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Ich bereue nichts

Nicht einen Augenblick
von

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01 - Fay

„Verdammt! Lauf! Lauf!“
 

Ich halte deine Hand, so lange wie ich kann
 

Ich renne auf ihn zu, so schnell ich kann, so schnell mich meine Beine tragen. Mein Auge ist aufgerissen vor Schreck, ich spüre den Angstschweiß auf meiner Haut. Er läuft an mir herunter, hält meine Klamotten fest, als hätte er Angst, dass sie wegflögen, wenn ich zu schnell liefe. Doch ich muss! Hektisch reiße ich die Beine nach einander immer wieder nach vorn und stoße mich kräftig vom Boden ab. Ob meine Kraft zum Fliegen reicht?

Noch 22 Sekunden.

Durch die abgelatschten Sohlen meiner Schuhe kann ich die einzelnen Schrauben spüren, mit denen die Metallplatten, die den Boden des Ganges bilden, zusammen gehalten werden. Der Gang ist rund, er hat keinen geraden Boden und egal, wohin ich sehe, alles sieht gleich aus. Die Wände zu meinen Seiten verschwimmen durch meine Schnelligkeit. Aus den Augenwinkeln sehe ich nur noch eine glatte, glänzende Graufläche, die an mir vorbeischlittert. Hinter mir höre ich nichts. Keinen Pieps, keinen kleinsten Ton. Da ist nichts. Hatte ich zumindest erst gedacht. Ich spüre, wie mir Tränen in mein Auge steigen und ich blinzele hektisch. Ich brauche doch die freie Sicht! Doch mein Körper meint es nicht gut mit mir…
 

Und tret' die letzte Runde an.
 

Ich spüre, wie mein Herz in meiner Brust schlägt. Es schlägt scheinbar mit jedem Schritt heftiger, pumpt immer mehr Blut, immer mehr Adrenalin. Mit jedem heftigen Schlag scheint es ein Stück zu wachsen und meine Lunge zu erdrücken, sie ein zu quetschen, bis sie panisch zu pochen beginnt und mir die Sauerstoffzufuhr abschnürt. Ich atme immer tiefer, versuche, irgendwie Luft zu kriegen. Doch diese Gänge scheinen vollkommen luftleer zu sein. Ein Vakuum, in dem ich mich bewege und Stück für Stück, Atemzug für Atemzug, das letzte bisschen Kohlenstoff noch filtre, bis ich nichts mehr finde. Bis ich ersticke.

21 Sekunden.

Meine Umgebung verschwimmt. Auch, wenn es hier nicht viel gibt, was verschwimmen könnte, außer Schrauben und Metallplatten. Und dem Bild vor mir. Dort steht er. Ich schreie ihm zu, doch er hört mich scheinbar nicht. Ich sehe, wie er mit einem anderen Mann ringt. Wie der Fremde die Hände an seine Kehle drückt. Das darf nicht sein! Ich reiße mich zusammen und lege einen Zahn zu. Mein Herz droht, meinen Brustkorb zu sprengen. Ich spüre, wie es gegen meine Rippen hämmert ohne Unterlass.
 

Wir habens beide gewusst und doch verdrängt bis zum Schluss,
 

20 Sekunden.

Ich sehe verschwimmend, wie er die Arme hebt, wie er sich wehrt.

Ja! Das ist gut! Wehr dich, mach weiter! Du schaffst es! Wir schaffen es!

„Kuro-chan!“

Er hebt den Kopf, er schaut sich um. Er sucht mich. Er wirft den Gegner von sich, dreht sich ein Stück. Ich komme ihm immer näher, ich treibe meinen Körper an, nicht auf zu geben. Mein Geist kämpft gegen meinen Willen und gegen IHN. Wüssten mein Wille und ich es nicht besser, würde ich wohl sagen, ich bin zu alt für so was. Diese ganze Zeit, diese ganze verdammte wunderschöne Zeit hat mein Körper mitgespielt. Er hat mitgemacht und wenn er nicht mehr konnte, dann war ER da. An meiner Seite, um mich zu stützen. Denn auch, wenn ich ihm nie gesagt habe, dass es so ist, er hat es immer gespürt. Er spürte, wie ich immer schwächer wurde, auch, wenn ich nie so aussah. Und er war da. Er kam zu mir, er blieb bei mir. Er gab mir etwas von sich. Er schenkte mir etwas Zerbrechliches, wichtiges. Es ist teuer, es ist unbezahlbar! Und ich will es beschützen!

Er entdeckt mich.

Auch, wenn ich nicht mehr kann, am Ende meiner Kräfte bin, ich renne weiter auf ihn zu. Mein Körper verliert jegliches Gefühl. Ich kann nicht mehr langsamer werden, also bremse ich stümperhaft und unelegant, renne genau in seine Arme. Denn er steht da und fängt mich auf, während ich falle.
 

Dass man die Zeit nicht besiegen kann.
 

Unsere Körper prallen aneinander, seine Arme schnellen hervor und schlingen sich um meinen Körper.

19 Sekunden.

Meine Hände greifen nach ihm, krallen sich in sein Shirt. Ich reiße den Kopf hoch und ich sehe in sein Gesicht, in seine Augen. Diese roten Augen, die so viele Menschen verabscheuen. Ich scheine der einzige auf dieser Welt zu sein, der sie liebt. Und sie brechen mir beinah das Herz, so, wie sie mich grade anschauen. So besorgt und ängstlich. Sie zeigen seine Seele und auch, wenn er äußerlich stärker als ich ist, so wirkt sein Inneres durch diesen Blick nur noch viel fragiler.

„Du musst laufen!“

keuche ich,

„Lauf!“

Er packt meine Schultern und hält mich fest. Er hält mich auf dem Boden, dort, wo ich als Mensch auch hin gehöre. Denn ich bin ein Mensch. Ja, das hat er mir beigebracht. Auch, wenn mir ein Auge fehlt und mein Körper mit Technik versetzt ist. Auch, wenn meine Seele kaputt und meine Persönlichkeit gespalten. Ich bin ein Mensch. Er sieht mich als einen Menschen. Und er liebt mich als einen Menschen.

„Was ist los, was hast du?“

„Eine Bombe! Sie haben eine Bombe gezündet! Du musst raus hier!“

Ich sehe jung aus. Aber ich bin nicht mehr jung. Er hat mich wieder jung gemacht und jung gehalten. Bis jetzt. Jetzt holt mich alles wieder ein und ich werde müde. Doch er kann es noch schaffen.

„Nicht ohne dich!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  BabyTunNinjaDrac
2009-09-30T20:31:14+00:00 30.09.2009 22:31
Huhu! :D
Also... das ist auf jeden Fall mal ein interessantes erstes Kapitel und verspricht definitiv mehr! Mir gefällt es sehr gut, wie du so aprupt in die Geschichte eingeleitet hast - damit war man am Anfang ein bisschen verwirrt, was aber gut zum restlichen Verlauf des Kapitels gepasst hat. Auch die Darstellung von Fais Gefühlen (sehr viele coole und interessante Vergleiche!) sind gelungen, besonders gefällt mir hierbei, dass du vordergründig vor allem Fais Gefühle bzw. die Umgebung beschrieben hast, doch aber immer wieder Dinge über die Person eingestreut waren - so zum Beispiel das mit der "Technik".
Etwas verwirrend waren die zeitweisen Tempuswechsel, aber sonst ist das Kapitel wirklich gelungen! :D


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