Zum Inhalt der Seite

Connect. Safety off. Engage.

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Lift off.

"Shin! - Spring!"
 

Ja, wie denn? Ich habe mein ganzes Leben lang kein einziges Mal ernsthaft Sport gemacht und verdanke es nur meiner Vergesslichkeit im Bezug auf Nahrungsversorgung, dass meine Figur einigermaßen schlank oder in diesem halbgaren Bohnenstangen-oder-Spargel-Zustand geblieben ist. Der abenteuerliche Sprint, den ich hinlegte, um auf gleicher Höhe mit dem startenden Gleiter zu bleiben, musste doch fürs erste reichen. Und dann soll ich mit einem Mal mitten im Lauf einen Satz von mehr als einem Meter nach oben machen? Noch dazu, um mich mit nicht-vohandenen Muskeln an etwas festzuhalten?
 

"Shin!"
 

Lautes Gebrüll von hinten, wenn ich über die Schulter blickte, konnte ich die bulligen Sicherheitsleute der Werft bedrohlich näher kommen sehen, die so aussahen als würden sie jeden Morgen ein Lauftraining absolvieren und danach Haferschleim in astronomischen Tonnen in sich hinein kippen - deshalb waren sie vermutlich auch so grimmig und schlecht gelaunt. Sie trugen recht futuristisch anmutende Strahlerwaffen (warum, frage ich mich, warum müssen diese Teile immer so nach altem und noch dazu schlechtem Science-Fictionfilm aussehen? War das irgeneine Funktion, die die "kleinen" muskelbepackten Jungs ansprach, die damit spielen durften? Oder erfüllte sich hier regelmäßig ein desillusionierter Designer seinen Kindheitstraum?) Wie auch immer. Ich rannte weiter.
 

"SPRING!!!"
 

Ein Strahlersschuss zischt nur wenige Zentimeter an meinem linken Ohr vorbei und reicht, um jegliche pessimistische Gedanken diesbezüglich zu vertreiben - bis auf einen: Wenn mich so ein Ding trifft, dann ist alles aus. Dann bist du entweder sofort tot oder sitzt die nächsten Jahrzehnte in einer kleinen ungemütlichen Zelle mit einer hässlichen Strahlernarbe irgendwo, wo's ästhetisch nicht gut kommt - nicht, dass mich der letzte Punkt besonders gekratzt hätte. Diesmal zögere ich nicht, der unausgesprochenen Aufforderung sofort nachzukommen, Sev streckt mir seine Hand hin, ich greife zu. Er schwitzt und ich muss meine ohnehin kurzen Fingernägel in seine Hand verkrallen. Verdammt, Sev macht ein Gesicht, als ob er mich lieber im letzten Augenblick doch wieder fallen lassen würde, aber er hält mich fest. Macht er das?

Ich versuche vergeblich, einen Fuß auf die untere Metallkufe des Gleiters zu bekommen, baumle gefühlte Minuten lang über dem Boden, der sich weiter und weiter entfernt, als unser Gefährt mit der Eleganz einer startenden Ente abhebt. Irgendwie gelingt es mir dann doch, einen Fuß auf irgendetwas zu stellen, dass bereits beim Hinsehen bedrohlich zu knirschen scheint und Sev zieht mich mit vor Anstrengung verzerrtem Gesicht hoch, ins Innere des kleinen Raumschiffs.

Hinter mir schließt sich das Schott mit einem leisen Zischen. Die nächsten Strahleraufschläge verzischen wirkungslos auf der stark Energie ableitenden Außenhülle und hinterlassen ein paar unschöne Flecken.
 

Tan grinst mich vom Pilotensitz breit über ihre Schulter hinweg an und hat die linke Hand zum Victory-Zeichen geballt, ihre Fliegerbrille hat sie nach hinten über ihre kurzen schwarzen Haare gestreift und ein Rest von einem der kurzgeschlossenen Starterkabel klemmt noch immer zwischen ihren Zähnen und verleiht ihr ein noch verwegeneres Aussehen, als ich es gewohnt bin. Bevor sie mit einem leichten Stirnrunzeln auf die Schiffssensoren blickt - und den Hebel für die Schubkraft voll umlegt.
 

"Festhalten - aaaaaaaaaaaaaaand lift off!", brüllt sie uns über den Lärm der aufheulenden Maschinen zu - sie überschätzt mein und Sevs Reaktionsvermögen wieder einmal grandios. Hinter mir höre ich ein Poltern und metallisches Scheppern, Sev fluchen und wundere mich noch, woher er den Atem dazu hat, als mir der Aufprall auf dem Deck schon die ganze Luft aus den Lungen presst.

Als ich mich einen Augenblick später wieder irgendwie und hustend vom Boden lösen konnte, sind wir auch schon zwei Kilometer über der Oberfläche des Planeten. Sagt jedenfalls der Höhenmesser.

Ich muss hart schlucken und beschließe sofort nicht aus dem Fenster zu sehen, bevor wir die Atmosphäre oder die Luft wieder verlassen haben. (Haben Sie das schon einmal gehört? Eine Raumschiffingenieurin ohne Diplom der Raumfahrerakademie, dafür aber mit Höhenangst? Ist mir genauso peinlich, wie es klingt, aber hey, vielleicht hat es manchmal auch sein Gutes. Wobei mir dazu spontan nichts einfiele.)
 

"Das war knapp", bemerkte Sev irgendwo von hinten. Seine Stimme klingt hohl, als käme sie aus dem Inneren irgendeines Metallbehälters.
 

"Ach was, das war leicht", kommt es von Tan, die es sich bequem gemacht hat und den Gleiter auf Höchstgeschwindigkeit einmal rund um den Planeten jagt, zu dem Ort, an dem wir uns fürs Erste verstecken wollen. "Ich verstehe gar nicht, was die haben. Immerhin war dieser Gleiter hier nicht mal das neuste Modell", fährt sie fort und schiebt sich einen Kaugummi (einen von der im Dunkeln rot leuchtenden Sorte mit Kirsche&Chili-Geschmack und einem Hauch Minze - ja, das weiß ich noch, weil ich nach meinem ersten von der Sorte mindestens drei Minuten lang röchelnd am nächsten Wasserspender hing) in den Mund. Nachdem ich ihr am Abend zuvor haarklein auseinandergesetzt habe, dass und vor allem, warum ich nicht will, dass in unserem Raumschiff geraucht wird, sucht sie Kompensation in den skurrilsten Ersatzdrogen.
 

"Aber es war eben ihr Schiff", mische ich mich mit einem schwachen Argument ein und weiß, wie becheuert das klingen muss. Immerhin war es ich, die einen Großteil der taktischen Pläne zum Einbruch und anschließenen Kapern ausgearbeitet hat und auch diejenige, die ihre gesamte elektronische "Spielzeugsammlung" zur Verfügung gestellt hat. Aber irgendwie ... fühle ich mich nicht ganz wohl in meiner Haut. Vielleicht weil ich sie gerade vor Strahlerbeschuss retten musste.
 

"Mensch Shinnen, werd' doch nicht immer so verdammt moralisch", kommt es gelassen kauend von Tan, die die Sensoren nach möglichen Verfolgern checkt. Aber niente, nada. Die selbstgebastelte Tarnvorrichtung funktioniert. Noch. - Aber das macht mich sowas von stolz.
 

Von hinten kommt ein Scheppern und Sev wankt in die Steuerzentrale - "Was für ein Panorama!", ist seine Meinung zum wahrscheinlich sehr grandiosen, leider schwindelerregenden Ausblick und "Habt ihr eigentlich schon den Replikator getestet? Ich habe nämlich einen Bärenhunger", ist das letzte, dass ich in jener Stunde von ihm höre, bevor er auf der Suche nach etwas Essbaren im hinteren Teil des Schiffs verschwindet.
 

Wir haben die optimale Flughöhe erreicht. Tan stellt auf Autopilot um und wendet sich in ihrem Sessel mir zu. Schweigen breitet sich zwischen uns aus wie eine warme, schwere Decke aus Staub. Sie lächelt mir zu und ich lächle zurück und einen Augenblick lang kann ich im Fenster hinter ihr die Sterne sehen, kenne jeden davon beim Namen, kann sagen welche Masse er hat, wie lange er noch brennen wird und so weiter. Und trotzdem macht mich das melancholisch, irgendwie. - So nah und doch so fern.

Als ich dann aber Tan ansehe, die ihre Arm um mich geschlungen hat, weiß ich mit einem Mal, dass es gut war.
 


 

Dabei hätte ich noch vor ein paar Monaten noch keinen Gedanken daran verschwendet, überhaupt, und nie jemals - ein Raumschiff zu stehlen. Warum ich es trotzdem getan habe?

Oder warum ich mich mit einer außerirdischen, schießwütigen, verrückten Irren zusammenzuschließe, die zufällig einen Pilotenschein hat und meistens mit einem seltsamen, halbsynthetischen Typen rumhängt, der eine Vorliebe für geschmacklich mehr als fragwürdige Kleidung hat?

Oder warum Killersticks und Limettendrinks manchmal der Beginn von irrwitzigen Abenteuern sind, warum Frösche mitunter ungenießbar sein können und warum man kein Raumschiff fliegen sollte, ohne eine Kuscheldecke mitzunehmen?
 

Ihr wollt es wissen?
 

Nun.

Dann lest weiter.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Shay
2010-05-25T17:40:17+00:00 25.05.2010 19:40
Okay, wo sind die nächsten seiten??^^
Ich will weiterlesen, also jetzt bitte bloß nicht aufhören!
XD
Von:  zombiepanda
2009-10-15T16:17:19+00:00 15.10.2009 18:17
Dass du zwischen den Zeiten herumspringst, ist mir im ersten Moment gar nicht wirklich aufgefallen, was insofern gut ist, weil das bedeutet, dass es den Lesefluss nicht stört. Wobei das jetzt meine bescheidene, subjektive Meinung ist.
Ich mag deinen Erzählstil und wie du immer wieder skurrile Gags einfließen lässt. Ich hab das ganze Kapitel über mindestens gelächelt. ^^
Ich hoffe, neue Kapitel sind in Arbeit.
Von:  _Yang
2009-09-23T18:13:20+00:00 23.09.2009 20:13
Zu bemängeln wäre, dass du dauernd zwischen Präsens und Imperfekt hin und her springst. Fällt beim Lesen irgendwann auf.
Ansonsten lass mich raten - das Shojo-Ai bezieht sich auf Shin und Tan? ;)

In der Ich-Perspektive entwickelst du einen anderen Stil, ist interessant. Sofern mich dein Kitsch-O-Meter nicht vorwarnt, bin ich gespannt auf die Fortsetzung.


Zurück