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Really a game?

It's just a game - Fortsetzung
von

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Hochzeitsglocken

5. Hochzeitsglocken
 


 

Aru wusste nicht, wie lange er noch in dem Park unter der Trauerweide gesessen und geweint hatte und er konnte später auch nicht mehr sagen, wie er es nach Hause geschafft hatte, aber als er am nächsten Morgen aufwachte und an die helle Zimmerdecke starrte, holte ihn die letzte Nacht mit einem Schlag wieder ein. Bilder flammten vor Arus Augen auf, obwohl er diese weit geöffnet hatte. Bilder, über die er nicht mehr nachdenken wollte.
 

Er sah sich und den Fremden immer wieder auf der Bank, wie sie sich gegenseitig Lust bescherten und er sah, spürte sogar fast erneut die Zärtlichkeiten, die Blacky ihm entgegengebracht hatte. Und leider tauchten immer wieder die hässlichen Worte auf, mit denen der Schwarzhaarige ihm klar gemacht hatte, dass ihr Beisammensein für ihn nichts weiter als ein Spiel war. Und sofort war da wieder der fast zerreißende Schmerz in Arus Brust, der ihn auch gestern daran gehindert hatte, direkt zu verschwinden und einfach alles hinter sich zu lassen.
 

Der Blonde kniff die Augen zusammen und schlug sich die flachen Hände ins Gesicht. Er wollte sich nicht schon wieder erlauben, den Tränen freien Lauf zu lassen, doch musste er bald feststellen, dass sich keine Tränen ankündigten. Kein Ziehen in den Augen, kein feuchtes Salzwasser zwischen den Lidern und kein Kribbeln in der Nase. Es war fast so, als hätte er sich ausgeweint. Nichts war mehr in ihm, was er hätte hinausheulen können. Aru war erleichtert darüber, dass er wenigstens das hinter sich gebrachte hatte, doch Blacky hatte seine Spuren auf ihm hinterlassen, nicht nur auf seinem Körper, sondern auch auf seiner Seele.
 

Aru bestritt nicht, dass es ihm gestern gefallen hatte, er hatte es ja geradezu genossen, den Fremden zu reiten und ihn zum Stöhnen zu bringen. Vielleicht hatte er auch einfach nur gehofft, Blacky würde nicht wieder gehen oder ihn – Aru – gehen lassen, wenn ihre Nacht unvergesslich werden würde, doch da hatte Aru wohl falsch gehofft, denn nun war er wieder allein, lag in seinem Bett und musste sich erneut mit diesem Arsch auseinandersetzen.
 

Die neu gewonnene Erkenntnis tat so weh. Der Blonde hatte natürlich irgendwo geahnt, dass Blacky anders war, als er es sich erhofft hatte, Aru kannte ihn schließlich kaum bis gar nicht, aber er wollte es nicht einsehen, er wollte Blacky an seiner Seite wissen. Dass dies wohl nie der Fall sein würde, war fast unerträglich. Aru schalt sich selbst für seine Dummheit und Naivität und vor allem schalt er sich dafür, dass sein Herz sich wohl schon längst entschlossen hatte, für wen es schlagen wollte – nämlich für den unbekannten Mann, der Aru verführt hatte und der es immer wieder schaffte, diesen dazu zu bringen nach seinem Wort zu tanzen.
 

Die Wut überfiel plötzlich den jungen Mann. Wut auf sich selbst, auf Blacky und sogar auf Nick, auch wenn Aru wusste, dass sein bester Freund wohl am wenigsten für all das konnte. Aru schrie auf, schmiss die Bettdecke wutentbrannt auf den Boden und flüchtete geradezu ins Bad. Als er sich unter die kalte Dusche stellte, verbot er sich dieses Mal den Hahn für das warme Wasser auch nur anzuschauen. Er wollte sich selbst bestrafen.
 

Nach fünf Minuten hielt Aru es nicht länger aus. Er war zwar nun sauber und frisch geduscht – frisch auf jeden Fall – allerdings schlotterten seine Glieder nur so vor Kälter, selbst die Lippen bebten und nahmen schon einen leichten Blau-Ton an. Schnell schnappte er sich eins der großen Handtücher, um sich darin einzuwickeln und schnellstmöglich wieder trocken und vor allem warm zu werden.
 

Mit einem Lächeln auf den Lippen erwiderte Blacky den Kuss und öffnete den Mund, um ihm mit der Zunge entgegen zu kommen.
 

Aru biss sich auf die Innenseiten seiner Wangen, bis er sein eigenes Blut schmeckte, ging dann zurück ins Schlafzimmer, um sich seinen Jogginganzug anzuziehen. Heute war Sonntag, er hatte nichts vor und erwartete auch keinen Besuch, wieso also sich herausputzen?
 

Blackys Zunge reizte sein Ohrläppchen, seine Finger glitten unter Arus Pullover und Hemd, streichelten die verschwitzte Haut darunter.
 

Aru schlug die Schranktür zu, es knallte ziemlich laut und für einen kurzen Moment befürchtete er, dass der Spiegel im Schrank zerbrechen würde und im gleichen Moment tat es ihm auch schon wieder Leid. Den Spiegel traf schließlich auch keine Schuld – zum Glück geschah nichts dergleichen. Nachdem Aru sich vergewissert hatte, dass der Spiegel wirklich nichts davongetragen hatte, ging er in die Küche, um zu frühstücken. Seine letzte Nahrungsaufnahme war schon länger her.
 

Blacky stieß von unten fest…
 

Aru erstarrte plötzlich. Seine Augen hafteten an der Pinnwand. Die Einladungen zur Hochzeit sprangen ihm geradezu entgegen. „Ach du heilige Scheiße“, hauchte Aru erschrocken und völlig perplex. Dann brach die Panik in ihm los, das Chaos in der Wohnung nahm seinen Lauf. Blacky und ihr gestriges Stelldichein waren vergessen und vorerst verbannt. Nun zählte nur noch die fast vergessene Hochzeit und die Hoffnung nicht die gesamte Trauung zu verpassen.
 

Wie hatte es nur passieren können, dass er so etwas Wichtiges einfach vergaß? Vor allem da diese wichtige Sache sehr gute Freunde betraf und er sogar ZWEI Einladungen von ihnen zu Hause hängen hatte. Aru wusste sofort die Antwort, vermied es jedoch tunlichst sie gedanklich zu erwähnen.
 

Aru stürzte zurück ins Schlafzimmer, riss seinen Anzug von der Stange und hätte beinahe vergessen seinen Jogginganzug auszuziehen, bevor er in den Anzug schlüpfte. „Oh mein Gott, das schaffe ich nie“, keuchte er, als er auf seine Armbanduhr schaute, denn er war eindeutig spät dran. Es war 10:05 Uhr. Den Beginn der standesamtlichen Trauung hatte er also schon mal verpasst. Hätten seine Freunde nicht auch kirchlich heiraten können? Dann hätte er wenigstens das noch mitbekommen.
 

Kaum im Anzug verpackt, rannte Aru weiter, stolperte dabei über die Türkante des Badezimmers und hätte sich fast der Länge nach auf den Fliesen hingelegt und sich womöglich noch irgendetwas gebrochen. Doch dieses eine Mal sollte das Glück an seiner Seite sein, nachdem ihn die Zeit vollends verlassen hatte. Mit raschen und geübten Handgriffen schmierte Aru sich etwas Gel in die blonden Haarspitzen, um sich wenigstens etwas ansehnlicher wirken zu lassen, denn wenn er ehrlich zu sich selbst war: er sah ziemlich beschissen aus…
 

~*~*~*~*~*~
 

„Ob er wohl verschlafen hat?“, flüsterte die leise Stimme einer Frau, auf deren Fragen der junge Mann neben ihr mit den Schultern zuckte. „Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was er wieder treibt“, antwortete ein verzweifelter Nik, welcher selbst immer wieder zur Saaltür sah und nach seinem besten Freund Ausschau hielt.
 

Es war mittlerweile 10:36 Uhr und von Aru war noch immer weit und breit nichts zu sehen. Jamie und Andres hatten es längst mitbekommen, schließlich wartete der gesamte Saal nur noch auf den Blonden. Jamie schien langsam hysterisch zu werden. Die arme Frau, dachte sich Nik, der seiner Cousine entschuldigende und mitfühlende Blicke zuwarf, was diese in keinster Weise beruhigte. Nik hatte den beiden Verlobten, denen nur noch ein paar Worte und Unterschriften fehlten, bereits vor 20 Minuten gesagt, sie sollten einfach anfangen, doch Jamie hatte sich trotz Zuredens ihren zukünftigen Mannes nicht dazu bringen lassen, ohne Aru mit der Trauung zu beginnen.
 

Aru war für die Fotos zuständig und Jamie wollte auf jeden Fall alles auf Papier festgehalten haben, schließlich wollte sie ihren Kindern später auch Fotos von der Trauung zeigen können. Zwar hätte sich ihre Oma auch angeboten, allerdings wusste Jamie, wie die Fotos bei ihr aussahen und da allgemein bekannt gemacht wurde, dass Aru fotografieren würde, hatte niemand sonst einen Fotoapparat bei sich.
 

„Wo bleibt Aru“, klang Jamies Stimme von vorne, in der deutlich die Nerven fehlten. „Auf Homos ist einfach kein Verlass“, schluchzte sich dann, was Nik dazu anregte, aufzustehen und seine Cousine in den Arm zu nehmen. Er wusste, dass sie ihre Bemerkung bezüglich Homosexuellen nicht ernst gemeint hatte. Jamie akzeptierte Nik und seine Freunde voll und ganz, sie war schließlich mit diesem Thema groß geworden und in ihrem Cousin hatte sie einen wunderbaren Partner gefunden, wenn es darum ging, über gutaussehende Männer zu diskutieren. Dieses Glück durfte mit Sicherheit nicht jede Frau ihr Eigen nennen.
 

„Hey Süße… er hat sicher nur verschlafen. Das passiert jedem einmal“, flüsterte Nik der Braut ins Ohr, während er sie in den Armen hielt, wobei er selbstverständlich aufpasste nichts von dem überdimensionalen Kleid zu zerknittern oder gar zu zerstören. Auch wenn sie nicht kirchlich heirateten, war dieses Kleid durchaus einer kirchlichen Hochzeit würdig gewesen.
 

„Ja, aber doch nicht an meiner Hochzeit“, schluchzte die junge Frau, die heute wirklich wunderschön aussah. Nik ahnte, dass Aru gestern Abend doch noch auf die Einladung des Unbekannten eingegangen war, denn nichts anderes bedeutete nun seine Abwesenheit. Nie würde Aru einen von seinen Freunden im Stich lassen, vor allem nicht, wenn ein Freund oder in diesem Fall eine Freundin heiratete. Aber da Nik Jamie nicht zusätzlich beunruhigen wollte, indem er ihr von Arus Problemen erzählte, schwieg er diesbezüglich und versuchte sie weiter zu beruhigen, wofür ihm der Bräutigam ganz offensichtlich dankbar war, denn auch er schien mit den Nerven am Ende zu sein und musste sich erst einmal setzen.
 

„Er wird gleich schon noch kommen.“ Wie Recht Nik damit hatte, sollte er genau zwei Sekunden später erfahren, denn plötzlich sprangen die Flügeltüren zum Saal auf und ein völlig durchgevögelt aussehender Aru erschien im Rahmen. Die Haare standen trotz Gels mittlerweile wieder in alle Himmelsrichtungen ab, sein Gesicht war knallrot, wahrscheinlich war er gelaufen. Dass der Blonde verschlafen hatte war offensichtlich.
 

Alle im Saal hielten die Luft an und starrten ihn empört, entgeistert oder zornig an. Letzteres traf vor allem auf die Eltern des Brautpaars zu. Und plötzlich riss auch Nik die Augen auf und suchte Aru geradezu ab. Mit seinen Lippen formte er nur ein einziges Wort.
 

Kamera?
 

Und er schien nicht der Einzige im Saal zu sein, der die gleiche Vermutung hatte. Dann lachte Aru plötzlich auf und zog seine heißgeliebte Kamera hinter dem Rücken hervor. „Ihr dachtet doch nicht etwa, dass ich die Kamera an der Hochzeit meiner Freundin vergesse?“ Und sofort war die angespannte Stimmung gelöst. Viele stimmten mit in Arus Lachen ein – es war schon irgendwie komisch, wie Aru sich empörte, da ihm alle zuschrieben die Kamera vergessen zu haben, obwohl er zu spät gekommen war… nun ja, eigentlich warteten die meisten wohl auch eher auf die Kamera, als auf Aru – und andere schüttelten nur den Kopf. Andres war einfach nur erleichtert und Jamie? Die fing wieder an zu weinen.
 

Aru grinste schief und beeilte sich in die erste Reihe zu komme. „Na fangt schon an, wegen mir müsst ihr nicht warten“, witzelte er und ließ sich schließlich auf seinen Platz neben Nik sinken. Jamie war anzusehen, dass sie dem Blonden am liebsten ihren Brautstrauß um die Ohren gehauen hätte. Andres hielt sie allerdings davon ab und endlich konnte die Trauung beginnen. Nik aber schaute seinen besten Freund von der Seite her skeptisch an. Er traute dem ganzen fröhlichen Getue nicht. Seine Augen verengten sich, dann vielen ihm neue rote Flecken an Arus Hals auf. Eigentlich waren sich gänzlich vom Kragen des Anzuges verdeckt worden, doch als Aru sich hinabbeugte, um die Kamera aus der Tasche zu holen, wurden sie sichtbar. Doch das war nicht alles. Nik bemerkte ebenso die roten Augen, darunter Ringe, die eindeutig von Müdigkeit und Schlaflosigkeit erzählten.
 

„Aruuu~“, knurrte Nik leise und bedrohlich. Angesprochener zuckte zusammen und ließ sich Zeit, dem Braunhaarigen in die Augen zu gucken. Er hatte damit gerechnet, dass Nik sich nicht so schnell täuschen ließ, allerdings hatte er gehofft, dass er vielleicht doch noch eine Chance hatte, glimpflich aus der Sache herauszukommen. „Nicht jetzt, Nik, okay?“, seufzte er und rieb sich das Gesicht. „Lass uns einfach die Hochzeit genießen.“ Was für Aru hieß: lass uns besser die Ablenkung nutzen, um nicht an einen gewissen Jemand denken zu müssen.
 

Nik war unzufrieden, doch kam er nicht mehr dazu, etwas einzuwenden, da der Standesbeamte nun endlich begann:
 

„Noch einmal einen schönen guten Morgen an alle Gäste, Trauzeugen und natürlich auch an das Paar, welches hier nun vor mir steht. Bevor ich nun beginne, möchte ich Gabriel Marcell zitieren, der einmal sagte:
 

Die Liebe ist wie das Leben selbst,

kein ruhiger und bequemer Zustand,

sondern ein großes,

ein wunderbares Abenteuer.

Lieben heißt zum anderen sagen:

Du wirst nicht untergehen.“
 

Sobald das Zitat beendet war, waren die ersten Schluchzer aus den Reihen zu hören, Jamie und Andres hingegen strahlten sich nur so an. Für Aru war es wie ein Faustschlag ins Gesicht. Ein Abenteuer… ein Spiel… Er schluckte und riss sich zusammen. Er war schon zu spät gekommen, dann durfte er seine Freunde nun nicht noch mehr enttäuschen. Also hob er die Kamera und fotografierte, gab sich die größte Mühe, um die wunderschönsten Augenblicke dieser Trauung festzuhalten. Jamie und Andres wie sie sich verliebt in die Augen schauten, Händchen hielten, ihre Unterschriften setzen, sich küssten, lachten, weinten…
 

~*~*~*~*~*~
 

Es waren wirklich schöne Momente, die alle mit diesem hübschen Paar teilen und die ersten Schritte ihrer Ehe miterleben durften. Aru lächelte und freute sich ehrlichem Herzens für Andres und Jamie, die ihre Augen gar nicht mehr von einander lassen konnten und anscheinend nur darauf warteten, endlich in den Flieger steigen und ihre Flitterwochen genießen zu können. Die vielen Gäste machten ihnen da jedoch einen Strich durch die Rechnung. Jeder wollte dem Ehepaar gratulieren, es umarmen, beschenkten und Glück wünschen. Alles was man eben nach so einer gelungenen – der kleine Zwischenfall war längst vergessen – Trauung tat. Und außerdem war da noch die Feier, die Nik mit ein paar anderen Freunden in einem Biergarten auf die Beine gestellt hatte.
 

„Ich wünsche euch wirklich alles Gute“, lächelte Aru, als er zuerst Jamie auf die Wange küsste, Andres dann freundschaftlich die Hand schüttelte. „Und es tut mir wirklich Leid, dass ihr auf mich warten musstet…“

Niks Cousine seufzte theatralisch und spielte mit ihrem bösen Blick böse Hexe. „Und wehe dir, die Fotos werden nichts!“ Sie hob erbost den Finger, wusste aber, dass Arus Bilder wie immer perfekt sein würden. „Aber was war denn…?“, setzte die Blonde schließlich die Frage an, da es sie brennend interessierte, wieso Aru sie und ihre Hochzeit fast versetzt hatte. Dieser schüttelte nur mit dem Kopf und nahm kurz ihre Hand. „Ein andermal… Und nun lass dich feiern!“ Er zwinkerte ihr zu und küsste ihren Handrücken, dann ließ er Jamie zurück zu ihrem Ehemann.
 

Aru nahm wieder Abstand und machte noch ein paar Bilder, ehe er erschöpft die Kamera senkte. Es war schwer seine Maske aufrecht zu erhalten und den tapferen Mann zu mimen, während es ihm innerlich richtig mies ging und die Wut immer größer wurde. Er konnte Nik irgendwo am anderen Ende des Saals ausmachen. Seit etwa einer halben Stunde versuchte er schon seinem besten Freund und dessen Fragen aus dem Weg zu gehen, doch dass er das den ganzen Tag schaffen würde, bezweifelte er. Nik war nicht dumm und hatte längst bemerkt, dass Aru ihn mied und das stachelte ihn umso mehr an, sich den Blonden zu krallen und auszufragen.
 

Als irgendeine Großtante von Jamie und Nik sich durch die Reihen zu den Kuchen schlängelte und versuchte, zwei Stücke möglichst unauffällig zu verschlingen, hob Aru wieder seine Kamera und schoss grinsend ein weiteres Foto. Wie er solchen Aufnahmen liebte…
 

Und dann traute Aru seinen Augen kaum. Er sah Andres Trauzeuge, der sich mit einem Lächeln umwandte und auf Aru zuging. Der Blonde sah ihn jetzt zum ersten Mal von vorne und sein Atem blieb für einen kurzen Augenblick stehen. Schwarze Haare, grüne Augen, und ein wunderschönes Lächeln, groß, schlank… Wie von selbst drückte der Blonde den Auslöser seiner Kamera und als er von dem kleinen Bildschirm seiner Kamera aufblickte, war der junge Mann schon an ihm vorbeigegangen und fast in der Menge verschwunden.
 

Was sollte das denn bitte? Aru schnaufte und die Wut stieg im zu Kopf. Wie konnte dieses Arsch einfach so an ihm vorbei gehen, ohne ihn anzusehen oder anzusprechen. Dachte er wirklich, Aru wäre so blöd und hätte ihn nicht erkannt? Denn Aru war sich ganz sicher, dass der Mann, der ihn ganz geflissentlich ignoriert hatte, Blacky war.
 

„Hey!“, rief er erbost und hielt den Kerl am Arm zurück. „Für wen hältst du dich eigentlich?“, presste er zwischen den Lippen, da nicht unbedingt alle mitbekommen sollten, was zwischen den beiden lief. Aru stand die Zornesröte im Gesicht geschrieben und er sah auch gar nicht ein, sie zu unterdrücken.
 

Der Angesprochene hob erstaunt die Augenbrauen, machte sich dann aus dem Griff los. „Für wen ich mich halte?“, hakte er nach und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht. Was soll das hier überhaupt?“
 

Oh… mein… Gott! Aru hätte heulen können. Es war nicht Blacky, es war nicht seine Stimme und in den Augen fehlte das Grau. Es war Andres Trauzeuge, ein Unwissender, der nichts dafür könnte, schwarze Haare zu haben und Blacky zu ähneln… wie zig andere Männer auf dieser Welt. Aber Aru war sich so sicher gewesen!
 

„Ent-… Entschuldigung. Hab Sie… verwechselt“, stammelte er und wandte sich rasch ab, um das verstörte Gesicht zu verbergen. Dann flüchtete er auf die Herrentoilette.
 

~*~*~*~*~*~
 

Nik hatte das Schauspiel mit ansehen müssen und er musste nur Eins und Eins zusammenzählen, um zu wissen, was Aru da wieder geritten hatte. Der gestrige Abend war für seinen Freund wohl alles andere als gut verlaufen und nun schien er noch verstörter, als nach seiner ersten Nacht mit dem Unbekannten. Schnell entschuldigte er sich bei seiner Mutter, die natürlich ebenfalls anwesend war und eilte Aru hinterher.
 

Als Nik den Herrenbereich betrat, sah er Aru an einem der Waschbecken stehen, die Hände seitlich aufgestützt, der Kopf war gesenkt und die Augen geschlossen.

„Engelchen… was ist denn los?“, fragte er leise, nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie allein waren. Dann trat er direkt hinter Aru und umarmte ihn. Der Blonde versteifte sich nur noch mehr und versuchte sich loszumachen, doch sobald er merkte, dass Nik nicht nachgeben würde, ließ er locker, bis er sich ganz an Nik anlehnte und sein Atem sich auch wieder beruhigte.
 

„Was hat er dieses Mal angestellt?“, flüsterte Nik, der sein Kinn auf Arus Schulter gelegt hatte.

„Nichts.“ Aru sah weg, wollte sich eigentlich nicht schon wieder mit dem Thema Blacky befassen, doch war dieses wohl genauso unausweichlich, wie es für Aru wichtig war. Er spürte, dass Nik noch immer auf eine Antwort wartete, er wollte sich dieses Mal wohl nicht einfach so abspeisen lassen, was Aru ihm nicht übel nehmen konnte, sie waren schließlich Freunde.
 

„Wir haben wieder… na ja du weißt schon…“

„Im Park?!“, rief Nik entgeistert aus und musste ein Lachen unterdrücken, da es in diesem Moment nicht wirklich angebracht war.

„Ja, im Park. Auf der Bank unter der Trauerweide, wenn du es genau wissen willst“, erwiderte Aru trotzig, kuschelte sich jedoch entgegen seiner Patzigkeit noch weiter in Niks Umarmung. „Und dann hat er mir gesagt, dass alles nur ein Spiel für ihn ist und dass er mir nicht das geben kann, was ich will und schon war er weg.“
 

Kurzzeitig war es still. Dann hatte Nik die Worte verarbeitet. „Das heißt… er weiß, was du empfindest? Zumindest teilweise?“ Der Brünette wusste nicht, ob er das für gut oder für schlecht befinden sollte.

„Ja, sieht wohl so aus. Und er meinte wir können uns wiedertreffen, insofern ich seine Regeln befolge und für seine Spiele bereit bin. Hallo? Was denkt der sich, wer ich bin?“
 

Nik zuckte mit den Schultern. Aber er bekam das Gefühl immer noch nicht los, dass irgendetwas an der Sache nicht stimmte. Wieso sollte sich der Unbekannte darauf einlassen, Aru außerhalb des Clubs zu treffen, wenn es ihm doch eigentlich egal war, wie Aru fühlte, wenn für ihn doch alles nur ein Spiel war?
 

„Glaubst du wirklich, dass er so ein Arschloch ist, wie er sich dir gegenüber verhält.“

Aru schwieg, schluckte einen Kloß im Hals hinab. „Nein“, kam es gekrächzt und unglaublich traurig. „Ich will es nicht glauben, aber da ist ein Unterschied. Zwischen glauben und glauben wollen, mein ich…“

„Wie war der Sex?“

„Der… WAS?!“, schrie Aru auf und riss sich von Nik los. „Kannst du nur an das eine denken?“ Der Blonde schnaufte. Sein Freund hatte manchmal wirklich null Einfühlungsvermögen.
 

Nik hob beschwichtigend die Hände. „Hey, calm down…“ Er ging zur Sicherheit einen Schritt zurück. Er war wohl doch etwas zu sehr in die Offensive gegangen, dabei wollte er doch eigentlich auf etwas anderes hinaus. „So meinte ich das nicht. Ich meine… wie war der Sex mit ihm? Ist er da auch so grob und beherrschend?“
 

Man konnte Aru ansehen, wie es langsam bei ihm dämmerte und sein Gesicht sich entspannte, bis es letztendlich einen sehnsüchtigen Ausdruck annahm. „Nein… er ist zärtlich und einfühlsam, leidenschaftlich, vorsichtig…“
 

Nik grinste triumphierend. Da hatte ihn sein Instinkt mal wieder nicht im Stich gelassen. „Also ganz anders, als wenn er mit dir spricht?“ Aru nickte.

„Weißt du, manchmal geht man beim Sex einfach seinen sehnsüchtigsten Gefühlen nach. Würde er dich beim Sex belügen, hättest du es mit Sicherheit bemerkt“, fuhr Nik fort, „Vielleicht ist er gar nicht so gemein und kalt, wie er sich gibt.“
 

„Du meinst…?“ Aru war sprachlos und starrte sein Gegenüber nur an. Aus dieser Perspektive hatte er das Ganze noch gar nicht betrachtet.

Nik zog die Augenbrauen hoch und zuckte leicht mit den Schultern. „Wer weiß, möglich wäre es doch, oder nicht? Hast du mal darüber nachgedacht, noch mal mit auf eine von unseren Partys zu kommen?“ Der Blonde schüttelte den Kopf und schaute auf den Fliesenboden. Eigentlich wollte er sich da kein zweites Mal Blicken lassen.
 

Nik bemerkte die Zweifel seines Freundes und trat wieder näher, um ihm eine Hand auf die Schulter zu legen. „Vielleicht ist er auch da und dann könnten wir ja mal austesten, ob wir ihn nicht ein wenig eifersüchtig kriegen“, grinste Nik und Aru gefiel dieses Grinsen. Er liebte seinen besten Freund einfach. „Und sollte er nicht da sein, lenkst du dich anderweitig ab.“ Dafür allerdings kassierte der Braunhaarige einen Hieb in die Rippen. „Du bist unverbesserlich“, lachte Aru. Nik schaffte es wirklich immer wieder, ihm die miese Stimmung auszutreiben.
 

„Musst du natürlich nicht“, verbesserte der beste Freund. „Du kannst auch wieder gehen.“

„Ich liebe dich“, lächelte Aru und küsste den Größeren auf die Lippen, welcher sofort zu strahlen begann und den Kuss erwiderte. „Ich dich auch, Engelchen.“
 

~*~*~*~*~*~
 

Sobald nun wirklich ausnahmslos alle auf der Hochzeitsparty zufrieden und glücklich waren, wurde gefeiert und getrunken bis in den frühen Abend hinein. Noch einige Stunden länger und selbst die härtesten unter den Trinkern, wären umgekippt. Außerdem rief am nächsten Tag für alle die Arbeit wieder, mit Ausnahme natürlich für Jamie und Andres, deren Flieger sie morgen Vormittag in die Karibik fliegen würde – Gemeinheit. Dennoch hatten alle viel Spaß und waren rundum zufrieden mit der gelungenen Feier, die Hochzeit natürlich nicht zu vergessen.
 

„Na, da ist ja mein Lieblingsfotograf“, flötete eine mehr als angeheiterte Braut, die Aru direkt in die Arme fiel. „Ich will noch ein Foto mit dir und… Nik! Hey komm mal her!“ schrie sie über die Tische hinweg. Nik hasste es, Fotos von sich machen zu lassen, obwohl er wirklich nicht schlecht aussah und eigentlich auch nichts an sich auszusetzen hatte, allerdings hatte er der Cousine mindestens ein Foto versprochen. Also wurde der lieben Oma die teure Kamera in die Hand gedrückt, damit diese das angetrunkene Dreiergespann knipsen konnte.
 

„Und wann bekomm ich die Bilder?“, nuschelte Jamie und schmiegte sich an ihren Cousin, der sich mehr stützte, als umarmte.

„Gleich morgen werde ich sie entwickeln. Sie kommen vor allen anderen Arbeiten, okay?“, grinste Aru und verstaute rasch seine Kamera in der Tasche, bevor er sie noch im betrunkenen Zustand demolierte.

„Das wollte ich hören~“ Und schon war Jamie wieder verschwunden, wankend, aber überglücklich…
 


 

5. Hochzeitsglocken – Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Bloody-259
2010-03-09T20:09:46+00:00 09.03.2010 21:09
wow xD da bin ich ja mal gespannt ;)


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