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Hades

The bloody rage
von

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Dyspnea

Durch die Hände eines anderen gefangen.

Es war, als würde man jeden Schritt, den man tat auf einen sich dahin windenden Grund setzen.

Jederzeit konnte man den Boden unter den Füßen verlieren.

Nie war man sich wirklich sicher, denn nächsten Tag zu erleben.

Man wünschte sich nicht einmal, es zu tun.

Weil man an das Warten gewöhnt war?

Aber war Gewohnheit überhaupt etwas, worüber man sich in dieser Situation Gedanken machen sollte?

In Augenblicken, in denen man die zarte Umarmung des Todes immer und überall verspüren konnte.

Wenngleich man noch am leben war.

Selbst wenn man sich darüber nicht immer im Klaren war.

Am leben zu sein, was hieß das schon?

Rache zu nehmen?

Wut zu verspüren?

Irgendwann verloren sich solche Dinge.

Man hörte auf, sich danach zu richten, obwohl das Ziel nicht erreicht war.

Konnte man etwas erreichen, was man vergessen hatte?

Und war es überhaupt möglich zu vergessen, was man zu erreichen versuchte?

Also wie war es?

Gefangener eines anderen zu sein?

Er war es, drum konnte er es doch nicht sagen.

Irgendwann würde die Uhr wieder schneller laufen.

Dann wäre das Ziel erreicht.

Bis dahin, wollte er noch ein wenig ruhen.

Noch eine Weile, die kalte Umarmung des Hades spüren.
 

„Junger Herr, es ist Zeit aufzustehen.“

Die bekannte Stimme ließ ihn langsam, fast schon zärtlich aus seinem verworrenen Traum erwachen. Die Lichtstrahlen, die sich durch die noch zugezogenen Vorhänge zwängten, ließen ihn leicht mit den Wimpern zucken, ehe er den Arm hob und seine Augen vor dem harten Sonnenlicht zu schützen versuchte. Jemand hatte den letzten Schatten aus dem Raum gejagt, wenngleich er doch noch immer zu spüren war.

Dieser eine Schatten, der über ihn wachte, würde nie einfach so verschwinden.

Für einen kurzen Moment zog er die Luft um sich herum ein - als gäbe es in seinen Lungen nicht genügend Sauerstoff – und vernahm den bekannten Geruch des Tees, der ihm beinahe jeden Morgen ans Bett gebracht wurde.

Er versuchte sich an die unangenehme Helligkeit des neuen Tages zu gewöhnen, als er sich langsam aufsetzte und sich kaum merklich über die Augen rieb. Unschön, wo es doch gerade noch so finster und friedlich gewesen war.

Erst als seine Augen sich an all das Licht gewöhnt hatten, sah er langsam zur Seite und griff nach der Tasse Earl Grey, die neben ihm auf dem Nachtschränkchen stand.

Er erkannte, wie die Zeitung des aktuellen Tages neben ihn gelegt wurde und folgte den behandschuhten Fingern, die sich langsam wieder zurückzogen.

Sein Blick wanderte nach oben, über die schlanke, männliche Statur, die weißliche Haut, bis zu den roten Augen und den schwarzen feinen Haaren. Schwarz gekleidet wie es sich für einen Butler gehörte, ohne den kleinsten Makel. So perfekt wie immer.

„Die Aufgaben für heute, Sebastian“, forderte er kühl und schlug die Zeitung auf, um einen misstrauischen Blick auf das Titelblatt zu werfen. London gehörte wirklich nicht du den sichersten Orten auf der Welt, dessen war er sich ja bewusst. Aber gleich fünf Leichen innerhalb einer Stunde?

„Ihr haltet bereits die Schlagzeile in den Händen, junger Herr“, erklärte der perfekte Butler und lächelte sein übliches, undurchschaubares Lächeln.

Weiterhin nicht ganz sicher, was er von der „Schlagzeile“ halten sollte, erhoffte er sich eine genauere Aussage seines Butlers, denn er abwartend anblickte.

Der sah nur schmunzelnd zurück und verbeugte sich dann leicht, als er warnend angesehen wurde.

„Etwas Merkwürdiges scheint im Augenblick in den Straßen Londons vor sich zu gehen. Ich habe vernommen, die Königin sei sehr besorgt“, erklärte Sebastian und schlug kurz die Augen nieder, um dem Earl dann ins Gesicht zu sehen. Dieser wandte sich wieder der Zeitung zu und las aufmerksam den Artikel, um den so ein großes Geheimnis gemacht wurde.

Dann legte er die Zeitung mit einem Seufzen zur Seite und stand auf, um sich von seinem Butler ankleiden zu lassen.
 

„Es ist nichts ungewöhnliches daran, das in den Straßen Londons gemordet wird“, gestand Ciel seufzend und ließ sich von Sebastian sein Hemd zuknöpfen, der sich in Schweigen hüllte und den Earl spekulieren ließ.

„Aber was nützt es, in so kurzer Zeit, so viele Kinder umzubringen?“, fragte er sich und hob den Kopf etwas, als ihm die Schleife umgebunden wurde.

Der Artikel sprach für sich, wahrlich, aber warum machte die ganze Erklärung darin kaum einen Sinn.

„Junge Männer, junger Herr“, erwiderte Sebastian dann plötzlich, als würde er Ciel nicht ergänzen sondern verbessern wollen. Wahrscheinlich war dem auch so.

Der Butler ging in die Knie und zog Ciel seine Schuhe an.

„Nun gut, aber es ergibt dennoch keinen Sinn. Wem ist es möglich innerhalb einer Stunde fünf Menschen zu töten, die sich in fünf verschiedenen Ecken Londons aufhalten? Wenn es nicht mehrere Mörder sind“, dachte der Earl laut weiter und stand dann auf, um in Richtung Fenster zu gehen und hinaus zu schauen. Gelangweilt beobachtete er wie Finny die Bäume verunstaltete und irgendwie abwesend - wie er nun mal war - ein paar gesunde Zweige weg schnitt.

Er wusste bereits jetzt, dass die Königin ihn mit der Aufdeckung dieses Falls beauftragen würde.

„Ich warte am Esstisch auf Euch, junger Herr“, sprach Sebastian und verneigte sich leicht, als Ciel nickte. Dann verließ er den Raum und lief mit gemächlichen Schritten den Gang entlang.
 

Sogleich fiel alle Anspannung von Ciel ab und er senkte seufzend den Kopf. Es wäre nicht auszudenken, würde Sebastian ihn in solch einer Haltung vorfinden.

Sebastian.

Ein leidiges Thema für den jungen Earl.

Es war zum verzweifeln, wie konnte jemand, der sich aus Menschen absolut nichts machte, nur so eine Anziehungskraft haben? Nun gut, es lag sehr wahrscheinlich an seiner dämonischen Ausstrahlung, aber es musste auch irgendwie Absicht dahinter stecken.

Sobald der Butler verschwunden war, gelang es Ciel plötzlich nicht mehr, sich noch weiter abzulenken. Egal, wie wichtig der Fall war, der auf ihn wartete, seine Gedanken wollten eine andere Richtung einschlagen.

Ciel war nun achtzehn Jahre und in all der vergangenen Zeit, war er seinem Ziel kaum näher gekommen. Doch das war eigentlich nicht sein wirkliches Problem. Er wurde erwachsen und somit langsam aber sicher anfällig für jederlei Annährungen anderer Menschen. Nein, das war nicht ganz richtig. Annährungen eines gewissen Dämons, der seit einer gefühlten Ewigkeit dem Hause Phantomhive diente. Ciel Phantomhive diente.

Er brütete lange schon über diesem Thema, wie über einer verzwickten Tonmelodie, die er von Sebastian beim Geigenunterricht auferlegt bekommen hatte.

Nicht nur, dass er eigentlich mit Elizabeth verlobt war – wobei er ohnehin nicht ernsthaft vorhatte, sie jemals zu ehelichen – auch das sein Anstand und seine Prinzipien ihn einen Perversen schimpften, weil er sich für einen anderen Mann interessierte. Und das nicht nur auf harmloser, verständlicher, vielleicht sogar pubertärer Basis, sondern wirklich ernsthaft und sicher.

Vielleicht lag es nur daran, dass sich in Ciels Gegenwart einfach zu wenige Frauen aufhielten, sah man mal von Elizabeth und Maylene ab. Denn weder die eine noch die andere, standen für ihn persönlich überhaupt zur Wahl. Seine Verlobte war für ihn eher wie eine Freundin und über das tollpatschige Hausmädchen brauchte er gar nicht erst nachzudenken.

Aber das allerschlimmste an der ganzen Angelegenheit war, dass Ciel nicht wusste, was Sebastian tun und denken würde, sollte er jemals von diesen kleinen, manchmal verdammt schmutzigen Phantasien seines Masters erfahren. Er war ein Dämon und als solcher, sollten ihn die Anstandsregeln der Menschen reichlich egal sein. Konnte es also nicht sein, dass ihn so etwas gar nicht befremdlich wäre?

Mit einem Schaudern dachte er über Grell Sutcliffe nach, der Ciels Butler oft genug mehr als unmoralische Angebote gemacht hatte und Sebastians Reaktion darauf ließ sich etwa zwischen purem Ekel und absolutem Dessintresse einordnen. Das waren doch deutliche Aussichten.

Sebastian hätte fünfzig Frauen an jeder Hand, wenn er es denn jemals wollen würde, warum also sollte er sich für einen fast jungen Mann interessieren?

Dabei sollte Sebastian sich seiner Anziehungskraft mehr als bewusst sein, egal bei welchem Geschlecht sie nun Früchte trugen. Ciel schauderte erneut, seine Gedanken nahmen merkwürdige Züge an.

Vielleicht sollte er zum Frühstück nach unten gehen und ignorieren, wie nah Sebastian ihm beim Tee nachschenken war.
 

„Ihr seht sehr unzufrieden aus, junger Herr. Ist etwas mit dem Gebäck nicht in Ordnung?“

Sebastians gespielt fragender Blick, ließ Ciel seufzen. Ob dieser Mann wusste, was es wirklich war? Nein, das hätte er mit Sicherheit schon viel früher bemerkt. Er mochte überdurchschnittliche Fähigkeiten haben, doch Ciel hoffte, Gedankenlesen zählte nicht dazu.

Ohne eine Antwort zu geben, besah sich der Earl das Schriftstück in seinen Händen. Wie er vermutet hatte, er wurde zum Schauplatz und zur Aufklärung des Verbrechens der letzte beiden Nächte geschickt.

Langsam trank Ciel einen Schluck Tee und besah sich dann wieder das Titelblatt der Zeitung. Dieser Fall würde sehr wahrscheinlich etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen, als er sich erhofft hatte.

„Wir werden gegen Mittag nach London fahren. Ich muss etwas überprüfen“, erklärte der Earl nach einer Weile und lehnte sich schmunzelnd auf seinem Stuhl zurück. Er war sich sicher Scotland Yard würde nicht erfreut sein, ihn zu sehen.

„Yes, my Lord.“

Langsam verbeugte sich Sebastian und schüttete dann Tee nach.

Ciel ignorierte so gut es ging, das feine Lächeln auf den Lippen des Butlers und beschloss einfach an seinen Auftrag zu denken. In Sebastians Gegenwart, wurde es für ihn immer anstrengender.
 

„Brad, würdest du die Küche bitte wieder in ihren Ursprungszustand versetzen?“

Eigentlich war das keine Frage, sondern eine Aufforderung. Aber Sebastian war nicht in der Stimmung seine Stimme unsinnigerweise zu heben. Also sah er den – wahrscheinlich selbsternannten – Koch nur lächelnd und gleichermaßen warnend an, ehe er den verkohlten Raum verließ und auf seine Taschenuhr blickte, um festzustellen, das es langsam an der Zeit war, die Fahrt nach London vorzubereiten.

Während er den Gang entlang lief – um nebenbei die Teller aufzufangen, die Maylene, in ihrer grenzenlosen Ungeschicklichkeit, beinahe hätte fallen lassen – dachte er nach.

Sein Master war seit einer geraumen Weile nicht ganz - wie sollte man es ausdrücken – bei der Sache? Nun, dass traf es doch recht gut. Der junge Herr, war niemand, der offen zeigte, dass ihn etwas beschäftigt. Das hatte Sebastian vom ersten Augenblick an gewusst. Aber das sich der Earl so geistesabwesend verhielt, war selbst dem jahrelangen „eingestellten“ Butler neu.

Sein Gespür verriet ihm zwar, dass er selbst daran wohl nicht ganz unschuldig war, aber das rührte ja kaum an der Sache. Vielleicht war es selbstgefällig, doch ihm war bewusst, welche Ausstrahlung er als Dämon gegenüber Menschen hatte. Gegebenenfalls machte dies auch vor seinem jungen Herrn nicht halt.

Sebastian selbst war ja von vielen Dingen der Menschenwelt nicht abgeneigt, natürlich waren das keine materiellen Dinge – für die hatte er keine Verwendung – aber so manche körperliche Freude konnte man sich in dieser Welt sehr gut gönnen.

Aber wie passten diese Gedanken mit Ciel Phantomhive zusammen? Die Frage stellte sich Sebastian auch des Öfteren. Aber sein Herr war nun nicht mehr das Kind von vor fünf Jahren. Er hatte sich verändert, war im Inbegriff es weiter zu tun und irgendwie hatte dieser beinahe erwachsene Körper nun etwas Anziehendes auf den Dämon, der Sebastian nun einmal war. Vielleicht waren diese wirklich spürbaren Gelüste schon immer da gewesen, aber erst jetzt, waren sie für ihn so allgegenwärtig.

Dennoch waren das alles nichts als Vermutungen, egal wie sehr Sebastian selbst hoffte, er würde sich all das wirklich nicht nur einbilden, den Anfang musste sein junger Herr schon machen. Und irgendwie lief ihm bei dem Gedanken das Wasser im Munde zusammen.
 

„Junger Herr, die Kutsche steht bereit.“

Sebastian half seinem jungen Herrn in das Gefährt und stieg dann selbst ein. Die ganze Fahrt über schien der Junge völlig damit beschäftigt zu sein, den Brief der Königin und den Zeitungsbericht zu vergleichen. Wenngleich er sich eher abzulenken versuchte. Er konnte Sebastian nicht täuschen, auch wenn er es versuchte.

„Ich frage mich“, begann der Earl nach einer Weile und seufzte kaum hörbar. „Warum in der Zeitung und in diesem Brief immer erwähnt wird, dass es sich um eine Person handelt. Es liegt nicht gerade im Bereich des Möglichen, allein an so vielen verschiedenen Stellen in London, noch dazu in so kurzer Zeit, ein solches Massaker anzurichten.“

Sebastian schmunzelte. Sein Herr war wieder völlig in seinem Element, selbst wenn er von seiner merkwürdigen Unsicherheit nur abzulenken schien.

„Es wäre nicht das erste Mal“, meinte Sebastian und lächelte den Jungen kühl an, der aus dem Fenster der Droschke blickte.
 

Ciel wusste, dass ein Butler auf den Fall „Jack the Ripper“ anspielte. Aber er dachte nicht gern über diese Zeit nach. Noch heute war der Tod Madam Reds keine Erinnerung, an der sich der junge Earl festhalten wollte.

„Wahrscheinlich...“

Haze

„Lasst den Tatort gesichert und achtet darauf, dass niemand den Platz betritt“, grummelte er und seufzte schwer, als er sich das ganze Ausmaß des Verbrechens der vergangenen Nacht betrachtete. Wenn er darüber nachdachte, dass die Zeitungen bereits in ihrer Morgenausgabe Dinge geschrieben hatten, die noch gar nicht sicher war, bekam er Kopfschmerzen. Wer sollte das nur wieder gerade biegen?

Außerdem machte er sich längst auf ungebetenen Besuch gefasst.

„Vor allem nicht diese eine Person.“

„Von wem sprecht Ihr, Sir Arthur Randall?“

Der Angesprochene zuckte mit der Augenbraue, als er die Stimme des Menschen vernahm, der wirklich überall seine Nase hineinstecken musste.

Der junge Adlige trat, mit seinem Butler wie selbstverständlich an seiner Seite, auf ihn zu und lächelte auf diese übliche überhebliche Art und Weiße, die Arthur Randall jedes Mal wütend aufknurren ließ.

Doch er versuchte sich zu beherrschen.

„Was sucht Ihr hier, Graf Phantomhive?“, fragte er stattdessen so ruhig es ihm möglich war und ohne aus seiner Stimme herausklingen zu lassen, wie wenig er diesen Jungen mochte.

„Ich möchte mich erkundigen, um welche Art Opfer es sich handelt“, lächelte der Junge und hielt den Brief mit dem Siegel der Königin hoch, als wäre es selbstverständlich. Nun gut, das war es eigentlich auch. Zumindest für den „Wachhund der Königin“.

Randall zischte leise und seufzte dann.

„Die meisten Fakten darüber stehen bereits in der Zeitung“, meinte er und ließ sich dann von einem seiner Kollegen die Unterlagen geben, ohne jedoch die Absicht zu hegen, sie dem Grafen zu zeigen.

„Ich denke nicht, dass mit diesen Fakten etwas anzufangen ist“, erklärte der Earl gelangweilt und irgendwie fragte Randall sich, was mit diesem Jungen nicht in Ordnung war.

„Verzeiht, aber Ihr haltet meine Männer und mich von der Arbeit ab“, würgte Randall das Gespräch ab und wandte sich um, als wäre der Graf bereits gegangen.

Dieser lachte leise und zuckte mit den Schultern.

„Nun gut“, meinte er und drehte sich ebenfalls um. „Komm, Sebastian.“
 

„Nie bekommt man aus diesem Mann etwas heraus“, seufzte Ciel, als er mit Sebastian den bekannten Weg zur einzig verlässlichen Quelle in dieser Stadt ging. Ihn schauderte es bereits jetzt.

Sebastian hüllte sich seit ihrem kurzen Gespräch in der Kutsche in Schweigen und Ciel fragte sich, ob der Butler einfach nur keine Lust zum reden oder seine Zunge verschluckt hatte.

Langsam drehte er seinen Kopf etwas nach hinten, um den Dämon ins Auge zu fassen und sein Gesicht kurz zu mustern. Sebastian wirkte so, als würde er die Blicke nicht bemerken, doch er wusste es einfach besser. Diesem Mann entging nichts.

Wie sollte Ciel nur jemals klar ausdrücken können, was für verwerfliche Gedanken ihn so oft ereilten, wenn er Sebastian ansah oder nur an ihn dachte? Er wusste es nicht. Sicher würde dieses Spiel ewig so weitergehen.

Schnell wandte der Earl seinen Blick nach vorn, als Sebastian ihm nun doch ins Gesicht sah. Was sollte dieser Blick? Irgendwie lag in den roten Augen für einen Moment neben einfacher Belustigung noch etwas anderes, fremdes, dass man nicht ganz einordnen konnte.
 

„Junger Herr? Wir sind da“, holte Sebastians Stimme Ciel nach einer Weile wieder aus den Gedanken und blieb vor dem nicht wirklich einladendem Geschäft stehen.

Sein Blick wurde leidend. War das wirklich immer die einzige Möglichkeit an brauchbare Informationen zu gelangen? Irgendwann würde er noch mal genauso verrückt wie die Person, die hinter der alten Tür auf ihn wartete.

Seufzend ließ er sich von Sebastian die Tür öffnen und trat in den verstaubten, kleinen Laden ein, der ihn immer wieder mehr an eine Gruft als an alles andere erinnerte. Wahrscheinlich war da sogar noch etwas dran.

„Undertaker?“, fragte er in den leeren Raum hinein und sah sich bereits um, ob sich nicht wieder einer der Särge - die an allen Wänden standen und lagen – öffnete. Doch die Horrorshow blieb aus, stattdessen schwang eine Hintertür auf und gesuchte Person trat in den dunkel Raum, um sich irgendwie fragend umzusehen und dann breit zu grinsen.

„Graf, lange ist es her“, meinte er mit seiner schleppenden, wirklich unheimlichen Stimme und wirkte tatsächlich etwas erfreut über seinen Besuch. Ciel zuckte leicht mit der Augenbraue und seufzte.

Langsam kam der Undertaker auf die beiden Gäste zu und schon begannen seine Augen zu glitzern.

„Ich habe den Gedanken, ich weiß weswegen ihr hier seid, Graf“, hauchte er und grinste dann erneut breit. Ciel verdrehte die Augen und nickte.

„Aufgrund der Vorfälle der letzten Nacht“, erklärte er und ließ sich von der schaurigen Gestallt in Form eines Bestatters mitziehen. Sebastian folge ihnen schweigend und stellte sich neben den Sarg auf den sich Ciel setzte und sogleich ein „Glas“ voll Tee in die Hand gedrückt bekam.

Auf die angebotenen Knochenkekse jedoch, verzichtete er gern.

„Ihr habt Glück, heute erhaltet Ihr meine Dienste kostenlos“, lachte der Undertaker und drehte den Kopf kurz schwankend hin und her. Konnte jemand noch verrückter sein?

„Hast du etwas auffälliges an den Opfern der vergangenen Nacht gefunden?“, fragte Ciel frei heraus und brachte seinen Gegenüber schnell, irgendwie schon aufgeregt zum nicken.

„Ich habe lange nicht mehr so schnell eine Lieferung bekommen“, meinte er und Ciel verzog etwas das Gesicht. „Lieferung“ war eigentlich nicht ganz das richtige Wort.

„Und die Kunden sahen sich alle sehr ähnlich, aber man erkannte auch leider nicht mehr sehr viel von ihnen. Schade, schade, aber eines hatten sie wohl alle“, erklärte der Undertaker grinsend und hatte es nun geschafft Ciels gesamte Aufmerksamkeit zu wecken.

„Was?“, fragte der Earl. Sein Gegenüber lachte langsam und deutete dann auf einen seiner Särge.

„Eine Zeichnung auf dem Brustkorb. Sehr saubere Arbeit, wenn man bedenkt, dass ihr Körper gänzlich unkenntlich hier her gebracht wurden.“

Ciel blinzelte kurz, wagte aber nicht, einen direkten Blick auf das sich im Sarg befindliche zu werfen. So stark waren seine Nerven heute nicht, obwohl er genug gesehen hatte, um abgebrüht zu sein.

„Eine Zeichnung?“, erhob Sebastian mit einem Mal seine Stimme wieder und blickte den Undertaker abwartend an, der noch breiter Grinste.

„Ich sehe, Ihr wisst worauf ich hinaus möchte, Mr. Butler“, lallte er und stand auf, um den Deckel eines Sarges zu öffnen und Sebastian hinein blicken zu lassen. Ciel verbot sich aufzustehen, sein Bedarf an Leichen war eigentlich gedeckt. Sein Butler hingegen nickte ganz fachmännisch und trat dann wieder auf seinen Herrn zu. Er zückte Stift und Papier - wenngleich sich Ciel auch nicht sicher war, woher so plötzlich – und schien etwas aufzuzeichnen. Dann hielt er ihm den Zettel hin und erhaschte sofort Ciels misstrauischen Blick, ehe der das Blatt in beide Hände nahm.

Wie konnte das sein?

„Wie Ihr seht, ist das eine interessante Gemeinsamkeit. Gewiss ist Ihnen nicht entgangen, was die Zeitungen schreiben, Graf“, summte der Undertaker und knabberte an einem seiner Knochenkekse.

Der junge Earl nickte langsam.

„Ein Mörder, fünf Leichen...eine Stunde“, meinte er und sah den Bestatter an, der auf seine Worte nur breit grinste.

Dieser Fall begann merkwürdige Züge anzunehmen.
 

„Was hat das zu bedeuten, Sebastian?“

Damit schnitt Ciel ein Thema an, über das sie - seit sie in die Villa zurückgekehrt waren – keine einzige Silbe verloren hatten.

Der Earl saß in seinem Sessel im Arbeitszimmer und besah sich die Fakten die er bisher gesammelt hatte. So auch den Zettel, den ihm Sebastian gegeben hatte. Ein Indiz, dass ihn nicht nur einfach verwirrte, sondern auch ein wenig ängstigte, selbst wenn er es niemals zugeben würde.

„Was denkt Ihr, junger Herr?“, fragte der Butler hingegen und stellte vor Ciel eine Tasse Tee ab. Irgendwie benutzte Sebastian diese Anrede heute mehr als häufig. Das war sonst nicht seine Art.

„Ich denke, dass nur du mir eine Erklärung geben kannst“, erwiderte Ciel so gelassen wie möglich und sah dem Dämon in die Augen, der seine Lippen zu einem leichten Grinsen verzog.

„Eure Auffassungsgabe erstaunt mich.“

Ciel verzog leicht das Gesicht bei den Worten seines Butlers.

„Deine Frechheiten verärgern mich, Sebastian“, knurrte er kühl und sah dem anderen fest in die Augen, der nur schmunzelte, bevor er sich leicht verbeugte. Wie immer, nahm er alle Drohungen seines Masters nicht wirklich ernst.

„Verzeiht“, meinte er und sah dem Earl dann ins Gesicht. „Es ist wie Ihr vermutet, dieses Zeichen sieht dem unseren sehr ähnlich.“

Der Junge nickte und besah sich die feine, mit Sicherheit fehlerfreie Zeichnung seines Butlers genau. Die Linien die sich kreuzten, die unleserlichen Zeichen an den Rändern und das komplette Pentagramm.

Sollte es sich um irgendeine Sekte handeln, wie konnte es scheinbar etwas mit Sebastian zutun haben? Aber war dem so?

„Aber es ist dennoch nicht dasselbe“, sprach der Butler dann, als hätte er Ciels Gedanken gelesen. Der schauderte merklich.

„Sondern?“

Sebastian lächelte verhalten.

„Die Inschrift ist anders“, meinte er und brachte Ciel verwirrt zum blinzeln.

„Ich bin dieser Sprache nicht mächtig, Sebastian“, murrte er und irgendwie klag es im Nachhinein fast wie eine Drohung.

„Möchtet Ihr die Bedeutung erfahren?“, folgte sogleich Sebastians Frage, mit der Ciel irgendwie gerechnet hatte. Selbstverständlich wollte er es wissen.

Er nickte und kaum hatte er dies getan, bereute er seine Entscheidung sogleich.

Sebastians Augen färbten sich purpurn, als sich seine Lippen öffneten, ohne danach eine weitere Bewegung zu tun. Dann wehte ein leiser Singsang durch den Raum, der Ciel geschockt erschaudern ließ. Er verstand kein Wort und doch, hatte er das Gefühl Sebastian niemals deutlicher hatte sprechen hören.

In seinem Körper machte sich ein verräterisches Kribbeln breit, dass gerade so gar nicht zu dieser Situation passen wollte und so sehr er es auch zu ignorieren versuchte, es gelang ihm nicht.

Der weiche Klang, der durch die Luft wehte, schien seine letzten Takte zu erreichen und von jetzt auf gleich, herrschte wieder triste Realität. Für Sebastian zumindest.

„Es bedeutet: Tor des Hades“, erklärte er in Ciels Sprache und lächelte so wie immer. Ganz, als wäre gerade nichts Außergewöhnliches geschehen. Für ihn war auch alles normal, wie es schien. Ciel hingegen rutschte möglichst unauffällig auf seinem Stuhl hin und her und hoffte, seinem Butler würde dies nicht auffallen.

Es waren nur ein paar Brocken aus Sebastians Sprache gewesen. Nur zur Vorführung, nicht zu „Verführung“! Dennoch fühlten sich Ciels Beine an, als hätte man sämtliche Knochen entfernt, sein Körper war regelrecht geladen, von all den verführerischen Eindrücken, die Sebastian ihm gerade gegeben hatte.

Seine Konzentration war am Ende, so konnte er doch unmöglich weiter ermitteln. Erst recht nicht, solange Sebastian da so selbstverständlich vor seinem Schreibtisch stand und vergnügt grinste.

„Ich...ich verstehe...“, lächelte der Earl und überlegte sich bereits, welche Ausrede er benutzten konnte, um schnell diesen Raum zu verlassen. Sebastian musste ja nicht alles wissen.

„Ich bin sofort wieder da“, sprach Ciel, stand auf und verließ so schnell er konnte den Raum. Er musste dringend in ein Bad.
 

Ein feines Grinsen breitete sich auf den Lippen des Butlers aus, während er sich langsam an den Schreibtisch lehnte und die geschlossene Tür betrachtete. Es war nicht so, als wäre es Sebastian nicht bewusst, was der Grund für das plötzliche Verschwinden seines Herrn war. Ganz im Gegenteil.

Es war ein Test, nichts weiter und doch war er sogar ein klein wenig erstaunt über diese Reaktion. Er hätte die Inschrift nicht aussprechen brauchen, eine einfache Erklärung über den Sachverhalt hätte genügt.

Doch er hatte sich nicht beherrschen können. Allein der Klang dieser Sprache reichte aus, um einen Menschen bis ins Mark seine versteckte Erregung spüren zu lassen. Das schien auch vor seinem Master nicht halt zu machen. Umso erfreuter war der Dämon, über die deutliche Reaktion.

Es kribbelte ihm gerade zu in den Fingern, Hand an diesen Jungen zu legen. Sein junger Herr war kein Kind mehr und nun wurde es Zeit, sich etwas näher an diesen hübschen Körper zu wagen.

Vielleicht war es die lange Durststrecke, auf seine Seele zu warten, vielleicht aber auch ein einfach Verlangen, dass Sebastian dazu verleitete, solche Gedanken zu hegen. Aber nichtsdestotrotz lag dies in der Natur eines Dämons.
 

Sein Blick fiel auf das Stück Papier, auf dem das fein gewebte Pentagramm zu erkennen war, dass Ciel scheinbar etwas irritierte.

Dieser Zufall mochte ihm gar nicht gefallen und doch wollte er sich nicht vorstellen, was geschah, wenn hier in der Nähe ein weiteres Wesen seines Schlages auftauchte. Vielleicht waren es aber auch nur wieder dumme Menschen, die glaubten, diese Komplexen zusammenhänge zu verstehen.
 

Schwer atmend stützte sich Ciel an der verkachelte Wand ab. Er versuchte nach Luft zu schnappen, doch es wollte ihm nicht gelingen. Die Luft in diesem Raum war in den letzten Minuten sehr dünn geworden.

Vorsichtig hob er seine Hand und besah sich das Ausmaß seiner Lust mit einem belegten Blick. Wie konnte er sich nur so verlieren? So fallen lassen?

Es war wirklich nicht das erste Mal, dass er sich „herabließ“ an sich selbst Hand zu legen, aber genau das war wohl das ganze Problem. Alles in ihm drehte sich um, befasste sich mit und geschah im Hinblick auf...Sebastian!

Das er solches enormes Interesse an seinem Butler hegte, war schlimm genug. Aber das dieser scheinbar vorhin genau gewusst hatte, welche der fremdklingenden Silben er wie verwenden musste, machte dem Grafen wirklich sorgen. Sebastian schien genau damit gerechnet und diese Reaktion erwartet zu haben. Sonst hätte er nachgefragt, warum sein Herr so schnell verschwunden war.

Ciel spürte wie sein Gesicht heiß wurde. Das war wirklich peinlich, nicht auszudenken, was der Butler dachte, wenn er Ciel mal in so einer Situation sehen würde. Aber was genau würde geschehen? Abwenden würde und könnte er sich nicht. Sich kommentarlos umdrehen, passt zwar zu ihm, aber Ciel bezweifelte, dass Sebastian das tatsächlich tun würde.

Sein Körper wurde erneut von einem heftigen Schauer eingeholt, als er daran dachte, dass Sebastian ihm vielleicht sogar zur „Hand“ gehen würde. Die Vorstellung allein, ließ ihn für den Moment alles weltliche vergessen.

Drastic

Die nächsten paar Tage grübelte Ciel weiter über dem Fall, der ihm auferlegt wurden war und bemerkte, dass er kaum einen Schritt weiter kam.

Das machte alles keinen Sinn. Diese Menschen schienen nicht zufällig gestorben zu sein und doch erkannte man an ihrem Stand kein wirkliches Muster. Vom Adligen, bis zu Unterschicht war bei den Toten jemand dabei. Ganz so, als wären sie einfach zur falschen Zeit, am falschen Ort gewesen.

Ciel grübelte und lehnte sich in seinem Sessel zurück, während Sebastian ihm seinen Tee und ein Stück Kuchen auf den Schreibtisch stellte.

Leicht hob der Earl den Kopf.

Sebastian.

Er hatte sich nicht weiter zu dem Vorfall von letztens geäußert, wenngleich er irgendwie zufrieden wirkte. Ob es vielleicht doch Absicht gewesen war?

Schnell schüttelte er den Kopf und konzentrierte sich wieder auf seine „Ermittlungen“. Auch wenn er ohnehin nicht sonderlich weit kam.

„Sebastian“, hob er die Stimme und hielt seinem Butler die Liste der Todesfälle hin. „Sieh nach, ob neben dem Zeichen, dem Todeszeitpunkt und der Methode noch Gemeinsamkeiten erkennbar sind.“

Sebastian verbeugte sich leicht.

„Ich habe bereits weiter gefunden, junger Herr“, sprach er und lächelte erneut vergnügt, als wäre er der glücklichste Butler auf der Welt. Das war fast schon unheimlich.

„Hast du?“, fragte Ciel verwundert und überschlug abwartend seine Beine. Warum fragte er eigentlich? Natürlich hatte Sebastian nur auf seinen Befehl gewartet.

„In der Tat. Die fünf Leichen wurden an fünf verschiedenen Plätzen gefunden. Wenn man sich dies nun hier ansieht“, sprach er und zog von irgendwoher eine Karte von London. Wo nahm er solche Dinge immer plötzlich her?

Der Butler legte die Karte auf Ciels Schreibtisch, dass dieser sich ein Bild machen konnte. An den Stellen, an denen die Leichen gefunden wurden, hatte Sebastian Kreuze gemacht und irgendwie machte sich ein merkwürdiges Gefühl in dem jungen Earl breit. Wenn man diese Stellen verbinden würde...

„Wann man nun die Bereiche miteinander verbindet“, sprach Sebastian das aus, was Ciel eben gedacht hatte, zückte einen Stift und setzte es in die Tat um.

Die Augen des Jungen weiteten sich, bevor er seinen Gegenüber mit unergründlichem Blick ansah.

Ein Pentagramm. Natürlich.

„Ihr versteht worauf ich hinaus will“, meinte Sebastian und sah seinen Master ruhig an, der innerlich etwas aufgewühlt wirkte. Wer erlaubte sich eigentlich solche dummen Scherze?

„Bis eben dachte ich, diese Idee wäre weit hergeholt“, murmelte Ciel und kam wieder ins Grübeln. Handelte es sich vielleicht tatsächlich um eine Sekte? Und wenn ja, warum machte diese Vorgehensweiße kaum Sinn?

„Diese Zeichnung“, meinte er und hielt den Zettel von Sebastian hoch. „Wir haben es nicht mit einem Menschen zu tun, oder Sebastian?“

Damit sprach er das aus, was er schon seit Beginn seiner Recherche dachte. Aber der Einzige, der ihm wirklich Sicherheit geben konnte, war der Dämon vor ihm.

Dieser lachte leise.

„Ich muss gestehen, ich schwanke etwas“, meinte er. „Es mag so aussehen, als wäre kein Mensch in der Lage dazu. Doch es besteht die Möglichkeit, dass jemand versucht sich mit Dingen auseinander zusetzten, die er nicht verstehen kann.“

Ciel sah ihn unzufrieden an. Warum sprach er in Rätseln? Doch wenn man genau darüber nachdachte, ergab es seinen Sinn. Sebastian war nicht von etwas „Übernatürlichem“ überzeugt, weil er es sicher bemerken würde.

„Nun gut. Wir werden heute Nachmittag nach London fahren und herausfinden, wer der Königin solche Sorgen bereitet“, bestimmte der Earl und verschränkte seufzend die Arme. Manchmal war er seine Aufgaben leid, es gab wirklich noch die einen oder anderen Pflichten die er in seiner Firma zu erfüllen hatte.

Sebastian verbeugte sich leicht und sah dem Jungen dann in die Augen, der sich irgendwie ertappt vorkam. Was war los mit diesem Mann, er wirkte schon seit einer Weile so - wie sollte man es ausdrücken – anders.

Nach diesem Vorfall, hatte es kein Gespräch zwischen ihnen gegeben. Ciel wusste einfach nicht, wie er seinen Butler darauf ansprechen sollte. Zumal jener irgendwie so wirkte, als hätte er Spaß daran, seinen Herrn grübeln zu sehen.
 

„Mich beschäftigt eine Frage“, sprach Sebastian plötzlich, während sich seine roten Augen gefährlich verfärbten. Ciel blinzelte und nickte langsam. Die Anrede fehlte gänzlich, es schien, als würde ihr Gespräch Züge annehmen, die weit entfernt von jedem menschlich, gesellschaftlichen Statusunterschied war. Züge die sehr an Jäger und Opfer erinnerten. Dämon und Opfer, in ihrem Fall.

„Wenn du dieses Gesicht machst, kann ich davon ausgehen, dass wir uns auf der richtigen Ebene unterhalten“, wisperte Sebastian und nun, war der Moment gekommen, in dem Ciel sich an seinem Tee verschluckte.

Was waren denn das für Töne?

„Was willst du damit sagen?“, fragte der Earl spitz und brachte Sebastian zum grinsen, der dann langsam auf den Schreibtisch zukam, sich hinter diesen bewegte und direkt neben Ciel stehen blieb.

Langsam legte sich eine Hand unter sein Kinn, als wäre es das normalste der Welt. Irgendwie, brach gerade jegliche Distanz zwischen ihnen. Was ging hier vor sich?

„Meine Frage“, erinnerte er und lächelte leicht, entblößte zwei feine, spitzte Eckzähne, die Ciel schauderte ließen. Sein Pulsschlag wurde je schneller, als Sebastian sich an sein Ohr lehnte und mit rauer, feiner Stimme hineinhauchte: „Wenn ich dir einen Dienst erweißen soll, dann kann ich dies auch, durch einen einfachen Befehl, oder nicht?“

Einen Dienst?

Ciels Atem stockte, durch seinen Körper schien das Blut schneller zu fließen. Was tat Sebastian hier gerade? Hier brauchte man die Frage nicht, ob er es durfte, denn im Grunde war Ciel sein Opfer.

„Wovon sprichst du?“, fragte er leise und sah geradeaus, ganz so, als hätte er Angst vor dem, was nun geschehen würde. Aber Sebastian würde ihm sicher nichts tun, ihr Vertrag war schließlich noch nicht erfüllt.

Langsam stellte sich der Butler wieder gerade hin und lächelte auf seine übliche, normale Art und Weiße.

„Ich meine, Ihr müsst das nicht selbst tun“, säuselte er und sofort hatte Ciel verstanden worum es hier eigentlich ging. Ertappt stand er auf und sah Sebastian wütend an.

„Was fällt dir eigentlich ein!“, knurrte er und sah den schlanken Mann neben sich fassungslos an. Woher wusste er davon? Woher wusste er, was Ciel tat, wenn er allein war? Wusste er auch, dass der junge Earl sich ihn dabei vorstellte?

Sebastian lachte leise und strich mit seinen behandschuhten Fingern über die Wange, die Augenklappe und den Mund des Adligen.

„Ich denke, dessen seid Ihr Euch bewusst, junger Herr“, meinte er scheinheilig und hob dann den Kopf des Jungen an seinem Kinn an, um dessen Gesicht wieder näher zu kommen. Erneut das feine Purpur in den Augen.

„Meine Interessen sind rein eigennütziger Natur, ich mache keine Unterschiede zwischen Geschlechtern so wie Menschen. Glaube nicht, dass ich meinen Namen auf deinen Lippen, noch nie vernommen habe, wenn ich des Nachts am Schlafzimmer vorbeiging“, schnurrte der Dämon weiter und hatte es geschafft Ciel nun völlig aus der Reserve zu locken. Verflucht, wie hatte er erwarten können, diesen Mann überlisten zu können?

Er riss sich los und schlug Sebastian mit der flachen Hand fest ins Gesicht.

„Wag es nie wieder...“, fauchte er, ließ es aber bleiben, denn anderen anzuschreien und verließ einfach mit schnellen Schritten sein Arbeitszimmer.
 

Eilig lief Ciel den Gang entlang und spürte wie sein Körper vor Wut leicht bebte. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, als er über die Worte Sebastians nachdachte.

Was erlaubte er sich eigentlich? Nicht nur, dass dieser Mann gerade Frechheiten an den Tag gelegt hatte, die sich für seinen Stand nicht gehörten, auch diese deutliche Herabsetzung Ciels. Selten bis gar nicht, wurde der junge Earl von seinem Butler geduzt. Eigentlich nur, wenn der Dämon aus diesem sprach.

Ciel blieb stehen und sah hinter sich, als fürchtete er, Sebastian wäre ihm gefolgt. Diese Situation war dermaßen befremdlich gewesen, dass er sich kaum traute darüber nachzudenken, was ihm eigentlich für ein unausschlagbares Angebot gemacht wurde.

Sollte das etwa bedeuten, Sebastian war gar nicht davon abgeneigt, Ciel diesen Gefallen zu tun, von dem dieser schon seit langem heimlich träumte? Schnell schüttelte er den Kopf. Wie kam er dazu, nun so etwas zu denken? Er wollte kein Spielball für diesen Dämon sein, mit dem der machen konnte was auch immer ihm gerade beliebte.

Erst jetzt merkte er, wie sehr ihn diese Situation gerade überfordert hatte. Irgendwie, war es ja genau das, was Ciel die ganze Zeit von Sebastian wollte. Aber es plötzlich auf dem Silbertablett serviert zu bekommen, machte ihn wirklich verlegen.

Er seufzte und strich sich mit der Hand über seine Schläfe. Er war nun schon das zweite Mal vor seinem Butler geflüchtet, einfach weil er mit dessen plötzlichen Annährungen nicht klar kam.

Was war eigentlich schlimmer? So deutlich zu zeigen, dass man überfordert war oder gleich so auszurasten?
 

Ein feines Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als er nun schon zum zweiten Mal auf die geschlossene Tür des Büros blickte und sich im Klaren war, was er sich gerade erlaubt hatte.

Vielleicht war es nicht „Sebastian“ gewesen, der diese Worte von sich gegeben hatte, aber eigentlich war er das für seinen jungen Herrn immer und überall. Selbst in diesem kurzen Moment der völligen Wahrheit.

Sein Verlangen war nicht zurückhaltbar, jedenfalls nicht mehr, seit er wusste, was er für eine Wirkung auf den Jungen hatte, der in den letzten Jahren nicht nur körperlich, sondern vor allem seelisch gewachsen war. Natürlich freute es ihn so eine Veränderung zu sehen, die Seele des einstigen Kindes zu beobachten, die immer gnadenloser und herrischer wurde. Er war ein Dämon, das war seine Natur.

Er dachte über das geschockte Gesicht seines Masters nach, der scheinbar mit dem ganzen Stimmungswandel Sebastians weder klar noch zurande gekommen war. Wie sollte er auch?

Schließlich wusste Sebastian, dass er der Einzige war, der sich dem Earl nähren durfte. Er genoss das Privileg, berühren zu dürfen, was jedem anderen untersagt war.

Dennoch, wenn er genau drüber nachdachte, begann dieses Spiel, welches er begonnen hatte, mit dem ahnungslosen Jungen zu spielen, einen herben Beigeschmack zu entwickeln. Natürlich, machte er sich keine Gedanken darum, sein Herz an einen Menschen zu verlieren – es würde wahrscheinlich nicht einmal funktionieren. Aber wenn sein Herr anders darüber dachte und dem beinahe selbstverständlichen Einflüssen eines Dämons verfiel, würde seine Seele gewiss nicht das sein, was sich Sebastian erhoffte. Nur was erhoffte er sich?

Diese merkwürdige Verbindung zwischen ihnen, war für ihn eigentlich nichts Neues und doch, war sein Verlangen stärker denn je. Er dürstete nicht in erster Linie nach der Seele des Earls – die gehörte ihm ohnehin – sondern nach dessen Körper. Seien die Gründe dafür noch so dahingestellt.

Mit der Reaktion des jungen Adligen hatte Sebastian auch gerechnet. Natürlich, ließ er sich von seinem eigentlichen Diener nichts gefallen. Er war der König. Warum sollte er, wenn es nach ihm ginge?

Doch Ciel Phantomhive war sich nicht bewusst gewesen, wen er da genau vor sich hatte. Dieser Dämon war definitiv nicht lang zurück zu halten und er würde sich holen, was er wollte. Früher oder später.
 

„Sebastian!“

Ciel knurrte unterdrückt, als der Butler mit einem mal direkt vor ihm auftauchte und sich verneigte.

Er wusste einfach nicht, ob er wütend oder ignorant sein sollte.

„Die Kutsche steht bereits draußen, junger Herr“, erklärte Sebastian, als wäre nichts vorgefallen und blieb unterwürfig wie er war.

Also waren sie nun wieder beim Titel angelangt. Er konnte sich den sarkastischen Gedanken einfach nicht verkneifen, sprach ihn aber nicht aus.

„Gut“, murrte der und wollte schon an Sebastian vorbei gehen, als ihn dieser nochmals aufhielt.

„Junger Herr?“

Ciel zischte leise und gab nur einen erlaubenden Laut von sich. Er würde sich jetzt nicht umdrehen.

„Verzeiht bitte meine forsche Art, die ich in Ihrem Arbeitszimmer an den Tag gelegt habe. Es stand mir keineswegs zu“, sprach er ruhig und schaffte es Ciel erstaunt zum blinzeln zu bringen. War das gerade so etwas wie eine Entschuldigung?

Natürlich war es eine, aber er glaube tatsächlich für einen Augenblick, sich verhört zu haben. Doch er würde nun sicher nicht nachgeben, seine Wut würde nur sehr langsam abklimmen.

Doch wenn er ehrlich war – und das würde er niemals aussprechen – saß das bisschen Angst vor Sebastian sehr tief. Diese Augen, die Stimme und sein ganzes Wesen in diesem Moment, war so weit von dem entfernt, was Ciel von diesem Mann kannte. Jeder Atemzug, jedes Wort war ihm durch Mark und Bein gegangen und doch konnte er nicht davon sprechen, dass es nicht seinen Reiz gehabt hatte.

Vielleicht war es jugendliche, dumme Phantasie, aber die Vorstellung diesem Wesen noch näher zu sein, als er es ohnehin schon war, ließ sein Blut Wege fließen, die ihre eigene Sprache hatten.

Das Schlimme war, Sebastian wusste es!

„In der Tat“, war alles was der Earl dazu sagte, ehe er sich von seinem Butler die Tür aufhalten ließ und schweigend in die Kutsche einstieg.

Misgiving

„Hier wurde das letzte Opfer gefunden“, erklärte Sebastian und verneigte sich leicht vor seinem Herrn, der langsam nickte.

Ciel war sich nicht sicher, ob der Junge auch an dieser Stelle gestorben war. Was wäre, wenn man ihn, genau wie die anderen Leichen womöglich erst an die Fundorte gebracht hatte?

Er kam ins grübeln.

„Denkt Ihr darüber nach, dass der Ort des Todes nicht mit den Fundorten übereinstimmt?“, fragte Sebastian plötzlich genau das, was Ciel sich bereits dachte.

Der Earl sah seinen Butler an und nickte.

„Aber warum, sollte sich jemand so viel Arbeit machen junge Männer zu töten und ihre Leichen dann in ganz London zu verteilen?“, dachte Ciel laut und sah sich in der dunkel Seitengasse, in der sie sich befanden, genauer um.

An allen fünf Orten – zusammen mit diesem – herrschte nicht viel Betreib, was hieß, dass hier kaum Leute vorbeikamen. Aber wie war man auf die Leichen gestoßen? Schließlich wurden sie sehr früh entdeckt.

Er sah Sebastian wieder an, der durch die Unterlagen blätterte, die er vor einigen Tagen besorgen sollte. Darin standen die Namen der Toten, ihr Fundort und die Namen und Anschriften der Augenzeugen.

Aber Ciel war sich sicher, dass der Junge der hier verstarb – oder eben gefunden wurde – als Adliger mehr Interesse aufrüttelte. Er war der Einzige von den Opfern gewesen, dessen Familie einen Adelstitel trug und somit erregte sein Tod mehr aufsehen – auch für den Earl.

„Wer hat diesen Jungen gefunden?“, fragte er seinen Butler, der ohne aufzusehen antwortete: „Eine Wirtin, aus dem Etablissement an der Ecke.“

Ciel nickte und ging, mit Sebastian, in jene Kneipe, die schon von außen nicht sehr einladend aussah. Dennoch waren seine Sorgen gering, dieses Geschäft öffnete erst in gut einer Stunde, also konnte er die Wirtin, die er von draußen bereits die Tische reinigen sah, in Ruhe befragen.
 

„Nun, ich denke, ich habe ihn so gegen zwei Uhr nachts gefunden“, erklärte die blonde Frau im Plauderton, während sie ihre Beine übereinander schlug.

Der junge Adlige nickte.

„Es sah gruselig aus“, meinte sie weiter. „Sein Gesicht war kaum zu erkennen und er hatte dieses eingeritzte Zeichen auf seinem Brustkorb. Aber zum Glück, war nicht alles voller Blut.“

Ciel blinzelte verwirrt und tauschte einen kurzen misstrauischen Blick mit Sebastian.

„Nicht viel Blut, obwohl er so zugerichtet war?“, wollte der Earl wissen, worauf sie langsam nickte.

„Ja, eigentlich hat das gar nicht zusammengepasst.“

Damit hatte sich ihre Befürchtung bewahrheitet. Die jungen Männer waren an einem anderen Ort gestorben und ihre Leichen wurden erst später in London verteilt. Jetzt mussten sie nur noch herausfinden, ob die Opfer irgendwas miteinander zutun hatten.

„Kannten Sie das Opfer irgendwoher?“, fragte Sebastian plötzlich und nahm Ciel somit seine Frage ab. Wollte er Entschädigung leisten, dass er nun unaufgefordert Fragen stellte? Ciel unterdrückte ein zynisches Auflachen, er war wirklich angekratzt.

Die Wirtin drehte den Kopf etwas.

„Nun, nicht direkt. Als ich ihn gesehen habe, wusste ich nicht wer er war. Doch in der Zeitung stand sein Name, genau wie von den anderen Opfern. Ich kann mich erinnern, einige dieser Namen zufällig auf einer Patientenliste eines Arztes, der öfter hier her kam, gelesen zu haben. Wahrscheinlich waren sie seine Patienten. Er hat oft hier gearbeitet, wahrscheinlich hatte er Zuhause keine Ruhe“, lachte sie und überlegte dann.

Erneut wechselten Ciel und Sebastian kurze Blicke.

Ein Arzt also? Konnte das vielleicht eine brauchbare Spur sein?

„Wie war sein Name?“, fragte der Earl geradeheraus und hoffte, dass die Wirtin sich entsinnen konnte.

Diese kam ins Grübeln.

„Ich bin mir leider nicht ganz sicher. Seinen Namen habe ich nur einmal gehört...aber das ist auch schon ein paar Wochen her“, meinte sie und schien weiter nachzudenken.

Ciel murrte leise, ohne, dass sie es bemerkte. Diese Information war nun so wichtig und genau daran erinnerte sie sich nicht mehr. Es war zum verzweifeln.

„Fällt ihnen zumindest ein, was für ein Arzt er war oder wo sich seine Praxis befindet?“, hakte der Adlige weiter nach. Eine brauchbare Information war doch schon alles, was er wollte.

Doch zu seinem Verdruss schüttelte die Frau entschuldigend den Kopf.

„Es tut mir leid, aber das weiß ich nicht. Er hat hier nur etwas getrunken und gearbeitet. Ich wollte nicht noch unhöflicher sein“, meinte sie.
 

„Verdammt“, fluchte Ciel leise und ballte die Hände zu Fäusten. Dieser Fall zog sich für seinen Geschmack ein wenig zu sehr in die Länge. Jetzt mussten sie irgendwie den Namen des Arztes herausbekommen.

Langsam wanderte sein Blick zu Sebastian, der etwas lächelte. Er schien bereits zu wissen, worum es ging.

Der junge Earl stieg bereits in eine der Kutschen ein und drehte sich dann zu Sebastian.

„Finde heraus, um welchen Arzt es sich handelt und komm dann zum Anwesen zurück“, befahl er und setzte sich hin, als der Butler sich ein wenig verneigte.

„Yes, my Lord.“

Damit schloss er die Droschke und war verschwunden, ehe die Kutsche sich überhaupt in Bewegung setzte.
 

Die Fahrt über, konnte er endlich ein wenig entspannen. Nicht nur, dass dieser Fall einige wirklich unschöne Züge annahm – indem er sich so unendlich in die Länge zog – auch, seine eigenen Angelegenheiten machten ihm zu schaffen.

Auch wenn Sebastian sich ihm gegenüber verhalten hatte, wie er es immer tat, wirkte nichts so wie sonst. Noch immer spürte Ciel das nervöse Kribbeln in sich, wenn er an diese raue, drohende Stimme des Dämons dachte, der schon seit langem so etwas wie der Traum seiner eigenen, schlaflosen Nächte war. Sei es drum, wie das klang.

Sebastians Augen in dem Moment, in dem er seinem Master dieses wirklich heikle „Angebot“ gemacht hatte, ließen ihn noch immer Schaudern. Aber in Wirklichkeit hatte er ja recht, Ciel musste nur einen Befehl geben und der Butler tat alles, um diesen zu erfüllen. Und nach seiner eigenen Aussage, gehörten die Dinge - an die der Junge dabei dachte – auch dazu.

Er spürte wie seine Wangen heiß wurden. Es war wirklich mehr als anstößig, so etwas zu denken. Aber der Gedanke, von Sebastians - sicher mehr als fähigen - Händen an Stellen berührt zu werden, die bis dato noch völlig Tabu für ihn gewesen waren, ließ den jungen Earl erwartungsvoll schlucken. Er konnte einfach nicht aufhören, sich vorzustellen, was ihn da erwartete. Doch niemals wäre er fähig dazu, Sebastian so etwas zu befehlen. Nicht nur, weil er es sehr wahrscheinlich nicht einmal aussprechen konnte, sondern auch, weil es für ihn einen unschönen Beigeschmack hatte. Es wäre so, als würde der Butler dies nur aufgrund seines Befehles tun und nicht, weil er Ciel tatsächlich verführen wollte.

Zu gern, würde er mit Sebastian darüber sprechen, ihn fragen, was genau er mit seinen Worten hatte sagen wollen. Aber wenn er darüber nachdachte, würde er sich selbst, im Nachhinein, widersprechen. Schließlich hatte seine Reaktion, auf die mehr als deutlichen Worte, für sich gesprochen.

Seufzend ließ der junge Adlige den Kopf hängen. Was sollte er nur mit all seinen Gedanken anfangen?
 

„Bei dem erwähnten Mediziner handelt es sich um einen Gewissen Sir Richard Bard, einem Allgemeinmediziner aus London, der sich in einer kleinen Praxis am Rande der Stadt niedergelassen hat“, erklärte Sebastian, um kurz darauf die Papiere mit den Fakten, über diesen Mann auf den Schreibtisch seines Masters zu legen.

Natürlich war er bereits eine viertel Stunde vor eintreffen des Grafen, wieder in der Villa gewesen und hatte den Tee für seinen Herrn vorbereitet.

Ciel sah ihn an und wanderte dann mit den Augen, über das Papier, ehe er blinzelte.

„Das sind die Patientenlisten“, bemerkte er und überflog die Namen. „Und hier stehen sogar die Namen aller fünf Opfer!“

Er war geschockt. Diese Verbindung machte noch weniger Sinn, als der Fall selbst. Jemand aus der Mittel- oder Unterschicht konnte gut zu solch einem Arzt gehen. Aber jemand aus dem Adel, die für gewöhnlich Privatärzte an ihrer Seite wussten? Und daher kam schließlich eines der Opfer. Dieser Mann schien sich um jeden Menschen gekümmert zu haben, der vor seiner Praxis auftauchte.

Aber, was hatte dieser Arzt mit den Toten zutun? Wie viel oder wenig wusste er?

„Das letzte Opfer, schien der einzige Adlige zu sein, der zu ihm in die Praxis kamen. Vorwiegend waren Leute aus Mittel- und Unterschicht dort. Jedoch ist mir noch etwas Interessanteres aufgefallen“, lächelte der Butler und schien etwas erfahren zu haben, das ihn schlicht amüsierte.

Ciel ahnte irgendwie nichts Gutes.

Erneut wurde ihm ein Schriftstück vor die Nase gelegt, das er ebenfalls überflog, als könne er es nicht erwarten. Konnte er auch nicht, dieser ganze Fall war ihm langsam wirklich zuwider.

„Seine Patienten waren hauptsächlich junge Männer?“, fragte er misstrauisch und hob seinen Blick, um Sebastian ins Gesicht zu sehen, der schmunzelnd nickte.

„Ja, scheinbar gab es eine Art Vorliebe“, erläuterte er und ließ Ciel schaudern. So wie er das aussprach, klang es wirklich verdorben.

Er besah sich den Zettel. Nun, wahrscheinlich war es das sogar.

Ein Seufzen verließ seine Lippen, ehe er sich bewusst wurde, was das für ihn hieß. Eigentlich bot er die perfekte Vorraussetzung Lockvogel zu spielen. Er zählte bereits als junger Mann und hatte – zu seinem Verdruss – leichtes Asthma, demnach er behandelt werden konnte. Solange niemand herausbekam, wer er wirklich war.

„Ich schätzte, mir bleibt keine andere Wahl. Wir werden diesen Mann in den nächsten Tagen aufsuchen“, brummte Ciel etwas genervt und stützte seine Stirn auf seiner Handfläche ab. Irgendwann wurde er solche Aktionen wirklich leid.

Sebastian seinerseits lachte leise.

„Kann ich davon ausgehen, dass Ihr vorhabt, euch selbst auszuliefern?“, fragte der Butler auf eine merkwürdig, kühle Weiße, die so gar nicht zu seinem undurchdringlichen Lächeln passen wollte.

Ciel grummelte.

„Sebastian, wenn du mehr über diesen Menschen weißt als ich, dann sag es mir. Wie kommst du dazu, von „ausliefern“ zu sprechen?“, wollte er wissen und sah seinen Gegenüber warnend an, der sich etwas verneigte.

„Entschuldigt, natürlich weiß ich nicht mehr, als ich Euch soeben mitgeteilt habe“, sprach er reumütig, doch Ciel kaufte es ihm nicht ab.

Er würde gern wissen, was in dem Dämon manchmal vor sich ging. Doch das würde auf ewig ein Geheimnis bleiben, wohingegen sich der Earl immer und überall von seinem Butler in die Karten schauen lassen musste.

Apropos...er wollte einiges von Sebastian wissen, war sich aber im Klaren, dass das hier keine allzu gute Idee war. Wenn man bedachte, dass Ciel hier ständig türmte, wenn ihm etwas nicht passte. Vielleicht war er doch noch mehr Kind als er manchmal dachte.

Schnell schüttelte er den Kopf. Solche Gedanken, sollte er sich am besten abgewöhnen.
 

Gerade erklärte Sebastian, dass er nun das Abendessen vorbereiten würde, da hielt Ciel ihn nochmals auf.

„Warte kurz, Sebastian“, befahl er und sah dem Butler in die Augen, der sich nochmals zu ihm umwandte. Nochmals verbeugte er sich leicht.

„Ich möchte dringend mit dir sprechen. Heute Abend“, erklärte er und schauderte, bei dem kurzen, verwegenen aufflammen in Sebastians Augen. Er wusste einfach nicht, damit umzugehen.

Leicht verneigte sich der Andere erneut.

„Yes, my Lord.“
 

Langsam schloss Sebastian die Tür hinter sich, nachdem er das Büro seines Masters verlassen hatte und schmunzelte.

Er hatte eine ungefähre Ahnung, worüber der junge Earl mit ihm sprechen wollte und konnte sich auch ausmalen, wie dieses Gespräch ablaufen würde.

Auch wenn er den restlichen Tag so getan hatte, es war kaum möglich sein Verlangen zu unterdrücken. Es kam auf das an, was ihm gesagt werden sollte, was darüber entschied, ob er eine Seite an sich zeigte, die seinen jungen Herrn vielleicht etwas verschrecken könnte.

Seine Augen verfärbten sich kurz und Sebastian spürte heiße, innige Vorfreude in sich brodeln.

Garden

Der Ausspruch „unruhig auf seinem Stuhl herumrutschen“, passte in diesem Augenblick wirklich vorzüglich auf Ciel, der seine Finger in das feine Leder seines Sessels krallte und nervös auf seiner Unterlippe kaute.

Die restlichen paar Stunden hatte er damit zugebracht, sich zu fragen, was er Sebastian eigentlich sagen wollte. Unter all dem Grübeln über seinen momentanen Auftrag, konnte er sich vielleicht gut ablenken, aber das Problem blieb dennoch bestehen.

Seit Sebastians merkwürdigen Anwandlungen am Morgen, wirkte der Butler auf den jungen Earl anders als sonst. Natürlich, wie sollte es auch anders sein? So deutlich wurde er gewiss noch nie von Sebastian auf die Probe gestellt. Er fragte sich sogar, ob es sich bei der ganzen Sache nur um einen reichlich geschmacklosen Scherz gehandelt hatte. In dem Fall würde er wahrscheinlich einfach anfangen Sebastian zu ignorieren, ganz gleich wie kindisch und dumm das klang.
 

Langsam stand er auf und schluckte. Er hatte seinem Butler gesagt, er würde mit ihm reden wollen, wenn niemand sie hören konnte. Und neben dem Büro – indem Ciel das auf keinen Fall klären wollte – blieb eigentlich nur noch sein Schlafzimmer. Schlimm genug, wenn er darüber nachdachte.

Seine Schritte trugen ihn zu jenem Gemach, das sich für ihn plötzlich wie seine ganz persönliche Folterkammer anfühlte. Er schüttelte den Kopf.

Herrje, es war doch nur Sebastian. Der Butler, der schon seit Jahren an seiner Seite war und der durch einen einfachen Befehl gehorchte. Ein Dämon, der ihm heute Morgen einen Teil seiner tief gehegten Absichten offenbart hatte.

Ciel schauderte bei diesem Gedanken, ehe er die Tür zum Zimmer öffnete und in Sebastians höfflich lächelndes Gesicht sah, der neben dem Eingang stand, als wäre es völlig normal. Nun, das war es auch.

„Verzeiht, dass ich erst jetzt auftauche“, sprach er lächelnd und wirkte ein klein wenig so, als würde er sich über den jungen Adligen lustig machen.

Jedoch sagte der nichts dazu und ging einfach in den Raum hinein, um sich auf sein Bett zu setzten. Dann hob er leicht einen Fuß und bedeutete so, dass Sebastian ihn entkleiden sollte.

Der Butler verneigte sich erneut leicht und kam der stummen Aufforderung ebenfalls schweigend nach.
 

Ohne ein Wort zu verlieren, sah Ciel Sebastian dabei zu, wie er seine Schuhe abstreifte und sie neben das Bett stellte. Es war wie immer, nichts an dieser Situation deutete darauf hin, dass sich zwischen ihnen am heutigen Tag Dinge abgespielt hatten, die es so gar nicht geben sollte.

Doch der Earl wusste, dass er nicht ewig über diese Dinge schweigen konnte. Langsam stand Sebastian auf, um die Schleife um Ciels Hals zu lösen.

„Ich wollte mit dir reden“, begann er langsam. Der Angesprochene ließ sich in seiner Arbeit nicht beirren und öffnete die Weste.

„Das sagtet Ihr mir bereits, junger Herr“, meinte er und schmunzelte etwas, während er die dunkle Weste zusammenlegte. Ciel beobachtete ihn genau, behielt jede noch so kleine Bewegung im Auge.

„Ich möchte von dir wissen, was du heute morgen mit dieser Frechheit bezwecken wolltest“, forderte er und sah dem Butler fest in die roten Augen, die selbstverständlich keine nennenswerten Emotionen enthielten, als sie den Blick erwiderten.

„Frechheit?“, hakte er nach, als wüsste er nicht worum es ging. Aber das wusste er genau.

„Ja, Frechheit.“

Sebastian legte die Weste zur Seite und verneigte sich erneut, auf seine übliche Art und Weiße.

„Ich möchte mich entschuldigen, sollten meine Worte tatsächlich so forsch und anmaßend geklungen haben“, sprach er.

Ciel zischte nur unzufrieden. Was sollten all diese haltlosen Entschuldigungen? Sebastian konnte das alles unmöglich nicht ernst gemeint haben, dafür waren seine Worte einfach zu nachdrücklich gewesen.

Noch immer zitterten seine Hände von der Kälte, die ihn in diesem Moment umgeben hatte, ohne, dass er sagen konnte, sie wäre unangenehm gewesen.

„Das haben sie. Sag mir nicht, dass du es nicht so beabsichtigt hättest“, grummelte Ciel und hörte aus seiner eigenen Stimme das ungesunde Maß an Unzufriedenheit heraus, das Sebastian eigentlich nicht hätte hören brauchen.

Dieser lachte jedoch und sah dem Earl in die Augen.

„Wäre es in Eurem Sinne, wenn dem so wäre?“, wollte er nüchtern wissen.

Ciels Gesicht ließ etwas dunkle an, ehe er den Kopf zur Seite drehte und sich, ohne es zu merken, auf die Unterlippe biss.

Was sollte diese Frage? Niemals würde er so etwas einfach ohne Verlegenheit aussprechen können.
 

Mit einem Mal war es, als würde die Luft um sie herum an Wärme zunehmen. Gerade als er sich verwirrt umsehen wollte, wurde sein Kinn gepackt und der Kopf wieder in die Gerade gedreht.

Sebastians Augen flackerten purpurfarben auf und versetzten Ciel einen kurzen, erregenden Schauer, der sein Blut regelrecht in Wallung brachte.

„Warum weicht Ihr aus?“, fragte er und kam mit seinem Gesicht Ciel etwas näher, der die Luft kurz anhielt. „Was wäre, wenn all das in meiner Absicht war?“

Sein Atem streifte Ciels Ohr, ehe er kurz und fast unspürbar mit seiner Zunge über das weiche Fleisch leckte.

Erschrocken wich Ciel zurück, schlug die Hand des Dämons weg und stand auf, um erneut vor soviel spürbarer Verführung zu flüchten. Doch dieses Mal, kam er nicht weit.

Wie aus dem Nichts griff eine Hand nach seinem Arm und zog ihn zurück, dass der Junge auf dem Schoß seines Butlers zum sitzen kam, der sich auf seinem Bett niedergelassen hatte. Flinke Finger wanderten über sein weißes Hemd und knöpften es langsam, mit größtem Geschick auf, während Ciel sich erst einmal wieder orientieren musste.

Was war gerade geschehen?, schallte es in seinem Kopf wieder, als er den Arm spürte, der sich um seine Hüfte legte und ihn am weglaufen hinderte. Handelte es sich bei der Person, auf dessen Schoß er nun gefangen war, tatsächlich um Sebastian? Er wusste nicht ganz, welche Reaktion man auf diese völlig unreal wirkende Situation zeigen sollte.

„Sebastian!“, fauchte er, zuckte aber sogleich zusammen, als sein Hemd gänzlich geöffnet wurde und er die weichen behandschuhten Finger seines Butlers ohne umschweifen an seinen Brustwarzen spürte.

Ein Schauer jagte dem Jungen durch den gesamten Leib, es war beinahe so, als würde er den Boden unter den Füßen verlieren. Für einen Augenblick überschlugen sich seine Emotionen und er musste sich schwer besinnen, um keine falsche Bewegung zu tun.

Es war nur eine kurze Berührung, nicht mehr. Sebastian hatte das Privileg ihn anzufassen. Und doch war es dermaßen intensiv, dass Ciel hätte schreien können. So etwas hatte er nie für möglich gehalten.

Waren das die verführerischen Waffen eines Dämons, der sich nahm, was er begehrte? Sein Opfer mit unspürbaren Berührungen umschmeichelte, bis es nachgab?

„Was...was tust du?“, brachte er wimmernd heraus und war erschrocken, über seine eigene Stimmlage. Hatte ihn dieser kurze Moment bereits so erregt?

Ein Lachen traf sein Ohr.

„Das was Ihr bereits seit einer Weile von mir möchtet, junger Herr“, schnurrte der Butler und begann seine Lippen hauchzart über den Hals des Earls wandern zu lassen, der in diesem Augenblick glaubte, seinen Verstand zu verlieren.

Wenn sich diese wenigen, kleinen Berührungen schon so verflucht intensiv anfühlten, was wäre dann wenn sie...

Von der einen auf die andere Sekunde klärte sich Ciels vernebelter Geist wieder und er biss fest die Zähne zusammen. Es kostete ihn verflucht viel Kraft, dass auszusprechen was er nun dachte.

„Hör auf! Das ist ein Befehl, Sebastian!“, knurrte er laut und stand schnell auf, als sich der Griff an seiner Hüfte löste.

Sofort wankte er etwas und gab sich alle Mühe irgendwie auf dem Boden zum stehen zu kommen. Sein Atem ging schwer, bevor er es schaffte sich einigermaßen zusammenzureißen.

„Wie kannst du nur?“, rief er und für diesen Moment, hatten ihn alle Bedenken verlassen. „Ich bin nicht dein Spielball, du verfluchter Dämon!“

Er hob seinen Blick und sah Sebastian bitter an, der nur etwas verwirrt zurückstarrte. Er wirkte nicht wirklich überrascht, es war eher, als würde er die Wut seines Masters nicht noch weiter schüren wollen. Das war im Augenblick wahrscheinlich ohnehin nicht möglich, denn jedweder Gedanke war aus dem Kopf Ciels verschwunden.

„Behandele mich nie wieder so! Ich will gefragt werden, ob du mich anfassen darfst! Nutz deine Privilegien nicht so schamlos aus!“

Seine Stimme überschlug sich und er versuchte irgendwie, sich wieder etwas zu beruhigen. Es war nicht gut, so herumzuschreien. Dieses Gespräch musste niemand mitbekommen, doch Ciel war einfach wütend, über diese Selbstverständlichkeit, die sein Butler hier gerade an den Tag legte. Was war mit ihm los? Konnte er es gar nicht mehr erwarten, über den Körper herzufallen, in dem die Seele schlummerte, nach der er sich verzehrte?
 

Er sah dabei zu, wie Sebastian aufstand und dann vor dem Jungen in die Knie ging, um sich in seiner üblichen Manier zu verneigen.

„Ich warte auf Euren Befehl, my Lord“, sprach er und sofort spürte Ciel wie ihm das Herz schwer wurde. Genau, dass hatte er doch nicht gewollt.

Er wollte Sebastian nicht den Befehl geben ihn anzurühren, aber gleichermaßen machte es ihm Angst einfach so berührt zu werden. Dennoch war es nicht so, dass es ihm gänzlich unangenehm war. Oh, er wollte diesen Mann und das schon seit langem und jetzt konnte er ihn haben und machte es zunichte.

Er schüttelte denn Kopf und biss sich fest auf die Unterlippe. Nein, das wollte er nicht. Es hatte sich wahnsinnig intensiv angefühlt, ohne eine Aufforderung seinerseits von Sebastian berührt zu werden.

„Steh wieder auf“, forderte er langsam und schauderte, als er sich diesen unheimlich schönen Mann zum ungezählten Male genauer betrachtete.

Wie konnte er so dumm sein, eigentlich hätte er doch beinahe bekommen, was er sich so sehnlichste wünschte.

„Ich will dir dafür keine Befehle geben“, murmelte er und sah in die Augen seines Butlers, der ein wenig verstimmt wirkte, aber nicht so, dass man es tatsächlich wahrnahm.

„Soeben lauteten Eure Worte noch anders“, sagte Sebastian in einer Art, die Ciel betreten zur Seite blicken ließ. Natürlich, er hatte sich erneut selbst widersprochen, aber wie sollte er das erklären, was zu erläutern kaum möglich war?

„Das weiß ich“, meinte er und trat langsam etwas näher an den Dämon heran, der allein durch seine bloße Anwesenheit das Bedürfnis in Ciel weckte, die Haut unter der schwarzen Kleidung zu berühren. „Ich möchte nur nicht...so selbstverständlich berührt werden. Nicht an solchen...Stellen“, murmelte er und spürte wie sein Gesicht heiß wurde.

Ihm war das so peinlich und Sebastian stand einfach da und lächelte wieder vor sich hin, als würden sie sich über das Wetter unterhalten. Dann schlug seine Stimmung um. Er hob den Körper des Jungen auf seine Arme und legte ihn ohne ein weiteres Wort auf dem Bett ab. Anschließend lehnte er sich über ihn, wirkte gar nicht mehr so unterwürfig wie es sonst für ihn üblich war.

„Darf ich Euch berühren?“, fragte er plötzlich.

Ciels Augen weiteten sich. War diese Frage gerade ernst gemeint oder machte sich dieser Dämon einen Spaß aus der Situation? Aber er konnte den Earl eigentlich nicht lügend hinters Licht führen. Dazu war selbst er, aufgrund ihres Vertrages, nicht mächtig.

Sein Mund öffnete sich langsam, doch es fiel ihm schwer, eine Erlaubnis für das zu geben, was er gleichermaßen wünschte als auch fürchtete. Was würde dieser Mann mit ihm tun? Seine Worte am Morgen hätten deutlicher nicht sein können.

Die Konsequenzen jedoch, waren in diesem Moment für Ciel belanglos, sie zeugten von keinerlei Wichtigkeit, um die man sich Gedanken machen brauchte. Schließlich gehörte seine Seele bereits diesem Dämon, warum sollte er seinen Körper nicht auch verkaufen?

Er sah in Sebastians Augen, die kurzzeitig so etwas wie Wärme aufflackern ließen. Eigentlich wünschte er es sich, einmal dieses Gefühl der reinen Lust spüren zu dürfen und welches Wesen konnte dies besser herbeiführen als ein Dämon? Mit Sicherheit würde er es nicht bereuen, oder doch? Was würde passieren, wenn er sich in dieser mehr als unbekannten Situation plötzlich überfordern ließ? War seine Reaktion gerade nicht beweiß genug gewesen, dass er sich ungern berühren ließ.

Außer von Sebastian.

Nur er durfte dies und er war auch derjenige, von dem sich Ciel all die Dinge wünschte, die seine Phantasie heimsuchten.

Langsam, fast in Zeitlupe lehnte Ciel sich nach oben und forderte den Butler stumm auf, ihm näher zu kommen. Dieser schmunzelte und kam der Aufforderung ohne großes Zögern nach.

Ciels Körper erzitterte genau in dem Moment, in dem sich die verführerischen Lippen des Dämons auf die seinen legten. Fordernd und dennoch nicht übertreiben wurde der Junge in einen Kuss verwickelt, den er sich in seinen Träumen niemals so intensiv vorgestellt hatte.

Leicht spitze Zähne neckten seine Lippen, während die festen - keineswegs schwächer werdenden - Bewegungen, den jungen Adligen fast selbstständig dazu animierten den Rhythmus nachzuahmen.

Sein Körper wurde unruhig, allein ein Kuss reichte aus, um seine Phantasien in die Realität umsetzten zu wollen. Und viel zu früh für seinen Geschmack wurde die kurze, neugierig machende Verbindung zwischen ihnen wieder unterbrochen.

Ciel sah deutlich, welche Begierde in den purpurnen Augen Sebastians lag und konnte nur schwer der Versuchung widerstehen, die dieser Blick ihm versprach.
 

„Berühr mich wo auch immer du willst...“

Preparation

Sebastian ließ sich keines der feinen, gesprochenen Worte seines Masters zweimal sagen. Wenngleich er auch wusste, dass der Junge sich von dem Gefühl leiten ließ, dass der Dämon ihm geschenkt hatte.

Lust. Nichts anderes. Er war fähig dazu und die Versuchung des Menschen größter Feind. Einmal gekostet, wollten sie mehr und doch, war der junge Earl anders. Sein Inneres schwankte, als kämpfte sein Kopf gegen seine Empfindungen an.

Dass er Sebastian wollte, stand außer Frage, doch noch immer beherrschten ihn weltliche Normen und Regeln, wenn nicht sogar die Angst davor, völlig überfordert zu sein.

„Sehr gern“, wisperte er auf die lüsternen Worte seines Herrn. „Ich gebe auf Euch Acht, lasst es mich Euch zeigen.“

Der Junge sah ihn an und legte seine Hand fast schüchtern auf Sebastians Gesicht. Dieser lächelte.

Die gebotene Vorsicht des Earls, mochte so gar nicht zu der Begierde in seinem, einzigen blauen Auge passen, mit dem er Sebastians Gesicht musterte.

„Ich vertraue darauf, Sebastian“, sprach er leise und ließ sich zurück aufs Bett fallen.

Sebastians Augen verfärbten sich, als er nickte und sich nach unten beugte, um seine Lippen beinahe ehrfürchtig auf die helle Haut seines Masters zu legen.
 

Ciels Leib verkrampfte sich mit der kleinen, beinahe scheuen Berührung, die er Sebastian nicht zugetraut hatte. Genau wie jede weitere Empfindung, die ihm durch die kühlen Lippen offenbart wurde, als sie sich ihren Weg zu seinem Hals erschlichen.

Jede Stelle, an der der Dämon seine unsichtbare Spur hinterließ schien zu kribbeln. Ein Gefühl, dass er so intensiv niemals erwartet hätte. Sebastian hatte mit Sicherheit eindrucksvolle Fähigkeiten, während eines solchen Aktes und Ciel wollte viel mehr zu spüren bekommen, als jedem anderen jemals vergönnt war. Ganz gleich, wie egoistisch das war.

Er erschauderte, als die in feinen, weißen Stoff gehüllten Finger seines Butlers, seinen schlanken Körper entlangfuhren. Sie machten alle Sinnlichkeit deutlich, die Sebastian ihm nun schenken würde.

Er spielte mit dem Feuer und das wusste er genau. Doch nichts auf der Welt konnte der Versuchung gleichkommen, die Ciel empfand, wenn er in Sebastians schmale Augen blickte. Er war bereit sich an den Flammen zu verbrennen, ganz gleich, welche Schmerzen auf ihn warten mochten.

Wenngleich er sich sicher war, sein Dämon würde auf ihn achten, niemals zulassen, dass die Furcht ihn überrollte und wanken ließ. Vielleicht sah er nichts davon ihn den feinen, purpurnen Augenpaaren, doch er war sich sicher, dass auf Sebastian verlass war. Nie hatte er etwas versprochen, was er nicht auch hielt.

Wieder spürte er feinen Stoff, auf seiner nackten Haut und bemerkte nun mit völliger Bestimmtheit, dass ihn etwas daran wirklich störte.

Sebastians Lippen, die begonnen hatten seinen Hals zu liebkosen, hielten den jungen Earl beinahe davon ab, seiner Missgunst kund zu tun. Doch er würde sich nicht ablenken lassen, so schwer es ihm auch fiel.

„Sebastian“, murmelte er herrisch und ließ den Butler aufsehen. Es war kein fragender Blick, der Ciels Augen traf, ehe wirkte er etwas – abwartend.

„Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte er auf seine übliche höffliche Art und Weiße, die so wenig zu dieser Situation passte, dass es sich anfühlte, als hätte jemand flüssiges Feuer in die Venen des Jungen gegossen. Er spürte diesen unbändigen Drang, Sebastian zu sagen, wie verflucht erotisch diese paar – eigentlich gänzlich normalen Worte – waren.

„Deine Handschuhe“, wisperte er leise und sofort waren alle Gedanken aus seinem Kopf geschlagen. Sebastian grinste und kniff die Brustwarzen – welche er bisher weiter umkreist hatte - etwas fester.

„Oh, meint Ihr Diese?“, fragte er, mit einem Zynismus in der Stimme, der Ciel leise knurren ließ. Wie unendlich sadistisch und erniedrigend dieser Mann doch sein konnte, doch im Augenblick schaffte er es nicht – wie sonst – die Wut seines Herren zu schüren. Viel zu verwegen war es, darüber nachzudenken, dass all diese Worte zu ihrem kleinen, aber interessanten Spiel gehörten. Und Ciel hätte lügen müssen, wäre er damit nicht irgendwie mehr als einverstanden gewesen.

„Zieh...“, begann er, zuckte aber zusammen, als er erneut gekniffen wurde. Diese kleinen Neckereien machten ihn völlig verrückt. „Zieh...sie aus.“

Er hörte das Zischen seiner eigenen, belegten Stimme und schauerte, als Sebastian ein leises, raues Lachen von sich gab. Seine Finger ließen von dem Earl ab – wenngleich dieser nicht wusste, ob er das gut oder schlecht finden sollte – bevor er seine Handschuhe mit den Zähnen auszog.

Ciel spürte die feine Gänsehaut auf seinem Leib, als Sebastian ihn mit einem Blick musterte, der Aussage über genügend seiner innigen, verdorbenen Wünsche und Sehnsüchte war.

Hatten sie zu lang gewartet? Wie lange waren sie wohl schon so verrückt nacheinander? Ciel selbst hatte bereits aufgehört zurückzurechnen, doch wie war es für Sebastian? Konnte man dem Gedanken wirklich glauben schenken, dass er schon das verwöhnte, kleine Kind auf irgendeine Art begehrt hatte? Er wollte es wissen.

„Wie lange?“, kam es über seine Lippen, ohne das er sich die Worte überhaupt richtig durch den Kopf gehen lassen hatte.

Sebastian warf ihm einen amüsierten Blick zu und lächelte übertrieben freundlich. Er war heute wirklich sarkastisch.

„Wovon sprecht Ihr?“, fragte er dennoch und überließ Ciel selbst das Gefühl, dass der Dämon sich irgendwie über ihn lustig machte. Jener entledigte sich seines Jacketts und begann dann seine Weste aufzuknöpfen. Ciel selbst jagte bereits dieser einfache Anblick einen Schauer der Erregung durch die Glieder. War es Vorfreude?

Schnell schüttelte der Earl den Kopf und versuchte sich auf die Frage zu konzentrieren, die ihm auf der Zunge lag.

„Wie lange siehst du mich schon mit solchen Augen?“

Es war, als hätte man diese Frage, wie ein Gemälde in den Raum gestellt, um es schön zu betrachten. Doch selbst wenn es so wirkte, als würde Sebastian diese Frage nicht ernst nehmen, stoppte er dennoch in seinem Tun.

Sein Blick nahm Ciel regelrecht gefangen, als er seine Weste abstreifte und sich zu seinem Master nach unten beugte. Seine Augen waren in diesem Augenblick vergleichbar mit denen eines wilden Tieres auf der Jagd. Sein kühler Atem traf Ciels Lippen und ließen sie spürbar vorfreudig kribbeln.

Allein die laszive Art mit der Sebastian ihn im Augenblick zu umgarnen schien, brachte Ciels Blut in Wallung.

„Was denkt Ihr?“, stellte sein hübscher Butler die Gegenfrage, mit welcher der Earl kaum umgehen konnte.

„Stell nicht immer Gegenfragen“, moserte Ciel beleidigt und brachte Sebastian zum schmunzeln. Der Junge spürte wie ihm beinahe das Herz stehen blieb, als die Zunge des Dämons langsam, fast kaum spürbar über seine Lippen leckte. Er riss leicht die Augen auf und krallte seine Finger in das Lacken unter seinem zitternden Körper. Ob das nun eine Antwort war oder nicht, doch Sebastian wusste genau, wie er einem Menschen denn Boden unten den Füßen stehlen konnte.

Sein gesamter Körper war von dieser kurzen Berührung so geladen, dass er sich nicht sicher war, ob er diese Empfindungen jemals wieder loswurde. Selbst wenn er es nicht wollte.

„Ich begehre Euch lange, junger Herr. Mit jeder Faser dieses Körpers und meiner eigenen Seele. Doch selbst ich kann nicht sagen, wann es begonnen hat. Geht es Euch nicht ebenso?“, umspielte Sebastians weiche Stimme seine Gehörgänge und ließ den jungen Grafen erschaudern.

Er hob langsam eine Hand und strich mit ihr über das Gesicht, des Mannes, auf den er einfach nicht verzichten konnte. Nicht nur, dass er sich gänzlich unwohl fühlte, wenn Sebastian nicht in seiner Gegenwart war, auch das er sich selbst ganz unwirklich vorkam.

Diesem Dämon gehörte er, mit Haut und Haaren und er müsste ihn anlügen, würde er sagen, dass er nicht die gleichen Gedanken hegte, die gerade an ihn gerichtet wurden waren.

„Du weißt es doch längst. Das hast du mir deutlich gezeigt“, meinte Ciel leise und strich beinahe verträumt, über die vollen Lippen seines Butlers, dann sah er ihm in die Augen. Vielleicht hatte er noch immer Angst, vor diesem Funkeln, diesem Meer aus feinem violett, dass sich sogar zu bewegen schien, als hätte es seinen eigenen Willen.

Er musterte das makellose Gesicht Sebastians, wanderte mit seinem Blick tiefer, zu dem weißen, tadellosen Hemd und spürte diesen unbändigen Drang in sich, zu sehen, was sich darunter verbarg.

„Ja, dem ist wohl so. Möchtet Ihr mein Angebot gern wahrnehmen, junger Herr?“

Auf Ciels Lippen erschien ein kaum sichtbares Lächeln. Soviel Unterwürfigkeit in dieser Lage? War es doch Sebastian, der Ciel auf diesem Bett geradezu einkerkerte. Wenngleich sich der Junge nicht eingesperrt fühlte.

„Gern. Doch eine Bedingung habe ich“, hauchte Ciel und spielte das kleine Spiel Sebastians mit, ehe er seine Hände ausstreckte und langsam, beinahe vorsichtig die Knöpfe des weißen Hemdes aufknöpfte. Wenngleich er sicher mehr als ungeschickt dabei aussah. Und Sebastians leises Lachen machte es nicht gerade einfacher.

„Um welche Bedingung handelt es sich?“, fragte er und reckte den Hals etwas, als der junge Adlige an seiner Krawatte zog und sie lockerte. Wahrscheinlich war es für beide erstaunlich, wenn man bedachte, dass Ciel sich selbst nicht einmal vernünftig an- geschweige den ausziehen konnte.

Doch statt die Krawatte von Sebastians Hals zu ziehen, hielt er beide Enden fest und zog den Kopf des Dämons so nah an sich heran, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten. Ciels Augenbraue zuckte verwegen, als Sebastian ihm angetan in die Augen blickte.

Wenn dies ein Spiel war, so war es ganz nach dem Geschmack des Grafen. Dieser hauchte nun seinerseits gegen die Lippen seines Butlers.

„Ich will, dass du diese Höflichkeitsfloskeln sein lässt. Du bist hier in meinem Bett, nenn mich beim Namen!“, forderte er mit einem feinen Grinsen auf den Lippen, dass Sebastian sehr zu gefallen schien. Dieser gab ein leises Geräusch von sich, das stark an ein Knurren erinnerte.

„Wenn du das möchtest, Ciel...“

Erneut raste ein Schauer durch den Körper des Jungen, der kaum glauben konnte, wie schnell Sebastian umschwenken konnte. Es war, als hätte er nur noch auf seine Erlaubnis gewartet, um die letzte gläserne Mauer zwischen ihnen zum Einstrutz zu bringen.

Langsam ließ er die Krawatte des anderen los und sah mit zuckender Augenbraue dabei zu, wie Sebastian sein Hemd nun völlig aufknöpfte und es einfach an seinen langen Arme entlang gleiten ließ. Dann landete es wahrscheinlich neben dem Bett. Eigentlich war es Ciel egal, was die Kleidungsstücke Sebastians machten, solange er selbst so einen beneidenswert, markelosen Oberkörper aufwies.

So perfekt, dass es Ciel das Blut regelrecht spürbar zwischen die Beine trieb. Mit seiner Selbstbeherrschung war es vorbei, nun galt es nur noch, sich das geben zu lassen, was er seit langem spüren wollte.

Er grinste Sebastian an.

„Nun, dann zeig mir, wie höllisch gut mein Butler wirklich ist.“
 

Sein Körper erzitterte merklich unter den Berührungen des Dämons, der sich wie ein ausgehungertes Tier auf Ciels Hals gestürzt hatte und sich dort festsaugte. Es hatte fast etwas animalisches, wie er von diesem Mann festgehalten wurde.

Ciels Kopf kippte in den Nacken und jede Bewegung Sebastians brachte seinen Leib dazu, sich näher an die Quelle dieser unbändigen Lust zu klammern.

Er wusste längst, dass es kein Entkommen mehr gab, er war längst in jeder noch so kleinen Empfindung gefangen.

Sebastians Finger wanderten an seinem schmalen Körper nieder und blieben abwartend an der Hüfte des Jungen hängen, ganz so, als wäre er sich über den nächsten Schritt unsicher. Selbst wenn dem unmöglich so sein konnte.

„Warum zögerst du?“, fragte Ciel abgehakt und versuchte das Zittern in seiner Stimme - so gut es ihm möglich war - vor Sebastian zu verstecken. Der lachte leise und ließ nun vom Hals seines Masters ab.

„Und was ist mit dir?“, wollte er gespielt tadelnd wissen und kam Ciels Gesicht wieder näher. „Warum forderst du nicht?“

Es war kein Geheimnis, dass Sebastian sich einfach nehmen konnte, was ihm beleibte. Doch noch immer schien er nicht vergessen zu haben, was Ciel ihm befohlen hatte. Er konnte mit Selbstverständlichkeiten nichts anfangen.

Der Earl schluckte. Er wusste nicht, ob es ihm überhaupt möglich war den Dämon aufzufordern, dass zu tun, was Ciel seit Langem an sich selbst „praktizierte“.

Verlegen sah er zur Seite.

„Erwartest du von mir, dass ich dich anflehe mich zu berühren?“

Er erschauderte, als er Sebastians kühles Lachen vernahm. Ein überraschtes Keuchen verließ seine Lippen, als er die Hände des anderen ohne Scheu zwischen seinen langen Beinen spürte.

„Es würde mich verrückt machen und doch, reicht mir dein anregender Blick voll und ganz...Ciel“, schnurrte Sebastian ihm entgegen, das letzte Wort in einer Art aussprechend, die den Jungen das ganze Ausmaß seiner angestauten Lust spüren ließ.

Ciels Körper gab regelrecht auf, als schlanke Finger seine Hose öffneten und ohne weiteres Umschweife ihr verborgenes Ziel fanden. Die Augen des Dämons flackerten erneut hell auf und ließen dem jungen Earl keinerlei Chance überhaupt etwas Rationales zu denken.
 

Mit sanften Fingern verwöhnte Sebastian seinen Master und sah mit teuflischem Vergnügen dabei zu, wie der Junge sich sichtbar verkrampfte um seiner Lust irgendwie Einhalt zu gebieten.

Es gelang ihm nicht, so sehr er es auch versuchte. Sebastian wusste, wo er einen Menschen berühren musste, um ihn gänzlich gefügig zu machen und dennoch, hatte ihm die Verführungskunst lange nicht mehr solches Vergnügen bereitet.

Ciels Körper erzitterte, wenngleich er nicht mehr wusste, wo er sich selbst befand. Seine Augen waren völlig verklärt, nicht fähig irgendetwas zu fokussieren geschweige den klar zu erkennen.

„Sebastian...“, wisperte Ciel leise, hob die Arme und krallte in Sebastians Seite, den diese verzweifelte Suche nach Hilfe nur ein müdes Lächeln abverlangte. Doch er konnte nicht leugnen, dass er ganz entzückt darüber war, wie dieser hübsche Junge sich an ihn krallte und Gleichmaßen versuchte sein Stöhnen zu unterdrücken.

Sebastian für seinen Teil zog seine Hand wieder hervor und war gerade dabei dem Earl seiner Hose zu entledigen, als dieser nach seiner Hand griff.

Langsam sah er auf, direkt in das blaue Auge seines Schützlings. Sein Oberkörper hob und senkte sich in zunehmender Geschwindigkeit, während sein Hemd ihm nur noch auf einer Schulterseite hing. Selbst Sebastian konnte nicht leugnen, dass Ciel im Moment unglaublich erotisch aussah.

„Was hast du?“, fragte der Butler leise und lächelte den Jungen warm an, dessen Gesicht sogleich eine gesunde Färbung bekam.

„Ich möchte...“, hauchte er und Sebastian sah dem Blick des jungen Adligen genau an, dass sich ein Satz in seinem Kopf zusammenbaute, der ihm Unmengen an Überwindung kostete.

„Was möchtest du?“, half der Dämon seiner hübschen Opfer etwas nach und legte dann seine Finger unter das Kinn des Kleineren, der merklich die Augen aufriss.

Seine Lippen zitterten leicht, als Sebastian an ihnen knabberte. Ihm gefiel dieses kleine Spiel, jede Berührung seinerseits, machte Ciel sichtbar nervös und neugierig.

„...dass du lange mit mir spielst...lass dir nicht einfallen, das hier zu schnell zu Ende zu bringen“, knurrte der Junge ihm kühl gegen die Lippen und schaffte es doch tatsächlich, Sebastian zu überraschen.

„Ist dem so?“, hakte er belustigt nach. Er hatte vielleicht nicht erwartet, dass Ciel ihm so klar und deutlich sagen würde, was er begehrte. Aber der Dämon war mehr als zufrieden mit sich.

Sein Herr war ihm tatsächlich gänzlich verfallen.
 

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Achtung!

Das nächste Kapitel werde ich sehr wahrscheinlich auf adult stellen müssen. Für alle, die noch nicht Volljährig sind: Keine Sorge, man kann das nächste Kapitel überspringen, das hat keinen Einfluss darauf, denn Rest der Fanfiction zu verstehen. ^^

Sins

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Morning After

Mein kleines ganz persönliches Weihnachtsgeschenk an meine Leser!

Ich muss echt sagen: Das habt ihr verdient! ^.^
 

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Während lauer Wind seine Richtungen einschlug und sich schwere Regenwolken über London herabließen, flackerte - in Mitten der Nacht - noch eine einsame Kerze durch die Fenster eines kleinen Hauses. Ein feines Lachen erhellte die Räume und brachte die Flamme zum flackern.

Ihre langen Finger schlossen sich um die zitternden Hände des Mannes, während ihre umschmeichelnde Stimme ihn zur Ruhe zwang. Sie grinste, entblößte spitze, weiße Zähne und hauchte ihm leise verschwörerische Worte in die Ohren:

„Bald sind wir am Ziel, Vater...“
 

Zu seinem Verdruss schien sein Schlaf nur von kurzer Dauer. Als Ciel erneut die Augen öffnete, schlug ihm das helle Morgenlicht hart ins Gesicht und ließ ihn blinzeln.

Es dauerte eine Weile, bis er Traum und Wirklichkeit wieder unterscheiden konnte, sämtliche Gedanken flatterten wie Papierschnipsel in seinem Kopf herum und erschwerten es ihm klar zu denken.

Verwirrt tastete Ciel über das Bett, wurde jedoch nicht fündig. Er wusste, was geschehen war. Noch immer brannten die überaus realen Berührungen seines Butlers auf seiner Haut und machten ihn regelrecht verrückt. Doch, wo war genau dieser? Wo war Sebastian?

„Es ist Zeit aufzustehen, junger Herr.“

Er spürte seinen Leib zusammenfahren, als hätte man ein Kaninchen vor eine Schrottflinte gesetzt. Diese Stimme, so unglaublich fein und umschmeichelnd. Doch so voller Demut, dass der Earl für einen Augenblick zweifelte, überhaupt etwas gehört zu haben.

Langsam, beinahe vorsichtig, öffnete er die Augen und sah auf. Direkt neben seinem Bett, gekleidet wie immer und in seiner typischen Manier seinem Master den Tee an sein Bett zu bringen, stand Sebastian und lächelte wohlwollend.

„Das Frühstück ist bereits angerichtet, junger Herr. Ich werde Euch sofort die Aufgaben des heutigen Tages zutragen“, sprach er und verneigte sich, wie es nun einmal seine Art war.
 

Ciel jedoch, starrte Sebastian einfach nur geschockt an. Nun kamen Zweifel auf, ob er diese mehr als anregende Erfahrung wirklich gemacht hatte oder es sich lediglich um einen Traum handelte. Er war sich sicher, sollte Letztes der Fall sein, würde er maßlos enttäuscht sein.

Dennoch, was veranlasste Sebastian so zu tun, als wäre nichts gewesen? Seine Rolle ganz gewöhnlich weiter zu spielen? War das alles tatsächlich nur ein äußerst erotischer Traum gewesen und Ciels umfassende Phantasie hatte ihm einen Streich gespielt?

„Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte Sebastian und sah seinen Herrn gespielt besorgt an, ganz so, als wolle er sich über ihn lustig machen.

Ciel schüttelte erbost den Kopf und biss sich auf die Unterlippe.

„Nein, gar nichts ist in Ordnung! Ich habe das Gefühl, ich habe mir die gestrige Nacht nur eingebildet!“, knurrte er wütend und setzte sich auf. Doch sofort bereute er seine eigene aufbrausende Art wieder, als sich ein Schmerz, von seinem Steiß an, durch die gesamte Wirbelsäule zog und ihn belegt keuchen ließ.

Er hörte Sebastians lachen und sah langsam wieder auf, in der Hoffnung, nicht erneut soviel Schwäche zu zeigen.

„Wie du sehen kannst, war dem nicht so“, sprach der Butler das aus, was Ciel sich erhofft hatte und setzte sich dann einfach an den Bettrand seines Schützlings, der betreten zur Seite sah. Dieser Schmerz, er sprach eine eindeutige Sprache und war dem Jungen schlichtweg peinlich. Auch wenn - oder eher gerade weil - Sebastian sich daran sehr amüsierte.

„Was hast du mit mir gemacht?“, fragte er grummelnd weiter, jedoch nicht, ohne den Dämon erneut zum lachen zu bringen. Der streckte seine Finger aus und legte sie unter Ciels Kinn, um dessen Kopf wieder zu sich zu drehen.

„Nichts wovor ich dich nicht gewarnt habe“, säuselte Sebastians verführerisch tiefe Stimme ihm entgegen und brachte den Earl zum schaudern.

Dieses ganze Spiel kannte weder Anfang noch Ende, es war, als würden sie sich noch immer in den schneeweißen Laken dieses Bettes rekeln. Weit davon entfernt, je wieder das Licht der Realität zu erblicken, wenngleich es doch so nah war.

Ciels Lippen zitterten, während seine Hände langsam über Sebastians übernatürlich schönes Gesicht strichen. Wie merkwürdig fühlte es sich an, auf dieser marmorgleichen Haut keine Unebenheiten zu finden. Nichts an ihm war menschlich, selbst die Art nicht, mit der er Ciel in der letzten Nacht seine Unschuld gänzlich geraubt hatte. Noch immer klang die feine Stimme des Dämons in seinen Ohren wieder und brachte den Jungen ins Wanken.

Unter allem, was ihn in seinem Leben zum kippen gebracht hatte, war Sebastian das, vor dem sich der Earl am wenigsten und gleichermaßen am meisten fürchtete.

Seine Sicherung und gleichzeitig das jüngste Gericht. Dieser Dämon bedeutete sein Todesurteil, in dem Augenblick, in dem sich der Vertrag erfüllt hatte.

Seine Gedanken verschwammen, als sich kühle Lippen auf die seinen legten und eine vorwitzige Zunge nach Einlass forderte. Mit einen unterdrückten Seufzen, wurde der junge Adlige zurück auf sein Bett gedrückt und war verdammt, sich der Zärtlichkeit zu ergeben.

Jetzt - wo sie diese letzte Wand zwischen ihnen zum bersten gebracht hatten - was waren sie füreinander? Oder was war Ciel für diesen Dämon? Jetzt wo er sich Dinge erlauben konnte, die noch vor wenigen Tagen undenkbar waren?

Er spürte die Hand seines Butlers unter seinem Hemd - das man ihm gestern scheinbar noch zugeknöpft hatte - und erschauderte, als er den weichen Stoff über seine wandern fühlte.

Ciel entzog sich jeglicher Berührung und rutschte schnell ein Stück von Sebastian weg, der ihn belustigt beobachtete. Er schien zu wissen, wie sein Master wann reagierte. Irgendwie wurde es nun selbst Ciel unheimlich.

„Ich habe eine Frage“, setzte er an und sah den Dämon überwachend in die Augen. Dieser schmunzelte, wirkte gar nicht so, als wäre er über die Reaktion seines Herrn überrascht. Auch wenn der selbst nicht genau wusste, warum er sich bewusst so weit von Sebastian entfernen wollte.

„Aber natürlich.“

Ciel schnaufte leise. Mehr wurde ihm nicht entgegengebracht, obwohl er so wirkte, als würde ihm die ganze letzte Nacht nur noch an einen Traum erinnern. Selbst wenn dem nicht so war.

„Mit welchen Augen siehst du mich nun? Was bin ich für dich?“, wollte Ciel wissen und sah Sebastian warnend an, der bereits leise lachte. Warum musste er sich immer über den Earl lustig machen?

Der Butler jedoch stand lediglich auf und verneigte sich vor seinem Herrn.

„Ihr seid dennoch mein geschätzter Master, junger Herr“, sprach er reumütig wie immer, doch er schien zu wissen, dass keines seiner Worte ernst genommen wurde.

Ciel zischte leise.

„Geschätzt also? Mach dich nicht lächerlich, Sebastian. Nicht nachdem, was du gestern Nacht mit meinem Körper getan hast“, knurrte er und verbot sich, seine Hand vor den Mund zu heben. Es viel ihm leichter, das auszusprechen, was zu verschweigen in diesem Augenblick unmöglich war.

War ein wenig seiner Scheu verloren gegangen?

Ein feines Grinsen erschien auf den Lippen des Dämons, der sich mit der Zunge über seine spitzen Zähne leckte und dem jungen Earl etwas in Erinnerung rief, das ihn zum schlucken brachte.

„Vielleicht sollte ich mich ein wenig genauer ausdrücken“, hauchte er und lehnte sich über Ciels Leib, stemmte seine Arme rechts und links neben den schmalen Körper. „Ich sehe dich mit den Augen eines Teufels, der seinen Gespielen betrachtete. Mit dem Blick eines wilden Tieres, dass seine Beute reißen kann, wann immer es ihm beleibt und die er doch niemals anrühren würde. Dieser Körper“, wisperte er und wanderte mit seinen Fingern über den zierlichen Körper seines Masters, der darauf geschockt die Augen aufriss. „Hat mehr von dem, nach was ich mich verzehre, als alles vorher da gewesene.“

Ciel spürte wie sich jedes noch so feine Haar auf seiner blassen Haut aufstellte, während jedes einzelne Wort dieses Dämons ihn zum zittern brachte.

Welch verschwörerische Worte. Was ein unaussprechlicher Effekt. Jede Silbe brannte sich in seine Seele und würde womöglich nie wieder befreit werden.

„Du lügst nicht...“, begann Ciel leise, worauf Sebastian nach seiner Hand griff und sie sanft küsste, ehe er erwiderte: „So wie Menschen.“

„Sei weiterhin des Nachts an meiner Seite, Sebastian. Das ist mein Befehl an dich“, sprach der junge Adlige in einer Art und Weise, die er sich selbst kaum zugetraut hätte. Dennoch, er war den Künsten des Dämons unterlegen, selbst wenn er es niemals offen zugeben würde. Er wurde von Sebastians Verführung beherrscht.

„Yes, my Lord.“
 

„Seid Ihr Euch wirklich sicher, junger Herr?“

Ciel seufzte schwer und wandte sich zu seinem Butler um, der ihm gerade die ausgefranste Jacke über die Schultern hing.

„Erzähle mir nicht, dass du dir plötzlich so etwas wie Sorgen machst“, schnaubte der junge Adlige leise und sah Sebastian in die Augen, der nur schmunzelte.

Selbstverständlich machte sich dieser Mann keine Sorge, schließlich genügte ein Wort Ciels um offen zu legen, wo er sich befand.

Keinen Tag, nachdem sie sich ein Bett geteilt hatten, waren sie nach London gefahren, um dort einige Zeit zu verweilen. Schließlich hatte Ciel, trotz seiner sehr anregenden Erfahrung und Erleichterung über das Ausmaß der Dinge, noch immer einen Mordfall zu lösen. Er hätte lügen müssen, wäre der Sachverhalt ihm - in anbetracht dessen, dass er seinen hübschen Butler nun noch deutlicher an seiner Seite wusste – nicht irgendwie egal geworden.

Dennoch hatte er einen Auftrag und für diesen, musste er die Kleidung eines normalen Mittelschichtjungen annehmen. Andernfalls würde es sich womöglich das Gerücht herumsprechen, dass ein Phantomhive es nötig hatte, zu einem einfachen Stadtarzt zu gehen. Aber nicht nur das. Um herauszufinden, was der Arzt Namens – Richard Bard – mit den Todesfällen der fünf jungen Männer in London zu tun hatte, musste Ciel in die Identität eines anderen schlüpfen.
 

Schweigend ließ er sich also nun von Sebastian seine Kleidung anziehen und warf sich mit dem Dämon immer wieder kurze Blicke zu.

Sie würden beide niemals deutlich sagen, dass diese Nacht bei ihnen Spuren hinterlassen hatte. Selbst wenn Sebastian ihm deutlich gemacht hatte, was er und warum er es wollte, stand nicht im Raum, dass sich diese Nacht wiederholen würde. Jedenfalls nicht „offiziell“. Denn der junge Earl verzehrte sich nach den wohltuenden Berührungen seines Butlers, der kein Geheimnis daraus machte, wie es ihm selbst dabei ging. Ciel hatte nun nicht nur seine Seele, sondern zusätzlich noch seinen Körper verkauft. Und es störte ihn nicht einmal.

Ihm wurden seine Schuhe fest gezogen und Sebastian ließ seinen Master aufstehen. Nun galt es nur noch, diesen Fall so schnell wie möglich aufzuklären und sich den wichtigeren Dingen zu widmen.
 

Ein Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Dämons aus, der belustigt beobachtete, wie sein Herr – noch immer etwas wackelig auf den Beinen - die Treppe der Ferienresidenz hinab schritt. Selbst wenn ihr „Abenteuer“ bereits ein paar Tage her war, hatte sich Ciels Körper noch immer nicht völlig erholt.

Der Dämon für seinen Teil, fand diesen Umstand selbstverständlich mehr als amüsant und machte darum auch kein Geheimnis. Er wusste sehr wohl, dass diese innige Erfahrung nicht die letzte ihrer Art sein würde und Sebastian dürstete es bereits nach dem jungen Fleisch seines Masters.

Es lag in seiner Natur so zu denken, das mochte stimmen – aber dennoch war er ganz verzückt von der Wonne, welches er seinem Schützling bereits schenken durfte.

Er würde es wieder und wieder tun und er war sich auch sicher, der Earl würde davon keineswegs abgeneigt sein. Schließlich hatte Sebastian seinen Befehl nicht vergessen, über den Körper des Jungen bei Nacht zu wachen und ihm gegebenenfalls einige seiner erregenden Träume wahr zu machen. Er hatte schließlich seinen Pflichten nachzukommen und er war immerhin ein völlig perfekter Butler.

Seine Augen schimmerten kurz dunkel, ehe er seinem Herrn die Tür öffnete und ihn in die Kutsche einsteigen ließ, welche Sebastian selbst fahren würde.

Ciel dürstete es spürbar nach einem schnellen Ende dieses Falles und Sebastian selbst konnte auch nicht von sich behaupten, dass er sich weiter damit beschäftigen wollte. Und doch, schlugen seine dämonischen Instinkte auf etwas an, dass er sich hier nicht vorstellen mochte.

Monster

Die Straßen Londons wirkten wie immer schmutzig und verregnet, wenngleich es am heutigen Tag mehr danach aussah, als würden die Wolken brechen und die Stadt in feine Nässe hüllen.

Ciel war – mit Sebastian wie selbstverständlich an seiner Seite – auf dem Weg zur Praxis jenes Arztes, der verdächtigt wurde, etwas mit dem Tode der jungen Männer zutun zu haben. Doch noch immer grübelte der Earl, ob ein einziger Mensch fähig war, solche Gräueltaten zu begehen. Hatte er überhaupt etwas damit zu tun? Sie würden hoffentlich eine Antwort bekommen.

„Warte draußen“, befahl Ciel, als er vor der Tür der kleinen, unscheinbaren Praxis von Richard Bard stehen blieb und schnaubend Luft holte. Warum musste er sich immer um die Drecksarbeit kümmern?

Sebastian verneigte sich und blieb in der Seitengasse stehen, um gegebenenfalls einzuschreiten, sollte etwas nicht mit rechten Dingen zugehen. Nicht, dass es eine Befürchtung wäre, es schien sogar definitiv einzutreten.

Der Junge selbst legte seine Hand an die Klinke der Tür und öffnete sie. Helles Klingeln ließ ihn aufschrecken und sich für einen Augenblick wie in einem Teeladen mit Eingangsglocken vorkommen.

Der Vorraum der kleinen Praxis war auf das Nötigste beschränkt. Es gab ein paar Stühle an den Wänden, wobei gerade mal zwei von einem alten Ehepaar besetzt waren. Auf der anderen Seite stand ein hoher Empfangstisch aus Holz, hinter dem eine Tür in die Behandlungsräume zu führen schien. Hinter dem Tisch saß ein junges, wirklich sehr junges, schwarzhaariges Mädchen und füllte Formulare aus.

War sie so etwas wie eine Schwester? Sie schien gerade mal in Ciels Alter zu sein, wenn nicht sogar etwas jünger. Er ging langsam auf sie zu und blieb vor dem Empfang stehen.

„Entschuldigung?“, setzte der Junge an und sogleich sah das Mädchen ihm in die Augen. Feines Rot brannte sich in seine nicht verdeckte Pupille und ließ ihn erschaudern. Rote Augen? Wie viele Menschen konnten etwas solches vorweisen? Außer seiner Tante Madam Red und Sebastian, doch dieser war nicht einmal menschlich.

„Oh, Verzeihung. Was kann ich für dich tun?“, fragte sie mit feiner, weicher Stimme, die so gar nicht zu ihrem jungen Aussehen passen wollte. Sie blinzelte nicht, jedenfalls nur sehr selten und wirklich auch sonst etwas steif, als wäre sie eine Puppe. Ciel versuchte sie nicht allzu misstrauisch zu mustern, als er seine Stimme erhob.

„Ich habe leichtes Asthma und suche seit einer Weile nach einem Arzt, der mich behandelt, allerdings bin ich noch nicht fündig geworden. Mir wurde erzählt, ich kann mich an Doktor Bard wenden?“, fragte er leise und hätte sich liebend gern auf die Zunge gebissen. Wie sprach man in der Mittelschicht? Er selbst hatte darüber sehr wenig Ahnung.

Das Mädchen nickte.

Unbemerkt begann sie Ciel zu mustern, rümpfte ganz kurz die Nase, als würde er unwohl riechen, doch der Earl verbot es sich, sie auf diese Frechheit hin anzuschreien. Ihr Blick wirkte so durchdringend, als würde sie nicht die Person selbst vor sich ansehen, sondern irgendetwas anderes.

„Wenn du möchtest, kannst du gleich hier bleiben, der Doktor hat heute nicht viele Patienten“, erklärte sie lächelnd und fragte nach Ciels Namen. Dieser biss sich erneut auf die Zunge.

„Eh...Will...Anderson“, lachte er nervös und hoffte, das Mädchen merkte nicht, dass er sich in aller Schnelle einen Namen hatte einfallen lassen. Beinahe hätte er sich verraten und das durch reine Gewohnheit.

„In Ordnung, setz dich kurz dorthin“, wies sie ihn an und lächelte erneut auf diese merkwürdig überfreundliche Art und Weise, die Ciel misstrauisch machte.
 

Sebastian gab ein unterdrücktes Seufzen von sich und beobachtete durchs Fenster, wie sich Ciel hinsetzte. Auf der anderen Seite konnte man das Mädchen erkennen, das unberührt weiter Formulare ausfüllte, als gäbe es nichts Anderes auf der Welt.

Er spürte regelrecht, wie seine Sinne Alarm schlugen. In diesem Haus war etwas, etwas, das gar nicht hier sein dürfte.
 

„Oha! Sieh an, wen ich erblickt habe!“, schallte es durch die Straßen und ließ Sebastian unbeeindruckt aufsehen. Lange rote Haare, spitze Zähne und dieser unbändige Drang, allem und jedem auf die Nerven fallen zu können, ließ nicht lange darüber streiten, wer sich gerade wie selbstverständlich in die Nähe eines Dämons wagte.

„Sebastian! Lange, lange haben wir uns nicht mehr gesehen“, frohlockte es und keine zwei Sekunden später sprang ihn ein mehr als überdrehter Shinigami an, mit dem er zwar bereits gerechnet hatte, ihn aber nicht sehen wollte.

Seufzend ging Sebastian zwei Schritte vorwärts und ließ diesen rothaarigen Spinner an sich vorbei in den Dreck fliegen. Was hatte man an dem nur verbrochen?

„Ach, du bist so kalt, dabei habe ich dich so vermisst!“

Kaum lag er, war er bereits wieder aufgesprungen und klebte regelrecht am Arm des Butlers, der nur genervt mit der Augenbraue zuckte.

„Was suchst du hier?“, fragte er und sah Grell – der seinen Kopf auf Sebastians Schulter fallen ließ – warnend an. Der grinste breit und ließ dann wieder los, um mit den Schultern zu zucken und ein großes Buch hervorzuholen.

„Ich arbeite“, meinte er und wedelte mit dem Wälzer in der Hand hin und her. „William dieser Sklaventreiber hat mich mit Aufgaben hergeschickt, die ich erledigen soll. Er hat irgendwas von schon wieder verschobenem Urlaub gefaselt.“

Grell plapperte wirklich ohne Punkt und Komma, er schaffte es, selbst einem Dämon damit auf die Nerven zu gehen. Jener grummelte leise.

„Dann höre darauf und lass mich ebenfalls meiner Arbeit nachgehen“, murmelte er genervt, worauf Grell nur an seiner Hand zog.

„Ist der Kleine noch immer am Leben? Willst du dich nicht langsam mal von ihm losreißen?“, fragte der Rothaarige und hielt Sebastians Hand so fest, dass der darüber nachdachte, dem Shinigami einfach seinen Arm auszureißen, um wieder freizukommen.

„Ich denke, dass ich genügend Entscheidungskraft besitze, um das selbst zu wissen“, lächelte er übertrieben freundlich und entzog seine Hand Grells Griff. Er hatte sich gegen das Blutbad entschieden, selbst wenn es ihm schwer fiel.

„Uff, na schön.“

Sein Gegenüber zuckte mit den Schultern und öffnete sein Buch.

„Ich meine, ihr Dämonen habt da eure eigenen Regeln, schon klar. Aber wenn es sich in dem äußert, was ich hier habe...nun ja. William hat mich die ganze Zeit damit genervt“, seufzte Grell und schlug das Buch wieder zu, um seine Sense zu schultern. Sebastian erkannte auf den ersten Blick, dass der aufgedrehte Shinigami sein kleines Spielzeug mittlerweile wiedererlangt hatte.

Sebastian sah Grell von der Seite an, der sich mit der Hand durch seine langen Haare strich. Von was sprach er?
 

Nachdem das ältere Ehepaar die Praxis verlassen hatte, wurde Ciel gerufen. Jetzt konnten die Ermittlungen also beginnen. Langsam ging der Junge durch die Tür hinter dem Tresen und hatte für einen Moment das Gefühl, einen Blick im Nacken zu spüren, der ihm nicht sonderlich behagte.

In der ganzen Zeit, in der er gewartet hatte, war der Druck dieser Räume auf ihn nicht verschwunden. Er fühlte sich von allen Seiten beobachtet und irgendwie hatte er das Gefühl, eine Welt betreten zu haben, die er nicht verstand.

Seine Schritte führten ihn zu einer offen stehenden Tür, in einen kleinen Behandlungsraum, in dem ein blondhaariger Mann an seinem Schreibtisch saß und sich scheinbar durch Unterlagen wühlte.

Als er Ciels Schritte hörte, drehte er sich um und lächelte leicht. Unter seinen Augen lagen leicht dunkle Schatten, als wäre er überarbeitet oder hätte wenig Schlaf. Womöglich war es von beidem etwas. Der Earl hatte diesen Mann noch nie zuvor gesehen, auch wenn er für einen Augenblick ein Gefühl hatte, dass er ihn an sich selbst erinnerte. Doch er wusste nicht, worum es sich dabei genau handelte.

„Du bist Will Anderson, habe ich Recht?“, fragte er und brachte Ciel langsam zum Nicken. Die schleppende Stimme des Mannes ließ ihn viel älter wirken, als er wahrscheinlich war. Richard Bard sah wie etwa dreißig aus, doch sein Zustand machte ihn beträchtlich älter.

„Dann setz dich erst einmal auf die Liege dort“, sprach der Mann weiter und deutete auf einen Liegefläche an der Wand, auf die Ciel zuging und sich darauf gleiten ließ.

Diese Praxis war wirklich winzig, vielleicht vier Räume und eine Treppe, die nach oben, wahrscheinlich in die Wohnung des Mannes, führte. Warum sollte so ein Mensch etwas mit dem Tod so vieler junger Männer zu tun haben? Doch es war klüger, sich nicht von irgendetwas blenden zu lassen. Ciel hatte bereits genügend Menschen gesehen, um an jedem von ihnen zu zweifeln.

„Meine Tochter hat mir vorhin Unterlagen gegeben, in denen steht, dass du unter leichtem Asthma leidest?“, fragte er, worauf Ciel blinzelte. Langsam nickte er, konnte sich die nächste Frage allerdings nicht verwehren.

„Ihre Tochter?“, hakte er irritiert nach. Dabei konnte es sich doch eigentlich nur um das Mädchen an der Anmeldung handeln, oder? Doch die beiden sahen sich kein Stück ähnlich, waren sie überhaupt Blutsverwandte?

„Oh ja, das Mädchen am Empfang“, lachte er. „Ich weiß, wir sehen uns nicht sehr ähnlich, das denken auch viele.“

Ciel kam ins Grübeln. Wie konnte sie seine Tochter sein, wenn er scheinbar nicht einmal ansatzweiße so alt war, wie er aussah? Oder irrte er sich?

Irgendwas stimmte doch hier nicht.

Auf den ersten Blick wirkte in diesem Umfeld alles normal. Eine normale kleine Praxis, eine Schwester am Empfang und der überarbeitete Mediziner ihm gegenüber. Vielleicht wurde er paranoid, aber irgendwie war das schon beinahe zu normal.

Vielleicht sah Ciel aber einfach nur Geister und war so eingenommen von der Tatsache, diesen Fall zu beenden, dass er jeden als potenziellen Verdächtigen ansah.
 

Nach einigen Minuten, in denen der Doktor lediglich ein paar von Ciels geschilderten Symptomen aufgeschrieben hatte, wurde er untersucht. Merkwürdigerweise wirkte wirklich nichts an ihm anders als bei anderen Ärzten. Er verstand sein Fach und stellte dennoch keine unnützen Fragen. Selbst wenn Ciel wirklich über seinen Schatten springen musste, um sich nur abhören zu lassen. Doch er versuchte seine Kleidung dabei so wenig wie möglich auszuziehen. Zum einen musste dieser Mann sein Brandmahl nicht erblicken und zum anderen hatte Sebastian in jener Nacht genügend sichtbare Male hinterlassen, um Zweifel zu bekommen.

Dieser Fall war makaber, er musste sich – obwohl er beinahe kerngesund war – von einem Arzt untersuchen lassen, den er eines Mordes bezichtigte, den er womöglich nicht einmal begangen hatte.

Dieser Mann musste ein Alibi haben, sonst wäre Scotland Yard doch längst hier aufgetaucht, oder etwa nicht? Seine ganze Erscheinung jedoch sah so kränklich aus, dass er seine freie Zeit wohl eher im Bett verbrachte, als jemanden zu ermorden.

Ciel warf einen kurzen Blick auf die Aufzeichnungen, die Richard neben sich auf die Liege gelegt hatte. Eine Behandlungsliste. Mit Namen und Geburtstagen, zudem reichten sie bis zu dem Tag zurück, an dem die jungen Männer starben. Seit dieser Zeit schien nur noch ein Junge in Ciels Alter öfter hier gewesen zu sein.

„Was hat eigentlich deine Augenklappe zu bedeuten?“

Ciel schreckte auf und blinzelte. Soviel zu den unnützen Fragen.

Er lächelte leicht.

„Eh...ich hatte einen Unfall“, erklärte der Earl und tat so, als würde er einfach nicht darüber sprechen wollen.

„Oh, verstehe.“

Dieser Mann wirkte so normal auf ihn wie jeder andere, dennoch misstraute er dem scheinheiligen Gesicht. Sein Gefühl, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging, wuchs.

Er spielte kurz mit dem Gedanken, einfach nach den Opfern zu fragen, schließlich stand alles in der Zeitung. Doch wahrscheinlich wäre das zu auffällig.

Langsam öffnete Ciel den Mund, als Richard ihn darum bat und ließ sich von dem Arzt in den Hals sehen.

„Hm...ich denke, du solltest – einem Anfall vorbeugend – immer Medizin in der Nähe haben“, erklärte der Mann und lächelte leicht.
 

„Also mal im Ernst, was wird denn das?“, seufzte Grell genervt und brachte Sebastian lediglich dazu, erneut mit der Augenbraue zu zucken.

Seit einer geschlagenen halben Stunde hing dieser rothaarige Verrückte an seinem Arm und beklagte sich, dass William ihm einen – wie er es ausdrückte – „unmenschlichen“ Auftrag erteilt hatte. Doch im Augenblick - so schien es Sebastian – bestand dieser nur aus sinnloser Warterei und nervendem Herumgezeter.

„Auf was wartest du eigentlich?“, fragte der Butler nur mäßig interessiert, worauf Grell ihn anlächelte.

„Darauf, dass meine Zielperson endlich dieses Haus verlässt“, meinte er und überlegte dann sichtbar. „Wenn sich deinesgleichen hier nicht immer einmischen würde, wäre ich längst wieder daheim.“

Sebastian hob den Kopf. Also hatte er Recht gehabt.

„Nicht, dass ich schlimm fände, was du bist!“, rechtfertigte sich Grell, doch Sebastian hatte längst begonnen ihn zu ignorieren.

Er spürte, wie sein Körper von dem Drang durchzuckt wurde, seinen Master einfach dort herauszuholen. Doch sein Befehl galt, er sollte draußen warten und daran musste er sich halten.

Sebastian konnte keine paar Minuten später sehen, wie das Mädchen vom Empfang die Praxis verließ und langsam in Richtung Einkaufsstraße verschwand. Ein misstrauischer Blick folgte ihr.
 

Gerade drehte sich Richard zu seinem Tisch um, als wie aus dem Nichts das junge Mädchen – Richard Bards Tochter - auftauchte. Ihr Blick lag auf Ciel, wanderte über seinen Körper nach oben zu dessen Augenklappe. Sie wirkte keineswegs misstrauisch. Obwohl ihr Blick andere Aussagen sprechen würde.

„Vater“, summte sie leise, worauf sich dieser zu ihr drehte und etwas verwirrt nickte.

„Was hast du, Alice?“, wollte er wissen, doch sie gab ihm keine Antwort. Ihr Gesicht hüllte sich in Schatten und mit einem Mal sah sie gar nicht mehr nach dem ruhigen, besonnenen Mädchen von eben aus. Ihre Augen brannten regelrecht, während Ciel genau beobachten konnte, wie die Fingernägel, mit welchen sie am Türrahmen kratzte, etwas länger wurden.

Seine Augen weiteten sich, doch Richard schien von der Veränderung gar nichts mitzubekommen. Zumindest sah es so aus.

„Alice, wir brauchen neues Desinfektionsmittel“, meinte er. Sie grinste leicht und entblößte zwei weiße, spitze Zähne. Dann veränderte sich ihr Gesicht wieder und sie lächelte ihren Vater an.

„Ich gehe welches besorgen“, versprach sie und verschwand so schnell aus dem Behandlungsraum, wie sie gekommen war.

Ciel spürte, wie ihm das Herz bis zum Hals schlug. Dieser Blick, das Gefühl, welches er verspürte, als Alice ihn angesehen hatte, es kam ihm so schrecklich bekannt vor. Die Erkenntnis, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte, stach in seine Haut wie Unmengen kleiner fieser Nadeln, die nur auf diesen einen Augenblick gewartet hatten.

Während Richard Bard sich wieder zu ihm umdrehte und genauso lächelte wie vorher, hatte Ciel des Gefühl, etwas Unsichtbares würde sich um seinen Hals legen und festziehen. Der Raum war von einer Schwere beherrscht, die drückender gar nicht mehr sein konnte.

„Meine Tochter kümmert sich wirklich um alles“, lachte Richard und kam wieder auf Ciel zu, um seinen Oberkörper abzutasten. Der Junge verwehrte sich ein Zucken. Er mochte es nicht, von jemandem anderes als Sebastian berührt zu werden, aber das konnte er jetzt schlecht sagen.

Der Earl überlegte kurz. Vielleicht sollte er diesen Mann einfach mal nach seiner Tochter befragen.

„Ehm...ihre Tochter scheint wirklich noch sehr jung zu sein, oder?“, fragte er mit einem aufgesetzten Lächeln. Richard lachte und nickte dann leicht.

„Das ist sie, gerade mal sechzehn Jahre, die Kleine. Dennoch ist es kaum zu glauben, dass sie in den letzten Jahren so schnell groß geworden ist“, erklärte er, erfreut, dass sich jemand für ihn und seine Familie interessierte. Ciel meinte für einen Augenblick so etwas wie Reumütigkeit in den Augen des Mannes zu sehen, der erneut ein paar Fakten aufschrieb. Seine grauen Augen wirkten verklärt, ganz so, als wäre er in einer Art Traum gefangen und doch ganz bei sich.

Sie war gerade mal sechzehn Jahre. Irgendwie machte ihr ganzes Auftreten nicht einmal ansatzweise den Anschein.

„Oh, Alice hat gar nicht aufgeschrieben, wie alt du bist“, fiel Richard plötzlich auf und ließ Ciels Augenbraue etwas zucken. Allgemein hatte man ihn nicht nach solchen Dingen gefragt, obwohl das doch eigentlich von zentraler Wichtigkeit war.

„Ich bin achtzehn Jahre“, erwiderte der junge Adlige und sogleich sah er den Arzt ihm gegenüber blinzeln.

„Tatsächlich, ich hätte dich beinahe jünger eingeschätzt“, lachte er und drehte sich dann zu seinem Schreibtisch, begann in einer seiner Schubladen herumzuwühlen.

Das Licht im Raum begann zu flackern, unruhig, ganz so, als erzitterte es. Die Luft nahm an Wärme zu und nun war sich Ciel sicher, das alles irgendwoher zu kennen. Vom einen auf den anderen Moment sackte Richards Körper regelrecht ab und ein raues Kichern erfüllte den Raum.

Der Junge zog die Stirn kraus, als Richard sich lachend zu ihm umdrehte.

Ciels Auge weitete sich, als der Mann einen langen, spitzen Dolch aus seiner Schreibtischschublade hervorholte, der mit Sicherheit nichts mit dem Handwerk eines Mediziners zutun hatte.

Jetzt war die Zeit gekommen, sich zu fragen, ob er dem Wahnsinn höchst persönlich in die Falle gegangen war. Das Gesicht des Mannes hatten diabolische Züge angenommen, er sah kaum noch nach dem Mann vor ein paar Sekunden aus.

„Sieh es mir bitte nicht übel, mein Junge. Du passt einfach umwerfend gut in meine Sammlung“, säuselte er...

Control

„Sieh es mir bitte nicht übel, mein Junge. Du passt einfach umwerfend gut in meine Sammlung“, säuselte er und für einen Moment flackerten Bilder durch Ciels Kopf, die ihn mehr und mehr an eine Szene aus seiner Vergangenheit erinnerten. Das entstellte Gesicht seiner geliebten Tante, die der Mordlust und gleichermaßen ihren Rachegelüsten verfallen war. Das Messer in ihrer Hand, mit dem sie ihren einzigen Neffen hatte töten wollen und es doch nicht über sich gebracht hatte.

„Was für eine Sammlung?“, zischte Ciel und wich dem Arm aus, der nach ihm greifen wollte. Richard lachte.

„Meine wundervolle Sammlung! Sieben, sieben junge Männer müssen es sein. Du hast das Schauspiel mit Sicherheit gesehen, meine wundervolle Sammlung, die London ziert“, lächelte er und für einen Moment hatte Ciel das Gefühl, es wäre nicht Richard, der aus diesem Körper sprach. Schnell duckte der junge Adlige sich unter dem ersten Hieb des Dolches weg und zerrte seine Augenklappe herunter.

„Wie schön, du wärst Nummer sieben!“, rief der Mann weiter.

Ciel verzog das Gesicht. Warum wäre er Nummer sieben? Wer war der sechste gewesen?

Ciel sprang auf und ging einige Schritte rückwärts, um den ständigen Angriffen des Mannes auszuweichen. Er schien gar nicht mehr zu wissen, wer er eigentlich war. Aus dem ruhigen, besonnenen Mann von eben war ein wahres Monster geworden, das im Augenblick mehr nach Blut und Tod als Rettung hechelte.

Warum wäre er Nummer sieben? War der Junge auf der Liste bereits tot? Ciel hatte kaum Zeit seine Gedanken zu sortieren.

Das Pentagramm in seinem Auge brannte, als er sich unter der nächsten Attacke – die beinahe sein Gesicht getroffen hätte – wegduckte und gar nicht anders konnte, als seinen Befehl loszuwerden.

„Sebastian!“, rief Ciel auf und keine paar Sekunden später brach das Glas des vorher verdeckten Fensters. Splitter verteilten sich auf Boden und Schreibtisch, trafen die Lampe, ohne dem Earl auch nur einen Kratzer zu bescheren. Kalter Atem hauchte in den Nacken Ciels und ließ ihn kurz schmunzeln.

Richard Bard hatte beim Brechen des Fensters seine Augen verdeckt, sah nicht, wie Sebastian mit dämonischer Vorfreude seine Hände nach dem Mann ausstreckte, ihm unbarmherzig das Ende seines Lebens bringen wollte. Doch er hielt inne.

Ciel blinzelte, als er das dunkle, sich windende Violett in den Augen des Dämons aufflackern sah. Sein Körper verkrampfte sich kaum sichtbar, als er den Blick von dem zitternden Menschen am Boden hob und geradeaus in die roten Augen eines Mädchens blickte, das die Tüte in ihrer Hand fallen ließ und ihn ansah.

Für einen Augenblick - in dem Ciel dachte, die Zeit wäre einfach stehen geblieben - starrten sich beide an, bevor Sebastian sich wieder gerade hinstellte und seinen Arm fast beschützend vor Ciels Leib hielt.

Das Mädchen starrte ihn an, dann zu ihrem Vater nach unten.

„Vater“, wisperte sie und sogleich zuckte der Körper Richards zusammen. Der den Kopf hob und in Alices dunkle Augen starrte. Dann kroch er auf Knien, die er sich durch die überall verstreuten Glassplitter aufriss, zu seiner Tochter, um nach ihrer Hand zu greifen.

„Verzeih...ich habe ihn nicht töten können...nicht töten können“, wisperte er und sah das Mädchen mit wahnsinnigem Blick an, den sie ruhig und kühl erwiderte, bevor sie sich hinab beugte und ihm durch die blonden Haare strich.

„Du Narr, sei doch still“, mahnte sie mit weicher Stimme und hob dann ihren Blick, um Ciel regelrecht zu durchbohren. Allein diese kurze Geste reichte aus, um den Jungen erschaudern zu lassen. Sebastian knurrte hörbar und verdeckte mit seinem Körper ihre direkte Sicht auf seinen Master. Was hatte das hier zu bedeuten?

Das Mädchen legte den Kopf etwas schräg.

„Vater, wir gehen nach draußen“, bestimmte sie und hob den Körper des Mannes mit einer Leichtigkeit hoch, die selbst Ciel überraschte. Dann sah sie Sebastian in die Augen.

„Folgt mir“, sprach sie und ging auf das kaputte Fenster zu – vor dem Ciel und sein Butler noch immer standen - und sprang einfach hinaus. Der junge Adlige wollte gerade Luft holen, als er bereits von Sebastian gepackt und hinter dem Mädchen her nach draußen gebracht wurde.
 

Die Wolken über London wogen schwer, verbreiteten den Geruch von Regen, ohne sich selbst tatsächlich diesem zu ergeben.

Alice setzte ihren Vater auf dem Boden ab und trat dann vor ihn, ebenso wie Sebastian es bei Ciel tat. Dieser wusste nichts mit der gesamten Situation anzufangen. Er brauchte eine Weile, um sich dem Ausmaß der Dinge überhaupt klar zu werden.

Das Mädchen grinste plötzlich leicht, worauf der Butler bereits in eine Art Angriffsstellung verfiel, die man sonst nur von wilden Tieren kannte, die ihre Beute verteidigten.

Welch makaberer Gedanke. Ciel schüttelte den Kopf.

Sie starrten sich weiterhin an, schienen nicht fähig zu sein, irgendeinen Ton zu sagen. Dennoch war es Sebastian, der nach geraumer Weile seine Stimme leise und belustigt hob.

„Ich hätte nicht erwartet, jemanden wie dich hier zu treffen“, wisperte er und lächelte auf seine übliche verhaltene Art und Weise, die nun jedoch mehr nach Spott als Freundlichkeit aussah.

„Akasha“, setzte Sebastian noch leise an seinen Satz, wirkte fast so, als hätte er in diesem Augenblick eine Art Zauberformel ausgesprochen.

Das Mädchen zuckte leicht und begann dann laut und schrill zu lachen. Ciel hielt sich schmerzerfüllt die Ohren zu. Ihre Stimme schmerzte, kein Vergleich zu den weichen Worten, die sie vor ein paar Stunden an Ciel gewandt hatte.

„Wie lange ist es her, dass ich diesen Namen gehört habe? Hundert, zweihundert Jahre?“, kicherte sie und legte ihren Kopf schräg. Ihre Augen brannten violett, als sie Sebastian angrinste.

Dieser schmunzelte.

„Ja, es ist in der Tat lange her, dass ich dich zu Gesicht bekommen habe. Ich hätte dich in dieser Gestalt beinahe nicht erkannt“, gestand er.

Ciel blinzelte verwirrt und sah zwischen seinem Butler und dem teuflisch grinsenden Mädchen hin und her. Sie wirkten sich einander so bekannt, dass der Earl nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, ob sie sich tatsächlich kannten. Woher wusste er schon, mit welchen Leuten es Sebastian in seinen vielen hundert Jahren des Lebens zu tun gehabt hatte?

Das junge Mädchen lachte und drehte sich ein paar Mal um die eigene Achse, um dann die Arme auszubreiten.

„Gefällt es dir? Dieser Körper hat viele Vorteile“, sprach sie auf eine Art und Weise, die Ciel unterdrückt knurren ließ. Dann zuckte er erschrocken zusammen, was hatte er gerade getan?

Er spürte kurz Sebastians belustigten Blick auf seinem Körper, sah aber nur unbeeindruckt zurück. War das gerade so etwas wie Eifersucht gewesen? Aber warum, diese Akasha - wie Sebastian sie genannt hatte – tat nicht mehr, als simple Fragen zu stellen, die nicht einmal ansatzweise etwas mit Sebastian zu tun hatten. Oder etwa doch?

Plötzlich begann sie wieder zu lachen, nicht so hoch wie vorher, aber dennoch ohrenbetäubend.

„Oh, sag mir bitte, dass das nicht wahr ist!“, amüsierte sie sich mit einem Mal und sah Ciel mit einem abschätzigen Blick an, der dem Jungen deutlich zeigte, dass er dieses Gespräch einfach nicht verstand.

Sebastian seufzte hörbar und legte sich eine Hand auf die Stirn.

„Du wusstest es bereits, als er dieses Gebäude betrat. Nun lach nicht so schäbig“, mahnte der Butler und verschränkte seine Arme, bevor er mit Ciel einen schnellen Blick tauschte.

Der junge Earl grübelte. Ging es um die Tatsache, dass Sebastian Ciel zu Diensten war? Schließlich wäre diese Frau nicht die erste, die sich daran amüsierte.

„Nenn es schäbig, der gleiche Gedanke ereilt mich, wenn ich dieses Kind an deiner Seite sehe“, lachte Akasha und zuckte belustigt mit den Schultern, als Ciel schnaufte. „Kind“, darüber war er langsam hinaus.

„Nenn es wie du möchtest. Wenngleich du doch denselben Weg eingeschlagen hast“, erwiderte der Dämon und lächelte sie überheblich an, worauf das Mädchen allerdings nur ihre Haare richtete, ehe sie einen Blick auf den am Boden liegenden Mann warf. Er schien die Besinnung verloren zu haben, nachdem sie das Gebäude verlassen hatten.

„Du solltest nicht von dir auf andere schließen. Ich bin nicht so schäbig einem Menschen zu dienen“, erwiderte sie kühl. „Nun sag mir besser, wie soll ich dich im Augenblick nennen?“

Der Angesprochene warf Ciel einen kurzen Blick zu und stellte sich dann dichter vor ihn, als hätte er Angst, Akasha würde seinen Master angreifen. War dem wirklich so? Ein Beschützerinstinkt, der so gar nicht zu ihm passte?

„Für den Augenblick bin ich für meinen jungen Herrn Sebastian“, erklärte er und lächelte kurz in alter Butlermanier, was Akasha zum Grinsen brachte.

„Sieh einer an, Sebastian. Dein Master scheint dir einen sehr treffenden Namen gegeben zu haben“, stichelte sie weiter und verschränkte die Arme, ehe sie ihren Blick auf Ciel fallen ließ.

Dieser blinzelte etwas, als sie sich umdrehte und ihren Vater weit neben sich an eine Wand lehnte. Wieder lachte sie.

„Also, was ist nun deine Option, Sebastian?“, fragte sie, spuckte das letzte Wort aus, als wäre es pures Gift. Der Dämon schenkte ihr nur einen nüchternen Blick, ehe er sich zu Ciel umwandte.

„Sie ist der Urheber des Ganzen“, erklärte er Ciel lächelnd, der die Stirn kraus zog und an Sebastian vorbei auf das junge Mädchen blickte, die er niemals mit all diesen schrecklichen Morden in Verbindung gebracht hätte.
 

„Na, hier herrscht ja reger Betrieb!“, hallte es plötzlich durch die leeren Gassen der dunklen Straßen, als Ciel seinen Kopf ruckartig in Richtung des Hausdaches - von dem aus er die mehr als bekannte Stimme vernommen hatte - drehte und in die gelben Augen eines alten Bekannten blickte.

„Grell!“, rief er verwirrt und für einen Augenblick flatterten Bilder, wie Herbstblätter, durch seine Gedanken. Was hatte dieser Shinigami hier zu suchen? Hatte er etwa wieder etwas mit diesen makaberen Morden zu tun? Das würde ihm ähnlich sehen.

Doch anstatt – wie Ciel vielleicht erwartet hätte – Grell an die Seite Akashas trat, sprang er vom Dach und hing sich an Sebastian, der genervt seufzte.

„Du bist vorhin so schnell weggelaufen, das war nicht nett“, faselte der Rothaarige grinsend vor sich hin.

„Was tust du hier?“, fragte Ciel verwirrt und unterdrückte das Gefühl, den verrückten Shinigami von Sebastian wegzuziehen. Dazu würde er sich gewiss nicht hinreißen lassen.

Grell ließ sich von Sebastian abschütteln, als er überlegte und danach ein Gesicht machte, als wäre ihm so etwas wie ein Licht aufgegangen.

„Eigentlich arbeite ich“, meinte er und hob dann seinen Blick, um Akasha anzusehen. „Aber ich kann meinen Auftrag nicht in Ruhe zu Ende bringen, weil dieses Mädchen mein Zielobjekt am Leben erhält.“

Die letzten Worte schnaufte Grell geradezu und schulterte seine Sense, während er Akasha genau beobachtete. Diese seufzte genervt.

„Herrje“, machte sie. „Ein Shinigami? Ein Mensch mit einem Dämon als Haustier? Was ist los mit dieser Stadt?“

Sie stemmte ihre Hände schnaufend in ihre Hüfte und sah die drei Personen ihr gegenüber entnervt an.

Ciel fragte sich unterdessen eher, woher sie soviel über sie alle wusste und vor allem, woher sie Sebastian kannte. Oder eher umgekehrt? Sein Butler hatte das Mädchen früher demaskiert.

„Was ist hier los?“, zischte der Earl Sebastian zu, der ihm in die Augen sah und dann wieder geradeaus auf den Körper Richards blickte.

„Dieser Mann ist kein Mörder, er handelt in ihrem Interesse, sie kontrolliert ihn und lässt ihn glauben, es handle sich bei ihr um seine Tochter“, erklärte Sebastian, worauf Grell seufzend die Luft einzog.

„Um genau zu sein, sollte dieser Mann bereits vor über einem Monat gestorben sein. Doch sie hält ihn am Leben, verstößt also nebenbei noch gegen ein paar Gesetze. Aber daran hält sich ja ohnehin niemand“, meinte er und zuckte gelangweilt mit den Schultern. Ciel zuckte mit der Augenbraue. Ja, vor allem dieser Kerl hielt sich an keine Regeln.

Sebastian sah seinen Herrn lächelnd an.

„Um es so auszudrücken, sie ist ebenfalls ein Dämon.“

Ciel starrte Sebastian irritiert an. Sie war bitte was? Wie konnte es möglich sein, dass es noch jemanden wie Sebastian hier in London gab? Oder gab es gar noch mehr?
 

Aksaha begann zu lachen.

„Nun gut, jetzt da die Märchenstunde beendet ist, würde ich mich gern um meine Arbeit kümmern. Sebastian, war schön dich getroffen zu haben, aber ich muss deinen süßen Master nun mitnehmen“, bestimmte sie und sogleich trat Sebastian wieder vor Ciel.

„Verzeih, aber Dämonen sind von Natur aus sehr besitzergreifend, das solltest du wissen“, erwiderte er und sogleich spürte Ciel, wie sich sein Gesicht dunkler färbte. Abgesehen von Akashas so selbstverständlichen Aussagen konnte Ciel einfach nichts gegen Sebastians Worte sagen.

Grell klimperte gespielt mit den Wimpern.

„Oh, mich darfst du gern besitzen“, säuselte er, wurde aber eiskalt von Sebastian ignoriert.

Akasha lachte.

„Selbstverständlich, ich möchte dir deinen Master auch nicht wegnehmen“, meinte sie, doch ihr teuflisches Grinsen strafte ihre Worte Lügen. „Ich möchte den kleinen Mensch eigentlich nur...“, sie sah Sebastian herausfordernd an. „...töten.“

Murder Licence

Sogleich veränderte sich Sebastians Haltung, er ging in eine Art Angriffsstellung, während seine Augen dunkelviolett zu schimmern begannen.

Akasha grinste und machte seine Haltung nach, ganz so als wäre es ihre Absicht, den anderen Dämon zu provozieren.

„Bedauerlicherweise kann ich das nicht zulassen“, erwiderte Sebastian mit einem Hauch von Sarkasmus in seiner feinen Stimme.

Grell verdrehte sichtbar die Augen und winkte ab.

„Also mir wird das jetzt eindeutig zu heikel“, meinte er und sprang mit einem Schwung auf das Hausdach, von dem aus er gekommen war. „Bevor ich hier zwischen die Fronten gerate, lass ich mich lieber von William steinigen.“ Damit verschwand er in der Dunkelheit Londons.
 

Ciel besah sich das Spektakel, ehe ihm klar wurde, für wen Sebastian hier eigentlich die ganze Zeit Partei ergriff.

Seine Finger wanderten über sein Gesicht hinauf zu seinem Auge, das ihn als Sebastians Meister sowie dessen Eigentum kennzeichnete. Dann biss er sich leicht auf die Unterlippe.

„Sebastian, ich befehle dir sie zu töten!“, rief er und während das Pentagramm in seinem Auge aufleuchtete, grinste Sebastian, entblößte weiße, spitze Zähne.

„Yes, my Lord.“
 

Akasha lachte schrill und legte den Kopf schräg.

„Oh ja, Sebastian, töte mich, auf dass niemals herauskommt, warum ich dies alles tat“, rief sie belustigt, doch ihre Worte galten weniger Sebastian als mehr Ciel. Der verschränkte allerdings nur seine Arme und starrte das Mädchen mit kaltem Blick an.

„Das interessiert mich auch nicht. Die Königin befahl mir diesen Fall so zu lösen, dass die Menschen Londons sich nicht mehr ängstigen“, erklärte er ihr in einem Ton, als würde er mit einem kleinen Kind sprechen und tatsächlich, für einen Moment lag so etwas wie Verwunderung in ihrem Blick.

Dann grinste sie wieder.

„Du gefällst mir, Kleiner. Aber ich kann dich wohl erst meiner Sammlung hinzufügen, wenn ich deinen Hund aus dem Weg geräumt habe“, lächelte sie sanft, doch Ciel verzog nur das Gesicht. Sie war widersprüchlich wie Tag und Nacht, genauso wie Sebastian. Eigentlich konnte sie nichts anderes als ein Dämon sein.

Mit den letzten Worten hob Akasha ihre Hand und schloss die Augen, während sie leise irgendwelche Worte vor sich hin murmelte, die aller Wahrscheinlichkeit nach aus ihrer und Sebastians Sprache stammten. Dieser riss nun gut sichtbar die Augen auf und starrte von ihrer Hand auf den Boden, auf dem sie von ihren Füßen an, ein Pentagramm über den gesamten Boden ausbreitete.

Ciel sah mit verwirrter Minne dabei zu, wie der Kreis wuchs und sich auf ihn zu bewegte.

Kaum hatte er dies festgestellt, drehte sich sein Butler zu ihm um.

„Geht zur Seite, junger Herr!“, rief er, wirkte fast etwas außer sich, mit einem Blick, den Ciel noch nie bei ihm gesehen hatte. Seine Augen brannten wie Feuer, während die Zähne ein wenig an Länge gewonnen hatten.

Ciel knurrte.

„Erteil mir keine Befehle!“, fauchte er zurück, doch sogleich blieben ihm seine Worte im Hals stecken.

„Du sollst zur Seite gehen, verdammt!“, brüllte der Dämon und verschreckte Ciel in diesem Augenblick so, dass er seinen Butler nur anstarren konnte. Sebastian wurde von dem Kreis eingeschlossen und nun kam doch Bewegung in Ciel. Mit schnellen Schritten rannte er zu einer der Hauswände. Kurz bevor der Kreis ihn erreicht hätte, stoppte sein Wachstum.

Akasha öffnete ihre Augen und sah Sebastian belustigt an.

„Das war knapp, was? Aber gut, so hast du lediglich Zeit für den Kleinen geschunden. Während unseres Kampfes kommt keiner von uns hier hinaus, noch jemand hinein“, meinte sie lachend, während Sebastian nur seufzte.

„Du musst mir das nicht erzählen, Akasha. Du vergisst, dass ich weit älter bin als du“, meinte er und sah sie herablassend an, worauf sie nur knurrte.

„Sei still! Wie man sieht, tut das nicht viel zur Sache!“, geiferte sie und streckte dann ihre Arme aus.

Ciel beobachtete mit einem mulmigen Gefühl, wie sich ihr Körper in die Luft hob und schwarze Federn wie aus dem Nichts von Himmel fielen. Ciels Sichtfeld verschwamm, in wenigen Sekunden konnte er weder Sebastian noch Akasha erkennen. Alles was in diesem Augenblick noch klar und deutlich zu sehen war, waren die Massen an schwarzen Federn, die keine Lücke zum durchsehen ließen.
 

Ein mulmiges Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit, als der Boden unter seinen Füßen zu beben begann. Die Federn begannen in alle Himmelsrichtungen zu fliegen, wurden gleichermaßen immer mehr und ließen Ciel nur kurz schwarze Schatten in ihrer Mitte umherhuschen sehen.

Ein erneutes Beben erschütterte die dunklen Pflastersteine unter den Füßen des jungen Earls, während sich tiefe Risse in dem Mauerwerk der Häuser abzuzeichnen begannen. Dachziegeln knallten zu Boden, rissen tiefe Krater und bewegten Ciel immer wieder dazu ihnen auszuweichen, um nicht ebenso wie der zertrümmerte Asphalt zu enden.

Erneut richtete er seinen Blick auf das Meer aus schwarzen Federn, schluckte als er immer wieder violette Augen erblicken konnte, die sich auf ihn richteten.

Sein Verstand war nicht fähig sie einzuordnen. War es Sebastian oder diese Akasha?
 

In den nächsten paar Minuten geschah nichts, es war sogar für einen kurzen Augenblick alles still.

Dann zitterte die Erde erneut und ein dumpfer, dennoch ohrenbetäubender Knall holte Ciel aus seiner Starre. Federn flogen um ihn herum, wie ein dunkler, schützender Vorhang, ehe sie wieder Richtung Himmel verschwanden, als kämen sie tatsächlich von dort.

Wie absurd.

Langsam starrte Ciel auf den Platz, der sich vor ihm auftat. Erkannte noch immer vereinzelte schwarze Kleider, die sich auf dem Boden erstreckten, nicht mehr fähig wegzufliegen.

In ihrer Mitte stand Sebastian, in seiner üblichen Kleidung und mit einem lang gezogenen Seufzen auf den Lippen. Seine Finger zuckten etwas, schwarze Krallen schüttelten sich, als würde sich ein Tiger die weichen Pfoten verletzt haben.

Und tatsächlich Sebastian griff nach seiner Hand und drehte sie mit einem kurzen festen Ruck scheinbar wieder gerade. Der Earl zuckte bei dem ungesunden lauten Knacken zusammen.
 

„Ich muss schon sagen, du bist nicht zu unterschätzen, Akasha“, lächelte Sebastian kühl, starrte direkt auf einen Haufen zertrümmerter Holzscheite, in denen – Ciels Augen erfassten es erst jetzt – das schwarzhaarige Mädchen lag und mit einem schmerzerfüllten Keuchen die Bretter und Federn von sich warf.

Ihre Kleidung war zerrissen, der weiße Mantel voll mit Blutflecken und die Haare zerzaust. Sebastian schien tatsächlich ernst gemacht zu haben.

Sie zischte leise.

„Halt den Mund“, war alles, was sie hervorbrachte, als sie schwankend aufstand und humpelnd auf Sebastian zuging. Nebenbei renkte sie mit den Händen ihr Bein wieder gerade.

Erneut zuckte Ciel und schüttelte den Kopf. Herrje, er wäre mit Sicherheit nicht der Einzige, der diesen Umstand abstoßend fand.

Kurz lächelte der Butler noch, ehe sein Blick beinahe arrogant auf dem Mädchen ruhte, die sich ein Haarbüschel aus ihrer zotteligen Mähne zog und es von sich warf.

Was hatte Sebastian mit ihr gemacht? Sie sah wirklich völlig kaputt und ausgelaugt aus. Aber war sie nicht auch ein Dämon, wie konnte es sein, dass sie so zerstört aussah und Sebastian wahrscheinlich nicht einmal ein Haar fehlte? Von der verrenkten Hand nun mal abgesehen.

„Du solltest deine Grenzen kennen“, sprach Sebastian in einer Stimmlage, die keinen Widerspruch zu dulden schien, Aksaha hingegen zischte nur zwischen den Zähnen ein: „Elender...“

Dann sah sie auf.

„Tue nicht so. Renke besser deine Wirbelsäule ein, sonst wächst sie dir wieder schief zusammen“, knurrte sie höhnisch und ließ Sebastian den Kopf schütteln, ehe er mit dem Körper kurz zuckte und ein lautes Knacken verriet, dass er sich wohl wieder eingerenkt hatte.

Ciel zuckte zum mehrfachen Male zusammen, worauf der Butler sich umdrehte und seinen Master entschuldigend anlächelte.

„Verzeiht junger Herr, ich sollte das nicht in Eurer Gegenwart tun“, meinte er, wandte sich dann wieder an Akasha, die mit ihrem Nacken knackte und auf Richard Bard zuging, der noch immer an der Wand lehnte.

„Schluss jetzt, ich habe zu arbeiten“, meinte sie und hievte den Mann auf ihre Schulter, um mit langsamen, geradezu provokanten Schritten in Richtung Haus – und somit an Sebastian vorbei – ging. Ein paar Schritte hinter ihm blieb sie stehen.

„Mich hier zu töten wäre maßlos fatal, Hündchen“, meinte sie zischend und ging einfach, ohne weiter auf Ciel und seinen Butler zu achten, in das Haus zurück und schloss die Tür hinter sich.
 

Ciel versuchte vergebens das gerade Erlebte zu verarbeiten.

Hatte Sebastian Akasha gerade einfach ziehen lassen? Langsam drehte er sich zu dem Dämon neben sich um, der seinen Blick belustigt erwiderte.

„Du hattest den Auftrag sie zu töten, Sebastian“, bemerkte der Junge kühl, worauf der Angesprochene nur schmunzelte, ehe er sich vor seinem Herrn verneigte.

„Verzeiht, aber mir war in Anbetracht der Umstände Eure Sicherheit im Augenblick wichtiger“, erklärte er, doch Ciel gab nur einen entnervten Laut von sich.

„Natürlich“, meinte er leise und knurrte unterdrückt, ehe er an Sebastian vorbei ging. „Wir gehen zurück.“

Der Butler lachte leise und folgte dem Earl aus der Seitengasse hinaus zu ihrer Kutsche.
 

Langsam legte der Earl seine Hand an die Stirn.

Während Sebastian fuhr, konnte er in aller Ruhe nachdenken.

Das alles war so schnell gegangen, er hatte nichts davon richtig verarbeiten können. Weder die Worte Richard Bards, noch die wahre Identität dieser Akasha, die Sebastian bekannt zu sein schien. Ganz zu schweigen von dieser ungeheuren Kraft, die die beiden Dämonen an den Tag gelegt hatten.

Doch trotz allem schien sein Butler noch immer stärker als diese Frau zu sein. War es, weil er zuvor erwähnt hatte, dass er weitaus älter war als sie? Ciel beschlich die Frage, wie alt Sebastian eigentlich wirklich war, obwohl das im Augenblick wohl die nebensächlichste Frage von allen war. Doch für ihn nicht, an ihm nagte ein Gefühl, das er nur schwer beschreiben konnte. Woher kannte Sebastian diese Akasha so gut? Weil sie auch ein Dämon war?

Schnell schüttelte er den Kopf, versuchte über Richard nachzudenken. Über den Arzt, der auf den ersten Blick wie ein kränklicher, verdorrter Mann wirkte und auf der anderen Seite plötzlich eine Mordlust entwickelte, die Ciel selten bei Menschen gesehen hatte.

War er verrückt? Oder beherrschte Akasha ihn tatsächlich, um ihre eigenen mysteriösen Ziele zu erreichen. Diese Frau, die ihm ab nun nach dem Leben trachtete. Doch warum? War sie ebenso wie Sebastian nach seiner Seele her? Aber er hatte mit ihr doch keinen Vertrag? Oder...fraß sie einfach so Seelen? Vielleicht hatte sie sich deswegen lustig gemacht und regelrecht über Sebastians Treue seinem Master gegenüber gelacht.
 

Ciel grummelte, schon wieder war er in Gedanken bei ihr. Schon wieder kroch dieses unschöne Gefühl hervor, das er einfach nicht abschalten oder gar wegsperren konnte.

Er wollte wissen, was Sebastian mit ihr zu tun hatte. Und umgekehrt.

Es machte ihn ganz verrückt.

Diese Eifersucht...
 

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Bei dieser Gelegenheit muss ich mich mal auf anderem Wege bei meiner Betaleserin bedanken: Sie hat da diese wirklich tolle Fanfiction. x3~

Wer sie gern lesen möchte, tut euch keinen Zwang an:

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/49405/245872/

Black

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Facts

Langsam ließ sich Ciel in die, bis zum Rand gefüllte, Badewanne gleiten und seufzte angestrengt.

Vielleicht hatte er Sebastian zum wiederholten Male zu viel Freiraum gelassen. Sein Körper fühlte sich so schlaff und kraftlos an, dass er glaubte anstatt einem Bad lieber viel erholsamen Schlaf zu brauchen.

„Du hast es übertrieben“, bemerkte der junge Earl deshalb spitz und sah Sebastian – der sich mit einem Schwamm hinter seinem Herrn niedergelassen hatte - kühl an. Ein Lachen folgte und langsam kam Ciel immer mehr zu der Annahme, dass sich dieser Dämon einen Spaß aus der Situation machte.

„Ihr wünschtet es nicht anders“, erwiderte sein Butler gespielt reuevoll und brachte Ciel zum Knurren.

Selbstverständlich, eine andere Antwort hätte man von solch einem Wesen auch nicht erwarten können.

Doch sei es drum, im Augenblick kam der Earl endlich dazu, genau über all die Dinge, die in den letzten Stunden geschehen waren, nachzudenken und gegebenenfalls Sebastian nach seiner Einschätzung zu fragen.
 

„Erneut scheint Ihr mit den Gedanken bei Eurem Fall zu sein“, säuselte die verführerische Stimme des Dämons an seinem Ohr, worauf Ciel leicht mit der Augenbraue zuckte. Dennoch konnte er nicht über seinen Unmut hinwegtäuschen, von Sebastian überwacht, ja geradezu belauscht zu werden.

Und das in seinen eigenen Gedanken. Doch nun konnte Ciel sich seine Frage einfach nicht mehr verwehren.

„Sag mir“, begann er leise und hob seine Hand aus dem Wasser, um sie durch Sebastians Haare gleiten zu lassen. Sein Kopf kippte in den Nacken, worauf er in der Lage war, seinem Butler direkt in die Augen zu sehen. „Bist du fähig meine Gedanken zu lesen?“

Seit langem beschäftigte ihn diese Frage, doch es wäre nicht auszudenken, sollte sie sich als bestätigungsfähig erweisen.

Sebastian dagegen grinste belustigt, Ciel konnte sehen, wie sich seine Augen gefährlich verfärbten und ihn regelrecht gefangen nahmen. Doch der junge Adlige war nicht einmal in der Lage, sich von diesem fesselnden Blick zu lösen, was sein Misstrauen nur noch mehr steigerte.

So gefangen in dem tückischen – ja beinahe mordlustigen – Blick, bemerkte der Earl kaum, wie sich Sebastians Hand über seinen Körper bewegte und anschließend den Schwamm ins Wasser gleiten ließ.

„Was wäre, wenn ich dir sagen würde, ich könnte es?“, wollte der Dämon schelmisch grinsend wissen und brachte seinen Herrn zum Schaudern.

Ja, was wäre? Gewiss würde es Ciel verrückt machen, zu wissen, dass er selbst in seinen Gedanken nicht allein war. Doch würde Sebastian so fragen, wenn er es könnte?

Dennoch stand Ciel nicht der Sinn nach einem Befehl, der wohl lediglich gelautet hätte, Sebastian solle ehrlich sprechen. Er wollte dieses erneute kleine Spiel gern mitspielen, selbst wenn er eigentlich anderes zu tun und vor allem zu fragen hätte.

„Ich wäre nicht erfreut, schätze ich“, wisperte der Junge leise und lächelte den Dämon ebenso arglistig entgegen, der nur grinste und dabei seine Zähne offenbarte.
 

Sein Master spielte tatsächlich gern mit dem Feuer. Solch eine Frage an einen ausgewachsenen Dämon zu richten, war blanker Hohn. Dennoch war Ciel zu Dingen fähig, die oft weit entfernt von jeglicher Vernunft lagen.

War es doch ach so selbstgefällig, wissentlich mit einem solchen Wesen das Bett zu teilen. Ja, es beinahe herbeizusehnen und es immer und immer wieder zu wünschen.

Sebastian war verzückt von diesem Jungen, der ihn gerade so arrogant anblickte, als wäre er sich der Gefahr, die gerade auf ihn lauerte, nicht bewusst. Oh, diese bittersüße Eitelkeit machte den Dämon beinahe rasend, würde er sich nicht so gut beherrschen können.

Im Augenblick dürstete es ihm erneut nach dem süßen Fleisch seines Masters, der genüsslich seine Beine spreizte und Sebastians Finger geradezu einlud ihn zu verwöhnen.

„Du bist ein unverbesserliches Biest“, säuselte er und griff beinahe selbstverständlich nach der Erektion seines Schützlings, der genießerisch die Augen schloss und sich über die Lippen leckte.

Oh, dieser Bursche war so voller Sünde, es glich einem wahren Festmahl.

„Beantworte lieber meine Frage“, zischte Ciel dunkel und öffnete seine Augen erneut, um Sebastian herausfordernd in die violetten Augen zu sehen.

Dieser lachte leise.

„Wenn es dich beruhigen sollte: Nein, ich bin nicht fähig in deine Gedanken zu sehen, dennoch sind sie oft leicht nachzuvollziehen“, gestand Sebastian mit einem anregenden Funkeln in den Augen, das sich in Ciels verschiedenfarbigen Pupillen widerspiegelte.

„Ist dem so?“, fragte er leise und krallte seine Finger wieder in die Haare seines Butlers, der dem stummen Befehl nur zu gern nachkam und genüsslich über den weichen Hals des Jungen leckte, ihn geradezu liebkoste.

„Nun denn, dann will ich, dass du mir einige andere Fragen beantwortest“, säuselte Ciels Stimme verführerisch in Sebastians Ohr, der leicht grinste und seine Hand schneller über den Schaft seines Master gleiten ließ. Gleichermaßen biss er sich im Hals des Jungen fest, der darauf zischend die Luft einzog.

„Möchtet Ihr tatsächlich jetzt über dieses Thema reden, junger Herr?“

Sebastian bereitete es sichtlich Freude, seinen Master zu reizen, der laut schnaufte und kurzes, abgehaktes Stöhnen von sich gab.

„Mach dich nicht lustig!“, zischte er nachdrücklich und zuckte leicht mit seiner Hüfte, kam den festen Bewegungen seines Butlers entgegen.

„Das würde ich niemals wagen“, lachte Sebastian und leckte verspielt über Ciels Ohr, knabberte daran und hob mit seiner freien Hand den Kopf des Earls am Kinn etwas an.

„Du glaubst gar nicht, wie mir dieses Gesicht gefällt“, schnurrte Sebastians Stimme erneut in das Ohr des Adligen, der etwas röter wurde und leise knurrte.

Doch anstatt etwas gegen diese Frechheit zu sagen, legte er seinen Kopf soweit in den Nacken, dass er die Lippen seines Butlers mit den seinen einfangen konnte.

Wenngleich Sebastian gedacht hatte, dieser Junge hätte sicher nicht mehr genügend Atem, um ihn in einen solch innigen Kuss zu verwickeln, hatte er sich tatsächlich geirrt.

Die sündigen Lippen wollten die seinen nicht mehr verlassen, während die kaum nennenswerten Berührungen an Ciels Erektion ihr übriges taten und den Jungen unkontrolliert in den Kuss keuchen ließen.
 

Langsam ließ sich Ciel von Sebastian auf sein Bett setzen.

Nach seinem „Bad“ war Ciel noch kraftloser als vorher, doch das war es ihm wert. Sebastian verstand sein „Handwerk“ und der Earl wäre ein Narr gewesen, wüsste er dies nicht doch irgendwie zu schätzen.

Dennoch hatte Ciel nicht eine Frage stellen können, die mit seinem Fall und dieser...Frau zu tun hatte. Wenngleich er über jene gar nicht nachdenken wollte, nun wusste er schließlich, worin das endete.

Schweigend sah er Sebastian von der Seite an, der die Kissen aufschüttelte und sich anschließend vor seinem Herrn verneigte. Diese Pflichtbereitschaft war einfach zutiefst ironisch.

„Ich frage dich noch einmal“, setzte der Junge an und erhaschte die Aufmerksamkeit seines Butlers. „Wer ist diese Frau? Und was hast du mit ihr zu tun?“

Kaum hatte Ciel diese Worte ausgesprochen, glitt ein Grinsen über Sebastians Lippen. Er verschränkte halb die Arme und legte den Kopf etwas schräg, sah seinen Herrn mit einem Blick an, der dessen Blut zum Kochen brachte.

Dämonen waren wahrlich Meister der Verführung.

„Wollt Ihr tatsächlich wissen, was sie mit mir zu tun hat?“, hakte Sebastian statt zu antworten nach und lächelte auf diese überfreundliche Art und Weise, die den Earl Mal um Mal verrückter machte.

Er schnaufte.

„Würde ich dich sonst fragen?“, knurrte er und sah Sebastian auffordernd an. „Gib mir endlich eine Antwort!“

Erneut lachte sein Butler und verneigte sich wieder vor seinem Herrn, ehe er Ciel mit einem belustigten Blick musterte.

„Ich kann nicht sagen, was sie gerade hier nach London verschlägt, aber sie hat einen Grund hier zu bleiben“, begann Sebastian und sogleich zuckte Ciel innerlich zusammen, als er diese mehr als gespielte Mordlust in den Augen des Mannes sah, der ihn vor wenigen Minuten selbst so angesehen hatte. Doch dieser Blick war weitaus ernster und wirklicher als die Drohung an den Earl.

„Dieses Mädchen ist wie ich und doch völlig anders. Denn im Gegensatz zu mir müsst Ihr sie fürchten“, säuselte der Schwarzhaarige verschwörerisch, worauf Ciel ihn prüfend ansah. Dann lächelte er kühl.

„Als würde ich dich nicht auch fürchten müssen“, stichelte er und erneut spielte er mit dem Feuer, als Sebastian sich zu ihm nach unten lehnte und nach seinem Kinn griff.

„Nun, du musst mich erst fürchten, wenn die Zeit gekommen ist“, erklärte er zynisch lächelnd und gab seinem „Opfer“ einen kurzen Kuss, ehe er sich wieder erhob, um nun die Kerzen des Leuchters auf der Kommode zu entflammen.

„Sie hingegen macht sich nichts daraus auf ihre „Mahlzeit“ zu warten. Dämonen wie sie fressen, was ihnen beliebt und sind dennoch erstaunlich oft gelangweilt“, erklärte Sebastian weiter.

Ciel hingegen war bei dem Wort „Mahlzeit“ deutlich zusammengezuckt. Eine sehr makabere Art und Weise so etwas zu beschreiben, wahrscheinlich selbst für einen Dämon. Jener drehte sich zu seinem Herrn um und sah ihn mit merkwürdig ernster Miene an.

„Sie spielt gern und ihr aktuelles Spiel erregt mehr Aufsehen, als es für sie üblich ist.“

Der Earl blinzelte.

„Für sie üblich?“, wollte er wissen und überschlug seine Beine, als er an die Kante seines Bettes gerutscht war.

Sebastian lachte leise.

„Ja, mit Sicherheit ist dir nicht entgangen, dass sie erwähnte, wie lange wir uns nicht begegnet sind?“

Es war keine deutliche Frage, sondern eine Feststellung. Natürlich war Ciel nicht entgangen, was sie gesagt hatte.

„Ja...sie sprach von einigen hundert Jahren“, überlegte er und versuchte die Frage, die ihm auf der Zunge lag, herunter zu schlucken. Doch es gelang ihm nicht. „Wie alt bist du?“

Wie eine Zauberformel flossen jene Worte über die Lippen des jungen Adligen und machten ihm seine Neugier geradezu schmachvoll bewusst. Und das Grinsen auf dem Gesicht seines Butlers tat sein Übriges zur inneren Wut auf sich selbst.

„Interessant“, meinte Sebastian und näherte sich seinem Master, der ihn bemüht unterkühlt anblickte. „Seit wann interessieren dich solche Dinge?“

Ciel zischte leise und sah Sebastian warnend an. Dann legte sich auch auf seine Lippen ein sarkastisches Lächeln.

„Seit du dir erlaubst mich zu verführen und meinen Körper zu deflorieren“, erläuterte Ciel mit einem durchtriebenen Grinsen auf dem Gesicht.
 

Wer hätte ihm solche Feststellungen zugetraut? Sebastian sah den Jungen kurz erstaunt an, selbst ihn konnte man überraschen. Zumindest Ciel Phantomhive konnte es, wenn auch nur für einen sehr kurzen Moment.

Es ging gewiss kaum schmutziger, da war sich selbst der Dämon in Sebastian sicher.

„Das ist wirklich interessant“, gestand er und lächelte, ehe er leicht über Ciels Wange strich, ihm durchdringend in die Augen sah, so dass sich selbst sein arroganter Master für einen Moment innerlich erschrak. „Ich bin mehrere hundert Jahre alt. Ich kann es dir nicht genau sagen, doch Akasha ist gewiss drei Jahrhunderte nach mir zur Welt gekommen“, erklärte er lächelnd und sah dem Earl weiterhin amüsiert in die Augen. Es bereitete ihm Freude, das Spiel des Unbehagens in den Augen Ciels zu beobachten, es geradezu deutlich mitverfolgen zu können, wie es immer wieder unruhig aufflackerte.

„Das erste Mal, als ich Akasha sah, war zu einer Zeit, in der die Pest erstmals ganze Landstriche Europas ausrottete. Sie streifte ziellos umher und stahl die Seelen jener, die auf ihren Tod warteten. Wir Dämonen sind jedoch Einzelgänger und so verlor ich sie irgendwann aus den Augen“, berichtete Sebastian, als würde er aus einem Geschichtsbuch zitieren. So musste es zumindest auf den Earl wirken.
 

Dieser lauschte den Worten seines Butlers und rechnete im Kopf nach, um welche Zeit es sich gehandelt haben musste. Wenn sein Gedächtnis ihn nicht betrog, musste diese Begegnung zwischen den beiden Dämonen im vierzehnten Jahrhundert geschehen sein.

„Das nächste Mal traf ich sie drei Jahrhunderte später, während eines Krieges, in dem sie sich der Seelen vieler Gefallener bemächtigte. Doch niemals hat sie es in Erwägung gezogen, so wie ich einen Pakt mit einem Menschen einzugehen. Damals lebte sie nur vom Verzehren vieler Seelen, ohne sich daran weiterhin zu stören. Zu jener Zeit lautete ihr Name Akasha, „die Verfluchte“. Menschen gaben ihr diesen Namen, um das Grauen vor dem Tod in Worte zu fassen.“

Ciel schwieg, Sebastians Erzählungen klangen märchenhaft und doch waren sie nicht die Ausgeburten eines Verrückten. Wenn man wusste, wen man bei diesem angeblichen Butler vor sich hatte, war klar, dass er nicht fähig war zu lügen.

„Danach verlor ich sie aus den Augen“, setzte Sebastian an, doch Ciel unterbrach ihn.

„Bis heute.“

Er sah dem Dämon in die Augen, der lächelte und erneut seinen Kopf etwas schräg hielt.

„Doch sie hat sich verändert, ihre Gewohnheiten ebenso wie ihre Kraft.“

Ciel schmunzelte.

„Ja, das habe ich gesehen“, zog er seinen Butler gehässig auf, der darauf ganz untypisch schnaufte. Sieh an, man konnte also auch bei einem Dämon so etwas wie einen „wunden Punkt“ treffen.

„Jedenfalls braucht sie diesen Mann, damit ihr kleines, sehr langwieriges Spiel nicht auffällt. Wenngleich es auch nicht von Belangen wäre, würden Menschen es durchschauen“, seufzte Sebastian und sah seinen Herrn dann durchdringend an.

„Sie will sieben Seelen. Menschen getötet von einem einzelnen, schwachen Mann. Es bereitet ihr unsagbare Freude, die Fäden in der Hand zu halten und sich als jemand auszugeben, der sie unmöglich sein könnte.“

Der Earl brauchte nicht lange um zu verstehen, worauf sein Butler hinaus wollte.

„Richards Tochter...Alice.“

Sebastian lachte leise und strich Ciel erneut über die Wange, bevor er leicht mit seinen Haaren spielte.

„Seine verstorbene Tochter. Und eigentlich wäre dieser Mann mit ihr und seiner Frau gestorben. Doch Akasha schien gerade diesen Umstand so interessant zu finden“, erläuterte der Schwarzhaarige belustigt weiter und brachte Ciel zynisch zum Auflachen, während er Sebastian mit gestelltem Spott anblickte.

„Ihr Dämonen habt außergewöhnlich verabscheuungswürdige Interessen“, grinste er, worauf der Angesprochene nur schmunzelte und seinen Master spielerisch ansah.

„Ich würde es niemals bestreiten“, schnurrte er und gab Ciel einen kurzen Stoß gegen die Schulter, der den Jungen nach hinten auf sein Bett fallen ließ.

„Mir bereitet es auch Freude, mit Euch zu spielen, my Lord“, wisperte er und sah Ciel mit merkwürdig arglistigen Augen an, die den Earl verächtlich grinsen ließen.

„Wie ich sagte: verabscheuungswürdig.“

Kühler Atem hauchte gegen seine Lippen, während Sebastian Zunge genüsslich über Ciels Mundwinkel fuhr.

„Doch eines macht mich daran rasend“, säuselte eine drohende Stimme in Ciels Ohren, worauf dieser einen kurzen, verwunderten Laut von sich gab.

„Tatsächlich?“, wollte er wissen, worauf Sebastian wieder aufsah und seinen Blick besitzergreifend über den Körper des Adligen wandern ließ.

„Ihr letztes, für sie entscheidendes Ziel...ist mein Eigentum“, hauchte der Dämon, während sich seine Augen erneut verfärbten und er seine Lippen auf die des Jungen legte, der sich erneut den Spielen des Mannes ergab.
 

Ciel wusste nicht, wer von ihnen dieses Spiel gewinnen oder verlieren würde. Sie gaben sich einander hin und waren für diesen einen Augenblick völlig zweisam.

Awake

Ich wollte mich bei dieser Gelegenheit bei all jenen Bedanken die an meiner Umfrage teilgenommen haben! Ich war erstaunt wie viele an meinen Fanfictions interessiert sind und weiterhin etwas von mir lesen möchten.

Selbstverständlich werde ich bei meinen nächsten Projekten auf jeden eurer Wünsche versuchen einzugehen. ^-^
 

Die Auswertung sieht wie folgt aus:

Es haben 65 Mitglieder abgestimmt, klarer Gewinner:

Sebastian x Ciel – 47 Stimmen

William x Grell – 9 Stimmen

Undertaker x Grell – 14 Stimmen

Sebastian x William – 2 Stimmen

Sebastian x Grell – 12 Stimmen

Sebastian x Beast – 1 Stimme

Andere – 3 Stimmen
 

Es kann möglich sein, dass in den nächsten Wochen neue Projekte hochgeladen und auch neue Umfragen von mir erstellt werden. Ich sage natürlich bescheid, wenn es soweit ist. ^^
 

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„Junger Herr, ich will wahrlich nicht unhöflich wirken, doch langsam solltet Ihr wirklich das Bett verlassen.“

Sogleich ertönte ein genervtes Stöhnen seitens Ciel, der sich erneut auf den Bauch drehte und sein Gesicht in seinem weichen Kissen vergrub. Er hatte bereits vor einer guten halben Stunde beschlossen Sebastian gänzlich zu ignorieren, doch leider war dieser Versuch nicht von Erfolg gekrönt.

„Hör auf damit!“, befahl der junge Earl spitz und sah seinen Butler kurz drohend an, der lediglich lächelte und Ciel dadurch nur noch wütender machte.

Diese gestellte Unwissenheit machte ihn schier rasend, während Sebastian neben ihm stand und nichts anderes tat, als ihn gespielt unschuldig anzulächeln. Dabei wusste er ganz genau, was der Grund dafür war, dass sein Master nicht aufstehen konnte. Und da halfen ihm wahrlich keine netten, überschmeichelnden Worte mehr.

Fest biss Ciel in einen seiner Finger und knurrte unterdrückt. Selbst wenn er Sebastians „Forderung“ nachgehen und aufstehen wollte, er konnte es nicht. Wie sollte er auch, wenn sich sein gesamter Körper anfühlte, als wäre er gelähmt und völlig bewegungsunfähig.

„Soll ich Euch vielleicht tragen?“, fragte sein Butler scheinheilig, als wäre es völlig normal. Doch Ciel entging der Spott in seiner Stimme nicht.

Der Earl schlug die Hand, die sich auf seine Schulter legte und ihn umdrehen wollte, weg. Eigentlich war er wirklich nicht zimperlich, aber er wollte sich nicht hinsetzen, aus der Sorge heraus erneut schmerzerfüllt zu fluchen.

Nicht einmal beim ersten Mal hatte es so geschmerzt am Morgen danach aufzuwachen. Doch es herrschte der Unterschied, dass Sebastian die gestrige Nacht seine sündigen Finger auch nicht bei sich behalten hatte. Nicht dass Ciel darüber wirklich wütend war, schließlich würde er sich selbst verschwenderisch schimpfen wenn es so wäre, aber der Dämon hatte ihm kaum Zeit zum Luft holen gewährt. Noch dazu hatte ihre Ankunft selbst auch nicht anders ausgesehen.

„Halt den Mund“, zischte er auf die Frage hin und grummelte unterdrückt. Das Schlimme an dieser ganzen Sache war, dass sein Leiden ein gefundenes Fressen für Sebastians Hohn war. Liebend gern würde er ihm das zurückzahlen, doch es gab wohl nicht einmal dazu eine Möglichkeit.

„Dir bereitet es doch unheimliche Freude mich so zu sehen“, knurrte Ciel entnervt und zischte schmerzerfüllt auf, als aufdringliche Finger fest über sein Steißbein strichen. Dieser elende Sadist.

„Selbstverständlich, dennoch weiß ich durchaus, dass du wahrlich Gefallen an der letzten Nacht gefunden haben musst“, stichelte Sebastian grinsend und lehnte sich an das Ohr seines Herrn, der leicht zusammenzuckte. „Schließlich warst du es, der in meinen Armen beinahe vor Lust zergangen wäre.“

Ciels Gesicht färbte sich rot, als er sich auf die Unterlippe biss und versuchte die folgenden, wirklich erregenden Bilder zu ignorieren. Der ganze gestrige Tag war so geschwängert von ihrer Lust gewesen, dass der Earl all diese Eindrücke niemals vergessen können würde.

Doch das würde er in seinem momentanen Zustand gewiss nicht zugeben.

Er drehte seinen Kopf beschämt zur Seite und seufzte. Es war ihm schlichtweg peinlich, vor Sebastian ständig seine Schwächen zu offenbaren.
 

Der darauffolgende Tag gestaltete sich wahrlich kaum ereignisreicher. Ciel wusste, dass er eigentlich einen Fall zu lösen hatte, doch es widersprach ihm das Haus zu verlassen.

Wenngleich er nicht einmal wusste, was er nun eigentlich tun sollte. Die einzige Möglichkeit, diesen Fall doch noch zu lösen, wäre Akasha zu töten. Richard würde ihr Schicksal sogleich teilen und Ciel könnte endlich in sein Anwesen zurückkehren.

Doch leider konnte er sich nicht darauf verlassen, dass sein – sonst so perfekter – Butler nach den angegebenen Befehlen handelte. Es machte ihn schlichtweg verrückt nicht zu wissen, warum Sebastian sie genau hatte ziehen lassen. Das konnte doch unmöglich nur etwas mit Ciels Sicherheit zu tun haben.

Dem Earl kam ein wirklich abartiger Gedanke. Vielleicht war es ja so etwas wie Hungerneid bei Tieren.

Schnell schüttelte er den Kopf und trank schweigend seinen Tee. Darüber wollte er nicht nachdenken.

Jedenfalls hatte er Sebastian vor wenigen Minuten losgeschickt um Nachforschungen anzustellen. Schließlich konnten sie sich nicht sicher sein, ob Akasha tatsächlich noch hier war. Am Ende hatte sich sein Fall bereits in Wohlgefallen aufgelöst.

Doch eigentlich glaubte er nicht daran. Diese Frau war ja beinahe besessen davon gewesen Ciel zu töten, also warum sollte sie es sich so plötzlich anders überlegen?
 

Erneut glitt ein Seufzen über Ciels Lippen. Nicht nur diese Sache mit Akasha und diesem Richard hinderte ihn am Entspannen. Auch seine Sorge bezüglich Sebastian war neu angefacht.

Es war nicht so, dass der junge Adlige plötzlich abgeneigt von all diesem „Spielereien“ war. Ganz im Gegenteil, er würde wohl nie wieder darauf verzichten können. Doch dieses trügerische Gefühl, dass Sebastian nur mit ihm spielte, würde ihn früher oder später noch verrückt machen.

Woher wusste er denn, dass dieser Dämon sich keinen Spaß aus der Situation machte? Schließlich war Ciel sein Opfer. Egal wie man es auch drehte und wendete.

Der Earl kam einfach zu keinem sinnigen Schluss, wenn er weiter grübelte. Die einzige Möglichkeit wäre, mit seinem Butler über dieses Debakel zu reden, doch der würde ihm gewiss keine zureichende Antwort geben.

Langsam schlug der Junge die Beine übereinander und stellte seinen Tee ab. Warum war es in diesem Konferenzraum eigentlich plötzlich so kalt. Die ganze Zeit war der Raum in feine Wärme gehüllt, doch nun spürte Ciel Windzüge seine Haare aufwühlen, so dass er gezwungen war in Richtung Fenster zu sehen.
 

Schweigend kam Sebastian vor der kleinen Praxis des Mediziners an und atmete leichten Geruch von Weihrauch ein, der in diesem Teil der Stadt eine merkwürdige Komponente mitschwingen ließ.

Langsam trat er näher und blieb sogleich stehen, um gereizte Blicke in die Person ihm gegenüber zu bohren. Eigentlich hätte er Akasha erwartet, doch die war nicht einmal ansatzweise in der Nähe auszumachen, was den Dämon kurzzeitig fauchen ließ.

Von dem Geräusch hellhörig geworden, drehte sich jene Gestalt zu ihm um und sah ihm abschätzig entgegen. Selbstverständlich, was sollte er auch sonst tun.

Seufzend hob der Mann seine „Sense“ und rückte entnervt seine Brille zurecht.

„Warum habe ich erwartet so jemanden hier zu sehen?“, begann er und klappte sein Buch auf, um es kurz darauf wieder zu schließen.

Sebastian lachte gestellt.

„Ich befolge lediglich den Befehl meines Herrn“, sprach er, als wäre es selbstverständlich, worauf William nur leise zischte.

„Meinetwegen.“

Damit besah er sich den Hinterhof, in dem sie standen genauer und rückte erneut seine Brille zurecht.

„Dennoch war ich der Meinung, dieser Ort sollte so nicht bleiben“, meinte er und deutete mit einem mehr als abfallenden Blick auf die tiefen Risse im Mauerwerk des Bodens und der Häuser, die Sebastian und Akasha dort vor gut zwei Tagen hinterlassen hatten.

Sebastian schwieg auf diesen Kommentar und starrte schweigend durch das Fenster, welches wohl wieder zusammengesetzt wurde. Seine Augen konnten weit genug sehen um zu erkennen, dass Richard Bard reglos auf dem Boden lag und seine Ohren konnten keinen Herzschlag mehr vernehmen.

Nun, dieser Umstand würde seinen Herrn gewiss freuen.

„Seine Zeit war längst vorbei“, begann William plötzlich, als er Sebastians Blick bemerkte. Der schmunzelte dunkel.

„Musste sie tatsächlich so sehr geschwächt werden, bis es euch möglich war, das Leben dieses Mannes zu den Akten zu legen?“, wollte er schelmisch wissen, worauf William nur schnaubte und seine Brille richtete.

„Wir sind nicht für die Müllentsorgung zuständig“, erwiderte er schulterzuckend und tauschte einen kurzen gereizten Blick mit dem Dämon.

Wahrscheinlich würden sie sich niemals grün werden, doch Sebastian war es ohnehin egal. Seiner Meinung nach sollten diese Shinigami ihre Arbeit einfach erledigen.

„Selbstverständlich“, lächelte er gestellt freundlich, während er William durchdringend anblickte. „Dennoch sollte sie nicht leichtfertig wieder gehen gelassen werden.“

Der Angesprochene verzog kaum merklich das Gesicht und seufzte.

„Das ist nicht unsere Aufgabe“, sprach er und sah Sebastian warnend an. „Euresgleichen sollten in der Lage sein, ihren eigenen Unrat zu beseitigen.“

Damit drehte er sich um und verschwand mit einem Sprung auf das Dach eines der Häuser, ohne dem Dämon auch nur noch eines Blickes zu würdigen.

Dieser vernahm in weiter Ferne bereits das Trampeln von Pferden, gepaart mit Arthur Randalls genervter Stimme. Scotland Yard hatten, wie es aussah, alle Informationen erhalten, die nötig für die Lösung dieses Falles waren. Zumindest alle „offiziellen“.

Nun ein Toter war nun einmal nicht mehr vernehmungsfähig und somit würden sich die Zeitungen etwas einfallen lassen, was die Bevölkerung und somit auch die Queen beruhigte.

Nun war es an der Zeit, diese Frau davon abzuhalten, sich an seinem Besitz zu vergreifen.
 

„Sieh an, Sieh an. Er ist wahrlich unvorsichtig, seinen Besitz so leichtfertig allein zu lassen“, kicherte eine kühle Stimme belustigt und Ciel war sich nicht sicher, ob er sich die Gestalt – die so selbstverständlich auf der Fenstersims saß – gerade einbildete.

Mit langen schwarzen Haaren und einem rüschenbesetzten Kleid saß sie vor ihm und lächelte argwöhnisch. Dann überschlug sie ihre Beine und seufzte leise.

„Mag sein“, sprach Ciel kühl und sah sie unbeeindruckt an. Diese Frau war wahrlich einfach durch das Fenster gekommen, obwohl es verschlossen war. Nun, das schaffte Sebastian auch mit Leichtigkeit.

Sie lachte leise.

„Du bist wirklich bemerkenswert. Jeder andere Mensch würde mindestens aufspringen“, sprach sie und Ciel schnaufte auf dieses gestellte Kompliment.

„Du vergisst, dass ich einen Dämon zum „Haustier“ habe“, erklärte der Junge gelangweilt und trank einen Schluck seines Tees, worauf sie grinste.

Wenn sie hier war, dann konnte er davon ausgehen, dass Richard ganz allein in der Praxis war. Wenn die Shinigami ihre Aufgabe richtig erledigten, dann wäre ein Problem bereits aus der Welt geschafft.

Das zweite saß direkt vor ihm und schien reichlich erfreut sich mit dem Earl zu unterhalten.

„Oh, natürlich“, sprach Akasha lachend und stand auf. „Hast du dir eigentlich nie die Frage gestellt, ob es klug ist, sich wissentlich von einem Dämon verfolgen zu lassen? Als würde dich dein eigener Schatten hinrichten?“

Ciel schwieg.

Dieser Gedanke war ihm tatsächlich oft gekommen, doch von ihr würde er sich nicht einlullen lassen. Gewiss nicht. Dafür war sie einfach zu hinterhältig.

Vergnügt nahm sich das Mädchen einfach eine Tasse – die auf dem Tisch stand, als hätte man auf einen Gast gewartet – und griff nach der Teekanne die daneben stand. Ohne zu fragen goss sie sich Tee ein und roch dann kurz daran.

„Hm, Earl Grey“, meinte sie und nahm einen Schluck, ließ sich einfach in den Sessel rechts neben Ciel sinken und wirkte mit einem Mal wie ein ganz normales junges Mädchen.

Ciel seufzte.

„Nein“, begann er auf die Frage Akashas zu antworten, die ihn regelrecht abwartend musterte. „Sebastian folgt mir, er verfolgt mich nicht.“

Diese trockenen Worte ließen sie aufhorchen und leicht lächeln. Für einen Augenblick glaubte der Earl, in ihrem Gesicht etwas wie Reue zu erkennen, doch es schien nur einfache Belustigung zu sein.

„Wenn das so ist“, meinte sie und überschlug ihre Beine, ehe sie ihn ansah. „Warum, glaubst du, bin ich hier?“

Ciel machte sich nicht die Mühe sie anzusehen, als er seinen Tee erneut auf dem Tisch abstellte.

„Ich nehme an, du möchtest mich töten“, sprach er in einem Ton, der klang, als würden sie sich über das Wetter unterhalten.

Akasha lachte vergnügt.

„Nun, eigentlich wäre es ziemlich dumm von mir, dich zu töten“, meinte sie, worauf der junge Adlige nur seufzte.

„Weil Richard Bard mein Mörder sein müsste, habe ich Recht?“

Es war keine Frage, sondern eine simple Feststellung, die Akasha zum Schmunzeln brachte.

„Ja, so sollte es sein“, gab sie zu, doch sogleich veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Er wurde etwas kühler, ehe sie ihn mit violett schimmernden Augen anblickte. „Doch die Shinigami sind mir leider zuvorgekommen“, zischte sie verärgert, wirkte aber eher so, als würde sie sich aufregen.

Dann sah sie Ciel wieder gespielt lächelnd an.

„Er ist tot und du hast viel Mitschuld an diesem Chaos.“

Damit streckte sie ihre Finger aus, schien den Earl berühren zu wollen, doch sogleich zog sie ihre Hand wieder zurück und zischte, als hätte sie sich an der Haut des Jungen verbrannt.

„Vermaledeiter Bastard“, fauchte sie und hielt sich ihre Finger, worauf Ciel verwirrt blinzelte. Diese Worte waren unmöglich an ihn gerichtet gewesen. Akasha wirkte eher so, als würde sie über etwas anderes schimpfen.

„Du“, fauchte sie und sah Ciel spitz an, der sie gelangweilt anblinzelte. Wenngleich er doch keine Ahnung hatte, worum es eigentlich gerade ging und warum sich die Hand der Frau kurzzeitig schwarz färbte.

„Dein Hund, hat er sich deines Körpers bemächtigt?“

Ciel spürte, wie ihm feine Röte ins Gesicht stieg, während er Akasha anstarrte, als hätte sie ihn soeben beschämt. Doch im Grunde hatte sie das auch. Denn Ciel hätte wahrlich noch ein Kind sein müssen, hätte er diese deutliche Äußerung nicht verstanden.

Was bitte hatte das damit zu tun?

„Ich habe es gewusst“, knurrte sie dunkel. „Das hat er wahrlich geschickt gemacht, dieser Abschaum.“

Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, spürte Ciel, wie Wut in ihm heraufstieg. Nur ihm war es erlaubt so mit Sebastian zu reden, niemand sonst durfte es wagen diesen Mann schlecht zu reden. Ganz gleich, welchen Grund man dafür hatte.

Innerlich sackte der Junge zusammen. Machte es ihn gerade tatsächlich wütend, dass sie seinen Butler beleidigt hatte?
 

„Nun, vielleicht bin ich dir tatsächlich einige Jahrhunderte voraus.“

Ein lautes Fauchen seitens Akasha, während Ciel innerlich lächelnd in Richtung Fenstersims blickte, auf der nun auch sein höllisch guter Butler saß und die Frau schelmisch anblickte.

Going My Way

Ihr Knurren hallte ohrenbetäubend in den Wänden wieder, während sie so wirkte, als würde sie sich jeden Moment auf Sebastian stürzen wollen. Im Grunde gab es daran auch gewiss keinen Zweifel, doch sie schien sich zurückzuhalten.

„Du elender...“, fauchte Akasha und sträubte sich kurz wie eine Katze ihr Fell.

Sebastian lachte nur.

„Beleidige mich, wie es dir beliebt, aber vergiss nicht, dass dein kleines Spiel längst durchschaut ist“, säuselte er schalkhaft und sah ihr selbstgefällig in die verfärbten Augen.

Ciel seufzte nur leise und mimte sichtbare Genervtheit, wenngleich er diese Situation dennoch argwöhnisch musterte. Doch er würde das Interesse, welches an ihm riss, nicht zugeben.

Doch Sebastian überhebliches Grinsen sagte ihm, dass er längst durchschaut war.

„Du hast wahrlich eine abartige Weise, dieses Kind vor mir zu schützen“, zischte sie, worauf Ciel erneut misstrauisch blinzelte und seinen Butler fragend anblickte.

Diese Worte waren erneut über ihre Lippen gekommen, ohne dass der Earl sie einordnen konnte.

Warum war es dieser Frau unmöglich gewesen ihn zu berühren? Hatte es etwas damit zu tun, dass Sebastian einfach gegangen war, als der Junge es ihm befohlen hatte, ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen einzugehen? Schließlich war er Ciel gegenüber äußerst besitzergreifend, das hatte er oft genug klar gestellt. Wenngleich nie so deutlich, dass es ihm schmachvoll erschienen wäre.

Sebastian heimtückisches Grinsen schlich sich auf die Lippen des Dämons und ließ den Earl sichtlich erschaudern.

„Nun, ich muss mein Eigentum vor dir schützen. Schließlich bist du es, die sich versucht zwischen einen Vertrag zu drängen, der unwiderruflich ist. Das sollte dir klar sein, Akasha“, wisperte er und bleckte seine spitzen, weißen Zähne.

Ciel spürte, wie ihm kurzzeitig heiß wurde.

Die Angesprochene zischte leise.

„Behandele mich nicht wie ein Kind. Ich lebe lange genug, um das zu wissen“, knurrte sie und stellte sich dann wieder gerade hin, richtete ihre Haare. Langsam hob sie ihre Hand und deutete mit den Augen auf die verbrannte Stelle.

„Doch das ist wahrlich etwas krankhaft, mein Lieber“, meinte sie und sah ihm arrogant entgegen, worauf Sebastian allerdings nur grinste.

„Ich habe dich gewarnt“, sprach er und stand dann auf, um gestellt pflichtbewusst das Fenster zu schließen.

Ciel hingegen versuchte weiterhin herauszufinden, von was die beiden Dämonen da sprachen. Ein Knurren verließ seine Kehle, als Sebastian ihn amüsiert musterte. Erneut machte sein Butler sich spürbar über ihn lustig!

„Wovon spricht sie?“, hakte der Earl nach, als ihn die Neugier gänzlich übermannte, doch er ließ es nicht aus seiner Stimme herausklingen.

Sebastian lachte leise.

„Ich bin sicher, es wäre Euch nicht genehm, würde ich es vor ihr ansprechen“, meinte er reuevoll, doch Ciel zischte nur.

Ganz gleich was er tat, dieser Mann machte ihn rasend.
 

Schnell lenkte Ciel seine Aufmerksamkeit wieder auf Akasha, die ihren Blick noch immer angriffslustig auf Sebastian fallen ließ.

„Wie hast du es geschafft?“, fragte er an sie gewandt, die ihren Kopf kurz erstaunt zu ihm drehte, als hätte sie mit dieser Frage nicht gerechnet. Wenngleich sie augenblicklich zu wissen schien, worum es ging.

Sie lächelte und setzte sich wieder völlig Lady-like auf den Sessel, als wäre sie Gast des Hauses. Doch Ciel wäre dumm sich noch einen Teufel ins Haus zu holen.

„Du sprichst von den Morden?“, fragte sie dennoch belustigt und drehte ihren Kopf kurz auf die Seite. Sebastian stand noch immer am Fenster, schien abzuwarten. Worauf, das konnte der Junge nur erahnen.

„Ja“, erwiderte der Earl knapp und fuhr dann fort. „Du hast den Zeitungen diese Informationen beschafft und auch die Leichen in der ganzen Stadt verteilt.“

Akasha lachte auf diese simple Feststellung und trank einen Schluck Tee, ehe sie sich zu Sebastian umdrehte und ihn sarkastisch anlächelte.

„Also für einen Butler bist du nicht sehr pflichtbewusst“, meinte sie und schwenkte ihre Tasse kurz umher, worauf der Dämon sie nur kühl anblickte. Lachend drehte sich das Mädchen wieder zu Ciel und lächelte ihn an.

„Ja, das war ich. Richard hat nur die etwas schmutzigere Arbeit gemacht. Ich mag es nicht so sehr Blut zu vergießen“, meinte sie und überschlug ihre Beine, als hätte sie soeben bemerkt, dass London eine sehr kalte Stadt war.

Ciel schmunzelte.

„Aber natürlich“, lächelte er zynisch, worauf sie grinste.

Sebastian hingegen gefiel dieses Gespräch mit Sicherheit gar nicht. Er stand noch immer an dem Fenster, welches von ihm geschlossen worden war und besah sich das Schauspiel. Das wachsende Misstrauen zeigte sich nur durch diese enorme Kälte im Raum.

Doch er würde sich gedulden müssen, noch gab es Dinge, die Ciel von ihr wissen wollte.

„Wo ist der andere Junge, der auf der Liste stand?“, hakte er beinahe fachmännisch nach, worauf Akasha nur lachte.

„Ist das ein Verhör? Klingt ja spannend“, amüsierte sie sich und stützte ihr Kinn auf ihren Handrücken. „Er ist tot. Richard hat ihn getötet, nachdem du unsere Praxis betreten hast. Doch dieser alte Narr hat seine Leiche in die Themse geworfen. Ihm schien klar geworden zu sein, was er getan hat.“

Sie sah ihn an, ganz so, als wolle sie direkt in seine Gedanken blicken. Doch dies war kaum möglich, selbst Sebastian war dazu nicht in der Lage. Sollte man ihm Glauben schenken zumindest.

„Er hatte diesen Jungen bereits auserkoren, doch dadurch, dass dein Hund meine Kräfte untergraben hat, konnte ich ihn nicht mehr unter meiner Kontrolle halten“, sprach sie weiter und sah Sebastian daraufhin feindselig an, was Ciel zum Seufzen brachte. In Wirklichkeit jedoch behagte es ihm nicht, wie sie seinen Butler ansah. Er erinnerte sich an diesen einen Kampf und auf keinen Fall wollte er gerade in diesem Haus so etwas nochmals erleben.

Der junge Adlige wusste, dass Akasha nicht zugab, wie sehr Sebastian sie geschwächt hatte. Warum sollte sie? Selbst jemand wie sie hatte genügend Stolz, um sich die Aussprache dessen - was ihr beinahe das Leben gekostet hätte – zu ersparen.

Gerade als sie erneut etwas sagen wollte, hob Sebastian die Stimme.

„Und es wäre auch jetzt unklug von dir mich anzugreifen“, lächelte er und spielte damit auf ihre kleinen, gereizten Blicke an. Tatsächlich wirkte sie gar nicht mehr so standhaft wie noch vor einigen Tagen.

Ihre Augen waren etwas fahl, ja wirkten beinahe menschlich. Doch das war gewiss nicht möglich, wie konnte Sebastian – dem es selbst trotz dieses Kampfes noch hervorragend ging – sich so von ihr unterscheiden? Dieses Mädchen schien beinahe so sehr geschwächt, dass selbst Ciel sie nicht mehr als übernatürlich erkannt hätte.

Sie zischte.

„Ich lass mir von dir so etwas nicht sagen“, sprach sie und knurrte unterdrückt, ehe sie aufstand und auf Sebastian zuschritt. Doch sie blieb in gebührendem Abstand von ihm stehen.

„Ich kehre zurück“, sprach sie und sah den anderen Dämon vor sich an, als würde sie seine Erlaubnis erwarten. Doch Ciel hielt diesen Umstand für eher unwirklich. „Und du wirst mich nicht aufhalten. Denn ich hege Zweifel, dass du wahrlich aus der Haut fahren willst.“

Sebastian sah sie an, schweigend. Er schien genau zu verstehen, wovon sie sprach, während Ciel im Dunkeln tappte.

Das war nicht seine Welt, als Mensch verstand er nichts von diesen Worten. Und auch die nächsten Laute waren ihm so fremd wie dieses gesamte Gespräch.

Akashas Lippen verließ ein leiser Sing-Sang, während sie kurz vor Sebastian knickste und mit einer einfachen Handbewegung das Fenster öffnete.

Sie sprang leichtfüßig auf den Fenstersims und lächelte Ciel kurz an.

„Du bist interessant, ich denke, irgendwann werden sich unsere Wege wieder kreuzen“, schmunzelte sie und verschwand dann, als hätte sie niemals existiert.

Einfach so, durch das geöffnete Fenster.
 

Sogleich ging ein Ruck durch Sebastian Leib und er wirkte so, als wolle er ihr folgen, doch Ciel hielt ihn zurück.

„Lass sie gehen“, meinte er leise und sah seinem Butler in die Augen.

Was auch immer ihn dazu brachte, diese Frau ziehen zu lassen, er verstand es ohnehin nicht. Es war keine Schwäche, schließlich hatte er seinen Auftrag zureichend erledigt. Dieser Mann war tot, würde niemals wieder von ihr manipuliert werden können. Die Einwohner Londons, sowie die Königin selbst waren beruhigt und das war am wichtigsten. Sie war nur ein Dämon, der sich einen sehr geschmacklosen Scherz erlaubt hatte. Sollte sie gehen, wohin sie wollte, dem Earl war es egal.

Sebastian sah ihn schweigend an und schloss erneut die Fenster. Die Kälte, welche den dämonischen Butler bis vor wenigen Minuten umgeben hatte, verschwand gänzlich, als er sich seufzend umdrehte und auf seinen jungen Herrn zuschritt.

„Ihr seid doch nicht plötzlich gutherzig geworden?“, fragte er gespielt lächelnd, doch Ciel hatte ihn durchschaut.

Schweigend starrte er dem Mann in die Augen, konnte im Augenblick wahrscheinlich nicht unbeugsamer aussehen.

„Stelle mir nicht solche Fragen“, meinte er, worauf Sebastian sich vor ihm verneigte. Der junge Adlige seufzte hörbar.

„Beantworte mir lieber einige Fragen“, befahl er, worauf Sebastian leise lachte.

„Selbstverständlich.“

Ciel schnaufte nur.

„Die Inschrift „Tor des Hades“, stammte von ihr?“

Sebastian lachte.

„Ja, diese Zeichen machten deutlich, dass die Opfer ihre Seele durch sie verloren haben. Wenngleich es dieser Mann war, der sie niederstach“, meinte er und lächelte Ciel an, der grummelte. Dann seufzte er erneut.

„Sie spricht von Abartigkeiten, wenn sie es doch war, die eine Leiche als Fingerpuppe benutzte“, zischte er und sah den Dämon auf sein Lachen hin an.

„Warum konnte sie mich nicht berühren?“, wollte er wissen, doch eigentlich hätte ihm klar sein müssen, dass es ein Fehler war. Denn kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, schlich sich ein Grinsen auf Sebastian Lippen. Fest griff er nach dem Kinn des Jungen und sah ihn mit einem verwegenen Funkeln in den Augen an.

„Weil ich Euch vereinnahmt habe. Glaubt mir, ich bin fähig dazu Euren Körper zu bewahren. Doch es ist leider nicht von Dauer“, säuselte er und Ciel spürte wie sein Gesicht heiß wurde.

Dieser Mann wagte es doch tatsächlich, sich solche Eindeutigkeiten zu erlauben. Dennoch konnte Ciel nicht wütend sein. Wie sollte er, wenn ihm doch ab nun mehr solcher interessanter Erfahrungen bevorstanden.

„Ist dem so?“, fragte der Junge schelmisch und sah seinen Dämon herausfordernd an, der sich lachend zu ihm beugte und mit seinen Lippen kurz die des Earls verschloss.

Sie würden dieses Spiel also weiterspielen. Bis zum bitteren Ende.
 

„Wohin will sie?“, fragte Ciel nach einer Weile aus seiner unbändigen Neugier heraus, was Sebastian zum Schmunzeln brachte. Erst hatte dieser Junge Akasha ziehen lassen, ohne vorher zu wissen, wohin sie floh und nun wollte er es erklärt haben.

Ein dunkles Lachen folgte, als er seinen Master anblickte und erneut die Farbe seiner Augen wechselte. Es bereitet ihm Freude, das Emotionsspiel in den Blick Ciels zu beobachten.

„Dahin, wo sie zu Kräften kommt. Zurück in die Unterwelt“, erklärte er, als wäre es das normalste der Welt.

Er spürte, wie Ciels Leib etwas zuckte. Die Vorstellung mochte ihn verschrecken und doch schien es ihm längst klar gewesen zu sein.

Doch Sebastian „Sorge“ war vergangen, Akasha machte sich nichts mehr daraus ihn zu töten. Solange Sebastian an der Seite dieses jungen Mannes stand, würde ihm nichts geschehen. Die einzige Gefahr, die Ciel drohte, ging von seinem eigenen Butler aus. Doch dieser versprach sich noch einige Genüsslichkeiten, ehe er die Seele dieses Jungen nehmen würde. Und er wusste, dass es eben diesem auch nicht anders ging.

„Nun gut“, seufzte der junge Earl und sah Sebastian belustigt an. „Wir kehren zum Anwesen zurück. Insofern es noch steht und dann wirst du mir zeigen, dass mein höllischer Butler mir einige interessante Dinge zeigen kann.“

Kurz, für einen Augenblick zumindest, überraschte ihn diese offene Forderung. Doch er lachte nur leise und verneigte sich vor seinem Herrn, nicht ohne erneut seine Zähne spielerisch zu belecken.

„Yes...my Lord.“
 

---
 

So~ hiermit ist das Ende der Fanfiction erreicht. Es wird in den nächsten Tagen noch einen Epilog geben, der vielleicht die eine oder andere Überraschung beinhaltet.

Alle weiteren Informationen, Danksagungen und Kommentare meinerseits werden in dem Epilog weiter unter auch zu finden sein.

The Rise

Der Epilog fungiert hier sozusagen als Vorschau.
 

---
 

Schweigend reichte Sebastian seinem Herrn den Brief, der ihm vor wenigen Minuten von Maylene eilig gebracht wurde.

Der junge Earl erwiderte Sebastians untypisch ratlosen Blick und nahm das unbekannte Schreiben entgegen, um es zu öffnen. Er zog ein feinsäuberlich gefaltetes Blatt Papier heraus, schenkte ihm kurz einen misstrauischen Blick, ehe er es öffnete und schweigend die sauber geschriebenen Worte zu lesen.

Kein Auftrag der Königin, keine wichtige Aufgabe.

Dennoch tauschte Ciel mit Sebastian einen kurzen Blick aus.

„Eine Einladung“, sprach er und reichte sie seinem Butler, der ebenfalls einen schnellen Blick über die Zeilen wandern ließ und sich räusperte.

„Es scheint ganz so“, sprach er und sah den Adligen durchdringend an, der seinen Blick erwiderte.

Langsam wanderte Ciels Blick über den Absender.

„Die Oswald Family tritt mit einer persönlichen Einladung an den Spielzeughersteller Funtom?“
 

„Der Tod dieser Frau wäre auch der des Jungen.“
 

Diese Entscheidung.
 

„Mit der Gewissheit, dass er mich an mich selbst erinnert.“
 

Die Erinnerung.
 

„Sag mir besser, wie lang dieses Spiel noch anhalten soll!“
 

Der untragbare Schmerz.
 

„Ihr werdet nur durch meine Hand sterben.“
 

Dieser Pakt.
 

.

.

.
 

Ohne ein Ende zu erreichen.
 

Hades
 

-
 

The Rise
 

---
 


 

Und siehe da:

Meine kleine Überraschung ist – wie man unschwer erkennen kann – es geht weiter!

Ich habe vom ersten Moment an geplant, dass es zwei Teile von Hades geben soll, beide angelehnt an die Lieder von Yousei Teikoku.

Ich werde jedem Bescheid geben, sobald ich „Hades – The Rise“ hochlade und des Weiteren werden demnächst noch ein eigenstehendes One-Shot und eine Kurzgeschichte zu Hades kommen. Sollte jemand Interesse haben zu erfahren wann ich jene hochlade, schreibt mich ruhig an, ich werde euch in meine Liste aufnehmen.
 

Und nun möchte ich mich ganz herzlich für all die Kommentare und Favoriten bedenken. Ebenso bei jedem Leser, der meine Fanfiction verfolgt hat und es auch weiterhin tun möchte! Vielen lieben Dank für die Unterstützung!



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Kommentare zu dieser Fanfic (117)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Conny-chan
2015-01-09T13:53:56+00:00 09.01.2015 14:53
Alter Schwede.... Einer der besten FF's die ich bisher gelesen habe!
Du solltest diese unbedingt auf Fanfictions.de veröffentlichen. Hammer!!!!
Danke für das Lesevergnügen <3
Von:  mizzakasatsu
2013-04-04T17:27:17+00:00 04.04.2013 19:27
Sehr schönes Kapitel :D
Von:  Almathia
2011-01-04T21:53:59+00:00 04.01.2011 22:53
ich liebe deinen FF! Ö.ö ich lese ihn so schrecklich gerne *.* dein schreibstil ist göttlich :D
Von:  Pentragon
2010-12-09T11:32:55+00:00 09.12.2010 12:32
oh, das ist interessant O_O also hat Sebastians Techtelmechtel eine Art Schutz auf ciel hinterlassen? Ihn sozusagen noch mehr als ohnehin schon als sein Eigentum gekennzeichnet an das so niemand mehr rankommt?
Das ist eine verdammt interessante Idee! Die gefällt mir richtig gut *Breit grins*
und ciel hat davon natürlich nichts mitbekommen und fragt sich nun, was mit Akasha ist.
Oh, das wird ihm bestimmt garnicht passen wenn er erfährt das er jetzt so geschützt ist XD irgendwie kommt er sich dann bestimmt blöd vor - als würde er sich nicht selbst verteidigen können oder etwas in der ARt
(wobei er das gegen einen Dämon natürlich nicht kann - seien wir ehrlich: Ciel ist´n schwacher Bursche)

mh, vielleicht waren Sebbis spielereien doch nicht so eigennützig wie gedacht? andererseits ... sein Essen zusätzlich zu sichern wäre schon Eigennutz. Oder er hat tatsächlich mal an Ciel als Person gedacht und nicht als Mahlzeit ^^° ich lass mich überraschen
Von:  Pentragon
2010-12-09T11:13:09+00:00 09.12.2010 12:13
einer meiner ersten Gedanken nach diesem Kapitel
3x nacheinander ... was für eine Kondition!! *lach*
Muss man einfach mal würdigen XD und zwischendurch auch noch solche ernsten und dabei vor Sarkasmus triefenden GEspräche zu führen - meinen Respekt!
Sebastian ist so wunderbar böse in deiner FF. Oftmals wird er zu menschlich und zu nett(ist mir leider auch schon passiert, ebendso mit Ciel) aber bei dir merkt man deutlich das er CIel immer noch als seine Beute betrachtet und nichts weiter.
Ist einerseits natürlich etwas schade, wünscht man sich doch dass er auch andersweitig GEfühle entwickelt, aber es passt nunmal besser zu ihm und ist näher am wahren Sebastian dran
Von:  Pentragon
2010-12-09T10:53:36+00:00 09.12.2010 11:53
*lach* dieses "Ihn garnicht mehr ausruhen lassen" hat mich wirklich laut lachen lassen *kringel*
Meine Güte, der arme Ciel, der wird nie wieder eine ruhige Minute haben, haha. aber es ist interessant zu sehen wie sich sein herrischer Tonfall am Ende geändert hat. Als er in Sebastians Armen lag war er natürlich noch sehr bedieselt und konnte nicht so rummeckern, aber es ist trotzdem schön zu sehen das er sich einfach mal an ihn kuschelt und SEbasitan nicht gleich angiftet.
Und Sebastian - boah ne, der ist sooo mies manchmal *grins* aber auf eine gute WEise. Wie er Ciel erst hat sitzen lassen ... mensch, da dachte ich mir auch: Kann er einfach so aufhören und ihm wiederstehen?
Nun, aber sein Blick hat ja dann Bände gesprochen XD aber er hat schon eine große Selbstbeherrschung das er nicht (gleich jedenfalls XD) über seinen Herrn hergefallen ist.
Von:  Pentragon
2010-12-08T14:53:38+00:00 08.12.2010 15:53
Akasha ist ein interessanter Charakter. Leider gelingt es vielen nicht, einem eigenen Charakter genug Tiefsinn einzuhauchen, aber deine Akasha wirkt nicht platt oder 0-8-15
Ich bin also zuversichtlich das die nächsten Kapitel auch spannend werden ^^
Von:  Shogikoneko
2010-12-07T14:54:48+00:00 07.12.2010 15:54
Tolle story und toller abschluss
wahnsinn was du dir da ausgedacht hast *__*
ne freundin ist auch schon vollkommen begeistert xDDD
*FF weiterempfohlen hat*
*hust*
süchtig bin ich imemr noch und bin froh das es weiter geht höhö
*hände reibt*
hier von könnte ich ewigkeiten lesen xDDD
weiter so *___*
Von:  Pentragon
2010-12-07T14:23:17+00:00 07.12.2010 15:23
das Kapitel hört genau richtig auf, wie ich finde! Es unterstreicht Ciels letzten Satz einfach nochmal richtig und zeigt, das jetzt etwas ganz Neues, Besonderes kommt.
Auch das sich Ciel erst dagegen wehrt und aufsteht und zu flüchten versucht ist genau richtig! So muss es sein. Er lässt sich nunmal nicht gerne berühren, wer tut das denn schon, wenn man so malträtiert wurde? Das kann ich gut nachvollziehen, die Mangabilder waren jedenfalls nicht schön anzusehen ><
das ihm körperliche Nähe Angst einjagt ist nur verständlich.
Und Sebbi, der sich immer noch einigermaßen zurückhält ist natürlich auch klasse
Von:  Pentragon
2010-12-07T13:59:40+00:00 07.12.2010 14:59
Irgendwie hab ich ja seit dem ersten Kapitel geahnt das ciel als Lockvogel würde herhalten müssen (das ist aber auch das Einizige was ich bis jetzt voraussehen konnte bei dieser überraschenden FF ^^)
Ich bin gespannt was Ciel mit Sebastian zu besprechen hat (ich hoffe es ist das was ich denke XD)
Selbst wenn Ciel über so ein heikles Thema nachdenkt wirkt er noch In-Charakter, das ist echt beeindruckend! Und mir gefällt sehr wie du Sebbis dämonisches Wesen hier mitreinbringst. Das er nur schwer an sich halten kann, weil sein Verlangen doch sehr stark ist - und wie er sich zu Beherrschen versucht (so wie Ciel auch)



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