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Nightmare Story

von

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Chapter 1

Nightmare Story, Chapter 1
 

Schmerzen.

Das war es, was der 18jährige Taro Azami als Erstes dachte, als er an einem nebeligen Februarmorgen aufwachte. Als nächstes fragte er sich, wo er überhaupt war. Plötzlich überkam ihn ein starker Brechreiz, der ihn dazu veranlasste, aufzuspringen und seinen sowieso schon leeren Magen in einen Fluss zu entleeren. Mit einem Schlag kehrten seine Erinnerungen zurück. Der Rausschmiss. Seine Eltern, die eigentlich gar nicht seine Eltern waren. Raidon und seine Gang. Die Spielschulden, der Alk, die Schlägerei. All das stürzte wie eine Welle über ihn herein. Er krümmte sich unter der Last dieser Gedanken.

Dabei war sein Leben vor zwei Tagen noch völlig okay gewesen. Naja, wenigstens im Großen und Ganzen. Noch vor zwei Tagen hatte er bei seinen vermeintlichen Eltern Mameki und Yasuo Nishigara gewohnt, hatte jeden Tag drei Mahlzeiten gehabt und war fast jeden Abend mit dem Geld der Nishigaras durch jeden Club gezogen, der ihm dunkel genug erschien. Er hatte gespielt wie ein Suchtopfer. Poker, Karten, Automatenzocken, eben alles, was die Gothclubs in Tokyo so anboten. Naja, vielleicht bin ich wirklich ein Suchtopfer, dachte er resigniert. Aber immerhin hatte er da noch ein Dach über dem Kopf gehabt. Er hatte zwar nie eine gute Beziehung zu Mamaki und Yasuo gehabt, aber sie hatten seine Spielerei und seinen hohen Alkverbrauch gebilligt, obwohl sie immer versucht hatten, ihm das alles auszureden. Besonders Mameki hatte sich schon immer viel mühe mit ihm gegeben. Wie dumm ich doch gewesen bin, dachte er. Als er in der letzten Nacht komplett betrunken und mit stark erleichtertem Portmonee nach Hause getorkelt war, wusste er noch nicht, dass die Nishigaras bereits von seinen hohen Spielschulden erfahren hatten.

Bisher hatte er es sehr geheim gehalten, niemand hatte davon gewusst. Yasuo war ausgeflippt, hatte ihm klargemacht, dieses missratene Kind, das nicht mal sein eigenes war, wolle er nicht mehr in seinem Haushalt haben. Als er daraufhin geschockt fragte, was dass zu bedeuten habe, erklärte Mameki ihm unter Tränen, sie hätten ihn mit gerade Mal anderthalb Jahren adoptiert, seine Eltern seien wahrscheinlich tot. Sie könnten selber keine Kinder kriegen, also hatten sie gehofft, den "damals noch sehr niedlichen Jungen" wie ihr eigenes Kind aufziehen zu können. Daraufhin hatte Yasuo gefährlich ruhig gesagt, er habe seine Frau, die er so sehr liebte, mehr als einmal zum Weinen und Verzweifeln gebracht und er wolle ihn, Taro Azarni, nie wieder sehen.

"Ich verstehe" hatte er nur geantwortet.

Und dann war er gegangen. Ohne einen einzigen Yen in der Tasche und nur mit seinem dünnen schwarzen Ledermantel über der Motorradkluft. Er hatte sich auf sein heißgeliebtes schwarzes Motorrad gesetzt und war losgefahren.

Aber er war nicht weit gekommen. Schon die erste verlockende Neontafel mit der blutroten Aufschrift "Blutmond- Des Vampirs Gruft" hatte ihn dazu veranlasst, anzuhalten und abzusteigen. Seine Lieblingsbar. Da, wo der Alkohol in Strömen floss, wo er den Rausschmeißer gut kannte und wo der Barmann umsonst ausschenkte, wenn er betrunken genug war. Er hatte sich volllaufen lassen wie schon lange nicht mehr, einfach nur, um alles zu vergessen und an nichts mehr zu denken müssen.

Aber damit hatten die Probleme erst richtig begonnen. Weit nach Mitternacht waren auch Raidon und seine Gang aufgetaucht. Er schuldete ihm mehr als 750000 Yen (ca. 5000€), und er würde es nach der derzeitigen Situation wohl nicht so schnell zurückzahlen können. Aber der Gangleader war berüchtigt für seine Gewalt und so hatte Taro das Dümmste getan, was er in seiner Trunkenheit zu Stande brachte. Er hatte versucht, Raidon, den selbsternannten Donnergott, auszutricksen. Wie dumm ich doch war, dachte er erneut und strich sich seine mittellangen, schwarz gefärbten Haare aus dem geschwollenen Gesicht.

Er hatte versucht, ihm klar zu machen, dass er das Geld längst hatte und es auf dem Dach der örtlichen Polizeistation versteckt hatte.

Sein Plan war, Raidon so loszuwerden und möglichst noch von der Polizei schnappen zu lassen, während er sich aus dem Staub machte. Aber der Donnergott war wie immer schlauer gewesen als er. Er hatte eines seiner Gangmitglieder beauftragt, dort nachzusehen, während er selber dableibe und sich von Taro einen Drink spendieren lassen wollte. Doch da war Taro schon unbemerkt in die Falle gelaufen. Er war wie selbstverständlich zum Wirt gegangen und hatte zwei hochprozentige Liköre bestellt, während er innerlich vor Angst bebte. Plötzlich hatte Raidon hinter ihm gestanden und gefragt, ob er denn nicht bezahlen wolle.

"Naja…du weißt doch …also der Wirt…" hatte er gestottert, während der Gangleader fies grinsend auf ihn herunter starrte.

"Das ist aber nicht sehr höflich! ", hatte er geantwortet, er solle doch bitte die Liköre bezahlen. Da Taro aber nicht einen einzigen Yen in der Tasche hatte, hatte er nur gemeint, er habe doch eh kein Geld.

"Und woher hast du denn dann meine 750000 Yen, wenn ich fragen darf???"

Die Falle schnappte zu.

" Naja…also die…ähm … die hab ich noch von…" Sich noch nicht bewusst, wie tief er sich bereits hineinreiten lassen hatte, hatte er einfach irgendetwas vor sich hin gestottert. Natürlich hatte genau in diesem Moment dass Handy von Raidon geklingelt. Ein verärgertes Gangmitglied berichtete, auf dem Dach sei kein einziges Scheinchen zu finden.

"Dass habe ich mir schon gedacht. Aber Taro wollte uns gerade seine Harley schenken"

rief er ins Telefon. Da war Taro durchgedreht. Wenn es um seine geliebte Harley ging, verstand er keinen Spaß. Er hatte dem 19jährigen seinen gesamten Wortschatz an wüsten Beschimpfungen und Beleidigungen an den Kopf geworfen, hatte ihn für alles verantwortlich gemacht, was ihm in dieser Nacht widerfahren war und was noch passieren würde. Und dann hatte er ihm gedroht, er würde ihn umbringen, wenn er auch nur einen Finger an seine Harley legen würde. Der ein Jahr Ältere hatte nur gelacht.

"Kommt Jungs, wir haben gerade ein nettes kleines Motorrad geschenkt gekriegt." meinte er überlegen. Da war Taro auf ihn losgegangen. Aber was für eine Chance hat man schon gegen fünf allesamt ältere und stärkere Jungs. Sie hatten kurzen Prozess mit ihm gemacht, während ein grinsender Gangleader auf seiner wundervollen schwarzen Harley davongebraust war.

Und jetzt lag er anscheinend unter einer grauen Brücke, währen eine schlammige, verschmutzte Brühe namens Fluss an ihm vorbeirauschte. Er spürte ein starkes Brennen im Hals, sein Magen zog sich zusammen vor Hunger und halb erfroren war er auch. Was die sich eigentlich dachten. Es war erst Februar und er erst 18. Er würde zur Polizei gehen, ja, dass würde er tun. Aber ihm war schon Sekunden später klar, das dass wohl unmöglich war. Wer würde sich schon ein spielsüchtiges, betrunkenes und heimatloses Straßenkind anhören. Die japanische Polizei bestimmt nicht.

Seufzend stemmte er sich von seinem nicht sehr weichen "Nachtlager" auf und versuchte, wenigsten den gröbsten Dreck von seinen Lederklamotten zu entfernen. Wenigstens die hatten sie ihm gelassen. Er sah schrecklich aus. Sein schräger schwarzer Pony hing ihm strähnig ins Gesicht, seine schwarze Motoradkluft und sein Ledermantel waren dreckig und zerrissen, eine seiner pechschwarzen Kontaktlinsen fehlte. Wutentbrannt schleuderte er auch die zweite in den Fluss. Ich werde wohl als erstes versuchen, mir was Essbares zu besorgen, dachte er. Und dann hole ich mir meine Harley zurück. Irgendwie. Er angelte sich die Uferböschung hinauf und sah sich um. Anscheinen war er immer noch ungefähr da, wo er sich am letzten Abend aufgehalten hatte. Er kannte einen Verkäufer in der Nähe, er wollte versuchen, von dem etwas zu bekommen. Bis jetzt hatte er immer die defekten Alkflaschen von ihm bekommen, aber davon würde er jetzt erstmal die Finger lassen, dass schwor er sich.

Kein Alk, bis er sein Leben wieder in Ordnung gebracht hatte. Kann ja lange dauern, seufzte er. Aber vielleicht konnte Hiroshi ihm ja erstmal etwas Essbares besorgen.

Mit dem Job hatte man ja nur Glück. Das bisschen Kassierer spielen, selber kassieren und dann noch jede Menge umsonst. Und so machte er sich unverzüglich durch den dichten frühmorgendlichen Februarnebel auf den Weg.
 

"Du schon wieder!"

Hiroshi Kanaye klang nicht sehr begeistert, als er den 18jährigen Schulabbrecher erblickte.

"Du hast doch gestern erst was gekriegt, was willst du heute denn schon wieder? Ich hab heute keinen Alk für dich. Der Chef wundert sich eh schon. Du musst endlich aufhören, so viel zu trinken. Das ist so ungesun…"

"Jaja, ich weiß, ich weiß!!! Beruhige dich erstmal!"

stoppte Taro den Redeschwall des jungen Verkäufers.

"Ich weiß doch selber, was ich für Scheiße gebaut habe! Raidon hat mich elternlos gemacht. Und is mit meiner Harley auf und davon. Und daran ist um genau zu sein nur der Alk schuld. Und er natürlich, dieser Schweinehund. Ich werde erstmal aufhören zu trinken, bis ich das wieder in Ordnung gebracht habe"

Das alles sprudelte nur so aus dem großen Jungen heraus.

"Aber deine Eltern…"

"Nichts meine Eltern. Das waren verdammte Adoptiveltern. Haben mich rausgeschmissen.", unterbrach er ihn zum zweiten Mal.

"Okay… das… ist heftig… Und was willst du jetzt von mir?",

fragte Hiroshi offensichtlich überfordert.

"Naja, ich hatte gehofft, du könntest mir irgendwas Essbares oder so besorgen… Oder eine kleine Flasche Coke oder so..:" murmelte Taro etwas verlegen.

"Mal sehen, was ich da machen kann. Erwarte aber nicht zu viel, Taro Nishi…"

Der Oberschüler stockte. "Wie heißt du jetzt eigentlich richtig?"

"Anscheinend heiße ich Taro Azarni. So hat Yasuo mich gestern Abend genannt. “Distelblume“…Passt ja schon irgendwie…" murmelte er.

"Okay… Naja, ich guck mal, was ich machen kann…"

Rasch verschwand der Braunhaarige hinter einem Kistenstapel.

Nach wenigen Minuten tauchte er mit einigen Lebensmitteln in der Hand wieder auf.

"Das ist alles, was ich kriegen konnte. Ein paar Fertiggerichte, Dosen, ein paar Brötchen und ein paar Äpfel. Und dann noch eine Flasche Wasser und zwei Flaschen Coke. Ich hoffe, damit kommst du erstmal klar. Das is aber alles schon abgelaufen oder die Verpackung ist kaputt. Mehr kann ich leider nicht machen." meinte Hiroshi. Wie praktisch es doch ist, Leute in Verlegenheit zu bringen, dachte Taro bei sich. Laut sagte er:

"Dass ist doch super, Hiroshi! Vielen Dank! Und,… naja…, könntest du mir öfter so was besorgen…?"

"Mal gucken. Aber das klappt schon irgendwie. Was hast du jetzt vor? Ich meine, du kannst doch nicht einfach…"

"Auf der Straße bleiben?" beendete er den Satz.

"Muss ich wohl. Wo soll ich denn hin, so wie ich aussehe?" Er deutete auf sein verdrecktes Äußeres, auf die schlammigen Kampfstiefel, die zerfetzte Motorradkluft und seine schlammverkrusteten Haare.

"Werde mir wohl erstmal einen Platz suchen, wo ich bleiben kann, und dann werde ich mir meine Harley zurückholen." erwiderte er bestimmt.

"Die Harley zurückholen? Von Raidon? Sag mal, bist du lebensmüde??? Die gibt der doch im Leben nicht raus! Und, sorry, aber gerade dir wird er sie bestimmt nicht mit einem Handschlag auf gute Freundschaft zurückgeben! Falls du das nicht gemerkt hast, er hasst dich scheinbar! Wie hast du es überhaupt geschafft, ihn so wütend zu machen, dass er es nicht beim Geld belässt?"
 

"Also, erstens habe ich ihm ja schon diverse Scheinchen geschuldet, und auf meine Harley war er irgendwie schon immer neidisch… Aber dass ist egal, irgendwie hole ich mir die schon zurück! Ohne die bin ich ein Nichts!"

"Diverse Scheinchen? Wie viel genau?" Der Verkäufer ahnte Böses.

"Naja… So zirka 750000 Yen …" stammelte der Schwarzhaarige.

"Und das ist eigentlich auch noch nicht alles… Und außerdem hat er mich betrogen!"

"750000 Yen!!! Mensch, Junge, das ist eine 75 mit vier Nullen!!! Und… was weiß ich noch nicht? Bitte sag nicht, du hast versucht, den Donnergott…"

"Ich habe versucht, ihn zu betrügen. Ich weiß ja selber, dass das dumm war, aber ich war halt betrunken und hielt mich einmal für schlau. Habe versucht, ihn der Polizei in die Armen laufen zu lassen. Der Penner hat mich aber schon vorher entlarvt"

"Oh. Mein. Gott."

Entgeistert und komplett geschockt ließ sich der 16jährige auf eine Bananenkiste sinken.

"Du kannst verdammt noch mal froh sein, das es nur die Harley war. Und sei bloß froh, dass du noch nicht mausetot im Graben liegst!"

"Und trotzdem hole ich mir meine Harley zurück. Der Gedanke, das dieser Idiot sie fährt, macht mich schon die ganze zeit irre! Ich liebe dieses Motorrad! Ich…"

"Vergiss doch endlich die blöde Harley! Du kannst dir ja wohl sicher sein,… ach, was laber ich hier eigentlich! Denk doch mal realistisch und versuch lieber erstmal, irgendwo bei irgendeiner Straßengang unterzukommen. Alleine schaffst du dass nicht! Die Harley kannst du wie gesagt vergessen. Ich würde dich ja bei mir reinlassen, aber dass kann ich mit meinen Eltern wohl nicht vereinbaren. Wach auf du Idiot, und such dir endlich jemanden!" Nachdenklich sah Taro ihn an. "Meinst du wirklich?"

"Natürlich! Ich werde solange weiter versuchen, dir hier was zurückzulegen. Und jetzt werde ich weiterarbeiten, ich habe hier schließlich noch genug zu tun. Die Kisten packen sich nämlich nicht von alleine aus."

Und damit packte er die Bananenkiste, auf der er gesessen hatte, und verschwand im Konbiniladen, wo er arbeitete.
 

Nachdenklich stand Taro auf, nahm die Lebensmitteltüte und ging langsam Richtung U-Bahn, als ihm einfiel, dass er ja gar kein Geld hatte, um auch nur eine Station weit zu kommen. Fluchend drehte er sich um und stapfte Richtung Innenstadt davon. Hätte er doch bloß schon seine Harley wieder! In einem Park machte er Halt und setzte sich auf eine Bank. Hungrig packte er die Lebensmittel, die er von Hiroshi bekommen hatte, aus der Tüte und legte sie vor sich auf die Parkbank. Hiroshi, das war er wirklich. Hiroshi: Großzügig

Die Lebensmittel waren zwar nicht erste Wahl, aber es war genug, um ihn ein bis zwei Tage über Wasser zu halten. Zügig verspeiste er einige Fertig-Onigiri und ein Brötchen. Dazu trank er einige Schlucke Wasser aus Wasserflasche ohne Banderole. Den Rest packte er wieder ein und machte sich dann auch gleich auf den weg, um sich einen Unterschlupf zu suchen. Nachdem er einige Zeit herumgelaufen war, entdeckte er ein offensichtlich leerstehendes Abrisshotel am Rande von Tokios Hauptzentrum. Anscheinend hatte der Besitzer nicht genügend Geld für den Abriss gehabt, denn alle anderen Häuser und Hotels in der Nähe waren bereits abgerissen und über den Boden liefen tiefe Baggerspuren.

Da es nicht so aussah, als ob hier in nächster Zeit noch etwas passieren würde, betrat Taro neugierig das Hotel. Einige staubige Decken und leere Flaschen zeugten davon, dass hier wohl schon öfter jemand "gewohnt" hatte. Die Tapete war abgerissen, aber in einigen Räumen waren noch Reste von Teppichböden und einer ehemaligen üppigen Verzierung zu erkennen. Warm war es zwar nicht, aber immerhin windgeschützt und trocken. Vorsichtig stieg er eine bröckelnde Treppe hinauf und fing nach einer gründlichen Inspektion an, sich im obersten Stockwerk einzurichten. Er trug einige der Decken nach oben, verstaute seine Lebensmitteltüte auf einem schiefen Regal und bereitete sich dann ein Lager aus Teppichresten, Decken und einer löchrigen Matratze, die er in einer halb zerfallenen Abstellkammer entdeckt hatte.

Als er mit diesen Vorbereitungen fertig war, kletterte er wieder nach unten und machte sich auf die Suche nach einer öffentlichen Toilette, wo er sich erst einmal einigermaßen säuberte und den Dreck von seiner Kleidung entfernte. Zum Glück tauchte niemand anderes in dieser Toilette auf, es wäre Taro nämlich sehr peinlich gewesen, dabei erwischt zu werden, wie er sich die Haare notdürftig unter dem Wasserhahn des kleinen Waschbecken wusch und seine Stiefel und seinen Mantel mit nassem Klopapier sauber wischte.

Als er damit fertig war, kehrte er wesentlich sauberer in sein neues Heim zurück. Erschöpft von den Strapazen der letzten Nacht ließ er sich todmüde auf sein provisorisches Bett fallen. Und sprang sofort wieder auf. Er war auf etwas Weiches, Zappelndes gefallen. Sobald er wieder stand, sah er eine fette braune Ratte weghuschen. Angewidert schüttelte er sich. Ratten! Wie ekelhaft!

Aber damit muss man wohl leben, solange man auf der Straße sitzt, dachte er erschöpft. Zum Glück hatte er die Tüte mit den Lebensmitteln auf einem Regal verstaut. Da würden die kleinen Nager wohl nicht rankommen. Nachdem er sich versichert hatte, dass keine weiteren unliebsamen Gäste in seinem “Bett“ hausten, legte er sich wieder hin und viel kurz darauf auch schon in einen unruhigen Schlaf voller Alpträume.
 

"Wie sieht der denn aus???"

Schlagartig wurde Taro mit einem Tritt aus seinen Träumen geholt. Verschlafen blinzelte er durch seine verquollenen Augen direkt in das dreckige Gesicht eines zirka zwei Jahre älteren Mädchens. Die nächtlichen Lichter Tokios schimmerten durch die Fensterlöcher des ehemaligen Hotels hindurch.

"Wie…Was…" Taro musste sich erst einmal orientieren.

"Wo du bist? In MEINEM Zuhause eingedrungen, und nicht nur in meinem, sondern in unserem Hauptquartier."

Sie deutete auf eine Gruppe Mädchen, die hinter ihr stand.

"Euer… Hauptquartier?" Wiederholte er verwirrt. "Euer… Zuhause?"

"Du pennst wohl noch, oder wie? Oder hast du keine Ohren? Jawohl, unser Hauptquartier UND unser Zuhause. Wir leben hier. N’ andres Zuhause ham wir nich. Und du siehst auch nich so aus, als würde es dir besser gehen. Wie heißt du überhaupt?" schnauzte sie ihn an.

"Ter… Kuro. Und wer zum Teufel seid ihr???" Innerhalb von Sekunden entschied er sich, dass es wohl besser währe, erstmal ein Pseudonym anzunehmen.

"Wir sind Chizu. Mehr musst du nicht wissen. Und jetzt verschwinde von hier. Und zwar zackig, wenn ich bitten darf!"

"Jetzt mal immer mit der Ruhe. Ihr seid eine Gang, oder? Also genau das, was ich suche. Ich bin erst seit kurzem auf der Straße, und so allein… also, das ist irgendwie scheiße."

Er wurde rot, fügte dann aber mit Nachdruck hinzu

"Kommt schon, so schlimm bin ich wirklich nicht…"

Sie fing an zu lachen. Auch die anderen Mädchen stimmten mit ein.

"Du bist gut." japste sie.

"Das ist echt zu gut." Sich vor lachen kringelnd ließ sie sich auf eine Fensterbank sinken. "Falls dir das noch nicht aufgefallen ist, erstens bist du kein Mädchen, zweitens kann man nicht einfach so eine Chizu werden und drittens…" Sie blickte die anderen bedeutungsvoll an und kicherte von Neuem los "…hast du die falsche Haarfarbe!"

Da erst fiel ihm auf, dass alle Mädels ausnahmslos knallpinke Haare hatten. Und das stand ihnen auch noch. Er wusste nicht wieso, aber irgendwie sahen sie damit nicht einmal kitschig aus.

"Aber wenn du unbedingt möchtest…", wisperte das Mädchen auf einmal verlockend.

Die anderen fingen wie wild an zu tuscheln."Wir würden bestimmt viel Spaß miteinander haben…"

"Ähm, schon gut…Ich gehe dann mal…" Mit knallrotem Kopf sprang er auf und spurtete Richtung Ausgang. Offensichtlich verwirrt machten die Mädchen ihm Platz. Das hatten sie anscheinend nicht erwartet.

Er stolperte fast über seine eigenen Füße, als er die Treppe hinunter hastete. Nur weg hier, waren seine einzigen Gedanken. Nur weg von diesen verrückten Mädels. Er lief einfach drauflos, mitten in Tokios Innenstadt hinein.

Erst nach einer ganzen Weile stoppte er und ließ sich am Straßenrand gegen eine Ladenfront sinken. Die Wärme des Geschäfts hinter ihm ließ ihm eine Gänsehaut über den Rücken laufen und wärmte seinen schlanken Körper.

Plötzlich merkte er, dass er die Tüte im Hotel der Chizu vergessen hatte. Sie zu holen, kam wohl nicht in Frage. Scheiße, dachte er, jetzt muss ich wohl mal wieder bei Hiroshi betteln. Wie peinlich. Eigentlich hatte er gedacht, die Lebensmittel würden noch eine Weile reichen.

Jetzt stehe ich genau so da wie heute früh, nur das ich mich noch mieser fühle, urteilte er.

So stand er auf und sah sich nach einer Schlafgelegenheit um.

Nachdem er todmüde einige Stunden durch Tokio gewandert war, legte er sich kurzerhand in den Ladeneingang eines seit lange geschlossenen Blumenladens und fiel auch bald in einen albtraumreichen Schlaf. Immer wieder träumte er, von einem riesigen schwarzen Abgrund in die Tiefe gezogen zu werden oder eine endlose Klippe hinabzustürzen.

Als er am nächsten Morgen nicht wirklich entspannt aufwachte, war es bereits 11 Uhr. Er sprang auf und machte sich auf den Weg zu Hiroshis Arbeitsplatz, dem Konbiniladen Nyoko.

Als er dort ankam, konnte er den jüngeren Verkäufer nirgendwo entdecken. Mit gemischten Gefühlen wagte er sich in das innere des Ladens, um dort nachzusehen. Aber auch dort war außer dem Ladenbesitzer niemand zu sehen. Nach kurzem Zögern fragte er schließlich den korpulenten Mann nach Hiroshi Kanaye.

"Was willst du denn von ihm? Der kommt heute nicht.", entgegnete Hiroshis Vorgesetzter.

"Naja, wir sind befreundet… Ist er krank? Geht es ihm gut?"

Wenn ihm nur nichts passiert war, dachte Teru, ansonsten hätte ich keine Lebensmittel mehr und woanders kriege ich ja sowieso nichts her, so ganz ohne Geld.

"Ist ne ganz fiese Geschichte." riss der Ladenbesitzer ihn aus seinen Gedanken.

"Soweit ich weiß, hat mein Verkäufer irgendeinem Obdachlosen Nahrung zukommen lassen, die ich wegschmeißen wollte. Er ist halt sehr sozial, der Junge. Aber anscheinend hatte irgend so ein Straßenboss da was gegen und hat ihn fertig gemacht. Der arme Junge! Ich habe ihm erstmal freigegeben. So eine Unverschämtheit…"

Der Rest ging an Teru vorbei. Raidon schon wieder. Armer Hiro. Wie hatte der verdammte Schweinehund das jetzt wieder herausgekriegt? Jetzt war er allein, hatte keine Lebensmittel, kein Fahrzeug und keinen Freund mehr.

Denn Hiroshi würde jetzt bestimmt nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen, da war er sich sicher. Er würde sich seine Harley zurückholen, und zwar sofort. Denn diesen Triumph wollte und konnte er dem Donnergott nicht gönnen. Ohne ein weiteres Wort stürmte er aus dem Laden und Richtung Tokio Underground, dem Lager der Straßengang. Aber er kam nicht weit. Schon ganz in der Nähe des Eingangs zu den Tiefbahnhöfen sah er etwas Schwarzes im Straßengraben liegen. Böses ahnend stürzte er auf sein verbeultes, kaputtes Gefährt zu. Noch rauchende Teile eines ehemals stolzen Straßenflitzers lagen verstreut zwischen Müll und Schmutz. Es roch nach verbranntem Gummi und Motoröl.

Seine wundervolle Harley lag zerstört und irreparabel im Straßengraben, offensichtlich mutwillig kurz und klein geschlagen. Schluchzend brach über den verstreuten Teilen seines Lebensinhaltes zusammen. Aus und vorbei. Zu Ende. So sah der schluchzende Junge sein Leben. Raidon war nicht neidisch gewesen. Er wollte ihn zutiefst demütigen, denn das war es, was dem selbsternannten Donnergott Spaß machte.
 

"Seht ihn euch an. Wie erbärmlich." Mit dem typischen fiesen Grinsen im Gesicht beugte sich Raidon, der mitsamt seiner ständigen Begleitung, den Zwillingen Takeru und Takumi, plötzlich am Straßenrand aufgetaucht war. Teru war zu keiner Bewegung mehr fähig, er konnte und wollte sich nicht wehren.

Raidon wollte keine Leute umbringen, er wollte sie nur zu seinem Vergnügen wie Marionetten einsetzen. Und dann wie ein kaputtes Spielzeug mittellos und innerlich zerstört am Straßenrand liegen lassen. Würde er jemanden töten, würde er es mit der Polizei zu tun bekommen, die ja bekanntlicherweise seit einigen Jahren recht hart durchgriff. Aber er würde ihm einen Strich durch die Rechnung machen, dass beschloss er im Bruchteil einer Sekunde. Blitzschnell griff er nach einem scharfen Teil seines zerstörten Motorrades.

"Ich bringe dich um!" schrie er verzweifelt.

Sofort standen Takeru und Takumi vor ihrem Boss. Raidon lachte.

"Versuch das mal. Die beiden haben Baseballschläger. Und du? Ein Schrottstück."

"Dass ist kein Schrott!" flüsterte er inzwischen völlig am Ende. Und dann entschied er sich um. Er richtete die scharfe Kante des Bruchstücks auf seine Halsschlagader.

"Dann bringe ich mich halt um. Was wirst du dann wohl tun? Du wirst schuld sein, Raidon."

"H…Hey, mach keine Scheiße, Junge…" stotterte der Gangleader auf einmal verunsichert. Teru drückte das Blechstück gegen seinen Hals. Ein kleiner Blutstropfen lief seinen Hals hinab. "Werde ich nicht? Wirklich nicht? Bist du dir da ganz sicher?" fragte er übertrieben ruhig. Plötzlich lies ein lautes Motorengeräusch die drei stehenden Männer aufblicken. Teru hob nicht einmal den Kopf. Ein hübscher junger Mann auf einem Zweisitzer hielt am Straßenrand und stieg von seinem Motorrad. Er war sehr ordentlich gekleidet, trotzdem konnte man erkennen, dass er auf der Straße lebte. Sofort ging er auf den immer noch leise weinenden Jungen zu. Sobald er Raidon und seine Kumpanen nicht mehr im Blickfeld hatte, verschwanden die jungen Männer so schnell, wie sie aufgetaucht waren.

"Hey…" flüsterte der Mann leise und kniete sich neben den schluchzenden Teru.

>Hey, das willst du nicht wirklich."

Vorsichtig nahm er ihm das Blechstück aus der zitternden Hand. Widerstandslos ließ der 18jährige alles mit sich geschehen.

"Alles wird gut." flüsterte der 21jährige.

Dann hob er den Kleineren auf seine Arme und trug ihn zu seinem Motorrad. Erstaunt blickte der Junge in die blauen Augen seines Retters und stammelte: "Wieso…" Seine Worte wurden kurzerhand erstickt, indem der Ältere ihm einen Kuss auf den Mund drückte. "Sag nichts…" murmelte er. Dann setzte er den Schwarzhaarigen auf sein Motorrad und sich selber davor. Automatisch legte Teru seine Arme um den vor ihm Sitzenden. "So ist’s gut." meinte der Andere. Dann startete er das Motorrad und fuhr los.

Chapter 2

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Chapter 3

Nightmare Story, Chapter 3
 

Gedanken. Denken. Nein, nur nicht Nachdenken. Terus Kopf schien überzukochen vor lauter denken und nicht denken wollen. Die Gedanken, die sich immer wieder wie ein schleichendes Gift in seinem Kopf breit zu machen drohten, waren zur Zeit seine schlimmsten Feinde. Schlimmer als Raidon.

Schlimmer als die zerstörte Harley.

Schlimmer als überhaupt alles.

Nur nicht nachdenken müssen, über Akira, dessen Gang, seine Situation und immer wieder Akira. Ich werde mich wohl wieder irgendwie ablenken müssen, dachte er. Schließlich kommen mir die Gedanken nur, wenn ich alleine bin. Allein…

Nein, nicht nachdenken! Aber Akira wird bestimmt gleich wiederkommen, ich warte schließlich schon ne halbe Ewigkeit, so dachte er. Plötzlich ließ ihn eine Kirchenglocke aufschrecken. Rasch zählte er mit. Eins…Zwei…Drei…Es musste doch schon langsam später sein! Vier…Fünf…Sechs… Wieso um Himmels Willen hatte er nur keine Uhr! Sieben…Acht…Neun…Zehn…Elf…Zwölf… Das dauerte viel zu lange! Dreizehn…Vierzehn…Fünfzehn…Sechzehn…Siebzehn… Nichts.

Erst fünf Uhr Abends! Es waren anscheinend gerade mal anderthalb Stunden vergangen! Die Zeit kroch wirklich nur so dahin. Plötzlich hatte er eine Idee. Er würde Hiroshi mal wieder einen Besuch abstatten.

Akira hatte ihm schließlich diese riesige Torte geschenkt, da wollte er sich revanchieren. Und wenn es nur ein winziges Bisschen war, wie zum Beispiel ein Abendbrot. Da fiel ihm ein, dass Raidon den armen Schüler ja vollkommen fertig gemacht hatte, nur wegen ihm.

Ob Kanaye überhaupt noch mit ihm sprach? Abgewiesen zu werden bin ich ja gewohnt, dachte er. Aber dann kann ich mich wenigsten entschuldigen. Wenn er mir nicht helfen will, muss ich halt woanders etwas herkriegen. Irgendwie musste das doch klappen. Und sich mit seinem Kumpel zu vertragen war ihm auch wichtig. So stand er kurz entschlossen auf und machte sich auf den Weg Richtung einer der vielen Innenstädte Tokios.

Die Stadt sah wunderschön aus in dem roten Sonnenuntergang, der alles hübscher aussehen ließ. All den Müll, den Schmutz, die schlechte Luft und sogar den Lärm konnte dieser frühlingshafte Februarabend überdecken. Ja, Tokio war wirklich eine schöne Stadt.

Nach einem langen Fußmarsch fand er den kleinen Konbiniladen, nachdem er sich einige Male verlaufen hatte. Zum Glück hatte dieser bis 10 Uhr geöffnet und nicht nur bis acht, so wie die meisten Läden in dieser Gegend.

Je näher er dem Laden kam, desto langsamer wurden seine Schritte. Ob Hiroshi ihm überhaupt zuhören würde? Hatte der heute überhaupt eine Schicht? Und … Nein, nicht schon wieder! Verzweifelt versuchte er jegliches Denken abzustellen. Während er unsicher neben dem Hintereingang stehen blieb, versuchte er die Gedanken aufzuhalten. Und wenn jetzt aber… Auf einmal wurde er von einem 16jährigen Jungen überrannt.

"Teru…Mensch, Teru, wo warst du? Ich hab mir solche Sorgen gemacht!"

Hiroshi war mehr als erfreut, seinen Kumpel aus der Schulzeit wiederzusehen. Wenn Raidon ihn schon fertig gemacht hatte, hatte er sich ernsthafte Sorgen um das Leben Terus gemacht. Dieser war komplett überrascht, so herzlich von dem Jüngeren in die Arme geschlossen zu werden. "Du…Du bist nicht sauer auf mich?" fragte er verwundert.

"Du sprichst noch mit mir?"

"Wieso sollte ich sauer sein? Und nicht mehr mit dir sprechen?"

"Naja, schließlich hat dich Raidon fertig gemacht, oder etwa nicht? Und zwar wegen mir! Wäre ich nicht gewesen, würdest du immer noch friedlich Bananenkisten auspacken und nicht mit so einem Gesicht rumlaufen. Zeig mal her, das sieht ja echt schlimm aus." Er betrachtete das Gesicht des Verkäufers.

Ein ansehliches lila angelaufenes Veilchen zierte dessen linkes Auge und eine übel aussehende Schramme lief quer über dessen Wange. Seine Oberlippe war aufgerissen und von Schorf überzogen. Um seine rechte Hand trug er einen Verband.

"Ach, das… Gar nicht so schlimm. Fünf gegen einen ist halt nicht so das Wahre. Aber ich halte zu dir, das weißt du doch."

"Gar nicht so schlimm? Das ist doch total brutal! Raidon ist so was von fies. Dich zu verprügeln! Auch noch zu fünft? Da sieht man mal, wie feige dieser Typ ist. Echt das Letzte."

Teru regte sich sehr über seinen Widersacher auf. Armer Hiroshi!

"Naja… Du, sag mal, bist du etwa deshalb nicht gekommen? Weil du dachtest, ich wäre sauer auf dich? Oder wie soll ich das verstehen?"

"Ja, zum Beispiel. Ist doch so! Wäre ich nicht gewesen…"

"Hey, jetzt mach dir mal keine Selbstvorwürfe! Ich bin okay! Jetzt will ich aber lieber wissen, was mit dir passiert ist. Du hast anscheinend jemanden gefunden, der dir das mit der Harley ausredet. Ich meine, du lebst ja noch…"

"Naja, also die Harley… die ist futsch. Kaputt. Wer das war, kannst du dir wahrscheinlich denken." Warum auch immer war Teru kaum noch traurig. Daran war wohl Akira schuld.

"Oh…" Hiroshi wusste, wie sehr sein Freund an diesem Fahrzeug gehangen hatte.

"Aber gefunden habe ich wirklich jemanden. Naja, ich denke, du willst alles wissen…" schwerfällig ließ Teru sich auf eine Kiste sinken. "Schieß los!" Meinte Hiroshi interessiert. Und so erzählte Teru alles, was ihm in den letzten Tagen passiert war. Sein Verhältnis mit Akira ließ er jedoch aus. In diesen Dingen war er sich mit sich selbst nicht einig, außerdem hätte er auch nicht gewusst, wie er das dem Jüngeren beibringen sollte.
 

Nachdem er geendet hatte, starrte Hiroshi ihn erstaunt an.

"Wow… das ist ja ne Menge für die paar Tage…"

"Aber jetzt will ich wissen, was mit dir los war!"

"Naja, das weißt du doch schon. Kurz nach Ladenschluss sind Raidon, die Zwillinge und noch zwei andere Typen aufgetaucht, haben mich ins Kreuzverhör genommen und verdroschen. Nach ner Weile ist mein Chef aufgetaucht, und da sind sie dann abgehauen. Wäre ich an ihrer Stelle auch, der hat schließlich seine zwei Meter Größe. Hat mich nach Hause gebracht und mir frei gegeben. Naja, bin dann nen Tag zu Hause geblieben, aber ich muss halt auch verdienen. Hab mir verdammt noch mal Sorgen um dich gemacht, hast dich ja schließlich nicht gemeldet…"

"Also, das ist ja so was von süß von dir!" Teru war begeistert. So hatte er den schüchternen Hiro gar nicht eingeschätzt. Jetzt erst wurde ihm bewusst, das sie schon einige Zeit mit reden verbracht hatten, es wurde schon spät.

"Naja, ich mach mich dann mal auf die Socken…" meinte er.

"Nix da. Ich geb dir noch was mit, wenn du jetzt so weit weg bist, kannst du ja nicht ständig kommen. Hab den Chef gefragt, der legt dir sogar schon immer was zurück. Ist echt schwer in Ordnung, der Mann."

"Oh… das ist nett. Bedank dich von mir bei ihm. Das hätte ich nicht erwartet. Du bist echt immer für ne Überraschung gut, Hiro!"

"Jaja…"Rasch verschwand der errötende Verkäufer im Laden. Kurz darauf kehrte er mit vier prallen Tüten voller Lebensmittel, Getränke und verschiedener Haushalts- und Gebrauchsgegenstände zurück. "Hey.. das.. ist viel! Danke!" Überrascht nahm er die Tüten entgegen. Onigiri, Fertiggerichte, Tee, Coke, Wasserflaschen, Dosen mit verschiedensten Gerichten, eine Decke und allerhand wundervolle Dinge, so schien es ihm. "Naja, bis demnächst… Wir sehen uns!" rief Hiroshi ihm zu und verschwand schnell im Laden.

Mit einem warmen Glücksgefühl im Bauch machte Teru sich auf den Heimweg. Da würde er Akira sich sicher freuen, da war er sich sicher.
 

Nachdem er schon eine ganze Weile gelaufen war und sich mehr als genug darüber aufgeregt hatte, dass er keine Shinkansen-Karte hatte, wurde es langsam dunkel.

Er setzte sich auf eine kleine Vorgartenmauer und nahm eine Flasche Coke aus der Plastiktüte. Rasch stillte er seinen Durst und wollte sich auch schon wieder auf den Weg machen, als ihn das Geräusch von schnellen Schritten innehalten ließ. Misstrauisch starrte er in die Dämmerung. Wer ging um diese Zeit durch diese verfallene Siedlung? In der letzten Zeit hatte nach sechs Uhr niemanden mehr gesehen.

Da bog auch schon ein Mädchen um die Ecke. Sie sah aus, als käme sie gerade aus dem Harajuku-Viertel. Sie trug ein blasslila Kleid mit unzähligen Rüschen, weiten Ärmeln und unzähligen Unterröcken. Langsam wanderte Terus Blick von den Plateaustiefeln über die Netzstrumpfhose, das Kleid, die große Anzahl aus Schmuckstücken bis über das Gesicht mit aufwändigem Make-up. Plötzlich erschrak er.

Pinke Haare.

Das Mädel hatte doch tatsächlich knallpinke Haare! Sofort kamen die Erinnerungen an sein peinliches Erlebnis mit den Chizu zurück. Jetzt mal ruhig Blut, rief er sich zu Recht. Nur weil du jemanden mit pinken Haaren siehst, musst du nicht gleich durchdrehen. Diese Cosplayer färbten sich doch ständig die Haare. Und wenn nicht gefärbt, dann war es eben eine Perücke.

Unbeteiligt starrte er auf den Boden. Wenn sie ihn bloß nicht ansprach!

Für Konservation dieser Art hatte er im Moment überhaupt keinen Nerv.

"Was machst du denn hier?" Verdammt, es passiert wohl nie das, was man sich wünscht, dachte er.

"Sitzen. Was dagegen?" gab er unwirsch zurück.

"Nein Nein. Ich sehe hier bloß fast nie jemanden. Musst mich ja nicht gleich anschnauzen" schmollte sie.

"Bin halt nicht gut drauf. Geht dich doch nichts an." Die war aber auch hartnäckig!

"Dann komm doch mit mir, was trinken oder so…"

"Keine Lust"

"Jetzt komm schon. Wer kann mir schon widerstehen? Wir können was trinken, zusammen tanzen und uns dann ein Hotelzimmer nehmen. Du siehst nich so aus, als würdest du gleich in deine Prachtsuite zurückkehren."

Sie schien sich ihrer Sache sehr sicher. Außerdem glaubte Teru immer wieder, sie auch bei den anderen Chizu im Hotel gesehen zu haben. Denn schon durch die Art, wie sie mit ihm sprach, wurde ihm klar, dass sie eine Chizu sein müsste.

Diese Mädels waren ihn irgendwie unheimlich. Er beschloss, Akira nach dieser merkwürdigen Gang zu fragen.

"Verdammt noch mal, ich sagte doch, ich hab keinen Bock auf dich und dein Getue!" herrschte er sie an.

"Wie sprichst du denn mit mir? So eine Unverschämtheit! Jetzt kommst du erst recht mit!" Sie packte ihn am Arm und wollte ihn siegesgewiss mit sich ziehen.

"Jetzt lass mich endlich in Ruhe, Nervensäge!" knurrte er und riss sich los. Rasch packte er die Tüten und machte auf dem Absatz kehrt. Zügig ging er die Straße hinunter und ließ ein vollkommen verdattertes Mädchen stehen. Warum auch immer war diese komplett verwirrt. Anscheinend war sie sich sicher gewesen, das Teru sofort mit ihr kommen würde.

Er musste Akira unbedingt nach diesen unverschämten pinken Girls fragen.

Immer schneller ging er seinem "Zuhause" entgegen.
 

Dieser Hiroshi. Immer für eine Überraschung gut. Teru konnte nicht glauben, was er alles in den Tüten fand. Damit konnte man sich ja bestimmt einen Monat in der Sahara aufhalten. Bestimmt zehn unterschiedlich große Flaschen mit Wasser, Coke, Saft, Tee und Limonade, dazu diverse Lebensmittel wie zum Beispiel Konservdosen mit Ravioli, Gemüsesuppe und verschiedensten Gerichten. Fertigpackungen mit Yakitori, chinesisches Nikuman, Sesambällchen, Sushi und Onigiri.

Sogar verschiedene Süßigkeiten waren dabei. Das war erst der Anfang einer langen Speiseliste, der noch eine ganze Menge anderes folgte, was man halt so im Haushalt brauchte. Einmalfeuerzeuge, eine etwas ramponierte Taschenlampe, Pappteller, Shampoo und so viele andere Dinge, die Terus Herz höher schlagen ließen. Besonders freute er sich über die karierte Decke und einen Stapel Zeitschriften. Nach und nach stapelte und sortierte er alles in Schränke, Regale und Schubladen.

Nur nicht nachdenken! , schien immer mehr zu seiner Devise zu werden. Was diese Mädels eigentlich von ihm wollten? Aber bloß nicht anfangen, nachzudenken.

Er deckte den Tisch mit den herrlichen Gerichten ein und bereitete sich und Akira ein Nachtlager in dem alten Schlafzimmer. Als er schließlich nichts mehr fand, was er tun konnte, setzte er sich mit den Zeitschriften auf ein altes Sofa und begann zu lesen. Doch konnte er sich nicht wirklich auf den Klatsch der letzten Tage konzentrieren. Immer wieder wurden seine Gedanken auf die von ihm verbotenen Wege geleitet. Die Harley war da noch das kleinste Problem. Die Chizu. Sein Aufenthaltsort. Und immer wieder Akira. Ob er wirklich nichts mit Ayame hatte?

Plötzlich fiel im siedend heiß Akiras erstes Telefongespräch mit Ayame ein. Hatte dieser nicht auf einen von Ayames Sätzen mit "Ich dich auch" geantwortet? Doch, da war er sich sicher. Und antwortete man dies nicht normalerweise auf die Aussage "Ich liebe dich?"

Nein, das bilde ich mir jetzt nur ein, sagte er sich bestimmt. Nur keine Gespenster sehen. Hätte er ihn, Teru, sonst geküsst? Und sich beinahe nicht mehr beherrschen können? Und diese Torte für ihn besorgt? Fragen über Fragen, und keine Antwort.

Halt, Stop, wies er sich zurecht, ich denke schon wieder zu viel. Aber doch… was war da bloß mit den beiden? Er kam einfach nicht los von dieser Frage.

Plötzlich lies ihn das Quietschen von rostigen Scharnieren aufschrecken. Die alte Holztür!

"Teru? Bist du da?"

Dieser wollte sich selbst nicht eingestehen, wie sehr er Akiras Stimme vermisst hatte. Auf einmal war ihm alles peinlich. Wie konnte er Akira nur anhängen, dass er ihn betrog? Und dieser gedeckte Tisch… Wie würde er das interpretieren? Rasch versteckte er sich hinter seiner Zeitung und ließ sich immer tiefer ins Sofa sinken.

"Was machst du denn da?" erstaunt blickte Akira über die Zeitung. Zum wiederholten Male überwältigt von dessen blauen Augen blinzelte Teru zu ihm hoch.

"Ach.. nichts…" Stammelte er.

"Du bist soo niedlich!" rief Akira entzückt. Er riss Teru die Zeitung aus den verschwitzten Händen und zog ihn in eine stürmische Umarmung.

"Du weißt ja gar nicht, wie süß du bist." Er drückte ihm einen dicken Schmatzer auf den Mund.

"Ich bin nicht süß!" rief dieser trotzig, wobei ihm sofort selber klar wurde, wie kindisch sich das anhörte. Das schien auch der Ältere zu merken.

"Und ob du süß bist. Ich kann das immer noch am besten beurteilen."

"Und was ist mit Ayame?" rutschte ihm heraus. Verdammt, ich bin so ein Hohlkopf!, dachte er.

"Wieso Ayame?" Verwundert sah Akira ihn an. "Ich hab dir doch gesagt, da ist nichts zwischen uns.

"Aber damals… am Telefon.. da hast du mit "Ich dich auch" geantwortet…" beschämt vergrub er sein Gesicht in den Händen.

"Und deshalb dachtest du, sie hat gesagt, "ich liebe dich"? Aber natürlich nicht! Ich liebe nur und einzig und allein dich, das musst du mir glauben! Ich verspreche dir hoch und heilig, dass da nichts zwischen uns ist!

Was denkst du denn, warum ich bei dir immer die Beherrschung verliere? Das ist mir sonst noch nie passiert. Aber… ich liebe dich! Nur dich!"

Bei diesen Worten schossen Teru die Tränen ins Gesicht.

"Na…Natürlich glaube ich dir. Tut…Tut mir leid. Aber das hat mir einfach keine Ruhe gelassen. Ich… ich ha…habe dich gar nicht verdient! Du sagst so liebe Sachen zu mir und ich… und ich… hänge dir einfach so ne Scheiße an… Aber… Ich liebe dich auch, nur damit du's weißt…" Jetzt war es heraus. Und obwohl er es sich immer noch nicht eingestehen wollte, wusste er, dass es die Wahrheit war.

"Oh.. du bist einfach…" Und dann schloss Akira ihn in seine Arme. Erst als Terus Tränen versiegt waren, ließ Akira ihn langsam los.

"Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Dass du megasüß bist, weißt du ja schon. Und… sag mal, bist du etwa wirklich eifersüchtig auf Ayame gewesen?"

"Ich bin nicht eifersüchtig!!! Das bildest du dir bloß ein!" rief Teru entsetzt. Schmollend verschwand er wieder hinter einer Zeitung. Was der sich einbildete! Er und eifersüchtig!

"Natürlich bist du eifersüchtig." Wieder blinzelte Akira über den Zeitungsrand.

" 'Die Börsenkurse im Überblick. Eine ausführliche Erklärung mit Interpretation.' Ist das wirklich so interessant?" fragte er.

"Ja." Schmollte Teru weiter. Dabei hatte er noch keinen einzigen Satz gelesen.

"Aber nicht interessanter als mit mir dieses wundervolle Abendbrot zu verputzen, womit du mich überraschen wolltest. Ist dir übrigens gut gelungen." Und damit riss er ihm zum zweite mal die Zeitung aus den Händen. Dann packte er Teru und zog diesen zappelnd ins Esszimmer.
 

"Wo hast du das eigentlich alles her, wenn ich fragen darf?" wollte Akira wissen, nachdem er die dritte Packung Lachs-Sushi verputzt hatte.

"Von einem Typen, dem ich mal mit seinem Chef geholfen habe." Antwortete Teru zielsicher.

"Hm?" Irgendwoher kam Akira das bekannt vor.

"Ach so. Von deinem besten Freund aus Kindheitstagen?"

"Genau. Hiroshi Kanaye. Arbeitet im Konbini bei diesem Riesen von Ladenbesitzer in der Nähe vom Bahnhof."

"Scheint ein netter Typ zu sein, wenn er dir das alles schenkt. Einfach so an seinem Chef vorbei… Wie alt ist er denn?

"16. Und…"

"Hat er eine Freundin?" unterbrach Akira ihn.

"Hiro? Ne, der ist viel zu schüchtern. Wieso?" Da ging ihm ein Licht auf.

"Jetzt bist du hier aber der Eifersüchtige, gibs zu!"

"Tja, Terulein, ich gebe das im Gegensatz zu dir zu. Ich bin eifersüchtig auf jeden, der mehr mit dir zu tun hat als ich. Und zwar erst recht, wenn dieser Jemand keine Beziehung hat. Und mit deiner Aussage eben hast du mir auch noch bestätigt, dass du sehr wohl eifersüchtig auf Ayame bist, aber das hab ich ja gleich gesagt." Überlegen grinste er den Jüngeren an.

Sofort wurde Teru rot. Das er immer auf diese fiesen Wortspielereien hereinfallen musste!

"Du bist voll fies, wenn ich das mal anmerken darf!" beschwerte er sich.

"Ich und fies? Niemals! Und schon gar nicht zu dir."

Wieder einmal zog er den sich wehrenden Teru auf seinen Schoß.

"Sag so was nicht. Das macht mich traurig."

"Und das ist noch viel fieser. Ich werde ins Fitnessstudio gehen, dann hat diese Herumschlepperei ein Ende, nur damit du's weißt!" schmollte er.

"Machst du doch sowieso nicht. Und du bist so süß, wenn du schmollst! Und außerdem, du gefällst mir ohne Fitnessstudio am besten, nur damit DU Bescheid weißt. Ich liebe dich so, wie du bist."

"Fiesling" murmelte er, verkroch sich aber immer weiter in Akiras Schoß.

"Nix da. Ich bin nun mal kein Fiesling, sieh das ein. Du hast mich doch genauso lieb, ich merk das schon."

Dann drehte er Teru zu sich herum und presste die Lippen auf den Mund seines Gegenübers. Dieser wehrte sich Ausnahmsweise mal nicht.

Irgendwie hatte Akira ja recht. Es gefiel ihm tatsächlich. Und so gab er sich dem hin und küsste überschwänglich zurück.

"Na siehst du. Klappt doch ganz gut." murmelte Akira. Die Entwicklung Terus gefiel ihm außerordentlich gut. Seine eigenen Probleme nahmen in seinem Kopf aber nach und nach Überhand.

Wie sollte er die Sache mit Ayame regeln? Und wie sollte er Teru und die Panthers miteinander verknüpfen? Doch als er erneut von Teru geküsst wurde, verbannte er all dies aus seinem Kopf. Wie man in Gegenwart von diesem wundervollen jungen Mann bloß an Ayame und Probleme, was eigentlich das Selbe war, denken konnte.

Er war ein ganz großer Fiesling, da hatte Teru recht.
 

Nachdem sie die Reste des riesigen Abendbrotes in den Regalen und Schränken verstaut hatten, gingen sie gemeinsam zurück in das mit den neuen Sachen von Hiroshi ausgestattete Schlafzimmer. Als er all das sah, freute sich Akira umso mehr.

Als sie kurz darauf nebeneinander unter der nagelneuen Bettdecke eng aneinander gekuschelt lagen, fiel Teru plötzlich das seltsame Mädel mit den pinken haaren ein. Er hatte ganz vergessen, Akira danach zu fragen.

"Du, Akira…" setzte er an.

"Mmh, was denn, Süßer?"

"Nenn mich nicht so! Aber bevor ich wider vergesse, was ich sagen will, und mich über dich aufrege: Weißt du, wer diese komischen Mädels mit den pinken Haaren sind?"

"Cosplayer?" Fragte dieser verschlafen.

"Keine Ahnung. Als ich sie das erste Mal gesehen habe, bevor du mich von der Straße gesammelt hast, hab ich in nem altem Hotel gepennt. Die haben mich geweckt. Da standen auf einmal bestimmt zwanzig rosahaarige Mädels um mich rum.

Die Eine, war bestimmt der Boss oder so, hat mich erst vollgelabert von wegen ich sei bei ihnen eingedrungen und das sei ihr Hauptquartier und so. Als mir das nicht viel ausgemacht hat, hat sie mich angemacht, so im Sinne von 'Wie wär's denn mit uns beiden'. Da bin ich abgehauen und alle haben mich angestarrt als wäre das was Besonderes, dass nicht jeder mit ihrem Boss ins Bett will. Heute hab ich wieder eine gesehen, war so ähnlich. Erst hat sie mich vollgelabert und dann angemacht. Als mich das nicht interessiert hat, hat sie mich angeglotzt als wär ich 'n Alien oder so."

Wie vom Blitz getroffen saß Akira auf einmal senkrecht im Bett und starrte seinen Schützling entsetzt an.

"Chizu.", flüsterte er entsetzt. Panisch schloss er seinen Teru in die Arme.

"Bitte sag nicht, dass es die Chizu waren."

"Also naja…" verwundert starrte Teru Akira an. "Ich fragte so: Wer seid ihr?, und sie meinte…"

" 'Wir sind Chizu. Und mehr musst du nicht wissen.' Oh mein Gott, bitte lass das nicht war sein!" Bestürzt ließ Akira sich in die Kissen zurücksinken. Verwundert sah Teru ihn an.

"Genau. Woher weißt du dass? Und was ist an den denn so schlimm? Bis jetzt ham sie mir nix getan. Was machst du den für ein Gesicht?" Er verstand gar nichts mehr. Schon, die Chizu waren aufdringlich und nervig, sie hatten ihn aus diesem Bunker vertrieben, aber wirklich schlimm waren sie ja nicht gewesen. Deshalb verstand er auch nicht das totale Entsetzen auf Akiras Gesicht.

"Die pinken Teufel. Ich habe genug Ahnung von ihnen. Leider. Auch ich habe schon so eine Begegnung hinter mir. Ich werde dir die Geschichte der pinken Racheengel erzählen. Magst du Legenden?"

"Okay… Ja, ich liebe Geschichten. Schieß los!" meinte Teru.

"Na gut. Aber es hat kein gutes Ende, jedenfalls nicht für uns."
 

"Vor langer Zeit, als die Götter noch Feste feierten, da schlossen sich die Götter Isamu, Riku, Takai und die Göttin Ai zusammen, um etwas Neues zu gründen. Sie waren kaum bekannt und hatten eigentlich nie viel vollbracht, und so lösten sie sich von der Herrschaft der großen Herrscher, um ihr eigenes Werk zu vollbringen.

In einer mondhellen Nacht trafen sie sich in einer Gartenlaube im Garten der Ai, um den Mut und die Tapferkeit Isamus, die Gestaltungskunst Rikus und die Schönheit und Eleganz Ais zu vereinen und ein eigenes Land zu gründen.

Über Takai wusste niemand etwas, er sprach fast nie und verbarg sich immer unter einer nachtblauen Robe. Trotzdem sollte er strategisch und künstlerisch sehr bewand sein, und so schloss er mit den anderen dreien einen Pakt. Sie wollten zu viert ein neues Imperium schaffen, das weit über seine Grenzen Erfolg und Ruhm haben sollte. Also erschufen sie nach Rikus Idealen eine riesige Insel, der er mit einer Strähne seiner schillernden Haare sein Zeichen setzte.

Schon jetzt war das Land wunderschön. Doch Ai verlieh dem Land etwas Unvergessliches, etwas Einzigartiges. Sie ließ Kirschbäume blühen, Flüsse fließen und Bergketten in einem hellen Glanz erstrahlen. Mit jedem Pinselstrich ihres farbenfrohen Tuschkastens wurde das Land schöner und strahlender.

Isamu aber gründete die Städte und Dörfer, eine prachtvoller als die andere. Die größte aber sollte der zentrale Punkt des gesamten Landes werden. Sie wurde riesig, jedes kleinste Viertel hatte seine eigene Bedeutung und seinen eigenen Status.

Um die Städte und Dörfer zu besiedeln und lebendiger zu machen, erschuf Takai Menschen nach seinen Idealen, keiner wie der andere. Sein Paradeexemplar nannte er Takeo, den Helden.

Nun war aber Ai nicht damit einverstanden, Takeo als Mann alleine und unbeschränkt als Prachtstück regieren zu lassen. Also erschuf sie eine Frau, bei deren Anblick ihr jeder verfiel, so schön war sie. Sie sollte über Takeo wachen und ihn lieben. Isamu, der die schöne Ai schon lange liebte, taufte sie Mamiko, Tochter der wahren Schönheit.

Die beiden sollten zusammen glücklich werden. Somit war das Werk der vier Götter getan, und sie nannten das Land Japan.

Für eine ganze Zeit betrachteten die vier ihr Werk und erfreuten sich daran. Aber mit der Zeit wurde Takai immer unzufriedener. Ihm missfiel die Überwachung Takeos durch Mamiko. Es passte ihm nicht, das Mamiko so viel Macht über ihren Geliebten hatte und dieser sich alles gefallen lassen musste.

Und da sein Schöpfer unzufrieden war, wurde auch Takeo unzufrieden. Er begann Mamiko zu verabscheuen. Er versuchte sie loszuwerden und alleine zu herrschen. Aber ein ums andere mal wurde er von Ai, Isamu oder Riku daran gehindert.

Dies ging so weit, das Takai aus dem Bunde verstoßen wurde. Dieser war schrecklich entzürnt, und so befahl er Takeo Mamiko zu töten, während er die anderen drei ablenkte. Denn Ai liebte Mamiko wie ihre eigene Tochter, und Riku und Isamu würden alles für die Schönheit tun. Takai schaffte es durch eine Hinterlist, den Bund der drei abzulenken.

Doch Ai bekam im letzten Moment mit, was Takai plante. Um seinen Plan nicht zu gefährden, versuchte dieser in seiner Raserei Ai umzubringen. Isamu und Riku waren Kämpfer im Gegensatz zu der hübschen Göttin und wollten diese beschützen. Sie bezahlten mit ihrem Leben. Währenddessen war Ai zu Mamiko geeilt, doch es war zu spät. Dieser hatte die wunderschöne Gottestochter bereits hinterlistig ermordet. Als sie dies sah, brach sie in bittere Tränen aus. Sie wurde schrecklich wütend. Da sie selber viel zu unschuldig war, um jemanden zu töten, entsandte sie Racheengel.

Diese sollten ewig leben und durch ihre Schönheit jeden Mann betören. War dies getan, sollten sie ihn töten. Diese Rächer hatten jeder einen Teil des Fächers der Ai. Nur wenn dieser Teil verbrannt wurde, starben sie. Zum Erkennungszeichen wurden die pinken Haare. Die Göttin nannte ihre Racheengel Chizu, die Langlebigen. Die Chizu konnten selber keine Liebe empfinden, aber jeder liebte sie. So war die Rache an Takai perfekt, denn auch dieser liebte seine Geschöpfe. Als dieser vom Kampfe mit Isamu und Riku als einziger Überlebender stark geschwächt zurückkehrte, ließ Ai außer sich vor Wut drei der Engel auf ihn los. Diese gaben ihm den Rest.

So schickte Ai alle Engel auf ihre blutige Mission. Bis heute morden sie, denn der Teil des Fächers ist winzig und wird von jeder Chizu gut versteckt und beschützt. Die drei, die gegen Takai gewonnen hatten, wurden auf drei Gebiete verteilt und hatten eine Führungsrolle inne. Niemand kann sie stoppen."

Chapter 4

Teru zitterte. Er zitterte, wie er es in seinem Leben noch nicht getan hatte.

Schon seit über einer halben Stunde versuchte Akira, ihn zu beruhigen. Vergeblich.

Erst hatte Teru überhaupt nichts kapiert. Von dieser Geschichte, schön und schrecklich zugleich.

Erst als Akira hinzusetzte, "Wenn sie einmal ein Opfer gefunden haben, lassen sie nie wieder von ihm ab. Sie haben genug Zeit.", war ihm alles auf einmal klar geworden.

Wie ein Puzzle hatten sie alle Teile, die ihn verwirrten, zusammen gefügt.

Warum die Chizu alle beide so erstaunt und entsetzt gewesen waren, als er sich nicht von ihnen betören ließ.

Warum die Letzte so energisch und hartnäckig und dann komplett entsetzt war.

Und warum er in seinem bisherigen Leben noch nie Mädels wie diesen begegnet war und dann gleich zwei in wenigen Tagen.

Die ganze schreckliche Wahrheit baute sich vor ihm auf, so riesig und unübersehbar wie der Tokyo Tower. Siw wollten ihn töten. Und sie hatten Zeit. Gewissheit. Mittel. Und Wissen. Eben alles, was er nicht hatte. Zu diesem Zeitpunkt brach er in Panik aus.

Und seitdem hatte er nicht mehr aufgehört zu zittern und Akira mit schreckgeweiteten Augen anzustarren. "Sag dass das nicht wahr ist. Bitte sag, dass du dir die ganze Geschichte ausgedacht hast. Lass es nicht wahr sein.", flüsterte er monoton.

"Ist ja gut. Beruhige dich. Ich beschütze dich. Ich lasse nicht zu, dass dir was passiert.", versuchte Akira ihn zu beruhigen.

Sanft strich er dem Jüngeren über den Kopf. Dann gab er ihm einen Kuss. Dieser ließ alles mit sich geschehen. Er war zu erschüttert, um zu protestieren.

Plötzlich fiel Teru etwas auf.

"Du hast doch gesagt, du hattest selber schon mal eine Begegnung mit ihnen… Heißt das etwa…"

"Ja, ich bin bereits einer Chizu begegnet." Antwortete Akira.

"Aber… wieso…?"

"Du siehst doch, ich lebe." Meinte dieser. "Noch…" fügte er leise hinzu.

Auf einmal schloss Teru Akira fest in die Arme. Zu seiner Verwunderung merkte Akira, dass dem Kleineren Tränen über die Wangen liefen.

"Hey… Wieso weinst du denn auf einmal?" fragte er verwundert.

"Ich habe Angst. Um dich. Ich mein, bei mir ist das ja nicht so schlimm, aber bei dir… Ich will dich nicht verlieren. Ich will nicht, dass sie dich kriegen!" schniefte er.

Gerührt schloss der Ältere Teru in die Arme. "Du bist ja so süß!" Er war sichtlich gerührt. Sanft küsste er ihm die Tränen von den Wangen. "Weine nicht, mein Schatz. Ich liebe dich. Ich passe schon auf mich auf. Und erst recht auf dich. Du bist der wichtigste Mensch in meinen Leben. Und so schnell wirst du mich auch nicht wieder los, da verlass dich mal drauf!"

Langsam beruhigte Teru sich. Er kuschelte sich in Akiras Arme.

"Wieso sind wir eigentlich immun gegen sie? Ich meine, so wie sich dass anhörte, wollte Ai doch, dass ihnen jeder Mann sofort verfällt. Mir hingegen waren sie einfach nur nervig. Ich war nicht irgendwie gelähmt oder stand unter einem Bann oder so. Ich wollte bloß, das sie mich in Ruhe lassen und bin ganz einfach weggegangen."

"Ich weiß es nicht." Meinte Akira nachdenklich. "Vielleicht liegt es daran, dass wir schwul sind."

Bei diesen Worten schreckte Teru zurück. 'dass wir schwul sind', dieser Ausdruck wollte ihm immer noch nicht in den Kopf. Er war sich zwar inzwischen klar, dass er Akira liebte, aber dessen Worte wollten ihm einfach nicht so richtig in den Kopf.

"Was ist denn?", fragte Akira verwundert.

"Ach nichts. Ich weiß bloß nicht, wie wir aus diesem ganzen Schlamassel herauskommen sollen. Schon, sie können uns nicht anhaben, weil wir… weil wir nun mal anders sind. Aber was können wir machen? Abwarten und Tee trinken passt wohl nicht so ganz."

"Du hast Recht, wir müssen aufpassen. Aber ich denke, mehr können wir nicht tun. Was willst du gegen eine Unsterbliche ausrichten?" meinte Akira.

"Aber was ist denn mit der Sache mit dem Teil des Fächers? Wäre das keine Möglichkeit? Wie sieht der überhaupt aus? Wenn wir so einen verbrennen…"

"Dass ist unmöglich! Der Teil ist eins der Balsahölzer eines Fächers. Ein Fächer besitzt normalerweise 25 dieser Hölzer. Wenn sich eine Chizu fortpflanzt, wird dieser Teil zerbrochen. Insgesamt kann man jeden Teil acht Mal zerbrechen. Dass heißt, es gibt in ganz Japan an die 200 Chizu. Und in Tokyo leben bis zu 40% der Chizu, weil Tokyo natürlich die Stadt aus der Legende ist und somit das Zentralgebiet der Erschaffung. Das heißt wiederum, es gibt an die 80 Chizu in Tokyo!

Jede von ihnen ist absolut tödlich. Und es kommt noch schlimmer: sie halten sich meistens in Gruppen auf. Auch wenn du nur eine siehst, es gibt mindestens fünf andere in deinem Umkreis. Und der Fächerteil ist jeder der größte Schatz. Sie tragen ihn zwar immer bei sich, aber er ist gut verborgen." Beendete Akira seine Ausführungen.

"Aber wenn sich ganz viele Frauen und d Schwule zusammenschließen würden, könnte man dann nichts machen?", fragte Teru.

"Nun ja, es ist ja nicht so, dass diese Legende bekannt ist. Sie ist sogar fast keinem bekannt. Und vom dem Fächer und seiner Wirkung weiß so gut wie niemand."

"Und woher weißt du dann alles? Das war doch ne reife Darbietung, dieses ganze Wissen?!" wunderte sich der Jüngere.

Verdammt, dachte Akira. Dass weiß ich alles von Ayame. Jedes Detail. Woher hatte die das eigentlich, wenn es so unbekannt war?

"Ähm… also… Ich hab dass so nach und nach rausgefunden. War nicht einfach." Sagte er schnell.

"Ach so", meinte Teru. Er merkte, dass Akira ihm etwas verbarg, aber er dachte nicht lange darüber nach. Er war viel zu beschäftigt damit, sich über ihre Situation Gedanken zu machen. Es war wirklich verzwickt.

"Lass ins erstmal eine Nacht darüber schlafen", meinte Akira. Der Stress seines Tages beschwerte ihm trotz der ernsten Lage Müdigkeit.

"Meinetwegen", sagte Teru. Auch er war müde von den Strapazen des Tages.

Also kuschelten sie sich eng aneinander in die warmen Decken Hiroshis. Teru schlief wie immer fast sofort ein. Akira bewunderte ihn dafür. Er lag wie immer noch wach und dachte nach. Aber der schlafende Teru fesselte seinen Blick. Wie er sich eng an ihn kuschelte, fast Schutz suchend wie ein kleines Kind.

"Ich liebe dich einfach", flüsterte er leise. Er gab Teru einen Kuss auf die Stirn, dann auf den Mund. Dabei rutschte die Decke von Teru herunter und entblößte dessen freien Oberkörper. Langsam wanderten Akiras Küsse vom Gesicht des Jüngeren über dessen Hals und Brust. Sanft liebkoste er die harten Brustwarzen Terus. Er verlor beinahe die Beherrschung, als er den kleinen Unruhestifter so unschuldig liegen sah.

Plötzlich regte sich Teru unbehaglich im Schlaf. Sofort war der Ältere wieder bei Sinnen. Wie konnte er nur! Was sollte Teru denn denken, wenn er aufwacht! Ich muss einfach lernen, mein Verlangen zu zügeln, dachte er. Irgendwann wird auch Teru bereit sein. Ihn so im Schlaf zu überfallen, wäre rücksichtslos und unverantwortlich, dachte Akira. Ich muss dass einfach schaffen. Er nahm die Decke und zog sie wieder über Terus Oberkörper.

"Gute Nacht, mein Schatz", flüsterte er. Was Teru wohl träumte? , fragte er sich. Kurz darauf sank auch er in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
 

"Was zur Hölle…" Fluchend rappelte sich Akira, von metallischen Klingeln seines Handys geweckt, auf. Teru aber ließ die Augen geschlossen.

Rasch angelte sich Akira das Handy aus seiner am Boden liegenden Hose und verschwand im Nebenraum. Er drückte den Annahmeknopf und schnaubte erstmal ein verstimmtes "Hab noch gepennt" ins Telefon.

Sobald er mitkriegte, wer am anderen Ende war, wurde seine Stimme gezwungen sanfter.

"Ach, morgen Ayame, du bists… Jaja…ne Quatsch, natürlich bin ich alleine…Muss das sein? Nene… doch klar, bin in ner haben Stunde da…Nein verdammt, ich sag doch ich hab noch geschlafen! Tschüss." Dann legte er, sichtlich verstimmt, auf. Als er zurück zu Teru ging, hatte dieser seine Augen geöffnet.

"Du musst wieder weg, oder?" fragte er traurig.

"Ich… ja, leider…" erwiderte er leise. "Aber ich beeile mich. Bin zum Mittag wieder da. Und außerdem… ich hab noch was für dich.", meinte er, während er rasch in seine Hose und ein Hemd schlüpfte. "Steht im Keller, gucks dir mal an, wenn du angezogen bist." Dann setzte er rasch seinen Motorradhelm auf und verschwand, bevor Teru auch nur ein Wort erwidern konnte. "Dir auch einen schönen guten Morgen", grummelte er in seine Decke.

Nachdem er noch eine weitere halbe Stunde nicht aus den Decken kommen wollte, wurde es ihm schließlich zu warm und sein Magen fing auch am zu knurren.

Also schälte er sich langsam aus seinem provisorischen Bett, wusch sich notdürftig und schlüpfte dann rasch in seine schwarze, zerrissene Jeans und das weite Oberteil mit den aufgedruckten Blutspritzern und dem Schriftzug "Don't worry, It's not my blood"

Trotz der bereits warm scheinenden Sonne zog er auch wieder seinen heiß geliebten Ledermantel an. Er barg einfach zu viele wichtige Erinnerungen. Nachdem er aus der immer noch gut gefüllten Küche ein leckeres Frühstück gegessen hatte, fielen ihm auf einmal wieder Akiras Worte ein: "Aber ich beeile mich. Bin zum Mittag wieder da. Und außerdem… ich hab noch was für dich. Steht im Keller, gucks dir mal an, wenn du angezogen bist" Das waren viele gute Informationen in wenigen Sätzen. Er würde nicht lange alleine bleiben. Akira würde bald wieder da sein, sie würden zusammen essen, vielleicht zusammen in die Stadt gehen oder einfach nur entspannen. Sein Herz zog sich vor Vorfreude zusammen, als er sich die vielen schönen Stunden vorstellte, die er mit seinem Schatz verbringen würde. Und dann war da noch diese mysteriöse Überraschung.

Er gab sich einen Ruck, sprang vom Tisch, auf dem er halb liegend gegessen hatte, stopfte sich die Reste eines süßen Onigiri in den Mund und trank in einem Schluck die Reste der Milchpackung leer. Diese entsorgte er auf dem Weg nach draußen in einem Plastiksack, den er und Akira am Vortag an die abgebrochene Türklinke gehängt hatten.

Der alte Keller war vom haus aus nicht mehr begehbar, da die Treppe einfach zu baufällig war. Schmunzelnd dachte er daran zurück, wie er am Vortag bei ihrer Einräumaktion beinnahe heruntergefallen war. Akira hatte ihn im letzten Moment am Mantel festgehalten und in seine Arme gezogen. Dann hatte er ihm einem Kuss gegeben und mit Blick auf seinem Pullover gesagt: "Fliegen kannst du so weit ich weiß noch nicht, kleiner Vampir." Sämtlicher Protest erstickte unter einem weiteren Kuss.

Diesmal ging Teru also weit vorsichtiger eine Hinterauffahrt hinunter. Die Sonne blendete ihn, er schien einfach zu lange in der Dämmerung des Hauses gewesen zu sein. Der Schatten hingegen war angenehm kühl und dunkel. Vorsichtig, um die Klinke nicht abzubrechen, öffnete er die breite Tür, durch die gut und gerne ein ganzes Bett gepasst hätte.

Bei dem Anblick hinter der Tür stockte ihm der Atem. Das konnte er einfach nicht glauben.

Die wenigen Sonnenstrahlen, die durch die Tür fielen, brachen sich in einem zum Glänzen gebrachten Chrom einer pechschwarzen Kawasaki.

Staunend trat er näher an sie heran und strich ehrfürchtig über die glänzenden, sich so vertraut anfühlenden Motorradteile, den weichen, aber ausgesessenen Ledersitz und die grünen Flammen, die überall aufgemalt waren.

Es war mit Sicherheit kein sehr neues Modell und auch schon recht abgenutzt, aber für Teru war es schöner als irgendetwas anderes auf der Welt, Akira ausgenommen.

Er konnte sich gar nicht sattsehen an dem herrlichen Fahrzeug. Woher hatte Akira das nur? Hatte er so viel Geld, oder hatte er es von der verfeindeten gang, von Raidons Leuten gar?

Aber das war ihm im Moment eigentlich ziemlich egal. Er wusste gar nicht, wie er das bei seinem Schatz wieder gutmachen konnte. Er war ihm so unendlich dankbar!

Der Zündschlüssel steckte, und so schwang sich Teru kurzentschlossen auf den Sitz, setzte den am Lenkrad hängenden Helm mit ebenfalls grünen Flammen auf und fuhr ohne sich großartig Gedanken über entsprechende Kleidung zu machen los. Noch seine Motorradkluft zu holen hätte ihm einfach zu lange gedauert.

Langsam kurvte er aus dem Hinterhof auf die bröckelige Strasse und schließlich auf eine vollkommen leere, gut geteerte Strasse, die um diese Zeit jedoch so gut wie verlassen war.

Der Fahrtwind strich ihm durch die Kleidung und wehte sie genauso wie den Mantel nach hinten. Er fühlte sich so frei wie lange nicht mehr.

Chapter 5

Teru konnte es einfach nicht fassen. Sein ganzes Leben schien von einer Sekunde zur nächsten komplett zerstört worden zu sein, mit einem riesigen Hammer wie ein altes Sparschwein zerschlagen. Und lag nun in Einzelteilen vor ihm. Er konnte seinen Augen nicht trauen. In voller Zufriedenheit und vor Glücksgefühlen überschäumend war er voller Elan auf den Kawakasaplatz eingebogen. Dieser hatte ein riesiges Sitzrondell in der Mitte und er wollte dort halten und sich kurz ausruhen.

Nur war dieser schon besetzt. Und zwar nicht von irgendjemanden. Zwischen einer Gruppe Jugendlicher jedes Alters, Geschlechts und Herkunft, saß Akira. Und auf einem Schoß ein Mädchen, vielleicht zwanzig Jahre alt. Ungewollt prägte er sich jedes Detail von ihr ein.

Die ewig langen, schwarzen Haare mit vielen bunten Strähnen.

Das pinke Kleid mit unzähligen Rüschen, Schleifen und Pailletten.

Die tausenden Haarspangen ihn ihrem Pony.

Und nicht zuletzt ihre blauen Augen und ihr stark geschminktes Gesicht.

Sie war schlank und sehr schön, und genau dafür hasste Teru sie. Den sie saß auf Akiras Schoß, auf seinem Schoß, genau wie er es immer getan hatte. Und sie gab ihm einen Kuss, mitten auf den Mund. Keinen freundschaftlichen Kuss, keinen Kuss wie unter Geschwistern. Dass Akira sein Gesicht zur Seite drehte, so dass der Kuss auf seiner Wange landete, sah er schon nicht mehr. Er sah nur Akiras wunderschöne Augen, die ihn in genau diesem Augenblick trafen. Dann drehte er sich um und trat mit voller Wucht auf das Gaspedal.

Sein ganzes ich brach in ihm zusammen. Er hatte es gewusst, tief in seinem Inneren hatte er es doch immer gewusst. So eine wundervolle Person konnte nicht alleine sein.

Er hatte eine Geliebte. Und er, Teru, hatte so eben Ayame kennengelernt, da war er sich sicher.

Aber hatte Akira nicht andauernd beteuert, er liebe Teru? Hatte er nicht gesagt, er wolle ihn nie verlieren? Sie wollten doch für immer zusammen bleiben, sich immer lieben. Wie oft hatte er ihm das beteuert. Er wollte ihn doch beschützen, immer auf ihn aufpassen, immer für ihn da sein. So oft hatte er das geschworen. Und jetzt, jetzt stellte sich alles als Luft, als leere Worte heraus. Leere Worte, falsche Versprechen, falsche Küsse. Alle dass schien ihm überhaupt nichts bedeutet zu haben. Und er, Teru, hatte ihm blind vertraut



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  Toastviech
2010-01-16T21:51:51+00:00 16.01.2010 22:51
HI~

Nach einiger Verwirrung über die Erneuerung des Kapis, habe ich es endlich verstanden und konnte weiter lesen.
^_____________^
Das Kapi ist gut geworden und hat einen bösen Nachgeschmack am Ende.
Man wird neugierig auf mehr
*ggg*
Ich freu mich also auf die Fortsetzung~

lg toasty
Von:  Kuroholic
2010-01-03T19:40:00+00:00 03.01.2010 20:40
so, bin endlich ma dazu gekommen, weiterzuschreiben^^'

Tut mir leid, ich hatte sehr viel Stress zuhause.
Und ausserdem hat mein Pferdechen ne Verletzung am Bein gehabt, musste mich sehr viel um sie kümmern. Sie wurde am 2. Weihnachtsfeiertag eingeschläfert=.(((

Ich hoffe, ihr habt mich nich vergessen und lest noch weiter, ich werde demnächst auch mehr schreiben^^'
Von:  Toastviech
2009-11-08T10:58:25+00:00 08.11.2009 11:58
Hi^^

Das kapi war kurz, aber knackig. Es steigert die Spannung und macht verdammt neugierig.
Der Anfang war klasse, da ich sofort eine Bindung zu Teru aufbauen konnte.Sprich mich in ihn hineinversetzen konnte ohne Probleme.
Ein genialer Startschuss für ein kapi.

lg Toasty
Von:  Toastviech
2009-11-08T10:55:07+00:00 08.11.2009 11:55
HI^^

Hier bin ich nochmal.
ICh habe mir den überarbeiteten Teil durchgelesen und fand ihn um einiges besser als die Originalversion. Du hast das Kapi stark verbessert.
Hut ab!
Natürlich werde ich weiter lesen und kommis hinterlassen.

lg Toasty
Von:  Kuroholic
2009-11-02T17:44:42+00:00 02.11.2009 18:44
danke für die Kritik^^
bin dir nicht böse, aber dazu muss ich was anmerken:
das was da bis jetzt ist, ist noch laaaaaaange nicht der Hauptteil der Geschichte, das kommt erst noch^^

hoffe du liest trotzdem weiter^^

lg, Vampi
Von:  Toastviech
2009-11-01T20:57:13+00:00 01.11.2009 21:57
hi

nya das ging jetzt aber flott.
Sie sehn sich einen Tag und dann wird die große Liebe gestanden und das Bett miteinander geteilt.
Die Story hat wunderbar angefangen, aber dann hast du den Düsentrieb eingeschaltet und bist durch die Story gerannt.
So hast du viele Effekte verspielt, so auch die Glaubwürdigkeit.
Teru kann doch nicht innerhalb eines Tages aktzeptieren, dass er schwul ist UND in Akira die große Liebe sehn.
Die Krönung war dann die verbrachte Nacht.
Es kam mir so vor als ob du den "roten Faden" der Geschichte aufgeschrieben und die Ausformulierung ausgelassen hast.

Zudem hat Akira seine geheimnissvolle Ausstrahlung verloren.Er kommt mir vor wie ein Teenager, der sofort die Liebe gesteht und meist ohne Punkt und KOmma spricht.


sry wenn ich jetzt nicht ganz so begeistert bin.

lg Toasty
Von:  Ningen_Sucker
2009-10-31T12:41:44+00:00 31.10.2009 13:41
...Wow...dieser FF ist dir guut gelungen...ist toll geworden ^^
Von:  Toastviech
2009-10-29T17:03:43+00:00 29.10.2009 18:03
HI^^

ICh finde dieses ff wirklich interessant und sehr realistisch.
Wer weiß was alles da draußen abläuft.

Ich bin gespannt wer dieser Fremde ist.

lg Toasty


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