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Runaway

von

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Feeling Free for the First Time

Nach ein paar Stunden, in welchen ich etwas planlos durch die riesige Fußgängerzone der Innenstadt geschlendert war, setze ich mich im Schneidersitz auf die Wiese innerhalb eines kleinen Parks. Das Wetter hatte sich wirklich noch mal ziemlich zum Guten gewendet, und nun schien die Sonne mit all ihrer noch verbliebenen Kraft auf mich hinunter. Ich legte den Kopf in den Nacken und ließ mein Gesicht von den Sonnenstrahlen wärmen. Es tat wirklich gut, einfach nur hier zu sitzen, und den Moment zu genießen. Ein Moment der Freiheit, der nicht getrübt würde von irgendwelchen Ängsten. Langsam entwich die Luft aus meinen Lungen, als ich tief aus – und wieder einatmete. Dann schraubte ich den Deckel meiner Cola-Flasche auf, welche ich mir eben gekauft hatte, und nahm einen kräftigen Schluck daraus. Die gekühlte Flüssigkeit rann meine Speiseröhre hinab. Gab es ein besseres Gefühl?

Leider war die Cola-Flasche alles gewesen, was ich mir erlaubt hatte zu kaufen. Mehr war einfach nicht drin bei meinem spärlichen Budget, schließlich wollte ich ja, dass das wenige Geld so lange wie möglich reichen sollte. Ein kleiner Notgroschen in der Tasche war immer gut, da war ich mir sicher. Im Moment kannte ich hier ja auch noch keine Menschenseele außer diesem seltsamen Marcus vom Dom…

Ich ließ meinen Blick etwas schweifen. Etwas abseits saß eine Gruppe Jugendlicher, die mir allerdings kein großes Beachten zuzumessen schienen. Das war jedoch auch kein ungewöhnlicher Zustand für mich und störte mich nicht weiter…

Schließlich sank mein Oberkörper nach hinten und ich streckte sowohl Beine als auch Arme von meinem Körper weg. Die Wiese lag etwas feucht und kühl unter mir, und die Sonne wärmte die andere Seite meines Körpers. Hoffentlich würde dieser Moment nicht zu schnell vergehen… Ich genoss ihn jedenfalls in vollen Zügen!
 

Irgendwie musste mich anscheinend die Müdigkeit doch noch einmal übermannt haben, denn ich schreckte auf, als ich etwas ungewohnt Kühles an meiner Wange spürte. Zuerst registrierte ich das ungewohnte Gefühl gar nicht, doch dann reagierte mein Körper schneller, als mein Hirn. Ich schnellte nach oben, natürlich alarmiert und starrte rechts neben mich. Doch was ich dann sah, überraschte mich doch. Neben mir kniete Marcus, ein Grinsen auf den Lippen, und eine Bierflasche in der Hand.

„Hey Schlafmütze, auch schon wach?“, fragte dieser dann und musterte mich etwas. Ich blinzelte zunächst etwas verwundert, doch allmählich schaffte ich es, mich wieder zu fangen, und eine Erwiderung zu geben.

„Ja… jetzt schon…“, meinte ich mit einem Unterton, der meine geringe Begeisterung über sein Verhalten deutlich zum Ausdruck brachte. Eine Augenbraue des jungen Mannes wanderte nach oben.

„Super, dann kannst du ja jetzt rüber kommen zu den Anderen, wenn du Lust hast“, kam es von dem ehemals Blonden. Ich musterte Marcus noch einmal, und mein Blick wanderte dann an ihm vorbei zu den ‚Anderen’. Die Einzigen, die außer mir und Marcus noch im Park waren, waren die Jugendlichen, die ich schon bei meiner Ankunft bemerkt hatte. Ein paar von ihnen blickten nun in unsere Richtung, allerdings mit keinem großen Interesse.

Erst weckte mich dieser Idiot, und dann dachte er auch noch, dass ich nichts Besseres zu tun hätte, als mit ihm und seinen Freunden abzuhängen? Diesem Irrglauben wollte ich ihm keinesfalls aussetzen, also meinte ich mit gleichgültiger Stimme: „Ach weißt du, eigentlich hatte ich ja noch was anderes vor, jetzt da ich schon mal wach bin…“

Wieder erntete ich einen skeptischen Blick des Anderen, als dieser dann sagte: „Na dann,… Kann mir zwar nicht vorstellen, was es besseres gäbe, als ein paar nette Leute kennen zu lernen in einer Stadt, in der ich erst seit ein paar Stunden bin, aber das musst du ja wissen…“

Irgendwie war ich erstaunt, das musste ich zugeben. Er akzeptierte doch tatsächlich meine Entscheidung, obwohl er offen zugab, dass er sie eigentlich nicht verstehen konnte. Und das wieder rum verstand ich nicht. Ich kannte es nicht anderes, als dass man mir so lange eine Meinung vorlegte, bis ich sie annahm, sei es zu meinem Besten, oder aber weil ‚er’ natürlich der Einzige war, der Recht haben dürfte. Dachte ich anders, war es noch das Harmloseste angeschrieen zu werden…

Diese Erkenntnis war dann wohl auch der Grund, warum ich etwas länger brauchte, bis ich ihm schließlich antwortete. „Na ja, so eilig habe ich es dann auch nicht… Weißt du was, ich schau einfach mal mit dir bei den Anderen vorbei…“, gab ich dann zurück. Ich genoss es ihm nicht vollkommen Recht zu geben, und dies auch nicht zu müssen. Anscheinend reichte auch Marcus die Tatsache, dass ich überhaupt eingelenkt hatte, und er nickte nur, leicht grinsend.

Dann stand er auf, und ich tat es ihm gleich. Meinen Rucksack schulterte ich nur schnell über meine linke Schulter und nahm die Cola-Flasche in meine rechte Hand. Anschließend folgte ich Marcus zu seinen Freunden, die nun doch alle zu mir aufblickten, als wir bei ihnen angekommen waren.

Marcus machte keinerlei Anstalten mich den Anderen vorzustellen und so war es an mir zu sagen: „Hey… ich bin Mia… Freut mich…“ Irgendwie kam ich mir dann doch etwas verloren vor, schließlich war ich es absolut nicht gewöhnt im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Doch das Gefühl legte sich schnell, als das Mädchen, neben dem ich nun stand, seine Hand hob, und an der meinen zog. Anzunehmen, dass es ein Signal war, um mich hinzusetzten. War ich damit schon in der Gruppe aufgenommen? Marcus hatte sich schon zuvor neben mich gesetzt.

Jetzt ergriff das Mädchen, das mich neben sich gezogen hatte, das Wort. Sie sah auf ihre ganz eigene Art und Weise ziemlich hübsch aus. Rot gefärbte, schulterlange Dreadlocks, eine sehr helle Haut, braune Augen und schmale Lippen mit einem Piercing darin. Sie trug ein schwarzes Tanktop, einen ausgefransten Jeansrock und darunter eine löchrige Strumpfhose. Ihre Füße steckten in schwarzen Chucks.

„Freut mich auch Mia, ich heiße Cora, das neben mir ist Emmi“, begann sie mir alle Leute nach einander vorzustellen. Emmi hatte schwarze schulterlange Haare, stark dunkel geschminkte Augen und die Augenfarbe blau, welche mich kühl und desinteressiert musterten. Ihre Kleidung bestand aus einem grauen löchrigen Pulli und ebenfalls mit Löchern versehenen Jeans.

„…Dann haben wir da noch Just… „- ein hagerer schwarzhaariger Junge, mit leichten Augenringen und blassem Gesicht, der eine Jeans und einen Kapuzenpulli trug- „… Mephisto…“- ein Schäferhund, der allerdings gerade zu schlafen schien – „… und Marcus, aber den kennst du ja bereits!“, damit war ihre Vorstellungsrunde beendet.

Ich nickte nur bei den Namen und versuchte jedem ein kurzes Lächeln zu schenken, doch vor allem Emmi und Just schienen nicht sonderlich darauf zu reagieren.

Emmi hatte ihren kühlen durchdringenden Blick von mir abgewandt und zupfte gerade ihren Pulli zurecht. Und Just starrte eigentlich die ganze Zeit schon auf den Boden und kraulte den Schäferhund hinterm Ohr.

Mir fiel es etwas schwer das genaue Alter der Leute um mich herum zu schätzen. Cora schien im selben Alter wie Marcus zu sein, bei ihm tippte ich aber nicht mehr auf die zu Anfang geschätzten 27 Jahre, sondern eher auf 20 – 22 Jahre. Ich hatte es immer als schwer empfunden als 17 – Jährige das richtige Alter von Älteren zu schätzen… Bei Just war es einfach: Er schien in meinem Alter zu sein. Und bei Emmi kam es mir fast vor, als wäre sie jünger als ich. Aber auch da konnte ich mich natürlich irren…

„Marcus hat erwähnt, dass du neu hier bist!“, bemerkte Cora nach einer Weile des Schweigens. Nicht schon wieder! Ging die Fragerei denn jetzt gleich von vorne los?! Ich machte mich schon darauf gefasst, wieder abzublocken, doch Cora für anstatt dessen in unverfänglichem Ton fort: „Dann kennst du ja jetzt schon mal ein paar Leute… Is nie schlecht in so ner großen Stadt, das kannste mir glauben…“ Ihr Blick schweifte zu dem Kasten Bier, der in der Mitte von dem kleinen Grüppchen stand, und den ich bis jetzt noch nicht bemerkt hatte. „Magste auch eins?“, fügte sie dann hinzu, und wandte den Blick wieder in meine Richtung.

Einen Moment zögerte ich noch, dann nickte ich aber. Genau wie bei Zigaretten hatte ich auch schon beim Alkohol festgestellt, dass dieser gut dabei half, etwas Unangenehmes zu verdrängen. Und da ich die Königin des Verdrängens werden wollte, war es nie schlecht, etwas nachzuhelfen…

Schon reichte Marcus mir eine Flasche, welche er mit seinem Feuerzeug geöffnet hatte. Dankend nahm ich diese entgegen. Auch Cora nahm ihre halb leere Flasche zur Hand.

„Leute, stoßen wir an….“, meinte die Rothaarige dann, wurde jedoch von Emmi unterbrochen, die in einem Ton, der zu ihren kalten Augen passte, meinte: „Und auf was bitte?“ Doch Cora ließ sich davon nicht beirren, sie schien Emmi’s Art – die mir zugegebenermaßen noch etwas Angst machte – gewohnt zu sein, und erwiderte deshalb: „Lassen wir Mia entscheiden, auf was wir anstoßen!“

Etwas überrumpelt blickte ich in die Runde. Alle Köpfe hatten sich gehoben, sogar dieser Just blickte nun in meine Richtung. Das erste Mal in meinem Leben kam ich mir nicht als Außenseiter vor. Ich schien diese mir noch Fremden anscheinend mein ganzes Leben lang gesucht zu haben, diese Leute, die mir ähnlich zu sein schienen, und jetzt hatte ich sie wohl endlich gefunden… Und dann sagte ich, was mir als aller Erstes in den Sinn kam: „Na dann… auf die Freiheit!“

Zunächst erntete ich für meine Aussage irritierte Blicke, doch dann huschte ein Lächeln über Cora’s schmale Lippen, und sie wiederholte: „Auf die Freiheit…“

Mit einem lauten Krachen stießen die fünf Bierflaschen aneinander, und wir tranken gemeinsam auf die Freiheit, egal, was sie für den Einzelnen bedeutete.



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