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Wider Willen und Plan

Pokémon-Geschichte mit eigenen Charakteren.
von

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Liekki

„Mikko!?“, allmählich machte Irja sich doch etwas Sorgen um den anderen Trainer. Anfänger waren ja schon mal was entscheidungsschwach, aber gleich zur Salzsäure zu erstarren nur weil man zum ersten Mal ein Pokémon gerufen hat, war nun echt etwas übertrieben. „Mikko, befiehl ihm eine Attacke!“, rief sie erneut, aber er starrte einfach nur sein Pokémon an, ohne auch nur den Ansatz zu machen, den Kampf zu bestreiten. Und ja, Flemmli sah seltsam aus, gelb wo es hätte orange sein sollen und umgekehrt, aber das kam eben schon mal vor. „Verdammt.“, fluchte sie und warf ihren eigenen Pokéball. „Los, Irrlicht!“

Sicher, Irjas Starter war Moorabbel, aber kurz bevor sie nach Wurzelheim zurück gekehrt war hatte sie ein Zwirrlicht gefangen und ihm den Spitznamen 'Irrlicht' gegeben; hier in der Gegend gab es keine allzu starken wilden Pokémon, das war eine gute Gelegenheit, ihren neuen Fang zu testen.

Das Zigzachs wich vor diesem neuen Gegner zurück, aber das ältere Geradachs war von dem kleinen Geist wenig eingeschüchtert. Es fauchte und sprang auf Zwirrlicht zu, anscheinend versuchte es eine Kratzer-Attacke. Irja grinste selbstbewusst und tatsächlich: das angreifende Pokémon fiel geradezu durch Zwirrlicht hindurch und stolperte unsicher zurück auf die Pfoten.

„So leicht sind Geister nicht zu besiegen!“, verkündete sie, „Irrlich, setz Nachtnebel ein!“

„Zwirrrrr!“, erklang eine hohle Stimme, die Irja einen angenehm vertrauten Schauer über den Rücken laufen ließ, und ein dunkler, violett schimmernder Nebel hüllte Geradachs ein und entlockte ihm ein erschrockenes Winseln.

Irja stieß Mikko gegen die Schulter. „Wachst du jetzt mal auf? Du hast da ein Feuer-Pokémon, da wird dir ja wohl was zu einfallen!“

„Flemm...?“, ließ sich Flemmlis Zirpen unsicher vernehmen, als es sich nach seinem Trainer umsah.

Mikko sah sein Pokémon unsicher an. „Flemmli...“, flüsterte er.

Geradachs erholte sich inzwischen von der Geist-Attacke. Unwillig schüttelte es den Kopf und sträubte das Fell.

„Mikko... jetzt, oder–“, beschwor Irja ihn und plötzlich schien es klick gemacht zu haben.

„Flemmli, Glut!“, rief Mikko und sein Pokémon ließ einen aufgeregten Kampfschrei erklingen – der ob seiner Größe und Stimmlage allerdings eher niedlich als bedrohlich wirkte – und führte die befohlene Attacke aus, gerade als Geradachs zu einem neuen Angriff ansetzte. Das kleine Feuer war ein Volltreffer und ließ das wilde Pokémon zurück weichen.

„Geht doch!“, jubelte Irja, „Endlich aufgewacht?“

Aber Mikko schenkte ihr keine Aufmerksamkeit. „Setz nach mit Kratzer!“, befahl er und das gelbe Flemmli zögerte nicht, dem nachzukommen. Geradachs wich nur knapp aus und schien für einen Augenblick erneut angreifen wollen, doch dann warf es sich herum und floh zurück in die Büsche, gefolgt von dem kleinen Zigzachs.

Irja war etwas enttäuscht von Mikkos Reaktion; man sollte doch meinen, dass ihn sein erster bestandener Kampf etwas mehr freute, stattdessen entfuhr ihm nur ein erleichterter Seufzer. Er hockte sich hin und sein Flemmli hüpfte ihm fröhlich zwitschernd entgegen. Zumindest einer der beiden brachte den nötigen Enthusiasmus mit.

Er hob das Pokémon in einer Hand hoch.

„Es ist schon was klein, nicht?“, merkte Irja nachdenklich an.

Mikko zupfte an einer der längeren Kopffedern des Pokémons. „Das macht mir weniger Sorgen als die Farbe.“, überlegte er, „Es ist gelb wie ein Kanarienvogel!“

Diese Bemerkung quittierte Flemmli mit einem Ascheklumpen, den es seinem Trainer ins Gesicht spuckte, woraufhin Mikko nur noch husten konnte.

Irja lachte während sie ihr Pokémon zurück rief. „Ich an deiner Stelle würde aufpassen, was ich sage.“, warnte sie ihn, „Dein Flemmli hat Temperament.“

Flemmlis Zirpen war fraglos als kichern zu interpretieren. „Großartig, genau das was ich brauche: ein eigensinniges Pokémon, das nur Flausen im Kopf hat und macht, was es will.“, brummte er.

Irja verschränkte die Arme vor der Brust. „Ist vielleicht ganz gut so; wenn du dich weiter so anstellst wie gerade, muss dein Pokémon ja für dich mitdenken.“

Das schien Mikko nachdenklich zu stimmen. Mit der freien Hand begann er, sich die Asche aus dem Gesicht zu wischen, auch wenn sich das schwarze Zeug als hartnäckig erwies. „Okay, kleines Kerlchen, wenn du Asche und Flammen so gern magst, nenne ich dich Liekki. Verstanden? Liekki.“, er sah zu Irja hinüber, der die Frage ins Gesicht geschrieben stand. „Das heißt 'Flamme'.“
 

Der Weg von Wurzelheim nach Rosaltstadt war ebenso kurz wie eintönig. Irja hetzte Mikko und Liekki noch auf das eine oder andere Zigzachs und nachdem das kleine Pokémon mehrfach seine Treffergenauigkeit unter Beweis gestellt hatte waren beide Trainer zufrieden und Mikko rußverschmiert.

„Hättest du halt mal bewusst zum Wasser-Pokémon gegriffen, da hättest du solche Probleme nicht.“, predigte Irja nicht zum ersten mal, als sie die kleine Stadt betraten, die zwar etwas größer als Wurzelheim war, aber in etwa genauso verschlafen.

„Und dafür wäre ich dann permanent klitschnass. Und mit einem Pflanzen-Pokémon hingen mir ständig Pollen und Sporen in den Haaren.“, gab Mikko zurück während er nach dem Pokémon-Center Ausschau hielt. Liekki hatte noch lange nicht die Ausdauer von Irjas Irrlicht und konnte etwas Ruhe gut gebrauchen.

Irja verdrehte die Augen. „Du hast auch an jedem Pokémon was auszusetzen.“, entgegnete sie und bog zielsicher die Straße zum Pokémon-Supermarkt ein. „Und bevor wir ins Center gehen, kaufst du dir erst mal ein paar Pokébälle und eventuell ein, zwei Tränke und etwas Gegengift ist immer gut dabei zu haben–“
 

Mikko war rechtschaffen müde, als er endlich im Pokémon-Center ankam – Irja hatte Verwandte in der Stadt, bei denen sie übernachtete – und sich, nachdem er Liekki bei Schwester Joy abgegeben hatte, auf eine der einladend aussehenden Bänke sinken ließ. Er musste sich dringend was in Sachen Transportmöglichkeiten überlegen, so lief man sich ja die Füße ab.

Ohne rechtes Interesse sah er zu dem Fernseher auf, der als Unterhaltung für die Trainer in der Sitzecke stand. Es schien eine Art Reportage zu laufen; gezeigt wurden ein Zirkuszelt und Pokémon, die mit Artisten zusammen auftraten. Dazu lief ein Interview, wobei die Sprecher nicht im Bild waren.

„...nein, das Training für Kämpfe, also aktive Arena-Kämpfe, habe ich aufgegeben. Neben den Auftritten ist dazu gar keine Zeit mehr.“, erklang eine junge Männerstimme.

„Das wird deine Fans aber doch sicher enttäuschen?“, hakte die Reporterin nach, „Immerhin bist du ein Titelträger, Vize-Meister.“

Die Stimme des Mannes klang amüsiert. „Wer mich und meine Pokémon sehen will, braucht nur zu unseren Vorstellungen kommen.“, erklärte er, „Wir zeigen diese Saison unter anderem den Feuersturm, eine klassische Gallopa-Nummer...“

Das Bild schwenkte hinüber zu einer Frau mit Mikrofon, neben ihr stand ein junger Mann mit einem Gallopa, das nervös den Kopf herum warf, als die Kamera ihm etwas zu nah kam. Sein Trainer, dessen rechte Gesichtshälfte hinter einer weißen Clownsmaske versteckt war, griff rasch nach dem Halfter, um es zu beruhigen.

„Welche Städte werdet ihr demnächst besuchen?“, fragte die Reporterin nun, darauf achtend dem unruhigen Pokémon nicht zu nahe zu kommen.

„Ah...“, überlegte der Trainer kurz und fuhr sich mit der freien Hand durch das helle blonde Haar, das wie bei einem richtigen Clown in alle Richtungen abstand. „Wir touren die Winter- und Frühlingssaison über durch Hoenn; jetzt sind wir erst mal in Malvenfroh, dann geht es weiter nach Blütenburg und Metarost, anschließend nach Laubwechselfeld und Bad Lavastadt, und das große Finale ist dann in Seegrasulb.“

„Vielen Dank für die Information!“, die Reporterin wandte sich wieder der Kamera zu, „Verpasst also nicht, wenn der Gala Pokémon-Zirkus in eure Nähe kommt – zurück ins Studio!“

Mikko gähnte. In ein paar Minuten konnte er Liekki abholen, und dann stand vor allem Schlafen auf seinem Programm. Aber gute Pläne hatten bei ihm in letzter Zeit die Angewohnheit, sich nur in gegenteiliger Form umsetzen zu lassen. Naja. Man gewöhnte sich an alles.
 

In Malvenfroh City ging derweil eben jener Artist, den Mikko nur Minuten zuvor im Interview gesehen hatte, ein letztes Mal den Ablauf seiner Show durch. Der Abschluss der Nummer gefiel ihm am besten; er liebte den schnellen Galopp, den unmöglich weit wirkenden Sprung seines Pokémons und den Salto rückwärts, der in der letzten Verbeugung vor dem Publikum endete.

Jetzt in diesem Moment war er selbst allerdings der einzige Zuschauer. Lobend strich er Gallopa über den Rücken, was das Pokémon mit einem Schnauben quittierte. Er hätte gleich im Zirkus bleiben sollen, dachte er nicht zum ersten mal in der letzten Zeit, das hätte ihm einiges erspart.

Aber wie immer bereute er den Gedanken beinahe sofort. Hätte er sich nicht mit seinen Eltern zerstritten und den Zirkus verlassen, und wäre er kein Trainer geworden, dann hätte er auch auf viele gute Erfahrungen verzichten müssen. Und auch wenn Eljas jetzt tot war, Tuomo wollte die Erinnerung an ihn nicht missen.



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