. Und…“ Er pokte mir leicht in die Seite, so dass ich ein grelles Fiepen von mir geben musste. „Irgendwie bist du ja selbst schuld.“

Jetzt schaute ich wohl ziemlich doof aus der Wäsche. Gab er mir jetzt die Schuld daran, dass das schief gelaufen war? Ich wusste doch noch nicht einmal, was schief gelaufen sein sollte. Wieso sollte ich dann daran schuld sein?
 

„Nani?“ Er lachte. Aoi lachte. Er lachte mich einfach aus. Beleidigt bies ich die Wangen auf und versuchte, so böse wie nur möglich zu schauen, aber sein Lachen steckte einfach an. Da war er wieder. Das war der Aoi, den ich so verdammt gern hatte. Nein, das war der Aoi, in den ich mich verliebt hatte. Jetzt war es wohl an der Zeit, einfach mit der Tür ins Haus zu fallen oder?
 

Doch dann passierte es. Nie hätte ich erwartet, dass das jemals möglich wäre. Aber es war wirklich so.

Aoi und ich sagten uns gleichzeitig haargenau dieselben Worte und mir fiel sofort die Kinnlade runter. Das war hier wirklich ein Traum oder?

„Ano…“, gab ich sehr geistreich von mir, aber ihm schien es auch nicht besser zu gehen. Wir beide schauten uns etwas bedeppert an, ehe wir uns wieder sammelten.

Ich schluckte und musterte mein gegenüber ganz genau. Ich hoffte, irgendetwas in seinen Augen lesen zu können. Doch außer einem Glitzern war dort nichts zu finden. Nur sein Lächeln wirkte überzeugend.
 

„Yu-chan?“, fragte er mich plötzlich und ich schaute verwundert auf. Ich spürte eine seiner Hände an meiner Wange und wie sein Daumen über meine Haut strich. Es fühlte sich toll an. Aber noch toller fühlte sich etwas anderes an, denn er wiederholte die Worte, die er eben schon preisgegeben hatte. Wieder bildeten sich Tränen in meinen Augen. Doch es waren andere Tränen.
 

„Aishiteru mou, Yuu, aishiteru mou…“, wisperte ich und m nächsten Moment lagen seine weichen Polster wieder auf meinen Lippen. Ich ließ mich in die weichen Kissen sinken und wollte, dass dieser unglaublich sanfte und liebevolle Kuss niemals mehr endet.
 

*

Man sollte eben nicht immer nur den Kopf benutzen, sondern auch mal den Bauch entscheiden lassen. Gefühle entstehen nicht im Kopf, sondern sie kommen aus dem Bauch heraus.

Ich habe mir vorgenommen, doch öfters mal auf meinen Körper zu horchen und nicht immer auf meinen Verstand zu bauen. Diese Erfahrung habe ich gemacht und ich bin froh, dass ich aus meinem Fehler gelernt habe. Danke, Aoi…
 

*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*
 

Keine Ahnung, aber ich mag das Pairing irgendwie. Und n letzter Zeit habe ich eindeutig zu viel Kai und Uruha im RPG gehabt, dass das hier mal ne ordentliche Abwechslung war.

Ich hoffe, wie hat euch gefallen. Aber sie is eh viel zu lang geworden ^^°

Man sieht sich ja vielleicht auch mal in ner anderen FF.
 

Mata ne

Mika



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Popa-chan
2013-10-17T11:04:13+00:00 17.10.2013 13:04
die Antwort kommt jetzt ein bissel spät, aber ich habe grad Lust einen Kommi zu hinterlassen ...
Also:
Geniale Story ...(Aoi *-*) Mir haben nur manchmal die ganzen Fragen nicht so gut gefallen.
Aber insgesamt war es herrlich x3

Von:  MaLu_van_Bensharel
2010-08-31T19:21:05+00:00 31.08.2010 21:21
wow auch eine süße story XD
ich finde die idee mti dem krank sein cool
^^
und aoi is voll der draufgänger XD
aber das passt zu ihm.. und gleichzeitig schüchtern hat auch was ^^
Von: abgemeldet
2010-08-10T11:10:42+00:00 10.08.2010 13:10
Awww ...
Mir stehen noch immer Tränen in der Augen ... *schniefz*
Ich finde das Pair einfach süß ... ^^
Und für einen OS war es doch echt lang! ;D
Mir hats auf jeden Fall total gefallen und es war so süß ... wegen solchem Sentimental-Kram fang ich auch noch an zu heulen! *schäm* >///<

~Yuna
Von:  Saki-hime
2009-12-27T21:51:17+00:00 27.12.2009 22:51
*bewundernt ein fähnchen schwenkt*
*_*
Deine FF ist echt total klasse!
Ich liebe das Pair ja sowieso~ was dem ganzen noch mal das gewisse Etwas gibt! x3
und überhaupt fand ich es einfach klasse! Nur dass Aoi so böse/verständnislos war als Kai ihn gebissen hatte, konnte ich nicht ganz nachvollziehen... wer wird schon gerne plötzlich und nicht gerade schmrerzfrei geküsst?
egal.. er is halt ein liebenswerter Depp! x3

Saki-hime *flausch*
Von:  LadyKisu
2009-12-08T21:36:56+00:00 08.12.2009 22:36
deine ff ist wirklich sehr schön ^^
die beiden sind einfach zu niedlich ;)
wie aoi den kranken kai wieder gesund pfleg gefällt mir
ich konnte gar nicht aufhören zu lesen xD
der schluß ist sehr süß ^^
Von:  Tesla
2009-11-14T08:27:13+00:00 14.11.2009 09:27
Die Beiden ziend ziehmliche Deppen oder^.^Naja wenn man Krank ist kriegt man halt nicht viel Mit aber das war wirklich niedlich. Allerdings fand ich die inneren Monologe ein bisschen lang. Aber trotzdem toll.
Danke das du an meinem Wettbewerbt mit teilnimmst.

LG Tesla
Von: Futuhiro
2009-11-12T16:01:34+00:00 12.11.2009 17:01
Also ich weis nicht ... Zuviel zur Schau gestelltes Japanisch-Können. Du hättest ruhig deutsch schreiben können. Und irgendwie fand ich es verwirrend, daß du für ein und die selbe Person X verschieden Namen und Bezeichnungen benutzt.
Also die Story an sich fand ich recht hübsch (der Anfang hatte was), aber der Schreibstil war teilweise nicht so meins. Stellenweise schreibst du wunderschön bildhaft, aber stellenweise sind das nur so langatmige Fragensammlungen (vor allem immer die gleichen Fragen).

Aber nimm das bitte nicht zu persönlich. Nur weil es nicht ganz mein Ding war, heißt das ja nicht, daß dein Fanfic schlecht war. ^^
Von:  Kanoe
2009-09-14T10:17:15+00:00 14.09.2009 12:17
sehr hübsch
Von:  Flitti
2009-09-03T00:04:28+00:00 03.09.2009 02:04
das war echt voll kawaii
mehr kann ich dazu nich sagen außer, dass beide so schon süß sind^^
aber dein one-shot is echt toll
hab ihn gern gelesen
Von:  Yoshiki_Deyama
2009-08-12T20:28:14+00:00 12.08.2009 22:28
Süß!!
Ich mag AoixKai FFs sehr gerne und diese ist echt nett! Obwohl ich Geschichten die in der Ich-Form geschrieben sind eher aus dem Weg gehe, hat mich deine überzeugt! Hat mir echt gut gefallen! ^_______^



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