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Wolfsliebe

von

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Prolog

Diese Geschichte ist zwar in sich geschlossen und die wichtigsten Punkte werden an den richtigen Stellen noch einmal in Erinnerung gerufen. Doch um die Beziehung zwischen dem Werwolf und dem Vampirmädchen zu verstehen, wäre es besser den Vorgänger gelesen zu haben (hey, es sind nur acht winzige Kapitel, also los Leute ^^).

Die Geschichte ist Angels_Should_Die gewidmet, die mir beim ersten Teil so ein liebes Review hinterlassen haben. Und wenn du die Einzige bist, die es liest: egal, hier ist die Fortsetzung ;)
 

Prolog
 

„Aufstehen!“, schrie das Morgenmonster – von anderen Leuten auch liebevoll Nikolai oder Niko genannt – und sprang mit Elan auf meinem Bett herum, dass die Matratze nur so bebte. Unwillig knurrte ich auf. Konnte man in diesem Irrenhaus nicht mal einen Morgen ausschlafen?

Vor allem, da ich so einen angenehmen Traum gehabt hatte. Bei der Erinnerung an die braunen Augen, die schwarzen kurzen Haare und das belustigte Grinsen von dem Mädchen, wurde mir warm ums Herz. Manchmal spukte Sina noch in meinen Träumen umher und aus unerfindlichen Gründen war ich dann entweder gut gelaunt oder leicht reizbar, das kam immer auf mein derzeitiges Allgemeinbefinden an. Heute war ein guter Tag, dass merkte ich schon jetzt, trotz dieser unmöglichen Weckmethode von dem achtjährigen Rabauken, der immer noch mein Bett mit einem Trampolin verwechselte.

Nikolai war der Sohn von Alexei, dem Rudelführer, und seiner Frau Rosalynn und hatte, als einziges Kind im Rudel, so etwas wie Welpenschutz. Im Grunde genommen war der Junge etwas besonderes, da er der einzige Wolf unseres Rudels war, der auch als solcher geboren und nicht erst durch einen Biss zu einem von unserer Rasse wurde.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er dadurch besser mit dem Einfluss des Mondes auf die Wolfspsyche zu Recht kam und eigentlich den ganzen Mondzyklus ausgeglichen war, während wir anderen zu Vollmond leichter aneinander gerieten. Doch als das hyperaktive Kind anfing nach Kitzelstellen an meinem Oberkörper zu suchen, gab ich den Versuch auf ihn zu ignorieren und träge meinen Gedanken nachzuhängen.
 

Mit einem lauten Grollen setzte ich mich auf und griff nach dem Jungen, der nicht schnell genug entkommen konnte. Nun war ich dran und während ich ihn unerbittlich, aber gleichzeitig vorsichtig, mit dem rechten Arm festhielt, bewegte ich nur leicht meinen linken Zeigefinger in der Halskuhle von Nikolai.

Mit so wenig Aufwand schaffte ich es, dass der Junge in fast hysterisches Lachen ausbrach und ich hörte erst auf das, sich wild windende, Kind zu kitzeln, als ich Angst hatte, es würde mir vor lauter Gelächter ersticken.

„Ich hoffe dir war das eine Lehre!“, knurrte ich und stand auf, der Junge lag schwer atmend und immer wieder in Kichern ausbrechend auf meinem Bett. Sobald ich Niko den Rücken zugedreht hatte, um mir Kleidung aus dem Schrank zu holen, grinste ich breit. Niko würde schon wissen, dass ich nicht wirklich böse war, dann hörte sich das anders an.

Außerdem war der Kleine auch völlig angstfrei, was seine Mutter regelmäßig an den Rand eines Nervenzusammenbruchs brachte und mich schmerzlich an Sina erinnerte. Abwesend strich ich über das schmutziggelbe Band, das wie immer um meinen Hals hing und das goldene Medaillon meiner Mutter auf Brusthöhe hielt.
 

„Mum sagt, dass ich dich holen soll, wenn du vor der Arbeit noch etwas zum Frühstück willst.“, erklärte Niko vom Bett aus und als ich mich umdrehte, musterte er mich mit einem durchdringenden Blick. Wie lange, zum Teufel, hatte ich gerade vor mich hingeträumt? Ich schenkte dem Jungen ein schiefes Lächeln und schickte ihn mit dem Befehl mir etwas Eier und Speck zu sichern runter, denn genau dieser Duft wanderte mit dem Geruch nach frischem Kaffee die Treppe hinauf und durch meine offene Zimmertür.

Schnell zog ich mich an und war froh, dass endlich der Sommer eingezogen war, denn nun durften die Pullover im Schrank bleiben. Außerdem konnte man bei diesem Wetter gut draußen übernachten und ich überlegte, ob ich mich mal wieder für ein paar Tage vom Rudel abseilen und durch den nächsten Wald streifen sollte.

In Gedanken stieg ich die Stufen des großen Hauses hinunter, um, immer der Nase nach, in die Küche zu kommen. Trotz der sieben Personen, die hier wohnten, war immer noch genügend Platz, um sich aus dem Weg zu gehen, auch wenn das Haus keine Villa war. Doch mit den zwei Stockwerken und dem ausgebauten Dachboden des alten Bauernhofes hatte unser Rudel nicht nur genügend Platz, sondern auch mit der Lage am Stadtrand einen ziemlich ruhigen Wohnort.
 

Am Esstisch saßen Ulrich und Samuel, während Rosalynn, als unser einziger weiblicher Wolf im Rudel, am Herd stand und Speck mit Eiern zubereitete. Niko war schon wieder verschwunden, vielleicht suchte er seinen Vater, vielleicht weckte er mit seiner liebevollen Methode gerade Michael, den Ältesten in unserem Rudel.

Ich ließ mich nach einem kurzen Gruß in die Runde neben Samuel auf einen Stuhl fallen, der mir zwischen zwei Bissen den Brotkorb zuschob. Samuel war ein richtiger Riese, blond, blauäugig und von meiner neuen Familie mein engster Vertrauter. An manchen Tagen kam ich mir wie sein jüngerer Bruder vor, unternahmen wir doch häufig etwas zusammen, wobei Sam immer den Drang hatte mich aus allen gefährlichen Situationen heraus zu halten.

Manchmal ging mir sein Getue auf die Nerven, war ich doch jetzt schon dreizehn Jahre ein Werwolf und langsam alt genug selbst auf mich aufzupassen, auch wenn ich immer noch wie sechsundzwanzig aussah. Doch so sehr ich mich auch beschwerte, es tat gut so einen Freund zu haben.
 

„Guten Morgen Faulpelz.“, grüßte Ulrich wieder überaus freundlich. Ich ignorierte seine Provokation, denn ich hatte Hunger und war nicht in der Laune mich jetzt mit ihm zu streiten – vielleicht nach dem Frühstück.

Mit Ulrich kam ich am wenigsten von unserem Rudel aus, was sich in gelegentlichen, kleineren Prügeleien zeigte und dass wir uns an manchen Tagen aus dem Weg gingen. Wir waren uns einfach zu ähnlich und das nicht nur im Aussehen. Wir hatten beide ein sehr hitzköpfiges Temperament, waren noch nicht so lange Werwölfe und – ich gab es nur ungern zu – hatten beide die Angewohnheit alle Probleme eher mit den Fäusten als dem Kopf zu lösen. Trotzdem waren wir ein Rudel und würden im Ernstfall zusammenhalten.

„Hier, lass es dir schmecken.“, erklärte Rosalynn und lächelte mich an, während sie einen großen Teller mit Eier und Speck vor mich stellte. Der Duft war verführerisch und mein Magen war wohl der gleichen Meinung, denn das Hungergefühl wurde noch stärker. Ich schüttete mir eine Tasse schwarzen Kaffee ein und begann dann zu Essen.

„Wo ist Michael. Niko sollte ihn eigentlich auch wecken.“, meinte unsere Alphawölfin und sah mich dabei fragend an. Bevor ich Brot und Ei herunterschlucken konnte um zu antworten, hörten wir von oben ein lautes Poltern, was von kräftigem Geschimpfe gefolgt war. Automatisch waren unsere Blicke zur Decke gewandert, als wir Michael entgegen seiner eher besonnen Art in sehr kreativer Form fluchen hörten.

„Hört sich an, als wäre unser Bücherwurm aus dem Bett gefallen.“, meinte Samuel belustigt und mit einem gutmütigen Grinsen, dass fast sein Gesicht in zwei Hälften teilte. Ich konnte nicht anders als ebenfalls zu lächeln, denn ich konnte mir dank meiner eben erst gemachten Erfahrungen ziemlich genau vorstellen, was dort ein Stockwerk über uns passiert war.

„Kauft dem Wölfchen ein Trampolin, dann muss er nicht unsere Betten zum Hüpfen missbrauchen.“, knurrte ich in Rosalynns Richtung und versteckte mein Lächeln hinter meiner Kaffeetasse. Eigentlich war das unnütz, kannte mein Rudel mich doch nach zwei Jahren gut genug.

Aber ich gab immer noch nicht gerne etwas über meine Gefühle preis und war nach außen hin gerne mürrisch und emotionslos. Wieso ich immer noch den Drang hatte, den harten Kerl heraushängen zu lassen, wusste ich selbst nicht. Wieso vertraute ich diesem Rudel nicht vorbehaltlos, so wie sie es allem Anschein nach mit mir taten?
 

„Alle geweckt!“, jubelte ein stolzer, kleiner Wolf von der Küchentür und trat an seine Mutter heran. Rosalynn drückte Niko kurz an sich und küsste ihn auf den Scheitel, bevor sie ihn auf einen Stuhl schob und ein großes Glas Milch vor dem Jungen abstellte.

„Ich will keine Milch trinken. Die ist ekelig!“

„Oh doch, das wirst du. Du willst doch ein großer, starker Wolf werden.“, erklärte Rosalynn unerbittlich auf das Klagen ihres Sohnes. Auch wenn sie ein Werwolf war, verhielt sich unsere Alphawölfin wie jede andere Mutter auch und bestand darauf, dass Niko sein tägliches Glas Milch für einen starken Knochenbau trank und sein Gemüse aufaß. Dieses Gespräch, wenn man es denn so nennen konnte, wurde jeden Morgen geführt und mittlerweile vom Rest des Rudels ignoriert.

So war auch für ein paar Minuten in der Küche nur ein leises Gespräch zwischen Samuel und Ulrich über ein Basketballspiel von gestern zu hören, während Niko, Rosalynn und ich in Ruhe aßen. Die gemütliche Stille wurde von einem hereinstolpernden Michael gestört. Er putzte seine Brille am T-Shirt ab, während er zu uns in die Küche kam und seine graubraunen Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab.

Michael war ein Morgenmuffel und dementsprechend winkte er nur müde, als er die Brille wieder aufgesetzt hatte. Wortlos ließ er unsere Begrüßungen über sich ergehen, schenkte sich eine halbe Tasse Kaffee ein und füllte sie mit Milch auf. Frühstücken tat Michael nie und nach zwanzig Jahren, die Rosalynn und er sich kannten, hatte sie es aufgegeben ihn dazu überreden zu wollen.

Michael war ein etwas schmächtiger Mann, doch in seinem Körper steckte die typische Kraft eines Werwolfs.

Er machte für die Kneipe und die Sicherheitsfirma des Rudels die Finanzen und auch einen Teil des Papierkrams und war neben Niko der am meisten ausgeglichene Charakter von unserem Rudel. Aber das war auch nicht weiter verwunderlich, war Michael doch schon über dreihundert Jahre alt und hatte somit Zeit genug gehabt sein Temperament abzukühlen. Ich bewunderte seine Ruhe und ich würde wohl auch dreihundert Jahre brauchen, um so viel Geduld und Besonnenheit aufbringen zu können.
 

„Alexei wollte schon zum Büro vorgehen. Er meinte gestern, du sollst um zehn da sein, denn er erwartet einen wichtigen Geschäftspartner.“, erklärte Michael, nachdem er einen Schluck von seinem Milchkaffee genommen hatte. Hätte ich nicht wieder den Mund voll gehabt, hätte ich verwundert gefragt, was gerade ich dann dort sollte.

Michael wäre der bessere Repräsentant für die Firma, ich hatte dank guter Ernährung und viel Training eher die Statur eines Athleten als die eines Geschäftmannes. Doch Alexei wusste schon, was er machte und so nickte ich nur zu Michaels Worten.

Tja, wie es aussah, wurde es wohl nichts mit dem freien Morgen. Wenn die Küchenuhr richtig ging, hatte ich noch eine Stunde Zeit und ich musste mich vorher noch umziehen. Auch wenn das eine Überraschung war heute Morgen zu arbeiten, so hatte ich immer noch ziemlich positive Laune, letzte Nacht hatte ich schließlich gut geschlafen – und noch schöner geträumt.

Vampir zu Besuch

Eine Stunde später saß ich zusammen mit Alexei in seinem Büro und während er noch einmal ein paar Papiere durchsah, formte ich aus einem nicht mehr benötigten Fax kleine Papierkügelchen, um sie in den Mülleimer am anderen Ende des Raumes zu werfen.

Die einzigen Geräusche waren unser Atem, das gelegentliche Kratzen von Alexeis Stift und das Reißen und Zerknüllen von meinem Papier.

„Wenn du das noch einmal tust, bringe ich dich eigenhändig um!“, grollte Alexei dumpf ohne aufzusehen und ich hielt mitten in der Bewegung inne, bevor ich das halbe Blatt unauffällig zurück auf den großen Schreibtisch legte. Ich sah zu meinem Rudelführer hoch, der sich immer noch auf seine Unterlagen konzentrierte. Oho, der Gute war heute aber wirklich nervös.

Kein Wunder, warteten wir doch auf einen möglichen Großkunden, dessen neue Firma und ein weiteres Baugelände wir sehr wahrscheinlich bewachen sollten. In den letzten zwei Jahren, die ich jetzt schon bei Alexeis Rudel war und auch für seine Sicherheitsfirma arbeitete, war der Betrieb für seine gute und seriöse Arbeitsweise bekannt gewesen.

Mittlerweile arbeiteten nicht nur Samuel, Michael und ich aus unserem Rudel für Alexei, sondern auch fünf Menschen. Ich wusste wirklich nicht was Alexei hatte, war doch unter seiner Führung und der Mithilfe unseres Rudels ein florierendes Unternehmen entstanden, wofür man sich unter keinen Umständen schämen musste.
 

Wenn sich der Firmenbesitzer mit Alexei einig wurde, dann würden wir im Anschluss an das Gespräch das fast fertige Fabrikgelände besichtigen und ich hatte die Aufgabe passende Positionen für Überwachungskameras zu finden. Alexei war zwar in diesem Jahrhundert angekommen, doch auch wenn ein Computer der neusten Generation auf seinem Schreibtisch stand, schrieb er gerade mit Papier und Stift.

Mein Rudelführer stand an manchen Tagen mit Technik etwas auf Kriegsfuß und überließ es so gerne jemand anderem sich um solche Details wie effizienten Positionen für Überwachungskameras oder Erklärungen über die zur Verfügung stehenden Sicherheitssysteme zu kümmern. Normalerweise waren das dann entweder Samuel oder ich, die sich damit beschäftigten. Da Sam heute eine Nachtschicht hinter sich hatte und jetzt selig in seinem Bett schlief, blieb das natürlich an mir hängen.

Vielleicht präsentierte Alexei uns beide auch nur gerne als Beispiel für einen seiner Leute, denn er sah im Anzug und mit Krawatte doch recht harmlos aus, trotz der für einen Werwolf üblichen, gefährlichen Ausstrahlung.

Ich hingegen trug jetzt stabile Schuhe, eine schwarze Cargo-Hose und ein ebenfalls schwarzes T-Shirt mit der großen Aufschrift „Moon Security“ und unserem Loge, einem Vollmond auf der Brust. Eine Jacke mit derselben Aufschrift und unserem Logo hing über der Stuhllehne. Das war die Arbeitskleidung und Alexei bestand darauf, dass jeder seiner Angestellten sie bei der Arbeit auch trug.

Meiner Meinung nach ließ uns diese Kleidung wie Söldner in Uniform aussehen und auch wenn ich nicht an Sams wahre Muskelstränge herankam, betonte die Kleidung doch meinen durchtrainierten Körper.

Wenn ich an die Zeit von vor zwei Jahren dachte, war das eine Verbesserung, war ich doch damals durch das Wandererleben und fehlende Essen abgemagert und bleich. Zwei Jahre Ruhe und Geborgenheit eines Rudels hatten da wahre Wunder gewirkt, nicht zu vergessen, dass ich mein Temperament nun auch bis zu einem gewissen Maß im Griff hatte.

Es hatte geholfen, dass ich nicht mehr jeden Augenblick meines Lebens selbst für mich und für meine eigene Sicherheit sorgen musste, in der Sicherheit des Rudels konnte ich die Nächte schlafen, ohne mit einem halben Ohr auf die Umgebung zu lauschen.

Außerdem hatte ich vieles in Sachen Selbstverteidigung gelernt, hatte Samuel mir doch auf meinen Wunsch hin einiges beigebracht, denn ich wollte niemals wieder so hilflos sein, wie vor drei Jahren gegen die anderen Werwölfe. So passte mein Können in einer Auseinandersetzung nun auch endlich zu meinem gefährlichen und manchmal auch überheblichen Auftreten.
 

An meinem Gürtel hing eine Dose Pfefferspray, ein uneingeschaltetes Funkgerät und neben meiner Geldbörse hatte ich noch ein Klappmesser in der Tasche. Die meisten der menschlichen Mitarbeiter von Security-Firmen haderten damit, dass sie keine Schusswaffen tragen durften, doch ich war eigentlich ganz froh darüber.

Mal abgesehen davon, dass ich mit so einem Ding nicht umgehen konnte, ich würde einen Berg auf zwei Meter Entfernung verfehlen, war der Krach eines Schusses für empfindliche Werwolfsohren eine Katastrophe. Ich würde lieber eine Pistole oder ein Gewehr abfeuern als zu sterben, doch solange ich noch andere Möglichkeiten hatte, würde ich nie auf eine Schusswaffe zurückgreifen.

Auch das mit dem Pfefferspray ließ ich lieber bleiben, denn ich hatte das einmal ausprobiert als der Wind aus der falschen Richtung kam und da stecke ich doch lieber ein paar Schläge mehr ein, als einen ganzen Tag mit verheultem Gesicht und laufender Nase herum zu laufen.
 

Nach ein paar Augenblicken stillsitzen war mir schon wieder langweilig und ich trommelte mit den Fingern meiner rechten Hand auf der Armlehne meines Stuhls herum, während ich mich im Büro umschaute. Das große Fenster hinter Alexei und seinem riesigen Schreibtisch ließen das Büro hell und freundlich wirken, auch wenn es eher funktional eingerichtet war.

An den Wänden waren einige neutrale Bilder aufgehängt und Regale mit Ordnern zu den verschiedenen Aufträgen bedeckten eine Wandseite. Auf meiner Seite des Schreibtisches standen zwei Stühle, auf einem davon hatte ich mich breit gemacht. Mein Rudelführer saß auf der anderen Seite des Schreibtisches auf einem bequemen Ledersessel und sah alles andere als entspannt aus.
 

„Verdammt noch mal! Thomas, du bringst mich an den Rand des Wahnsinns!“, fluchte Alexei und schmiss den Stift auf dem Tisch, mit dem er gerade noch einige Unterlagen ergänzt hatte. Doch wirklich wütend war mein Rudelführer nicht, da der knurrende und bedrohliche Tonfall fehlte. Ich hob abwehrend die Hände und setzte mein unschuldigstes Lächeln auf.

„Ganz ruhig bleiben, Alex. Du kriegst den Auftrag schon, also entspann dich.“, erklärte ich, denn Alexei ein bisschen aufmuntern konnte bestimmt nicht schaden. Ich selbst sah die ganze Sache ziemlich locker, war ich mir doch sicher, dass Moon Security den Job bekommen würde und selbst wenn nicht, würden wir nicht am Hungertuch nagen.

Unser Rudel war finanziell abgesichert und das auch noch auf völlig legale Weise. Vor allem bei dem letzten Punkt konnten die meisten Rudel oder Einzelgänger nicht zustimmen, denn unsere Rasse brauchte einfach manchmal den Nervenkitzel und somit waren wir prädestiniert für krumme Dinger oder Geschäfte am Rande der Legalität. Auch ich hatte früher ein paar kleine Überfälle durchgeführt, obwohl ich darauf geachtet hatte niemanden zu verletzen und nur darauf zurückgegriffen hatte, wenn ich wirklich am Ende war. Oh ja, jetzt hatte ich es um einiges besser.
 

„Es ist nicht nur der Auftrag. Gestern habe ich mit dem Einzelgänger geredet, der bei uns in der Bar war. Er erzählte etwas von Jägern, die sich hier in der Gegend rum treiben.“, erklärte Alexei und zeigte eine besorgte Miene. Ich runzelte die Stirn. Ich hatte zwar schon etwas von Jägern gehört, aber nie einen getroffen.

Damit waren jedoch keinesfalls diese alten Männer in grün gemeint, die auf wehrlose Hirsche schossen, sondern lebensmüde Männer und Frauen, die sich auf die Suche nach Monstern wie Sina, Niko oder mich machten. Als hätten unsere Völker nicht genug damit zu tun sich nicht gegenseitig umzubringen, nein es gab auch noch Irre, die uns keine Lebensberechtigung zusprachen.

Bei einigen dieser Menschen konnte ich es sogar noch verstehen, hatten sie vielleicht ein Familienmitglied oder einen Freund an Vampire oder Werwölfe verloren. Doch gab es auch unter den Jägern einige, welche die Jagd als Spaß ansahen, so wie Jack und sein Rudel mich vor drei Jahren beinahe aus Spaß am Töten umgebracht hätten.

„Sag es noch keinem. Ich wollte heute Abend alle ermahnen, dass sie etwas vorsichtiger sein müssen in nächster Zeit. Das heißt auch für dich und Ulrich, dass ihr eure in der Öffentlichkeit ausgetragenen Streitereien und Prügeleien lassen müsst.“, erklärte Alexei in seiner ernsten Rudelführerstimme, die keinen Zweifel an dem Ernst seiner Worte ließ und gerade im letzten Satz hatte so etwas wie eine Drohung mitgeschwungen.

Alexei war normalerweise verständnisvoll, hilfsbereit und manchmal hatte ich das Gefühl, er sähe in unserem Rudel eher eine etwas schräge Familie. Doch wenn jemand von uns bereitwillig ein Rudelmitglied in Gefahr bringen würde, dann konnte ich mir durchaus vorstellen, dass Alexei auch vor Gewalt nicht zurückschrecken würde.

Ich nickte stumm, denn mit allem hatte er Recht. Ich würde mich zusammenreißen und Ulrich, zumindest außerhalb des Hauses, keine Gelegenheit geben sich mit mir anzulegen. Auch wenn eigentlich immer er anfing. Ich würde nie einen Streit anfangen!

Damit fielen wohl auch gemeinsame Feierabendbiere mit dem Rudel aus, zumindest sollten wir uns im Alkoholkonsum zurückhalten. Das „Wolfs Heart“ gehörte unserem Rudel und häufig trafen wir uns dort nach getaner Arbeit. An manchen Abenden kamen andere Werwölfe die auf Wanderschaft waren in die Bar, jedoch nur sehr selten, durchschnittlich vielleicht alle viertel Jahre, denn so viele Werwölfe gab es auf dieser Welt nun auch nicht, geschweige denn Werwölfe auf Reisen.

Teilweise waren die Werwölfe gut ausgerüstet, kamen alleine oder zu mehreren, ein kleiner Teil der Werwölfe war Einzelgänger und besaßen selten mehr, als sie am Leibe trugen. Von den letzteren lud Alexei einige Wölfe unter unser Dach ein und ließ sie ein paar Tage ausruhen. Doch egal was für abgerissene Gestalten sie waren, keiner der Wölfe klaute irgendwas oder griff einen unseres Rudels an. Wie Alexei immer die richtige Wahl traf, war mir völlig schleierhaft, doch nach zweihundert Jahren, hatte er wohl eine gute Menschenkenntnis aufgebaut.
 

Während Alexei wieder an das Ausfüllen von Papieren ging, streckte ich mich genüsslich und verschränkte die Hände hinter dem Nacken. Die Beine streckte ich weit nach vorne, weg vom Stuhl, um entspannt die Augen zu schließen, jetzt wollte ich nicht mehr über die möglichen Gefahren und Probleme nachdenken, die auf uns zukommen könnten.

Ich weiß nicht, wie lange ich dort so saß und vor mich hin döste, doch irgendwann wurde ich aus meinen Tagträumen gerissen, weil ich jemanden vor der Tür hörte. Entschlossene und gleichmäßige Schritte von einer Person mit Gehstock, die gezielt auf unsere Bürotür zuhielten.

Ich setzte mich auf, als es klopfte und Alexei „Herein“ rief. Ich hörte, wie hinter mir die Tür aufging und jemand herein kam und während Alexei um den Schreibtisch herum ging, stand ich ebenfalls auf, um mich zu unserem Besucher umzudrehen. Ich wollte Alexei schließlich nicht durch Unhöflichkeit in Verlegenheit bringen.

Mein neutrales Kundenlächeln gefror mir im Gesicht, als ich die Person erkannte. Auch Alexei hatte herausgefunden, was unser Gast war, denn er hatte auf halben Weg zum Händeschütteln angehalten und seinen rechten Arm erhoben, um mich zu warnen. Bedrohlich knurrte er auf, doch kam er nicht mehr dazu, die Zähne zu fletschen, denn in der übermenschlich schnellen Bewegung der Vampire hatte Henry Benoir seinen Degen aus dem Gehstock gezogen und an Alexeis Kehle gesetzt.
 

„Thomas Cole, das ist eine Überraschung Sie hier zu sehen.“, sagte der Vater von Sina relativ neutral und zog eine Augenbraue verwundert hoch. Eine andere Reaktion auf diesen Schock, denn das musste es für den Vampir sein plötzlich zwei Werwölfen gegenüber zu stehen, zeigte Henry Benoir nicht.

Mein Herz hingegen schlug gerade bis zum Hals und das Blut rauschte in meinen Ohren, einerseits vor Angst, dass die Situation außer Kontrolle geriet, denn Vampir und Werwolf vertrugen sich einfach nicht. Andererseits – und ich traute mich gar nicht einzugestehen wie groß dieser Teil war – tanzte mein Herz Polka, weil hier der Vater von Sina stand. Das kleine Vampirmädchen lachte und randalierte wie heute Nacht manchmal gnadenlos durch meine Träume und machte es mir so schwer, sie endgültig zu vergessen.
 

Erst jetzt erwachte ich langsam aus der Erstarrung, die mich regelrecht gefangen gehalten hatte, als ich den Vampir erkannte und meine Muskeln spannten sich an, ein Grollen erklang aus meiner Kehle.

Ich wollte vorstürzen, denn auch wenn mein Instinkt mir bei Sina immer vorgegaukelt hatte sie sei ungefährlich, so wollte ich dem älteren Vampir nicht das Leben meines Rudelführers und Freundes anvertrauen. Doch bevor ich auch nur einen Schritt machen konnte, hob der Vampir herrisch eine Hand und an der Geste erkannte ich, wie gewohnt er es war, Befehle zu erteilen.

„Eine Bewegung und der Kopf deines Freundes liegt auf dem Fußboden.“, meinte Henry Benoir kalt und ohne sichtbare Gefühlsregung, so dass ich seiner Drohung ohne zu zögern Glauben schenkte. Dieser Drecksack wusste, dass er in der besseren Position war, denn selbst wenn ich Alexeis Tod in Kauf nehmen würde, hätte er immer noch Zeit den Degen in meine Richtung zu schwenken.

Gegen einen so bewaffneten Vampir hatte ich kaum eine Chance. Das Pfefferspray würde mir selbst mehr schaden als dem Vampir, war meine Nase doch sehr viel empfindlicher und allein an das Taschenmesser als Waffe zu denken war lächerlich. Selbst wenn ich schneller reagieren würde wie der Vampir, was ich stark bezweifelte, hätte ich es immer noch mit einem überlegenen Gegner zu tun, denn mit meinen läppischen neununddreißig Jahren konnte ich mit der Kampferfahrung des vielleicht Jahrhunderte alten Vampirs nicht mithalten.

Während den Augenblicken, in denen mir diese Gedanken durch den Kopf geschossen waren, hatte ich mich eine Winzigkeit nach Vorne geschoben, damit Alexei gleichzeitig mich und den Vampir im Auge behalten konnte.

Das Misstrauen in seinem Gesicht sorgte für einen Stich in meinem Herzen, aber was hatte ich auch erwartet? Dass Alexei einmal mit der Schulter zucken würde und darüber hinwegsah, dass ich einen Vampir kannte? Ich wäre an seiner Stelle auch misstrauisch, trug er doch die Verantwortung für ein Rudel und kannte mich erst seit zwei Jahren.

„Henry Benoir.“, antwortete ich kühl, neigte den Kopf um eine Winzigkeit als Gruß und trat noch einen Schritt vor, was von mit einem argwöhnischen Blick des Vampirs quittiert wurde. Ich musste zugeben, er sah immer noch blendend aus für seine werweiß viele Jahrhunderte und in dem dunklen Anzug entsprach er dem Bild eines Geschäftsführers einer großen Firma wie niemand sonst, zumindest solange man ihm nicht zu genau ins Gesicht sah.

Denn unter seinen Lippen schauten jetzt die spitzen Fangzähne hervor und seine Hände lagen fast locker auf dem Heft seiner tödlichen Waffe.

Ich merkte Alexeis Blick förmlich auf mich ruhen, auch wenn ich jetzt meine Augen auf den Vampir fixiert hatte und ich brauchte keine Fantasie, um die Frage die Alexei im Kopf herumspukte zu erraten. Er fragte sich bestimmt, woher ich einen Vampir kannte und wie die Verbindung zwischen uns war.
 

Hatte ich heute Morgen nicht daran gedacht, dass der Tag gut werden würde? Tja, als Hellseher würde ich wohl verhungern, denn das hier war eine Katastrophe. Selbst wenn die Situation sich entspannen würde und Alexei wieder ohne Klinge am Hals war, so bestand immer noch das Problem, dass jetzt beide Familien wussten, womit die andere Seite ihr Geld verdiente. Wenn die Vampire das Bedürfnis verspürten unser Rudel auszulöschen bevor wir ihnen gefährlich werden konnten, dann hatten wir ein ziemliches Problem.

„Ich denke, wir kommen zu keinem Vertragsabschluss. Demnach sollte ich gehen.“, erklärte der Vampir, machte aber keine Anstalten sich zurück zu ziehen oder die Waffe vom Hals meines Rudelführers zu nehmen. Auch Alexei hatte sich anscheinend von dem Schock erholt, denn er war nun nach außen hin wieder ruhig. Nur jemand der ihn kannte, konnte die kleinen Anzeichen von Nervosität und auch Angst erkennen – oder als Werwolf riechen – wobei die Hauptsorge aber wohl seiner Familie und dem Rest des Rudels galt.
 

„Wir werden nichts unternehmen, solange ihr Wölfe euch von uns fern haltet. Damit meine ich jeden einzelnen eures Rudels.“, machte der Vampir sehr deutlich, was er meinte. Bei dem letzten Satz hatte er mich fixiert und konnte dem Starren nur kurz widerstehen, bevor ich wegsehen musste.

Auch das war Alexei bestimmt nicht entgangen und ich freute mich schon jetzt darauf, was er mit mir anstellen würde, sobald der Vampir gegangen war. Doch jetzt musste er sich erstmal um den Henry Benoir kümmern.

„Solange keiner eurer Vampire meinem Rudel zu nahe kommt, werden wir uns auch von euch fernhalten. Die Stadt ist groß genug, um alle hier zu leben.“, erklärte er ruhig, was ich bewunderte, hatte er doch immer noch die scharfe Klinge an seinem Hals. Zu meinem Erstaunen zog Henry Benoir die Waffe zurück und trat einen Schritt nach hinten.

Was mich aber wirklich überraschte war, dass mein Rudelführer die Hand ausstreckte und der Vampir doch tatsächlich nach einigem Zögern einschlug. Soweit ich das beurteilen konnte, waren beide Ehrenmänner und würden sich durch diesen Handschlag an ihr Wort gebunden fühlen.

Doch das hieß noch lange nicht, dass sich auch der Rest der jeweiligen Familie daran hielt. Ich wollte mich gar nicht daran halten, denn ich musste Sina einfach wieder sehen, wollte wissen, wie es ihr ging. Andererseits lag mir auch viel an dem Rudel und ich würde es nicht in Gefahr bringen wollen. Das war doch zum Verzweifeln!

Durch die Versunkenheit in meine Gedanken hätte ich fast verpasst, dass sich Sinas Vater zur Tür wandte, um das Büro zu verlassen. Ein Fehler, der mir vor zwei Jahren sehr wahrscheinlich nicht passiert wäre. Die Geborgenheit eines Rudels hatte mich wohl etwas weich gemacht. Kurz bevor er die Tür schloss, drehte der Vampir sich jedoch noch einmal zu mir um.

„Ich entbinde dich hiermit dem Versprechen, kein Wort über meine Familie zu verlieren.“, erklärte er und die Tür fiel ins Schloss. Ein wenig überraschte mich das, hatte er wirklich geglaubt, dass ich meinen Mund über all die Jahre gehalten hatte?

Ja, ich hatte niemandem von der Vampirfamilie erzählt, doch woher wollte er das wissen? Seufzend sah ich nun zu Alexei, der mich mit Blicken maß, die ich nicht durchschauen konnte. War er jetzt wütend, besorgt oder enttäuscht? Vielleicht eine Mischung aus allem.
 

Mit einem schnellen Sprung war Alexei bei mir und stieß mich mit einer Heftigkeit an die Wand, dass mir einem Moment der Atem wegblieb. Aus Reflex wollte ich mich wehren, zwang mich dann aber, es zu lassen. Alexei war immer noch mein Rudelführer. Er würde mich schon nicht ernsthaft verletzen oder gar töten und wenn doch – nun, dann würde ich mich rechtzeitig wehren.

„Verdammt, in was hast du uns da rein geritten?“, grollte er wütend und unwillkürlich zog ich den Kopf etwas ein, was gar nicht so einfach war, schließlich lag einer von Alexeis Armen quer über meinem Halsansatz und sorgte dafür, dass ich an die Wand gepresst wurde.

In einer ernsthaften Auseinandersetzung hätte ich gegen seine Erfahrung zu kämpfen und wenn ich nicht schnell einen Treffer landete und meine etwas größere Körperkraft zur Geltung brachte, würde ich mit Sicherheit unterliegen. Schon allein aus diesem Grund ließ ich jede Gegenwehr sein, sondern krächzte nur heiser: „Ich erzähl dir alles. Wenn du mich töten willst, dann tu es jetzt.“

Sofort wurde Alexeis Gesicht sanfter und er schüttelte den Kopf. Mit einem tiefen Seufzer ließ er von mir ab und trat ein paar Schritte zurück, um sich halb an den Schreibtisch zu lehnen. Mit verschränkten Armen sah er mich finster an, doch die Wut von gerade schien schon wieder verraucht.
 

„Wieso sollte ich dich töten, du kannst nichts dafür, dass der Vampir hier aufgetaucht ist. Aber ich muss wissen, was du von ihm weißt und vor allem, woher du ihn kennst.“, erklärte er immer noch mit einem leichten Grollen in der Stimme aber eher in einem geschäftsmäßigem Ton. Ich blieb immer noch an die Wand gelehnt stehen, fuhr mir nur mit der rechten Hand unbewusst über Hals und Schlüsselbeine, wo Alexei mich gerade an die Wand gepresst hatte.

Ich war in einer Zwickmühle. Ich wollte meinem Rudelführer alles erzählen, schließlich war das Rudel so etwas wie meine Familie geworden, doch ich konnte nicht. Die Erinnerungen daran waren teilweise so schrecklich, dass ich noch heute manchmal aus Albträumen darüber erwachte und gleichzeitig verband ich mit den zwei Tagen vor drei Jahren wunderschöne Erinnerungen, die mir gehörten. Mir und niemandem sonst.

„Ich weiß nicht, ob ich dir alles erzählen kann.“, murmelte ich und langsam löste ich meinen Blick von dem Teppich, um Alexei anzusehen. Jetzt war ich an der Reihe aufzuseufzen und ließ mich an der Wand herabsinken. Ich musste einen verletzlichen Eindruck gemacht haben, denn Alexeis Stimme war sanft und ganz ohne Knurren, als er mich fragte, ob die Vampire mir etwas `angetan` hätten.

„Nein, die Vampire nicht.“, erwiderte ich mit einem freudlosen Lachen und schüttelte den Kopf. Ich fuhr mir durch die Haare und verbarg mein Gesicht in meinen Händen. Wenn ich schon alles wieder durchleben musste, dann wollte ich dabei wenigstens nicht Alexei dabei angucken oder sehen, wie er mich anschaute. Und so erzählte ich leise, zögernd und mit wenigen Worten, wie ich vor drei Jahren mit Jacks Rudel in Streit geraten war und sie mich schließlich halbtot liegen ließen.
 

„Das würde auch dein Misstrauen in den ersten Wochen erklären.“, murmelte Alexei vor sich hin und nun schaute ich doch wieder auf. Mittlerweile saß mein Rudelführer entspannter da. Entspannt war vielleicht nicht der richtige Ausdruck, aber er sah zumindest nicht so aus, als würde er mich jeden Moment anfallen.

Er sah mich aufmerksam an, doch war kein Hass mehr in seinen Augen, der kurz aufgeflackert war, als der Vampir gerade den Raum verlassen hatte. Etwas ruhiger erwiderte ich Alexeis Blick, doch stand mir jetzt der schwerste Teil erst bevor. Ich musste etwas von den Vampiren erzählen, wollte Sina aber so gut es ging außen vor lassen.

Wieso ich das wollte, wusste ich nicht genau, doch die Zeit mit ihr und die Erinnerung an ihr eigentlich immer von einem Lächeln erhelltes Gesicht gehörten mir. Das wollte ich gerade in diesem Moment nicht mit Alexei teilen, vielleicht wurde ich einfach auf meine alten Tage sentimental.

„Ich bin in einem hellen Raum wieder aufgewacht, zuerst dachte ich, ich wäre im Himmel.“, flüsterte ich weiter und starrte dabei die Wand gegenüber an. Meine Arme hatte ich um meine Knie gelegt und war ganz in meinen Erinnerungen gefangen. Alexei traute anscheinend nicht sich zu bewegen und atmete flach, um mich nicht in meiner kleinen Lebensbeichte zu stören.
 

„Eine Vampirin hatte mich bei der Jagd im Wald gefunden und zusammengeflickt. Und bevor du fragst, sie wollten wissen, was genau an den Werwolflegenden stimmt und ich war das Versuchsobjekt der Vampirfamilie. Aber keine Angst, ich habe nicht besonders viel erzählt. Wenn du mich fragst, haben die Vampire, übrigens drei Frauen und vier Männer, einen schlechten Tausch gemacht.“, erklärte ich.

Ja, das klang überzeugend, hatte alle relevanten Informationen enthalten und hatte nichts über Sina ausgesagt. Ich wusste immer noch nicht wieso ich das Vampirmädchen beschützen wollte, aber es hing wohl mit dem Gefühl zusammen, dass ich ihr auch nach all diesen Jahren noch etwas schuldete. Außerdem war das eine Information, die man guten Gewissens weglassen konnte. Als ich den Blick wieder hob schaute Alexei mich an, als wüsste er, dass ich etwas verschwiegen hatte.
 

„Und das Werwolfsrudel?“

„Tot.“, knurrte ich auf Alexeis zögerliche Frage und mein Ton machte überdeutlich, dass ich nicht mehr darüber reden wollte. Vielleicht würde mein Rudelführer es so auslegen, dass ich das Rudel systematisch gejagt und getötet hatte, doch mir war das egal. Im Moment wollte ich aus irgendeinem idiotischem Bedürfnis nach Sicherheit heraus sogar, dass Alexei mich für gefährlicher hielt, als ich war. Schließlich hockte ich gerade wie ein wehrloses Kind zusammengekauert an der Wand, das machte nicht gerade einen selbstbewussten und wehrhaften Eindruck.

„Mehr wirst du mir wohl nicht erzählen?“, stellte mein Rudelführer eher fest, als dass er fragte. Seine Stimme klang ziemlich neutral und zu meiner Verwunderung schwang kein dumpfes Grollen darin, hätte er doch eigentlich jeden Grund dazu auf mich wütend zu sein.

„Es ist hell draußen, aber das scheint Vampire ja nicht aufzuhalten.“, murmelte Alexei vor sich hin. Da erst fiel mir auf, dass ich an dem älteren Vampir keinen Sonnenschirm gesehen hatte, wie Sina ihn bei unserem gemeinsamen Spaziergang im Rosengarten getragen hatte. Wie machte das Clanoberhaupt der Vampire das? In meinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander, bis ich schließlich meine Theorie Alexei vortrug.
 

„Vampiren schmerzt das Sonnenlicht und tötet sie nach längerer Zeit. Je jünger sie sind, desto anfälliger sind sie auch. Ich denke, Henry Benoir ist einfach schon uralt und hat gelernt die Schmerzen zu unterdrücken und hat seine Haut daran gewöhnt. Vielleicht ist er ja auch einfach aus der Sonnenallergie raus gewachsen?“, mutmaßte ich einfach drauf los.

Alexei schwieg dabei und schaute nachdenklich vor sich hin. Ich wagte mich nicht zu bewegen, denn ich wollte nicht schon wieder den Zorn des Rudelführers auf mich ziehen indem ich ihn in seinen Gedanken störte und versuchte mich deshalb unsichtbar zu machen. Müsste mir eigentlich ganz einfach fallen, schließlich saß ich immer noch auf dem Fußboden und an die Wand gepresst.
 

„Wir sollten nach Hause gehen und die Versammlung schon verfrüht einberufen.“, erklärte Alexei schließlich nach gefühlten Minuten, doch wie lange er wirklich vor sich hin gestarrt hatte, konnte ich nicht sagen. Doch dann fiel mir etwas viel Wichtigeres auf: er hatte `Wir` gesagt.

„Ich muss das Rudel nicht verlassen?“, fragte ich ungläubig und mein Herz schlug vor Freude Purzelbäume. Ich hatte eigentlich fest damit gerechnet, schließlich hatte ich in gewisser Weise das Rudel hintergangen und ich fand es schon großzügig von Alexei, das er mich am Leben ließ und nicht windelweich prügelte. Doch dass ich immer noch zum Rudel gehörte und wieder mit nach Hause kommen durfte, hätte ich nicht erwartet.

„Nein, du kannst bleiben. Das gehört in deine, wenn auch sehr nahe, Vergangenheit und hat nichts mit dem Rudel zu tun, weswegen die anderen nichts davon wissen müssen. Doch wenn ich erfahre, dass du das Rudel oder mich hintergehst, dann bin ich nicht mehr so nachsichtig. Außerdem, was sollte ich Nikolai sagen, wenn ich ihm einen seiner großen Brüder wegnehmen würde?“, stellte Alexei klar.

Wenn sein Tonfall am Anfang des Satzes noch sehr dunkel und ernst geklungen hatte, so klang der Scherz am Schluss schon fast fröhlich. Die Erleichterung, dass er mir mein Treffen mit den Vampiren nicht als Fehler auslegte und sogar Stillschweigen darüber im Rudel halten wollte war unbeschreiblich.

Wenn Ulrich das jemals herausfinden sollte, könnte ich mir gleich eine Kugel in den Kopf jagen. Vielleicht tat ich meinem Rudelkameraden unrecht, doch so ganz grün waren wir uns schon so nicht, wie musste dann dieser Vertrauensbruch für ihn aussehen?

Eine Hand vor meinem Gesichtsfeld ließ mich aus meinen Gedanken aufschrecken. Ich fasste Alexeis Hand und ließ mir von ihm aus der unbequemen Position hoch helfen. Es wunderte mich schon etwas, wie einfach Alexei mein Schweigen über die Vampire nahm, doch als Vater von Niko konnte er nichts anderes als stressresistent sein.

„Dann ab nach Hause.“, murmelte er vor sich hin und mein Herz machte bei dem Satz einen Sprung. Ich hätte nie gedacht, wie sehr ich mich an die Personen des Rudels gewöhnen würde und selbst Ulrich würde ich auf gewisse Weise vermissen, wenn ich jetzt das Rudel hätte verlassen müssen. Doch damit es nicht nun doch dazu kam, würde ich mich ruhig verhalten müssen und das bedeutete, dass ich mich schön brav von allen Vampiren fern hielt – auch von Sina.

Zoe

Die Versammlung des Rudels war wie erwartet ziemlich hitzig gewesen. Während Ulrich und sogar Samuel der Meinung waren, dass man besser als erste die Vampire angreifen sollte, bevor die auf dieselbe Idee kommen würden, wollte Rosalynn sogar die Kneipe und die Firma aufgeben, um die Familie zu schützen. Michael und Alexei waren eher neutral eingestellt und wollten sich an den Vorschlag des Vampirs halten.

Ich hatte mich erst zurück gehalten, doch als Ulrich ziemlich bildlich erklärte, was er mit jedem einzelnen Vampir anstellen würde der ihm zu nahe kam, war meine Geduld zu Ende. Eine Weile ließ es Alexei zu, dass Ulrich und ich uns verbal die Köpfe einschlugen, doch als wir handgreiflich wurden, schlichtete er den Streit energisch.

Danach war die Diskussion zwar immer noch hitzig, doch hielten wir uns jetzt etwas mehr an Fakten und verzichteten auf persönliche Beleidigungen. Die Versammlung kam zu einem Ende, als Niko von der Schule nach Hause kam, denn er sollte nicht mitbekommen, für wie gefährlich wir die Sache hielten. Alexei sprach ein Machtwort, entschied wie weiter verfahren wurde, schließlich war er der Rudelführer.

Als Ergebnis war heraus gekommen, dass wir die Vampire in Ruhe lassen würden, doch besondere Vorsicht walten lassen würden. Niko würde nach dem dunkel werden nicht mehr allein draußen rumlaufen, wir würden vorsichtig sein und ansonsten so tun, als wäre nichts geschehen.
 

Und nun, zwölf Stunden später, saß ich auf einem Bürostuhl in dem Eingangsbereich eines riesigen Bürogebäudes und starrte Bildschirme an. Die ganze Zeit schon kam es mir so vor, als stände ich neben mir, denn die Begegnung mit Sinas Vater hatte mich unter der Gürtellinie getroffen. Ich hatte gerade mein Leben wieder so weit auf der Reihe, dass ich es genoss und nun bekam ich das Vampirmädchen nicht mehr aus meinem Kopf.

Ich wollte Sina suchen, mit ihr reden und wusste selbst nicht genau wieso. Andererseits konnte ich doch mein Rudel nicht in Gefahr bringen, nur weil ich aus einem Bauchgefühl heraus gegen das Kontaktverbot beider Familienoberhäupter verstoßen wollte.

Und vor allem, wo sollte ich anfangen nach Sina zu suchen? Sie könnte überall in dieser Stadt und der näheren Umgebung wohnen, wenn sie überhaupt hier war. Na gut, die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass Henry Benoir seine Familie in der Nähe haben wollte, doch mit Sicherheit sagen konnte man das nicht. Und ob Sina mich überhaupt sehen wollte, stand sowieso in den Sternen.
 

Doch schaden könnte es doch nicht, zumindest ein bisschen zu suchen, oder? Die Nacht war noch lang und ein fast leeres Gebäude zu bewachen war manchmal sehr langweilig. Ich hatte mich entschieden, ich würde nach Sina suchen und mit fliegenden Fingern tippte ich Sinas Namen in eine Internetsuchmaschine. Der Computer gehörte eigentlich der Empfangsdame, die hier tagsüber saß, doch sie würde es wohl nicht stören, wenn ich mir mal kurz ihren Rechner auslieh.

Wie zu erwarten, war nicht sonderlich viel bei der Suche herausgekommen. Die meisten Einträge führten zu dem Blog eines Teenies mit demselben Namen oder zu den Spielergebnissen einer Tennisspielerin, die auf regionaler Ebene sogar ziemlich gut war.

Doch nur eine Hand voll Einträge bezog sich auf das Mädchen, nach dem ich suchte und dann waren es alle nur Erwähnungen im Nebensatz. Mich interessierte nicht, dass der ach so liebe Henry Benoir auf irgendwelchen Klatschseiten als großzügig dargestellt wurde, weil er das arme Waisenkind Sina Meyers adoptiert hatte. Ich suchte nach Informationen wo genau die Vampirfamilie wohnte oder zumindest danach, wie es Sina ging.
 

Missmutig löschte ich die Buchstaben in der Eingabezeile und wollte nach Henry Benoirs Namen suchen, der wohl mehr Treffer liefern würde, doch hörte ich Schritte von hinten kommen. Meine Güte, was war ich für ein Werwolf?

Erst erstarrte ich heute Morgen im Angesicht von einem Vampir und jetzt überhörte ich, dass mein menschlicher Kollege David Correns von seinem Rundgang zurückkam.

„Na na, im Internet surfen, während der Arbeitszeit! Und dann auch noch völlig wegtreten.“, tadelte er mit belustigtem Unterton und als ich mich umdrehte, sah ich ihn gespielt missbilligend mit dem Zeigefinger vor meinem Gesicht herumwackeln.

„Hey!“, protestierte ich in dem gleichen spielerischen Ton, den David gerade angeschlagen hatte. Ich verzog beleidigt den Mund und verschränkte meine Arme vor der Brust, wie es mein Kollege wohl von mir erwartete. Ich war gar nicht in der Stimmung für so oberflächliches Getue, doch hatte ich noch weniger Lust auf ein ernsthaftes Gespräch mit meinem Kollegen, denn das war David für mich. Nicht mehr, nicht weniger.

Vielleicht würde ich morgen früh mit Samuel reden, doch selbst darüber war ich mir nicht im Klaren. Ich durfte bei dem Thema Vampire wohl kein allzu großes Verständnis von ihm erwarten.

„Aber der Chef hat mich schon gewarnt, dass du heute vielleicht etwas durch den Wind sein könntest.“, erklärte Correns und ließ sich auf den zweiten Stuhl hinter dem Empfangstresen fallen. Verärgert sah ich meinen Kollegen an.

Dass Alexei jetzt sogar hinter meinen Rücken mit meinem angeblich verwirrten Geist hausieren ging, brachte mich dank meines sowieso schon aufgewühlten Gemüts sofort auf hundertachtzig. Traute mir Alexei nicht oder machte er sich Sorgen um mich? Was immer auch der Grund war, ich musste hier raus. Energisch schnappte ich mir meine Taschenlampe und das Funkgerät und stand so schwungvoll auf, dass der Drehstuhl ein paar Meter nach hinten rollte.
 

„Ich gehe dann mal die Tiefgarage kontrollieren.“, knurrte ich und sah mit Genugtuung, wie sich ein leicht ängstliches Flackern in Correns Augen schlich, doch sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen. David wusste, was Sam, Alexei oder ich waren, denn er war einmal dabei gewesen, wie ein irrer Junkie mit einem Baseballschläger auf Samuel losgegangen war.

Das die Verletzungen so schnell wieder verheilten, hatte es nötig gemacht David Correns in unser Geheimnis einzuweihen und nach einigen Tagen, wo er sich an den Gedanken mit Werwölfen arbeiten zu müssen gewöhnt hatte, war David ziemlich gut damit umgegangen. Na ja, zumindest so lange man ihn nicht anknurrte.

„Mal sehen, ob ich wieder ein paar Obdachlose raus werfen muss.“, erklärte ich in einem neutraleren Ton und mit einem entschuldigenden Lächeln. Schließlich konnte David ja eigentlich nichts dafür, dass ich schlechte Laune hatte, weil andauernd ein zierliches Vampirmädchen in meinem Kopf herum spukte. Anscheinend nahm mir David mir meinen kleinen Ausbruch nicht übel, denn er nickte nachsichtig und wandte sich wieder den Monitoren zu.

Ich winkte noch einmal in seine Richtung und verließ die Vorhalle des riesigen Bürogebäudes, um die Treppe in das ebenso große Parkhaus hinunter zu nehmen. Hier parkten um halb zwölf nachts nur noch sehr wenige Wagen, denn selten arbeiteten die Frauen und Männer in ihren Büros so lange. Doch selbst mit den vielleicht knapp zehn Autos, war es hier unten ziemlich dunkel und nur meiner leicht verbesserten Sehkraft hatte ich es zu verdanken, dass ich überhaupt die Umrisse der diversen Säulen und der wenigen Wagen in den entfernten Ecken erkannte.

Doch so wirklich achtete ich nicht darauf was hier war, ging eigentlich nur durch die dunkle Halle, weil ich etwas Bewegung und Abstand brauchte. Lieblos leuchtete ich mit meiner Taschenlampe hin und her, war mit den Gedanken aber immer noch bei Sina. Erst jetzt kam mir der Gedanke, was ich wohl machen wollte, wenn ich Sinas Adresse hätte heraus bekommen können.

Sollte ich da einfach auftauchen und Guten Tag sagen? Das wäre wohl etwas unpassend. Würde mich das Vampirmädchen auch sehen wollen oder würde sie laut nach ihrer Familie rufen? Was wusste ich schon, das war doch alles verrückt. Wieso mussten meine verfluchten Gedanken auch immer wieder zurück zu Sina wandern? Wieso konnte ich sie nicht einfach als Vergangenheit abhaken und sie endlich ganz vergessen? Gerade jetzt, wo ich mich an mein Leben, so wie es jetzt war, gewöhnt hatte, musste …
 

„Tom, hast du einen totalen Gehirnschaden?“, knarzte das Funkgerät und ich konnte Davids Stimme deutlich seinen Missmut anhören. Ja, was hatte ich denn jetzt schon wieder gemacht? Doch bevor ich noch die entsprechende Frage stellen konnte, setzte er hinzu: „Da hinter dem Seat in der Ecke, ist jemand. Soll ich runter kommen?“

Sofort spannte ich mich an und zumindest für den Moment verdrängte die Konzentration auf den möglichen Angreifer alle anderen Gedanken. Wie hatte ich die Person nur überhören können? Mir war sofort klar, dass hier etwas nicht stimmte, etwas mit den Geräuschen oder dem Geruch. Ja der Geruch war es. Wieso war mir das nicht eher aufgefallen? Natürlich, ich hatte ja unbedingt an etwas Unerreichbares denken müssen.

„Nein, das ist eine Familienangelegenheit. Sag Alexei, dass er vorbei kommen soll.“, erklärte ich in das Funkgerät und wusste, dass David mit der Andeutung schon dahinter kam, dass unser ungebetener Gast ein Werwolf war. Langsam und vorsichtig bewegte ich mich auf den schon etwas älteren Seat zu, der ein paar Meter entfernt stand und umfasste meine Taschenlampe fester.

Ich hoffte nur, dass der andere Werwolf nur einen Schlafplatz gesucht hatte und nicht darauf aus war, irgendetwas in diesem Bürogebäude zu entwenden, denn gut gefüllte Safes gab es in einigen der edlen Firmensitzen oder Anwaltskanzleien bestimmt. Ich würde mich nur ungern zwischen einen Wolf und seine Beute stellen.

Bald hatte ich das Auto erreicht und mein Herzschlag hatte sich eindeutig erhöht. Doch war es nicht Angst, die meinen Puls hoch trieb, sondern ironischerweise die Jagdfreude, ich freute mich darauf, vielleicht in wenigen Augenblicken meine Kraft mit jemandem meiner Rasse zu messen. Anscheinend war mir die ständige Grübelei über Sina nicht gut bekommen.
 

„Verpiss dich!“, fauchte mich jemand an, als ich um den Wagen herum trat und ich machte vor Überraschung große Augen. Der Schein meiner Taschenlampe fiel auf die Person und bestätigte meinen Verdacht, der durch Stimmlage und Umrisse der Gestalt geschürt worden waren. Der bösartige, einbrechende Werwolf war eine Frau!

Genauer gesagt, fast noch ein Mädchen. Ich hätte sie auf irgendwo zwischen sechzehn und zwanzig geschätzt, doch sah man das ziemlich schlecht, da die Kleine die Hände gegen das helle Licht der Taschenlampe erhoben hatte und so die Hälfte ihres Gesichts verdeckte. Das Mädchen saß zusammengekauert hinter dem Wagen als wolle sie sich verstecken und ein Rucksack samt Schlafsack machten ziemlich deutlich, dass sie hier nicht gerade einbrechen wollte, um etwas zu klauen.

Ich schnupperte etwas in der Luft und konnte ihre Angst riechen, ich würde zwar nicht den Fehler begehen und sie unterschätzen, doch ich war wohl der bessere Kämpfer von uns beiden.

„Ziemlich unfreundlich kleines Wölfchen.“, meinte ich betont lässig und ließ den Strahl der Taschenlampe von ihrem Gesicht kurz über ihr Gepäck gleiten, bevor ich auf den Boden zwischen uns leuchtete. Ich wollte sie zwar nicht gerade reizen, aber die Kleine hatte sich den falschen Tag ausgesucht, um mich dumm von der Seite an zu machen. Einen Moment starrte mich das Mädchen erschrocken an, bevor sich ihr Gesicht zu einer Fratze aus Wut verzerrte und sie sich jetzt doch etwas aufrichtete.

„Wie hast du mich genannt? Ich bin nicht so ein Monster!“, kreischte sie und ich verzog jetzt ebenfalls das Gesicht, jedoch deswegen, weil ihre Stimme laut von den Wänden der Tiefgarage widerhallten und in einem unangenehmen Frequenzbereich lag.

Verdammt, hatte der Kleinen niemand beigebracht, wie man sich einem anderen Wolf gegenüber verhielt? Man schrie auf jeden Fall nicht so, dass einem förmlich die Ohren schlackerten, auch wenn das Mädchen wirklich noch ziemlich jung schien, doch das konnte bei unserer Rasse bekanntlich täuschen.

„Ich habe nichts von Monstern gesagt, Mädchen. Wer würde sich schon selbst beschimpfen.“, meinte ich ruhig. Hatte sie denn nicht bemerkt, dass ich ebenso ein Werwolf war, wie sie selbst? Anscheinend nicht, denn sie sah plötzlich völlig verängstigt aus, rutschte an dem Wagen entlang in Richtung Wand, ohne mich aus den Augen zu lassen, bis sie schließlich an die Wand stieß. Ich seufzte auf und rollte mit den Augen.

Für so etwas hatte ich heute wirklich keinen Nerv! Sollte sich doch jemand anders um das verängstigte Mädchen mit der schrillen Stimme kümmern, ich hatte darauf absolut keine Lust. Aber mein Problem war, dass hier niemand anders war, denn es würde noch ein paar Minuten dauern, bis Alexei hier auftauchen würde.

Also hatte ich wohl die Werwölfin an der Backe kleben und musste sie dazu bringen, dass sie nicht vor lauter Angst weglief, irgendwelche Leute auf sich aufmerksam machte und sich etwas beruhigte.
 

„Keine Angst, ich habe noch nie jemanden gebissen.“, erklärte ich, trat zwei Schritte zurück und ließ mich an einer der breiten Säulen herab gleiten, so dass das Mädchen mir gegenüber vielleicht vier Meter entfernt auf dem Boden saß. Erst als ich den Satz ausgesprochen hatte, wurde mir der doch etwas makabre Hintergrund bewusst, schließlich musste sie ja irgendwann auch mal Kontakt mit den Zähnen eines Werwolfs gemacht haben.

Aber was brachte es auch, mich völlig zu verstellen, um dem Mädchen zu gefallen? Ich war schon an normalen Tagen nicht besonders sozial eingestellt und heute erst recht nicht freundlich oder gar sensibel. Trotzdem würde ich wohl irgendwas sagen müssen, dass die Kleine beruhigte, wenn ich nicht Ärger mit Alexei bekommen wollte, denn eine hysterisch in der Tiefgarage rumjaulende Werwölfin konnten wir nun wirklich nicht gebrauchen, wo doch neben den Vampiren anscheinend auch ein paar Jäger in der Gegend waren.
 

„Du hast wohl die falschen Wölfe kennen gelernt. Es gibt auch bei unserer Rasse gute und böse Personen, so wie bei den Menschen eben auch.“, erklärte ich missmutig, aber doch in beinahe dem nachsichtigen Ton, den ich manchmal bei Niko anschlug.

Das Mädchen war wohl nicht gerade viel älter als der Welpe unseres Rudels. Tatsächlich schien der ruhige Ton, zu dem ich mich allerdings sehr bemühen musste, sie zu beruhigen, denn sie sah zwar immer noch verängstigt aus, schien aber nicht mehr durch die Wand hinter sich verschwinden zu wollen.

„Mein Name ist Tom und deiner? Wann bist du verwandelt worden? Ich vor dreizehn Jahren.“, versuchte ich leicht verärgert wieder ein Gespräch anzufangen, weil mich nach etlichen Sekunden das Mädchen immer noch verschreckt ansah, doch kein Wort sagte. Also, wenn die Kleine jetzt nicht antwortete, dann könnte sie sich ein Gespräch sonst wohin stecken.

Dann würde ich hier auf Alexei warten und ihm die Aufgabe überlassen, einem noch jungen Werwolf etwas Verstand einzubläuen, dass man nicht in videoüberwachte Parkhäuser einbrach. Ihre verängstigte Art ging mir auf den Zwirn, so wie sie mich mit großen, blauen Augen anschaute. Das passte nicht zu ihrem flippigen, an Punker erinnernden Kleidungsstil und ihre wilde Frisur.

Sina war dagegen so offen, freundlich und furchtlos … und ich würde nicht mehr über sie nachdenken. Nicht jetzt und auch sonst nicht, zumindest nahm ich mir das vor.
 

„Ich heiße Zoe. Vor dreizehn Jahren? Du kannst nicht älter als dreißig sein, da warst du ja noch jünger als ich, als du gebissen wurdest!“, staunte das Mädchen neugierig und trotz aller Angst. Ich war dankbar dafür, dass sie etwas leiser sprach, denn dann quietschte ihre Stimme nicht so in meinen empfindlichen Ohren.

Etwas nachsichtiger schüttelte ich den Kopf, das Mädchen wusste wirklich noch nichts viel von ihrem neuen Leben, schien noch nicht mal zu wissen, dass sie nicht altern würde. Meine Güte!

„Zoe, ich wurde mit 26 Jahren gebissen und bin seit dreizehn Jahren keinen Tag gealtert. Du wirst auch nicht älter werden.“, erklärte ich offen und schonungslos. Ich war nicht gerade jemand, der sensibel war, doch über ihr neues Leben musste das Werwolfsmädchen einiges lernen und zwar möglichst schnell.

Sie sah mich wieder völlig erschrocken mit ihren großen Augen an, doch diesmal war es wohl nicht die Angst vor mir, sondern der Schrecken über das was ich gerade gesagt hatte. Ich hatte auch gebraucht, mich an ein so langes Leben zu gewöhnen, hatte es wohl immer noch nicht ganz. Vor allem hatte ich Angst, dass ich mich auf die Dauer langweilen würde.

Was sollte ich auch die ganze Zeit machen? Michael hatte seine Bücher, sog jedes Wissen förmlich in sich auf, Rosalynn und Alexei hatten sich und jetzt auch noch einen Sohn und Sam sah jeden Tag seines Lebens als Abenteuer. Ulrich und ich, tja wir waren noch etwas jung, um ernsthafte Langeweile aufkommen zu lassen und zur Not würden wir uns einfach ein bisschen prügeln.

Auch die Gedanken der jungen Wölfin schienen in die gleiche Richtung gewandert zu sein wie meine, denn sie fragte: „Nicht gealtert? Ist das nicht einsam?“

„Nein, nicht wenn man die richtigen Leute kennt.“, erklärte ich. Vor zwei Jahren hätte ich diese Frage noch ganz anders beantwortet, doch mittlerweile war ich wirklich nicht mehr einsam, auch wenn mir im Moment das Rudel doch etwas auf die Nerven ging und ich gerade etwas mehr Einsamkeit gebrauchen könnte. Wieder schwiegen wir eine Weile, was ich jedoch gar nicht so unangenehm fand, so konnte ich wenigstens meinen eigenen Gedanken nachhängen.
 

„Was für Leute?“, fragte Zoe nach einer Weile und ich brauchte ehrlich gesagt einige Momente, bevor ich wieder wusste wovon das Mädchen redete. Gereizt knurrte ich, auch wenn Zoe dabei etwas zusammen zuckte. Was musste sie auch so plötzlich wieder loslabern, erst den Mund nicht aufkriegen und dann mich in meinen Gedanken stören. Trotzdem blieb mir wohl nichts anderes übrig, als die Fragen schön brav zu beantworten.

„Mein Rudel. Sie sind alles Werwölfe, wie wir beide und ein recht zusammen gewürfelter Haufen. Sie sind meine Familie.“, erklärte ich und die Wärme in meiner Brust beruhigte mich etwas und sagte mir, dass ich hier gerade nicht log.

Mein Rudel teilte mein Schicksal ein Leben irgendwo zwischen lange und ewig zu führen, doch darüber hinaus gaben sie mir das Gefühl dazu zu gehören und diese innere Ruhe, die man nur erlangte, wenn man jemanden hatte, der sich um einen sorgte. Kaum hatte ich die Sätze gesagt, hörte ich jemanden die Treppe hinunter zu der Tiefgarage nehmen, doch ich machte mir nicht einmal die Mühe aufzuschauen, als die schwere Eisentür zu dem Treppenhaus geöffnet wurde.

Ich hätte gar nicht den individuellen Geruch von Alexei in der Nase gebraucht, um ihn zu erkennen, denn mittlerweile konnte ich jeden im Rudel an den Schritten auseinander halten. Zoe sah sich mit einem beinahe panischen Gesichtsausdruck zu Alexei um, versuchte durch die Scheiben des Wagens einen Blick auf ihn zu werfen.

Vielleicht erkannte sie, dass es sich bei Alexei um einen Werwolf handelte, vielleicht auch nicht, aber das war im Moment wohl auch egal. Langsam, um sie nicht noch zusätzlich zu erschrecken, stand ich auf und lächelte sie halbherzig an.

„Ich glaube, ab hier übernehme ich. Du kannst wieder auf deinen Posten gehen, Tom.“, hörte ich Alexeis sanfte Stimme hinter mir, doch war ich mir nicht sicher, wem die Wärme darin galt, dem Mädchen oder doch mir. Ich zuckte kurz mit den Schultern, nannte Alexei was ich von Zoe wusste, was wirklich nicht gerade viel war und ging langsam zu dem Treppenhaus zurück ohne mich umzudrehen.

Ich war ehrlich erleichtert, denn Alexei war wirklich besser dazu geeignet, einem verängstigten, übervorsichtigen Wolf zu helfen. Und noch während ich das dachte, wurde mir klar, dass Alexei das auch vor zwei Jahren so bei mir gemacht hatte.

Ein wenig musste ich schmunzeln, als ich an die ersten Tage und Wochen bei dem Rudel zurück dachte. Es war ein langer Weg gewesen, doch hatte es sich gelohnt ihnen mein Vertrauen zu schenken – und vielleicht bekamen wir ja jetzt noch ein Rudelmitglied mehr.

Ich würde nicht das Vertrauen, was mir meine Leute entgegenbrachten, missbrauchen und sie in Gefahr bringen, auch wenn das hieß, dass ich nicht nach Sina suchen konnte, sie aus meinem Kopf bekommen musste.

Ich hatte mich entschieden, wurde mir klar, als ich langsam die Stufen zu meinem Arbeitsplatz hinauf stieg. Ich hatte mich entschieden: für meine neue Familie und gegen das Mädchen, das in meinen Träumen rumspukte – auch wenn dieser Gedanke in meinem Brustkorb so ein beklemmendes Gefühl hinterließ.

Waldflucht

Es waren jetzt vier Tage vergangen, seit meiner Begegnung mit Sinas Vater und langsam hatte ich das Gefühl verrückt zu werden. Egal was ich tat oder wo ich war, fast zwanghaft wanderten meine Gedanken zu dem Vampirmädchen, dabei wollte ich nichts weniger.

Ich sehnte mich danach, sie wieder zu sehen und gleichzeitig gab es nichts, was ich mehr fürchtete. Ich wollte ihr Lächeln sehen, ihre kindlich-fröhliche Art erleben und was ich mir selbst nicht eingestehen wollte, ihre kleine, warme Hand in meiner fühlen.

Doch was war, wenn Sina mich vergessen hatte? Vielleicht war ich ja wirklich nur eine Ablenkung für das gelangweilte Vampirkind gewesen und nicht wirklich von Bedeutung. Immer wieder drehten sich meine Gedanken um diese Punkte und ich kam doch nicht weiter oder zu einem Entschluss.

Mein Rudel hatte meine geistige Umnachtung bemerkt, doch schoben sie das auf das Treffen mit Zoe oder dem Vampir, da Alexei den Mund gehalten hatte und nichts von meiner Verbindung zu dem Vampir erzählt hatte.

Das war ein Teil meiner Vergangenheit und als solche ging es keinen Wolf meines Rudels etwas an, solange es niemanden gefährdete. Ich war Alexei für seine Verschwiegenheit dankbar, doch die Blicke mit denen er mich manchmal maß, beunruhigten mich, sie waren so voller Sorge.

Vielleicht hatte er auch Recht damit, sich um mich Sorgen zu machen, denn ich war unkonzentriert, reizbar und starrte manchmal einfach nur in die Gegend. Es machte sich sogar bei der Arbeit bemerkbar, was man an dem Vorfall mit Zoe gesehen hatte. Wäre nicht mein menschlicher Kollege auf das Mädchen aufmerksam geworden, hätte ich sie nicht bemerkt, obwohl ich sie doch deutlich hätte riechen müssen.

So hatte ich Zoe, die immer noch bei unserem Rudel lebte, in Rosalynns Obhut gelassen, mir bei Alexei von der Arbeit auf unbestimmte Zeit frei genommen und war abgehauen. Wie früher streifte ich durch den nahen Wald, ohne Ziel oder Verpflegung. Irgendwann im Laufe der nächsten Tage würde mich der Hunger oder der Wunsch nach Gesellschaft zurück zum Rudel treiben, doch war ich erst knapp zwölf Stunden unterwegs und noch weit von diesem Punkt entfernt.

Im Moment genoss ich noch die Einsamkeit, die Natur und die Zeit nachzudenken, ohne dass mich ein Wolf meines Rudels fragte, ob ich Hilfe brauchte oder ob mit mir alles in Ordnung war. Nicht dass ich die Sorge um meine Person nicht zu schätzen wüsste, doch gingen mir diese forschenden Blicke auf die Nerven, die sie mir immer zuwarfen, wenn sie dachten ich würde es nicht sehen.

Nur um das kleine Werwolfmädchen tat es mir leid, hatte ich doch ein schlechtes Gewissen sie einfach so im Stich zu lassen, auch wenn Rosalynn sich gut um sie kümmern würde. Doch schien sie sich gut mit der anderen Frau zu verstehen und auch Samuel kümmerte sich wirklich rührend um die Kleine. Und mal ganz ehrlich, jeder andere des Rudels war wohl besser darin ihr zu helfen, als ich.
 

Im Moment stand ich unter einer großen Fichte und beobachtete ein Waldkäuzchen, das wiederum den Boden unter dem Baum beobachtete. Es war ungefähr Mitternacht und die nächste Maus, die hier vorbei kam, würde wohl den kommenden Sonnenaufgang nicht erleben. Ein leises Knacken hinter mir, ließ mich hellhörig werden. Waren das nicht Schritte?

Tatsächlich, eine Person kam von hinten auf mich zu, schien sich aber nicht wirklich Mühe zu geben, unbemerkt zu bleiben. Ich drehte mich nicht um, doch waren alle meine Sinne angespannt. Wer war da hinter mir, ein Rudelmitglied, das sich Sorgen gemacht hatte?

Ich sog die Luft ein und über dem Waldgeruch konnte ich keinen anderen Geruch ausmachen und nur ein seltener Herzschlag war zu hören. Ein Vampir? Dumme Idee mich anzugreifen. Ich war topfit, gut genährt und mittlerweile auch in die Grundkenntnisse von diversen Kampfsportarten eingeweiht, da würde es selbst ein Vampir schwer mit mir haben.
 

Kurz bevor mir die Person gefährlich nahe kam, wirbelte ich herum, sprang laut knurrend los und pinnte den Vampir auf dem Waldboden fest. Ich brauchte einen Moment, um den Vampir zu erkennen, doch dann konnte ich nichts anderes tun als mit offenem Mund auf Sina hinunter zu starren. Da war sie: Das Mädchen, was trotz der drei Jahre, die vergangen waren, nicht aus meinem Kopf wollte.

„Was für eine stürmische Begrüßung!“, meinte Sina mit einem leisen Lachen und ihre braunen Augen funkelten mich belustigt an. Ich konnte immer noch nichts sagen, fragte mich nur, wie und warum die Vampirin hier war, vor allem aber, was zum Teufel ich jetzt machen sollte.

Von dem zierlichen Mädchen herunter steigen wäre schon mal ein Anfang, sosehr ich die Nähe zu ihr auch genoss. Mir fiel nämlich erst jetzt auf, dass ich mit meinem schweren Körper fast vollständig auf der Vampirin lag. Ich hatte ihr allem Anschein nach nicht wehgetan als ich sie umgestoßen hatte, denn der Waldboden war weich, doch bequem war es sicherlich nicht. Also rollte ich mich zur Seite und stand aus derselben Bewegung heraus auf.

Ich hatte Sina schon eine Hand entgegengestreckt, als sie den Oberkörper aufsetzte und zu meiner Freude, die ich natürlich nicht offen zeigte, nahm die Vampirin vertrauensvoll meine Hand an. Schwungvoll zog ich Sina hoch. Die drei Jahre hatten zwischen uns also anscheinend nichts geändert, denn die Vampirin ging genauso ungezwungen und furchtlos mit mir um, wie damals. Auch der dezente Geruch nach Rosen und alten Büchern haftete immer noch an ihr, bemerkte ich jetzt, wo sie so nahe bei mir stand.

Nur ich hatte mich verändert. Das unterschwellige Misstrauen war gegen Freude sie wieder zu sehen ausgetauscht, was man wohl auch an dem offenen Lächeln erkennen konnte, das um meine Lippen spielte.
 

„Was machst du hier? Wie hast du mich gefunden?“, fragte ich Sina und ließ ihre Hand bedauernd los, trat einen Schritt zurück. Die Vampirin, heute sogar mit Schuhen, klopfte sich etwas Dreck von Jeans und Pullover, ehe sie zu mir hoch sah und antwortete: „Um ehrlich zu sein habe ich dich gar nicht gesucht. Ich habe dich nur zufällig auf der Jagd gesehen.“

Die Enttäuschung, die sich bei diesen Worten in mir ausbreitete, war geradezu überwältigend, auch wenn ich eine neutrale Maske aufsetzte. Ich war ein sentimentaler Idiot, natürlich hatte Sina nicht nach mir gesucht. Wieso sollte sie auch?

Das hier war eine zufällige Begegnung und nicht weiter verwunderlich, musste Sina doch auch in der Nähe wohnen, wenn ihr Vater hier eine neue Fabrik aufbaute und deswegen viel Zeit hier verbrachte. Der Mann war der typische Patriarch, er würde nie seine Familie lange allein lassen. Wir würden jetzt ein bisschen so tun, als wären wir alte Freunde und dann würden sich unsere Wege wieder trennen, so einfach war das.

„Natürlich, wieso solltest du mich auch suchen?“

„Oh, das habe ich, nur nicht gerade eben. Aber das Problem war, dass ich nicht wusste, wo ich anfangen sollte. Mein Vater wollte mir nicht sagen, wo er dich getroffen hatte. Es war sowieso schon ein Zufall, dass ich ihn mit Jean über dich habe reden hören, sonst hätte ich nicht einmal gewusst, dass du so nah bist.“, redete sich Sina in Rage.

Sie sah wirklich wütend aus auf ihren Vater und ich hätte diesen Mann gerade auch genüsslich umbringen können, doch wurde die Verbitterung schnell durch Freude ersetzt. Das Vampirmädchen hatte also doch nach mir gesucht. Ich wusste nicht wieso es mir so wichtig war, aber diese Neuigkeit versetzte mich in ein lange nicht mehr gekanntes Hochgefühl.
 

„Du trägst das Band ja immer noch.“, sagte Sina und zeigte plötzlich auf das Medaillon meiner Eltern, das bei meinem Angriff auf sie aus meinem Pulloverkragen gerutscht war. Es hing immer noch an dem mittlerweile schmutzigen Band, das die kleine Vampirin mir damals bei sich zu Hause geschenkt hatte.

„Es ist von dir.“, murmelte ich mit einem Schulterzucken. Hatte ich das gerade laut gesagt? Dem Gesichtsausdruck des Vampirmädchens nach ja. Wie peinlich, es war so ziemlich das letzte, was ich ihr anvertrauen wollte, dass ich trotz der langen Zeit ein Andenken an sie trug.

„Ich bringe dir bei unserem nächsten Treffen ein neues Band mit.“, erklärte Sina und stieß ein helles Lachen aus, was für mich wie Engelsgesang klang. Sie wollte sich also wieder mit mir treffen? Ein wölfisches Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus und mit einem Mal war die ganze Anspannung der letzten Tage verflogen. Ich redete mir ein, dass es damit zusammenhing, dass ich jetzt das Rätsel über Sinas Verbleib gelöst hatte. Ich hatte schon immer ungelöste Rätsel gehasst.
 

„Oder willst du nicht, dass wir uns wieder sehen?“, fragte die kleine Vampirin und schob schmollend die Unterlippe vor. Na und ob ich wollte. Da war nur das kleine Problem, dass wir schon durch dieses Treffen unsere Familien in Gefahr brachten. Die letzten vier Tage hatte sich kein Vampir bei uns blicken lassen und auch wir hatten uns von ihnen fern gehalten, doch was würde passieren, wenn Sinas Vater erfuhr, dass ich mich mit ihr traf?

Ich liebte mein Rudel und wollte es nicht in Gefahr bringen. Außerdem würde Alexei mir mein Fell bei lebendigem Leibe abziehen, sollte er je von meinem Treffen mit Sina erfahren. Er war zwar immer sehr verständnisvoll und so gut wie nie aufbrausend, doch wenn ich unser Rudel so leichtfertig in Gefahr brachte, konnte ich nur mit Strafe rechnen.

„Wollen schon, können nur nicht. Weißt du nichts von dem Vertrag zwischen unseren Familienoberhäuptern?“, fragte ich und trat noch einen Schritt zurück. Ich wollte nicht in Versuchung kommen, Sina zu nahe zu treten, denn irgendwie hatte sie heute eine Anziehungskraft, die nicht normal war. Ich lehnte mich gespielt lässig gegen die Fichte wo der Waldkauz schon lange seinen Beobachtungspunkt hinter sich gelassen hatte, hier war einfach zu viel Lärm für eine Mäusejagd. Sina nickte ernst zu meinen Worten, sie hatte wohl so ziemlich die gleiche Predigt von ihrem Vater gehört, wie unser Rudel von Alexei.

„Ja, aber das ist gemein! Ich weiß, dass du mir nichts tust und du weißt, dass ich dir nichts tun kann. Wir brauchen Ihnen ja nichts sagen und können uns heimlich treffen. Wie … Romeo und Julia!“, erklärte Sina. Erst war ihr Ton düster und etwas verzweifelt, doch zum Schluss war sie wieder aufgedreht und der Vergleich zu den Shakespearefiguren schien ihr ein richtiges Hochgefühl zu geben. Ihre Augen funkelten belustigt und übermütig lächelte sie mich an, während sie allem Anschein nach vor innerer Unruhe kaum still stehen konnte.

„Romeo und Julia? Erstens: das war ein Liebespaar. Zweitens: am Ende waren die verblödeten Teenies tot.“, knurrte ich, doch Sina lächelte trotz dem dumpfen Grollen in meiner Stimme weiter, wich keinen Zentimeter zurück. Der Vergleich zu Romanfiguren gefiel mir gar nicht. Vor allem die beiden genannten Punkte hatten es mir angetan, denn auch wenn ich Sina vermisst hatte, hieß es noch lange nicht, dass ich sie liebte. Und die Frage wieso mir das Ende dieses Trauerspiels nicht gefiel, konnte sich wohl jedes vernunftbegabtes Wesen selbst erklären.
 

Schick sie weg oder geh selbst, dachte ich mir, denn sonst konnte aus dieser Situation wirklich eine Katastrophe für eine unserer beiden Familien werden. Doch obwohl ich wusste, dass ich Recht hatte, konnte ich es nicht übers Herz bringen, sie gehen zu lassen. Ich wollte, dass sie bei mir blieb, nur wenige Augenblicke noch, dann würde ich mich von ihr verabschieden. Zumindest redete ich mir das ein.

„Dann sollten wir die Zeit nutzen, die uns diese Nacht noch bleibt. Aber du solltest wissen, dass ich noch jagen muss.“, erklärte Sina und zu meiner Verwunderung ging sie nicht weiter auf das Thema ein, schien noch nicht einmal traurig oder verärgert zu sein.

Irgendwas hatte dieses Mädchen vor, die Sache war bestimmt noch nicht ausgestanden, so naiv das zu glauben, war ich nicht. Der Gedanke mit Sina jagen zu gehen hatte etwas Irreales. Nicht nur, dass ich nicht sicher war, ob ich das Vampirmädchen dabei beobachten wollte, wie sie irgendwen oder irgendwas anfiel, war ich außerdem viel zu langsam, um mit einem Vampir mitzuhalten.
 

„Für eine Jagd mit dir bin ich nicht schnell genug – zumindest in meiner menschlichen Form.“, meinte ich zweifelnd und während ich das sagte, schüttelte ich den Kopf. Das war schon völlig verrückt alleine daran zu denken, in meine Werwolfsform zu wechseln, um mit einem Vampir durch die Wälder zu laufen! Anscheinend war Sina genau so verrückt wie ich, denn sie bekam funkelnde Augen und ich sah es förmlich in ihrem Gesicht arbeiten, während sie hin und her wanderte. Ich schreckte doch etwas hoch, als sie plötzlich aufschrie.

„Also, worauf wartest du? Werd zum Wolf, ich habe Hunger.“, jauchzte Sina ungeduldig und balancierte über einen umgefallenen Baumstamm, jedoch hatte sie mir dabei ihr Gesicht zugewandt. Ich musste ehrlich zugeben, dass sie an Körperbeherrschung, zumindest was das Gleichgewicht anging, mir einiges voraus hatte. Ich war zwar kein Tollpatsch, doch ein Hochseilartist noch weniger. Ein Werwolfbiss brachte einem zwar einiges an Instinkten und damit verbunden auch schnelleren Reaktionen, doch zaubern konnte man deswegen noch lange nicht.

„Na gut, wie du willst.“, erklärte ich nach einigem Zögern und schenkte ihr ein wölfisches Grinsen. Ich war gespannt und gleichzeitig besorgt, wie sie auf meine Verwandlung reagieren würde. Doch ging es mir dabei eher um den Vorgang, denn einen echten Wolf hatte sie wohl schon mal gesehen und in meiner tierischen Form sah ich genauso aus, vielleicht ein bisschen größer und kräftiger.
 

Ich ließ mit einer eher beiläufigen Bewegung meine Jacke von den Schultern gleiten und legte sie auf eine Astgabel. Dann fasste ich den unteren Saum meines Pullovers mit beiden Händen und zog ihn mir mit einer fließenden Bewegung über den Kopf, so dass ich nun mit freiem Oberkörper vor Sina stand.

„Was machst du da?“, fragte die kleine Vampirin auch schon zweifelnd, verwirrt und vielleicht sogar etwas ängstlich.

Doch ließ sie dabei ihren Blick auf mir ruhen, hatte den Kopf etwas schief gelegt und stand nun still auf dem liegenden Baumstamm. Ihre Augen wanderten über meinen Oberkörper und ich blieb einen Moment regungslos stehen, um sie nicht in ihrer Musterung zu unterbrechen. Ich gestattete mir ein kleines Lachen, als ich ihren Blick regungslos erwiderte.

„Was denkst du, was mit der Kleidung passiert, wenn ich mich verwandle?“, fragte ich mit einem kleinen Knurren in der Stimme, das deutlich machte, was für ein Tier doch tief in mir steckte. Ich beugte mich vor und schnürte meine Schuhe auf. In der Vergangenheit hatte ich es ein paar Mal versucht die Kleidung vorher nicht abzulegen, doch waren das alles ziemlich chaotische Verwandlungen gewesen.

Teils waren die Klamotten zerrissen und in den Überresten hatte ich mich in meiner Wolfsform verfangen. Keine schönen Erinnerungen, denn ich hatte einige Minuten gebraucht, um mich zu befreien und war somit für diese Zeit völlig hilflos gewesen. Das würde ich in einem Wald, den ich nicht wie meine Westentasche kannte und an der Seite eines Vampirs nicht riskieren.
 

Die Schuhe stellte ich samt Socken unter die Astgabel mit meiner Jacke und Pullover. Sina schaute mir immer noch bei jeder Bewegung zu, doch sah sie dabei nun eher fasziniert aus anstelle von verwirrt oder gar ängstlich. Doch als ich mich dem Gürtel meiner Jeans zuwandte, schien ein Ruck durch das kleine Vampirmädchen zu gehen. Ich war mir nicht ganz sicher in dieser Dunkelheit, aber ich glaubte, dass Sina leicht gerötete Wangen bekam, bevor sie mir den Rücken zuwandte und dann vom Baumstamm runter sprang.

Sie starrte vor sich in den Wald und stand stocksteif da, was mich dazu veranlasste leise vor mich hinzulachen. Das hätte Sina fast wieder dazu gebracht sich umzudrehen, doch hielt sie sich noch rechtzeitig zurück. Mir war es eigentlich egal ob mich das Mädchen nackt sah oder nicht.

Ich war nicht sonderlich empfindlich, was das anging, hatte ich doch so gesehen auch keinen Grund mich zu verstecken, trug ich doch weder eine Wampe vor mir her noch war ich, bis auf ein paar kaum erkennbare Narben, entstellt.

Ich schüttelte den Kopf. Seit wann machte ich mir über meinen Körper Gedanken? Was mir noch auffiel während ich mich weiter auszog war, dass ich heute Nacht innerhalb von vielleicht einer Stunde so viel gelacht hatte, wie sonst in einer ganzen Woche. Was machte dieses Mädchen nur mit mir? Einen Moment starrte ich auf den schmalen Rücken vor mir, doch dann konzentrierte ich mich auf die Bestie, die in meinem Inneren tobte und von der Kette gelassen werden wollte.
 

Es war ein Vorgang von wenigen Momenten, in denen ich dem Wolf in mir erlaubte die Kontrolle zu übernehmen, auf die Knie sank und den kurzen Schmerz mit zusammengebissenen Zähnen ertrug. Das Verlängern oder Verkürzen von Knochen, Muskeln und Sehnen war schmerzhaft, doch aushaltbar.

Das leise Knirschen und Knacken der eigenen Knochen war hingegen ekelhaft, fühlte man dies doch eher, als dass Außenstehende es hören konnten. Beides war ein Grund dafür, dass ich so selten in meine Wolfsform wechselte, trotz der kurzen Dauer des Vorgangs und auch wenn ich auf vier Beinen schneller war als auf zweien.

Nach diesen Momenten innerlicher Qual stellte ich mich auf meine Pfoten, schüttelte mein Fell einmal und sah mich um. Sina stand immer noch hinter dem liegenden Baumstamm, doch wirkte sie nervös. Hatte sie Angst vor mir oder fragte sie sich gerade, was mit mir passierte? Manchmal hätte ich gerne die Fähigkeit in den Köpfen anderer Leute herum zu spuken und ihre Gedanken zu erfahren, doch schnell schüttelte ich diesen Gedanken ab.

Stattdessen sprang ich mit zwei schnellen Sätzen in Richtung Sina und setzte mit einem Sprung über das Holz des umgefallenen Baumes, wobei sich meine Krallen tief in die Borke versenkten, um nicht abzurutschen. Mit Belustigung erkannte ich an ihrem Zusammenzucken, dass ich Sina erschreckt hatte und schaute aus meiner nun friedlich neben ihr sitzenden Position zu ihr hoch. Mein Kopf ging dem Vampirmädchen bis ungefähr zur Hüfte oder Taille und mit nur einem Biss meiner mit spitzen Zähnen versetzten Schnauze hätte ich ihren zierlichen Hals brechen können.
 

„Oh, bist du aber süß!“, rief Sina verzückt, beugte sich leicht zu mir herunter und begann ohne eine Spur von Zögern, mich hinter meinem Ohr zu kraulen. Ich war so verwundert über ihre Reaktion, dass ich noch nicht einmal erbost den Kopf schütteln oder gar knurren konnte. Meine Güte, hier stand ein wirklich riesiger Wolf vor ihr und Sina fand ihn süß. Süß!

Zu meiner Schande musste ich mir eingestehen, dass ich automatisch den Kopf schräg gelegt hatte, damit Sina besser durch das Fell an meinem Hals fahren konnte und wäre ich eine Katze gewesen, hätte ich wohl geschnurrt. Ich hielt mich gerade noch auf, als ich mich mit meinem Körper gegen Sinas Beine lehnen wollte, um die sanft kraulenden Finger besser genießen zu können. Um Himmels Willen! Was tat ich hier?

Ich schüttelte wortwörtlich Sinas Finger ab und trat ein paar Schritte zurück, wo ich mich wieder auf die Hinterläufe setzte und die Vampirin ansah. Ich spürte den Verlust des Körperkontakts zu der kleinen Vampirin mit einer Heftigkeit, die mich erschütterte. Ich war einsam, sonst nichts, versuchte ich mir einzureden. Außerdem hatte mich das süß wirklich von den Socken gehauen.

Normalerweise wurde ich mit solchen Adjektiven nicht bedacht, gefährlich, nicht vertrauenswürdig, markant oder selten auch mal gut aussehend, waren eher das, mit dem mich fremde Personen betitelten. Einen Moment fragte ich mich, ob Sina sich über mich lustig machte, doch das offene Lächeln in ihrem Gesicht schien so ehrlich, dass ich mir das nicht vorstellen konnte oder wollte.

Ja, ich wollte mit einer geradezu verzweifelten Intensität, dass sie mich mochte und mich nicht anlog. Diese ungezwungene, fast liebevolle Art mit der sie mit mir umging, brachte meinen zur Schau getragenen Mantel aus Gleichgültigkeit ganz schön ins Wanken und ich war froh darum, dass ich gerade in meiner Wolfsform hier stand und Sina somit nicht in meinem Gesicht lesen konnte. Sie lachte wieder leise, bevor sie sich auf den Baumstamm setzte.

„Kannst du jetzt überhaupt mit mir reden?“, fragte sie zweifelnd und hätte ich es gekonnt, hätte ich seufzend mit den Augen gerollt. Natürlich konnte ich nicht reden, dafür waren die Stimmbänder eines Wolfes nicht ausgelegt. Noch ein Nachteil, wenn man in dieser Form unterwegs war. Das hätten wir vielleicht vor meiner Verwandlung ansprechen sollen und ich beschränkte mich darauf das Vampirmädchen möglichst skeptisch anzusehen.

Sina sah wohl jetzt auch ihren Denkfehler ein, denn sie schüttelte über sich selbst schmunzelnd den Kopf. Sie machte ein Zeichen mit ihrer Hand, dass ich doch näher kommen sollte.

„Du verstehst mich aber? Natürlich verstehst du mich, hast ja noch Ohren und Gehirn.“, stellte Sina gleich die nächste Frage, um sie auch mit demselben Atemzug zu beantworten. Unwillkürlich kräuselten sich meine Lippen und ich hoffte, dass es nicht aussah wie ein Zähnefletschen. Mit langsamen Schritten kam ich nun doch auf das Vampirmädchen zu und setzte mich direkt neben ihre Beine, doch achtete ich darauf, sie nicht zu berühren.
 

„Dein Fell hat genau die Farbe deiner menschlichen Haare. Ein hübsches braun.“, erklärte Sina und strich mir einmal über den Kopf, verschränkte dann aber ihre Hände auf ihre Oberschenkeln, als meine Wolfsohren nervös zuckten. Musste sie mich immer anfassen, seit ich in dieser Form war? Die ganze Zeit vor drei Jahren und auch heute, hatte sie immer einen gewissen Abstand gehalten, mich nur berührt, wenn es von mir ausging, ich ihr die Hand wie eben entgegen gestreckt hatte oder so.

Und jetzt? Jetzt behandelte sie mich wie irgendeine Töle, die sie auf der Straße traf. Mir war nur nicht klar, was mich daran mehr ärgerte. War es, dass ich mich gerade fühlte wie ihr privates, kleines Schoßhündchen? Oder machte es mir mehr zu schaffen, dass ich so auffallend auf ihre Berührungen reagierte?

Jedes Mal, wenn ich ihre Hände in meinem Fell fühlte, wollte ich mich an ihre Finger schmiegen und gleichzeitig die Flucht antreten. Ich war ein gesunder, junger Mann und lebte dementsprechend nicht gerade wie ein Mönch, doch ersetzten diese Liebschaften und Nicos gelegentlichen Knuddelattacken nicht das Bedürfnis nach Zuneigung.

Und gerade nach dem psychischen Stress der letzten paar Tage, war ich deshalb anfällig für die Berührungen der kleinen Vampirin, bei jeder anderen Person hätte ich mich wohl genau so verhalten. Ich kam zu dem Schluss, dass das wohl so sein musste.

Weswegen roch Sina auch so gut nach Blumen und besaß ein Lächeln, das jeden Mann schwach machen würde? Meine Güte, was war ich heute für eine Mimose, ein nervliches Wrack? Am Liebsten hätte ich mit dem Kopf gegen den Baumstamm geschlagen, doch das hätte wohl ein bisschen komisch ausgesehen.
 

„Soll ich das so lange nehmen und in meine Hosentasche stecken?“, fragte mich Sina plötzlich und ich folgte ihrem Blick. Halb zwischen den Haaren meines Brustfells versteckt hing das Medaillon meiner Mutter und glitzerte im Licht des fast vollen Mondes golden. Das Vampirmädchen streckte eine Hand danach aus, wohl um es mir vom Hals zu nehmen, doch ich wich einen Schritt zurück.

Ich wusste nicht, wieso ich es tat, alte Gewohnheit wahrscheinlich, doch Sinas Blick, irgendwo zwischen schmollend und verletzt, sorgte bei mir sofort für ein schlechtes Gewissen. Sie wollte das Schmuckstück doch nicht behalten, sie würde es mir schon wiedergeben. Was hätte ich jetzt dafür gegeben, wenn ich das kleine Wort „Entschuldigung“ über meine Lippen gebracht hätte, doch dafür war eine Wolfsschnauze nun mal nicht ausgelegt, selbst die eines Werwolfs nicht.

Stattdessen legte ich meine Pfoten auf Sinas Oberschenkel, ließ meinen Kopf darauf sinken und ließ ein leises Winseln hören, auch wenn ich mich dafür ein wenig schämte. Sofort hellte sich Sinas Gesicht wieder auf und sie ließ ihr hübsches Lachen hören, während sie mir über den Kopf strich.

Innerlich atmete ich auf, war mir das Vampirmädchen doch nicht böse, denn schließlich hatte sie Recht. Das Band um meinen Hals war schon ziemlich zerschlissen und dank des Fells würde ich es vielleicht nicht einmal merken, wenn ich das Medaillon verlieren würde. Erst nach einigen Momenten fiel mir auf, dass Sina wieder ihre Finger in meine Fell hatte und mit einem innerlichen Schulterzucken tat ich es als unabänderlich ab.

„Ich hoffe, du hast keine Angst vor mir, wenn wir gleich jagen gehen. Du weißt ja, dein Blut schmeckt mir nicht.“, erklärte Sina leise und trotz dem leicht heiteren Tonfall, war ihr der Ernst der Worte im Gesicht anzusehen. Ich hatte aufmerksam zu ihr hoch gesehen, zum einen sollte sie dadurch merken, dass ich ihr zuhörte und zum anderen mochte ich ihre Stimme.

Nach kurzem Zögern nahm mir Sina nun doch den Anhänger vom Hals und wickelte sorgsam das Band um das Medaillon. Kaum spürte ich das Gewicht des Anhängers nicht mehr an meiner Brust, nahm ich die Pfoten von Sinas Beinen, um mich aufrecht hin zu stellen. Erstaunlicherweise machte es mir wenig aus, das Erinnerungsstück in die Hände der Vampirin zu legen, vielleicht kam es auch nur daher, dass ich mittlerweile auch vom Jagdfieber gepackt war.

Ich wollte loslaufen, jagen und irgendwas hetzen. Mir ging es jedoch nicht um das wirkliche Beute machen, wie dem Vampirmädchen, sondern eher um die Aufregung und Spannung einer Jagd und ich konnte kaum ruhig stehen bleiben. Demonstrativ drehte ich mich von Sina weg in irgendeine Richtung des Waldes und wandte nur den Kopf zurück, um sie aufzufordern endlich in die Spur zu kommen.

„Dann wollen wir mal sehen, wie schnell du bist, Wolf.“, meinte Sina in einem herausfordernden Ton, während sie sorgsam meine Kette in ihrer Jeanstasche verstaute. Ich merkte, wie sich die Muskeln in meine Wolfskörper anspannten, konnte ich der Herausforderung doch nicht widerstehen, wollte der Vampirin zeigen, was in mir steckte. Und doch wusste ich im gleichen Atemzug, dass es mir nichts ausmachen würde, wenn ich von Sina überholt würde, sah ich doch das verspielte Lächeln in ihrem Gesicht. Gegen sie zu verlieren war etwas anderes, als von Samuel oder gar Ulrich geschlagen zu werden und im ehesten ließ sich das Gefühl bei dem Gedanken daran mit einem Spiel mit Nico vergleichen. Bei dem Welpen traf es mich auch nicht, wenn ich verlor.

„Na dann, los!“, jauchzte Sina und sprang behände los. Sie hatte für den Nachteil von nur zwei Beinen ein ganz schönes Tempo drauf und ich fragte mich, was bei einem Vampir anders war, dass sie schneller waren als Werwölfe in ihrer menschlichen Form. Doch lange Zeit zum Nachdenken blieb mir nicht, denn der Rausch der Geschwindigkeit und das Gefühl von Freiheit vertrieben alle anderen Gedanken, als ich mit der Rute wedelnd und japsend hinter Sina her jagte. Es gab nur noch Sina, mich und unsere Beute.

Jagdgeflüster

Sorry, dass es letztes Mal so lange gedauert hat - hab vergessen was hoch zu laden *drop*

Sind noch 10 Kapitel fertig ;)
 

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Mit einem riesigen Satz sprang Sina das Reh an und brachte es so trotz ihres eigenen geringen Gewichts zu Fall. Mit fliegendem Atem und einen Puls in den höchsten Regionen stoppte ich bei diesem Anblick etwas entfernt von der Vampirin und ihrer Beute

So sah ich nicht, wie die Zähne der Vampirin sich in die Halsschlagader des Tieres bohrten, doch ich konnte in der Luft deutlich den metallischen Geruch nach Blut wahrnehmen – selbst von den paar Metern Entfernung und über den Angstgeruch des kleinen Rehgrüppchens, das Sina und ich aufgescheucht hatten und von denen das Vampirmädchen eines der älteren Tiere geschlagen hatte.

Der Rest der Rehe war schon längst zwischen den Bäumen verschwunden, musste jetzt mit einer Ricke weniger auskommen. Ein großer Verlust war das Tier wohl nicht für seine Herde, denn hätte es den Winter wohl kaum überstanden, hatte auch kein Kitz an seiner Seite gehabt.

Trotzdem sträubte sich mein Fell bei der, für meine Wolfsohren deutlichen Schluckgeräuschen und ich zwang mich, still an meinem Beobachtungspunkt sitzen zu bleiben. Es war eine sehr gewöhnungsbedürftige Situation. Ich hatte gewusst, dass Sina Blut trinken würde und auch, dass dafür ein Tier sterben musste. Doch ich empfand nach dem ersten Schock nicht das Entsetzen, dass ich vielleicht empfinden sollte.

Ja, es war etwas unheimlich und näher herantreten wollte ich auch nicht, aber ich hatte nicht das Gefühl mich übergeben zu müssen und in mir war keine Spur von Ekel. War das nicht im Grunde dasselbe, was auch jeder Mensch mit seinem Sonntagsbraten machte? Na gut, der wurde im Laden gekauft und nicht selbst gejagt, doch war das doch zu vergleichen. Beides Mal ging es darum, die nötige Nahrung für sich zu finden und den Hunger zu stillen.
 

Immer entspannter werdend blieb ich an meinem Platz sitzen und langsam beruhigten sich auch Atem und Herzschlag, welche noch von der wilden Jagd auf Hochtouren liefen. Sina war ziemlich schnell und in meiner menschlichen Form hätte ich niemals mithalten können, selbst als Wolf war es über längere Zeit anstrengend.

Einen Moment fragte ich mich, was wohl der nächste Mensch sagen würde, der hier vorbei kam und ein totes Reh vorfand. Doch dann nahm meine Nase die feinen Gerüche der Waldtiere wahr und wenn ich mich nicht irrte, dann hatte der Aufruhr und Blutgeruch schon einige der Kleinraubtiere angelockt. Ich hörte das Rascheln vieler kleiner Pfoten, die entweder vor lauter Angst flüchteten oder in Hoffnung auf ein Abendessen näher kamen.

Doch trauten sich noch keine Tiere heran, aus Respekt vor Sina und mir. Die Natur würde schon dafür sorgen, dass hier in ziemlich schneller Zeit nichts mehr von dem Reh zu sehen war und welcher Mensch würde auch mitten im Wald rum rennen, so weit von dem nächsten Wanderweg entfernt. Es gab schon einen Grund dafür, dass Sina und ich uns unabhängig voneinander diesen abgelegenen Teil des Waldes ausgesucht hatten um zu jagen oder Ruhe zu finden.
 

Ich hob meinen Blick, der während meiner Gedankengänge auf den Boden gewandert war, als ich das Reiben von Stoff vor mir hörte. Sina war anscheinend satt, denn sie hatte von dem Reh abgelassen, stand auf. Zu meiner Erleichterung hatte sie sauber gegessen und keine Blutspuren waren auf ihren Lippen zu erkennen, auch wenn diese dunkler schienen als gerade noch und Sinas Wangen gerötet waren.

Auch ihre Kleidung war sauber, ganz anders als bei ihrem Angriff auf den Werwolf von vor drei Jahren, aber da hatte sie ja auch um ihr eigenes Leben kämpfen müssen.

Plötzlich sah Sina gar nicht mehr so glücklich und aufgedreht aus, wie noch vor wenigen Minuten und ihre Schritte waren zögerlich, als sie in meine Richtung kam. Den Kopf gesenkt haltend blieb sie wenige Meter vor mir stehen und traute sich anscheinend nicht, mich anzusehen. Was war denn jetzt schon wieder los? Mit diesem Vampirmädchen hatte man nichts als Ärger!
 

„Du hasst mich jetzt doch nicht, oder?“, murmelte Sina mit zittriger Stimme vor sich hin und es hörte sich wirklich hilflos an. Schämte sie sich jetzt etwa für sich und den Zwang Blut zu trinken? Ich schaute fragend zu Sina hoch und ich verwünschte gerade wieder mal die Unfähigkeit mit meiner Wolfsschnauze auch nur ein einziges Wort sagen zu können.

Jetzt schaute das kleine Vampirmädchen doch hoch und das Glitzern in ihren Augen sah für mich verdächtig nach ungeweinten Tränen aus. Es tat mir innerlich fast weh, die Vampirin so zu sehen, denn irgendwie wollte ich nicht, dass sie traurig war.

Auch wenn es mir eigentlich egal sein konnte, schaffte ich es nicht, ihren verzweifelten Gesichtsausdruck noch länger auszuhalten und war mit ein paar schnellen Schritten bei ihr, rieb meinen Kopf an ihrer Hand. Das alles geschah, ohne dass ich mich aufhalten konnte. Hatte ich eben nicht noch gedacht, dass Sina ihre Finger von mir lassen sollte?

Jetzt war ich es, der die unsichtbare Grenze zwischen uns übertrat und die Vampirin berührte – und das alles nur, weil sie so traurig aussah. Verdammter Scheiß, ich wurde langsam wirklich weich!
 

Ich zuckte doch etwas zusammen, als sich Sina auf die Knie fallen ließ, mir den rechten Arm um die Brust schlang, während ihr Kopf und ihr linker Arm auf meinem Rücken zu liegen kamen. Stocksteif stand ich da, während die Vampirin leise flüsterte: „An manchen Tagen bin ich so einsam. Weißt du, ab und zu hasse ich mich selbst. Ich könnte es verstehen, wenn du wegliefest, doch du bist da geblieben. Danke.“

Ich hatte Mühe mich auf die genauen Worte zu konzentrieren, strich mir doch Sinas warmer Atem durch das Fell, außerdem hatte sie sich so fest um meinen Hals gekrallt, dass das mit der Luftzufuhr auch etwas komplizierter wurde. Trotzdem wurde mir auch die Verzweiflung in Sinas Worten klar. Wie einsam musste sie sein, um mir das alles anzuvertrauen?

Hatte sie denn niemanden in ihrer Familie, dem sie ihr Herz ausschütten konnte? Verdammt, wir kannten uns doch eigentlich gar nicht. Ich stand zwar in ihrer Schuld, hatte sie mir damals mein Leben gerettet, doch in den zwei Tagen konnte man doch noch nicht mal ansatzweise eine Freundschaft aufbauen. Innerlich atmete ich einmal tief durch, während ich meinen Kopf nach hinten drehte, um Sina anzusehen.

Ganz ruhig bleiben, nur nicht ausflippen, weil Sina mir eigentlich viel zu nah war. Ich sah nur ihren Rücken und Hinterkopf, vergrub sie doch immer noch die Nase in meinem Fell und mir blieb nichts anderes übrig, als mein Mitgefühl durch ein kurzes Anstupsen mit meiner Schnauze zu zeigen. Es wurde wirklich Zeit, dass ich wieder in meine menschliche Form kam, auch wenn ich selbst dann nicht besonders gut im Trösten war, konnte ich doch wenigstens ein paar Worte sagen, die ihr klar machten, dass ich sie nicht hasste oder in irgendeiner Weise gruselig fand.

Ich war doch selbst ein Geschöpf der Nacht. Auch wenn ich kein Blut zum Leben brauchte, hieß das noch lange nicht, dass ich ein Kuscheltier war – auch wenn Sina mich gerade zu meinem Unmut dafür hielt.
 

Einen Moment erlaubte ich Sina noch diese vertrauliche Umarmung, dann wurde es mir doch etwas zu viel und ich bewegte unruhig die Muskeln in Beinen und Rücken. Sina merkte es wohl, denn sie ließ mich los, kniete aber immer noch vor mir.

Wir waren ungefähr mit unseren Augen auf gleicher Höhe und so konnte ich gar nicht anders, als die Tränen zu bemerken, die aus ihren braunen Augen kullerten. Es war mir etwas unangenehm, wusste ich doch nicht, wie ich auf eine weinende Frau reagieren sollte. Selbst als Mensch hätte ich etwas hilflos dabei gestanden und was sollte man auch machen, das Mädchen in die Arme ziehen? So ein Unsinn!

Nach ein paar Augenblicken riss sich die Vampirin zusammen und wischte sich energisch die feuchten Spuren in ihrem Gesicht weg. Sie sah mich unter ihren langen Wimpern her schüchtern an, während sich ihre Wangen eindeutig rötlich färbten. War ihr der kleine Ausbruch gerade etwa peinlich? Wenn ja, dann hatte sie auch allen Grund dazu, ich war doch nicht ihr verflixter Psychiater!

Das Lächeln, das sich jetzt wieder langsam auf Sinas Gesicht ausbreitete, erstickte jedoch jedes Gefühl von Wut im Keim. Ich konnte doch keinem Mädchen böse sein, dass sie ihr Herz ausschüttete, wenn sie mir so ein Lächeln schenkte, selbst einer Vampirin gegenüber nicht. Mir wurde Sinas Blick langsam etwas unangenehm.

Ich hasste es, wie ihr Gesicht nur wenige Zentimeter vor meinem war und sie förmlich mit ihren Augen bis in mein Inneres zu schauen schien. Natürlich war das völliger Schwachsinn, niemand konnte durch die Augen in der Seele einer anderen Person lesen, doch alleine der Gedanke daran, ließ meine Nackenhaare sich in Habacht-Stellung aufstellen. Zeit, wieder zu der normalen Tagesordnung über zu gehen.

Bevor ich zu einem Schluss kommen konnte, ob ich jetzt einfach in Richtung Kleidung loslaufen oder Sina das auf irgendeine Weise verständlich machen sollte, überraschte mich die kleine Vampirin wieder. Sie tippte mir leicht auf die Schnauze, was mich dazu brachte ein Geräusch irgendwo zwischen Schnaufen und Niesen zu fabrizieren.
 

„Du bist!“, rief das Mädchen, sprang auf und lief los in Richtung Wald. Von einer Sekunde zur anderen war die ganze äußerliche Traurigkeit abgefallen und Sina verwandelte sich wieder in das verspielte Kind von gefühlten zehn Jahren.

In diesem Zustand könnte man sie für ganz schön naiv halten, doch mittlerweile glaubte ich, dass es sich um genau so einen Schutzmantel handelte, wie meine Wortkargheit und der Sicherheitsabstand zu allen Personen. Innerlich zuckte ich mit der Schulter. Das ging mich weder etwas an, noch interessierte es mich – wirklich nicht.

Die ungefähre Richtung, die Sina einschlug passte, um zu meinen Klamotten zu gelangen. Außerdem hatte ich mich von dem vielleicht halbstündigem Sprint wieder erholt und eigentlich hatte ich immer noch nicht genug. Ich wollte weiter rennen, weiter toben und bis zum Äußersten gehen. Wenn als Nebeneffekt ein glücklicher Vampir dabei raus kam, konnte ich doch nicht nein sagen, also beschloss ich zumindest eine Zeit lang mitzuspielen.

Ich sprang hinter Sina her und das Gefühl des unter meinen Pfoten her fliegenden Waldbodens war geradezu berauschend. Sina wich mir aus, tänzelte vor mir her und das mit einer scheinbaren Leichtigkeit, dass ich mit meinen vier Pfoten und Rute als Ruder nur schwer hinterher kam.

Immer weiter ging die wilde Jagd und ich schnitt der Vampirin andauernd den Weg ab, um sie im letzten Moment noch ausweichen zu lassen, was sie in ihr helles Lachen ausbrechen ließ. Erst nach einiger Zeit fiel mir auf, dass wir schon lange an dem Lagerplatz meiner Kleidung vorbei gelaufen waren und es machte mir nichts aus. Nein, ich hatte sogar meinen Spaß!
 

Wir tobten so lange wie kleine Kinder durch den Wald, bis wir beide erschöpft waren. Ich hatte schon seit Ewigkeiten nicht mehr etwas so Dummes gemacht, wie mit einem natürlichen Todfeind fangen zu spielen, doch fühlte ich mich nicht schlecht dabei. Es hatte gut getan mal wieder als Wolf durch den Wald zu rennen, brauchte auch das Tier in mir manchmal Auslauf.

Ich fühlte mich ruhig und ausgeglichen und wenn ich dran dachte, dass ich vor wenigen Stunden noch völlig verzweifelt durch den Wald spaziert war, kam mir das irgendwie irreal vor. Das beengende Gefühl um meine Brust war verschwunden und ehrlich gesagt wunderte ich mich darüber, als ich hechelnd und mit hängendem Kopf neben Sina her trottete, deren Herzschlag für eine Vampirin auch ziemlich schnell ging.

Schließlich kamen wir wieder bei dem Baum an, wo meine Kleidung immer noch auf der Astgabel hing und ich war ehrlich gesagt doch etwas erleichtert. Meine Zunge hing mir aus der Schnauze und ich hatte Hunger und Durst. Auch Sina sah erschöpft aus, doch leuchteten ihre Augen übermütig und voller Lebensfreude, was mich innerlich zu einem glücklichen Lächeln brachte.

Doch gleich wurde meine Stimmung etwas düsterer, denn wenn ich meinem Gefühl trauen konnte, dann würde bald die Sonne aufgehen. In diesem Belang log mein Instinkt nie und das würde bedeuten, dass die kleine Vampirin gleich nach Hause verschwinden musste, wollte sie nicht durch die Sonnenstrahlen verletzt werden.

Ich würde Sina vielleicht nie wieder sehen, denn ich konnte mich doch nicht gegen Alexei stellen und unser Rudel in Gefahr bringen, indem ich mich mit einem Vampir verabredete. Innerlich zerrissen mich die beiden Wünsche, doch hatte ich meinem Rudel gegenüber eine Verpflichtung und somit wusste ich eigentlich schon, worauf meine Entscheidung hinauslaufen würde.

Ich musste das jetzt alles schnell zu Ende bringen und von hier verschwinden. Ich hasste Abschiedsszenen, vor allem wenn es zu Geheule und Gezeter kam und wer wusste schon, ob die kleine Vampirin nicht beides anstimmen würde. Demonstrativ setzte ich mich unter den Ast mit meinen Sachen, die zum Glück noch an ihrem Platz hingen, während ich die Vampirin musterte.
 

„Was ist … oh, ja. Drehe mich schon um.“, meinte Sina erst verwirrt, bevor sie wie ein Schulmädchen albern kichernd endete. Entweder hatte Sina sich damit abgefunden, dass wir uns gleich für unbestimmte Zeit voneinander verabschieden mussten oder sie hatte es noch nicht realisiert, denn sie hörte sich immer noch so fröhlich an.

Ich verdrehte die Augen gen Himmel, als die Vampirin sich endlich umdrehte und bereitete mich innerlich auf die kurzen Schmerzen der Verwandlung vor. Es war nicht gerade angenehm, aber es ging ja auch schnell wieder vorbei und mir gelang es, das alles stumm zu ertragen. Wäre ja noch schöner, dass die Vampirin davon etwas mitbekommen würde.
 

Etwas wacklig kam ich auf die Beine, war es doch ungewohnt nach der Zeit auf vier Pfoten plötzlich wieder auf zwei Füßen zu stehen. Außerdem hatte ich mich vielleicht doch mit dem ganzen herum Gerenne ein bisschen übernommen heute Nacht, denn hatte ich seit gestern Mittag nichts mehr gegessen und nun war es bald Zeit für ein Frühstück.

Kurz warf ich Sina einen Blick zu. Sie stand völlig entspannt da, hatte den Kopf leicht erhoben, als würde sie im Mondlicht baden. Dabei machte sie so einen entspannten Eindruck, dass ich schon fast so etwas wie Neid in mir hochkommen fühlte. Ich schüttelte den Kopf und riss mich von ihrem Anblick los.

Es wurde Zeit, dass ich wieder in die Klamotten kam, denn nach der sportlichen Betätigung war es doch etwas kühl so nackt mitten im nächtlichen Wald zu stehen. Mein Körper war erhitzt und ein dünner Film von Schweiß lag durch die Anstrengung auf meiner Haut. Auch wenn sich ein gesunder, gut genährter Werwolf keinen Schnupfen einfangen würde, so war die Nachtluft doch empfindlich kalt auf der Haut.

Schnell begann ich mich anzuziehen, wollte ich das Mädchen auch nicht zu lange warten lassen. Obwohl mir es ja eigentlich egal war, ob sie sich umdrehte oder bis zum Sonnenaufgang da rum stand.
 

„Fertig?“, fragte Sina auch schon etwas ungeduldig, die Nase immer noch gen Himmel gereckt. Ich war zwar gerade erst dabei in die Schuhe zu schlüpfen, doch grummelte ich zustimmend. Mein Pullover und die Jacke hingen zwar noch über der Astgabel, aber so hatte die kleine Vampirin mich vor ein paar Stunden auch schon gesehen.

Ich hockte halb auf dem Boden, während ich meine Schuhe zuband und hörte Sina näher kommen. Auch wenn ich nicht aufsah, konnte ich sie aus den Augenwinkeln nahe neben mich treten sehen und ich hörte, wie sie sich zu dem Ast wandte. Als ich mich aufrichtete, reichte sie mir meinen Sweater, wofür ich mich leise bedankte. Ja, manchmal kam bei mir auch eine höfliche Seite zu Tage.

„Ich gehe in zwei Nächten übrigens wieder jagen. Genau von hier starte ich um Mitternacht.“, erklärte Sina beinahe beiläufig, während ich in meinen Pullover schlüpfte. Doch ein gewisser Unterton strafte ihre scheinbar lockeren Worte Lügen, betonte sie doch jede Silbe deutlich, als hätte sie Angst, ich könnte den Satz nicht verstehen.

Wieso sagte Sina mir das? Fragend sah ich die Vampirin an, die mit fahrigen Fingern über die Borke des Baumes strich. Bevor ich aber noch meine Gedanken in eine Frage formulieren konnte, wurde es mir klar.
 

„Wenn wir uns also zufällig begegnen, kann keiner unserer Familien etwas dagegen sagen.“, folgerte ich anscheinend richtig, denn Sina nickte energisch. Das war doch völliger Schwachsinn! Als würde diese fadenscheinige Ausrede, dass wir uns „durch Zufall“ getroffen hätten Alexei davon abhalten mich einen Kopf kürzer zu machen oder Sinas Vater, ihr die nächsten zwanzig Jahre Hausarrest zu geben oder wie auch immer er sie zu bestrafen gedachte.

Das war völlig verrückt! Doch als sich ein freudestrahlendes Lächeln auf Sinas Gesicht bildete, wurden die ganzen guten Argumente gegen ein erneutes Treffen weggewischt. Ich hatte das Gefühl, dass selbst das Mondlicht gegen dieses glückliche Strahlen verblasste. In dem Gesicht des Vampirmädchens spiegelten sich immer ihre Gefühle wieder und im Moment erkannte ich dort nur das pure Glück.

Wieso bei diesem Anblick mein Herz einen freudigen Hopser machte, das wusste ich nicht. Vielleicht war es die Angst, dass wir doch von unseren Familien erwischt würden und so einen Krieg zwischen Vampiren und Werwölfen auslösten. Doch verdammt, wieso sollten wir es nicht mal versuchen? Ich hatte heute Nacht meinen Spaß gehabt, fühlte mich ausgeglichen wie schon lange nicht mehr und Sina schien es genau so zu gehen.
 

„Und, was denkst du? Kommst du auch …“

„Kein Wort! … Ich mache gerne Nachtspaziergänge.“, fuhr ich Sina erst grollend ins Wort, um auf ihren schmollenden Blick fast sanft den zweiten Satz hinterher zu schieben. Wenn wir schon so etwas wie eine Ausrede benutzten, dann sollte man darüber auch nicht reden. Frauen! Ich verstand ja schon die Menschen nicht, wie sollte ich da einen weiblichen Vampir verstehen? Wieso mussten die Personen mit zwei X-Chromosomen auch immer so viel reden?

Viel weiter kam ich mit meinem inneren Gejammer nicht, denn Sina hatte erst verstehend genickt, bevor sie schließlich vorsichtig das Medaillon meiner Mutter aus ihrer Jeanstasche zog. Sie nahm meine rechte Hand und legte es hinein.

Innerlich atmete ich ein bisschen auf, dass ich es endlich wieder selbst in den Händen hielt, doch eine wirkliche Erleichterung wollte sich nicht bei mir einstellen. Vielleicht, weil ich das Erinnerungsstück nicht ernsthaft in Gefahr gesehen hatte. Ich konnte nicht anders, als zu merken, dass der Anhänger sich von Sinas Körperwärme angenehm warm anfühlte.

Einen Moment schlossen sich die Finger meiner Hand automatisch um das Schmuckstück, bevor ich es mir um den Hals hängte und unter meinem Pullover verschwinden ließ. Aus irgendeinem Grund war mir überdeutlich bewusst, wo das Medaillon unter dem Stoff auf der Haut meines Brustkorbs lag und es verwirrte mich nicht gerade wenig.

„Dann werde ich jetzt besser nach Hause gehen. Man sieht sich.“, meinte Sina mit einem Lachen. Kurz strich sie mir mit ihrer Hand über den Arm und war schneller im Unterholz verschwunden, als ich es richtig mitbekam. Ich lächelte vor mich hin und schüttelte gleichzeitig über mich den Kopf. Ich hatte noch nicht einmal gezuckt, als Sina mich berührt hatte.

Vielleicht war es der Schlafmangel, denn bald würde die Sonne wieder aufgehen und ich war somit fast 36 Stunden auf den Beinen oder vielleicht waren es ja auch Hunger und Durst. Nein, ich wurde krank. Eindeutig! Da fiel mir ein: war ich seit meinem Werwolfbiss eigentlich krank gewesen?

Soweit ich mich erinnern konnte nicht. Verletzt ja, krank nein. So schwer es mir fiel zuzugeben, aber dann blieb nur noch eine Lösung übrig und die wäre, dass ich dem Vampirmädchen traute. Vielleicht nicht genug, um ihr mein Leben anzuvertrauen, doch ich hatte keine Angst mehr, dass sie mich jeden Augenblick anfallen könnte. Heilige Scheiße!
 

Ich schnappte mir meine Jacke und mit müden Schritten ging ich los, ohne wirklich zu wissen wohin ich wollte. Erst als ich nach fast einer Stunde das renovierte Bauernhaus vor mir sah, fiel mir auf, wohin mich meine Füße trugen und einen Moment blieb ich stehen. Vor mir lag das Haus unseres Rudels und ich war selbst etwas verwundert darüber.

Keiner würde mich so schnell zurück erwarten, hatte ich gestern bei meinem Aufbruch doch deutlich gemacht, dass ich einige Zeit für mich selbst brauchen würde. Bei dem Gedanken an die überraschten Gesichter mich jetzt schon zu sehen, breitete sich ein leichtes Lächeln auf meinem Gesicht aus und ich setzte mich wieder in Bewegung.

Die Aussicht auf Rosalynns Rühreier mit Speck und meinem schönen, weichen Bett war sehr verlockend und ließ mich meine Schritte noch einmal beschleunigen. Zusammen mit den ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages kam ich wieder zu Hause an.

Homecoming

Völlig erledigt betrat ich das Haus durch den Seiteneingang, der eigentlich nie verschlossen war, denn wer würde schon verrückt genug sein, in die Wohnung eines ganzen Werwolfrudels einzubrechen. Auch wenn so gut wie niemand von unserer Rasse wusste, machten gerade Ulrich, Samuel und ich nicht den Eindruck, als wäre mit uns gut Kirschen essen.

Vor allem Ulrich hatte sich als offizieller Besitzer des „Wolfs Heart“ einen Namen unter den zwielichtigen Gestalten gemacht, dass er es sich nichts gefallen ließ und hart durchgriff, wenn sich jemand in seiner Bar daneben benahm. Gewaltsame Rauswürfe waren keine Seltenheit, wenn jemand über den Durst getrunken hatte und einen der beiden menschlichen Angestellten oder Rosalynn, die manchmal aushalf, bedrohte.

Und falls wirklich mal jemand so dumm war in unser Bauernhaus einzusteigen, dann würden wir Bewohner schon von unserem feinen Gehör geweckt werden. Auch ich kam nicht besonders weit, denn schon im Flur kam mir Ulrich mit wütendem Blick entgegen gerast, die Faust zum Schlag erhoben.

Nur wenige Zentimeter vor meinem Gesicht hielt er seine Hand an, hatte mich wohl an Statur, Haltung und Geruch erkannt. Ich musste ehrlich sagen, ich hätte den Schlag nicht abhalten können, war ich doch gerade dabei gewesen müde über meine Augen zu reiben, vor allem fühlte ich mich hier so sicher, dass ich nicht mit einem Angriff gerechnet hatte.
 

„Ach, du bist es. Hatte eigentlich gedacht, dass wir etwas länger vor dir verschont geblieben wären.“, grummelte Ulrich, doch klang seine Stimme nicht ganz so bissig wie sonst. Entweder war der Kerl auch müde, oder er hatte sich tatsächlich so etwas wie Sorgen um meine Person gemacht. Ohne weitere Worte drehte Ulrich mir den Rücken zu und verschwand in Richtung Küche, aus der es wieder verführerisch duftete. Den Geräuschen nach war schon die halbe Familie auf, was mich doch ein wenig wunderte, war es doch bestimmt noch sehr früh. Ein Blick auf die Uhr korrigierte meine Zeiteinschätzung dann ein bisschen nach hinten, war es doch schon kurz nach sechs und schließlich musste der Welpe auch in die Schule.

Genau dieser kam mir auch schon in der Küchentür entgegen. Mit einem gezielten Sprung prallte er irgendwo zwischen Bauch und Brust gegen meinen Körper und nur ein schnelles Reagieren meinerseits verhinderte, dass Nico rückwärts auf den Fußboden landete.

„Du bist wieder da!“, jubelte der kleine Wolf und schlang seine kleinen Arme um meinen Hals, als wäre ich gerade von einer dreijährigen Pilgerreise zurück gekehrt und nicht nur für einen halben Tag und eine Nacht im Wald verschwunden. Mit dem kleinen Wolf auf den Armen trat ich jetzt endgültig in die Küche und wurde von einer lächelnden Rosalynn begrüßt, die sich wie jeden Morgen um das Frühstück kümmerte.

„Du hast bestimmt Hunger. Setz dich, Tom.“, erklärte sie und wedelte mit ihrer Hand in Richtung Küchentisch. Sie sah mich forschend an, schnupperte unauffällig, fand aber anscheinend nichts, dass sie beunruhigte, drehte sie sich doch wieder ihrer Pfanne zu.

Müde ließ ich mich auf einen der Stühle fallen, dazu hätte es die Aufforderung der Werwölfin nicht gebraucht. Immer noch hatte sich Nico am mich geklammert, als hätte er Angst, dass ich wieder verschwinden würde sobald er mich losließ. Ich schloss die Augen und legte mein Kinn auf den wilden Haarschopf des Welpen und zog einmal tief die Luft ein.

Der Kleine roch nach Kind, Geborgenheit und Familie, seine Körperwärme fühlte ich sogar durch meine Kleidung und irgendwie entspannte mich dies alles. Gestern Mittag hatte ich für einen Moment wirklich daran gedacht, diese Stadt zu verlassen, um nicht in Versuchung geführt zu werden, nach Sina zu suchen.

Wie dumm wäre das doch von mir gewesen, hätte ich doch auch meine Familie hinter mir gelassen, denn das war mein Rudel mittlerweile für mich, auch wenn es mir gerade erst so richtig klar geworden war. Als ich durch die Tür trat, die gewohnten Geräusche und Gerüche wahrnahm und diese liebevolle Begrüßung zumindest von Nico und Rosalynn hatten mich mitten ins Herz getroffen.

Der kleine Wolf in meinen Armen wurde unruhig, schnüffelte einmal an mir, bevor er von meinem Schoß sprang und sich auf den Stuhl neben mich setzte.
 

„Du warst im Wald und riechst nach Rosen.“, stellte Nico fest und runzelte die Stirn, zumindest soweit es mit der straffen Haut eines Achtjährigen ging. Meine Güte, ich hätte Sina nie erlauben dürfen, mich anzufassen. Ein Werwolf, der nach Rosen roch. Also bitte! Ich konnte Ulrichs abfälliges Grinsen sehen, doch im selben Atemzug schob er mir den Brotkorb zu.

„Sag bloß, du hattest ein Date?“, fragte er süffisant, schien Rosen gleich mit einem Blumenstrauß für ein Mädchen zu verbinden. Er beugte demonstrativ schnüffelnd den Oberkörper über den Tisch, dass seine Nase fast vor meiner hing. Knurrend und Augen verdrehend drückte ich meine Hand in Ulrichs Gesicht und schob ihn vorsichtig, aber energisch zurück. Er schlug meine Hand weg, grinste aber weiterhin breit, fast so als hätte er genau diese Reaktion provozieren wollen.
 

„Iieh! Da küsst man doch und heiratet. Du sollst nicht weggehen!“, entrüstete sich der Welpe und seinem Gesichtsausdruck nach, war die Vorstellung jemanden zu küssen wirklich das Ekligste, was er sich vorstellen konnte. Doch in dem letzten Satz klang auch etwas Panik mit. Hatte der Kleine wirklich gedacht, dass ich die Familie allein ließ? Na ja, einen Moment hatte ich es ja wirklich vorgehabt.

„Ich werde nicht weggehen. Und nein, ich habe sie nicht geküsst.“, korrigierte ich. Erst als ich die verwunderten Blicke von Rosalynn und Ulrich sah, wurde mir bewusst, dass ich gerade etwas zu viel verraten hatte. Damit hatte ich geradezu zugegeben, dass ich mich mit einer Frau getroffen hatte. Sonst war ich immer vorsichtig mit dem, was ich sagte, doch ich war wohl gerade etwas zu müde, um noch klar denken zu können.

Schritte von der Tür her, ersparten mir weitere Peinlichkeiten und ich sah auf, als Alexei die Küche betrat.
 

„Wir sind also wieder vollzählig.“, stellte er fest, als er sich seinem Sohn gegenüber neben Ulrich setzte. Allem Anschein nach hatte er meinen letzten Satz mitbekommen, denn er grinste bis über beide Ohren, als Ulrich mir den Käse rüberreichte, nicht ohne vorher noch mit seinem Messer ein kleines Herzchen in die oberste Scheibe zu ritzen.

Ich warf dem anderen Werwolf einen tödlichen Blick zu, was er mit einem leisen Lachen quittierte. Innerlich raufte ich mir gerade die Haare, aber nach außen hin versuchte ich ein neutrales Gesicht beizubehalten. Konnte mir noch einmal jemand sagen, weswegen ich dieses Rudel leiden konnte? Ich war von lauter Verrückten umgeben!

„Ich kann ab Morgen wieder arbeiten, heute würde ich gerne noch ausschlafen. Aber wenn es irgend geht, nur die Tagschicht.“, versuchte ich abzulenken und signalisierte, dass ich auf jeden Fall bleiben würde. Gleichzeitig war es eine gute Gelegenheit, sich schon mal die Nächte frei zu halten, schließlich wollte ich mich ja – rein zufällig natürlich – mit Sina treffen.

Sonst war mir mein Dienstplan so gut wie egal gewesen, denn im Gegensatz zu einigen anderen Personen, gewöhnte sich mein Biorhythmus ziemlich schnell an wechselnde Arbeitszeiten. Doch mit einer Vampirin als Gesellschaft beschränkte sich die mögliche Treffzeit ja nun mal auf die Nacht.
 

„Mal sehen, was sich machen lässt. Aber nicht, dass du in ein paar Tagen wieder abhauen willst.“, meinte Alexei, während Ulrich ein gespieltes Husten hören ließ , was sich verdächtig nach „Date“ anhörte. In der Stimme meines Rudelführers war auch so etwas wie eine Drohung enthalten, ihn nicht wieder mit einer Lücke im Dienstplan zurück zu lassen und ich nickte mit leicht geröteten Wangen zu seinen Worten.

Wenn es eines gab, was Alexei nicht leiden konnte, dann war es jemand, der entweder das Rudel in Gefahr brachte oder seine Arbeit nicht ernst nahm. Ich schämte mich gerade über alles, hatte ich doch zumindest den ersten Punkt sozusagen geplant.

„Lasst Tom doch erst mal in Ruhe essen und bei den Augenringen vielleicht auch ne Runde schlafen, bevor ihr ihn weiter ärgert.“, meinte Rosalynn, als sie mir einen vollen Teller vor die Nase stellte, doch ihre Augen glitzerten ebenfalls amüsiert. Machte sich denn jeder hier über mich lustig?

Es gab doch gar keinen Grund dafür, schließlich hatte ich doch kein Date mit Sina, war ja offiziell nicht mal mit ihr verabredet. Wortlos und etwas angefressen begann ich Rührei, Speck und Käsebrot in mich hinein zu stopfen, was mir einen pikierten Blick von der Alphawölfin einbrachte. Auch wenn sie es gern sah, wenn es ihrem Rudel schmeckte, legte sie doch auf ein Grundmaß von Benehmen wert, vor allem wenn Nico mit am Tisch saß.

Doch dazu hatte ich gerade zu viel Hunger, wollte schnell so viel wie möglich essen, bevor ich in mein Bett fallen und mindestens zehn Stunden schlafen würde.

Mein Rudelführer warf erst seiner Frau einen Blick zu, bevor er mit einem versteckten Lächeln sich zu mir umwandte, was ihm einen liebevollen Schlag mir ihrer flachen Hand auf den Hinterkopf einbrachte. Ungerührt füllte Alexei zwei Tassen mit Milch und schob Nico und mir jeweils eine zu.

„So, damit ihr beide groß und stark werdet und den Mädchen in der Schule oder wo auch immer den Kopf verdrehen könnt.“, feixte Alexei, grinste breit über beide Ohren. Ein wenig verwundert verzog ich das Gesicht, war doch allgemein bekannt, dass ich eher der Kaffeetrinker war. Doch wer war ich, dass ich mich gegen meinen Rudelführer widersetzte, nur weil ich lieber Kaffee anstelle von Milch haben wollte?

Der kleine Welpe hatte da weitaus weniger Hemmungen seinen Unmut lautstark kund zu tun. Während Nico jammerte, versteckte ich mein Lächeln hinter meiner Tasse, doch war ich wohl nicht schnell genug, piekste mir der Welpe empört in die Seite, dass ich fast die Milch über den Tisch gespuckt hätte.

Ich schaffte es gerade noch zu schlucken, bevor ich in ein belustigtes Lachen ausbrach. Eigentlich war es nicht so sehr der kitzelnde Finger des Jungen, der mich zum Lachen reizte, sondern die gesamte Situation. Die Last der letzten Tage war verschwunden und ich schaute wieder hoffnungsvoll in die Zukunft. Ich hatte endlich gemerkt, dass ich in meinem Rudel hier eine Familie hatte und die schönen Stunden mit Sina hatten auch dazu bei getragen, dass ich gerade völlig entspannt war.
 

„Sag mal, hast du getrunken?“

„Bis auf die Milch? Nö.“, meinte ich auf Ulrichs völlig perplexe Frage und grinste ihn frech an. Demonstrativ hob ich wieder meine Tasse an, prostete ihm zu und kippte den Rest Milch hinunter. Die leere Tasse stellte ich neben meinen ebenfalls leeren Teller ab und stand auch schon auf. Ich würde jetzt ins Bett und in einen komatösen Schlaf fallen.

„Weckst du den Rest der Truppe, wenn du hoch gehst? … Nein, du nicht! Du musst jetzt zur Schule.“, meinte Alexei erst an mich gerichtet, während der Befehl an seinen Sohn ging. Der Junge musste sich gleich auf den Schulweg machen, wollte er nicht zu spät zur Schule kommen. Für den Befehl des Rudelführers würden ihn Samuel, Michael und Zoe lieben, wurde ihnen so doch eine recht unsanfte Art geweckt zu werden erspart. Hatte denn keiner in diesem Irrenhaus keinen Wecker?

Seufzend nickte ich Alexei zu und wandte mich der Küchentür zu, von wo ich dann die Treppe hochstieg. Leise und polternde Schritte kamen mir entgegen, kündigte mir Samuel und Zoe an, bevor ich sie sah. Sie waren in ein Gespräch vertieft, dass sich um einen Film drehte, den sie wohl gestern zusammen gesehen hatten.

Kaum war man mal einen Tag aus dem Haus, schon bahnte sich hier etwas an! War Zoe nicht ein bisschen jung für Sam? Schließlich war sie gerade erst volljährig geworden und zwar sowohl nach ihrem menschlichen als auch Werwolfsalter.

Die Kleine war erst vor kurzem gebissen worden und kam dementsprechend noch nicht so gut mit ihrem Leben zurecht, doch lernte sie – soweit ich es mitbekommen hatte – jeden Tag etwas Neues von dem Rudel. Doch vermisst wurde Zoe laut ihrer eigenen Aussage wohl von niemandem, denn sie lebte schon seit fast einem Jahr auf der Straße und war auch dort von einem Werwolf gebissen worden.

„Hey, du bist wieder da!“, meinte Sam und seine Stimme klang dabei fast so erfreut wie die des kleinen Welpen. Wieder hatte ich das warme Gefühl in der Brustgegend, als ich hörte, dass ich vermisst worden war. Es war schön, dass ich nicht allen Personen auf der Welt egal war.
 

„Wo warst du denn so lange?“, fragte Samuel und die kleine Werwölfin neben ihm spitzte ebenfalls die Ohren, nachdem sie mich schüchtern lächelnd begrüßt hatte. Aus der nur ein paar Meter entfernten Küche murmelte Ulrich etwas, was verdächtig nach „Schäferstündchen“ klang.

Ich wirbelte herum und fixierte böse die Wand, die den Blick zu dem Raum versperrte. Verdammt noch mal, seit wann hörte man anderen Gesprächen zu? Das Dasein als Werwolf machte es möglich, Unterhaltungen zu folgen, die ein normaler Mensch nur als leises Getuschel hören konnte. Dadurch war es nötig, dass man lernte, bis zu einem gewissen Maß das Gehörte zu filtern und es war nun einmal unhöflich, die Gespräche seiner Familie zu belauschen.

„Es gibt immer so Mistkerle, die fiese Gerüchte in die Welt setzen müssen.“, schimpfte ich mit einem bösen Knurren in der Stimme, immer noch zur Küche gewandt. Mit Befriedigung hörte ich ein empörtes Aufkeuchen von Ulrich auf die Beleidigung hin, gefolgt von einem leisen Lachen des kleinen Welpen, der sich wie so oft ebenfalls außerhalb der Höflichkeitsregeln sah und wohl mitgehört hatte. Grinsend wandte ich mich Sam zu und zwinkerte einmal, was Zoe und ihn ebenfalls zum Lächeln brachte. Ich machte mich wieder auf den Weg die Treppe hoch, zwängte mich an den beiden anderen Wölfen vorbei, die mir bereitwillig Platz machten.

„Wenn du zu Ende gesägt hast, möchte ich die Details aber hören!“, rief mir Sam hinterher und ich war mir sicher, wenn ich mich nun umdrehen würde, hätte ich ein übermütiges Funkeln in Sams Augen gesehen. Ich grummelte etwas wenig Begeistertes, aber Bejahendes vor mich hin, während ich die Treppen weiter hinauf stieg. Wir hatten schon ziemlich oft tiefgründige Gespräche geführt.

Genau genommen war Sam der Einzige seit meinem Werwolfsbiss, mit dem ich Themen wie Zukunftsplanung, Frauen, Vergangenheit oder Gott und die Welt überhaupt ansprach. Es tat gut, so einen Freund zu haben, denn ich wusste, dass alle meine Geheimnisse bei ihm sicher waren – doch war ich mir nicht sicher, ob er auch das Treffen mit einem Vampir vor den anderen verschweigen würde. Wohl eher nicht, ging es doch – knallhart betrachtet – um die Sicherheit unseres Rudels.
 

Leise seufzte ich auf, als ich vor Michaels Zimmertür stand. Vielleicht war das doch nicht so eine gute Idee gewesen, die ganze Nacht mit Sina zu verbringen. Ich hätte sie sofort bei der ersten Gelegenheit stehen lassen sollen, um mich in Sicherheit zu bringen. Die Augen schließend stützte ich mich müde mit dem rechten Arm gegen den Türrahmen.

Es war wohl besser, wenn ich Sina nicht traf und fast hoffte ich, dass Alexei mir für übermorgen Nacht eine Schicht aufs Auge drückte. Dann hätte ich eine gute Ausrede nicht zu dem Treffen mit der kleinen Vampirin aufzutauchen und brauchte trotzdem kein schlechtes Gewissen haben, konnte ich doch nichts dafür. Gleichzeitig wusste ich, dass ich mir das nie verzeihen würde, wenn ich die Gelegenheit verstreichen ließe, Sina noch einmal zu sehen.

Ich merkte erst, dass ich leise aus Frust grollte, als einmal tief durchatmete, um mich zu beruhigen. Die ganze Entspannung, die ich eben noch gefühlt hatte, war mittlerweile wieder durch Sorgen und Ärger über meinen seltsamen Gefühlszustand verdrängt worden, doch vielleicht sah das alles auch besser aus, wenn ich etwas geschlafen hatte.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ich hätte beinahe einen Satz nach hinten gemacht, riss, mit einem rasend pochenden Herz, die Augen auf.

„Könntest du bitte woanders rumknurren? Ich kann so nicht … oh, du bist es, Tom. Geht es dir gut? Wie kann ich dir helfen?“, fragte Michael und der wütende Blick verwandelte sich innerhalb von wenigen Augenblicken in ein forschend und mitfühlend schauendes Gesicht, so wie es wohl ein gutmütiger Onkel oder ein Anteil nehmender Lehrer zeigen würde. Ich lächelte etwas gequält, hatte Mühe aus meinen Gedanken wieder in das Hier und Jetzt zu finden. Es wurde wirklich Zeit, dass ich ins Bett kam.

„Ich sollte dich nur im Auftrag von Alexei wecken.“, erklärte ich und zuckte mit den Schultern, um anzuzeigen, dass ich nicht wusste, was der Rudelführer von ihm wollte. Michael nickte nur, während er sich den Schlaf aus den Augen wischte.

Erst jetzt fiel mir auf, wie verschlafen mein Gegenüber noch wirkte. Die Haare waren zerzaust, welche sonst immer streng zurück gekämmt waren, ein Bartschatten lag auf dem Gesicht und der blauweiß gestreifte Baumwollpyjama sah auch nicht gerade wie aus diesem Jahrhundert aus. Meine Lippen kräuselten sich, denn auch wenn ich hier schon zwei Jahre lebte, so hatte ich Michael so nur selten gesehen.

Er war eher jemand, der sich erst sehen ließ, wenn er zumindest rasiert und umgezogen war, das war wohl die Erziehung des achtzehnten Jahrhunderts. Ich nickte dem anderen Werwolf noch einmal zu und wollte mich auf den Weg in mein Zimmer machen, als Michael mich am Arm festhielt.
 

„Ich denke es gibt einen Anlass, dass Alexei dich bei mir klopfen ließ. Ihn stört etwas an Zoe. Ich habe keine Vermutung, ob es an ihrer Geschichte, ihrem Verhalten oder einfach an seinem Instinkt liegt und ich kann nichts Auffallendes an dem Mädchen sehen. Doch halt die Augen offen.“, erklärte Michael flüsternd und sah mich eindringlich an.

Erst hatte ich vor mit den Augen zu rollen, schließlich war Zoe nicht gerade das, was man für gefährlich hielt. Doch wenn Alexei das sagte, musste wohl zumindest ein bisschen Wahrheit dabei sein, denn mein Rudelführer hatte einen untrüglichen Instinkt, was Personen anging. Hatte er nicht mich hier aufgenommen, weil er mich für vertrauenswürdig hielt und hatte immer richtig gelegen bei seiner Wahl, welche Wölfe er unter unserem Dach sich ausruhen ließ und welche nicht?

„Gut, ich werde aufpassen, auch wenn der Kleinen nichts wirklich böses zutraue.“, murmelte ich müde gähnend und brachte erst sehr spät meine Hand vor den Mund, was Michael zu einer Grimasse veranlasste. Er wünschte mir kopfschüttelnd noch eine gute Nacht und ich schlurfte nun endlich in mein Zimmer. Ich sparte mir das duschen, beschränkte mich auf das Nötigste, bevor ich in Boxershorts und T-Shirt ins Bett fiel. Fast sofort war ich im Land der Träume, wo mir ein kleines Vampirmädchen entgegen lächelte. Hier hatte ich keine Hemmungen oder Schuldgefühle, als ich ihre warme Hand nahm, zurück lächelte und zusammen mit Sina durch das Mondlicht tollte. Ohne die Sorge um mein Rudel, war ich in meinen Träumen frei.

Von Helden und Verbrechern

Die nächsten beiden Tage verliefen ziemlich ruhig. Den einen Tag und die darauf folgende Nacht verschlief ich fast ganz. Am heutigen Morgen hatte mir Alexei dann gesagt, dass ich tagsüber arbeiten musste oder eher gesagt durfte. Mir war nicht klar gewesen, wie sehr mich diese Nachricht freuen würde.

Die gesamte Zeit während der Arbeit wechselte meine Stimmung zwischen Zweifel ob ich heute Abend dort im Wald erscheinen sollte und einem Hochgefühl, wenn ich an Sina dachte.

Jetzt war gerade die Sonne untergegangen und ich hatte mich wohl entschieden, denn ich hatte die Waldgrenze erreicht. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, wusste ich doch, dass ich eigentlich einen großen Fehler beging, wenn ich mich wieder mit der Vampirin traf. Mein Rudel wollte ich auf keinen Fall in Gefahr bringen, doch würde mich Sina wohl nicht hintergehen – oder?

Ein paar Minuten später war ich da und dort stand sie, spielte mit einem Blatt, das sie vor ihren Augen drehte und schien die Adern des Blattes vor dem Licht des Vollmonds zu betrachten. Lächelnd schüttelte ich den Kopf und vergrub meine Hände tief in den Hosentaschen.

Sina war manchmal wie ein Kind, doch konnte ich nicht sagen, dass mich das störte. Irgendwie war das ein guter Ausgleich zu dem rauen, aber liebevollem Umgang in meinem Rudel, wo nur Nico so etwas wie kindlichen Übermut herein brachte.

Es überraschte mich schon ein bisschen, dass Sina so kurz nach Sonnenuntergang hier war, denn auch mit ihrer Schnelligkeit konnte sie nicht sehr weit gekommen sein, seit die Sonne hinter dem Horizont versunken war. Doch ehrlich gesagt wollte ich es nicht wissen wo sie wohnte, so konnte ich auch nichts gegenüber meine Rudel verraten, sollte je das Gespräch auf dieses Thema kommen. Einen Moment betrachtete ich die kleine Vampirin noch, bevor ich auf sie zutrat.
 

„Du bist da! Hatte schon gedacht, du kämst gar nicht mehr.“, meinte Sina mit einem glücklichen Lächeln, als sie sich zu mir umgedreht hatte. Sie legte den Kopf schief und grinste von einem Ohr zum anderen, sah wirklich froh aus mich zu sehen. Bedeutete dem Mädchen unser Treffen etwa was? War bestimmt gut gegen Langeweile, musste Sina doch zu Hause den ganzen Tag rum sitzen, konnte sie ja nicht in die Sonne treten.

Was sollte ich auf das Lächeln und ihre Worte sagen? „Du auch hier? Was für ein Zufall.“ Diese beiden Sätze waren mir dann doch etwas zu dumm, außerdem wusste ich nicht, ob Sina den Scherz verstehen würde. So beließ ich es einfach bei einem kurzen „Hey“ und einem Nicken. Vielleicht hatte sich das Vampirmädchen eine etwas überschwänglichere Begrüßung erhofft, denn sie schob schmollend die Unterlippe vor.

„So, was unternehmen wir jetzt? Irgendwelche Wünsch?“, fragte ich Sina in versöhnlichem Tonfall, nahm sogar die Hände aus der Tasche und widerstand dem Drang sie vor meiner Brust zu überkreuzen. Wie auf Kommando lächelte die kleine Vampirin wieder übermütig und ich bekam schon bei dem Anblick ein komisches Gefühl in der Magengegend.

Das Mädchen hatte etwas vor und ich wusste jetzt schon, dass es mir nicht gefallen würde. Genau das war es. Weswegen sonst sollte mein Instinkt so verrückt spielen bei dem Lächeln?

„Ich habe hier erst einmal ein neues Band für deinen Anhänger.“, erklärte sie, doch hörte es sich so an, als hätte sie sich gewaltsam unterbrechen müssen, um nicht in eine wortreiche Erzählung auszubrechen.

Ich hätte nicht gedacht, dass sich die kleine Vampirin an ihr Versprechen noch erinnert hätte und irgendwie tat mir dieses Zeichen das ich nicht vergessen wurde gut. Ja, es war schön, wenn sich jemand um einen kümmerte – auch wenn die Vampirin natürlich die völlig falsche Person für so etwas war. Meine Güte, ich hatte Probleme!

Aus ihrer Hosentasche zog Sina eine feine Kordel und das erste, was mir dazu einfiel war: bunt. Grüne, gelbe und orange Fäden waren irgendwie gedreht oder geflochten worden, wie es aussah sogar von Hand und die Kordel hätte wohl jedem Mädchen gefallen, war sie doch filigran gearbeitet.

Das war nicht gerade das, was ich erwartet hatte und farblich war das mal so gar nicht mein Stil. Bevor ich es verhindern konnte, war Sina nah an mich heran getreten und machte sich an dem alten Band zu schaffen, vielleicht wollte ich mich auch gar nicht wehren.

Ich musste schlucken, als Sina so nah vor mir stand, dass sich unsere Körper fast berührten, strich mir doch ihr Atem über die nackte Haut am Ausschnitt meiner Jacke. Noch schlimmer waren ihre warmen Finger, die mich immer wieder zufällig am Nacken berührten, als sie an dem dämlichen Band nestelten.

Ich stand die ganze Zeit stocksteif da und ließ die Vampirin ihre Arbeit tun, machte sie ihr doch Spaß, was ich an ihrem Lächeln und den funkelnden Augen sehen konnte. Ich konnte nur schwer dem Drang widerstehen mich zu der kleinen Vampirin herunter zu beugen und an ihren Haaren zu riechen. Verdammt, wieso mussten meine Hormone ausgerechnet jetzt verrückt spielen?

Es wurde mal wieder Zeit, dass ich mir in der nächsten Bar ein Mädchen aufriss, wenn ich jetzt schon eine Vampirin attraktiv fand. Ich war sexuell frustriert, das war alles. Ich brauchte nur etwas Abwechslung, dann würde schon alles wieder in Ordnung kommen. Meine Güte, ich wurde hier langsam verrückt.
 

„Das steht dir. Wo du doch immer so dunkle Kleidung trägst.“, erklärte Sina, nachdem sie das Medaillon auf die Kordel gezogen und mir um den Hals gehängt hatte. Etwas skeptisch schaute ich an mir herunter und zumindest heute stimmte die Einschätzung der Vampirin, denn ich trug dunkle Jeans, blauen Pullover und schwarze Jacke. Verdrießlich knurrte ich auf, es fehlte mir nur noch, dass die Kleine meine Vorlieben besser kannte als ich. Dennoch strich ich kurz über die erstaunlich stabile Kordel und ließ den Anhänger in meinem Ausschnitt verschwinden.

„So, wo das geklärt ist, können wir los. Wir gehen in die Stadt und bevor du fragst, hab keine Angst, ich habe schon gegessen.“, erklärte Sina fröhlich und überging mein Grollen ohne mit der Wimper zu zucken, sondern mit einem belustigten Funkeln in ihren Augen. Sie nahm vertrauensvoll meine Hand und zog mich mit sich, wobei sie leise vor sich hin summte.

Die Stadt, was wollten wir denn da? Na ja, ich würde es schon noch rechtzeitig herausfinden. Auch wenn ich normalerweise lieber wusste was auf mich zukam, so würde ich schon mit allem fertig werden, was auch in der Stadt passieren würde. Außerdem würde Sina mir wohl kaum wissentlich Probleme bereiten, dazu war sie einfach nicht die Person, zumindest hoffte ich das.

„Wo wollen wir denn hin?“

„Ins Kino. Da läuft ein neuer Film mit Werwölfen und Vampiren. Ich dachte, das könnte witzig werden.“, erklärte Sina auf meine nun doch gestellte Frage, während sie mit mir in Richtung Stadt hetzte. Anscheinend waren wir spät dran, denn die Kleine schaute andauernd auf die Uhr an ihrem Handgelenk.

Ich schätzte es auf kurz vor elf, konnte ich doch nicht auf meine Uhr schauen, da Sina und ich beide Rechtshänder waren und die Vampirin mit ihrer Rechten immer noch meine Linke festhielt. Wieso ich nicht einfach die Hand abschüttelte und nachsah, war mir nicht klar, vielleicht wollte ich auch einfach nur keine Vampirin verärgern.

„Ein Film über unsere beiden Rassen, das dürfte wirklich interessant werden.“, erklärte ich an Sina gewandt. Ich war wirklich gespannt, wie die Menschen wieder die Wahrheit verdrehten und welche der beiden Rassen diesmal der Bösewicht war. Kein Wunder, dass es diese Jäger gab. Wenn sie nur die Hälfte davon glaubten, was Film, Geschichte und Literatur von uns erzählten, dann war ihr Hass auf uns gut zu erklären.

Die Vampire waren darin immer die edlen, aber vom Blutdurst zerfressenen Geschöpfe der Nacht und die Werwölfe waren von Wut und ihrer Verwandlung beherrscht. Mich wunderte es nur ein bisschen, dass Sina sich einen Film ausgesucht hatte, der wohl mit großer Wahrscheinlichkeit viel Action- oder Splatterszenen beinhalten würde.

Gut, denn bei einer Liebesschnulze würde ich wohl einschlafen oder an unpassenden Stellen lachen. Mit einem Blick auf die Vampirin neben mir, wurde mir klar, dass ich mich darauf freute den Film mit ihr zu sehen.
 

Zwei Stunden später lehnte Sina halb über die Stuhllehne ihres Sitzes an meiner Schulter gelehnt, versteckte ihr Gesicht in meinem Pullover. Auf der Leinwand wurde gerade der finale Endkampf zwischen zwei Werwölfen, den Menschen und den ach so bösen Vampiren ausgetragen, den die Nachtgeschöpfe eindeutig verloren.

Der Rest der Werwölfe hatte hingegen noch nicht einmal die erste Viertelstunde des Films überlebt, was ich schon fast als persönliche Beleidigung auffasste.

Etwas hilflos tätschelte ich Sinas Rücken, da sie von dem Massaker ganz schön mitgenommen schien, gleichzeitig genoss ich den kleinen Körper an meinem. Weinen tat Sina zwar nicht, denn das hätte ich gehört und gefühlt, aber bei dem Gemetzel konnte sie wohl nicht zugucken. Eine Vampirin, die zart besaitet war. Na toll!

Mich störte das Blut auf der Leinwand nicht, ich war ja auch nicht gerade ein Kind von Traurigkeit was Prügeleien anging, auch wenn ich in der letzten Zeit sehr brav gewesen war. Außerdem waren mir Splatterszenen schon früher nicht auf den Magen geschlagen und ich hatte selbst als Kind nur wenige Albträume von so etwas bekommen.

Mir machte eher die Lautstärke hier im Kinosaal zu schaffen, zumindest solange, bis mir Sina ein Taschentuch gegeben hatte, aus dem ich mir Ohrenstopfen gebastelt hatte. Das sah bestimmt nicht besonders ästhetisch aus, aber war es auch zu dunkel um so etwas zu sehen, zumindest für die Menschen hier im Saal.

Es war schon manchmal ein Kreuz mit dem guten Gehör und auch meine Nase spielte ein bisschen verrückt. Ein Geruchsmix nach Popkorn, Menschen und anderen Süßigkeiten lag in der Luft und mich irritierte es etwas, nicht an den anderen Personen ihre Stimmung zu riechen.

In den letzten dreizehn Jahren hatte ich mich so daran gewöhnt, dass es mir vorkam, als würde etwas fehlen, wo ich jetzt keinen Unterschied mehr zwischen einer entspannten zu einer ängstlichen oder wütenden Person feststellen konnte.

Verwirrt schaute ich auf, als der Abspann startete und langsam das Licht wieder anging, hatte ich doch gar nicht bemerkt, dass der Film schon vorbei war, so sehr war ich in Gedanken versunken gewesen.

Mittlerweile lag Sina entspannt an mich gelehnt, hatte meinen Arm mit ihren beiden Armen umfangen und machte keine Anstalten aufzustehen, selbst dann nicht, als ich meine armen Ohren von den provisorischen Ohrenstöpseln befreite, die ich unauffällig auf den Boden fallen ließ. Wirklich liebenswert unschuldig sah Sina mich von unten her an.

„Das nächste Mal nehmen wir wohl besser einen Film mit weniger Blut und Gedärmen.“, unkte ich und zwinkerte der Vampirin zu.

„Idiot! Aber ja, das müssen wir wiederholen.“, murmelte sie, doch hörte sich selbst ihre Beleidigung wie ein Kosename an, dabei nickte sie grinsend mit dem Kopf und ich fragte mich, was sie so an dem Satz freute. Erst nach ein bisschen Überlegen fiel mir auf, dass ich gerade indirekt damit ein neues Treffen mit Sina versprochen hatte.

Erstaunlicherweise empfand ich diesmal keine Schuldgefühle dabei, mal wieder mein Rudel zu hintergehen. Schließlich war das Treffen mit Sina nichts anderes. Wieso ich mich nicht schuldig fühlte, dass wusste ich selbst nicht, ehrlich gesagt war es mir auch egal. Wieso sollte ich mir das angenehme Gefühl von Ruhe nehmen, indem ich mir Gedanken um etwas machte, was sich eh nicht ändern ließ?

„Na dann, komm.“, meinte ich zu der Vampirin, stand auf und zog sie mit der einen Hand mit, meine Jacke unter den anderen Arm geklemmt. Ich schlängelte mich mit Sina durch die Menschenmassen, die ebenfalls aus der Spätvorstellung kamen, wollte das Mädchen wegen irgendeinem komischen Gefühl in meiner Brust nicht loslassen.

Sina redete die ganze Zeit über den Film, ereiferte sich über die Brutalität, hatte als Frau natürlich einen Narren an den romantischen Szenen gefressen und kritisierte noch, dass die Vampire immer die Bösen waren. Ich ließ die Kleine einfach weiter reden, hörte ihr zu und antwortete kurz, wenn ich es für richtig hielt. Allem Anschein nach war das genug, denn Sina redete und redete, ohne sich an meinen einsilbigen Antworten zu stören, wusste sie doch wohl langsam, dass das eine Eigenart von mir war und keine böse Absicht.
 

„Mist! Ich habe meine Jacke liegen lassen.“, fluchte Sina auf einmal mitten im Satz und sah mich völlig erschrocken an. War ja klar, dass es der Kleinen erst auffiel, als wir gerade durch die Tür vor das Kino getreten waren. Ich tätschelte sanft ihren Hinterkopf, sollten Schläge an diese Stelle doch das Denkvermögen erhöhen, während ich sie leicht fies angrinste.

„Wenn er nicht angewachsen wäre, dann würdest du deinen hübschen Kopf vergessen. Bleib hier, ich hol die Jacke.“, machte ich mich erst über Sina lustig, was sie zu ihrem süßen Schmollmund veranlasste, bevor ich ganz Gentleman-like den Vorschlag machte für sie den Laufburschen zu spielen.

„Das wäre lieb von dir.“, meinte Sina dankbar lächelnd und nickte, bevor sie meine Hand losließ und sich etwas von der Tür zurückzog, um sich an die Wand des Kinos zu lehnen. Ich zwinkerte ihr noch einmal zu und ging dann wieder zurück in das Gebäude. Es dauerte eine gespürte Ewigkeit, bevor ich den Mann an der Kasse die Situation erklärt hatte und er jemanden rief, der mich in den immer noch leeren Kinosaal führen sollte.

In der Wartezeit fragte ich mich, was mit mir los war, scherzte ich doch mit der kleinen Vampirin, wie mit einem alten Freund. Auch hatte ich keine Hemmungen mehr davor, zu nahe an sie heran zu treten und gerade Körperkontakt umging ich doch wenn möglich bei allen Personen. Ausnahmen dazu bildeten eigentlich nur die Wölfe meines Rudels, vor allem Nico konnte sich als Welpe so gut wie alles erlauben.

Was war nur so anders an Sina? Vielleicht lag es daran, dass ich heute zum ersten Mal seit Jahren im Kino gewesen war und mich das so sehr an mein früheres Leben als Mensch erinnerte. Ja, das war es bestimmt. Ich ging nur so frei mit Sina um, weil sie mich an ein früheres Leben erinnerte. So musste das sein.

Tatsächlich fand ich auf Anhieb Sinas Jacke, als dann doch jemand auftauchte und mich zu dem verlassenen Kinosaal führte Mit einem schnellen Dank war ich wieder draußen, wollte ich Sina doch nicht zu lange alleine lassen.

Der Unsinn hatte eine ganze kostbare Viertelstunde der Nacht verbraucht und ich fragte mich, ob ich der kleinen Vampirin nicht einfach meine Jacke hätte geben sollen. Aber wie hätte Sina ihrem Vater auch die fehlende Jacke erklären sollen? Hab ich bei meinem Date – nein, Treffen! – mit einem Werwolf liegen lassen? Das kam wohl nicht in Frage, ohne dass sie oder ich dafür leiden müssten.
 

Apropos Sina: wo war das Mädchen? Ich stand draußen vor dem Kino und der Flecken an der Wand, wo gerade noch eine kleine Vampirin gelehnt hatte, war leer. Ich hatte eigentlich mit Wut gerechnet, doch ich fühlte nur Enttäuschung, kam mir hintergangen und versetzt vor. Was hatte ich auch einem Vampir getraut? Ich war ja so dumm gewesen! Meine Hand verkrampfte sich in dem Stoff von Sinas Jacke, während ich deprimiert den Kopf auf der nun fast menschenleeren Straße stehend hängen ließ.

Doch schnell hob ich wieder den Blick, als ich Sinas Stimme gar nicht so weit entfernt hörte und sie klang nicht gerade erfreut. Sofort war die Enttäuschung weg und Panik machte sich in mir breit, denn es hörte sich fast so an, als würde Sina angegriffen. Wer war das nur, der dumm genug war die Freundin eines Werwolfes zu bedrängen?

„Was stellst du dich so an? Du könntest so viel Spaß mit uns haben.“, hörte ich eine Männerstimme lüstern sagen. Wer auch immer da war, er würde jetzt so etwas von Ärger bekommen und ich meinen Spaß! Mit langen Sätzen und einem tiefen Grollen in der Kehle lief ich los und um die nächste Ecke. Dort standen drei Männer, die Sina an die Wand gedrängt hatten und nicht den Eindruck machten, als würden sie nur mit dem Mädchen reden wollen.

„Finger weg von ihr, sonst kriegt ihr einige Probleme.“, erklärte ich in bedrohlich ruhigem Ton und kam die letzten Meter vorsichtig meine Gegner betrachtend näher, auch wenn Sina sich wohl selbst verteidigen konnte. Doch war es weniger auffällig was die unmenschlichen Rassen anging, wenn ich die beiden blonden Kerle und den schwarzhaarigen Typ verprügelte, als Sina mit ihren spitzen Eckzähnchen.

Meine Drohung schien nur wenig zu bringen, denn die Männer waren eindeutig angetrunken und bemerkten meine werwolfseigene, gefährliche Ausstrahlung nicht. Doch mir tat es nicht leid, stand mir doch der Sinn nach einer kleinen Rauferei.
 

„Ist das dein Mädchen? Kriegst sie gleich wieder.“, lallte der eine blonde Mann, der eindeutig mehr getrunken hatte als seine Kollegen und sich kaum auf den Beinen halten konnte.

„Joah, Kai. Aber erst bin ich dran. Unter Männer muss man teilen können.“, grölte der Schwarzhaarige und der Geruch, den die Männer verströmten behagte mir gar nicht, rochen sie doch nach Ärger, als hätten sie ihre Triebe nicht im Griff. Sina sah ziemlich erleichtert aus, mich zu sehen, doch als sie zu mir flüchten wollte, wurde sie von dem anderen blonden Mann am Arm festgehalten. Das brachte das Fass zum Überlaufen.

Mit einem schnellen Satz war ich bei Sina und umfasste den Arm ihres Angreifers, wobei mich ein unangenehmer Gestank nach Alkohol geschwängertem Atem umwehte und fast vor Ekel zum Würgen brachte.

Der Mann konnte von Glück sagen, dass ich mich im letzten Augenblick zurück hielt und nur den Arm mit einem brutalen Ruck verdrehte und darauf verzichtete, mit etwas mehr Gewalt Elle, Speiche oder Oberarmknochen zu brechen. Trotzdem schrie der Mann gepeinigt auf, als er um Druck und Schmerz von dem Arm zu nehmen auf die Knie ging, während ich seinen Arm festhielt und weit nach hinten bog.

Sina war hinter meinen Rücken in Deckung gegangen, so dass sie von mir vor den drei Männern abgeschirmt wurde. Ich hatte keine Zeit nach ihr zu sehen, doch gerade war ihr Blick so ängstlich gewesen, dass es mir fast körperlich wehtat.

Ich unterbrach meine Gedanken, denn ich brauchte alle meine Konzentration, um die beiden anderen Gegner abzuwehren. Den wimmernden und seinen Arm massierenden Mann hatte ich losgelassen, griff mich doch ungestüm der am meisten betrunkene Mann namens Kai an.

Dank seines Alkoholpegels fiel es mir relativ leicht, seinem Kinnharken auszuweichen. Ich schnappte mir den ausgestreckten Arm Kais und zog daran, so dass ich den Schwung des Mannes ausnutzen konnte und er seitlich gegen die Wand hinter mir prallte.
 

Ein erschrockener Aufschrei von Sina lenkte meine Aufmerksamkeit auf den letzten der drei Männer, so dass ich noch dessen Faust auf mich zukommen sah. Der Schlag traf mich mitten im Gesicht und ich merkte, wie meine Unterlippe aufplatzte und sich Blut in meinem Mund sammelte.

Ich widerstand dem Drang, nach der Wunde zu tasten oder das widerlich süßliche Zeug auszuspucken, was beides nur kostbare Zeit gekostet hätte und einen Moment sah ich die sprichwörtlichen Sterne. Doch schnell schüttelte ich die Benommenheit ab, um einen Werwolf außer Gefecht zu setzten, brauchte es schon mehr als den Schlag eines betrunkenen Mitzwangzigers.

Stattdessen duckte ich mich unter den nächsten Schlägen weg und versuchte gleichzeitig die anderen beiden Männer im Auge zu behalten, deren Ausdünstungen langsam aber sicher nach Angst rochen. Als die beiden geschlagenen Kerle keine Anstalten machten mich anzufallen, ging ich zum Gegenangriff über.

Eine kurze Drehung des Körpers, einmal anrempeln mit der Schulter und unter der Deckung durch einen festen Schlag in den Solar Plexus. Mit einem dumpfen Aufkeuchen klappte der Mann zusammen und auch wenn er im Moment kaum Luft bekam, hatte ich ihn doch nicht ernsthaft verletzt, ich hatte zumindest keine Rippen brechen hören.

Mittlerweile war die Luft von Angst regelrecht erfüllt. Die Männer hatten geradezu Panik vor mir, obwohl ich doch allein war, waren sie mir hoffnungslos unterlegen und erfüllte sie dies wohl mit Furcht. Ein kleines befriedigtes Grinsen konnte ich nicht unterdrücken, auch wenn es unangenehm an der aufgeplatzten Unterlippe spannte.
 

Schwer atmend richtete ich mich aus meiner halb gebeugten Angriffsstellung auf, bemerkte ich erst jetzt, wie schnell mein Herz schlug. Von oben herab sah auf die drei Männer, die mit mehr oder weniger schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden saßen oder an der Wand gelehnt standen.

Abfällig spuckte ich nun endlich das Blut aus meinem Mund auf den Boden, was mir aber nicht den grässlichen Geschmack nahm. Dieser Kai hielt sich den Kopf und ich sah Blut an seiner einen Stirnseite, doch schien ihm eher der Alkoholpegel Probleme zu bereiten als seine Verletzung. Dem anderen blonden Mann ging es anscheinend wieder gut, denn er richtete sich schon wieder halb auf, während er immer noch seinen Arm massierte.

„Verflucht noch mal! Das ist doch kein Grund uns so zu verprügeln! Wenn du die Kleine nicht teilen wolltest, hättest dus nur sagen brauchen.“, meinte er mit einem abwiegelnden Tonfall. Doch die Worte über Sina waren so abfällig und der Blick den er ihr zuwarf erst! Als wäre sie eine Hure, die irgendwo an der nächsten Straßenecke stand!

Mit einem Grollen griff ich den Kragen des Mannes und stieß ihn mit voller Wucht gegen die Hauswand. Mir war es egal, dass der Kerl aufstöhnte und seine Freunde aufschrien, ich hatte mich nicht ganz unter Kontrolle. Mein Puls war auf hundertachtzig und mein Atem beschleunigte sich wenn möglich noch, als ich den Blonden an die Wand drängte und meine Rechte zum Schlag erhob.
 

„Nicht!“, schrie Sina und ich lenkte meine Faust mitten im Schlag doch etwas ab. Der Putz der Wand bröckelte und wenn ich richtig getroffen hätte, hätte ich wohl den Kiefer des jungen Mannes zertrümmert. In diesem Moment hätte ich die drei Männer töten können, die Wut dazu war in mir, als ich daran gedacht hatte, was diese Arschlöcher mit Sina angestellt hätten, wenn ich nicht dazwischen gegangen wäre.

Ich wusste nicht, wo diese Wut und Brutalität her kam. Vielleicht lag es am Vollmond, vielleicht auch daran, dass sie Sina bedroht hatten. Wie konnte man bitte schön so ein unschuldiges, wehrloses Mädchen zu etwas zwingen wollen? Trotzdem erschreckte es mich, dass ich ohne Sinas Zwischenruf einen betrunkenen, wehrlosen Menschen so verletzt hätte.

Ja, die Typen waren das Letzte, doch durfte ich keine Menschen verletzen, wenn ich dadurch meine übermenschliche Stärke zeigte und das Geheimnis meines Rudels in Gefahr brachte.

Verächtlich schnaubend stieß ich den Mann von mir und zusammen mit seinen Freunden machte er sich in einem geradezu beeindruckenden Tempo von den Socken. Die Panik in ihren Augen machte mir klar, dass ich hier fast etwas zu weit gegangen war und ich dankte Sina im Stillen für ihr Eingreifen. Ohne sie hätte ich wohl den Mann schwer verletzt, vielleicht sogar getötet – obwohl ohne sie hätte ich die drei wohl auch nicht angegriffen.
 

Einmal spukte ich noch aus, wischte mir über den Mund, während ich auf Sina zuging. Sie sah mitgenommen aus, vielleicht auch wegen dem Blut, dass eben der eine Angreifer an dem Kopf gehabt hatte. Sie schien ihren Blutdurst im Griff zu haben, aber provozieren sollte man es ja auch nicht.

Ich hatte keine zwei Schritte gemacht, da sprang die Kleine mir entgegen und klammerte sich an mich. Ich spürte ihren Körper unter meinen Fingern zittern, hatte sie die Begegnung mit den Männern doch mehr mitgenommen, als ich für möglich gehalten hätte. Sina war wirklich nicht für so etwas gemacht. Sie war jemand, der vor eine Klasse voller Kinder oder in einen Rosengarten gehörte, aber nicht mitten unter Kämpfende oder gar Männer, die sie wie Dreck behandelten.
 

Ich schloss sanft meine Arme noch etwas enger um Sinas Körper und hielt sie so lange fest, bis das Zittern nachließ. Es war wohl alles ein bisschen viel für Sina und auch wenn es nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung war kleine Mädchen zu beruhigen, so war dies das Einzige, was ich gerade tun konnte. Obwohl Mädchen hier wohl nicht ganz das richtige Wort war, sagten mir doch mein Kopf und bestimmte andere Körperteile, dass Sina auf keinen Fall ein Kind war.

Ich hoffte nur, dass die Vampirin davon nichts mitbekam, war das dafür wohl weder die richtige Zeit noch die richtige Frau und ich wollte sie nicht noch weiter verängstigen oder gar ihren Zorn auf mich ziehen. Ich weiß nicht, was mich so zu dem Mädchen hinzog.

Ja, sie war einigermaßen hübsch, aber ich hatte schon mit verführerischen Frauen verkehrt und die hatten mich nicht so fasziniert und auch nie lange an sich binden können. Vielleicht war es ein verquerter Beschützerinstinkt, der mich immer dieses Bedürfnis fühlen ließ, die kleine Vampirin an mich zu drücken.

Eine Weile stand ich so da und hielt das Mädchen einfach nur in meinen Armen, während das Zittern ihres Körpers langsam abebbte. Erst nach ein paar Minuten löste sich Sina vorsichtig von mir, um sofort darauf das Gesicht besorgt zu verziehen.

„Du bist verletzt!“, meinte sie und bog meinen Kopf energisch zu sich herunter, um kritisch meine Unterlippe zu betrachten. Aus den Tiefen ihrer Hosentasche zog sie noch ein sauberes Taschentuch hervor und langsam verwunderte es mich doch, was die kleine Vampirin alles mitschleppte.

Sanft aber gleichzeitig bestimmt wischte Sina mir das Blut aus dem Gesicht, das schon halb angetrocknet war. Wäre das jetzt ein Film, müsste ich wohl schmerzhaft zurück zucken, denn die Helden machten das immer, wenn die holde Maid sie verarzten wollte. Der Gedanke von mir als Held war amüsant und ich musste grinsen.
 

„Ich weiß nicht, was du so lustig daran findest, was gerade passiert ist.“, schimpfte Sina. Sie funkelte mich zornig an, hörte auf an meiner Gesicht herum zu wischen. Die kleine Vampirin besaß sogar die Frechheit, mir spielerisch gegen den Oberarm zu schlagen, bevor sie verärgert die Hände in die Hüfte stemmte.

Ich fand Sina einfach bezaubernd, wie sie dort stand und versuchte gefährlich auszusehen mit ihren spitzen Eckzähnchen. Doch trotz des zur Schau gestellten Ärgers, konnte sie nicht über die leichte Unsicherheit in ihrer Stimme und die unauffälligen, sichernden Blicke zu allen Seiten hinwegtäuschen.

„Keine Angst, ich finde nicht die Situation lustig. Ich habe nur an etwas Komisches gedacht.“, erklärte ich und lächelte trotz dem Ziepen in der sich mittlerweile schließenden Wunde noch breiter. Ja, manchmal hatte es Vorteile ein Werwolf zu sein.

„Machte es dir was aus, wenn wir das Treffen für heute beenden? Bringst du mich in Richtung zu Hause?“, flehte Sina plötzlich und sie sah mich mit so großen, hilflosen Augen an, dass ich automatisch nickte, ohne über die Sätze nachzudenken. Ja, es machte mir was aus, dass wir uns jetzt schon trennen würden. Und sie nach Hause bringen, in die Nähe der Reißzähne ihrer Familie? Teufel noch eins, wollte ich mich umbringen?
 

Doch konnte ich einfach nicht nein sagen. Ich konnte Sina doch nicht mitten in dieser Stadt allein rum rennen lassen, wo hier doch anscheinend so viele Irre unterwegs waren. Wieso war mir das nicht eher aufgefallen, dass die Stadt nachts gefährlich war? Vielleicht hatte ich auch nie zuvor darauf geachtet, denn berührte es mich das nicht wirklich, ich konnte auf mich aufpassen.

Aber Sina war so zart und verletzlich, wie leicht konnte ihr jemand etwas antun? Erst langsam wurde mir klar, was für einen Unsinn ich hier dachte. Sina war eine Vampirin, verdammt noch mal!

Sie wäre auch ohne meine Hilfe mit den drei Kerlen fertig geworden, sie brauchte keine Hilfe. Doch wieso fühlte ich mich für sie verantwortlich? Lag es wirklich nur an dem Gefühl ihr wegen den Ereignissen von vor drei Jahren etwas zu schulden oder war es mein irrationaler Beschützerinstinkt?

Ich wusste es selbst nicht und wollte eigentlich auch gar nicht darüber nachdenken, denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dabei nur etwas herauskommen würde, was mir gar nicht gefallen würde.
 

„Gut, dann lass uns mal gehen. Aber ich sag dir gleich, dass ich dich nur in die Nähe bringe und auch gar nicht wissen will, wo genau du wohnst.“, erklärte ich an Sina gewandt und wartete, bis sie zögerlich nickte und durch eine Körperdrehung zu einer Straße die Richtung vorgab. Ich ging neben Sina her, doch hielt ich einen gewissen Abstand zu ihr.

Irgendwie konnte ich nicht klar denken, wenn ich der Vampirin zu nahe kam, sonst hätte sie mich nie zu so einem irren Ausflug überreden können. Deshalb war es wohl besser, wenn ich ihr nicht einen Arm um die Schulter legte, auch wenn Sina so hilflos und verloren wirkte.

Ich reagierte schließlich nur so komisch, weil ich mal endlich wieder eine Frau flach legen musste und eine Vampirin war da wohl keine gute Wahl, wollte ich doch bei der unweigerlich kurzen Lebensdauer der Affäre nicht von der Familie in der Luft zerrissen werden.

Eine Weile schwiegen wir uns an, während ich einfach neben Sina hertrottete. Ich konnte mich kaum auf die Umgebung konzentrieren, machte ich mir doch Sorgen um das Vampirmädchen, schien sie sogar noch stärker abgelenkt zu sein als ich. Nein, Sorgen nicht.

Gedanken war das richtige Wort. Als würde ich mir Sorgen um eine Frau dieser Rasse machen, die mir eigentlich völlig egal sein sollte.
 

Trotzdem flog mein Blick zwischen dem Mädchen und der dunklen Straße hin und her. Leise seufzte ich auf, hatte Sina doch die Arme wie zum Selbstschutz um ihren Oberkörper geschlungen.

Wieso war da diese kleine Stimme in meinem Kopf, die mir sagte, dass ich ein verdammter Esel war? Irgendetwas musste ich doch tun, um die Kleine abzulenken, ohne ihr zu nahe zu kommen.

„Wie kommt es eigentlich, dass du das Blut des einen Kerls so gut vertragen hast? Hättest du als Vampirin nicht Durst bekommen müssen oder so was?“, fragte ich und war doch etwas stolz auf das Gesprächsthema. Ja, das war unverfänglich, lenkte Sina etwas von den anscheinend düsteren Gedanken ab und interessierte mich auch noch zusätzlich. Einmal schaute Sina noch sichernd in eine dunkle Seitengasse, an der wir vorbei liefen, bevor sie mich ansah.

„Ich weiß nicht. In den letzten drei Jahren habe ich einiges gelernt. Ich kann mittlerweile unter die Menschen gehen, ohne sie gleich bei einem kleinen Schnitt oder Nasenbluten anzufallen. Aber es war gerade wirklich schwer und wenn ich hungrig bin, möchte ich es auch gar nicht ausprobieren.“, erklärte Sina nach einem kurzen Zögern und so langsam, als würde sie sich bei den Sätzen gerade erst bewusst, was sie eigentlich fühlte.

Als weiter vor uns ein Mann die Autotür seines Wagens ins Schloss zog und den Wagen startete, zuckte die kleine Vampirin sichtlich zusammen. In diesem Moment beschloss ich, dass ich keine Vampirmädchen mehr in Horrorfilme mitnahm. Erst der Film und dann der Überfall dieser drei Männer hatten Sina wohl im Zusammenspiel doch etwas zu sehr aufgekratzt.

„Keine Angst. Solange ich hier bin, pass ich auf dich auf. Ich lass nicht zu, dass dir irgendjemand was tut.“, erklärte ich leise, während ich geradeaus schaute, Sina nicht beachtete. Ich konnte förmlich ihren Blick auf mir fühlen, doch ich ging einfach stur weiter. Ein paar Augenblicke tat Sina nichts, dann spürte ich mehr, als das ich sah, wie die kleine Vampirin näher trat.

Sie hakte sich vertrauensvoll bei mir ein und damit geschah genau das, was ich verhindern wollte. Ich wollte Abstand zu ihr halten, sie brachte mir nur Chaos in mein Leben und das war gar nicht gut. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich hier gar kein Mitspracherecht mehr hatte und das beunruhigte mich auf allen Ebenen.

Ich wollte die Kontrolle behalten, denn wie leicht konnte ich sonst in Situationen geraten, die gefährlich für mich wurden? Ich drehte meinen Kopf zu dem Mädchen, wollte ihr meinen Arm entziehen. Aber dann sah ich in diese braunen Augen und leise flüsterte Sina: „Danke. Auch dafür, dass du mir eben zu Hilfe gekommen bist.“

„Klar. Kein Problem.“, murmelte ich etwas perplex und wurde mit einem kleinen Lächeln belohnt. Anscheinend konnte ich nichts dagegen tun, dass die kleine Vampirin so anhänglich war. Das musste man wohl so nehmen wie einen Gewittersturm: einfach aussitzen und warten, dass es vorbei geht.

Innerlich zuckte ich mit der Schulter und ließ Sina ihren Willen, schien es sie doch zu beruhigen, bei mir eingehakt zu sein. Keine Angst mehr vor dunklen Seitengassen zu haben, nur weil sie Körperkontakt zu mir hatte, das fand ich schon ziemlich seltsam. Diese Frau war mir ein Rätsel, wie sie jetzt, zwar immer noch in der Stimmung gedrückt, aber entspannter neben mir her ging.

Moment, sie beruhigte es, wenn sie mich berührte? Ich warf ihr einen Blick zu und irgendwie war da ein unerklärlich warmes Gefühl in meiner Brust.
 

Plötzlich blieb Sina stehen, ließ meinen Arm los und drehte sich zu mir um. Wir waren mittlerweile in einem der etwas nobleren Bezirke der Stadt angekommen und irgendwie wunderte mich dies gar nicht.

Wenn Sinas Vater mal so eben eine Firma aufkaufen und eine zweite Fabrik aus dem Boden stampfen konnte, musste er doch Geld besitzen. Und wer gab sich dann noch mit einer Mittelklasse Wohnung zufrieden? Mal ganz davon abgesehen, dass die Vampirfamilie wohl annähernd so viel Platz brauchte, wie mein Rudel, waren sie doch auch zu mehreren Personen.

„Ab hier gehe ich wohl besser alleine weiter.“, meinte Sina leise und sah etwas unschlüssig aus. Ich runzelte leicht die Stirn, war doch sonst immer Sina diejenige von uns beiden, die genau wusste, was sie wollte. Einmal schaute ich unmutig die Gegend an und kam zu dem Schluss, dass der kleinen Vampirin zwischen Villen und gepflegten Vorgärten wohl nichts passieren würde. Es war Zeit Abschied zu nehmen.

„Gut. Lass dich nicht klauen.“, meinte ich gedankenlos und vergrub meine Hände tief in den Hosentaschen, um Sina nicht unüberlegt die Schulter zu tätscheln oder in meine Arme zu ziehen. Das Gesagte war wohl nicht so ganz das Richtige gewesen, wurde Sina doch etwas blass und der Ton ihrer Stimme nahm einen leicht weinerlichen Ton an.

„Nee, mach ich schon nicht. Dann Lebwohl.“, meinte Sina und es klang verletzt. So sicher wusste ich nicht wieso, hatte ich doch eigentlich nur einen lockeren Abschied schaffen und sie nicht beleidigen wollen. Ich verkniff mir ein Augenrollen. Frauen!

Da konnte ich Jahrhunderte alt werden, verstehen würde ich sie wohl nie. Doch was ich mitbekommen hatte war, dass Sina „Lebewohl“ gesagt hatte. Das Wort war so altertümlich, dass ich es einfach nicht überhören konnte und die tiefere Bedeutung dahinter wollte mir nicht gefallen. Als Sina mir schon den Rücken zuwandte, um in der Nacht zu verschwinden, meinte ich in die Stille: „Auf Wiedersehen. Bist du in zwei Nächten wieder unterwegs?“

„Du willst dich wieder mit mir treffen? Nach diesem Tumult?“, fragte Sina und wirbelte herum. Der Ton klang forschend, aber hoffnungsvoll und ein zaghaftes Lächeln lag auf ihren fein geschwungenen Lippen.

„Natürlich.“, erklärte ich ernsthaft und kaum hatte ich das laut ausgesprochen, wurde ich mit einem strahlenden Lächeln von Sina belohnt. Meine Güte, die Vampirin brauchte dafür wirklich einen Waffenschein! Wie machte sie das nur, dass ich mich gerade so gut fühlte, als hätte ich die Lösung für den Welthunger oder die Umweltverschmutzung gefunden?

„Übermorgen. Selbe Zeit, selbe Stelle.“, entschied Sina und nichts erinnerte mehr an ihre traurige Miene von vor ein paar Minuten. Fast schien es so, als würde sie sich wirklich auf unsere kleinen Treffen freuen. Ich fragte mich nur, was sie daran so amüsierte.

War es die Gefahr entdeckt zu werden, Abenteuerlust oder einfach nur die Suche nach Gesellschaft? Aber wie sollte ich das herausfinden, wusste ich doch selbst nicht, was mir bei unseren Verabredungen so viel Spaß bereitete.

„Schöne Träume, Wolf und schlaf gut.“, meinte Sina, bevor sie sich umdrehte und im Schlenderschritt und leise summend die Straße entlang hüpfte. Lächelnd schüttelte ich den Kopf. Dieses Kind war wetterwendischer als alle Personen, die ich je kennen lernen durfte und doch mochte ich sie.

„Du auch, Kleines. Süße Träume.“, flüsterte ich, meinen Blick auf die Stelle fixiert, wo die Vampirin selbst für meine Werwolfsaugen gerade in der Dunkelheit verschwunden war.
 

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Teil der Kinoszene aus Sinas Sicht.

Lesen auf eigene Gefahr :P
 

„Hier sind die Plätze, Tom“, meinte ich lächelnd und winkte dem Werwolf, der mir mit ein paar Schritten Abstand folgte. Irgendwie schien er nicht ganz bei der Sache zu sein, seit wir das Kino betreten hatten. Leicht legte ich den Kopf schief und betrachtete den Mann.

Tom machte unter den anderen Kinobesuchern eine gute Figur, war mit seinen breiten Schultern und markanten Gesichtszügen ab und zu sogar Ziel von abschätzenden Blicken von Frauen in Begleitung, doch schien er sie nicht zu bemerken. Ich hingegen sah die Blicke und sie gefielen mir gar nicht. Der Wolf war mit mir hier.

Was tat Thomas da eigentlich? Er kam nur sehr zögerlich auf mich zu und seine Blicke flogen hin und her, als müsste er alle Menschen hier gleichzeitig im Auge behalten. Erst als er schon fast auffällig die Nase hob, roch und dann unwillig die Nase kraus zog, wurde mir klar, was er da machte.

Selbst mir war aufgefallen, wie sehr es hier nach Popkorn und diesem typischen Kinoduft roch und wie musste es da erst einem Werwolf gehen, der zumindest unbewusst einen Großteil seiner Welt per Geruchsstoffe wahrnahm?

Die Jahre seit seinem Biss, musste ihm die Beurteilung von Situationen nach dem Geruch zumindest unterbewusst in Fleisch und Blut übergegangen sein. Kein Wunder also, dass er etwas nervös war.

Fast war ich soweit, meinen Entschluss ihn in ein Kino zu schleppen, zu bereuen, denn sein sonst so ruhiges und ernstes Gesicht hatte etwas leicht Verschrecktes. Aber eben auch nur fast. Ich würde Tom schon zeigen, dass er sich keine Sorgen machen musste, solange er mit mir unterwegs war und dass er sich ruhig einmal auf etwas Neues einlassen konnte.

Ich hatte das Gefühl, dass er sich immer in alle Richtungen absichern wollte, alles viel zu ernst sah. Es stand nicht hinter jeder Ecke jemand, der ihm etwas tun wollte.

Energisch trat ich ein paar Schritte auf ihn zu und nahm ihn bei der Hand. Ich schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln und etwas gequält gab Tom es zurück. Tatsächlich schien aber ein bisschen seiner Nervosität abzufallen, so als würde es ihn beruhigen, dass ich bei ihm war und irgendwie veranlasste dieser Gedanke mein Herz dazu, lauter zu schlagen.

„Keine Angst, Wolf. Ich pass auf dich auf“, feixte ich sehr leise und nur für seine Ohren bestimmt, während mein Grinsen noch breiter wurde. Tom murmelte irgendwas von wegen „Freche Fledermaus“, doch sicher war ich mir nicht.

Ohne darauf zu achten, zog ich den Mann hinter mir her und bugsierte ihn auf seinen Sitz. Leise das im Hintergrund laufende Lied mitsummend, zog ich meine Jacke aus und legte sie auf den Nebensitz, bevor ich mich auf den Sessel neben Tom fallen ließ. Oh ja, ich freute mich auf den Film, auch wenn ich sonst nicht so sehr auf Actionfilme oder Horror stand.

Dieses Flair im Kino war mir viel wichtiger! Der aufdringliche Geruch nach Popkorn, die Menschenmassen und das Gemeinschaftsgefühl, weil man mit so vielen Personen mit den Hauptfiguren des Films mitfieberte.

Wie ein ganzer Raum voller Leute kollektiv die Luft anhielt, wenn etwas spannendes passierte oder zusammen aufseufzte, wenn es in einer romantischen Szene endlich zu dem Kuss der beiden Hauptpersonen kam.

Das war einfach herrlich und hatte sich seit meinem ersten Kinobesuch nicht verändert. Gut, es war damals ein Stummfilm gewesen, untermalt von Live-Musik, doch die Atmosphäre war fast noch wie damals. Ich war vor etwa zehn Jahren das erste Mal seit meiner Verwandlung wieder im Kino gewesen, natürlich in Begleitung meiner Geschwister, damit sie mich im Notfall davon abhalten könnten einen Menschen zu verletzen.

Mein Blutdurst war etwas, dass ich zwar ansatzweise kontrollieren konnte, doch nicht völlig. Ich hatte zwar eben noch gegessen, doch trotzdem musste ich vorsichtig sein. Aber im Moment waren die Menschen hier sicher vor mir und selbst wenn jemand sich an der Popkorntüte schneiden oder Nasenbluten bekommen würde, hätte ich damit heute bestimmt kein Problem.

Der Hauptgrund dafür war wohl, dass ich zu sehr von dem Mann an meiner Seite abgelenkt war.

„Alles in Ordnung?“, sprach mich Tom plötzlich an und ich schreckte aus meinen Gedanken auf. Leicht besorgt hatte er sich zu mir rüber gebeugt und automatisch musste ich lächeln.

„Klar, hab nur an meinen ersten Kinobesuch gedacht. Aber willst du dir nicht noch Popkorn oder was zu trinken holen, Wolf?“, fragte ich. Normalerweise tat man das doch in einem Kino und auch wenn ich nichts essen wollte, so musste Thomas doch nicht darauf verzichten.

Ich konnte zwar normale Nahrung zu mir nehmen, doch weder schmeckte es besonders, noch bekam es einem Vampir wirklich gut. Es war ganz praktisch, wenn man Besuch zum Essen hatte, der nichts von unserer Rasse wusste, dass man als Vampir auch etwas anderes als Blut zu sich nehmen konnte.

Doch zumindest mir wurde davon eigentlich immer schlecht und wenn manchmal Geschäftspartner meines Vaters zum Dinner kamen, wo wir dann gemeinsam aßen, fiel es mir jedes Mal schwer, wie es sich gehörte mitzuessen. Ich hasste diese Treffen!

„Nee, kein Essen für mich. Der Geruch ist so schon intensiv genug.“

„Sollen wir besser gehen?“, fragte ich, denn Toms Stimme hatte ein bisschen kläglich geklungen. Nicht, dass dem großen, starken Wolf auf einmal schlecht würde. Ich mochte ihn zwar wirklich gern, aber so lange es sich vermeiden ließe, wollte ich ihn nun wirklich nicht sich übergeben sehen.

„Nein, so schlimm ist es nicht. Außerdem wird der Film bestimmt gut“, erklärte Thomas und zog demonstrativ seine Jacke aus. Kurz grinste er mich an und ich hätte ihn dafür küssen können. Wusste er eigentlich, wie sehr sich sein Gesicht veränderte, wenn er lachte?

Der harte Ausdruck verschwand aus seinen Zügen, winzige Lachfalten bildeten sich um die Augen und wenn er wirklich herzhaft lachte, konnte man je ein Grübchen in der Wange erkennen. Dann war da so ein wundervoller Ausdruck auf seinem Gesicht, die gut gelaunte Seite dieses Mannes musste man einfach lieben.

Liebe? Liebte ich ihn? Ja, das tat ich. Eigentlich schon zu dem Zeitpunkt, als ich ihn vor drei Jahren eher tot als lebendig im Wald gefunden hatte. Ich wusste nicht, was es war, aber irgendwie musste ich ihn einfach retten. Und als sich aus dem wortkargen, missmutigen Mann langsam ein zwar immer noch einsilbiger, aber angenehmer Gesprächspartner entwickelt hatte, war es um mich geschehen gewesen.

„Ich hoffe, der Film wird nicht zu blutig.“

„Dann hättest du nicht einen Fantasy-Horrorfilm aussuchen sollen“, meinte Tom auf meine Bedenken und grinste dabei sogar etwas. Unwillig verzog ich das Gesicht, konnte ich doch eigentlich kein Blut in Filmen sehen. Ja, sehr lustig.

Eine Vampirin, die arme kleine Tierchen umbrachte oder Menschenblut trank, aber sich bei Horrorfilmen die Augen zuhielt, wenn die Gedärme durch die Gegend spritzten.

Als wollte er mich ablenken, begann der Wolf ein Gespräch über Filme. Er selbst sagte nicht besonders viel, doch hörte er mir aufmerksam zu, gab kurze Kommentare ab und machte im Ganzen den Eindruck, als würde ihn interessieren, was ich sagte.

Außerdem machte Tom nicht mehr den Eindruck, als würde er sich hier sehr unwohl fühlen. Wir redeten sogar leise weiter, als das Licht verlosch und die Werbung anfing. Ich hatte ehrlich gesagt nicht den Eindruck, dass sich der Werwolf langweilte. Erst als das Licht nach dem Werbeblock anging, hörten wir auf zu reden.
 

Natürlich kam wieder dieser obligatorische Eisverkäufer, doch wurde er Dank der späten Stunde nur wenig seiner Ware los und schnell wurde es im Raum wieder dunkel. Ich kuschelte mich etwas tiefer in den bequemen Sessel und war froh darüber, dass der Sitz genau vor mir frei war, denn so hatte ich einen guten Blick auf die Leinwand.

Der Kinosaal war generell nicht voll besetzt und so hatte eigentlich jeder der Besucher nach links und rechts ein bisschen Platz, was ich als recht angenehm empfand. Tom rutschte auch in seinem Sitz herum, als suche er eine bequemere Position, lange ruhig sitzen war wohl nichts für ihn.

Ein kleines Grinsen stahl sich auf meine Lippen und ich beobachtete aus den Augenwinkeln Toms Versuche eine gute Sitzposition zu finden, während schon die Vorschau für weitere Filme lief. Jetzt streckte sich der Werwolf sogar und einen Moment schien es so, als würde er seinen Arm über meine Rückenlehne oder gar meine Schulter legen.

Enttäuschung machte sich breit, als er es sich im letzen Augenblick doch noch einmal anders überlegte und der Arm eine Ruheposition auf der Armlehne fand. Na, dann eben nicht. Das machte mir gar nichts aus. Nein, wirklich nicht.
 

Ich lenkte jetzt mein Augenmerk wieder auf die Leinwand, doch war ich mir dabei mehr als bewusst, wer da so nah neben mir saß. Ich bräuchte nur meinen Arm ebenfalls auf die Lehne oder meinen Kopf zur Seite legen, dann würde ich ihn schon berühren können. Doch ich tat es nicht, hatte zu viel Angst, er könnte seine Hand wieder weg ziehen und eine Abneigung mir gegenüber deutlich machen. Und das wollte ich nicht riskieren.

Stattdessen widmete ich der Leinwand meine volle Aufmerksamkeit. Kaum hatte man herausgefunden, dass die Personen dort auf der Leinwand Werwölfe darstellen sollten, wurden sie mit geradezu Ekel erregender Brutalität von Vertretern meiner Rasse abgeschlachtet.

Na herrlich! Ich wollte einen angenehmen Abend hier verbringen und dieser Film schien nicht gerade auf eine schöne Zerstreuung hinzudeuten. Ich warf Tom einen Blick zu, was er dazu dachte, dass auf der Leinwand gerade Vampire den Werwölfen den Gar ausmachten.

Er hatte die Augen weit aufgerissen, starrte regelrecht auf die Bilder. Ich sah selbst unter dem Stoff, wie die Muskeln in seinen Armen sich immer wieder anspannten und lockerten, so als würde er in den Kampf mit eingreifen wollen.

Ich meinte ihn sogar einmal vor sich hinknurren zu hören, dass sich der Idiot doch bücken sollte und eine Viertelsekunde später segelte der abgetrennte Kopf eines Werwolfs über die Bildfläche.

Thomas Kiefer mahlte regelrecht, sein Gesicht sah wirklich nicht zufrieden aus. Eher sah es so aus, als wüsste er nicht, ob er weinen oder wüten sollte bei den Bildern. Vielleicht dachte er ja gerade an das Zusammentreffen mit meiner Familie, sie hatten schließlich in genau so brutaler Weise das feindliche Rudel getötet.

Ich würde ihn gerne irgendwie beruhigen, denn innerlich schien er zu leiden, doch ich wusste nicht, ob er gerade jetzt meine Hand an seiner Schulter fühlen wollte.

Also tat ich so, als würde ich nichts davon mitbekommen und versuchte dem Film zu folgen, was gar nicht so schwer war. Die Handlung war nicht gerade einfallsreich und vorhersehbar, aber durch eine kleine Romanze und Situationskomik aufgelockert, was fast über die doch recht blutige Darstellung hinwegtäuschen könnte.

Nach etwas über einer Stunde kam es dann zu der unabdingbaren Endschlacht zwischen Gut und Böse in diesem Film und für mich war es dann doch ein bisschen zu brutal. Als in einer Szene Gehirnfetzen, Gedärme und andere Innereien herum flogen, drehte ich den Kopf angewidert zur Seite, versteckte mein Gesicht in Toms Pullover.

Ich wusste selbst nicht wieso ich das tat, aber es fühlte sich so natürlich an. Eigentlich wollte ich den Kopf wieder zur Leinwand drehen, doch war es dazu gerade zu bequem. Der Wolf hatte sich einen Moment völlig versteift, als ich mich an ihn gelehnt hatte, doch jetzt saß er wieder soweit entspannt da, wie es bei einem Horrorfilm eben ging.
 

Und so blieb ich an Toms Schulter gelehnt, genoss die Wärme, die von seinem Körper ausging. Auch wenn mein Geruchssinn nicht so gut war, wie der eines Werwolfs, so musste ich doch zugeben, dass er wirklich gut roch. Es war ein markanter Duft, Tom roch wirklich männlich und ich vergrub die Nase noch tiefer in dem Stoff seines Pullovers.

Zusätzlich umarmte ich seinen Arm und ich musste zugeben, dass ich die Muskeln unter dem Stoff mehr als angenehm fand. Oh ja, dieser Werwolf war wirklich nicht zu verachten, weder als Gegner, noch als Mann.

Ich hatte ihn vor zwei Nächten mit nacktem Oberkörper gesehen, als er sich in seine Wolfsform verwandeln wollte und der Anblick war alles andere als unangenehm gewesen. Seine sportliche Statur, seine Bewegungen, seine Mimik, seine selbstsichere, lockere Ausstrahlung, das alles brachte mein Herz dazu, schneller zu schlagen.

Für seinen Körper musste sich der Wolf wirklich nicht schämen. Die feinen Narben, die er in dem Kampf gegen das andere Rudel davongetragen hatte, waren kaum zu erkennen gewesen, gaben ihm aber trotzdem einen noch verwegeneren Zug.

Ich war errötet wie ein Schulmädchen, als Tom vorgestern angefangen hatte sich auszuziehen. Was hatte ich auch kurz vorher etwas Blut trinken müssen? Denn gerade dann, wenn ich die rote Flüssigkeit zu mir genommen hatte, funktionierte das mit dem rot werden wohl etwas zu gut.

Im Hintergrund hörte ich den Film laufen, doch interessierte mich das Ende eigentlich nicht mehr. Ich hatte hier etwas viel interessanteres gefunden. Diese Gelegenheit musste ich doch nutzen, wer wusste schon, wann ich je wieder dazu kam Tom so nah zu sein?

Doch noch besaß ich Hoffnung. Der Wolf war um einiges entspannter als früher im Umgang mit mir, lachte, scherzte und manchmal gingen sogar kleine Berührungen von ihm aus, die mein Herz schier zum Zerspringen bringen wollten – zumindest für eine Vampirin. Er hatte fast den ganzen Weg zum Kino meine Hand gehalten und ich hatte das Grinsen nicht mehr von meinem Gesicht bekommen.

Am liebsten hätte ich Thomas geküsst, doch das stand wohl nicht zu Debatte. Doch ich würde schon die Gelegenheit dafür bekommen. Vielleicht war es naiv, aber ich glaubte, dass Liebe alle Grenzen überwinden konnte, auch unser kleines Rassenproblem. Zumindest bei mir war genug Liebe vorhanden und dem Werwolf würde ich auch noch sanft klar machen, was er an mir hatte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  P-Chi
2010-01-27T16:54:55+00:00 27.01.2010 17:54
<3 <3 <3
Das war ja sooooo SÜß! Und romantisch! Und aufregend!! *__*
Woah, Sina im Kino xDD *lach*
Echt klasse, der Zusatzteil!! x3
Es haben sich einige Fehler eingeschlichen (bin aber zu faul, um noch genau zu bestimmen, was für welche es waren ... xDD'')
Aaah!! Die Story wird echt mit jedem mal besser! <3

glg Angels
Von:  P-Chi
2010-01-27T16:13:39+00:00 27.01.2010 17:13
Aaah :DD
Wieder ein so schönes Kapitel xD *freuz*
Tut mir leid, dass ich mich erst so spät melde ... aber Schule ist echt die Hölle >.<
Nun ja, es gab nichts in diesem Kapi zu beklagen, außer einem kleinen Fehler am Ende des Textes.
-> ..., auch wenn der Kleinen nichts wirklich böses zutraue.
(da fehlt ein "ich" zwischen Wenn und Der. :3)

Soo, werde mich nun genüsslich auf das nächste Kapi stürtzen! <3

glg Angels
Von:  P-Chi
2010-01-16T11:39:10+00:00 16.01.2010 12:39
Yaaaaaay~~ :DDDDDDDDDDD
Himmel, ich liebe die beiden einfach! <3 <3 <3
Die beiedn geben echt ein tolles Paar ab x3
Die Beschreibung der Gefühle und der Eindrücke im Wald waren echt super ;3
Man konnte sich alles bildlich genauestens vortsellen, und es wurde auch nie langweilig. :3
Lass mich nicht zu kange auf das nächste Kapi warten xDDD

glg Angels
Von:  P-Chi
2010-01-09T15:59:35+00:00 09.01.2010 16:59
Ayyyy, ich liebe die beiden immer noch sooooo sehr! <33
Wie schön, dass sich die beiden wieder getroffen haben!! ;///;
Dein Schreibstil ist wie immer echt spitze! So flüssig, und spannend und überhaupt! xDDD
Hast dir mit dem Kapitel aber ziemlich Zeit gelassen xD'
Nun, es hat sich wenigstens gelohnt~ ;3
Einfach toll.^^

glg Angels
Von:  P-Chi
2009-10-03T20:53:14+00:00 03.10.2009 22:53
Uhuhuuuu, das Kapi war ja mal wieder erstklassig! :DDD
Hmmm, wie du einen neuen Werwolf-Charakter eingebracht hast, war toll! Das hat mir sehr gefallen :)
Und besonders wie Thomas ständig an Sina gedacht hat, obwohl er sich immer wieder davon abringen wollte...xDD Genial~
Fehler habe ich keine entdeckt und auch diesmal kann ich nur deinen Schreibstil loben. :3

lg Angels
Von:  P-Chi
2009-09-30T08:20:56+00:00 30.09.2009 10:20
:DDD
Waaaah~, das waren soo schöne Kapis x333 *schnief*
Danke übrigens für die Widmung! xDD
Und keine Bange, ich bin sicher nicht die einzige die deine (mega geniale) Story ,liest! *___*
Es war wirklich total rührend, wie Thomas über seine Rudelmitglieder und Sina gedacht hat. Das hast du mal wieder sehr schön geschrieben :) (was hab ich denn anderes erwartet...?)
Deine Übergnge sind wirklich ausgezeichnet und alles ist sehr flüssig zu lesen, nur weiter so!
Und ich hab nur zwei "Fehler" entdeckt, wobei ich mir nicht einmal sicher bin, ob es welche sind...<_<'
Also, zum ersten hast du einmal "Loge" geschrieben, statt Logo.
Und ansonsten ist mir nur aufgefallen, dass du im Prolog und am anfang des ersten Kapis oft geschrieben hast, dass Thomas vor 2 Jahren bei Sina war und plötzlich war es vor 3 Jahren...? o.ò?
Nun ja.
Die nächste Lobpreisung gibts im nächsten kapi ;)

lg Angels


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