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Ai shite iru

Eine Reise, die ihr Leben veränderte
von

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Der Brunnen

Hallo Leute, ich bin gespannt ob euch diese Story gefällt. Ich habe sie ursprünglich für eine Freundin geschrieben. Sie sollte ein richtig kitschiges Happy-End haben, daber sie hat sich dann verselbständigt und es ist eine Art Verwirrspiel mit jkurezn Kapiteln daraus geworden, manchmal etwas irreal. Mal sehen, ob ich euren Geschmack damit treffen kann.

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Der Brunnen
 

Sarah und ihre Freundin Christine standen vor der langen, steilen Treppe, die zum Higurashi-Schrein hinaufführte. Durch ein riesiges, geschwungenes Tor führten viele Stufen hinauf auf einen Berg. Es würden die Schritte in ein neues Schicksal sein... Die beiden Mädchen waren nach Japan geflogen, um dort einige Wochen Urlaub zu verbringen. Mit einer Studienreise über das Land wollten sie ihr Japanisch verbessern und sich die kulturellen Sehenswürdigkeiten des Landes ansehen. Der Schrein war der erste Punkt auf ihrer langen Liste der Sehenswürdigkeiten. Sie waren am Morgen mit ihrem Flugzeug gelandet und übermüdet, aber auch aufgeregt im Hotel angekommen. Lange hatten sie es dort nicht ausgehalten. Sie wollten sich dieses ungewöhnliche Land ansehen, die Menschen, die asiatische Kultur. Also duschten sie schnell, zogen sich um, packten ein paar Kleinigkeiten zusammen und zogen los. Wie fremdartig hier doch alles war. Die Straßen waren überfüllt mit Menschen, Unmengen von Autos brausten durch die Straßen, alle auf der falschen Seite. Die großen Einkaufsstrassen waren mit Reklametafeln gespickt. Moderne Läden und Einkaufszentren pflasterten die Straßen und wechselten sich ab mit Fast-Food-Ketten amerikanischer Firmen. Es war laut und stickig, brütende Sommerhitze lastete auf dem Land. Die beiden Frauen waren bald erschöpft von den vielen ungewohnten Eindrücken, die auf sie einstürmten. Um etwas Ruhe zu finden, beschlossen sie, einen Schrein in einer abgelegenen Seitenstraße nicht weit entfernt zu besuchen. Schritt für Schritt stiegen sie die nie enden wollenden Stufen hinauf. Die Treppe war steil, der Schweiß lief ihnen schon den Rücken hinab und sie überlegten, ob sich die Mühe überhaupt lohnte oder sie nicht besser umkehren und sich im kühlen Hotelzimmer einfach nur auf’s Bett legen sollten. „Ah, jetzt haben wir’s schon fast geschafft. Den Rest packen wir auch noch. Komm, nur noch ein paar Stufen!“, spornte Christine ihre Freundin an. Als sie endlich den großen Hof auf der Spitze des Berges erreicht hatten, sahen sie sich um. Mehrere Gebäude lagen verstreut auf dem großen Gelände. Ein riesiger Baum zog sie mit seinem verlockenden Schatten an. Sie setzten sich auf eine Bank davor und betrachteten die vielen Fähnchen, die um seinen gewaltigen Stamm gebunden waren. Der Baum schien sehr alt zu sein, bestimmt mehrere hundert Jahre. Sie schauten hinauf in seine sonnenumkränzten Wipfel, die sanft im Wind spielten. Schweigend saßen die beiden Mädchen da, legten den Kopf zurück und genossen die kühle Brise. Der Lärm der großen Stadt war von ihnen abgefallen, sie schlossen die Augen und fühlten sich in eine andere Welt versetzt. Nach einer Weile der Ruhe standen sie wieder auf, um die Gebäude zu untersuchen. Ein kleines Häuschen stand da mit einladend geöffneten Türen. Sie schauten hinein. Eine kleine Treppe führte nach unten zu einem alten Brunnen. Neugierig schritten die beiden die Stufen hinab. Er sah aus wie ein ganz gewöhnlicher, alter Brunnen. Die hölzerne Brüstung war alt aber gut erhalten. Sarah lehnte sich weit über den Rand und schaute in die Tiefe. „Was soll an diesem Brunnen denn besonderes sein?“ fragte sie ihre Freundin. „Hmm, hier steht, es sei ein heiliger Brunnen, um den sich viele geheimnisvolle Mythen ranken. Knochen sollen auf seinem Grund auftauchen und wieder verschwinden und auch Menschen wären schon in seinen Tiefen verloren gegangen.“ „Ich sehe nichts“ murmelte das Mädchen enttäuscht und lehnte sich weiter nach vorne, um bis auf den Grund sehen zu können. Da passierte es auch schon, sie verlor das Gleichgewicht und stürzte in den Brunnenschacht hinab. Christine hörte noch einen langen Schrei, der in den Tiefen des Brunnens verhallte. Ihr kam es vor, als sähe sie ein blaues Licht leuchten. Sie stürzte an die Brüstung und sah hinab. Der Brunnen war nicht sehr tief, aber in seinen Innern zeichnete sich gähnende Leere ab. Sarah war verschwunden!

Ein seltsamer Mann

Ein seltsamer Mann
 

Sarah erwachte mit einem Schreck. Irgendetwas stimme nicht. Es war dunkel, sie sah kaum etwas. Wo war sie nur? Sie spürte den Stamm in ihrem Rücken, erinnerte sich eingeschlafen zu sein. Da, wieder spürte sie etwas Ungewöhnliches vor sich. Ihre Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Sie blickte auf…und sah direkt in das Gesicht eines jungen Mannes.

Im fahlen Licht des Mondes sah sie seine Gestalt leicht gebückt vor ihr stehen. Er schaute zu ihre herunter. Er trug ein Stirnband und hatte seine langen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst, der ihm über die Schulter fiel. Seine Züge konnte sie nicht erkennen, dazu war es zu dunkel.
 

Sarah packte die Angst. Sie saß hier im Dunkeln auf einer Wiese und ein Fremder starrte ihr ins Gesicht. Was sollte sie nur tun?

„Ach, ich freue mich Sie zu sehen!“ stammelte Sarah in bestem Touristenjapanisch.
 

“Was tust du hier mitten in der Nacht?“ fragte der Fremde nur und sah sie weiterhin fragend an. Seine Aussprache war eigenartig und klang anders als alles, was Sarah bisher gehört hatte. Aber sie konnte ihn verstehen. Seine Stimme klang immerhin freundlich.

„Ich habe mich verlaufen. Kannst du mir helfen?“ Er reichte ihr eine Hand, die sie zögernd ergriff, und zog sie hoch. Als sie aus dem Schatten des Baumes herausgekommen war, konnte sie ihn nun im Schein des Mondes genauer betrachten. Er war groß und trug seltsame Kleidung. Um seinen nackten Oberkörper war eine enge Rüstung angelegt, um die Hüfte trug er nur – ein Fell. Auch die langen Beine steckten in Fellen. Aber er sah gut aus, sein Körper war schlank und muskulös, das Gesicht schmal, zumindest soweit sie das im blassen Mondlicht feststellen konnte.

„Kommst du von einem Kostümfest?“ fragte Sarah ihn auf seine seltsame Aufmachung hinweisend. Er sah sie nur irritiert an, gab aber keine Antwort.

„Willst du hier bleiben? Es ist gefährlich nachts im Freien“ „Ich weiß ja nicht wo ich hin soll. Ich habe mich doch verlaufen!“

Er schaute sie grübelnd an. „Willst du mitkommen? Du kannst bei mir übernachten.“, bot er ihr an.

Sarah wog ab. Mit einem fremden Mann mit nach Hause gehen oder alleine in einer ihr völlig unbekannten Gegend im Freien übernachten? Was wohl gefährlicher war? Sie schaute dem Fremden ins Gesicht. In seinen Zügen lag keinerlei Hinterlist. Er erschien offen und freundlich zu sein. Na ja, sie könnte wohl ein Stück mit ihm gehen, und wenn es ihr nicht geheuer war, konnte sie ja immer noch abhauen. Wenigstens würde er sie in eine Stadt oder ein Dorf bringen. Also willigte sie ein.

Eine Frau mit goldenen Haaren!

Eine Frau mit goldenen Haaren!
 

Sie waren schon eine ganze Weile schweigend nebeneinander hergelaufen. Sarah war sehr müde und hatte Mühe, nicht über die vielen Wurzeln und Steine zu stolpern, die bei dem schlechten Licht kaum zu erkennen waren.

„Ist es weit bis zu deiner Wohnung? Wo liegt denn das nächste Dorf?“ fragte sie den unbekannten Fremden aus.

„Wohnung? Eine Wohnung habe ich nicht. Und ich wohne auch weit vom nächsten Dorf entfernt. Aber wenn wir weiter so langsam vorankommen, wird es noch lange dauern, bis wir endlich dort sind. Ich werde dich tragen.“ Und bevor sie noch etwas dazu sagen konnte, packte er sie und nahm sie auf seine Arme.
 

Er hielt sie sehr fest, ihr war das schon unangenehm. Aber als er dann auf einmal losrannte war sie doch froh, so eng gehalten zu werden. Was hatte der Kerl nur für ein irres Tempo drauf! Sie hatte noch nie einen Menschen so schnell rennen sehen, schon gar nicht mit einer Last auf den Armen. Die Umgebung pfiff vorbei, sie konnte kaum noch Umrisse erkennen. Erschrocken klammerte sie sich an seinem Hals fest und presste sich dichter an ihn. Er schaute kurz erstaunt zu ihr herunter, rannte aber ohne Unterbrechung weiter.

Geborgen in seinen Armen lag sie an seiner Brust. Leider war die ziemlich hart. Der seltsame Panzer war sogar aus Metall, war aber nicht kalt sondern von seinem Körper angewärmt. Ohne Rüstung hätte es ihr besser gefallen. Der Typ sah wirklich toll aus, und wann hatte sie schon jemals ein Mann auf den Armen getragen?

Sarah grübelte: ‚Der muss ja Geld haben dass er sich sogar ein echtes Metallkostüm leisten konnte. Sonst kosteten doch die Dinger aus Plastik schon ein Vermögen. Ob er wirklich auf einer Party war? Vielleicht war er auch Schauspieler? Aber warum sollte er dann mitten in der Nacht mit seinem Kostüm durch die Gegend rennen?’

Sie betrachtete ihn genauer. Seine Schultern waren fest und muskulös, der Hals schlank und lang. Aber was war das? Seine Ohren, was hatten sie für eine ungewöhnliche Form? Sie liefen an den Enden spitz zu wie die von Mr. Spock aus der Fernsehserie ‚Raumschiff Enterprise’. Er trug ja ein perfektes Kostüm, sogar sie Ohren waren unecht.
 

„Warst du auf einer Verkleidungsparty? Was ist das denn für ein Kostüm? Bist du Vulkanier?“ fragte sie ihren Träger. Der sah sie nur völlig irritiert an.

„Nein, ich bin kein Vulkanier, ich bin ein Dämon. Und was ist eine Party?“

„Aha, ein Dämon! Na, auch nicht schlecht. Dein Kostüm ist auf alle Fälle spitze! Sieht sehr echt aus!“
 

Schweigend rannte er weiter. Er schien wohl keine Lust zu haben sich zu unterhalten. Sarah kuschelte sich dichter an ihn und wurde von den wippenden Bewegungen seiner Schritte langsam in den Schlaf gelullt.
 

Er rannte ohne Pause weiter, dieses seltsame Mädchen, das ihm dauernd merkwürdige Fragen stellte, in den Armen. Es war schön sie zu tragen. Er hatte schon sehr lange keine Frau mehr gespürt. Die Locken ihrer langen Haare streiften seinen Oberarm. Er schaute hinab. Sie waren so weich und seidig und hatten eine Farbe, die er noch nie gesehen hatte. Sie glänzten wie reines Gold im Mondlicht. Eine Frau mit goldenen Haaren!

In der Höhle

Da sagt ihr noch nicht viel dazu... schade...

Trotzdem viel Spaß beiom Lesen und
 

schöne Weihnachten!!!
 

In der Höhle
 

Sarah erwachte. Im ersten Augenblick wusste sie nicht wo sie war. Unter sich spürte sie etwas Weiches, Flauschiges. Sie tastete, Haare, lang und weich. Ein Fell! Es war schön warm und bequem. Eine urige Bettunterlage war das. Langsam richtete sie sich auf und schaute sich um. Sie lag in einer Höhle, deren Umrisse sie bei dem diffusen Licht nicht genau erfassen konnte, da nur wenige Fackeln die Wände erhellten. Von der Ferne hörte man Wasser rauschen.

Sie rieb sich die Augen und streckte sich um wach zu werden. Wie lange sie wohl geschlafen hatte? Es schien schon hell zu sein. Wo war sie denn überhaupt?

Ach ja, die Japanreise. War sie in einem Hotel? Sicher nicht. Auch wenn es die ausgefallensten Hotels und Ressorts gab, aber eine Höhle mit Fellbetten und Fackelbeleuchtung? Da war doch was gewesen…der Schrein, der Brunnen. Sie war doch in den Brunnen gefallen und plötzlich ganz woanders herausgekommen. Ach, und da war dieser Mann, den sie in der Nacht getroffen hatte…

Der lag jetzt nur einen halben Meter neben ihr und schien noch zu schlafen. Er hatte sich seitlich in das Fell eingerollt, die langen Beine angezogen und drehte ihr den Rücken zu. Sie konnte nur seine muskulösen Arme erkennen und die langen Haare, die zu einem Pferdeschwanz gebunden über seinen Rücken hingen. Sein Körper hob und senkte sich regelmäßig mit seinen Atemzügen.

Sie schaute sich weiter um. Das musste wohl seine Wohnung sein. Ob das so ein Urwelt-Freak war? Sie hatte gedacht, er würde sie in ein Dorf bringen. Aber jetzt saß sie hie in einer Grotte. Und diese seltsame Rüstung hatte er ja auch immer noch an.

Eine Bewegung von ihr ließ den verkleideten Mann hochfahren. Er drehte sich zu ihr um und lächelt sie freundlich an.

„Guten Morgen! Na, ausgeschlafen?“ „Ja, danke. Und danke fürs Herbringen. Ich bin wohl weggepennt gestern Nacht, war vom Jetlag noch so müde.“ „Vom was?“ Er sah sie wieder so entgeistert an. Ob er sie nicht verstand? Vielleicht war ihr Japanisch ja so schlecht.
 

„Wie heißt du denn eigentlich?“ „Kouga, und du?“ „Sarah.“ „Das ist aber ein seltsamer Name. Woher kommst du?“ „Aus Österreich.“ Wieder tauchte der irritierte Blick auf seinem Gesicht auf. „Ach, das ist ein kleines Land weit weg in Europa. Wahrscheinlich kennst du es gar nicht. Ist ja auch egal. Was machst du eigentlich? Bist du Schauspieler?“ „Nein, ich bin Dämon. Und ich bin Rudelführer von dieser Rotte Wölfe.“ Wölfe? Welche Wölfe denn? Sein Arm zeigte auf irgendwelche undefinierbaren Punkte. Das sollten Wölfe sein? Sarah riss die Augen auf und versuchte bei der trüben Beleuchtung etwas zu erkennen. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen und langsam glaubte sie etwas zu erkennen. Tatsächlich, da lagen eine ganze Menge Tiere zusammengekauert in der Höhle. Aber auch Menschen waren dabei, alle so seltsam gekleidet wie Kouga.

„Wölfe?“ schrie sie entsetzt. Bei ihrem Aufruf waren ein paar der Tiere aufgewacht. Mit einem Ruck setzten sie sich auf und schauten zu der Lärmquelle herüber. Ihre goldenen Augen funkelten, die gefährlichen Reißzähne ragten aus ihren halboffenen Schnauzen.

„Oh Gott, die werden mich zerfleischen!“ kreischte das Mädchen. Verängstigt robbte sie rückwärts zu dem jungen Mann hin, um bei ihm Schutz zu suchen.

„Na, die werden dir nichts tun. Ich werde ihnen befehlen dich in Ruhe zu lassen, dann fressen sie dich auch nicht!“

Na wie nett! Sie würde nicht zu Frühstück verarbeitet werden. Was ist das nur für ein Mensch der mit Wölfen in einer Höhle lebt? Sie drehte sich um und schaute ihm fragend ins Gesicht.
 

„Sag mal, bist du Biologe und betreibst hier Verhaltensforschung bei Wölfen?“ „Nein, ich wohne hier. Ich sagte doch schon mehrmals, ich bin ein Dämon und hier der Rudelführer. Und als Rudelführer werde ich mich jetzt darum kümmern, dass es was zu essen gibt. Bleib bei der Höhle, ich komme bald wieder.“ Er stand auf und rannte schon in Richtung Höhlenausgang davon. Kurz drehte er sich noch einmal um und wandte sich an die liegenden Tiere. „Jungs, ihr lasst sie in Ruhe, sie wird nicht angefasst, kapiert? Sonst gibt es Ärger!“
 

Was? Er wollte sie alleine lassen? Bei den Wölfen? Ob die auf ihn hören würden? Sarah musste trotz ihrer Unruhe kurz auflachen als sie ihm hinterher sah. Sein Kostüm hatte sogar einen Schwanz! Der sah ziemlich echt aus. Was für ein Freak!

Ein Bad

Für meine bisher erste Reviewerin!!!
 

Ein Bad
 

Unschlüssig stand sie da und schaute ihm nach. Er war schnell aus der Höhle verschwunden. Die Wölfe wachten langsam alle auf, streckten sich und gähnten. Sarah sah riesige Rachen voll aufgerissen, gespickt mit scharfen, weißen Zähnen. Misstrauisch wurde sie beobachtet. Die ersten Wölfe waren aufgestanden und hatten sich ihr vorsichtig genähert. Steif vor Schreck stand sie da und schaute zu, wie die Tiere ihr immer näher kamen. Ob die ihr wirklich nichts tun würden?

Auf einmal hörte sie menschliche Stimmen. Zwei junge Männer erschienen. Sie sahen noch freakiger aus als Kouga. Der eine hatte einen rasierten Schädel mit steilem Irokesenschnitt, der andere verschiedenfarbige Haare, die ihm wild vom Kopf abstanden. Beide trugen ebenfalls diese seltsamen Brustpanzer und überall viel Fell.

„Wo ist er denn jetzt hin?“ fragte sie die beiden vorsichtig. „Na, jagen!“ kam nur als Antwort.

Soso, jagen. Hier geht es ja zu wie in grauer Vorzeit. Sie wohnen in Höhlen und die Männer gehen jagen. Vielleicht ein Survival-Camp für Ausgeflippte? So ein Kurs, bei dem Männer sich beweisen können, dass sie noch ganze Kerle sind? Aber warum dann die Wölfe?

Na ja, das würde sie schon noch herausbekommen. Das Beste wäre erst mal, von diesen komischen Viechern wegzukommen.

Sie packte ihre Tasche und ging langsam und vorsichtig zum Höhlenausgang. Man soll wilden Tieren keine Furcht zeigen. Also Kopf hoch und durch!

Der Ausgang war durch eine Wasserwand verschlossen. Ein wild rauschender Wasserfall schien genau vor der Höhle zu liegen. Die beiden Freaks waren ihr gefolgt und gingen nun vor, einfach durch den dünnen Wasserschleier hindurch. Sarah ging ihnen rasch nach, froh, endlich von den unheimlichen Tieren wegzukommen.

Draußen erwartete sie ein atemberaubender Anblick: Ein See lag vor ihr, eingebettet in ein schmales Tal mit schroffen Felsen rings um. Er war klar bis auf den Grund und glitzerte verlockend in der Sonne. Grüne Wiesen luden zum Baden und Liegen ein.

‚Na, warum denn nicht? Ich hab doch Urlaub‘, dachte sich Sarah und schlenderte zum Ufer. ‚Bis der Typ wieder mit dem Essen kommt, kann ich auch eine Runde schwimmen gehen.‘ Sie schaute sich um ob die beiden Freaks ihr noch auf den Fersen waren, aber die waren bereits verschwunden. Sie war alleine am See.

Sie schlüpfte aus den Sandalen, zog ihre Jeans und die weiße Bluse aus und legte alles auf einen kleinen Haufen. ‚Na, wenn keiner da ist kann ich mich ja ganz ausziehen!‘ BH und Höschen folgten der anderen Wäsche. Die Sonne schien wärmend auf ihre Schultern, aber das Wasser war wie bei allen Bergseen eiskalt. Mit einem Aufschrei warf sie sich in die Fluten und schwamm sofort los.
 

Von einem Felsvorsprung aus sah ein Mann ihr zu wie sie langsam in dem See ihre Runden zog. Ihre blonden Haare zog sie wie einen Schleier hinter sich her. Auch nass hatten sie noch diese unwirklich helle Farbe, die er noch nie gesehen hatte.

Sie drehte sich auf den Rücken und ließ sich treiben. Ihr Körper war im klaren Wasser gut zu sehen, und seine scharfen Augen konnten genau erkennen, was es dort zu sehen gab.
 

Sarah war seine Gegenwart nicht aufgefallen. Sie lag flach im Wasser mit geschlossenen Augen und genoss die Wärme der Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht. Das Wasser plätscherte und gluckste leise um sie herum. Was für ein herrliches Bad!

Langsam wurde ihr kalt und so schwamm sie wieder zum Ufer. Aus ihrer Tasche kramte sie ein kleines Tuch heraus, mit dem sie sich notdürftig abtrocknete. Sie zog ihre Sachen wieder an und setze sich auf die Wiese um ihre Haare zu kämmen und in der Sonne trocknen zu lassen.

Aus den Augenwinkeln erkannte sie eine Bewegung am Rand des Tales. Kouga kam dort angelaufen - mit einem Wildschwein über seine Schulter geworfen. Er trug das schwere Tier als ob es nichts wog. Die beiden Freaks tauchten plötzlich auf, nahmen ihm zu zweit die tote Sau ab und verschwanden damit in Richtung der Höhle.

„Bratet uns 2 Stücke und bringt sie dann her!“ rief er ihnen hinterher.
 

Er kam langsam zu ihr her geschlendert. Endlich konnte sie ihn mal bei Licht betrachten. Er war braungebrannt und groß. Seine Beine sahen aus wie die eines Läufers, lang und schlank, aber doch muskulös. An den Beinen und auch an den Unteramen trug er diese komischen Felle, was ihm ein seltsam wildes Aussehen verlieh. Er trug keine Schuhe, dafür hatte er sich die Füße bandagiert. Sie lächelte in sich hinein. Na, so wie der rannte, konnte er das brauchen.

Sein Gesicht war markant, aber trotzdem freundlich: Besonders auffällig waren seine wunderschönen, eisblauen Augen, die neugierig auf sie blickten. Seine langen, schwarzen Haare waren mit einem ledernen Stirnband gebändigt und zusätzlich zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst, was seinem Gesicht eine gewisse Strenge verlieh, die von seinen geschmeidigen Bewegungen aber wieder ausgeglichen wurde. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie zum letzten Mal einen so schönen Mann gesehen hatte.

Er kam lächelnd näher und setzte sich dann neben sie. Ihr fiel auf dass er immer wieder auf ihre Haare blickte, die ihr über die Schultern fielen und mit dem Trockenwerden wieder ihren goldenen Glanz zurückerhielten.

„Bald gibt es was zu essen. Was hast du vor?“ fragte er sie freundlich lächelnd.

„Ach, das ist nett, danke! Ich muss dann aber ganz dringend ins nächste Dorf. Ich muss mal telefonieren, und dann kann ich ja mit dem Bus wieder nach Tokyo fahren. Meine Freundin macht sich bestimmt furchtbare Sorgen um mich, wo ich doch schon die ganze Nacht weggeblieben bin. Oder habt ihr hier ein Telefon?“ Sie sah in fragend an. Er runzelte die Stirn und sah sie wieder so irritiert an wie am letzen Abend

„Telefon?“ fragte er und sprach das Wort dabei aus, als ob er es noch nie gehört hätte. ‚Mann, was sind das hier nur für Landeier. Sag bloß, die haben hier nicht mal Telefon.’

„Ja, Telefon, der kleine Kasten, mit dem man mit weit entfernten Leuten reden kann!“ Sie schaute ihn ungläubig lächelnd an. Seine Mimik war köstlich, er schaute nachdenklich und hatte eine steile Falte auf der Stirn vor lauter Grübeln. Das konnte doch nicht sein, dass er wirklich nicht mal wusste was ein Telefon war!

Eine Bewegung hinter ihm zog ihre Aufmerksamkeit aus sich. Da lag der seltsame Fellschwanz auf dem Boden, der zu seinem Kostüm gehörte. Sie dachte einen Augenblick, sie hätte ihn zucken sehen. Sie griff nach ihm und nahm ihn in die Hand. Er war – warm und fleischig, wie der Schwanz eines Hundes. Kouga schwenkte den Kopf zu ihr und schaute sie böse an. „Finger weg!“ knurrte er nur und schon wurde ihr der Schwanz mit einem Ruck aus der Hand gerissen. Völlig verblüfft starrte sie ihn an. Der Schwanz lag wieder hinter ihm, diesmal aber in einem anderen Bogen. Sie öffnete den Mund, wollte etwas sagen, aber der Schock war zu groß. ‚Der ist echt…’durchfuhr es sie und ihr wurde schwarz vor den Augen.

Erklärungen

Erklärungen
 

Langsam kam Sarah wieder zu sich. Sie spürte sich gehalten von zwei kräftigen

Sie waren schon eine ganze Weile unterwegs. Sie lief selbst, er hatte ihr nicht angeboten sie zu tragen. Aber sie genoss die Wanderung auch so. Die Sonne strahlte, der Himmel lockte mit seinem endlosen Blau. Die Landschaft war seltsam unberührt und wild. Ob er Recht hatte? Ob sie wirklich in der Vergangenheit gelandet war? Aber sie kannte Japan ja auch gar nicht, wie sollte sie es vergleichen können?

Er ging voraus und trug ihre Tasche, und sie starrte die ganze Zeit auf seinen Schwanz. Der war zweifelsfrei echt. Er fegte damit ab und zu ein paar Fliegen weg. Irgendwie war es zwar sehr eigenartig, aber sie gewöhnte sich schon an den Anblick. Ein Mann mit einem Schwanz! Das würde ihr keiner glauben.
 

Sie folgten einem kleinen Bergpfad und gelangten schließlich an den Rand einer Klippe. Die Aussicht war grandios. Sie konnten weit übers Land schauen. Wiesen und Wälder wechselten sich mit nur wenigen kleinen Dörfern ab. Reisfelder mit ihren terrassenförmigen Stufen waren zu erkennen, kleine Felder und Bäche. Nirgends ein Anzeichen moderner Technik. Keine geteerten Straßen, keine Stromleitungen, keine Telefonmasten. Ob er doch die Wahrheit sagte?

Auf alle Fälle war es wunderschön hier. Sie seufzte auf bei dem idyllischen Anblick und sah zu ihm hinüber. Sie saßen beide nahe dem Abhang und schauten in die Weite.
 

„Es ist sehr schön hier!“ „Das ist mein Lieblingsplatz!“ meinte er nur und lächelte sie an. „Das kann ich gut verstehen. Ich habe zuhause in meinen Bergen auch einen solchen Lieblingsplatz.“ „Du kommst auch aus den Bergen?“ frage er sie erstaunt? Sie nickte nur und schaute weiter über die schöne Landschaft.

„Wo wohnt denn dieses Mädchen, von dem du gesprochen hast?“ „Ach, Kagome? Es ist nicht mehr weit. Sie ist oft bei einer alten Priesterin in einem Dorf in der Nähe. Sie muss da sein, ich kann sie riechen.“ Er hielt die Nase leicht erhoben und schnüffelte. Dann verlor sich sein Blick, er starrte in die Ferne und ein melancholischer Zug legte sich um seine Lippen. Er senkte den Kopf und seufzte.

„Na, Liebeskummer?“ fragte Sarah sanft. „Ist es diese Kagome?“ Er sah sie mit einem leidenden Gesichtsausdruck an und schüttelte unwillig den Kopf. „Ach, es ist schon lange her. Ich hatte nie Chancen bei ihr, sie hatte schon jemand anderen.“ „Aber es scheint dich immer noch zu quälen!“

Ohne eine Antwort stand er auf, seine Züge wirkten verschlossen. „Komm, ich trage dich, sonst dauert es zu lange.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, hatte er sie schon geschnappt, auf die Arme genommen und war losgerannt.

Nun bei Tag sah Sarah deutlich einen Staubwirbel, der um sie herum kreiste. Er lief so schnell und doch völlig gleichmäßig und ruhig. Das konnte wirklich kein normaler Mensch sein. Aber was war er dann? Dämonen gab es doch nur in alten Geschichten. Und die waren meistens böse. Der Mann hier war eindeutig nett und sehr freundlich, und für einen Dämonen sah er verdammt gut aus. Sie drückte sich näher an seine Brust und genoss es, ihm wieder so nahe sein zu können. Und er hatte Gefühle, sonst wäre er nicht wegen der unglücklichen Beziehung zu dem Mädchen so traurig gewesen. Eigentlich war ihr egal, wer oder was er war. Er gefiel ihr einfach.
 

Immer noch träumend hing sie an seinem Hals, als er abrupt anhielt. Der aufgewirbelte Staub musste sich erst einmal legen, bevor sie etwas erkennen konnte. Sie standen vor einem jungen Mädchen in einer japanischen Schuluniform, das höchstens 16 Jahre alt war. Sie hatte lange, schwarze Haare und dunkle Augen und stand neben einer alten, grauhaarigen Frau, die sehr altertümliche Kleidung trug.

„Ach, hallo Kouga!“ grüsste sie Sarahs Begleiter. Der wurde etwas verlegen, schaute sie aber mit einem freundlichen Lächeln an. Es schien, als ob er die Hand des Mädchens ergreifen wollte, lies es aber dann bleiben.

„Ich dachte mir, dass du es bist, als ich den Wirbel sah. Du bist lange nicht mehr in der Gegend gewesen. Wen hast du denn da mitgebracht?“ Sie schaute neugierig auf Sarah.

„Ich habe sie gefunden. Sie muss durch den Brunnen gekommen sein. Und sie glaubt mir kein Wort!“ „Das kann ich mir denken, es ist ja auch schwer zu begreifen. Kommt mit!“

Kouga hatte Sarah inzwischen auf den Boden gestellt und schaute sie frech grinsend an.

Kagome kam zu ihr herüber und hakte sich bei ihr ein. Ihre Bewegung war sehr sanft, aber auch bestimmend. „Lass es dir mal erklären!“ meinte sie und zog Sarah mit sich.
 

„Du warst an dem Brunnen im Schrein in Tokio und bist hineingefallen?“ „Ja, woher weißt du das? Kouga hat dir doch noch gar nichts erzählt?“ „Na, ich komme da her. Ich wohne in dem Haus beim Schrein, und auch ich bin eines Tages durch den Brunnen gekommen, weil ich hineingefallen bin. Allerdings kann nicht jeder in diese Zeit hier gelangen. Bist du Priesterin?“ fragte sie das erstaunte Mädchen. „Priesterin? Wie kommst du denn darauf? Bestimmt nicht.“ „Na ja, ich habe das am Anfang auch nicht gewusst. Aber vielleicht gibt es ja auch noch andere Gründe, warum jemand durch den Brunnen kann.“ „Wieso? Können das nur Priesterinnen?“ „Nein, es gibt auch Dämonen, die das können!“

Da war es wieder, das Wort Dämon. Sarah schaute das Mädchen fragend an und flüsterte leise. „Gibt es die tatsächlich - in dieser Welt?“

Kagome schaute sie mit funkelnden Augen an „Aber ja, und zwar mehr als einem lieb sein kann. Ich weiß, es klingt unglaublich, aber du bist hier im Japan des 16. Jahrhunderts. Und nicht nur Kriege, sondern auch Dämonen verwüsten das Land. Aber es gibt auch nette, so wie Kouga.“ Sie schaute lächelnd zu Kouga hinüber, der schweigend und mit verschränkten Armen dastand.

„Kümmerst du dich um sie?“ fragte er Kagome. Diese nickte nur mit dem Kopf. „Natürlich!“.

„Na, dann geh ich mal wieder!“ sagte es und verschwand augenblicklich in einem Staubwirbel.

„Warte…“ Sarah schaute ihm enttäuscht hinter her, aber er war schon verschwunden. ‚Na so was blödes, jetzt haut der einfach ab ohne noch etwas zu sagen.’ Sie konnte sich nicht einmal von ihm verabschieden. Sehnsüchtig schaute sie dem Wirbel nach, aber der hatte sich schon fast wieder aufgelöst. Kagome bemerkte ihren traurigen Blick und sah ihr neugierig ins Gesicht. „Er ist nett, nicht?“ „Ja!“ Sarah nickte und wurde rot. „Ist er wirklich – ein Dämon?“ „Ja, und sogar ein recht mächtiger. Er ist ein Wolfsdämon und führt ein Rudel Wölfe in den Bergen.“ „Ja, die habe ich gesehen. Ist das wirklich wahr?“

Kagome nickte ernsthaft. „Ja, aber du solltest wieder zurückkehren. Es ist hier nicht ungefährlich. Sicher wartet jemand auf der anderen Seite auf dich!“
 

Christine! Natürlich. Sie musste so schnell wie möglich zurück. Sie erzählte Kagome von ihrer Studienreise und der Freundin, die bestimmt schon verzweifelt nach ihr suchte.

Die beiden Mädchen brachen sofort auf, nachdem sich Kagome von der seltsamen Alten in der roten Hose verabschiedet hatte. Sie gingen rasch hinter dem Dorf eine Berg hinauf und folgten dann einem kleinen Weg. Nach einer knappen halben Stunde standen sie schon vor dem großen Baum, unter dem Sarah schon im Schrein gerastet hatte. Das Dorf lag nicht weit vom Brunnen entfernt, sie war am Tag zuvor nur in der völlig falschen Richtung gelaufen.

Die Rückkehr

Nein, ich habe euch nicht vergessen, nur leider viel zu tun.
 

Die Rückkehr
 

Sie waren schon eine ganze Weile unterwegs. Sie lief selbst, er hatte ihr nicht angeboten sie zu tragen. Aber sie genoss die Wanderung auch so. Die Sonne strahlte, der Himmel lockte mit seinem endlosen Blau. Die Landschaft war seltsam unberührt und wild. Ob er Recht hatte? Ob sie wirklich in der Vergangenheit gelandet war? Aber sie kannte Japan ja auch gar nicht, wie sollte sie es vergleichen können?

Er ging voraus und trug ihre Tasche, und sie starrte die ganze Zeit auf seinen Schwanz. Der war zweifelsfrei echt. Er fegte damit ab und zu ein paar Fliegen weg. Irgendwie war es zwar sehr eigenartig, aber sie gewöhnte sich schon an den Anblick. Ein Mann mit einem Schwanz! Das würde ihr keiner glauben.
 

Sie folgten einem kleinen Bergpfad und gelangten schließlich an den Rand einer Klippe. Die Aussicht war grandios. Sie konnten weit übers Land schauen. Wiesen und Wälder wechselten sich mit nur wenigen kleinen Dörfern ab. Reisfelder mit ihren terrassenförmigen Stufen waren zu erkennen, kleine Felder und Bäche. Nirgends ein Anzeichen moderner Technik. Keine geteerten Straßen, keine Stromleitungen, keine Telefonmasten. Ob er doch die Wahrheit sagte?

Auf alle Fälle war es wunderschön hier. Sie seufzte auf bei dem idyllischen Anblick und sah zu ihm hinüber. Sie saßen beide nahe dem Abhang und schauten in die Weite.
 

„Es ist sehr schön hier!“ „Das ist mein Lieblingsplatz!“ meinte er nur und lächelte sie an. „Das kann ich gut verstehen. Ich habe zuhause in meinen Bergen auch einen solchen Lieblingsplatz.“ „Du kommst auch aus den Bergen?“ frage er sie erstaunt? Sie nickte nur und schaute weiter über die schöne Landschaft.

„Wo wohnt denn dieses Mädchen, von dem du gesprochen hast?“ „Ach, Kagome? Es ist nicht mehr weit. Sie ist oft bei einer alten Priesterin in einem Dorf in der Nähe. Sie muss da sein, ich kann sie riechen.“ Er hielt die Nase leicht erhoben und schnüffelte. Dann verlor sich sein Blick, er starrte in die Ferne und ein melancholischer Zug legte sich um seine Lippen. Er senkte den Kopf und seufzte.

„Na, Liebeskummer?“ fragte Sarah sanft. „Ist es diese Kagome?“ Er sah sie mit einem leidenden Gesichtsausdruck an und schüttelte unwillig den Kopf. „Ach, es ist schon lange her. Ich hatte nie Chancen bei ihr, sie hatte schon jemand anderen.“ „Aber es scheint dich immer noch zu quälen!“

Ohne eine Antwort stand er auf, seine Züge wirkten verschlossen. „Komm, ich trage dich, sonst dauert es zu lange.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, hatte er sie schon geschnappt, auf die Arme genommen und war losgerannt.

Nun bei Tag sah Sarah deutlich einen Staubwirbel, der um sie herum kreiste. Er lief so schnell und doch völlig gleichmäßig und ruhig. Das konnte wirklich kein normaler Mensch sein. Aber was war er dann? Dämonen gab es doch nur in alten Geschichten. Und die waren meistens böse. Der Mann hier war eindeutig nett und sehr freundlich, und für einen Dämonen sah er verdammt gut aus. Sie drückte sich näher an seine Brust und genoss es, ihm wieder so nahe sein zu können. Und er hatte Gefühle, sonst wäre er nicht wegen der unglücklichen Beziehung zu dem Mädchen so traurig gewesen. Eigentlich war ihr egal, wer oder was er war. Er gefiel ihr einfach.
 

Immer noch träumend hing sie an seinem Hals, als er abrupt anhielt. Der aufgewirbelte Staub musste sich erst einmal legen, bevor sie etwas erkennen konnte. Sie standen vor einem jungen Mädchen in einer japanischen Schuluniform, das höchstens 16 Jahre alt war. Sie hatte lange, schwarze Haare und dunkle Augen und stand neben einer alten, grauhaarigen Frau, die sehr altertümliche Kleidung trug.

„Ach, hallo Kouga!“ grüsste sie Sarahs Begleiter. Der wurde etwas verlegen, schaute sie aber mit einem freundlichen Lächeln an. Es schien, als ob er die Hand des Mädchens ergreifen wollte, lies es aber dann bleiben.

„Ich dachte mir, dass du es bist, als ich den Wirbel sah. Du bist lange nicht mehr in der Gegend gewesen. Wen hast du denn da mitgebracht?“ Sie schaute neugierig auf Sarah.

„Ich habe sie gefunden. Sie muss durch den Brunnen gekommen sein. Und sie glaubt mir kein Wort!“ „Das kann ich mir denken, es ist ja auch schwer zu begreifen. Kommt mit!“

Kouga hatte Sarah inzwischen auf den Boden gestellt und schaute sie frech grinsend an.

Kagome kam zu ihr herüber und hakte sich bei ihr ein. Ihre Bewegung war sehr sanft, aber auch bestimmend. „Lass es dir mal erklären!“ meinte sie und zog Sarah mit sich.
 

„Du warst an dem Brunnen im Schrein in Tokio und bist hineingefallen?“ „Ja, woher weißt du das? Kouga hat dir doch noch gar nichts erzählt?“ „Na, ich komme da her. Ich wohne in dem Haus beim Schrein, und auch ich bin eines Tages durch den Brunnen gekommen, weil ich hineingefallen bin. Allerdings kann nicht jeder in diese Zeit hier gelangen. Bist du Priesterin?“ fragte sie das erstaunte Mädchen. „Priesterin? Wie kommst du denn darauf? Bestimmt nicht.“ „Na ja, ich habe das am Anfang auch nicht gewusst. Aber vielleicht gibt es ja auch noch andere Gründe, warum jemand durch den Brunnen kann.“ „Wieso? Können das nur Priesterinnen?“ „Nein, es gibt auch Dämonen, die das können!“

Da war es wieder, das Wort Dämon. Sarah schaute das Mädchen fragend an und flüsterte leise. „Gibt es die tatsächlich - in dieser Welt?“

Kagome schaute sie mit funkelnden Augen an „Aber ja, und zwar mehr als einem lieb sein kann. Ich weiß, es klingt unglaublich, aber du bist hier im Japan des 16. Jahrhunderts. Und nicht nur Kriege, sondern auch Dämonen verwüsten das Land. Aber es gibt auch nette, so wie Kouga.“ Sie schaute lächelnd zu Kouga hinüber, der schweigend und mit verschränkten Armen dastand.

„Kümmerst du dich um sie?“ fragte er Kagome. Diese nickte nur mit dem Kopf. „Natürlich!“.

„Na, dann geh ich mal wieder!“ sagte es und verschwand augenblicklich in einem Staubwirbel.

„Warte…“ Sarah schaute ihm enttäuscht hinter her, aber er war schon verschwunden. ‚Na so was blödes, jetzt haut der einfach ab ohne noch etwas zu sagen.’ Sie konnte sich nicht einmal von ihm verabschieden. Sehnsüchtig schaute sie dem Wirbel nach, aber der hatte sich schon fast wieder aufgelöst. Kagome bemerkte ihren traurigen Blick und sah ihr neugierig ins Gesicht. „Er ist nett, nicht?“ „Ja!“ Sarah nickte und wurde rot. „Ist er wirklich – ein Dämon?“ „Ja, und sogar ein recht mächtiger. Er ist ein Wolfsdämon und führt ein Rudel Wölfe in den Bergen.“ „Ja, die habe ich gesehen. Ist das wirklich wahr?“

Kagome nickte ernsthaft. „Ja, aber du solltest wieder zurückkehren. Es ist hier nicht ungefährlich. Sicher wartet jemand auf der anderen Seite auf dich!“
 

Christine! Natürlich. Sie musste so schnell wie möglich zurück. Sie erzählte Kagome von ihrer Studienreise und der Freundin, die bestimmt schon verzweifelt nach ihr suchte.

Die beiden Mädchen brachen sofort auf, nachdem sich Kagome von der seltsamen Alten in der roten Hose verabschiedet hatte. Sie gingen rasch hinter dem Dorf eine Berg hinauf und folgten dann einem kleinen Weg. Nach einer knappen halben Stunde standen sie schon vor dem großen Baum, unter dem Sarah schon im Schrein gerastet hatte. Das Dorf lag nicht weit vom Brunnen entfernt, sie war am Tag zuvor nur in der völlig falschen Richtung gelaufen.

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Für YoukaiYuuki, meiner treuen Leserin!
 

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Kagome kletterte mit ihr auf den Rand des Brunnens. Hand in Hand sprangen die beiden Mädchen hinein. Wieder war dieses merkwürdige blaue Leuchten zu sehen, dass diesmal beide umgab. Am Boden angekommen, meinte Kagome nur: “So, wieder zuhause!“

Das war alles? Ungläubig schaute Sarah den Brunnenschacht hoch. Eine Strickleiter war im Dämmerlicht zu erkennen. Kagome winkte ihr zu und die beiden kletterten rasch aus dem Brunnen heraus. Als sie sich dem Rand näherten, hörte Sarah schon die Geräusche der Stadt, den Autolärm, Flugzeuge und Kindergeschrei. Schnell schwang sie die Beine über die Brüstung. Sie stand tatsächlich wieder in der kleinen Schutzhütte, die um den Brunnen gebaut war. Die Schiebetüre am Ende der Treppe stand offen. Schnell rannte sie hinauf und schaute über das Gelände des Schreines. Außer ein paar Besuchern war aber niemand da.
 

Kagome sah das enttäuschte Gesicht und packte sie am Arm. „Komm erst mal mit zu mir nach Hause. Da rufen wir gleich in deinem Hotel an.“

Sarah lächelte. Ah, endlich mal wieder jemand, der bei dem Wort ‚Telefon’ keinen grübelndes Gesichtsausdruck bekam. Aber sie hätte dieses irritierte Gesicht gerne noch mal gesehen. Zu schade, dass er ohne ein Wort verschwunden war.
 

Kagome schleppte sie mit sich zu einem Haus, das etwas am Rand des Geländes lag. Sie nahm Sarah mit hinein und rannte sofort zum Telefon und rief im Hotel an. Ja, Sarah war vermisst worden, die Polizei war schon verständigt worden, Christine war noch auf der nächsten Polizeistation, um genauere Angaben zu machen. Kagome veranlasste, dass man Christine informieren solle. Und sie würde Sarah zurück zum Hotel bringen.
 

„Das ist aber nett von dir, dass du dich so lieb um mich kümmerst!“ Sarah war sehr dankbar über die Hilfe des fremden Mädchens. „Ach, ist doch klar! Es haut einen auch ganz schön um, wenn man zum ersten Mal in diese Welt gekommen ist!“ Kagome lächelte Sarah freundlich an. Sie sah ihr an, wie geschafft und müde, und vor allem, wie verwirrt sie war.

„Komm, ich bring dich jetzt ins Hotel, und dann ruhst du dich erst mal aus bis deine Freundin wieder kommt!“
 

Im Hotel angekommen gab es einen Riesenwirbel. Alle Angestellten hatten mitbekommen, dass Sarah verschwunden war und freuten sich, sie nun unbeschadet wieder zu sehen. Christine sei schon auf dem Weg, versicherte der Hotelmanager. Kagome brachte sie noch auf ihr Zimmer, dann ging sie wieder, nicht ohne sie vorher aufgefordert zu haben, sich zu melden wenn sie Hilfe brauchte.
 

Christine kam bald darauf zur Tür herein gestürzt.

„Mensch, Sarah, wo warst du denn? Ich hab mir solche Sorgen gemacht!“ Sie setze sich an den Rand des Bettes, auf das sich Sarah gelegt hatte und sah die Freundin neugierig an. „Was ist denn passiert?“ Sarah erzählte der ungläubig zuschauenden Freundin alles. Von der Landung im Brunnenschacht, der ungewöhnlich veränderten Landschaft, als sie wieder herauskam, bis zu ihrem Treffen mit Kouga…

„Sarah, hast du zu viel getrunken? Was erzählst du denn da für seltsame Sachen?“

„Aber der Mann hatte wirklich einen Schwanz!“ „Sarah, alle Männer haben Schwänze, das solltest du inzwischen wissen!“, sah die Freundin sie grinsend an. „Nein, ich meine doch einen hinten, so mit Fell und allem!“ Sarah saß schmollend auf dem Bett. Eigentlich hätte ihr klar sein müssen, dass ihre Freundin ihr diese Geschichte nicht so schnell abnehmen würde. Sie konnte sie ja selbst nicht so recht glauben. War das alles nur ein Traum gewesen?
 

Auf alle Fälle waren beide froh, dass es Sarah gut ging und die Aufregung sich wieder legen konnte. Christine wusste nicht so recht, was sie von Sarahs Erzählungen halten sollte. Sie hatte sich auf alle Fälle verlaufen, und sie hatte einen wohl sehr gut aussehenden Mann kennen gelernt, und die Gute war nun ziemlich verwirrt. Das war sie eigentlich immer, wenn ein neuer Mann ihren Weg kreuzte. Da hatten sie wohl beide Glück hier in Japan. Auch ihr war ein wahrer Traummann über den Weg gelaufen. Sie grinste in sich hinein. Hauptsache die Freundin war wieder da!
 

Die beiden beschlossen, den Abend damit zu verbringen, erst mal in Ruhe essen zu gehen.
 

In der Nacht schlief Sarah schlecht. Sie wachte immer wieder aus Träumen auf, in denen der Wolfsdämon sie durch die seltsame, mittelalterliche Landschaft trug. Wenn sie erwachte, glaubte sie seinen Geruch noch in der Nase zu haben. Sie blickte aus dem Fenster in die dunkle Nacht, der Mond stand am Himmel, aber sie sah nur sein Gesicht. Sie seufzte. Sie sah ihn vor sich, egal wo sie hinschaute. Sie konnte ihn einfach nicht vergessen.

‚Sarah, was soll das?’ schalt sie sich selbst. ‚Er ist ein seltsamer Geist aus einer fremden Welt, die auch noch gefährlich sein soll. Vergiss ihn, sei froh, dass du da heil wieder rausgekommen bist!’ Aber Sarah hatte noch nie auf sich selbst gehört.

Sie konnte kaum noch schlafen bis zum Morgen, und wenn, versank sie nur in Träume, in denen sie mit ihrem Dämon zusammen war und ihn endlos lange ansehen konnte: Seine schönen Gesichtszüge, sein perfekter Körper (was störte da schon ein Schwanz!), seine Freundlichkeit, sein Lächeln. Er ging ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf.

Als endlich Frühstückszeit war, war ein Entschluss in ihr gereift. Sie stand auf und ging mit Christine in den Speisesaal.
 

„Du, Christine? Ich muss noch mal weg. Ich habe mich bei Kouga gar nicht bedankt dass er mir so nett geholfen hat.“ Ein genervter Blick von ihrer Freundin war die Antwort. „Du willst doch nicht noch mal durch diesen Brunnen? Du hast keine Ahnung, was da eigentlich los ist. Ich halte das für viel zu gefährlich. Warum willst du da noch mal hin? Hat es dir der Typ so angetan?“ Sarah schaute verlegen zu ihrer Freundin. Dass die auch immer alles gleich bemerken musste…aber sie würde ihre Träume sonst nie loswerden, sie musste ihn einfach noch einmal sehen. „Na gut, aber ich komm mit, ich geh mit dir zum Brunnen. Ich habe heute Vormittag noch etwas vor, aber ich werde danach im Hotel auf dich warten.“ Christine wusste, dass sie bei dem Sturschädel ihrer Freundin eh keine Chance hatte, sie von ihrem Vorhaben abzubringen.

Wieder vereint

Wieder vereint
 

Die beiden Mädchen waren gleich nach dem Frühstück aufgebrochen. Sarah hatte in einem Fast-Food-Laden noch eine große Tüte Hamburger gekauft. Sie wollte Kouga als Dank für das urige Frühstück vor seiner Höhle wenigstens etwas mitbringen.

Wieder stiegen sie die Stufen zu dem Schrein hinauf. Der sonnenbeschienene Platz lag um diese Tageszeit leer und verlassen da. Auch Kagome schien nicht zuhause zu sein.

Sarah packte ihre Burgertüte fester und setze sich auf den Rand des Brunnens. „Also, pass gut auf dich auf. Mach keinen Scheiß und vor allem, melde dich so bald wie möglich wieder! Nicht wieder die Nacht wegbleiben ohne etwas zu sagen!“ Christine schaute die Freundin ernst an. Sarah nickte folgsam. Beide mussten lachen. „Ja, Sir. Melde mich gehorsamst ab!“ Sarah winkte der Freundin zu und verschwand dann im Brunnenschacht.
 

Auf der anderen Seite schien ebenfalls die Sonne, aber statt des Verkehrslärms waren nur Vogelgezwitscher und der Wind in den Bäumen zu hören. Eine milde Sommerbrise streifte über das Land, das lange Gras raschelte und es duftete nach vielen Blüten. Es war wirklich sehr idyllisch in der alten Welt.

Sarah machte sich auf den Weg ins nahe gelegene Dorf. Sie wollte erst mal nachsehen, ob Kagome vielleicht wieder bei der alten Frau war. Denn wie sie Kouga finden sollte, wusste sie nicht. Sie kannte sich doch in dieser Welt überhaupt nicht aus.
 

Nach kurzer Zeit kam sie schon bei der Hütte an, wo sie Kagome das letzte Mal gesehen hatte. Ein kleiner Bach floss vorbei, und auf dem Dach sah sie irgendetwas Rotes leuchten. Sie schaute genauer hin und erkannte einen Gestalt mit endlos langen, weißen Haaren in einem superweiten, roten Strampelanzug, die auf dem Dach in der Sonne fläzte. Ob sich da ein alter Opa auf dem Dach sonnte? Etwas merkwürdig. Aber merkwürdig war in dieser Welt ja vieles. Sie sprach die Person an. „Sumimasen!“ Die Gestalt hob den Kopf. „Hä? Was willst du?“ Es war ein Junge, und er hatte weiße Hundeohren mitten auf dem Kopf. Na ja, Schwänze, Ohren, hier war alles möglich. Sie versuchte, nicht auf die Ohren zu starren und fragte weiter. „Ist Kagome da?“ „Nö, die ist in der Schule und schreibt mal wieder einen Test!“ kam es mürrisch vom Dach.

Oh, was sollte sie jetzt machen? Da hatte sie Kagome wohl schon vom Lernen abgehalten, und jetzt bräuchte sie schon wieder ihre Hilfe. Wie sollte sie jetzt zu Kouga kommen? Wie sollte sie ihn finden? Ohne Unterstützung war sie hilflos. Wie hatte sie nur so zuversichtlich sein können? Sie konnte nicht einfach herkommen und an seiner Wohnungstüre klingeln. Sie wusste ja nicht mal mehr genau, wo seine Höhle lag. Wie hatte sie nur glauben können, dass sie einfach nur kommen brauchte und, schwups, war er da?
 

Ein Geräusch unterbrach ihre Gedanken. Der Junge auf dem Dach fing an zu schnüffeln und dann zu knurren wie ein Hund. Sie sah erschrocken zu ihm hinauf. Er saß schon in der Hocke auf dem Dach und blickte in die Ferne. Sarah schaute in die gleiche Richtung. Kurze Zeit später sah sie weit entfernt einen Wirbel, so einen, wie sie ihn schon um Kouga gesehen hatte. Ihr Herz hüpfte vor Freude! Sollte sie Glück haben und er kam gerade zufällig vorbei?
 

Ein roter Schatten sauste über ihren Kopf und landete kurz vor ihr auf der Erde. Der Junge war vom Dach gesprungen. Er stand nun vor ihr, keinen Meter entfernt. Er schien sich nicht für sie zu interessieren, dafür umso mehr für den Wirbel, der auf sie zukam. Er war groß, trug einen seltsamen, roten Anzug mit sehr weiten Ärmeln und weiter Hose. Das auffälligste waren seine langen, weißen Haare, die er offen trug. Sie reichten ihm bis zur Hüfte.

Schuhe trug er auch keine. Ob das auch ein Dämon war?

Wieder knurrte der Junge gefährlich. Seine Hand legte sich auf den Griff eines Schwertes, das Sarah in seinem Gürtel bemerkte. ‚Die haben ja sogar Waffen. Hoffentlich flippt der jetzt nicht aus.’, dachte Sarah besorgt.

Die Staubwolke nähert sich rasch und verharrte direkt vor ihr. Als der Staub sich legte, sah sie Kouga vor sich stehen. Ihr stockte der Atem, er sah noch besser aus als in ihren Erinnerungen. Er hatte die Arme verschränkt und stand ganz locker und lässig vor ihr und dem Hundejungen, einen Fuß hatte er aufgestellt.

„Kouga, was willst du denn hier? Kagome ist gar nicht da, außerdem ist sie eh mein Mädchen. Wann kapierst du das denn endlich?“, maulte der rot gekleidete Kerl sofort los.

Kouga schaute ihn gar nicht an sondern blickte nur zu Boden. „Wer redet denn mit dir, Hundebaby? Natürlich weiß ich, dass Kagome nicht da ist. Ich bin ja auch wegen ihr hier!“, schnauzte Kouga zurück und erhob den Blick, um Sarah anzusehen. Mit einem strahlenden Lächeln schaute er ihr tief in die Augen. Sarah glaubte zu schmelzen. Er kam einen Schritt näher und ergriff ihre Hand. „Es freut mich dass du wieder gekommen bist!“

„Pah, was hast du denn mit dem angestellt?“ fragte sie der rot gekleidete Junge neugierig.

Sarah wurde rot und rang um eine Antwort.

„Das geht dich gar nichts an. Kümmere dich um deinen eigenen Dreck…und richte Kagome Grüße von mir aus, wenn sie wieder kommt!“ Er hatte längst die staunende Sarah auf die Arme genommen und war schon wieder unterwegs mit ihr. Die letzten Worte rief er dem Jungen frech grinsend nach.
 

Da lag sie wieder in seinen Armen! An keinem anderen Ort hatte sie die letzen Stunden mehr sein wollen als an diesem. Sie sog seinen Duft ein, spürte seine Muskeln sich im regelmäßigen Lauf bewegen, spürte seine weiche Haut unter ihren Händen, sah in sein hübsches Gesicht. Er lief nicht weit mit ihr, er hielt bald an einer kleinen Wiese an einem Bach an. Er setzte sie ab und sie stand da, mit ihrem Burgerpäckchen in der Hand und wusste nicht, was sie sagen sollte.

„Ach, dass der Kerl immer so nerven muss!“ Er schaute auf ihre Hand hinab, sah das Päckchen und zog schnuppernd die Luft durch die Nase. „Was hast du denn da mitgebracht?“ Sarah hob die Tüte hoch und reichte sie ihm. „Für dich!“ stammelte sie. Jetzt stand sie doch tatsächlich da wie ein verliebtes Schulmädchen und wusste nicht, was sie sagen sollte. Seine Nähe verwirrte sie total. Aber er rettete sie aus der Situation. „Ah, das riecht gut. Ich mag das Essen aus eurer Welt! Danke!“ Er wühlte in der Tüte und zog die Burger heraus. Er reichte ihr einen Burger, setzte sich und biss gleich herzhaft in seinen hinein. „Hm, das schmeckt gut. Und man braucht es nicht jagen!“, grinste er zwischen zwei Bissen.

Sarah hatte sich neben ihm niedergelassen.

„Ja, das stimmt. Ich wollte mich noch bedanken für deine Gastfreundschaft, die du mir gewährt hast. Es war wirklich sehr nett von dir, mich mitten in der Nacht mitzunehmen, bei dir übernachten zu lassen und mir auch noch zu essen zu geben. Ich wüsste nicht, was ich getan hätte, wenn du mich nicht zufällig gefunden hättest.“

„Es war kein Zufall!“, kam nach einer kurzen Pause von ihm zurück. Sie schaute ihn überrascht an. Er war mit seinem Burger beschäftigt, sie konnte nicht genau erkennen, welchen Ausdruck er dabei hatte, als er das sagte.

„Ich konnte dich riechen in jener Nacht! Ich wusste, dass da jemand war. Und dass es ein Mädchen aus der Neuzeit ist. Eure Kleidung riecht anders.“ Ach ja, Sarah erinnerte sich, darauf hatte er schon einmal hingewiesen. Ob er wirklich so gut riechen konnte?

Da kam ihr ein Verdacht. „Dachtest du, ich sei Kagome?“ Vielleicht hatte er ja nur nach der früheren Angebeteten sehen wollen. „Nein, sie riecht anders.“ Sarah atmete erleichtert auf.

„War das ihr Freund?“ Kouga schaute sie grinsend an. „Ja, aber ich weiß nicht, was sie an dem findet. Der hat überhaupt keine Ahnung, wie man sich Mädchen gegenüber benimmt.“

Sarah musste auch lächeln. „Soso, aber du weißt das?“, fragte sie Kouga neckisch und wunderte sich schon wieder, woher sie den Mut dazu genommen hatte. Er verwirrte sie immer mehr. Sie bekam weiche Knie, wenn sie ihn nur ansah.

Kouga war fertig mit seinem Burger und wandte sich ihr wieder zu. „Ja, ich weiß es. Ich weiß zumindest meine Gefühle zu zeigen, wenn ich welche habe.“ Er schaute sie nachdenklich an. Sie blickte in seine eisblauen Augen, eine gewisse Unsicherheit war in seinem Blick zu erkennen.

„Ich weiß nicht, was mit mir passiert ist. Aber ich musste die ganze letzte Nacht nur an dich denken.“ Er sah sie eindringlich an und hob langsam seine Hand. Sanft strich er ihr über den Kopf mit den blonden Haaren und ließ sie durch seine Finger gleiten. „Mir ging es genau so!“ flüsterte Sarah. Beide sahen sich stumm an.

„Warum bist du denn gestern so schnell verschwunden?“ Sarah brach das Schweigen mit ihrer Frage. „Kagome hatte sich ja um dich gekümmert. Und da wartete auch noch eine Freundin auf dich. Ich weiß doch, dass ihr Mädchen in der anderen Welt viele Aufgaben und Verpflichtungen habt. Kagome hat mir das mal erzählt. Da wollte ich dich nicht weiter aufhalten.“

„So viele Verpflichtungen habe ich zurzeit nicht. Ich habe Urlaub.“ „Was ist das, Urlaub?“ Er schaute sie fragend an, wieder mit dem irritierten Ausdruck im Gesicht, der ihr so gefiel. Sie lachte auf, strich ihm mit dem Handrücken sacht über seine gerunzelte Stirn. „Das ist einfach freie Zeit. Man kann tun und lassen, was man will!“

„Dann bleib doch noch eine Weile bei mir!“ Er sah sie bittend an. Sarah blickte in seine Augen, im Zweifel ob sie sich auf diese Bitte einlassen sollte.

„Willst du das wirklich?“ „Ich bin sofort gekommen, als ich dich gerochen habe. Ich habe so gehofft, dass du noch einmal in diese Welt zurückkommst. Ich hatte dich einfach so stehen lassen. Es tut mir leid!“ Er sah sie flehentlich an. Sie konnte diesen Augen eh nicht widerstehen, trotzdem blieben ihre Bedenken.

„Aber es soll hier gefährlich sein.“ „Ich beschütze dich! Dir kann nichts passieren wenn du bei mir bist.“ „Ich kenn mich hier nicht aus.“ „Ich werde dir immer zur Seite stehen und dir helfen. Ich zeige dir dieses Land. Es ist unberührt und wunderschön. Meine Berge werden dir gefallen.“

Sarah sah ihn sehnsüchtig an. „Ach, Berge…das hört sich alles so verlockend an. Ich würde ja sehr gerne, aber was ist mit meiner Freundin?“

Kouga blickte traurig zu Boden. Die Freundin hatte er ja ganz vergessen. Und sie konnte auch nicht mit durch den Brunnen kommen. Aber er wollte sie auch gar nicht dabei haben. Er wollte mit dieser Frau mit den goldenen Haaren lieber alleine unterwegs sein.

Sarah sah sein enttäuschtes Gesicht. Sie wollte doch mit ihm zusammen sein. Also war sie dran, etwas zu unternehmen. Sie fasste ihn mit einer Hand am Kinn und zog sein Gesicht langsam wieder hoch. „Hey!“, flüsterte sie ihm freundlich zu und schaute ihm tief in seine eisblauen Augen.

„Ich werde es versuchen. Ich gehe zu meiner Freundin und rede mit ihr. Vielleicht können wir uns auf irgendetwas einigen. Ich habe noch drei Wochen Urlaub vor mir. Mal sehen, was wir daraus machen können.“

Einigung

Einigung
 

Sarah kam gegen Mittag wieder im Hotel an. Sie hatte sich nicht so schnell von Kouga trennen können. Beide hatten sich gegenseitig vorgeschwärmt, was sie in den drei Wochen alles unternehmen könnten und konnten sich erst spät voneinander losreißen, um dies nun auch in die Wirklichkeit umzusetzen.

Je näher Sarah dem Hotel kam, umso mehr Gewissensbisse bekam sie. Sie war mit Christine aufgebrochen, um gemeinsam drei Wochen in Japan zu verbringen. Sie hatten gemeinsam die Idee gehabt, die Route zusammen geplant, zu zweit gepackt und nun kam sie gleich nach dem ersten Reisetag an und wollte auf eigene Faust aufbrechen und die Freundin sitzen lassen? Das konnte sie doch nicht bringen! Ganz zu schweigen davon, wer der Grund für diese Extratour war: ein Wolfsdämon aus einer vergangenen Welt! War sie denn vollkommen verrückt geworden?

Völlig durcheinander saß sie im Hotelzimmer in einem Sessel und starrte aus dem Fenster. Christine war seltsamerweise gar nicht im Hotel gewesen. Sie wollte doch auf sie warten?

Ihr fiel ein, dass sie gesagt hatte, dass sie noch etwas erledigen wollte. Sarah biss sich gedankenverloren aus die Lippen und grübelte, wie sie der Freundin nur ihr Anliegen vorbringen sollte. Da hörte sie ein Rascheln an der Türe und gleich darauf flog diese auf. Christine stand im Türrahmen, abgekämpft und erhitzt, die Haare wild zerzaust. Sie schaute erwartungsvoll ins Zimmer und sah auf Sarah, die vom Sessel aufgesprungen war.

„Ich muss mit dir reden!" stießen beide gleichzeitig hervor.

Beide stutzen, schauten sich an und mussten loslachen. „Komm erst mal rein!" Sarah zog die Freundin ins Zimmer und schloss die Türe. „Was ist denn mit dir los?"

„Ich muss dir was erzählen! Mir ist etwas passiert." Christine zog die Freundin mit auf das Sofa und blickte sie mit funkelnden Augen an.

„Also", begann sie hastig und aufgeregt, „als ich dich gestern verloren hatte, bin ich am Nachmittag zur Polizeiwache gegangen, um dich als vermisst zu melden. Ich hab dort einen so süßen Typen kennen gelernt. Er hatte ziemlichen Ärger, weil er einen Einbruch in sein Ferienhaus melden wollte. Die Bullen dort waren ziemlich verärgert und nörgelten an ihm herum, weil er den Einbruch dort hätte melden sollen, wo das Ferienhaus steht, nämlich am Meer. Aber er hatte ihn in Tokio, seinem Wohnsitz angezeigt. Er tat mir leid, ich habe mich ein wenig mit ihm unterhalten. Abends hat er hier angerufen und gefragt, wie es mir ginge. Ich war total in Sorge, weil ich dich ja noch immer nicht gefunden hatte. Da lud er mich zum Essen ein, um mich abzulenken, hat im Hotel und bei der Polizei alles geklärt, dass sie sich sofort melden würden, wenn sie etwas von dir hören würden. Ich war so froh, mein Japanisch ist doch eh so schlecht. Er hat sich wirklich rührend um mich gekümmert. Und er sieht so gut aus und ist so nett…" Ihre Augen schweiften schwärmerisch in die Ferne, dann kehrten sie zurück und fixierten die Freundin, die ihr sprachlos auf dem Sofa gegenübersaß.

„Nun, er hat mich gefragt, ob ich nicht den Urlaub hier mit ihm verbringen würde…aber ich kann dir das doch nicht antun."

Atemlos endete sie ihre Erzählung und sah Sarah verzweifelt an. Diese schaute sehr verdutzt zurück. ‚Das kann doch wohl nicht wahr sein? Ist uns beiden das gleiche am gleichen Tag passiert?' Sie prustete los und erzählte der verblüfften Freundin von ihrem gemeinsamen Vorhaben mit Kouga.

„Vielleicht sind wir ja beide verrückt, gleich am zweiten Tag mit unseren neuen Kerlen abzuhauen. Aber ich fühle mich alt genug, um auf mich aufpassen zu können, und ich glaube, ich würde mich ärgern, wenn ich mir diese Chance entgehen ließe. Stell dir vor, ein eigenes Ferienhaus am Meer, ein heißer Sommer, ein Ferienflirt!" Christine sah die Freundin mit träumerischem Blick an. „Und du? Bist du dir sicher dass du dich dort drei Wochen herumtreiben willst? Da klang doch alles ziemlich seltsam." Christine schaute besorgt zu ihrer Freundin.

„Na, so sicher wie du. Ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann." „Und ich vertraue dir!"

Die beiden einigten sich schnell. Sie packten ihre Sachen zusammen, zahlten das Hotelzimmer und versprachen sich hoch und heilig, sich in drei Wochen auf dem Flughafen zu treffen. Jede freute sich für die andere, dass die Ferien eine so aufregende Wendung genommen hatten und sie wünschten sich alles erdenklich Gute.

Christine sollte gleich in der Hotelhalle abgeholt werden, Sarah dagegen wollte erst noch einkaufen gehen, um etwas Proviant und Ausrüstung für ihren Urzeiturlaub dabei zu haben. Sie verabschiedeten sich herzlich mit vielen Umarmungen. Beide waren erleichtert, dass sie ihre plötzliche Programmänderung durchführen konnten, ohne der anderen vor den Kopf zu stoßen.

Sarah schleppte ihre große Sporttasche mit ihren Sachen zum Schrein hinauf. Zum Glück hatte sie keinen Koffer dabei, der wäre im Mittelalter doch etwas sperrig gewesen. Eine Tasche mit Schulterriemen war da schon praktischer. Sie war voll gepackt mit moderner Ausrüstung und Lebensmittel, die für einige Tage reichen müssten. Sie konnte ja wieder herkommen, wenn sie etwas brauchte.

Sie ging sofort zum Brunnen, Kagome würde sie in dem etwas abseits gelegenen Wohnhaus eh nicht antreffen da sie ja in der Schule war. Sie stieg diesmal vorsichtig die Strickleiter hinunter, da sie ihre Tasche nicht werfen wollte. Nur ein kurzer, blauer Schimmer, und sie war wieder in Kougas Welt angekommen.

Raufereien

Raufereien
 

Sie stieg mit ihrer schweren Tasche wieder den Brunnenschacht hoch. Gut dass sie so viel Erfahrung im Klettern hatte, sonst wäre sie die die steilen Wände nicht so einfach hochgekommen. Oben angekommen war sie doch etwas außer Atem und musste sich erst mal auf dem Brunnenrand ausruhen. Aber sie saß noch nicht lange, da sah sie schon den inzwischen vertrauten Wirbel in der Ferne. Sie lächelte. Drei Wochen! Drei Wochen konnte sie nun mit diesem geheimnisvollen Mann verbringen.

Der Wirbel blieb vor ihr stehen und der Staub legte sich langsam.

Da stand er, ihr Traummann, und sah sie strahlend an. Sie hatte sich schon längst an seine ungewöhnliche Kleidung gewöhnt. Was sie jetzt nur noch sah, war der Mann darunter. Ihre Blicke schweiften über seine schlanke und doch muskulöse Gestalt, die kräftigen Arme und Beine, die braungebrannte Haut, die seine eisblauen Augen noch mehr leuchten ließ und endeten bei seinem absolut umwerfenden Lächeln.

„Wieder zurück?“ fragte er sie neugierig. „Und? Hat es geklappt?“ Sarah nickte und erzählte ihm gleich von dem seltsamen Erlebnis ihrer Freundin und deren Pläne.

Kouga schien begeistert zu sein, und Sarah glühte innerlich vor Freude bei der Vorstellung, ihn nun drei Wochen für sich haben zu dürfen. Ihr ganz persönlicher Reiseführer!

Er schlug vor, ihre große Tasche bei Kaede im Dorf zu lassen. Sie sollte sich nur eine kleine Ausrüstung mitnehmen, damit sie flexibel und unbehindert durch die Gegend ziehen konnten.

Also machten sie sich auf den Weg ins Dorf, dass sie auch schnell erreichten.
 

Der rote Junge lag wieder auf dem Dach und erkannte sie schon von weitem. Er war in die Hocke gesprungen und schaute misstrauisch auf sie herab.

„Na, Hundedreck! Auch wieder da?“ schnauzte Kouga ihn an. Der Junge fing an zu knurren. „Komm, ignoriere ihn einfach!“ meinte er zu Sarah gewandt und hob die Matte, die den Eingang der Hütte verdeckte. Drinnen in der Hütte saß Kagome mit der alten Frau und unterhielt sich gerade. Sie warf den Kopf herum und begrüßte sie mit einem Lächeln.

„Ach, ihr seid schon wieder da?“ „Ja, ich möchte eine wenig Zeitz hier verbringen.“ Sarah brachte ihre Antwort etwas verlegen vor. Dieses Mädchen hatte sich gerade noch so viel Mühe gemacht, ihr wieder in ihre Welt zu verhelfen, und jetzt war sie schon wieder hier.

Aber Kagome schaute nur von ihr zu Kouga, der gerade ihre Tasche auf den Boden gestellt hatte und wieder nach draußen ging. Mit einem schelmischen Augenzwinkern meinte sie nur: “Ja, sie können ganz nett sein, die Dämonen. Aber du musst dich auch vor ihnen hüten. Es gibt sehr böse von der Sorte, und sie sind leider sehr zahlreich und sehr mächtig. Merke dir, je menschlicher sie aussehen, umso mächtiger sind sie. Und sie können sich verwandeln. Bleibe immer bei ihm, weiche ihm nicht von der Seite.“ Sarahs Wangen röteten sich leicht bei diesem Ratschlag. Oh ja, das würde sie gerne tun. Sie nickte zustimmend.

„Er ist stark genug um dich beschützen zu könne. Ich meine das jetzt nicht als Anbaggertrick, sondern zu deinem eigenen Schutz.“ Kagome lächelte wissend, konnte sie doch die Gedanken des Mädchens erraten.

„Und wenn es ganz hart kommen sollte, dann denk dran. Du musst du die Kräfte einer Priesterin besitzen, sonst könntest du nicht durch den Brunnen. Wenn du bedroht wirst, dann konzentriere dich und richte deine innere Energie gegen deinen Angreifer. Das kann dir das Leben retten!“

Sarah blickte nun doch erschrocken drein. Das Leben retten? War es hier wirklich so gefährlich?

„Ist es so schlimm hier? Und meinst du wirklich, ich bin eine Priesterin? Davon weiß ich nichts. Muss ich da jetzt irgendwas Bestimmtes tun?“

„Nein, und so schlimm wird es schon nicht werden, Du hast ja Kouga dabei!“
 

Sarah äußerte noch den Wunsch, ihre große Tasche hier lassen zu dürfen. Die alte Frau erklärte sich bereit, dass sie sie in der Hütte lassen konnte und so brauchte Sarah nur noch den bereits gepackten Rucksack mit den nötigsten Dingen über die Schulter werfen. Sie schenkte der alten Frau noch ein paar Fertiggerichte, die diese freundlich dankend annahm.

Kagome hatte dabei die ganze Zeit immer wieder zur Türe geschaut. Auch Sarah fiel ein Krachen und Rumpeln auf, das von ausserhalb kam, dazwischen Schreie und Gebrüll.

„Ich muss mal da draußen nach dem Rechten sehen!“ Kagome verschwand mit einem Grinsen durch die Türe. Sarah ging ihr nach, den Rucksack halb auf dem Rücken.
 

Vor der Hütte bot sich ihr ein ungewöhnlicher Anblick. Der Junge und Kouga raufte miteinander, schoben sich hin und her und flogen dabei immer wieder zu Boden. Sie waren sehr vertieft in ihr Treiben, so dass sie die Mädchen gar nicht bemerkten.

„Gib endlich auf, du stinkender Wolf!,“ brüllte der Junge und packte Kouga am Hals. Kouga riss sich geschickt los, drehte sich um und packte ihn von hinten. „Lass mich doch in Ruhe, du blöder Hund. Von dir will ich doch gar nichts, und von deinem Mädchen auch nicht!“

Aber beide ließen nicht voneinander ab.

Kagome ging einen Schritt auf den rot gekleideten Jungen zu, aber der bemerkte sie überhaupt nicht. „Ist das dein Freund?“, fragte Sarah vorsichtig. „Der ist ja ganz schön wild. Wie kommst du mit dem denn zurecht?“

„Ach, ich hab so meine Mittel.“ Kagome grinste sie an, wandte den Kopf und sagte nur: “Inu Yasha, sitz!“

Die Kette, die dem Jungen um den Hals lag, fing plötzlich an zu leuchten und zog ihn mit grober Gewalt auf den Boden. Er schlug dort mit einem Krach auf und blieb liegen. Kouga klopfte sich die Hände ab und kam zu den Mädchen. „Ah, danke! Der lernt es ja sonst nie!“

Er schaute belustigt auf dem am Boden liegenden Jungen. Der rappelte sich schon langsam wieder auf und schaute böse knurrend zu Kouga herüber. „Kagome, was soll das?“ „Ach, Inu Yasha, nun reg dich doch nicht immer so auf. Lass Kouga doch endlich mal in Ruhe.“ „Na, wenn er dich in Ruhe lässt...“ Er warf einen misstrauischen Blick auf die Gruppe und stand dann auf. „Komm her, du siehst doch, dass Kouga eine Freundin hat.“ Sie wies auf Sarah, die bei dieser Behauptung einen roten Kopf bekam. Kouga kam zu ihr herüber geschlendert und nahm ihr den Rucksack ab.

„Ich glaube, es ist Zeit von hier zu verschwinden, sonst regt sich der kleine Welpen hier noch mehr auf!“ Sie verabschiedeten sich schnell von Kagome solange der Junge wieder durch ein ‚Sitz’ von ihr auf den Boden gefesselt war. Kouga winkte ihnen lachend nach, Kagome winkte ebenfalls, nur der Junge saß böse knurrend neben ihr auf dem Boden.

„Was ist denn das für einer?“, fragte Sarah, nachdem sie das Dorf verlassen hatten. „Ach, das ist Inu Yasha, der Hunde-Hanyou. Er ist ein Halbdämon mit schlechten Manieren und noch schlechterer Laune. Aber es macht unheimlich Spaß ihn zu ärgern und sich mit ihm zu prügeln.“ Kouga grinste verschmitzt. „Er geht immer so schön in die Luft!“

„Ist er denn böse?“ „Nein, er ist eigentlich ein sehr netter und hilfsbereiter Kerl!“ „Was, der? So sieht er aber gar nicht aus!“ „Na, wenn ich ihn auch immer ärgere? Dabei ist er ein sehr mächtiger Dämon mit einer noch mächtigeren Waffe. Ich hätte so gegen ihn gar keine Chance! Er rauft eben auch gerne mit mir.“

Ein heißer Sommertag

Ein heißer Sommertag
 

Sarah saß mit Kouga auf einer Wiese vor einer steilen Felswand. Sie machten gerade eine Rast auf ihrer Wanderung durch die mittelalterliche Welt. Die Landschaft war so schön und unberührt, die Luft so klar, der Himmel so rein und endlos, die Sonne schien ohne von einer Wolke bedeckt zu werden. Sie genossen es beieinander zu sein und ohne Hetze und ungestört durch die Gegend zu ziehen. Nicht einmal in ihrer österreichischen Heimat gab es so unberührte Orte.

Sie saßen nebeneinander im Gras und aßen von Sarahs Vorräten. Kouga betrachtete still kauend das Mädchen neben sich, immer wieder wurde sein Blick angezogen von dem Schimmer ihren blonden Haare, die in der Sonne glänzten. Sarah bemerkte seinen Blick und sah ihn lächelnd an.

„Gibt es das bei euch nicht?“ „Was denn?“ „Na, blonde Haare?“ Er zuckte ertappt zusammen. „Nein, ich habe solche Haare noch nie gesehen. Gibt es denn mehr Menschen in deiner Heimat mit dieser Haarfarbe?“ „Ja, einige, aber nicht alle haben blonde Haare.“
 

Kouga blickte weiter stumm auf das Glänzen und Leuchten der goldenen Strähnen, die über ihre Schultern fielen. Er streckte langsam die Hand aus und berührte sie, lies sie durch seine Finger gleiten. „So fein und weich, und doch wie Gold“, murmelte er vor sich hin. Er strich weiter durch ihre Haare, sie saß wie erstarrt da und spürte jede Berührung seiner Hände. Sie war wie elektrisiert.

Kouga tastete sich weiter, berührte sanft ihren Kopf und streichelte ihn. Er wandte sich ihr zu und schaute sie nachdenklich an. Sein Blick wanderte zu ihrem Gesicht hoch und weiter zu ihren leuchtendblauen Augen. Ein kurzes Blinzeln um das Blenden der Sonne abzuwehren war seine einzige Bewegung. Gebannt beobachtete Sarah seine eisblauen Augen, die sie hinter langen, dunklen Wimpern fixierten. Die Umgebung versank um die Beiden, die Sonne und ihr Glühen waren vergessen, er schaute ihr nur tief in die Augen und versank in ihrem Blick. Automatisch tastete sich seine Hand zu ihrem Gesicht vor, bedeckte sanft ihre Schläfe. „Was hast du nur mit mir gemacht?“

Sie sah ihn stumm und fragend an, dann legte sie wie als Antwort ihr Gesicht sanft in seine Handfläche. Seine Berührung ließ sie erschaudern. Die Wärme seiner Hand ging auf sie über, strömte in ihren Körper und drang tief in ihr Innerstes ein. Ihr Herz begann schneller zu schlagen und ein wohliger Schauer lief ihr über den Rücken. Sie konnte ebenfalls den Blick nicht mehr von ihm lassen.

„Was habe ich denn mit dir gemacht?“ Sie hauchte mehr als dass sie sprach. Sollte sie wirklich eine solche Wirkung auf den Dämon ausgeübt haben? Sie kannte ihn doch erst wenige Tage.

Er gefiel ihr, sie war völlig hingerissen von seinem Aussehen, der sportlichen Figur, der schlanken Gestalt, den schönen, eisblauen Augen. Sie konnte sich von diesen Augen nicht mehr losreißen, versank in ihnen. So viel Feuer und Temperament lagen in diesem Blick, aber auch so viel Wärme und Zartheit. Konnte es wirklich sein? Sie sah ihn forschend an, fragend, mit einer kleinen Falte auf ihrer Stirn. Er lächelte als er ihren fragenden Ausdruck sah, fuhr sanft mit einem Finger über die Stirn um sie zu glätten. Dann nahm er seine Erforschung wieder auf, folgte mit seinem Blick dem Tasten seiner Finger. Er strich ihr sanft über die Nase, folgte dem Schwung ihrer Brauen, strich die Schläfen entlang und berührte leicht die weiche Haut auf ihren Wangenknochen. Sie erbebte als er seine Reise fortsetzte und die Linie ihrer Lippen nachzog. Sie öffnete leicht den Mund, das Atmen fiel ihr schwer, ihr Herz raste schon und sie erschauerte bei jeder Berührung, die von ihm ausging. Sie hing an seinem Blick, sah, wie der seine seinen Fingern folgte, ihren Mund betrachtend, verlangend und zärtlich zugleich. Er beugte sich nach vorne, näherte sich ihrem Gesicht, langsam und bedächtig. Sie spürte schon seinen Atem, auch er beschleunigt und heftig, spürte die Wärme, die von seiner Haut ausging. Ganzlangsam, ganz sanft, näherte er sich ihr. Sie ertrug die Anspannung nicht mehr, schloss ergeben die Augen. Sie spürte wie seine Lippen die ihren berührten, ganz leicht, ein forschendes Tasten. Er fuhr vorsichtig an den ihren entlang, über ihre Wangen und wieder zurück, umkreiste wieder ihren Mund. Sie erzitterte, war bereit für alles, was er von ihr forderte, von ihr zu erhalten hoffte. Er spürte ihr sanftes Beben unter seine Berührung und legte seine Lippen fester auf ihre. Die Wärme, die Zartheit seiner Haut ließ sie schmelzen. Sie legte sie Arme um seinen Hals, rückte näher zu ihm heran und erwiderte seine Bewegung. Ein sachtes Tasten, ein leichtes Streichen über die Lippen des anderen wurde gefolgt von einer intensiveren Berührung. Beide atmeten schwer, als ihre Münder sich öffneten. Wieder die vorsichtige Erforschung, die erste, elektrisierende Berührung der Zungen. Sarah wurde schwindelig. Dieser Dämon konnte so gut küssen. So etwas hatte sie noch nie erlebt.

Die Bewegungen wurden heftiger, fordernder. Er saugte an ihren Lippen, erforschte ihren Mund, umschlang ihre Zunge mit der seinen. Seine Hände umfassten ihre Kopf, zog sie näher an sich als ob er sie verschlingen wollte. Auch seine Augen waren längst geschlossen, er genoss den intensiven Kontakt, konnten nicht genug bekommen. Sie hingen aneinander, unfähig sich zu lösen, verbunden durch den intensiven Kontakt ihrer Münder.
 

Sie wussten nicht, wie lange sie so verweilten. Sarah hatte irgendwann den Eindruck, ihre Lippen seien geschwollen, dick und prall und voll von seiner Berührung. Ihr Atem wurde wieder ruhiger, er löste sich langsam von ihr und schaute sie lächelnd an.

„Das hast du mit mir gemacht!“

Er zog sie mit nach hinten ins Gras, legte sich hin und hielt sie fest in seinen Armen. Sie lag neben ihm, ihre Arme immer noch um seinen Hals geschlungen. Er streichelte wieder ihren Kopf, küsste sanft ihre Nasenspitze und legte dann seine Stirn gegen die ihre. Der Blick aus seinen leuchtenden Augen ließ sie nicht los. Er berührte wieder ihre Lippen, konnte nicht genug bekommen das weiche Fleisch zu berühren.

Sarah wusste nicht mehr, wie lange sie so da lagen. Irgendwann waren sie atemlos und erschöpft eingeschlafen, Gesicht an Gesicht gelehnt, die weiche Haut des anderen spürend.

Klettereien

14. Klettereien
 

Sonnenstrahlen weckten sie wieder mit ihrer heißen Glut. Sarah setze sich auf, die Augen reibend und schaute um sich. Der Wolfsdämon lag noch schlafend neben ihr. Der lange Marsch hatte doch beide so erschöpft, dass sie hier einfach eingepennt waren.

Die Sonne stand nun schon tiefer am Himmel und beschien die hohe Felswand vor ihr. Sarah musterte die Wand, verfolgte mit den Blicken mögliche Einsteige, einen gehbaren Weg nach oben. Die Wand hatte gute Spalten und Vorsprünge, war leicht zu ersteigen. Voll Tatendrang erhob sie sich, wischte ihre Hände an den braunen Shorts ab, die sie trug und schritt auf die Wand zu. Sie stand an der Stelle, die einen leichten Einsteig versprach und drehte sich zu Kouga um. Der lag noch im Gras, den Oberkörper inzwischen auf einem Ellbogen abgestützt und schaute zu ihr herüber. „Ich klettere jetzt da rauf!“ erklärte sie ihm strahlend. Sie setze vorsichtig einen Fuß in eine Spalte, suchte mit den Händen nach Vorsprüngen, hielt sich fest und zog sich hoch. Weiter und weiter arbeitet sie sich den Fels hinauf, Schritt für Schritt suchte sie einen sicheren Halt für Hände und Füße und stieg weiter. Kouga betrachtete das Mädchen, beobachtet wie sich die braungebrannten Beine suchend über den Fels bewegten, ihre nackten Füße sich in die Rinnen gruben, ihre braunen Arme sich über ihr einen Weg zum nächsten Vorsprung suchten. Ihr weißes Top gab die Sicht auf ihren braungebrannten Rücken frei, über dem die Haare hin und her schwangen. Ihre Bewegungen waren geschmeidig wie die einer Bergkatze. Fasziniert beobachtete er sie, wie sie sich der oberen Kante näherte. Wieder zog sie ein Bein an, setzte es vorsichtig auf eine Stufe und schob ihren Körper an der Wand entlang nach oben, um mit den Händen den nächsten Vorsprung zu erreichen. Gleich hatte sie es geschafft. Kouga lag immer noch im Gras und beobachtete jede ihrer Bewegungen, konnte den Blick nicht von ihr lösen. Sie erstieg die letzte Stufe, richtete sich oben auf und schaute zu ihm herunter. „Was ist, kommst du auch hoch, oder soll ich wieder runter steigen?“

„Ah, ich komme schon!“ Kouga stand auf, packte alle herumliegenden Sachen in den Rucksack, schwang ihn sich locker über die Schulter und schritt zu der Steilwand hin.

Er setze aber nicht zum Klettern an, sondern sprang mit großen Sätzen von einem Vorsprung zum anderen. Er hatte die Wand in wenigen Sekunden erklommen und stand schon neben Sarah, die ihn verblüfft anschaute.

„Das ging aber schnell!“ Sie schaute ihn noch immer ungläubig an. Er küsste sie auf die Nasenspitze und grinste. „Na, gehen wir weiter?“ Sarah nickte und sie zogen davon.

Gewitterregen

Gewitterregen[\b}
 

Sie waren beim Wolfsbau angekommen. Viele herrliche Stunden lagen hinter ihnen, Stunden der Nähe, der Gespräche, des Rastens aber auch Wanderungen durch diese unberührte Landschaft. Vorbei an kleinen, terrassenförmigen Reisfeldern, an waldbedeckten Hügeln, grünen Tälern und an glitzernden Bächen entlang. Der Sommer lag brütend über dem Land, der Duft von Blüten mischte sich mit dem Geruch von Gras. In den Wäldern roch es nach Harz und Honig.

Ein Gewitterregen hatte sie überrascht. Er kündigte sich an mit einer leichten Windböe, dunkle Wolken flogen über den Himmel und verdeckten die grell scheinende Sonne. Schnell verfinsterte sich der Himmel, die ersten Tropfen fielen bevor sie einen Unterschlupf gefunden hatte. Als die Tropfen den Boden berührten, erfüllte der fast beißende Geruch nach nasser Erde die Luft. Weitere Tropfen pladderten auf die ausgetrocknete Erde, wurden dort sofort aufgesogen und verschluckt. Sarah stand da und genoss diesen Augenblick, diesen intensiven Geruch der feuchten Erde, den es nur im Sommer gab. Sie stand da, den Kopf in den Nacken gelegt, das Gesicht dem fallenden Regen zugewandt und ließ sich die Tropfen über ihre Wangen perlen.

Viele schwere Regentropfen folgten, tränkten langsam die Erde, überschwemmten das Land. Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet und eine Wasserwand kam auf sie hernieder. Beide standen sie eng umarmt im triefenden Regen, das Wasser lief an ihren Armen hinab, durchnässte ihre Kleidung. Aber sie vergaßen alles, die Nässe, die Blitze, das Grollen des Donners, sie standen nur da und küssten sich. Die ganze Welt um sie herum war vergessen, sie lebten nur für die Berührung ihrer Lippen, fühlten nur die nasse Haut des anderen, schmeckten sich, fühlten sich, berührten sich, lösten sich beinahe ineinander auf. Ewig standen sie so da und konnten nicht voneinander lassen. Das Wasser tropfte von ihren Haaren in ihre Gesichter, lief an ihren Nasen entlang, störte sie schon beim Atmen, Da fiel ihnen erst auf, wie nass sie waren. Sie sahen sich an, sahen an ihrer durchtränkten Kleidung entlang zu der Pfütze hinunter, in der sie standen. Mit einer letzten Umarmung rissen sie sich los, rannten Hand in Hand lachend zu einem nahe stehenden Baum um dort Unterschlupf zu suchen. Dort saßen sie ewig, eng umschlungen und beieinander kauernd und sahen schweigend dem strömenden Regen zu.
 

Danach waren sie zum Wolfsbau aufgebrochen, um die nassen Sachen wieder trocknen zu können. Er hatte sie einen Teil des Weges getragen, spürte sie eng an sich gelehnt in seinen Armen, die nasse Kleidung noch tropfend. Ihre Arme hatte sie um seinen Hals geschlungen, den Kopf auf seine Schulter gelegt und immer wieder trafen sich ihre Blicke, während er mit atemberaubender Geschwindigkeit durch die Wiesen stob, der vertrauten Höhle entgegen.
 

Als sie ankamen, schien bereits lange die Sonne wieder, ihre leichte Kleidung war schon beinahe wieder trocken. Der glitzernde See vor der Höhle lag einsam und verlassen in der blauen Bergluft. Die Sonne beschien die grünen Ufer, einladend zu einer Rast. Er hatte das Mädchen vor dem Höhleneingang abgesetzt und sie geküsst, bevor er sie freigab.
 

„Ich schau mal nach den Jungs!“ Er fasste sie and er Hand und zog sie mit in die Höhle hinein. Als sie unter dem Wasserfall hindurch waren, sah Sarah erst einmal gar nichts. Sie war noch geblendet von den gleißenden Sonnenstrahlen, aber er zog sie weiter in die kühle Höhle hinein. Irgendwann blieb er stehen, ließ ihre Hand los und bückte sich.

„Ach, da seit ihr ja! Wieder so faul und verschlafen?“ Er kniete sich nieder, kraulte den um ihn herum liegenden Wölfen die Hälse, streichelte ihre Köpfe und klopfte ihre Seiten. Die Wölfe standen gähnend auf, rieben sich an ihm und drängten sich um seinen Körper. Sarah war erstaunt über die Zärtlichkeit, die nicht nur von Kouga, sondern auch von den Tieren ausging. Einige der Wölfe beobachteten sie, schauten neugierig zu ihr herüber. Aber keiner näherte sich ihr. Kouga kam wieder zu ihr zurück, legte einen Arm um sie und schaute zu den Wölfen hinunter. „Ihr werdet ihr nichts tun, verstanden? Sie gehört zu uns!“
 

Ein paar Menschen waren aus dem Hintergrund zu ihnen geklettert. Sie trugen alle ähnliche Kleidung wie Kouga, viel Fell, Rüstungen um ihre Brust und meist seltsame Frisuren. Auch ihnen stellte Kouga das Mädchen vor.

„Das ist Sarah. Sie wird eine Weile hier bleiben, Und ihr tut alles, was sie sagt, klar?“

„Klar Chef!“ kam es aus der Runde. „Hallo Chefin! Wir erfüllen dir alle deine Wünsche!“
 

Sarah lächelte bei der freundlichen Begrüßung. Ein paar der Menschen erkannte sie wieder, die beiden Freaks von neulich standen dicht um Kouga. Sie wurden ihr als Hakaku und Ginta vorgestellt.

Kouga wandte sich an die beiden. „Kommt, helft mir mal aus den nassen Sachen und der Rüstung raus. Und dann besorgen wir was zu Essen.“ Sie verschwanden in Richtung Höhlenhintergrund wo sich Kougas Nische mit den Fellen auf dem Boden befand.

„Ich geh noch mal raus baden!“ rief Sarah ihnen nach und machte sich wieder in Richtung Höhlenausgang auf.

Draußen schien noch die Sonne, und obwohl es schon später Nachmittag war, lag immer noch eine drückende Hitze auf dem Land. Sarah schlenderte mit ihrem Rucksack zu der schönen Wiese am Ufer, wo sie schon einmal gebadet hatte. Sie legte den Rucksack ab, stöberte darin und zog dann einen türkisfarbenen Bikini und ein großes Badehandtuch heraus. Da sie wieder ganz alleine war, konnte sie sich schnell unbeobachtete umziehen. Ihre noch feuchten Sachen hängte sie zum Trocknen in einen nahe gelegenen Baum.

Sie breitete das Handtuch am Ufer aus und legte sich erst einmal in die wärmende Sonne. Vor ihren verschlossenen Augen liefen die letzten Tage noch einmal ab. Kougas Gesicht, Kougas Augen, Kougas Lippen, ihre ganze Welt bestand nur noch aus dem Wolfsdämon. Und sie war so glücklich. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Nie hätte sie gedacht, dass sie sich so verlieben könnte.

Sie hörte Lärm vom Höhleneingang kommen. Kouga kam mit Ginta, Hakaku und einigen Wölfen vorbeigelaufen. Er kam zu ihr ans Ufer und betrachtete interessiert ihren Körper in der knappen Badebekleidung. Sie lag ausgestreckt auf ihrem Badehandtuch und blickte zu ihm auf, den Oberkörper auf ihren Ellbogen abgestützt. Das Braun ihrer Haut harmonierte mit dem leuchtenden Türkisgrün ihrer knappen Stoffteilchen, die sie um Hüfte und Brust trug.

Kouga hatte so eine seltsame Bekleidung noch nie gesehen, aber er war entzückt darüber, wie viel von ihrer schönen, weichen Haut zu sehen war. Er konnte sich kaum von ihrem Anblick losreißen.

„Wir gehen schnell was jagen!“, teilte Kouga ihr mit. „Oh je, schnell! Da wir wieder ein Gerenne!“, stöhnte Ginta und verzog das Gesicht. Kouga bückte sich zu ihr hinab und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Ginta grinste Hakaku an. „Den hat es ganz schön erwischt!“, hörte Sarah ihn leise flüstern.

Die Gruppe zog gleich ab, Kouga in einem Wirbel voraus, die anderen rannten schnaufend hinterher. Sarah machte es sich wieder auf ihrem Handtuch bequem und träumte weiter von ihrem Wolfsdämon. Bestimmt kam er bald wieder.

Wasserspiele

Nachdem mir hier der Admin alles, was ich euch gestern on gestellt hatte, gelöscht habe, dann halt im Schneckentempo...
 

Wasserspiele[\b]
 

Sie war wohl eingeschlafen. Auf alle Fälle stand die Sonne schon viel tiefer, als sie Kouga bemerkte, der sich leise neben sie setze. Sie machte die Augen auf und betrachtete ihn. Er hockte neben ihr auf dem Handtuch, diesmal ohne seine Rüstung. Sein Oberkörper war vollkommen nackt, die Felle fehlten, nur die glatte Haut war zu sehen. Obwohl er diese Rüstung dauernd trug, war die Haut unter ihr genau so braun wie an seinen Armen. Sie wunderte sich, fasste mit ihrer Hand an seinen Rücken und zeichnete die Linie nach, an der sonst der Brustpanzer endete. Seine Haut war warm, fast heiß. Wahrscheinlich war er bei der zurückliegenden Jagd ins Schwitzen gekommen.

Er fasste sie an den Händen, zog sie hoch und zerrte sie lachend in Richtung Wasser. „Komm, baden!“

Er sprang in den See und tauchte unter, von seinem Körper war nichts mehr zu sehen, nur ein paar Wellenkreise, die sich langsam ausbreiteten. Sarah stürmte ihm nach, sprang ins Wasser und schwamm in die Richtung, in der sie ihn vermutete. Lange rührte sich nichts, sie trieb mit gleitenden Bewegungen an der Oberfläche und hielt Ausschau, wo er wohl wieder zu sehen sein würde.

Da tauchte er auf in einer Wasserfontäne knapp vor ihr, fasste sie um ihre Schultern und zog sie gleich wieder mit unter Wasser. Er zog sie zu sich heran und suchte zielstrebig nach ihren Lippen. Sie tastete nach seinem Kopf, hielt ihn zärtlich in ihren Händen und küsste ihn zurück. Unter Wasser fühlte es sich fast so an wie im Gewitterregen. Sie hätte ihn gerne ewig geküsst, die Zeit so abgeschieden mit ihm verbracht im Irrlicht des funkelnden Sees, in dem die Reflexionen der Lichtstrahlen über ihre verschlungenen Körper huschten. Aber sie sanken bereits langsam auf den dunklen Grund hinab. So mussten sie sich wieder lösen und zur hell schimmernden Oberfläche zurück kehren. Ach wenn sie sich so fühlten, sie waren keine Wasserwesen die beinahe endlos ohne Atmen auskommen konnten. Ihre Körper schossen durch die glatte Wasseroberfläche wie die junger Robben und sie holten prustend Luft. Sie fühlten sich so energiegeladen, so übermütig und so glücklich.

Kouga schwamm voraus zum Ufer und wartete auf sie in einem Bereich, in dem er gerade wieder stehen konnte. Sie schwamm ihm langsam entgegen, betrachtete ihn, wie sein Gesicht, das gerade aus dem Wasser ragten, ihr zugewandt war und er sie erwartungsvoll beobachte. Er streckte ihr die Arme entgegen und zog sie zu sich heran, als sie ihn erreicht hatte. Der Wolfdämon setze sie sich auf seine Hüfte wie ein kleines Kind, hielt ihren Rücken mit seinen verschränkten Armen. Sarah schmiegte sich an ihn, legte ihre Arme um seinen Hals und klammerte sich mit den Beinen fest um ihn.

Er hatte noch seinen Hüftpelz um, und sie spürte seinen pelzigen Schwanz zwischen ihren Füßen. Sie musste lachen als sie die Bewegung spürte, wie er damit sein Gleichgewicht hielt. ‚Das glaubt mir niemand zuhause!’ Aber ihr war inzwischen vollkommen egal, was dieser Mann Außergewöhnliches an sich hatte. Sie beugte ihren Kopf vor und legte sanft Stirn und Nase gegen seine. Das Strahlen seiner Augen war unübersehbar und es dauerte nur einen Augenblick, bis sich ihre Münder wieder fanden und sie das Spiel, dass sie unter Wasser gespielt hatten, fortsetzten. So standen sie im See, ineinander vertieft, versunken und der Welt entrückt. Nichts existierte mehr für sie außer dem Körper des anderen, dessen Wärme, dessen Lächeln und es war der schönste, der einzige Ort der Welt an dem sie sein wollten.
 

Als die Sonne schon langsam unterging, packte er sie auf seine Arme und trug sie aus dem Wasser.

Sie waren ewig im Wasser gewesen und Sarah fror ein wenig. Er setzte sie auf ihrem Handtuch ab, das sie gleich hochhob und um sich legte. Sie fragte ihn, ob er auch ein Handtuch haben wollte. „Nein, danke, ich brauch das nicht!“, entgegnete er nur und ging leicht in die Hocke und fing sich an sich zu schütteln wie ein Wolf. Erst von den Beinen her, dann über den Körper weiter bis zum Kopf schüttelte er sich das Wasser in hohem Bogen von seiner Haut, aus dem Pelzen, die noch um seinen Körper lagen und aus seinen Haaren. Der nasse Zopf flog nur so um seinen Kopf.

Sarah sah ihn erstaunt an. Bisher hatte er sich vollkommen menschlich verhalten. Lag doch etwas von einem Wolf in seinem Blut? Ach, das war ihr egal, sie liebte Wölfe.

Sie legte sich in die letzten Strahlen der untergehenden Sonne, fest eingewickelt in ihr Handtuch. Er lag neben ihr, legte einen Arm um ihren zitternden Körper und zog sie zu sich her. Er rieb ihr den Rücken um sie zu wärmen, nahm sie danach fest in seine Arme und wiegte sie wie ein kleines Kind. Er küsste sie immer wieder und sah ihr besorgt ins Gesicht. „Na, wieder wärmer?“ Sie nickte.

Er setzte sich auf, winkelte die Beine unter sich an und zog sie in seinen Schoß, ihren Rücken mit einem Arm stützend. Er blickte auf sie herab, öffnete vorsichtig ihr Handtuch und fuhr mit seinen Fingern langsam die Ränder des Bikinioberteils nach. „Trägt man das bei euch?“ Sie nickte, sah in seine überraschten Augen.

„Ist ja nicht viel dran!“, meinte nur grinsend und berührte weiter die Nähte des Stoffes. Sarah erschauerte. Seine Finger glitten so sanft über ihre Brust dass sie sie fast nicht spürte. Mit dem Fingerrücken strich er hinauf zu ihrem Hals und wieder zurück, drehte Kreise in ihrem Ausschnitt. Sie bekam eine Gänsehaut, aber nicht vor Kälte. Er küsste sie vorsichtig auf das Brustbein, wanderte wieder zu ihrem Gesicht, ihrem Mund. Er hauchte zart über die Haut ihrer Wangen, kehrte zurück zu den Lippen. Seine Zunge bat um Einlass, den sie ihm freudig gewährte. Die Hitze schoss in ihren Körper, der noch ausgekühlt vom abendlichen Bad waren. Der Kuss wurde immer intensiver, immer stürmischer. Mit seiner Hand nahm er die Erkundung an ihrem Oberkörper wieder auf, legte sie auf ihre Brust, fühlte deren Form unter seinen Fingern, die feste Brustwarze unter dem dünnen Oberteil. Sie drückte sich ihm entgegen, seiner Hand, seiner Wärme. Er glitt vorsichtig unter den Stoff, berührte ihre nackte Haut und massierte sie sanft. Dann schob er langsam den Stoff zur Seite.

Er löste sich von ihren Lippen und beugte sich über ihren Oberkörper. Sanft begannen seine Lippen ihre Reise, strichen zart über den Brustansatz und umkreisten die Brustwarzen, die sich aufzurichten begannen. Er knabberte vorsichtig an ihnen, was Sarah einen Schauer durch ihren Körper jagte. Sie stöhnte auf, drückte den Rücken durch um sich ihm entgegen zu schieben. Sie lag nun ausgestreckt über seinen gekreuzten Beinen, räkelte sich wohlig, die Arme hatte sie hinter ihren Kopf auf den Boden gelegt, und ließ ihn gewähren. Er verwöhnte sie weiter, saugte sanft an ihren Brüsten und streichelte mit seinen Händen immer wieder weich und doch fest über ihren Oberkörper. Sie hätte so sterben können. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Mund leicht geöffnet, ein Stöhnen entrang sich ihren Lippen. Sie spürte nur noch seine sanften Berührungen, das Kribbeln, das ihre Wirbelsäule entlang schlich, sich in ihrem Inneren ausbreitete und sie erzittern ließ. Sie wusste nicht wie lange sie so dalag, sie hatte jedes Zeitgefühl verloren. Irgendwann merkte sie, dass er mit seinen Bewegungen innehielt, das Oberteil wieder zu Recht zog und nach einem langen Kuss ihr lächelnd ins Gesicht blickte.

„Ich habe Hunger! Und als guter Gastgeber möchte ich dir natürlich auch verwöhnen. Komm mit!“ Sarah blinzelte und versuchte, wieder zu sich zu kommen.

„Na, du hast mich doch schon verwöhnt“, kicherte sie ihm zu und zwinkerte. Er lachte auf, küsste sie auf die Nasenspitze und ließ sie von seinem Schoß gleiten. Dann sprang er selbst auf und reichte ihr eine Hand um sie hochzuziehen, eine Geste, die sie inzwischen so gut von ihm kannte. Sie rappelte sich auf, packte ihr Handtuch fester und lies sich von ihm in die Höhle ziehen.

In der Höhle

In der Höhle
 

Es war bereits dunkel. Der Mond stand schon hoch am Himmel und sendete ein silbernes Leuchten in die Nacht. Sein Spiegelbild schwankte leicht auf der glatten Oberfläche des ruhig daliegenden Bergsees. Der sanfte Schimmer erhellte die Felswände ringsum, die Landschaft lag schweigend und unwirklich vor ihnen. Sarahs Blick ruhte auf dem wie verzaubert daliegenden Tal. „Was für ein schönes Zuhause du hast.“, flüsterte sie dem jungen Wolfsdämon leise zu. Sie wollte die Stille der Umgebung nicht durch zu laute Worte stören.
 

Er schaute sie lächelnd an und zog sie weiter, den glitzernden See entlang, unter dem Wasserfall hindurch in die dahinter liegende Höhle hinein. Flackernde Fackeln beleuchteten sanft das unüberschaubare Innere, der Hintergrund blieb jedoch in Dunkelheit gehüllt. Überall lagen Wölfe, meist in Gruppen eng beieinander. Sie erhoben sich, als sie das Paar hereinkommen sahen und trotteten langsam auf sie zu. Kouga war stehen geblieben und kraulte den ersten ankommenden Tieren die Köpfe. Auch um Sarah schlichen ein paar Wölfe und drückten sich an ihre Beine. Sie bückte sich und griff sanft in das Fell eines der Tiere. Es war dicht und weich, und sie liebkoste es sanft mit ihren Händen. Der Wolf sah ihr direkt ins hinab gebeugte Gesicht, die schönen, goldenen Augen leuchteten im Fackelschein auf. Der erste, vorsichtige Blick wechselte zu einem genüsslichen Ausdruck, als sie ihm den Kopf hinter den Ohren kraulte. Mehr Wölfe kamen zu ihr heran, wollten von ihr gestreichelt werden. Am Schluss war sie völlig umringt, bedrängt von jeder Menge Tiere. Kouga sah zu ihr herüber und lachte. „Hey, Jungs, werdet ihr mir untreu? Ihr werft sie ja fast um! Los, geht jetzt raus, vertretet euch mal die faulen Beine!“

Die Wölfe schauten zu ihm auf, zogen dann langsam ab und trotteten Richtung Ausgang.

Sarah sah ihnen nach, dann fasste sie der Rudelführer an der Hand und sie gingen tiefer in die Höhle hinein.

Im hinteren Bereich war ein kleines Feuer entzündet. Der Rauch zog durch eine schmale Öffnung in der Decke ab. Felle waren auf Steinen um das Feuer ausgebreitet, und an einem Spieß brutzelten zwei große Stücke Fleisch. Sarah setze sich auf eines der Felle und nahm das Fleisch entgegen, da Kouga ihr reichte. „Hast du Ketchup?“ fragte sie ihn und musste wieder über sein verwirrtes Gesicht lachen, dass er darauf hin zog. „Schmeckt es dir nicht?“ fragte er sie besorgt zwischen zwei Bissen. „Doch, aber wir essen Fleisch bei uns zuhause etwas anders.“ „Wie denn?“ „Na, auf einem Teller mit Messer und Gabel. Und mit Ketchup!“ „Teller? Gabel? Was ist das? Ich kenne nur Schalen und Essstäbchen, und die taugen hier nichts. Und was ist Ketschab?“ „Eine Art Tomatensoße.“ „Aha, und was sind Tomaten?“ „Ein Gemüse.“ „Ah, Gemüse mögen meine Jungs gar nicht! Die futtern nur Fleisch. Aber ich würde es gerne einmal versuchen!“ Er schaute sie ernsthaft an während er große Bissen Fleisch verschlang Er schien sehr hungrig zu sein. „Ich habe einiges in meinem Gepäck dabei. Das können wir morgen ja mal ausprobieren! Heute reicht mir das hier voll und ganz. Es schmeckt lecker!“
 

Als sie müde wurden, machten sie es sich auf Kougas rundem Felllager bequem, das in einer Nische eingerichtet war. Der Boden war vollständig mit weichen Pelzen ausgelegt, dämmriger Fackelschein verbreitete eine angenehme Stimmung. Es war gemütlicher als zuhause auf ihrem Sofa. Beide saßen aneinander gekuschelt auf den Fellen, ihr Kopf lag auf Kougas Arm und sie spielte mit dem Zeigefinger auf seiner nackten Brust. Diese war muskulös und haarlos, die Haut weich, ein sinnlicher Geruch ging von ihr aus. Ihre Finger streichelten weiter über seinen Bauch und wieder zurück zu den Grübchen hinter den Schlüsselbeinen.

Da raschelte es im Hintergrund, und plötzlich standen Ginta und Hakaku verlegen vor ihnen. „Braucht ihr noch was, Chef?“ Sarah zuckte zusammen und nahm schnell ihre Hand von seiner warmen Haut. Der Rudelführer blickte seine beiden Gehilfen grinsend an. „Nein, danke! Und tut mir einen Gefallen. Verbringt die Nacht heute draußen. Es ist warm und trocken, und ich möchte mit der Chefin allein und ungestört sein. Los Jungs, alle raus, macht schon! Ginta, Hakaku, ihr beiden haltet Wache. Und die andern könnten ruhig mal wieder auf Patrouille gehen.“ Ein Rascheln und Stöhnen war in der ganzen Höhle zu hören. Menschen und auch ein paar restliche Wölfe erhoben sich und trotteten dem Ausgang zu.

„Na, besser?“ fragte Kouga Sarah freundlich als alle gegangen waren. Er hatte bemerkt, wie unwohl und ertappt sie sich gefühlt hatte. „Na ja, jetzt müssen alle wegen mir die Nacht draußen verbringen!“ „Ach, es ist Sommer und die faule Bande hat den ganzen Tag hier in der Höhle verschlafen. Mach dir um die keine Gedanken!“ Kouga zog sie wieder an sich.

Sie nahm das Spiel ihrer Finger auf seiner Brust wieder auf. Sein Bauch war straff, die Muskeln waren deutlich zu spüren. Er hatte sogar einen Bauchnabel wie alle Menschen. Sie zog die einzelnen Muskeln nach, fuhr wieder weiter über seine Brust bis zu seinem Hals und zurück. Sie sah, wie sich eine Gänsehaut bildete, wie die feinen Härchen sich aufstellten als sie leicht über die Haut strich. Er fasste mir seiner freien Hand herüber in ihre goldenen Haare, kämmte sie mit den Fingern durch, glitt auf ihre Schulter hinab und wieder zurück an ihren Hals. Sanft fasste er ihren Hinterkopf in seiner hohlen Hand und hielt ihren Kopf fest, um sie genau zu betrachten. Die Farbe ihrer strahlend blauen Augen hatte ihn von Anfang an betört. Zusammen mit ihren Engelshaaren erschien sie ihm wie eine Göttin.

Er küsste sie sanft, sie erwiderte seine Berührung und schaute ihn mit diesem Lächeln an, das er so sehr an ihr liebte. Seine Hand löste sich wieder aus ihren Haaren, berührte ihren Hals. Auch auf ihrer Haut bildete sich eine Gänsehaut als er sie berührte. Die Glut, die seine Berührung erzeugte, erhitze auch sie. Sie betastete weiter seinen Bauch, strich ihm die schlanke Taille entlang, pulte sanft in seinen Bauchnabel und liebkoste weiter seinen straffen Körper. Er stöhnte leise, lag entspannt unter ihren Händen. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust und atmete tief den betörenden Moschusgeruch ein, der von seiner frisch gewaschenen Haut aufstieg, diesen süsslich-herben Duft nach Männlichkeit. Sie seufzte. Es war sehr viel Menschliches an ihm. Ob es überhaupt dämonische Eigenschaften bei ihm gab? Außer ein paar Besonderheiten wie das Trockenschütteln oder die lustigen Bewegungen seines Schwanzes hatte sie nichts entdecken können.

Er packte sie sanft an der Schulter und drehte sie herum, so dass sie auf seinem Körper zu liegen kam. Sie erschauerte bei dem Kontakt von ihrem fast nackten Körper mit seinem Fleisch. Er legte beide Arme um sie, presste sie fest an sich und stöhnte wieder leise. Sie spürte, dass er auch unter seinem Hüftfell ein ganz normaler Mann zu sein schien.

Mit den Ellenbogen stützte sie sich auf und sah in sein Gesicht, das direkt unter dem ihren lag. Ihre Haare fielen über seine Schläfen und hüllten seine Züge in leichten Schatten. Seine Augen waren geschlossen. Sie betrachtete ausgiebig die attraktiven Züge, die schmale Nase, die schönen, geschwungen Lippen. Sie liebte sein Gesicht, und nicht nur das. Sein Körper war atemberaubend, seine Sportlichkeit beeindruckend aber auch sein Charakter war freundlich und hilfsbereit. Er besaß eine zarte und sanfte Seele, und trotzdem war er als Rudelführer bestimmend und energiegeladen. Er war der wahre Traummann, und er schien sie zu lieben.

Ob das alles nur ein Traum war?

Aber dieser Traummann schien sehr lebendig, drückte sie fest an sich, strich mit seinen Händen über ihren Rücken, ihren Po und wieder hinauf zu ihren Schultern bis in ihre Haare. Ihr lief ein Schauer über den Rücken und sie presste sich wohlig an ihn. Seine Haut begann zu glühen, war sie eh noch warm gewesen wohl von der ausdauernden Bewegung während der Jagd. Sie beugte sich vor und küsste ihn, er verlangte gierig nach ihren Lippen, fasste ihren Kopf fest mit beiden Händen. Der Kuss wurde immer leidenschaftlicher, stürmischer, ihr Atem ging schneller und stoßweise. Er begann ihre Haare zu durchwühlen, packte das fließende Gold sanft mit seinen Fäusten und saugte sich dabei immer mehr an ihren Lippen fest. Die Leidenschaft riss das Paar mit, all ihre Sinne waren nur auf das Erspüren des Anderen konzentriert. Mit geschlossenen Augen vergaßen sie ihre Umgebung, sanken hinab in eine Welt, in der nur noch der Partner existierte. So verbrachten sie die Stunden der Nacht bis sie sie ermattet und erschöpft in den weichen Fellen einschliefen, Arm in Arm, Körper an Körper geschmiegt friedlich schlafend bis tief in den nächsten Tag.

Menschenfleisch

So Leute, jetzt wird es superspannend. Mal sehen, wie die Beiden da wieder raus kommen...
 

Menschenfleisch[\b]
 

Als sie am nächsten Morgen erwachte, lag ein Fell über sie gebreitet. Kouga musste es in der Nacht hergezogen haben um ihre Blöße zu bedecken. Inzwischen war die Höhle auch wieder bevölkert. Wölfe lagen überall herum, und im Hintergrund bereiteten Hakaku und Ginta eine Mahlzeit zu. Es duftete nach frisch gegrilltem Fleisch.

Aber noch ein anderer Duft hüllte sie ein, der von Kougas Körper. Sie lag immer noch in seinen Armen. Sie spürte seine Wärme, seine Haut an jeder Stelle ihres Körpers. Genüsslich drückte sie sich an ihn, spürte seine Muskeln sich langsam regen als er erwachte. Er öffnete die Augen und blickte sie lächelnd an. Seine erste Bewegung war die sie zu küssen. „Guten Morgen, schöne Lady!“

Dann schlug er die Decke auf und sprang auf. Sarah zog das Fell enger um sich. Sie hatte nur noch ihr Bikinihöschen an und wollte nicht, dass das Rudel sie so sah. Sie stand ebenfalls auf und wickelte das Fell wie ein Kleid um sich. Kouga sah sie verdutzt an. „Ah, unsere Rudelkönigin!“ Sarah schaute an sich herunter. Sie sah nun wirklich aus wie eine von ihnen.
 

Beide gingen nach draußen an den See um sich zu waschen und umzuziehen. Kouga kam mit einem Stück Fleisch in der Hand nach. Er schien auch schon zum Frühstück eine ordentliche Portion davon zu verputzen. Sarah zog einen Müsliriegel aus ihrem Rucksack vor.

„Hat meine kleine Bergkatze Lust, mit mir wieder ein wenig durch die Gegend zu ziehen?“ Kouga sah sie unternehmungslustig an. „Ich weiß eine Stelle, die wird dir gefallen.“

Sarah stimmte zu und so packte sie ihren Rucksack zusammen und sie zogen los.

Kouga trug sie ein großes Stück der Strecke, so dass sie schon am frühen Nachmittag die Stelle erreichten, die er ihr zeigen wollte.

Es war eine zerklüftete Steilwand, über die ein atemberaubender Wasserfall brauste. Über dem hinabstürzenden Wasser stand ein Regenbogen wie eine bunte Krone, der Fels war über und über mit Moosen und Farnen bedeckt und sah aus wie in einem Bild vom Paradies. Tief in der Wand waren einige Höhlen zu erkennen, deren dunkles Innere sich vor ihren Blicken verbarg. Auf vielen Felsvorsprüngen brüteten Vögel, und die leisen Schreie der Tiere wurden vom Echo hundertfach zurückgeworfen. Überall wuchsen hübsche kleine Blumen, Eidechsen sonnten sich auf den Felsen und im Tümpel, in dem sich das Wasser unter dem Wasserfall sammelte, schwammen dicke Fische. Sarah war begeistert. So ein wunderschöner Ort, und dann noch ganz für sie alleine!
 

Sie saß gerade mit Kouga am Rand des Wasserfalls und betrachtete die schillernden Muster im feinen Wasserschleier, die die Spiegelung der Sonnenstrahlen bildete, als sie hinter sich ein Rumpeln hörten. Sie warfen beide die Köpfe herum und blickten auf die große Wiese und den sie umgebenden Wald. Die Wipfel der Bäume schwankten an der Stelle, wo das Geräusch herkam. Wieder ein Rumpeln und Krachen, dazu ein tiefes Grollen. Äste knackten und splitterten, und plötzlich brach aus dem Waldrand eine entsetzliche Bestie heraus. Sie war beinahe baumhoch, trug ein schwarzes Fell und lief auf den Hinterbeinen wie ein Mensch oder Affe. Die Brust war breit und muskulös, auch die Arme und der ganze Körper waren mit überdimensionierten Muskeln bepackt. Der Kopf aber war besonders grässlich. Aus einem riesigen Maul klafften gewaltige Reißzähne, die Augen waren blutunterlaufen und der Gesichtsausdruck grimmig und böse.

Die Kreatur schwankte, schnüffelte dabei in die Luft und hielt genau auf sie zu.

Sarah erstarrte vor Schreck. Eine solche Kreatur hatte sie bisher nur in Horrorfilmen gesehen. Das konnte doch nicht wahr sein! Aber die Bestie kam zielsicher auf sie zugelaufen. „Kouga, tu doch was!“, rief sie ängstlich dem Wolfsdämon zu. Der war schon lange aufgesprungen und beobachtete das Monster. Kouga trug wieder seinen Brustpanzer ohne den er nie die Höhle verließ und ein Schwert hing an seiner Seite. Aber gegen diesen Gegner würde ihm das nicht viel nützen.

„Ah, Menschenfleisch! Und auch noch ein zartes Weibchen!“ Der sich nähernde Kraftprotz schmatze vergnügt und hielt zielsicher auf Sarah zu. „Hilfe, Kouga, ich will nicht gefressen werden!“ Sarah drückte sich entsetzte gegen die Felswand in ihrem Rücken. Kouga stand schützend vor ihr, und als er sah, dass das Zottelvieh keine Anstalten machte zu stoppen, schritt er ihm mutig entgegen, ja, nahm sogar Anlauf und fing an direkt auf den erschreckend großen Körper zu zurennen. Mit einem gewaltigen Sprung hob er vom Boden ab und sprang auf Brusthöhe des Monsters, drehte sich in der Luft und trat ihm mit voller Wucht mit dem ausgestrecktem Bein in den Brustkasten.

„Ohohohoh, was willst du, du Winzling? Du kannst mich nicht abhalten dieses leckere Mädchen zu verspeisen!“ Der schwarze Kerl lachte nur belustigt und schritt weiter auf Sarah zu. Kouga war von der stahlharten Brust abgeprallt und wieder im Gras gelandet und wendete gleich mit in den Boden gestemmten Beinen. Unverzüglich nahm er wieder Anlauf, sprang diesmal bis auf Kopfhöhe und verpasste dem Vieh einen ordentlichen Tritt gegen den Schädel. Dieser wurde zur Seite gerissen und der Kerl taumelte erst, rappelte sich dann aber wieder auf und setzte unbeirrbar seinen Marsch fort. Er war nicht mehr weit von Sarah entfernt, nur noch wenige Schritte und er konnte sie ergreifen. Kouga hatte schon wieder gewendet und sprang das Monster erneut an. Wieder traf er hart den Kopf dass es nur so knackte, aber nach einem kurzen Kopfschütteln setzte Blacky seinen Weg fort. Sarah presste sich in die Felswand und versuchte der schon nach ihr grabschenden Hand auszuweichen.

„Sarah, wir müssen verschwinden!“, brüllte Kouga ihr zu und rannte los um sie zu holen. Das Monster reagierte sofort und schob seine Hand trennend zwischen die beiden. Kouga sprang hoch um der Pranke einen Tritt zu verpassen und ihm den Durchgang zu dem Mädchen wieder freizugeben, da griff diese blitzschnell nach ihm und erwischte ihn an den Beinen. Er wurde hochgerissen und im nächsten Augenblick mit einer unheimlichen Kraft gegen die Felswand geschleudert. Seine Knochen knackten als er gegen den Stein donnerte. Sarah schrie gellend auf. Kouga prallte von den Felsen ab und polterte hinunter auf die Wiese. Dort blieb er stöhnend liegen. Sein Bein war gebrochen. Es blutete und er konnte es nicht mehr bewegen. Sarah war aufgesprungen und sofort zu ihm hingerannt. Sie sah, dass er schwer verletzt war und schaute verzweifelt um sich, wie sich wohl zur Wehr setzten könnte. Ohne Kougas Hilfe würde sie wohl schnell gefressen werden. Aber so schnell gab sie nicht auf. Sie sah Kougas Schwert an seiner Seite hängen, schnappte sich den Griff und zog es aus der Scheide. Nicht umsonst hatte sie schon Schwertunterricht gehabt. Sie zog die Klinge ein paar Mal durch die Luft und bereitete sich dann für den Angriff vor. Das Schwert war für seine Größe leicht, viel leichter als die europäischen Mittelalterschwerter, mit denen sie geübt hatte. Dafür war der Griff viel länger, da die japanischen Katanas mit beiden Händen geführt wurden.
 

Das Monster hatte sie beobachtet und fing an schallend zu lachen. „Oh, wie nett! Sie will sich wehren!“ Es drehte sich zu ihr hin und griff wieder nach ihr mit der rieseigen Pranke. Sarah hieb nach ihr, den immer noch stöhnenden Kouga im Rücken. Er war von dem Sturz fast bewusstlos geworden und sammelte seine Kräfte, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Sarahs Hieb ritzte das Fell auf der Hand des Monsters ein wenig auf, aber nicht mal genug dass Blut floss. Wieder schnellte die Hand vor und sie stieß nach ihr mit dem Schwert, wieder ohne Erfolg. Kouga versuchte sich inzwischen aufzurichten, aber er konnte das gebrochene Bein nicht belasten, es sackte einfach unter ihm weg. Sarah zielte ein drittes Mal mit der Waffe auf die Bestie. Diesmal schlug es ihr mit einer blitzschnellen Bewegung die Klinge aus der Hand. Unter einem Aufschrei flog das Mädchen in hohem Bogen davon. Sie wurde wie schon zuvor der junge Wolfsdämon in hohem Bogen gegen die Wand geschleudert. Voller Angst spürte sie die Felswand näher kommen, mit erstarrten Blick schaute sie auf die Szene vor ihr: das boshaft grinsende Monster und er in einer Blutlache liegende Kouga am Grunde des Felsens. Ihre Augen weiteten sich entsetzt, als sie den harten Aufprall im Rücken spürte. Sie konnte selbst das Geräusch hören, dass ihre Wirbelsäule von sich gab. „Oh oh, “, dachte sie nur, „das klang nicht gut!“ und mit einem leisen Seufzer wurde sie gegen die Wand gepresst und rutschte dann langsam an ihr hinab. Sie kam sich vor wie ein gegen die Wand geschleuderter Schneeball…
 

Am Boden blieb sie regungslos liegen. Ihr tat jeder Knochen weh. Sie merkte, wie ihr schlecht wurde und sie meinte, sich jeden Augenblick übergeben zu müssen. Wieder hörte sie den Dämon hämisch lachen und hob mit viel Mühe ihren Kopf. Blut tropfte ihr in die Augen und behinderte ihre Sicht. Verschwommen sah sie die pelzigen Finger auf sich zukommen. Sie hatte sie schon beinahe erreicht, als Sarah mit ihrem letzten Willen beiden Hände hochriss und sie abwehrend von sich streckte. Es war mehr ein Reflex, denn was sollte sie schon gegen diesen Riesen ausrichten? Plötzlich, zu ihrer eigenen Überraschung, schoss ein violetter Blitz aus ihren Fingerspitzen und prasselte auf das Monster ein. Das Vieh zuckte zurück und taumelte, gerade lange genug, damit Kouga Zeit hatte um sich voll aufzurichten. Schwankend erhob er sich und stand dann auf einem Bein hinter dem Mädchen, mit einer Hand sich am Felsen abstützend.
 

Erst starrte Sarah verblüfft ihre Fingerspitzen an, dann hob sie mit viel Mühe ihren Kopf und schaute zu dem verletzten Wolfsdämon hoch. Sein Gesicht war verbissen, die Augen unter den gerunzelten Brauen schauten finster und drohend. Noch nie hatte sie ihn so Furcht erregend gesehen.

Sie kniff die blutverschmierten Lider zusammen. Was war das? Sie sah nur noch rot. Aber auch nachdem sie sich das Blut aus den Augen gerieben hatte, war da immer noch eine seltsamer, roter Nebel um Kouga zu sehen. Dann bemerkte sie, dass sich etwas wie ein Wirbel um ihn zu bilden begann. Und die rote Aura umhüllte inzwischen vollständig seinen geschundenen Körper.

„Nimm die Finger von ihr oder du kannst was erleben!“ Kouga brüllte und sein Gesicht verzog sich vor Wut. Doch das waren weitergehende Verformungen wie nur die der Erregung, die sie in seinen Zügen erblickte. Erschrocken starrte sie ihn an. Seine Augen wurden auf einmal blutrot und sein Mund begann sich zu verformen. Lange, scharfe Fangzähne schoben sich aus seinem Mund, der sich dann in ein lang gezogenes Maul verwandelte. „Wie die Schnauze eines Wolfes…“, dachte Sarah. Kouga war vor ihren Augen verschwunden und nun vollständig von dieser roten Wolke eingehüllt. Sie bewegte sich von der Felswand weg und platzierte sich hinter dem Monster, das nur verblüfft zusah. Der Wirbel wuchs und wuchs und hatte schon längst die Höhe des Gegners erreicht. Langsam löste er sich auf, und als die Sicht wieder klar wurde, stand da ein riesiges Tier. Es war größer als das Monster, ein schöner, graubrauner Wolf mir eisblauen Augen und einem langen Schweif. Er stand auf drei Beinen, das vierte hatte er angezogen, aber er stand sicher und ohne zu schwanken. Er beugte kurz den Kopf, öffnete den Rachen und zeigte dabei seine gewaltigen, scharfen Reißzähne. Dann ging er der schwarzen Bestie sofort an die Gurgel. Ein kurzer Biss und die Nackenwirbel brachen wie Glas. Das Monster sank in sich zusammen und kippte tot auf die Erde. Dort fing es an sich langsam aufzulösen, erst vom Kopf her, dann zerfiel der ganze Körper in lauter kleine Fetzen, die der Wind mit sich nahm. Nichts blieb von ihm zurück, als ob es ich nie gegeben hätte.
 

Sarah hatte das Ganze fassungslos beobachtete. Sie starrte den riesigen Wolf an. Das war ihr Kouga? War er doch ein richtiger Dämon? Der Wolf schritt langsam und hinkend auf sie zu. Sie sah, dass viel Blut aus der Wunde an seinem Bein tropfte, aber er schleppte sich doch bis zu ihr an die Felswand. Dann senkte er tief den Kopf, schnupperte an ihr und stupste sie ganz sanft mit der riesigen Nase an. „Kouga, bist du das?“ Sie versuchte den Arm zu heben um das Tier zu berühren, aber diesmal verließen sie ihre Kräfte. Ihr wurde schwarz vor Augen und sie merkte, wie sie langsam an der Felswand zusammensackte. Der verwandelte Wolfsdämon blickte hilflos auf die bewusstlose Frau hinab. In seinem Schmerz erhob er den Kopf zum Himmel und sein lang gezogenes Heulen drang bis weit über die Berge hinaus.

Erwachen

Jetzt wird es nach all den Abenteuern im Mittelalterland sehr mysteriös... ab hier verselbtsändigte sich diese Geschichte und wurde zu etwas ganz anderem. Aber lest selbst...
 


 

Erwachen[\b]
 

Poch...poch...poch...das erste was sie vernahm war ein dumpfes Geräusch. Es ließ ihren Körper vibrieren, ganz sanft, aber beständig.

Poch...poch...poch...ganz langsam erwachten weitere Sinne ihres tauben Körpers. Sie vernahm ein rauschendes Wogen in ihren Ohren und spürte eine Unterlage unter sich, fest aber doch angenehm. In ihrem Kopf formte sich langsam ein Bild, ein Gefühl von den Umrissen ihres Körpers. Aus verschwommenen Sphären bildete sich langsam ein Bewusstsein, dass sie erahnen lies, dass sie lag...ausgestreckt und unfähig sich zu bewegen. Mit dem Bewusstsein kamen auch die Schmerzen zurück. Sie seufzte.

Das Pochen: es kam von ihrem Herzen. Aber jeder Herzschlag, den sie in ihrer Brust spürte, drang bis hinauf in ihren Kopf und schien dort ein Echo zu erzeugen, dass ihren Schädel ganz langsam zu füllen schien.

Ihre Augen hielt sie noch geschlossen. Sie hatte Angst sie zu öffnen, wusste nicht was ihr das Bild, dass sie erblicken würde, eröffnen würde.

Wo war sie? Wie kam sie hierher? Ihre steifen Finger strichen vorsichtig über ihre Unterlage. Feines Leinen, kühl und glatt, eine Decke über ihrem Körper, leicht wie eine Feder. Sie versuchte sich zu rühren, durch die Bewegung ihren Sinnen zu helfen mehr von ihrer Umwelt zu erahnen. Aber das Pulsieren in ihrem Kopf nahm immer mehr zu und mit einer kleiner Explosion verließ sie wieder ihr Bewusstsein, der angespannte Nacken löste sich und ihr Kopf sank zurück auf das Kissen, das sie nicht einmal gespürt hatte.
 

...
 

Wieder das Pochen, das sie durchdrang. Jetzt erinnerte sie sich gleich, wo es seinen Ursprung hatte. Ihr Herz schlug den Takt des Lebens, der sie immer noch erfüllte, sie zurückholte in die Welt des Bewusstseins. Da, wieder die Tücher, die kühle Umhüllung. Sie wollte nicht wieder hinab gezogen werden in die dunkle Leere und bemühte sich, dem Anschwellen der Schmerzen in ihrem Kopf zu trotzen und sich wach zu halten. Sie musste sehen, erkennen wo sie war. Was war überhaupt passiert? Bilder zogen durch ihre Erinnerung...eine Felswand, ein Aufprall, Schmerzen in ihrem Körper...und ein Gesicht, das eines Mannes...sonnengebräunt, schwarze, lange Haare, ein Lederstirnband...wer war er? Sie konnte sich nicht mehr erinnern. Aber sie musste herausfinden, wo sie war. Sie musste die Augen öffnen! Angespannt konzentrierte sie sich darauf, die bleischweren Lider zu öffnen. Langsam hoben sie sich, ein schmaler Spalt ließ Licht herein...grelles Licht, gleißendes Funkeln, eine Explosion von Energie, die ihren Kopf zu sprengen schien. Unbändige Schmerzen durchdrangen sie, ihr Schädel schien zu platzen, und plötzlich versank sie wieder in der Dunkelheit, sah das Licht sich von ihr entfernen und driftete hinab in die ruhige und dunkle Stille ihrer Bewusstlosigkeit.
 

...
 

Wölfe, überall um sie herum waren Wölfe. Sie rannten mit ihr durch hohes Gras, ihre goldenen Augen funkelten und die schlanken Körper bewegten sich in gleichmäßigen Lauf. Sie war mitten unter dem Rudel, rannte mit ihnen, fühlte sich frei und glücklich, so wahnsinnig glücklich. Da war etwas weswegen sie sich so wunderbar fühlte, da gab es jemanden...sie blickte um sich und glaubte neben sich ein Gesicht zu erkennen, dunkelblaue Augen, ein Stirnband, lange, schwarze Haare...aber plötzlich war alles verschwunden, nur Schwärze umfing sie, aus der sie aber langsam auftauchte und Geräusche um sich herum wahr nahm. Das leise Murmeln von Stimmen, und ihre Unterlage wurde erschüttert...jemand war gegen das Bett gestoßen. Sie versuchte zu erwachen, an die Oberfläche zu kommen aus diesem Traum.

Bis ihre Sinne sich wieder gesammelt hatten, herrschte schon wieder Ruhe um sie herum. Wieder versuchte sie ihre Augen zu öffnen um endlich das Geheimnis ihres Aufenthaltsortes zu lüften. Gewarnt von den vorher gemachten Erfahrungen öffnete sie sie nur ganz langsam, ließ nur wenig von dem grausamen Licht hinter ihre Wimpern dringen. Erst gewöhnte sie sich an das grelle Brennen, wartete ab bis sie es ertragen konnte und öffnete dann langsam weiter die flackernden Lider.

Eine weiße Decke, weiße Wände, kalt und ohne Schmuck. Ihr Blick glitt weiter. Ein Dreieck über ihr, das vor ihrem Kopf baumelte. Was war denn das? Sie versuchte die Umrisse genauer zu erkennen. Alles war unscharf und voller Schlieren, und das Dreieck tanzte als sie versuchte, ihren Kopf etwas anzuheben. Ein durchdringender Schmerz war die Reaktion auf diese Bewegung, ein Stechen in ihrem Schädel das ihr die Luft nahm und nach Atem ringen ließ. Ergeben schloss sie die Augen wieder und ließ ihren Kopf in die Kissen fallen, wo die Bewusstlosigkeit sie wieder umfing.
 


 

Das Dreieck war ein Teil eines Krankenhausbettes. Das hatte sie inzwischen herausgefunden. Wie eine Triangel sah es aus und war an einem Galgen über ihrem Bett befestigt um ihr bei Aufrichten behilflich zu sein. Das Zimmer war kahl und schlicht, ein Kreuz hing an der Wand...ein Kreuz...wie in ihrer Heimat...aber sie war doch...weit weg???? Gedanken machten sich breit, Erinnerungen, Fetzen eines Traumes...Wölfe, ein fernes Land. Wieso war sie hier? Mühsam lenkte sie Augen zu dem Fenster, kniff die Lider zusammen und versuchte die Silhouette zu erkennen, die sich ihr bot. Umrisse von hohen Bergen konnte sie erkennen, glitzernder Schnee auf ihren Gipfeln, der in der Sonne glänzte. Vögel zwitscherten, ihr Gesang drang durch die gekippten Fenster, der Vorhang schwang in der lauen Sommerluft. Wieso war sie...
 

Die Tür wurde aufgerissen. Sarah zuckte zusammen, bewegte langsam den Kopf zur anderen Seite um den Eindringling zu erkennen, der in den Raum stürmte.

„Sarah, was machst du nur für Sachen?“ Die besorgte Stimme ihrer Freundin Christine drang an ihr Ohr, laut, viel zu laut, und verursachte wieder bohrende Schmerzen in ihrem Kopf. Trotzdem lächelte Sarah, hob vorsichtig den Kopf und schaute ihr entgegen. Ob die Freundin ihre Verwirrung aufklären konnte?

„Wo bin ich hier? Und wie lange schon?“ Die Freundin kam schnell ans Bett geeilt und setzte sich auf die Matratze neben ihr. „Du bist schon einige Tage hier, warst immer bewusstlos. Bin ich froh dass du dich wieder rührst.“ Sie hob die Hand und streichelte der Freundin sanft über die Wange. Der Kopf war eingebunden, die langen, blonden Haare gebändigt unter den Bandagen.

„Was ist passiert?“ Die Freundin lachte auf. “Na, das muss ich dich fragen. Was hast du nur angestellt? Die Bergwacht hat dich gefunden. Du bist abgestürzt in einer Wand. Was hast du nur getrieben? Du bist doch sonst eine gute und vorsichtige Bergsteigerin?“

Sarah runzelte die Stirn. Abgestürzt? Dunkle Schemen tauchten in ihrer Erinnerung auf, eine Felswand, der Sturz, aber...sie war nicht geklettert, da war irgendetwas anderes passiert...und sie war nicht in diesem Land gewesen.

„Haben sie mich so schnell hierher zurückgebracht?“ Christine antworte schnell. „Na, sie haben dich erst spät gefunden, aber dann wurdest du gleich hierher ins Spital gebracht. War ja nicht weit...“ „Wieso? Sind wir denn nicht in...???“ „In Japan? Aber Süße, das dauert doch noch ein paar Wochen. Auch wenn wir nur noch davon reden, der Urlaub steht erst vor der Tür...und du wird jetzt schnell gesund damit wir auch dahin fliegen können.“ Die Freundin war schon wieder aufgestanden du unterwegs zur Türe, wo eine Schwester stand, die sie herausgewinkt hatte...eine Schwester mit europäischem Aussehen. Sarah sah beiden entgeistert nach.

Der Brunnen

Der Brunnen
 

Es hatte nur wenige Tage gedauert, bis Sarah wieder in Japan war. Wieder? War sie jemals dort gewesen? Sie schüttelte ungläubig den Kopf. Alle hatten ihr versichert, sie sei niemals da gewesen. Der Unfall wäre in den heimatlichen Bergen passiert, fast vor ihrer Haustüre. Ein Wanderer hätte sie gefunden, bewusstlos am Fuße einer Felswand. Er hatte die Bergwacht informiert, die sie dann abgeholt und ins Krankenhaus gebracht hatte.

Japan hätte sie nie gesehen, hatte ihr Christine versichert. Aber sie wollten hinfliegen, hätten sich schon seit Wochen riesig auf die Reise gefreut. Der Boden ihrer Wohnung war übersät gewesen mit Prospekten, als sie wieder zurückkam. Sie erkannte ihr Appartement sofort wieder, fühlte sich sofort vertraut, und trotzdem konnte sie sich nicht genau an ihre Reisevorbereitungen erinnern. Ein seltsames Gefühl. Die Ärzte im Krankenhaus hatten sie noch darauf vorbereitet, dass bei partiellem Gedächtnisverlust das Kurzzeitgedächtnis total gelöscht sein würde. Auch Erinnerungen an die Wochen vorher könnten durchaus lückenhaft sein und vielleicht nie mehr wieder kommen.

In einem seltsamen Nebel aus Tagträumen, Erinnerungsfetzen und trostloser Einsamkeit durchlebte sie die nächsten Tage. Das lebhafte Auftreten ihrer Freundin Christine tat ihr gut Sie wirbelte in ihrer Wohnung herum und trieb sie an, ihre Sachen zu packen und sich für die große Reise zu rüsten. Sie hatte schon Angst gehabt, dass sie wegen des Unfalls auf ihren Trip verzichten müssten.

Bald schon standen sie am Flughafen in der Schlange am Schalter um einzuchecken, nahmen ihre Plätze im Flugzeug ein, aßen aufgeregt ihre servierten Menus. Stundenlang blickte sie auf die silbernen Wolken unter ihr, wobei sie im Spiegelbild des kleinen Fensters immer wieder die Silhouette eines jungen, dunkelhäutigen Mannes zu sehen glaubte, dessen schwarzes Haar von einen ledernen Stirnband gebändigt wurde. Bald ertrug sie dieses Bild nicht mehr und sie schloss die Augen und suchte die Erlösung im Schlaf. Der überfiel sie auch, und sie erwachte erst kurz vor der Landung.

Hektisch war die Fahrt im Taxi zu ihrem Hotel, einem anderen als sie in wager Erinnerung hatte. Unruhig und gehetzt wandelte im gemeinsamen Hotelzimmer auf und ab. Dann bat sie die Freundin, sie noch auf einen ersten Ausflug zu begeleiten.

„Was, jetzt noch? Ich bin eigentlich total erledigt. Und es wird auch schon bald dunkel. Aber, weil du es bist, warum nicht? Schlafen werde ich eh nicht können bei dem Jetlag.“

Also schnappten sie sich ihre Taschen mit den nötigen Utensilien und Christine musste fast rennen, um der Freundin folgen zu können. Wie in Trance machte Sarah sich auf den Weg, mit U-Bahn und Bus, dann zu Fuß eine lange Straße entlang. Christine stand stöhnend vor einer endlos langen Treppe, die einen Berg hinauf führte und oben von einem großen, asiatischen Torbogen gekrönt wurde. Sie sah Sarah die Stufen hinauf hasten, sie hatte schon beinahe das exotische Tor erreicht und sie spurtete schnell hinterher, um sie noch zu erreichen. Als sie völlig außer Puste oben angekommen war, blickte sie sich schnell um: ein großer Baum, ein freier, offener Platz, ein Wohngebäude und ein kleiner Schuppen quer gegenüber. Und Sarah schritt zielsicher auf den kleinen Holzverschlag zu. „Warte doch!“ rief sie der Freundin hinterher, aber diese war schon im Innern des kleinen Häuschens verschwunden. Schnell rannte Christine los. So sportlich war sie eigentlich nicht, und sie wunderte sich, dass Sarah nun so schnell unterwegs war, wo sie selbst doch sonst immer diejenige war, die vorne weg zog. Ihre Augen gewöhnten sich gerade an die Dunkelheit als sie eine Silhouette erkannte, die sich bewegte. Sie stand am Beginn einer kleinen Treppe, die im Schuppen hinab in die Tiefe führte, zu einem Brunnen, wie ihre Augen so langsam erkennen konnten. Und die schemenartige Bewegung stammte von ihrer Freundin, die gerade auf dem Rand des Brunnen saß…und sich hinab stürzte.

„Sarah!!!“ gellte noch ihre Stimme als sie die Stufen hinunter rannte. Noch bevor sie unten ankam, hörte sie das Geräusch, das verursacht wurde als ihre Freundin auf dem steinigen Boden des tiefen Brunnen auftraf, das Geräusch von brechenden Knochen.

In seinen Armen

In seinen Armen
 

Sarah erwachte langsam. Der Rücken tat ihr weh und die Beine. Sie lag in vollkommen dunkler Umgebung, und so sehr sie auch blinzelte, sie konnte nichts erkennen…aber spüren. Ihr Rücken lehnte gegen warme Haut, gegen Muskeln, und sie spürte Pelz. Genüsslich schloss sie wieder die Augen. „Kouga!!!“ Vielleicht war sie in der Höhle, tief hinten auf seinem Lager. Sie meinte die Pelzdecke unter sich zu spüren, aber vor allem, sie konnte ihn riechen, diesen Duft, den sie nie vergessen hatte, sein Duft nach Moschus und Leder. Seine Arme bewegten sich, umfassten sie und streichelten sanft ihre Haut. Er saß hinter ihr, hielt sie umarmt und drückte sie liebevoll an seinen Körper. Wie hatte sie das vermisst!!! Wie hatte sie ihn vermisst!!!

Vollkommen verrückt war sie sich vorgekommen. Kein Mensch wollte ihr glauben, dass sie in Japan gewesen war. Jeder versuchte sie zu überzeugen, dass nur ihre blühende Fantasie mit ihr durchgegangen sei und sie sich alles nur eingebildet hätte. Selbst Christine hatte versucht ihr vorsichtig klar zu machen, dass sie wohl nur einen Tagtraum gehabt hatte.

Ihr hatte sie zögerlich gestanden, dass sie einen Mann kennen gelernt hatte. Was für ein seltsames Wesen er war, traute sie sich nun wirklich nicht zuzugeben. Und dass sie in einer mittelalterlichen Welt gelandet war, nun, das verschwieg sie beflissentlich. Christine hatte lange geschwiegen bis sie vorsichtig gefragt hatte, ob da nicht ihre jahrelange Einsamkeit sie dazu verleitet hätte, sich einen Traumpartner auszudenken, mit dem sie sich dann einbildete zusammen zu sein. Sarah war verletzt als sie mitbekam, dass Christine ihr nicht traute, ihr nicht glauben wollte dass sie einen Freund hatte. War das denn so aus der Welt dass sich mal ein Mann für sie interessierte? Warum war das so unglaublich?

Sie hatte daraufhin geschwiegen, ihr Geheimnis für sich behalten. Und tagsüber verblasste ihre Erinnerung immer mehr, war sie eh durch ihren Unfall nicht sehr deutlich gewesen. Lange hatte sie gebraucht bis sie sich überhaupt wieder hatte erinnern können, aber Kouga, sein Gesicht, seine Arme, die sie hielten, begleitete sie beim Einschlafen und beim Aufwachen. Und ihr war langsam bewusst gewesen, dass er nicht aus ihren Träumen stammte, sondern dass sie ihm wirklich begegnet war. Und so fieberte sie dem bevorstehenden Urlaub entgegen um den Brunnen zu finden und ihn wieder zu sehen. Christine hatte sie nichts mehr gesagt, sie glaubte ihr ja eh nicht.

Und nun lag sie hier in seinen Armen. Sie seufzte vor Glück, räkelte sich und drückte sich fest an seinen Körper. Langsam lehnte sie ihren Kopf nach hinten und spürte, wie er seinen senkte und sich ihr näherte. Es war immer noch zu dunkel als dass sie ihn erkennen konnte. Seine langen Haare tanzten auf ihrer Schulter und sie hob die Hände, um sein Gesicht zu fassen. Ja, das waren seine Schläfen, sein schmales Gesicht. Sie tastete über seine Lippen, da senkte er den Kopf um sie zu küssen. Sie weinte als sich ihre Münder trafen. Der Kuss war tief und lange, und sie fühlte sich nach Wochen endlich wieder zuhause.

Erwachen

Wie ihr seht wiederlholen sich die Kapitelüberschriften. Das ist Absicht.

Denn die Dinge begingen sich für Sarah zu wiederholen...
 

Erwachen
 

Sie stöhnte. Sie stöhnte weil sie erkannte…ihre Umgebung, worauf sie lag, die Kühle des Stoffes unter ihr, die Wände, die Decke, weiß gestrichen, die Aussicht aus dem Fenster, die Sonne, die sie blendete, die Berge, auf die sie blickte. Sie erkannte diese Umgebung, die gleiche, die sie schon einmal für Tage betrachten musste. Sie lag im gleichen Bett, im gleichen Zimmer, in der gleichen Stadt, ihrer Heimatstadt, wie wenige Wochen zuvor. Ihr Körper schmerzte, jede Bewegung, der Kopf war ein einziges Pochen und Dröhnen, die endlosen Bandagen konnten das Hämmern nicht mildern. Ihre Beine hingen in Gestellen, an Seilen, baumelten leicht herum wenn sie sich bewegte. Sie war nicht mehr Herr dieses Körpers, sie lag nur hier, gefangen, in diesem Zimmer, in diesem dröhnenden Kopf. War sie Herr ihrer Gedanken? Was war geschehen?

Die Freundin hatte eine Erklärung. Sie sei in den Brunnen gesprungen wie eine Verrückte, hätte nichts anderes im Kopf gehabt als zu diesem Brunnen zu rennen und rein zu springen. Einfach so! Ob sie denn völlig durchgeknallt sei? Der Urlaub wäre vermasselt gewesen, sie hätte sie im Jet begleiten müssen, notfallmedizinischer Rücktransport, wieder hierher, in dieses Zimmer, in ihrer Heimat. Also war sie dieses mal wenigsten in Japan gewesen. Offiziell.

Die Psychiaterin hatte eine Erklärung. Selbstmordgefährdung wegen teilweiser Schizophrenie. Wahnvorstellung von einem Freund, herführend aus völliger Vereinsamung, aus Phantasien, die sie sich erkoren hatte um den traurigen Alltag zu entfliehen. Ein seltsamer Freund in Pelz gewandet, ein Art Tarzan, ein ganzer Kerl, hübsch, attraktiv, verführerisch. Nur leider nicht echt. Sie solle weiter in die Praxis kommen, Sitzungen nehmen bei ihr, wenn sie wieder gesund wäre. Sie sei gefährdet!

Die Eltern hatten auch eine Erklärung. Lauter Unfälle seinen ihrem Liebling passiert, ausgerutscht in den Bergen, gestürzt am Brunnen. Das könne doch einmal vorkommen. Der Beruf sei anstrengend, der Alltag lauge sie aus. Da kann so etwas doch mal passieren. Sie solle sich keine Gedanken machen, solle gesund werden, wieder nach Hause kommen, alles einfach vergessen.

Sarah wusste selbst nicht mehr, was sie glauben sollte. Das Bild des dunkelhaarigen Mannes verblasste. Was war er gewesen? Wirklich ihr Freund? Die Wirklichkeit war der Krankenhausalltag, Verbandswechsel, Untersuchungen und viel, viel Stille. Langeweile, Blicke aus dem Fenster, ewig gleich. Die Landschaft wechselte nur langsam, das Licht wurde etwas fahler, die Blätter bekamen gelbe Spitzen, sonst war nichts passiert.
 

Der Gips wurde entfernt, Schmerzen die einzige Abwechslung. Die Krankengymnastik, moderne Folter mit High-Tech-Geräten, auch sie ging vorüber und sie stand mit ihrem Bündel vor dem Eingang des Krankenhauses und konnte gehen. Die Eltern holten sie ab, die Freundin war nie mehr gekommen, nachdem sie eines Tages mit einem kleinen Buch ins das Zimmer hereingebraust gekommen war. Die Psychiaterin hätte mit ihr geredet, sie nach Sarahs Gewohnheiten gefragt, ihre Manga-Sammlung habe sie erwähnt. Und die Frau habe einen Manga gefunden, den sie nun dabei hatte…’Rumiko Takahashi’ stand auf dem Einband, ‚Inu Yasha’ war der Titel, Sarah konnte sich nicht erinnern. Aber in diesem Band, auf Seite 12, das war er, Kouga, in Pelz und mit Pferdeschwanz und Stirnband, ihr Kouga, der Mann aus ihren Träumen. Sie hatte ihn sofort erkannt, und musste sich die bohrenden Fragen der Freundin anhören, ob sie sich in ihrem Wahn in eine Mangafigur verknallt hätte, deswegen so total gesponnen hätte, ihr den Urlaub so total versaut hätte? Sie sei einfach nicht ganz bei Trost…und dann war sie gegangen…für immer.

Den Band hatte sie in ihrer Tasche, die sie verkrampft festhielt, als sie vor dem Eingang des Krankenhauses stand. Die Eltern brachten sie in ihre kleine Wohnung, feierten eine Willkommensparty mit ihr, ein ruhiges Essen, vorsichtige Zukunftsplanung, Hinweise auf die beginnende Arbeit. Vorräte im Kühlschrank, die Wohnung blitzblank geputzt, die Pflanzen gesund und grün. Sarah fühlte sich wohl, freute sich, war froh, endlich wieder alleine zu sein, Privatleben zu haben, eine geschlossene Tür, die nicht jeden Augenblick aufgehen konnte, keine Menschen die etwas im Schilde führten, ob es eine Spritze war oder eine Untersuchung oder ein Geständnis, dass sie ihr entlocken wollten. Einfach Ruhe! Die Liebe ihrer Eltern! Keine bohrenden Fragen!

Sie kam ihrer Arbeit nach, erfüllte ihre Pflichten, lebte zurückgezogen. Sie konnte der Psychiaterin glaubhaft machen, dass sie in Ordnung sei, sich gefangen hatte, keine Hilfe mehr benötigte. Sie legte den Manga weit hinten in den Schrank, vermied Partys und Treffen, ging nach der Arbeit nach Hause und zog die Türe zu. Sie vergrub sich, in ihrem Bett, vor dem PC. Sie hatte ein paar Kontakte, weit entfernt, sie schrieb im Chat mit ihnen, unerkannt, unpersönlich. An ihrem Arbeitsplatz war sie unauffällig, freundlich, die Nachbarn kannten sie als höflich und still, sie galt als ruhige Person, völlig normal, keine Auffälligkeiten, keine Sorgen, die man sich machen müsste. Sarah konnte alle überzeugen, dass es ihr gut ging: die Kollegen, die Eltern, die Psychiaterin. Und irgendwann auch sich selbst.

E-Mail für dich

Und damit es mal ein wenig vom Fleck kommt, gleich noch ein Kapi
 

E-Mail für dich
 

So vergingen ihre Tage, ihre Nerven beruhigten sich wieder, die quälenden Fragen hörten auf und das Bild des Mannes verblasste langsam.

Sie ging ihrer Arbeit nach, ruhig und besonnen, war ihr Ruf durch ihre Unfälle doch ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden.

Die Mangas hatte sie in die Ecke gepackt und nie mehr angeschaut. Sie wollte den Phantasien entfliehen, den Einbildungen mussten es ja wohl gewesen sein. Die Existenz eines Mannes mit Schwanz und spitzen Ohren konnte doch wirklich nur ein Produkt ihrer Einbildung gewesen sein und zu lange hatte sie sich dem Schwärmen hingegeben an etwas, das wohl nicht real war. Nein, sie wollte sich nicht länger plagen mit so verrückten Träumen. Spitze Ohren, so etwas wollte sie nur noch im Fernsehen sehen. Sie lachte jedesmal auf wenn sie einen Vulkanier in ihrer Lieblingssendung sah. Latex und gutes Make-up, mehr steckte da nicht dahinter. Alles nicht echt!
 

Die Tage gingen ins Land, es war Herbst geworden, und wie die Blätter von den Bäumen fielen und verwehten, so versiegten auch endlich ihre Träume, Träume an eine Höhle, an weiches Fell unter ihrem Körper, an Arme die sie hielten, an diesen markant-männlichen Duft. Langsam fühlte sie sich wieder einigermaßen wohl in ihrer Haut, fasste Vertrauen in sich selbst, in ihre Existenz, ihr innerstes Sein. Sie konnte wieder fröhlich sein, wieder bei einem Witz lachen und sogar selbst wieder welche machen, sie fühlte sich wieder unbeschwert, befreit.

Aber Vertrauen zu anderen Menschen hatte sie noch nicht gefasst. Die Freundschaft zu Christine hatte sie vollständig abgebrochen, zu tief saßen die Vorwürfe und Verletzungen, die sie sich hatte anhören müssen. Sie konnte die Wut der jungen Frau ja gut verstehen. Jahre hatten sie gespart um sich die teure Reise nach Japan leisten zu können, die dann durch ihren Sprung in den Brunnen so schnell beendet worden war. Das große Verständnis für ihre seltsame Beziehung, das Eingehen auf einen abgeänderten Urlaubsverlauf, ja, dass war nur eine ihrer Einbildungen gewesen. Rücksicht und Anteilnahme gab es wohl nur in ihren Träumen. Dann war es besser, in der realen Welt auf Freundschaften zu verzichten. So unterhielt sie nur einige oberflächliche Bekanntschaften, ging ab und zu mit den Kollegen zum Sport, ansonsten verbrachte sie ihre Abende alleine vor dem Fernsehgerät oder dem Computer.
 

Sie war gerade nach Hause gekommen und schaltete wie gewohnt als erstes ihren PC an. Das E-Mail-Programm zeigte wie so oft den Eingang einiger Briefe an. Sie überflog die Absender, ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Die Freunde hatten sich gemeldet, die sie im Internet kennen gelernt hatte. Sie verbrachte viele Abende damit, Briefe zu schreiben. Das war ihr recht, sie konnte dabei bestimmen, was sie erzählen wollte und was nicht. Niemand drängte sie, rang ihr etwas ab was sie nicht erzählen wollte. Und sie musste nichts über die seltsamen Vorkommnisse der letzten Monate berichten.
 

Sie wandte sich wieder ab und bereitete sich erst einmal ein schlichtes Abendessen, eine Suppe und ein paar belegte Brote. Danach badete sie noch ein halbe Stunde und zog danach ihren flauschigen Bademantel an. Mit einem Handtuchturban um ihre nassen Haare setzte sie sich dann an ihren kleinen Schreibtisch. Sie wechselte erst noch in das Verzeichnis mit ihrer Lieblingsmusiksammlung und startete den Mediaplayer. Bei dem rauchigen Klang einer tiefen Stimme und sanfter Gitarrenmusik blätterte sie dann durch ihre Mails.

Die meisten Absender der Botschaften waren ihr bekannt. Sie überflog die Texte, antworten wollte sie aber erst später in aller Ruhe. Da blieb ihr Blick an einer Mail hängen. Diesen Namen kannte sie nicht. Ob das eine Werbung war? Vorsichtig schaute sie sich den Brief an, immer gewappnet, dass er virenverseucht sein könnte. Die Mail enthielt nicht darstellbare Zeichen, sie solle den asiatischen Zeichensatz laden, bemerkte ihr Betriebsystem. Diese Zeichen waren Teil eines Werbe-Anhängsels am Ende des Briefes, wie er oft bei kostenlosen

Anbietern für E-Mail-Konten automatisch angefügt wurde. Das musste eine Mail aus Asien sein, aus Japan vielleicht? Ihr Herz begann zu klopfen und neugierig überflog sie die englischsprachigen Zeilen.
 

Zitternd saß sie auf ihrem Stuhl. Sie konnte nicht fassen was sie da gelesen hatte. Eine Kagome hatte ihr geschrieben. Nun, sie hatte sich erkundigt. Kagome war ein durchaus gängiger Mädchenname in Japan. Aber diese Kagome schrieb ihr, als ob sie sich kannten. Sie wohne im Haus bei dem Schrein mit dem alten Brunnen, der Brunnen, in den sie gefallen war. Sie habe damals die Notärzte gerufen, habe Sarahs Rücktransport in ihr Heimatland organisiert. Soweit war das ja alles noch möglich. Aber sie schrieb, sie kenne sie! Die einzige Erinnerung, die Sarah hatte, waren ihre verrückten Träume. Nur in ihnen hatte sie mit Kagome gesprochen, sie im Land jenseits des Brunnens getroffen. Hatte sie im Fieberwahn vielleicht mit ihr geredet? Nach ihrem Sturz, ihren Sprung?

Ihr Herz pochte, und ihre rechte Hand krampfte sich um die glatte Computermaus.

Sie solle sich eine Webcam besorgen, schrieb diese Kagome weiter, und sich ein bestimmtes Programm aus dem Internet herunter laden. Dann solle sie sich in einer Woche zu einer bestimmten Uhrzeit melden, online in diesem Programm, bereit vor der Kamera. Da sei jemand der sie unbedingt sehen wolle...

Der Mann im Hintergrund

und da ist jemand für Sarah... nämlich
 

Der Mann im Hintergrund
 

Sie war völlig aufgelöst. Nach Außen hin wirkte sie ruhig und gefasst, ging ihrer täglichen Arbeit nach, schien gelassen und zufrieden. Aber diese Fassade hatte sie sich schon lange angewöhnt. Sie spielte sie schon so gut, dass sie ihr in Fleisch und Blut übergegangen war. Aber in ihrem Inneren brodelte es. Angst und Furcht, Zweifel und Misstrauen wüteten in ihr.

Jetzt hatte sie sich endlich wieder mit viel Mühe ein normales Leben erkämpft, in dem sie nicht alle als Verrückte betrachteten und hinter ihrem Rücken über sie tuschelten.

Wie weh tat es all die Anspielungen zu ignorieren, die geheuchelten Nachfragen nach ihrem Wohlbefinden freundlich entgegen zu nehmen. Sie war sich sicher, alle hatten sie für verrückt gehalten, für labil, schwach, durchgeknallt. Auch wenn sich manche nett um sie gekümmert hatten, trotzdem hatte sie die Neugierde nicht mehr ertragen, die Fragen, die viel sagenden Blicke. Sie hatte ja selbst geglaubt, dass sie verrückt sei, hatte brav die Tabletten geschluckt, die die Psychiaterin ihr verschrieben hatte. Sie machten sie benommen, raubten ihr ihre Lebendigkeit, löschten aber auch ihre Zweifel und Furcht aus, aber sie wollte leben, wollte fühlen, wenn dies auch Leiden bedeutete. So ließ sie die Pillen weg und erwachte wieder, aber sie täuschte der Ärztin geschickt die regelmäßige Einnahme der Medikamente vor. Sie gab sich ruhig und gelassen, abgeklärt und friedlich, und alle waren mit ihr zufrieden, ließen sie in Ruhe, was genau das war, was sie wollte.

Und nun diese Mail. Gab es doch eine Kagome? Aber es musste ja nicht die sein, die sie kennen gelernt hatte. Vielleicht war es eine andere, die halt zufällig in dem Schrein wohnte. Warum meldete sie sich, jetzt, nach so vielen Wochen nach ihrem Sturz in den Brunnen? Warum nicht vorher, warum überhaupt? Sollte sie wirklich Kontakt aufnehmen, gerade jetzt, wo sie so langsam alles verdaut hatte? Sollte sie darauf eingehen, sich wieder verwirren lassen, wieder schlaflose Nächte mit Grübeln verbringen?

Oder vielleicht übertrieb sie auch maßlos, und die junge Frau wollte sich einfach nur mal nach ihr erkundigen, sie fragen, wie es ihr geht? Die Japaner waren doch ein so nettes Volk, also warum war sie so geschockt und erschrocken, nur weil ihr jemand eine nette E-Mail schrieb?

Aber warum wollte sie sie 'sehen', warum die Kamera? Es reichte doch, wenn man sich schrieb. Wenn sie nur wissen wollte, ob sie wieder gesund sei, dann würden Worte doch auch reichen. Warum also wollte die Frau unbedingt, dass sie sich eine Webcam besorgte?

Na komm, schalt sie sich selbst. Was ist heutzutage eine Webcam? Die bekommt man für wenig Geld sogar in einem großen Supermarkt. Warum war sie nur so misstrauisch? Sie lebte doch ein normales Leben, warum sollte sie in Panik geraten nur weil ihr jemand einen solchen Vorschlag machte?
 

Irgendwie geheimnisvoll klang es ja schon, fast wie in einem Krimi. Der Tag, an dem sie sich melden sollte, stand schon kurz bevor und bisher hatte sie nicht den Mut gehabt, sich die notwenige Ausrüstung zu besorgen und zu installieren. Nein, Schluss mit den Zweifeln und der Unruhe! Sie würde das jetzt einfach durchziehen. Dann würde sie ja sehen um was es ging. Vielleicht wollte Kagome wirklich einfach nur nachschauen, wie es ihr ging.

Kurz entschlossen fuhr sie am nächsten Tag in einen nahe gelegenen Elektronikmarkt und besorgte sich eine preiswerte Kamera, aber sie kam gar nicht dazu, sie auszuprobieren, da sie mit Extrauaufgaben in ihrem Job zugeschüttet wurde. So saß sie am angekündigten Tag an ihrem kleinen Schreibtisch und riss hektisch die Verpackung auf um die Kamera in Betrieb zu nehmen. Die ausgemachte Stunde näherte sich, und sie befestigte immer noch Kabel und installierte den Treiber. Ihr Chat-Programm konnte zwar mit einer Kamera umgehen, aber es fand nicht als installiertes Gerät und so kam sie ins Schwitzen und fürchtete schon, den Termin zu verpassen. Sie kniete gerade hinter ihrem PC als sie ein Tonsignal ihres Chat-Programmes hörte. Schnell schoss sie hoch und prallte prompt gegen die Schreibtischkante.

Stöhnend strich sie sich die angeschlagene Stelle als sie zu ihrem Stuhl eilte und mit einem Blick auf den Monitor überprüfte, was los war. Jemand wollte mit ihr Kontakt aufnehmen, es wurde die E-Mail-Adresse gemeldet die Kagome hatte. Sie gab schnell die Erlaubnis und gleich kam auch schon die Aufforderung, eine Videoverbindung zu öffnen. Sarah klickte erwartungsvoll auf den Button und starrte auf den Monitor. Sie hatte ja noch nie eine Bildverbindung mit jemandem gehabt und wusste daher gar nicht, was jetzt wohl ablaufen würde. Ein schwarzes Rechteck erschien, sonst gar nichts. Enttäuscht beobachtete sie den Bildschirm, aber nichts passierte. Hatte sie einen Fehler gemacht? Doch als sie gerade hektisch aufstehen wollte um nochmals ihre Kamera zu überprüfen, erschien ein Text im Dialogfeld: "Please one moment!" Anscheinend hatte Kagome oder wer immer sie war auch Probleme mit der Technik. Sarah grinste und setzte sich wieder ruhig hin.

Sie atmete tief durch und blickte weiter gespannt auf das schwarze Rechteck. Wer da wohl erscheinen würde?

Bevor sie weiter grübeln konnte, verschwand das Schwarz und sie konnte schemenhaft eine Person ausmachen. Ein leichtes Rucken des übertragenen Bildes erschwerte ihr zu erkennen, wen sie da vor sich hatte, aber dann wurde das Bild klarer und sie konnte ein junges, japanisches Mädchen erkennen. Sie hatte lange, schwarze Haare und trug eine Schuluniform. Ihr Herz fing heftig an zu pochen als sie erkannte, dass es tatsächlich Kagome war, das Mädchen, das sie jenseits des Brunnens kennen gelernt hatte. Es gab sie also wirklich!

Wie gefangen saß sie vor dem PC und starrte auf das Bild der jungen Frau. Durch ihren Kopf schossen Erinnerungen,

Erlebnisse, Personen, die sie alle verdrängt hatte, die sie inzwischen als wilde Phantasie abgetan hattet. Und nun saß dort am anderen Ende der Welt diese Frau und blickte sie strahlend lächelnd an. Ein Text erschien wieder im Dialogfeld. Kagome erkundigte sich wie es ihr ging. Was sollte sie nur schreiben? Schnell tippte sie ein paar höfliche Floskeln ein, Antworten, an die sie sich in den letzten Wochen so gewöhnt hatte.

Es ginge ihr gut, die Wunden seien verheilt, alles sei in Ordnung. Der Smalltalk beruhigte sie, und sie fand langsam die Ruhe um das übertragene Bild ihrer Schreibpartnerin genauer zu studieren. Sie musste in einem öffentlichen Raum sein, einer Bibliothek oder einem Cafe, ja eher in einem Internetcafe, denn ständig schoben sich Menschen hinter ihr vorbei. Eine Person stand in ihrem Rücken, sie sah nur einen langen Trenchcoat, lange Beine, der Oberkörper war nicht zu sehen. Kagome fragte sie weiter nach ihrem Befinden, die unbekannte Person stand weiter unbeweglich hinter ihr. Ob da schon jemand auf Kagomes PC Platz wartete?

Kagome schaute sich kurz um und überprüfte den Raum. Dann beugte sie sich wieder zur Tastatur vor und tippte ein: "Here's somebody who will see you..." Sarah starrte auf den Text. Wer wollte sie denn sehen? Und bevor sie nur überlegen konnte, beugte sich die Gestalt hinter Kagome herunter und blickte in die Kamera. Ein Kopf erschien, umrahmt wurde von langen Haaren, die den Blick auf das Gesicht erschwerten. Es war ein Mann, eindeutig, aber sie konnte ihn kaum erkennen, da das Bild bei der Bewegung wieder zu rucken anfing. Dann erkannte sie ihn. Er war es! Ohne Stirnband und Pferdeschwanz, nur lange, offene Haare die seine Ohren verbargen von denen sie glaubte, dass sie spitz waren. Er war es, er, Kouga! Sarah schrie auf, unhörbar für ihre Gegenseite.

Sie fasste sich an ihr wild pochendes Herz und starrte wie gebannt auf dieses Gesicht, von dem sie so oft geträumt hatte. Er war es wirklich, es gab ihn, sie war nicht verrückt. Sie riss ihre Hände vor, betastete den Bildschirm, streichelte das Abbild, das sie dort sah...und kam sich gleich wieder komisch vor. Er lächelte, sah sie an und sie glaubte eine Qual in seinen Augen zu erkennen. Schnell tippte sie in die Tastatur, fragte, wie es ihm ginge. Kagome tauchte wieder auf, tippte eine Antwort ein und sie konnte sein Gesicht nur noch als Schatten im Hintergrund erkennen. Er sei vor einigen Tagen aus den Bergen zu ihr gekommen. Er habe Sarah so vermisst, wollte sie unbedingt wieder sehen und habe sie inständig gebeten, ihm einen Kontakt zu ermöglichen. Da sei sie auf die Idee mit der Kamera gekommen. Aber Kagome hatte nicht gewusst, ob Sarah ihn wieder sehen wollte, sie hatte sich ja seit ihrem Unfall und dem Heimtransport nie mehr gemeldet. Sarah versuchte hastig, ihr zu erklären welche Zweifel sie hatte, ob ihre Erlebnisse überhaupt echt waren, weil doch alles so phantastisch gewesen war. Kagome lächelte, sie verstand was Sarah meinte. Es war doch eine gute Idee mit der Kamera, da konnte sie der Freundin in die Augen sehen und sich selbst versichern, dass sie verstanden wurde. Und sie konnte ihn sehen, auch wenn er gerade wieder von Kagome verdeckt wurde. Es gab ihn, er war Wirklichkeit, er lebte, und er wollte sie sehen!

Sie sah wie er sich zu Kagome herunter beugte und ihr etwas ins Ohr flüsterte, währender auf die Tastatur deutete. Kagome nickte und tippte dann, und Sarah sah die Buchstaben auf ihrem Bildschirm auftauchen. Die Schrift verschwamm, denn Tränen standen in ihren Augen als sie den japanischen Satz las: "Ai shite iru"

Der Brunnen

25. Der Brunnen
 

Sie schloss die Augen und gab sich den Vibrationen hin, die die Triebwerke des Flugzeugs erzeugten. Die schweren Schwingen schlingerten in den Luftwirbeln und ließen den Rumpf tanzen. Aber Sarah hatte keine Angst, sie freute sich weil sie der Flieger Minute für Minute ihrem so lange vermissten Freund näher brachte. Genüsslich lehnte sie sich zurück und gab sich ihren Gefühlen hin. Ihre Vorfreude war riesig.

All ihre Zweifel waren schlagartig begraben worden als Kouga auf ihrem Bildschirm aufgetaucht war. Wie hatte sie sich selbst misstraut, hatte am Schluss wirklich selbst geglaubt sie wäre krank gewesen und hätte sich alles nur eingebildet. Und dann sah sie ihn vor sich, sein schmales Gesicht, sein wunderbares Lächeln, diesen absolut hinreißende Mann.

Mit Kagome hatte sie geplant, dass sie nach Japan reisen würde. Diese würde dort mit Kouga auf sie warten. Schnell hatte sie Urlaub eingereicht, alles Geld abgehoben, das ihr zur Verfügung stand und sich ein Flugticket im Internet besorgt. Eine kleine Tasche enthielt ihre wichtigsten Kleidungstücke wie auch ihren Ausweis. Viel brauchte sie nicht um der Erfüllung ihres Lebens entgegen zu reisen.
 

Gehetzt klapperte die Frau einige Telefonnummern ab. Als nächstes wählte sie die Nummer der Eltern ihrer Patientin. Der Arbeitgeber hatte nichts über ihren Verbleib gewusst, nur dass sie gerade Urlaub eingereicht hatte. Vielleicht war wenigstens der Familie etwas bekannt.

In ihr rumorte ein Verdacht. Die Patientin schien genesen, war ausgeglichen und ruhig. Und trotzdem trieb sie eine innere Unruhe weiter. Sie kannte die Nebenwirkung der Schizophrenie unterdrückenden Wirkstoffe genau. Eine gewisse Trägheit befiel die Konsumenten üblicherweise, etwas vergrößerte Pupillen wiesen kaum merklich auf die Einnahme der Medikamente hin. Sie hatte lange gegrübelt, bis sie erkannt hatte, was nicht gestimmt hatte. Ihr kamen die Nebenwirkungen irgendwie vorgespielt vor, und die Augen waren klar gewesen, aber nicht erweitert. Sie hatte nicht darauf geachtet, da die junge Frau so überzeugend von ihrem neuen Leben erzählte. Aber als sie zum ausgemachten Termin am Vormittag nicht erschienen war, hatte sie sofort begonnen, der jungen Patientin hinterher zu telefonieren. Sie konnte sich irren, aber wenn die Frau einen schweren psychotischen Schub erfuhr, war sie für sie verantwortlich.
 

Sarah stieg aus dem Flugzeug. Sie war über Nacht geflogen und hatte Tokio am frühen Morgen erreicht. Sie wollte kein Hotelzimmer nehmen, wozu auch. Sie machte sich sofort auf den Weg zum Schrein. Dort würde sie Kagome treffen, und vor allem: ihn! Sie würde ihn wieder spüren, mit ihm zusammen sein, wieder mit ihm vereint sein. Ja, nichts würde sie aufhalten. Entschlossen schulterte sie ihre Tasche und stieg in den Bus, der sie zum Fuße der langen Treppe führen würde, die auf dem Platz endete, auf dem Kagomes Haus und auch der Schuppen mit dem Brunnen lagen.
 

Sarahs Eltern wussten nichts über den Verbleib ihrer Tochter. Sie trafen sich mit der Psychiaterin in der Wohnung der jungen Frau, zu der sie einen Schlüssel hatten. Die Wohnung war verlassen, aber es schien kaum etwas zu fehlen. Der Schrank war voll, nur ein paar wenige Kleidungsstücke fehlten, wie die Mutter meinte. Alles war aufgeräumt und ordentlich, als ob die Bewohnerin nur auf einen Sprung weggegangen wäre…bist sie einen Brief fanden, der in der Tastatur des Computers steckte. Betroffen schauten sich die drei Personen an bis die Mutter mit zitternden Händen den Umschlag öffnete, der auch an sie adressiert war. Kurz überflog sie die Zeilen und schaute dann auf. „Was steht drin?“ fragte der Vater besorgt. Die Mutter schaute verzweifelt zur Ärztin hinüber. „Sie sei wieder nach Japan geflogen um dort jemanden besuchen. Wir sollen uns keine Sorgen machen.“ Sie blickte nochmals auf die Zeilen hinunter, dann wieder zu der Ärztin. „Was hat das zu bedeuten? Ist sie in Gefahr?“ Die angstvollen Blicke der Eltern hingen an der Frau. Diese zuckte verunsichert mit den Schultern. „Ich weiß es leider nicht. Sie wirkte sehr gesund und stabil als ich sie zum letzten Mal sah. Vielleicht machen wir uns völlig umsonst Sorgen und sie hat einfach einen Kurzurlaub gemacht und vergessen, sich bei mir abzumelden. Ihnen hat sie ja auch einen Brief hinterlassen. Aber…“ sie machte eine Pause und schaute nachdenklich zu Boden. Sie wollte die armen Eltern nicht unnötig verrückt machen. Aber sie wusste auch aus ihrer Praxis, dass Patienten mit schizophrenen Schüben erstaunlich clever ihre Krankheit verbergen können und um das Ausleben ihrer Phantasien mit allen Mitteln kämpfen können. Sie hoffte, dass es sich hier nicht um einen solchen Fall handelte.
 

Sarah hatte die oberste Treppenstufe erklommen und hastete zu dem Wohnhaus hinüber, das auf dem großen Platz stand. Dort klingelte sie, aber niemand öffnete ihr. Doch bevor sie sich ärgern wollte, dass sie wohl verladen worden war, vernahm sie ein Geräusch, das aus dem Brunnenhäuschen kam. Schnell schnappte sie sich wieder ihre Tasche und hastete hinüber. Als sie durch den schmalen Eingang schritt, meinte sie noch die Gestalt von Kagome und Kouga zu erkennen, die auf dem Rand des Brunnens saßen und ihr zu winkten, sie solle nachkommen. Klar, warum sollten sie sich noch lange in der realen Welt aufhalten, wo Kouga jederzeit auffliegen konnte. Er trug eine Jeans und immer noch den langen Mantel, der wohl seinen Schwanz verbarg. Und seine wilden, langen Haare versteckten die spitzen Dämonenohren. Sarah kicherte. Ja, sie würde ihnen folgen, und gleich, in wenigen Minuten, würde sie ihn wieder spüren können, von ihm gehalten werden, ihn riechen, küssen, küssen so lange und so viel sie wollte. Sie war wieder bei ihm, war nicht mehr alleine, nicht mehr die einsame Spinnerin abgeschottet in ihrer Wohnung. Sie brauchte diese Welt nicht mehr, in der sie so einsam war, die Außenseiterin, die Verrückte. Sie wollte bei ihm sein, bei ihm leben in seiner Höhle, bei seinem Rudel, die Wolfskönigin sein. Kagome verstand sie, ihr ging es doch genau so.
 

Die Ärztin hatte schon die Flugnummer herausgefunden und telefonierte mit dem Flughafen in Tokio. Das Flugzeug war bereits gelandet, die Passagiere ausgestiegen. Ja, die junge Frau war gesehen worden, aber sie hatte schon den Zoll passiert und war in der Menge verschwunden. Die Ärztin wollte nichts unversucht lassen und auf Nummer sicher gehen. Sie rief die Tokioter Polizei an und gab die Adresse des Schreins durch, wo ihre Patientin damals den Unfall hatte und vom Notarzt aus dem Brunnen geholt werden musste. Es wurde ihr versprochen, dass sofort ein Wagen dorthin geschickt würde um nach dem Mädchen zu suchen.
 

Sarah erhaschte noch den Sprung der beiden. Kagome hielt Kouga umfasst. Klar, sie musste ihn ja mit ihren Kräften durch den Brunnen bringen. Schnell rannte sie die hölzernen Stufen hinunter zum Grunde des kleinen Schuppens. Sie wollte ihnen sofort folgen, damit Kouga nicht mehr lange auf sie warten musste. Von Draußen drang Lärm herein, Alarmsirenen von Polizeiautos, und sie meinte hektische Schreie zu hören, die sich dem Schreingelände näherten. Ach, was sollte das. Sie hatte mit dieser Welt abgeschlossen. Warum sollte sie sich noch dafür interessieren was da los war? Entschlossen erklomm sie den Rand des Brunnens und balancierte auf dem Geländer. Sie blickte kurz auf als oben in der Tür das Gesicht eines Polizeibeamten erschien, der zu ihr herunter blickte. Dann stieß sie sich ab und sprang.

Gefangen

Neuer Versuch.--.-. lasst es endlich mal stehen...
 

Gefangen
 

Wieder erwachte Sarah in einem weichen Bett. Es pochte in ihrem Kopf.

Schwindel.

Alles drehte sich.

Wieder pochte ihr Kopf äußerst schmerzhaft, und wieder tastete vorsichtig.

War das Fell unter ihr?

Nein, es fühlte sich wie ein weiches Bettlaken an. Schon erkannte sie das weiche Bett, die hängende Triangel über dem Bett, das Krankenhauszimmer mi der Aussicht auf die heimischen Berge. Ihre Sicht drehte sich, ihr wurde schwindelig und sie kam sich vor wie betrunken. Ihr ganzes Leben kam ihr vor wie ein endloser Kreis. War dies ein Traum? Warum landete sie immer wieder hier in diesem Zimmer?
 

Sie wollte sich aufsetzen, versuchte vorsichtig, die steifen Muskeln zu rühren, aber sie gehorchten ihr nicht. Sie stieß einen kleinen Schrei aus, als sie ihre Beine bewegen wollte, und jetzt erst erkannte sie, dass beide in einem dicken Gips steckten. Der eine Verband reichte bis an ihr Knie, der andere ging bis zur Hüfte hoch. Zum Glück hing sie dieses Mal nicht in einer dieser seltsamen Schaukeln wie beim letzen mal. Sie fühlte sich eingeklemmt von den harten Bandagen, jede Bewegung tat ihr weh und führte zu noch mehr Schwindel in ihrem Kopf. Ermattet ließ sie sich in die Laken fallen, schloss wieder die Augen und versuchte sich zu konzentrieren.
 

Der Brunnen, sie war gesprungen…aber da sollte doch Kouga sein…und Kagome. Sie waren voraus geeilt, und sie hätte folgen sollen, in dieses seltsame Land jenseits des Brunnens, in das mittelalterliche Japan…zu dem Mann, den sie liebte.
 

Hatte sie das alles nur geträumt? Aber der Gips war echt, nur ihre Zehen schauten aus einer Hülle aus Watte heraus, unten, da wo die Decke ein wenig zu Seite gerutscht war. Wieder versucht sie sich aufzusetzen, schrie vor Schmerz sackte zusammen, hilflos und keuchend. Sie wollte sich abstützen mit den Armen und bemerke, dass sie diese nicht unter der Decke hervor holen konnte…sie waren angebunden…gefesselt!

Jetzt erkannte sie erst die weißen Gurte, die rechts und links am Bettrahmen befestigt waren. Grundgütiger! Man hatte sie ans Bett gefesselt!

Sie zerrte mit aller Macht an den Gurten, riss und beachtete dabei nicht den Schmerz, der in ihrem Kopf wütete und wie ein Messer in ihren Rücken stach. Sie rüttelte mit aller Wut, die sie aufzubringen vermochte, aber sie konnte sich nicht befreien. Erschöpft blieb sie liegen. Welch ein Albtraum!

Dabei sollte sie jetzt in Kougas Armen liegen, seinen herben Duft einatmen, seine gebräunte Haut spüren und ihn so viel küssen können, wie ihr danach zumute war. Kouga, dieser wunderschöne Mann mit den dunklen, langen Haaren. Wie umwerfend attraktiv er ausgesehen hatte in der modernen Kleidung, dem Trenchcoat, den langen, offenen Haaren, die er trug, als er hinter Kagome aufgetaucht war, dort, in dem Internet-Café. Allein daran zu denken, dass er ihr Freund war, ihr Geliebter, ließ ihr Herz schon höher schlagen. Nachdem sie schon alles aufgegeben hatte, nicht mehr zu hoffen gewagt hatte, dass sie ihn jemals wieder sehen würde, hatten sie Kontakt zu ihr aufgenommen.

Sie hatte es allen verheimlicht, hatte nichts gesagt, auch ihrer Ärztin nicht. Natürlich, der besonders nicht. Die mit ihren Pillen und den Drohungen. Die würde gleich wieder eine Psychose vermuten. Und wer würde ihr überhaupt so etwas glauben? Sie war doch nur die kleine, graue Maus, die kleine Lehrerin, die verängstigt in ihrer Wohnung hauste und sich wilde Geschichten ausdachte. Und dann einen Dämon als Freund zu haben? Sie kam sich ja selbst ein wenig verrückt vor, aber sie hatte ihn doch wirklich gesehen…und gespürt. Sie hatte mit ihm geredet, ihn berührt. Er war so echt wie jedes andere Wesen um sie herum. Nein! Es gab nun mal seltsame Dinge zwischen Himmel und Erde, auch wenn viel Menschen nicht daran glaubten. Sie glaubte daran, fest, sehr fest.
 

Wieder zerrte sie an ihren Fesseln und sie hörte, wie ein seltsames Piepsen im Raum immer schneller und laute wurde. Das war ihr vorher schon aufgefallen. Zuerst war es leise, ein sanftes Pochen, aber nun schrillte es, trommelte wild und klang mit seinem hektischen Schrillen grell in ihren Ohren. Kouga sollte kommen, sie befreien. Warum hielten sie sie fest? Er sollte sie holen, zurück, in dieses Land der seltsamen Wesen, zu ihrer Liebe, zu ihrem Glück.

„Kouga!“, brüllte sie aus Leibeskräften, aber nicht er kam herein, sondern eine Krankenschwester, die besorgt auf einen Monitor blickte und ihn abstellte. Augenblicklich hörte das Gepiepe auf, als noch eine Frau kam zur Türe herein, eine Ärztin mit ihrem Stethoskop um den Hals. Sarah erkannte sie wieder.

„Sie ist wach, und sie kämpft gegen ihre Fessel!“, informierte die besorgte Schwester die Ärztin.

„Sie muss aber ruhig gestellt werden, sie hat einen schweren psychotischen Schub und ist extrem selbstmordgefährdet.“

Sarah blinkte sie wütend an. Wieso selbstmordgefährdet? Was sollte den der Blödsinn? Was erzählte sie denn da für einen Mist? Sie wollte nur hier raus. Wieder riss sie an den Gurten.
 

„Kouga, hol mich hier raus!“, schrie sie gellend. Waren die denn alle verrückt hier?

Die Schwester blickte freundlich zu ihr herunter, berührte sie am Arm.

„Es ist doch nur zu Ihrer eigenen Sicherheit. Sie haben sich jetzt schon so oft selbst verletzt. Und das wollen wir doch nicht.“

Dabei hatte Sarah es kaum bemerkt, dass die Ärztin eine Spritze aufgezogen und ihr eine Substanz in ihren Tropf verabreicht hatte, der hinter ihr an einem Ständer baumelte. Und bevor sie sie wütend zu Recht weisen konnte, dass sie sich vollkommen irrte, wurde die Welt um sie herum wieder dunkel.

Eingesperrt

Eingesperrt
 

Die Schlüssel klirrten laut, als sie gegen die Stahltüre schlugen. Diese fette, griesgrämige Krankenschwester kam herein, feist grinsend und mit einem Tablett auf dem Arm, auf dem sich viele weiße Plastikbecher befanden. Wachsam beobachtete sie das Mädchen, das, unter einer Decke versteckt, zusammengekrümmt auf dem Bett lag und mit leeren Augen vor sich hinstarrte.
 

„Los, meine Süße, Mund auf und runter mit dem Zeug!“
 

Ihr Ton klang barsch, und das amüsiertes Lachen, das sie ausstieß, verriet deutlich, welche Freude es ihr machte, die Insassen der Zimmer zu quälen. Es hatte keinen Zweck, gegen sie zu rebellieren. Wenn man sie wehrte, holte sie die Wärter, starke und grobe Kerle, und die hielten einen so lange fest, bis man die bunten Kapseln geschluckt hatte, die sich im Becher befanden. Sarah hatte es schon oft genug probiert.
 

Nein, sie würde sich beugen müssen.
 

Also nahm sie mutlos die beiden Pillen aus dem Becher, auf dem ihr Name stand, und warf sie mit trägem Schwung in den Mund. Die hämische Schwester grinste, goss ihr Wasser in den Becher und reichte ihn ihr zurück. Sie schluckte, und dann musste Sarah den Mund öffnen, die Zunge anheben, musste zeigen, dass sie das Zeug nicht darunter versteckt hatte.
 

Sie hatte alles schon versucht, aber sie kannten sich aus hier. Es gab keine Möglichkeit, die Medikamente zu verweigern. Als sie sich mit Gewalt gewehrt hatte, hatten sie sie festgebunden und ihr Spritzen verpasst, bis ihre Arme völlig blau waren. Die Ärztin hatte sie mit viel gutem Zureden überredet, doch wieder die Pillen zu schlucken anstatt sich dieser Tortur weiter zu unterwerfen.
 

Nicht nur hierbei hatte sie nachgeben müssen. Sie hatte ihr altes Leben vollkommen verloren. Nachdem die Brüche und anderen körperlichen Verletzungen geheilt waren, hatten sie sie hierher geschleppt. Sie hatte die Eltern angefleht, ihr das nicht anzutun, aber ihre Mutter hatte ihr mit Tränen in den Augen eine Alternative verweigert. Zu oft habe sie sich verletzt, und nur mit viel Glück die Sprünge in diesen unheilvollen Brunnen überlebt. Kein Mensch wusste, warum sie immer wieder nach Japan flog, und dort immer wieder in diesen Brunnen sprang, Ein Zwang sei es, ein schizophrener Schub, und sie müsse geschützt werden, vor sich selbst!
 

Sarah hatte gebettelt und gefleht, dass sie wieder in ihre kleine Wohnung ziehen dürfe, wieder Unterricht erteilen, ein normales Leben führen. Sie wollte auch nie mehr nach Japan fliegen. Aber die Eltern waren hart geblieben, schon weil ihre Ärztin es dringend empfohlen hatte. Sie hatten sie betäubt, um sie hierher bringen zu lassen, in die geschlossene Abteilung.
 

Man lebte hier wie im Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses, nur das hier lauter Geisteskranke eingesperrt waren. Sie saßen da und schaukelten, oder starrten mit leerem Blick aus dem Fenster. Manche verbrachten den ganzen Tag vor dem Fernseher, und oft brach Streit aus, wenn sie sich über das Programm unterhielten oder was sie als nächstes sehen wollten. Dabei war der Programmwahlknopf hinter einem dicken Eisenblech verborgen, und die Schwester bestimmte, was sie sehen durften. Und wenn sie stritten, dann wurde einfach abgestellt. Und das Schreien...das Schreien war grässlich. Manche fingen einfach an zu brüllen, sie brüllten wie am Spieß, einfach so, ohne Grund. Bis die Wärter kamen und sie in ihre Zimmer brachten, bis die Spritzen wirkten und sie wieder apathisch werden ließen, verging eine endlos lange Zeit, die Sarah wie gelähmt dasaß und nur dem Chaos um sich herum zusah.
 

Am liebsten war sie alleine in ihrem Zimmer. Dort lag sie auf dem Bett, hatte sich die Decke bis an die Ohren hochgezogen und träumte...von einem Mann mit schwarzen Haaren, den sie meinte gekannt zu haben, von einer Liebe, deren Nachwehen sie noch in ihrem Herzen spürte, von Armen, die sie noch auf ihrer Haut zu spüren meinte.

Die Malerin

Die Malerin
 

Sarah starrte den Spalt an, als ob er ein Weltwunder sei. Schmal war er, pechschwarz und er schien direkt ins Nichts zu führen. Ein leichter Lufthauch drang durch ihn herein, und in ihrem Zimmer machte sich Frühlingsluft breit. Und da draußen herrschte die Freiheit, hinter Riegeln und Ketten, Gittern und Schlössern.
 

So lange war sie nun schon gefangen in diesem Zimmer. Es war nicht mehr kahl wie am Anfang. Viele Bilder zierten nun die Wände, selbst gemalte und gezeichnete, mit Aquarellfarben, Acryl oder sogar Öl. Malen durfte sie, so viel sie wollte, und sie tat es ausgiebig, Ihre Motive wechselten, wie ihre Stimmungen. Grauenhafte Fratzen mit aufgerissenen Mündern, schneebedeckte Berge, liebliche Frühlingswiesen. Sie malte, was sie sah. Der Herbst war gekommen, hatte mit brutaler Gewalt die Blätter von den Bäumen gerissen, Sturm hatte über das Land gefegt, und endloser Regen machet die Landschaft so grau wie ihre Seele. Sie hatten sie aus dem Bett gezwungen, ihr die Decke vom zitternden Körper gerissen und gesagt, sie müsse etwas tun. Und Malen war das einzige, was ihr gefiel. Außerdem konnte sie das machen, ohne dass sie dazu Kontakt mit den anderen Insassen pflegen musste. Die blöde Gruppentherapie war ihr schon lästig genug.

Also malte sie, die verschneiten Gipfel in der Ferne, die dunklen Spuren im Matsch, die nervigen Mitbewohner. Weihnachten war vergangen, und sie hatte den Abend immerhin mit ihren Eltern verbringen dürfen. Wärter hatten sie gebracht, und die Wohnungstüre war sorgsam verschlossen worden. Aber sie hatte ein paar Stunden lang ein normales Leben führen dürfen. Sie machten ihr Hoffnung, im neuen Jahr, wenn sie sich weiter so gut hielte, dann dürfe sie vielleicht in die offene Abteilung, dürfe vormittags wieder arbeiten, die Insassen unterrichten, die vielen jungen Mädchen, die hier waren wegen ihrer Drogensucht, oder weil sie nicht mehr essen wollten. Später, wenn es ihr besser ging, sollte sie sogar wieder an ihrer Schule arbeiten dürfen. Aber das würde noch lange dauern.
 

Und so malte sie. Dabei konnte sie träumen, konnte ihren Gedanken nachhängen. Und auch, wenn sie sich im Tagtraum auf einer weichen Pelzdecke in einer Höhle befand, so malte sie nur die grünen Wiesen, die sie vor dem Gebäude sah, die Schneeglöckchen, die sich frech durch die glitzernde Hülle drängten. Frühlingserwachen, ein heiterer Himmel, langsam wärmende Sonnenstrahlen...nichts auffälliges, nur Hunde, keine Wölfe, nur Menschen, keine Dämonen. Nein, sie würde sich nie mehr verraten!

Sie hatte eisern geschwiegen, bei all den Gesprächen, den Therapien, den Befragungen. Nie mehr hatte sie ihn erwähnt, nie mehr von der seltsamen Welt jenseits des Brunnens erzählt. Es würde ihr eh niemand glauben. Sie galt als verrückt, mit Stempel und Siegel. Amtlich beglaubigt. Was sollte sie dagegen angehen?
 

Nicht einmal einer der Kranken hatte sie etwas erzählt, und die fragten sie ständig, wollten immer Geheimnisse wissen und ihr welche erzählen. Dass sie die Wärter bestachen, dass sie Sex mit ihnen hätten, und das sie fliehen würden, bald, ganz bald. Dafür würden sie ihnen die Türe offen stehen lassen, oder ein Fenster, und sie könnten verschwinden, für immer, in die Freiheit.

Aber sie waren immer noch hier, manche nur körperlich, der Geist war manchmal entschwunden, oder ausgegangen? Sarah kicherte. Einige von ihnen hatten wirklich viele Persönlichkeiten: die eine, die meinte, sie sei eine Skiabfahrtsläuferin, eine erfolgreiche Frau, schnell wie der Wind, die Regale voller Pokale. Vielleicht war sie das wirklich mal gewesen, aber jetzt war sie auch eine Fee, die fliegen konnte, die nachts angeblich als Geist um die Häuser flatterte. Keine üble Vorstellung. Besser als das blasse Ding, das ständig von einer Horde Ratten verfolgt wurde. Oder der dürren Rothaarigen, die sich immer noch für viel zu dick fand und ständig versuchte, ihr Essen wieder loszuwerden. Alle hatten sie mal lichte Momente, wo sie fragten, warum sie hier war, und erzählten, was sie erlebt hatten. Aber Sarah erzählte nichts. Sie wusste, dass die Ärzte die Patienten ausfragten über ihre Mitbewohner. Nein, in diese Falle würde sie nicht tappen. Sie traute niemanden mehr, nicht einmal ihren Eltern. Die hatten sie doch hierher gebracht.
 

Also tat sie, als ob sie sich freute, wenn sie kamen. Sie war gelehrig und folgsam gegenüber der Ärztin und den vielen Pflegern, und sie wartete geduldig darauf, dass sie alle lang genug überzeugt hatte, dass sie die Bedingungen lockerten. Und so lange malte sie.

Der Neue

Der Neue
 

Ihr Herz klopfte wie verrückt. Erst war er ihr gar nicht aufgefallen, der Neue, der da ganz hinten am Tisch saß. Mittwochs waren sie immer im gemischten Gruppenraum. Die meisten der jungen Mädchen freuten sich darauf, endlich mal wieder ein paar Jungs zu sehen. Und man wollte sie ja auch nicht ganz von den Männern isolieren. Viele waren hier, weil sie Probleme im Umgang mit dem anderen Geschlecht hatten, und das würde nicht besser werden, wenn sie nur noch unter Mädchen sein durften...meinten die Ärzte. Trotzdem verbrachten sie die meiste Zeit in ihrem eigenen Trakt, denn viele der Patientinnen waren minderjährig, und die Eltern von ihnen wollten nicht, das ihre Mündel eine Beziehung mit einem ‚Verrückten’ hätten oder gar noch von einem schwanger wurden. Die Wärter, die waren eine Ausnahme. Die gab es auch im Frauentrakt, denn um eine völlig ausgerastete Kranke festzuhalten bedarf es einer Menge Muskeln. Und sie rasteten dort oft aus. Verführen ließen sich diese durchtrainierten Tarzans jedoch nie. Sie würden hochkantig raus fliegen, wenn auch nur einmal rauskäme, dass sie sich mit einer Patientin eingelassen hätten. Und das Prahlen der Mädchen, welchen der Kerle sie in der letzten Nacht verführt hatten, war reines Wunschdenken. Nur im Gruppenraum, da konnten sie sich dann wirklich mal an ein paar Jungs ranmachen, was sie dann auch kichernd und auffällig taten.
 

Sarah hielt sich immer abseits. Sie interessierte sich nicht für die Jungs, die dort saßen. Die meisten waren drogenabhängig oder gewalttätig, ihr Gehabe angeberisch und großspurig. Oder sie waren extrem schüchtern und verklemmt wie die Selbstmordgefährdeten hinten in der Ecke... solche wie sie...

Meist würdigte sie sie mit keinem Blick, saß nur ihre Zeit dort ab und wartete, bis die Schwester kam und sie wieder in ihren Flügel brachte, wo sie endlich in ihr Zimmer gehen konnte um weiter zu malen. Aber diesmal saß sie wie hypnotisiert an ihrem Platz und starrte zu dem Neuen hinüber. Er hing mehr in seinem Stuhl als er saß, die langen Beine streckte er unter den Tisch, und sein gesenkter Kopf war vollkommen unter der Kapuze seines schwarzen Sweatshirts verborgen. Irgendetwas an ihm kam ihr bekannt vor. Er wirke so vertraut. Aber erst senkte sie denn Blick, keiner sollte merken, dass sie so neugierig zu ihm hinüber schaute, schon gar nicht der Typ selbst.

Wieder schielt sie vorsichtig in seine Richtung. Die Rapper-Klamotten, die er trug, die schlabberige Hose und das überweite Shirt ließen seinen Körper nur erahnen. Groß musste er sein, und sehr schlank. Aber er bewegte sich nicht, schien nur auf den Tischplatte vor ihm zu starren. Ob sie es wagen konnte, zu ihm hinüber zu gehen, ohne zu sehr aufzufallen?

Dabei hatte die Ärztin hatte sie bei der letzen Sitzung doch extra aufgefordert, mehr Kontakte zu knüpfen und sich nicht so vollkommen zu isolieren. Aber was konnte sie dafür, wenn sie sich für niemanden interessierte? Wenn ihr ihre Träume und Erinnerungen genug waren?

Nur dieser Junge, der interessierte sie wirklich. Sie wusste nicht warum, aber sie wollte sein Gesicht sehen.

Entschlossen stand Sarah auf, schaute kurz verstohlen zu den Aufpassern hinüber, die aber genug zu tun hatten, den giggernden Haufen Mädchen im Auge zu behalten und schlich zu dem Tisch hinüber, an dem er saß. Schnell setzte sie sich neben ihn.

„Hallo!“, grüßte sie ihn kurz, aber er sah nicht auf, und sie vorgezogene Kapuze verhinderte immer noch, dass sie sein Gesicht erkennen konnte.

Ihr Herz schlug heftiger, sie wusste nicht warum. Ein magischer Reiz ging von ihm aus.

Sarah senkte den Kopf. Sie hatte keine Übung mehr, einen Mann anzusprechen.
 

Ihr fiel einfach nichts ein, und so schaute sie wieder auf und rang nach Worten, die ihr einfach nicht über die Lippen kamen. Da, endlich hob er den Kopf... und im gleichen Augenblick schoss ihr Blut siedend heiß durch ihre Adern. Sie meinte zu kochen.

Das Gesicht, die dunklen Augen, die wohlgeformten Lippen... das war ER!!!!

Wieder senkte er den Kopf, und Sarah musste sich erst fassen und überlegen, was sie tun sollte. Wie konnte das sein? Er? Hier? Wie kam er...
 

Er blickte auf und sah ihr direkt in die Augen. Erkennen lag in ihnen, Liebe und unendliche Sehnsucht. Sarah hätte fast aufgeschluchzt, als sie sein Blick traf.

„Kouga...“ Ihre Lippen hauchten seinen Namen, tonlos und rau, als ob sie Jahre nicht mehr gesprochen hätte. Er legte schnell den Zeigefinger auf seine Lippen, forderte sie auf leise zu sein. Sie nickte nur unmerklich.

Nicht auffallen!

Ganz ruhig bleiben!

Aber wie sollte das gehen, wenn er ihr hier gegenüber saß?

Seine Hand, sie erkannte sie wieder, diese Hand, die sie gestreichelt hatte... wie sehr sehnte sie sich...

Aber es war zu spät. Sie hatte viel zu lange gezögert, bis sie den Mut gefasst hatte, zu ihm hinüber zu gehen. Sarah verfluchte sich innerlich dafür. Die Schwester klapperte schon mit den Schlüsseln, die Zeit war zu Ende und sie musste zurück in die Frauenabteilung. Schnell, noch irgendeine Handlung. Ihr musste doch etwas bleiben für die ganze Woche, die vergehen würde, bis sie ihn wieder sehen konnte. Und so strich sie im Gehen über die Finger seiner Hand, deren Berührung sich wie die Gluthitze der Wüste in ihre Fingerspitzen und ihr Herz einbrannte.

In der Nische

In der Nische
 

Eng an ihn gedrückt stand sie in einer Nische. Mehr Platz für sich hatten sie nicht finden können. Alle Lagerräume waren sorgsam verschlossen, selbst der Schrank mit den Putzutensilien war zugesperrt. Und so musste dieser schmale Raum reichen, um sie vor neugierigen Blicken zu schützen. Vielleicht hatten sie ein wenig Glück und ein paar Minuten Ruhe. Eng an seinem Körper hatte sie sich geschmiegt, und ich Blut waberte heiß und wild durch ihren Körper. Wie flüssiges Gold schoss es durch seine Bahnen, erhitze sie, ließ sie glühen und vor Freude erstrahlen. Er war da, hatte sie gefunden!!!

Sie griff nach ihm, verzweifelt, aufgeregt, überglücklich. Und sie spürte ihn so deutlich. Er drückte sie fest, sodass sie kaum noch Luft bekam. So verzweifelt waren seine Umarmungen, so intensiv der Blick, wenn er sie mal kurz los ließ, um sie anzusehen. Sie konnten nicht laut

sprechen, nur flüstern, stammeln, Worte der Freude, der Sehnsucht, des Glücks.

Er hatte sie gefunden, und sie hatte keine Ahnung, wie er es geschafft hatte, hier rein zu kommen. Aber es war ihr egal. Hauptsache, wer war da, hier, in ihren Armen. Er war da, so real, so echt. Es gab ihn, sie hatte sich nichts eingebildet, wie sie es ihr immer und immer wieder erzählt hatten. Dass er nur die in ihrer Fantasie real gewordene Männerfigur wäre, die sie schon immer begehrt hätte, und die sie in ihrer Krankheit hat auferstehen lassen, um sie glücklich zu machen, um ihre Einsamkeit zu lindern, ihren Schmerz. Deswegen hätte sie sich einen Gefährten erschaffen, der sie liebte, sie anbetete und ihr jeden Wunsch erfüllte, den sie selbst nicht in Angriff nehmen konnte.

Nein, sie hatten alle Unrecht! Es gab ihn, und auch wenn er ein noch so fantastisches Wesen war, er war aus Fleisch und Blut. Sie strich an seinen Ohren entlang, die unter den langen Haaren verborgen waren, und sie wusste schon, bevor sie den Bogen der Außenlinie entlang fuhr, dass sie spitz waren. ‚Wie die von Mr. Spock‘, dachte sie kichernd und erinnerte sich an ihre erste Frage, die sie bei diesem Anblick gestellt hatte. Niemand hatte ihr je geglaubt, wohin der Sprung in den Brunnen sie geführt hatte. Niemand hatte ihr abgenommen, dass es jenseits des steinigen Bodens etwas geben solle, eine Welt vor hunderten von Jahren, ein Land voller Monster und Dämonen, die damals noch auf der Erde weilten, dabei waren die Geschichten aus dieser Zeit doch gespickt mit ihren Schilderungen. Aber natürlich hatten sie ihr kein Wort davon abgenommen. Ein Drogenscreening hatten sie gemachte und nichts gefunden. Dann musste sie halt krank sein, die Wahnvorstellungen von einer Krankheit her rühren, und sie hatten sie als schizophren eingestuft. Das war alles, was ihnen eingefallen war, und sie hatten sie hier eingesperrt, bei all diesen Verrückten.

Aber er war hier, und er fühlte sich so gut an. Sie schloss die Augen und fühlte die Wärme seines Körpers, die festen Muskeln, die sie unter dem weitem Sweatshirt spürte, unter das sie ihre Arme geschoben hatte. Er war so real, so echt, und sie hätte es ihnen gerne gezeigt, ihnen ins Gesicht geschrien, dass sie Recht hatte, dass es ihn gab, wirklich! Aber erst wollte sie ihn nur für sich.
 

Ihre Lippen fanden sich, und der Kuss kam ihr wie ein Traum vor. Seine Lippen forderten wild und stürmisch und sie ging darauf ein. Trunken vor Sehnsucht saugten sie sich aneinander fest, der Boden unter ihren Füßen begann zu schwanken, und wenn er sie nicht so fest gehalten hätte, wäre sie zusammen gesackt. Sie hatte schon vergessen, wie gut es sich anfühlte, wie atemberaubend es war, von ihm geküsst zu werden. Sie hatten ihn ihr austreiben wollen samt der Erinnerungen, wollten ihn ihr rauben, hatten sie mit Medikamenten vollgepumpt, damit sie alles vergaß, aber er war hier, und der Kuss war so real, so prickelnd, so intensiv. Nein! Sie hatten ihn nicht aus ihrem Gehirn verbannen können.

Sie krallte sich noch fester an seinen muskulösen Körper, atmete tief ein, als er ihren Mund wieder frei gab. „Kouga!“ Ungestüm umarmte sie ihn immer wieder, klammerte sich an seinem Hals fest, zog ihn zu sich, suhlte sich in seinem betörenden Duft, den sie schon immer so geliebt hatte. „Kouga! Endlich bist du da.“

Wieder beugte er sich zu ihr hinab, um sie zu küssen, und sie drückte sich noch enger in die Nische, um ja nicht gefunden zu werden. Endlos wollte sie hier mit ihm stehen, aber ihnen blieben nur Minuten, bevor wieder jemand den Flur entlang kommen würde.

Geflohen

Geflohen
 

Immer noch durchsuchten sie ihr Zimmer. Die Schlüssel der Wärterin klirrten an ihrem Bund, als sie schnaufend die Wäsche durchwühlte, die Ärztin durchsuchte zum dritten Mal alle Schränke und ein Pfleger musste die Matratze aus dem Bett wuchten. Jeder Millimeter wurde untersucht.

Sie war verschwunden, ohne eine Spur. Einfach weg! Keiner wusste, wie sie das zustande gebracht hatte. Alle Fenster waren verschlossen, alle Türen zugesperrt. Sie hatte doch gar keine Möglichkeit gehabt, nach draußen zu gelangen und doch war sie nicht mehr da. Die Ärztin stöhnte. Man würde sie dafür verantwortlich machen. Natürlich war die Polizei längst verständigt worden, ebenso die Eltern, aber was würde das schon nützen? Die Patientin war klug genug, wenn sie hier entwischen konnte. Dann würde sie bestimmt auch draußen auf der Hut sein. Und die Polizei suchte nur, wenn ein Gewaltverbrecher entflohen war. Denen würde es egal sein, wenn eine harmlose junge Frau auf der Flucht war, die niemanden etwas antun würde… außer vielleicht sich selbst. Ja, sie würde verantwortlich gemacht werden, wenn ihr etwas passiert, sie wieder Hand an sich legen würde.

Sie wühlte weiter in der Kommode, durchsuchte die Sachen, irgendwo musste sie doch einen Anhaltspunkt finden, einen Hinweis, eine Verbindung. Warum war Sarah auf einmal geflohen? Wie hatte sie das angestellt? Hatte sie Hilfe? Eine andere Patientin? Ein Pfleger? Freunde von außerhalb? Und warum wollte sie weg?

Es ging so gut voran mit ihrer Heilung. Sie sprach gut auf die Medikamente an, sprach nie mehr von ihren wahnhaften Schüben, von diesem Mann, den sie sich eingebildet hatte, der seltsamen Märchenwelt, in die sie sich geflüchtet hatte. Kein Wort verlor sie mehr über ihn. Sie nahm an der Maltherapie teil, an den Gruppensitzungen. Sie war still und zurück haltend, ein scheuer Mensch, aber inzwischen frei von irgendwelchen Zwängen, von Fantasien, von Wahnvorstellungen.

Die Ärztin überprüfte nochmals das Bad, ob sie irgendwo Reste von Medikamenten entdecken konnte, leere Hüllen, verschüttetes Pulver. Auch in der Toilette schaute sie nach. Die Wirkstoffe wurden alle in Gelkapseln angeboten. Die schwammen hartnäckig auf dem Wasser und konnten nicht so einfach weggespült werden. Viele der Patientinnen hatten schon versucht, die Medikamente zu verweigern, hatten sie in Ritzen und Löcher getopft, versucht sie in der Toilette wegzuspülen. Aber so gewitzt wie die Kranken waren, waren auch die Schwestern. Sie kontrollierten den Mund, ließen sie die Zunge anheben um zu überprüfen, ob die Medis auch wirklich geschluckt worden waren. Und wenn die Frauen Ausgang hatten, wenn sie ihre Zimmer verließen, dann wurden diese gründlich durchsucht. Dafür gab es einen festen Plan, jedes Zimmer kam einmal in der Woche dran. Und in diesem Zimmer hatten sie rein gar nichts gefunden. Keine Fotos, keine Briefe, keine Post. Nichts! Schon gar keine versteckten Medikamente, keine Rückstände von weißem Pulver zwischen irgendwelchen Leisten.

Die Patientin schien keine Freunde zu haben, die sie mal besuchten. Nur die Eltern kamen regelmäßig vorbei. Ein paar ihrer Bilder hingen an den Wänden, viele mächtige Berge, Blumen, Motive, die aus dem Fenstere heraus zu sehen waren. Denn sie hatte bisher nicht nach draußen gedurft. Sie hatten sicher gehen wollen, dass sie sich nichts antat. Sie war schon mehrfach immer wieder weg gelaufen, immer nach Japan. Und dort hatte sie sich Mal um Mal in ein und denselben tiefen Brunnen gestürzt. Beim letzten Mal war sie um ein Haar dabei gestorben. Natürlich hatten sie längst alle Flughäfen in der Umgebung benachrichtigt, vor allem die Flüge nach Japan genau zu überprüfen. Ob sie es wieder tun würde?
 

Die Ärztin seufzte. Wie war sie nur entkommen? Sie schaute sich in dem kargen Zimmer nochmals um. Es war alles so unpersönlich, es gab keinen einzigen Hinweis. Kein Buch, keine Notizen, nichts. Auch keiner der anderen Ärzte oder Pfleger war irgendetwas Auffälliges aufgefallen. Sie kam regelmäßig und pünktlich zu ihren Sitzungen, sie malte ihre Bilder, sie war still und ruhig und es schien ihr gut zu gehen. Sie hätte ab Ostern in die offene Abteilung wechseln dürfen, und wenn es gut liefe, hätte sie noch vor den Sommerferien wieder ihre Arbeit aufnehmen können. Sie hatte so gute Fortschritte gemacht und nun das!

Niedergeschlagen erhob sie sich von dem Stuhl und forderte die anderen auf, die Suche abzubrechen. Sie hatten nichts gefunden, was auch nur einen Anhaltspunkt für die überrachende Flucht darstellte. Sie warf einen Blick zurück auf das Zimmer, die vielen Bilder, die die heimische Alpenlandschaft darstellten, mit einem schimmernden Pulver als künstlichem Schnee auf den langen Flanken der eisgrauen Berge.

Eile

Hallo, hhaaaaallllooooo.... liest hier denn noch jemand?

Ich stell jetzt endlich mal alles on für diejenigen, die noch dran sind - und wenn keiner mehr hier sein sollte... dann halt der Vollständigkeit willen...

Liebe Grüße

Eure Hi
 

Eile
 

Sie mussten sich beeilen. Nur wenn sie schnell waren, hatten sie eine Chance, dass alles gut gehen würde. Aber sie waren eh schon weit gekommen, und es sah nicht so aus, als ob sich ihnen noch etwas in die Quere kommen sollte. Trotzdem hetzte Sarah und war schon richtig außer Puste.

Es war ein Kinderspiel gewesen. Das Giebelfenster ganz am Ende des lagen Ganges im Dachgeschoss des Sanatoriums hatten sie wieder zugeschoben, nachdem sie hinaus auf die Fassade geklettert waren. Sie würden lange brauchen, um es zu entdecken… wenn überhaupt. Für sie als geübte Bergsteigerin war es ein Leichtes gewesen, sich über die kleine Balustrade hinüber zu der Regenrinne zu hangeln, um sich dann herab zu lassen. Sie war doch seine kleine Bergkatze! Und Kouga sprang einfach… wie damals in den Bergen seiner Heimat.

Dann weiter, schnell in die Stadt, in der sie wohnte. Er trug sie, auf seinen starken Armen, rannte, ohne außer Atem zu kommen, und so kamen sie schon bald an ihrer Wohnung an. Er blieb etwas hinter ihr, und sie musste schauen, ob die Luft rein war, keine tratschsüchtige Nachbarin aus der Türe kam und sie aushorchte. Aber sie hatten Glück. Der Ersatzschlüssel hatte immer noch unter dem Blumentopf gelegen, wo sie ihn deponiert hatte, falls ihr mal die Türe zufallen sollte, und so standen sie schon bald in ihrer Wohnung und stopften ihre Taschen mit allem voll, was sie brauchen konnten. Die Wohnung roch ein wenig muffig, aber die Zimmerpflanzen waren bestens versorgt. Ihre Eltern kümmerten sich wohl um sie. Ihr Blick schweifte über die aufgeräumten Zimmer, die behagliche Einrichtung. Bald hätte sie hier wieder wohnen können, ihrem Beruf nachgehen, jeden Tag zur Schule gehen… aber es fehlte ihr nicht wirklich. Sie musste nur den jungen Mann ansehen, tief in seinen eisblauen Augen versinken, die sie voller Verlangen anblickten, um zu wissen, dass dies die richtige Entscheidung war. So packte sie nur in Windeseile ihre Habseligkeiten zusammen, um die Wohnung wieder zu verlassen. Zum Glück hing der Autoschlüssel an seinem Platz am Schlüsselbrett. Schnell schnappte sie ihn und rannte hinunter zu ihrem Garagenplatz, wo ihr kleiner Wagen stand. Die Rückbank und der Kofferraum quollen fast über mit all den Sachen, die sie mitgenommen hatten, und schnell brausten sie davon Richtung Innenstadt. Sarah wollte noch zur Bank.

Dort musste sie sich den neugierigen Fragen stellen, aber sie bestätigte nur, dass sie wieder gesund sei, dass sie erst einmal eine längere Urlaubsreise plante und ihr Geld dazu abheben wollte. Es war mehr als sie dachte, denn auch wenn sie für die letzten Flugtickets ihre ganzes Konto leer geräumt hatte, so waren über die Monate einige Gehaltsschecks eingegangen. Und zum Glück hatte sie ein wenig Geld auf einem Festgeldkonto angespart, das sie ebenfalls sofort abheben konnte. Aber nun wussten alle, dass sie unterwegs war und über Geld verfügte. Aber sie konnte sie an der Nase herum führen, sie auf eine falsche Fährte locken, denn sie würden bestimmt denken, dass sie wieder nach Japan fliegen würde. Dabei hatte Sarah ganz was anderes vor.
 

Sie kurvte flink durch die Straßen der Stadt, hielt auf die Autobahn zu und schon war sie unterwegs. Nicht zum Flughafen, sondern ins benachbarte Ausland, nach Deutschland. Sie fuhren Stunden, keiner hielt sie auf. Und keiner kontrollierte die Pässe an der Grenze, und so konnte auch ihr Begleiter ohne Ausweispapiere in das Land einreisen. Sie wusste von einem riesigen Naturschutzgebiet, ganz im äußersten Winkel, weit abgelegen und geschützt. Dort fuhr sie hin. Es gab Wölfe dort. Das würde Kouga gefallen. Und es würde die Menschen abhalten, denn sie fürchteten sich immer noch vor diesen Tieren wie in grauer Vorzeit. Dort konnten sie sich verstecken.
 

Sie öffneten eines der Gatter, die in den endlos langen Zaun eingelassen waren, die das Gelände umgaben, fuhren auf einem schon ziemlich zugewachsenen Pfad weit hinein in das Waldgebiet. Sie fuhren endlos im Schritttempo, stundenlang erschien es ihr, durch dunkle Wälder, vorbei an schlanken Buchen mit den zarten, hellgrünen Blättern, vorbei an lichten, moosigen Wiesen, gluckernden Bächen, farnbewachsenen Abhängen, immer weiter hinauf in die steiler werdenden Berge, immer weiter hinein in das völlig verlassene Gebiet. Kouga saß auf dem Beifahrersitz, das Fenster hatte er weit geöffnet, den Ellbogen hinaus gelehnt, und betrachtete mit glänzenden Augen die immer wilder werdende Landschaft. „Es ist schön hier.“
 

Sie hielten, als er prüfend die Luft durch die Nase zog. „Wölfe.“, meinte er nur strahlend, und genau hier war auch diese große Forsthütte. Vollkommen abgelegen stand sie, verbogen unter Bäumen, am Rand einer Lichtung. Vielleicht hatte sie Forstarbeitern als Unterschlupf gedient, egal, sie war auf alle Fälle groß, groß genug für sie beide und der Schlüssel hatte einfach an einem Nagel neben dem Türrahmen gehangen. Sie öffneten die quietschende Türe, und ein großer Wohnraum tat sich auf. Ein breiter Tisch, rustikale Stühle, auch ein altes Canapé standen da. Sogar so etwas sie eine Küche gab es da, einen alter Herd, derbe Regale an den Wänden mit ein wenig Geschirr. Und sogar fließendem Wasser, man musste nur eine Klappe öffnen, und das frische, wenn auch eiskalte Quellwasser plätscherte direkt in ein Spülbecken, das eingebaut war.

„Das ist ja der totale Luxus.“, jubelte Sarah. Sie öffnete die Türe zu einem anschließenden Raum. Ein keiner Koben mit einem Art Bett, eher einem Matratzenlager, das mehren Leuten Platz zum Schlafen versprach. Platz genug, für sie und ihren Liebsten, Platz genug für eine lange Zeit, wo sie sich versteckt halten konnten, verborgen vor den Augen Fremder, die sie nur einsperren wollten. Er zog sie hinab auf das staubige Lager, auf die harte Unterlage, aber für sie war es das reinste Himmelbett.

Wölfe

Wölfe
 

Sie lebten nun schon einige Monate in ihrer Waldvilla. So nannte Sarah ihre Blockhütte, die sie inzwischen sehr wohnlich eingerichtet hatten. Der Sommer war ins Land gezogen und Schwärme zerbrechlicher Mücken tanzten auf der Lichtung nebenan, um dort einen Partner zu finden und die einzige Aufgabe zu erfüllen, die das Leben noch für sie aufgespart hatte: sich zu vermehren.

Sarah saß auf der hölzernen Bank vor der Hütte und schaute hinüber zu der flirrenden Brut. Auch sie hatte eine Aufgabe, und sie hatte sie wahrgenommen. Sie liebte. Sie liebte heiß und innig einen Mann, als ob es die einzige Aufgabe in ihrem Leben sei, die sie erfüllen musste… erfüllen durfte… die durfte ihn lieben. Sie war so glücklich.
 

Sie fuhr sich mit den Händen durch die kurzen, braunrot gefärbten Haare. Zu Kougas Bedauern hatte sie gleich nach ihrer Flucht ihre langen, golden schimmernden Locken abgeschnitten und die Überbleibsel mit einer für ihn besonders übelriechenden Creme in einen fuchsähnlichen Pelz verwandelt. Sie wollte auf keinen Fall erkannt werden. So kauften sie auch ihre Dinge jedes Mal in einer anderen Stadt ein, in einem möglichst großen Supermarkt auf der grünen Wiese, wo alles anonym ablief und keiner den anderen kannte. Sie waren gut eingedeckt mit Vorräten, und auch wenn sie keinen Strom und keinen Kühlschrank hatten, so war ihre Vorratsgrube, die sie in den kühlen Waldboden gegraben hatten, beinahe voll. Außerdem hatte Sarah einen Garten angelegt, ganz hinten am Rand der Lichtung, uneinsehbar von dem kleinen Waldweg her. Dort wuchsen, umgeben von einem Weidengeflecht gegen das gefräßige Wild Karotten und Tomaten, Salatköpfe und Kräuter, und die Gurken schlängelten sich am Zaun entlang. Es ging ihnen gut, so richtig gut. Sie mussten zwar auf einige Annehmlichkeiten des modernen Lebens verzichten, aber Kouga fing immer wieder einen Hasen oder sogar einmal ein kleines Wildschwein und bereicherte so ihre Speisekarte. Das Haus war inzwischen voll eingerichtet, die Betten luftig und neu bezogen, die Küche blitzblank und die Böden geschrubbt. Sogar eine Dusche hatten sie sich angebaut, mit Wasser, das von der Quelle in einen schwarzen Tank floss und sich dort erwärmte, sodass sie nicht eiskalt waschen mussten. Es war richtig luxuriös geworden in der kleinen Hütte.

Und sie passten immer noch auf, dass niemand sie entdeckte. Das Auto war hinter der Hütte mit Zweigen abgedeckt und gut versteckt, vor der Hütte hatten sie alles so gelassen, wie es vorher gewesen war, um ja keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, nur das Innere hatte sich vollkommen gewandelt von der verstaubten, verlassenen Bleibe zu einem gemütlichen Zuhause.

Und die Wölfe waren gekommen. Erst hatte Konga nur einen entdeckt, der am Rande der Lichtung stand und Witterung aufnahm, um dann gleich wieder im Unterholz zu verschwinden. Dann waren mehr gekommen, und sie zogen schnüffelnd um die Hütte herum. Kouga hatte sie gehört, war von ihrem Lager aufgestanden und vor die Türe getreten. Sie standen einfach still da, betrachteten ihn mit ihren goldenden Augen, dann legten sie sich einfach nieder und hielten Wache. Sarah fühlte sich an die Zeiten in Kougas Höhle erinnert. Er trug wieder seine Häute und Felle, halbnackt, wie damals im mittelalterlichen Japan, und manchmal zog er mit seinen pelzigen Gefährten los, um zu jagen. Wenn er dann zurück kam, baumelte oft ein erlegtes Tier von seiner Schulter, dass sie an einem fast rauchlosen Feuer brieten. Die Wölfe bekamen immer ihren Teil ab, und wenn sie satt waren, kamen sie und ließen sich kraulen oder legten Sarah den großen Kopf auf den Schoß. Kouga erzählte ihr lachend von seinen Erlebnissen, und die Wölfe schienen zuzuhören, als ob sie den Krieger und seine raue, asiatische Sprache verstanden.

Gedankenverloren liebkoste Sarah die Ohren der alten Wölfin, die ihren Kopf in ihrem Schoß gebettet hatte. Es war so friedlich, die Grillen zirpten, sie waren alle satt und ein wenig müde und bestaunten den Sonnenuntergang, der sich bisher nur zart andeutete. Der Sommer würde noch einige Monate dauern, und Sarah hoffte, dass sie auch den Winter gut überstehen würden.

Winter

Winter
 

Der Winter war hart und lang, und manchmal dachte Sarah, er würde nie vorüber gehen. Erst ging es ihnen gut, sie hatten genug Holz für den einzigen Ofen im Raum, und genug Vorräte, denn die Wölfe zeigten Kouga die Stellen, wo sich das Rotwild aufhielt. Wenn er dann aufbrach, hinaus in die tief verschneite Landschaft und in den schummrigen Nebelschwaden verschwand, dann wusste sie, dass er tagelang weg bleiben würde. Aber er kam wieder, und er war wohl sehr geschickt mit dem kurzen Schwert, das an seiner Seite hing, oder womit auch immer, denn er brachte immer etwas mit von der Jagd. Die Wölfe blieben dann oft wochenlang bei ihnen, wenn sie gut versorgt und völlig eingeschneit viele Tage nur in der Hütte verbrachten.

Es waren schöne Tage, voller Ruhe und Frieden, ohne Hektik, ohne Frucht, entdeckt zu werden, denn die Gegend war in dieser Jahreszeit vollkommen von der Umgebung abgeschnitten. So lagen sie behaglich auf dem alten Canapé in der Küche, eng aneinander gekuschelt, oder sie saßen bei Lampenschein am großen Tisch über Bücher gebeugt oder plauderten aus ihrem Leben.

Sarah brachte ihm ihre Sprache bei und er ihr die seine. Inzwischen sprach sie recht fließend japanisch, aber ihr war wohl bewusst, dass es sich um eine sehr altertümliche Variante handelte. Sie hatte viele Bücher mitgenommen aus ihrer Wohnung, und so verbrachten sie viel Zeit damit, japanische Zeichen zu lernen und die verschnörkelten Symbole aufs Papier zu bringen. Selbst Kouga war erstaunt, denn als Rudelführer hatte er nie mit Papier und Tuschepinsel zu tun gehabt. Sie brachte ihm auch gleich ihre Sprache und Schrift bei, wobei ihr ihre Ausbildung zur Lehrerin sehr zugute kam. Und Kouga war ein sehr gelehriger Schüler.

Oft schweiften ihre Gedanken ab, und sie musste zugeben, dass ihr ihr altes Leben fehlte. Vor allem, wenn er so lange weg blieb, wenn sie zu müde war, um noch aus dem Bett zukommen und nur mit viel Anstrengung neues Holz nachlegte, dann sehnte sie sich nach ihrer bequeme Wohnung zurück. Aber sie mussten ja nicht für immer hier bleiben, vielleicht noch ein Jahr oder zwei, dann konnten sie es vielleicht mal wieder versuchen, in die Zivilisation zurück zu kehren. Dann würde man sie bestimmt nicht mehr jagen wie ein wildes Tier, sie könnte bestimmt wieder zurück in ihre Heimat, könnte wieder als Lehrerin arbeiten und Geld verdienen für sie beide. Sie verdiente genug, es würde reichen, für sie und ihn, denn was er machen sollte, wie es gehen konnte, dass er unentdeckt blieb, das war ihr ein Rätsel.

Hier in der Wildnis, bei seinen Wölfen, da machte es nichts aus, dass es spitze Ohren und einen Schwanz hatte. Aber draußen, in der Zivilisation…

Sarah schwieg und sah nachdenklich ins Feuer. Dann würde sie wohl doch mit ihm hier im Wald bleiben müssen - für immer.

Und müde schlief sie ein.

Fieber

Fieber
 

Der Winter war grimmig und beißend kalt. Ein eisiger Wind heulte um Sarahs Hütte, in der es durch die Ritzen pfiff, die sich einfach nicht verschließen ließen. Sie hatte alles versucht, die schmalen Spalten zu verstopfen, aber im Endeffekt half nur, ein paar Scheite mehr Holz in den knackenden Ofen zu werfen. Holz hatte sie zum Glück noch genug. Wenn das auch noch ausgehen würde, dann konnte es gefährlich für sie werden. Sie war eh schon so schwach und konnte sich kaum noch was zu Essen machen. Eine dampfende Kanne Tee stand auf dem klobigen Tisch, aber sie hatte keine Energie mehr, sich eine Tasse einzuschenken, und so drehte sie sich einfach um und versuchte wieder einzuschlafen. Die alte Wölfin, die schon viele Wochen bei ihr in der Hütte verbracht hatte, legte den Kopf wieder auf den Boden und döste ebenfalls vor sich hin.

Kouga war schon mehrere Wochen weg. So lange war er noch nie ausgeblieben. Ob ihm etwas passiert ist? Aber er war stark, dazu ein Dämon und mit den Wölfen, die ihn auf seinen langen Streifzügen begleiteten, auf Du und Du. Warum sollte ihm etwas zustoßen? Bestimmt hatte er im tiefen Schnee eine Fährte gefunden und brauchte einfach länger, um das Wild zu finden und zur Strecke zu bringen. Oder er hatte wegen dem heftigen Schneetreiben irgendwo Unterschlupf gesucht, vielleicht sogar in einem Bau der Wölfe, die ihn immer begleiteten, und er wartete dort, bis das Wetter sich wieder ein wenig aufklärte.

Sie hatte ja alles was sie brauchte: die Konserven stapelten sich in dem kleinen Küchenschrank, auch Nudeln, Reis und andere nicht verderbliche Lebensmittel waren genug vorhanden. Wenn sie sich aufraffte, konnte sich jederzeit einen leckeren Tee machen. Nur das Gemüse lag draußen in ihrer Vorratsgrube unter einer dicken Schicht Schnee begraben.

Seit ein paar Tagen war sie leider erkältet, und es wurde immer schlimmer. Die Nase lief ihr ununterbrochen, und die vollgeschnäuzten Taschentücher türmten sich auf dem Tisch, bis sie sich wieder aufraffen konnte, sie mit einem neuen Scheit Holz ins Feuer zu werfen. Die alte Wölfin sah sie aus ihren goldenen Augen mitleidig an, wenn sie trötete und schniefte. Seit der Winter herein gebrochen war, hatte sie sich ihnen angeschlossen und die warme Hütte nur noch selten verlassen. Sarah teilte ihr Essen mit ihr, sie fraß eh nur wenig und war sehr scheu und zurück haltend. Nur ab und zu ließ sie sich den Kopf mit den grauen Haaren um die Schnauze kraulen, aber sie lag immer vor dem Sofa mit den vielen Decken und hielt Wache. Auch für sie war Kouga aufgebrochen, um Fleisch zu beschaffen, einen Hirschen oder ein kleines Reh, oder einfach nur einen Hasenbraten, um mal wieder die Zähne in ein frisches Stück Fleisch versenken zu können. Sarah verspürte keine so große Lust auf Fleisch, sie hätte ohne Probleme allein von ihren Vorräten leben können, aber sie wollte Kouga nicht bremsen. Sein Bewegungsdrang war enorm, und er wollte mal wieder rennen, mit seinen Wölfen um de Wette laufen, und so hatte er sein Rudel um sich geschart und war verschwunden. Das musste jetzt schon über 3 Wochen her sein. Sie vermisste ihn.
 

Dann war Sarah zu allem Überfluss auch noch Aspirin ausgegangen, und starke Kopfschmerzen peinigten sie, das sie meinte, ihr Schädel würde zerspringen. Dazu hatte sich noch ein übler Husten gesellt, der sie immer mehr durchschüttelte. Die ganzen Lungen taten ihr weh, das Kreuz und der Hals. Wenn doch nur Kouga da wäre. Aber er wusste ja nicht, dass sie krank war. Ihr ging es noch prima, als er losgezogen war.

Die verlassene Hütte

Die verlassene Hütte
 

Vorsichtig ging er über den knirschenden Schnee zum Eingang der Hütte. Ein dünner Faden Rauch stieg vom Kamin auf in den frostklaren Himmel, wie von einem Feuer, das am Verglühen war. Vorsichtig drückte er die Klinke hinunter; die Türe ließ sich ohne Widerstand öffnen und er schaute neugierig in den halbdunklen Raum. Noch war er einigermaßen erwärmt, auch wenn die Scheite in dem Ofen nur noch leise knackten. Der Duft eines Kräutertees erfüllte die Luft, sonst roch es stark nach harzigem Holz, aber er konnte niemanden sehen. Leise schloss er die Türe wieder und stand abwartend im Raum.

Seine schwarzen Haare begannen zu tropfen, die dicken, weißen Schneeflocken schmolzen bei der Wärme in der Kammer, und die Strähnen, die unter der roten Mütze hervor lugten, wurden immer nasser.

Er nahm seine Handschuhe ab und wischte sich über die Stirn. Bei der Bewegung erkannte er ein Zucken auf dem Vorleger vor dem Sofa, das hinten an der Wand stand. Ein bepelzter Kopf hob sich vom Boden und goldene Augen blickten ihn an. Es war die alte Wölfin, die sich so oft hier herum trieb. Sie musterte ihn kritisch, dann legte sie den Kopf wieder auf ihre Pfoten, betrachtete sie aber weiter neugierig,
 

Dann hörte er das leise Stöhnen.
 

Er vergaß die wachsame Wölfin und schritt zu dem Canapé hinüber, auf dem er nur einen riesigen Berg Decken erkennen konnte. Der Körper, der sich unter all den Hüllen befand, bewegte sich ein wenig, und er hörte wieder ein leichtes Seufzen. Die Wölfin auf dem Vorleger schaute besorgt und schien zu erwarten, dass er sich um das Bündel kümmerte, das dort verborgen lag, und so wühlte er sich mit seinen Fingern unter die Decke und suchte nach dem Wesen, das dort vor seinen Blicken verborgen lag.

Er entdeckte ihr Gesicht, das vor Fieber glühte. Die Wangen waren in tiefem Rot gefärbt, die Stirn war nass vor Schweiß, die Augen geschlossen. Ihre Lippen waren gespannt, so schöne Lippen, in rosigem Rot, heiß und bebend, direkt vor ihm, er war versucht, sie zu küssen, nahm aber nur ein neues Taschentuch vom Tisch und wischte ihr vorsichtig damit die heiße Stirn. Sie war schwer krank und vor Fieber nicht ganz bei sich. Er sprach sie an, aber sie reagierte kaum.

Vorsichtig schälte er sie weiter aus den Decken, um sie genauer untersuchen zu können. Wie lange mochte sie schon so krank sein? Bei dem hohen Fieber lag sie bestimmt schon einige Tage hier. Zum Glück war sie nicht erfroren.

Vor den neugierigen Blicken der Wölfin zog er seine Jacke aus und warf sie über einen Stuhl, dann schritt er zum Ofen, öffnete die kleine Eisentüre und warf ein paar Holzstücke hinein, die auf dem Boden gestapelt lagen. Kaum hatte er die Türe geschlossen, fauchte das Feuer wieder los und das Knacken der harzigen Scheite erfüllte den dämmrigen Raum mit würzigem Duft. Dann eilte er schnell wieder zu der kranken Frau.

Sie schien von dem Prasseln des Feuers geweckt worden zu sein. Zwar hielt sie die Augen weiter geschlossen, aber sie versuchte, die Decken beiseite zu schieben, um besser Luft zu bekommen.

Müde hob sie den Kopf und blickte ihn unter schweren Lidern an.
 

„Du bist da!“
 

Sie weinte fast, und griff nach seinen Händen, drückte ihre heißen Schläfen gegen sie. Er konnte das Pochen ihres Pulses unter seinen Fingern erkennen. Er raste, und war doch so schwach. Sie drehte sich mit letzter Kraft zu ihm hin, packten seine Hand und zog ihn zu sich auf das Sofa. Er setzte sich auf die Kante, zog sich die Mütze vom Kopf und warf sie auf den Tisch. Seine schwarzen, langen Haare umgaben sein Gesicht, als er sich zu ihr hinunter beugte.
 

„Kouga! Du bist gekommen!“
 

Er zuckte zusammen, als sie so hingebungsvoll seufzte. Wieder ergriff sie seine Hand und führte sie über ihre Stirn. Er ließ sie gewähren, wusste nicht so recht, was er mit der kranken Frau anfangen sollte. Er wollte sie vor allem nicht erschrecken. Sie fasste mit schweren Armen in seinen Nacken, und ehe er sich versah, hatte sie ihn zu sich gezogen. Sein Gesicht war nun direkt neben dem ihren, und ihre Lippen hatten längst die seinen gefunden. Der Kuss war nicht nur heiß, weil sie krank war. Wahre Schauer erfassten ihn, auch ohne krank zu sein, und anschließend glühte in ihm eine Hitze, die der ihren in nichts nachstand. Ihr Griff war fest und ihre Berührungen von einer Leidenschaft, gegen die er sich nicht wehren konnte. Er wollte auch gar nicht, musste er zugeben, auch wenn er ein schlechtes Gewissen hatte, weil sie offensichtlich krank und nicht ganz bei Sinnen war.

Sie küsste ich leidenschaftlich und ausgiebig, und er konnte gar nicht anders, als den heißen Kuss zu erwidern. Ihr Körper drängte sich gegen seinen, und er konnte ihre sehr verlockenden Rundungen unter der Decke spüren. Ungeduldig nahm sie seine Hand und führte sie unter ihr Shirt. Die Haut auf ihrem Bauch war zart und weich, und ihre Brüste weiter oben verlockend und fest, und sie presste sie ihm voller Erwartung entgegen.

Schon lag er neben ihr auf dem Sofa, eine der Decken war herunter gerutscht und verbarg die wachende Wölfin vor seinen Blicken. Die hatte er eh bereits vergessen, was ihn hier auf dem Sofa überrascht hatte, nahm seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch.

Sie zog an seinen Haaren, fuhr mit den schlanken, heißen Fingern durch die dunklen Strähnen, krallte sich immer wieder in seinen Nacken und ließ ihre Lippen über seinen Hals wandern. Sein Körper antwortete ihr, er stöhnte längst vor Erregung und war dem Spiel ihrer Finger schon lange erlegen. Ja, sie spielte mit ihm, forderte, verlangte und reizte ihn, und er konnte nur noch tun, was wie wollte. Schon bald lag er nackt auf ihrem Lager, nackt in ihr, und die Glut ihrer Körper trotze dem eisigen Wind, der um die Hütte pfiff. Mit geschlossenen Augen lagen sie in den Decken und spürten den Körper des anderen, erlebten die Wogen der Lust, der stürmischen Leidenschaft, der fordernden Gier, die sie übereinander herfallen ließ wie Ertrinkende, wie lange Entwöhnte, wie Liebende...

Als sie wieder zur Ruhe kamen, war er sicher, dass sie allen Schnee im Umkreis mehrerer Meter zum Schmelzen gebracht hatten.

Erwachen

Erwachen
 

Ihr war immer noch heiß, und ihre Lider waren so schwer, dass sie sie kaum öffnen konnte. Aber sie spürte, dass sie nicht mehr in der Hütte lag, nicht mehr auf dem Sofa unter den vielen Decken verborgen. Es roch anders, nach Medikamenten und nach Zentralheizung, nicht mehr nach Wald und Holzfeuer. Sie war viel zu müde, um sich Gedanken zu machen, ob das nun schlimm wäre, und räkelte sich nur in dem glatt bezogenen Bett, in dem sie sich befand. Ein Teil ihres Verstandes klärte sie auf, dass sie so etwas schon einige Male gespürt hatte, aber das Pochen des Fiebers, die Wogen der Kopfschmerzen spülten ihre Bedenken hinweg. Die Lider wurden noch schwerer und drohten ihr die Sicht ganz zu verweigern. Nur kurz erhaschte sie das Bild von einem schlafenden jungen Mann, der auf dem Sessel an ihrem Bett eingeschlafen war. Seine endlos langen Beine ragten in das Zimmer, die schwarzen Haare verbargen das Gesicht wie auch die Hand, auf der sein Kopf stütze.

„Kouga!“ flüsterte sie nur und schlief wieder ein.

Ertappt

Ertappt
 

Er war eingenickt.

Vorsichtig streckte er die langen Beine, durch die ein Ameisenkribbeln drang, und versuchte, sie wieder zu bewegen. Sie musste aufgewacht sein, er hatte gehört, wie sie ihn gerufen hatte. Aber als er mit einem Ruck den Kopf hoch nahm und zu ihrem Bett hinüber schaute, war sie schon wieder eingeschlafen.
 

Wie ein Engel lag sie in dem weißen Bett, die goldenen, kurzen Locken lagen verstreut auf dem blendend weißen Kopfkissen. Er stand auf und schritt zu ihr hinüber. Die Hand auf der Stirn registrierte immer noch deutlich zu viel Temperatur, aber das gefährlich hohe Fieber war verflogen.

Er fühlte sich verantwortlich für sie, und auch wenn es ihr schon längst wieder besser ging, so kam er immer wieder vorbei, um nach ihr zu sehen. Sie hatte lange im Fieber gelegen, und wenn er sie nicht her gebracht hätte, wäre sie wohl gestorben… das malte er sich zumindest aus. Auch wenn es vielleicht reichlich übertrieben war… sie hatte doch nur eine Grippe gehabt. Aber er wollte ihr einfach nicht mehr von der Seite weichen. Was dort in der Waldhütte genau passiert war, hatte er niemanden erzählt. Denn auch wenn er wirklich nicht prüde war, so wollte er nicht, dass intime Details die Runde machten. Es war ihm ja selbst peinlich, wie weit er gegangen war.

Es hatte sie verbunden, zusammen geschweißt. Das bildete er sich zumindest ein. Auch wenn er sich manchmal schalt, dass es nur ein heißes Zusammentreffen mit einer Kranken gehabt hatte, die ihm Fieberwahn über ihn hergefallen war. Es war ihm noch peinlicher, dass er bei der Erinnerung an dieses Zusammentreffen auch noch feuerrot anlief.

‚Meine Güte, jetzt reiß´ dich mal zusammen!‘
 

Er schalt sich selbst, wie gefühlsduselig er geworden war. Er, der taffe Kerl, der einsame Wolf, der mutterseelenallein wochenlang durch die Wälder streifte. Er hatte schon geile Freundinnen gehabt… aber so scharf hatte ihn noch keine angemacht.
 

Vielleicht hatte sie ja gar nicht ihn gemeint, als sie ihn verführt hatte. Er blickte auf ihre Züge, sie wirkte so rein und unbescholten. Sie war so krank gewesen, und nach all den Wochen allein im Wald in dieser Hütte, die so abgelegen und einsam lag, da hätte sie bestimmt jeden umarmt, der herein gekommen wäre… aber sie hatte immer wieder seinen Namen genannt. Woher kannte sie den nur? Es war ihm ein absolutes Rätsel, schon beinahe unheimlich. Es war doch nur ein Spitzname, den sie ihm gegeben hatten, weil sein eigentlicher Name so altmodisch klang. Wie konnte sie ihn wissen? Es war unmöglich! Noch dazu, wo sie nicht mal aus diesem Land kam.

Er grübelte und ärgerte sich gleichzeitig. Es durfte doch nicht wahr sein, dass er über so esoterischen Kram nachdachte und hier das Schicksal zu spüren meinte, das ihm diese Frau in sein Leben geweht hatte. Es war doch nur eine heiße Nummer mit einer kranken Irren - das hatte er versuchte sich einzureden, war aber sofort zurück geschreckt. Nein! Sie war keine Irre. Nicht dieser süße Engel! Nicht seine Waldnymphe. Sie war sein Schicksal. So einfach war das. Und er würde sich nicht mehr dagegen wehren.
 

Er hatte ja inzwischen erfahren, dass sie wirklich aus einer Irrenanstalt in Österreich ausgebüchst war. Sie musste gut klettern können, denn sie war die blanke Hauswand hinunter gestiegen, vielleicht an der Regenrinne entlang. Mut hatte sie auf alle Fälle, und einen ausgeprägten Drang nach Freiheit. Wie er auch. Und sie war so klug wie geschickt. Flink hatte sie ihr ganzes Geld zusammen gekratzt, ohne dass jemand Verdacht geschöpft hatte, und dann war sie nach Deutschland abgehauen, mitten hinein ins Wolfsreservat im Bayerischen Wald. Ihre Freiheit musste ihr sehr wichtig gewesen sein, dass sie sich so am Rand der Zivilisation verbarg, weitab von Menschen in einer schlichten Hütte. Es hätte gefährlich werden können, die Wölfe streiften dort frei herum. Seine Wölfe!
 

Seine, Konrad Ganterers Wölfe. Er, genannt Koga (von den beiden Anfangsbuchstaben von Vor- und Zuname), aber nur von seinen engsten Freunden, Koga, der Wolfsfreund, der Biologiestudent, der Waldschratt, der Klettermaxe.
 

Er hatte die goldäugigen Gesellen beobachtet, seit sie dort frei gelassen worden waren. Schon als Biologiestudent, dann als Forscher hatte er seine ganze Freizeit in dem Naturreservat verbracht, und rein zufällig war er über diese Hütte so tief im Wald gestolpert. Er kannte sie, war mit den Waldarbeitern mehrmals dort gewesen, als sie die Zäune aufgebaut hatten. Eigentlich war er zufällig vorbei gekommen und hatte die dünne Rauchfahne gesehen. Dass sie gesucht wurde, hatte er erst viel später von ihrer Ärztin erfahren, die extra aus dem Sanatorium in Österreich gekommen war. Fast ein Jahr hätte sie dort gelebt, versteckt und verborgen, keiner hätte sie gefunden… nur Koga, der Waldschratt. Warum gerade er? Warum gerade sie?
 

Er schüttelte unwillig den Kopf. Er war Wissenschaftler, kein Romantiker. Und doch hatte es ihn vollgepackt, konnte er nicht mehr von ihr lassen. Immer wieder zog es ihn hierher, lenkte er seinen schwarzen Geländewagen auf den Krankenhausparkplatz und rannte die Treppen hinauf zu ihrem Zimmer.

Sie warteten, dass sie wieder ganz zu sich kam, dann sollte sie mit der Therapie und vor allem den Tabletten gegen ihre Schizophrenie beginnen. Die Ärztin war sich sicher, dass ein gewaltiger Schub der Krankheit sie dazu getrieben hatte, zu fliehen. Sie hatte sie verfolgt, hatte Nachbarn und die Leute auf der Bank befragt, sich Aufzeichnungen von Videokameras angesehen: sie war immer alleine gewesen! Niemand hatte sie begleitet, und die letzte Aufzeichnung einer Verkehrskamera zeigte einen vollgepackten Wagten mit nur der jungen Frau am Steuer. Es gab keinen Koga, oder schon, aber nur ihn, jetzt, hier…
 

Ganz allein hatte sie fast ein Jahr dort verbracht, in der Hütte im Wald. Sie schien sehr geschickt gewesen zu sein, hatte sich dort eingerichtet und recht gut gelebt, ohne dass auch nur irgendjemand auf sie aufmerksam geworden wäre. Und auch wenn sie in ihrem Fieberwahn nach einem Koga gerufen hatte… vielleicht hatte sie ja den Spitznamen des jungen Mannes gehört, der sie gerettet hatte… meinte die Ärztin.
 

Manchmal sprach sie in einer fremden Sprache. Nach den vielen Büchern zu urteilen, die er für sie eingepackt und mitgenommen hatte, hatte sie sehr intensiv Japanisch gelernt. Die Hütte war voller Kalligraphien gewesen, Übungsblätter und Lehrbücher. Sie hatte eh einen Japanfimmel. Na gut, er hatte einen Wolffimmel. Genau, die alte Wölfin war bei ihr gewesen. Hatte einfach in ihrer Hütte gelegen. Wie sie das geschafft hatte, das Vertrauen dieses Tieres zu gewinnen… das war ihm ein Rätsel.
 

Er hatte ja auch gesucht, nach diesem Koga, hatte den ganzen Wald abgegrast und diesen Kerl gesucht, von dem sie immer sprach… und der nicht er sein konnte. Aber er hatte niemanden gefunden. Keine Spuren! Keine Anhaltspunkte! Nichts!

Er war der einzige Koga weit und breit.
 

So langsam war er bereit, der Ärztin zu glauben, dass er Sarahs Schicksal war, dass sie schon lange auf der Suche nach ihm war und ihn nun gefunden hatte, dass ihre Seele nun gesunden konnte, heil werden konnte, weil sie ihn gefunden hatte. Ihren Koga, in Fleisch und Blut.
 

Mann, seine Kumpels würden ihn auslachen bei all dem mythischen Kram, den er hier verzapfte. Das durfte er niemand erzählen. Aber er begann selbst daran zu glauben, dass sie zusammen gehörten, irgendwie! Welche Frau konnte denn besser zu ihm passen als sie? Als ob er sie ebenfalls gesucht hätte. Welches Mädel war denn schon bereit gewesen, wochenlang im Wald zu hausen? Und gar unter Wölfen? Jede war ihm bisher weggerannt. Und nun hatte er seine absolute Traumfrau gefunden, und einen heißen Feger obendrein. (Nein, nicht wieder rot werden!) Er könnte sie fragen, ob sie Lust hätte, ihn zu begleiten. Er musste bald wieder zurück wochenlang in den Wald, er könnte dort mit ihr in der Hütte wohnen, wenn ihr das nicht zu fad wäre. Wenn sie nicht zurückwollte, nach Hause, zu ihren Eltern, der Schule, wo sie unterrichtete.

Er würde sie fragen…
 

„Kouga?“

Wieder rief sie nach ihm mit flatternden Lidern. Er schritt an ihr Bett und nahm ihre Hand.

„Ja mein Schatz, ich bin hier!“



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  YoukaiYuuki
2010-03-04T20:56:26+00:00 04.03.2010 21:56
*blinzel*
*augenreib und nochmal blinzel*
ICH HABS DOCH GEWUSST!
HA!
SIE ist in Kouga VERSCHOSSEN!
CHA!
Ich bin so guuut^^
Nein nein, das lob gehört dir!
Tolles tolles chap und wiedermal alles sehr gut beschrieben!
Ich freu mich schon auf das nächste^^
lg,

YoukaiYuuki

P.s danke für die widmung <3
Von:  YoukaiYuuki
2010-02-24T19:41:20+00:00 24.02.2010 20:41
AWWWWW!!
*zur seite kipp*
Kouga verdammt nochmal!
*mit Fuß auf boden aufstampf*
ER kann doch nicht einfach so abhauen !!!
*austick*
*ihm stein hinterher werf*
Aber tolles Chap.^^
<3
Von:  YoukaiYuuki
2010-01-26T20:31:03+00:00 26.01.2010 21:31
*schluck*
Jetzt hab ich hunger....
*grins*
Ich will auch seine ohren anfassen^^
Nya~
Wenn er sie zu Kagome bring, werden dann auch Inu und Sessy auftauchen?
Tolles Kap
mach schnell weiter
Von:  YoukaiYuuki
2010-01-24T16:23:16+00:00 24.01.2010 17:23
Kjjaa!!
XD
Eiskalt zieht sie ihm am schwanz XD
Frech^^
Die stelle mit dem Telefon...oh gott ich hab gelacht als ich mir Kouga beim Nachdenken vorgestellt hab XD
Super geschrieben!
Mach schnell weiter
Von:  YoukaiYuuki
2010-01-03T17:16:49+00:00 03.01.2010 18:16
WOOOOOOOHHAA!!
Das ist eine echt coole Idee *augen reib*
Kouga ist haawwt^^
Werd die FF auf meine Favo packen^^
schreib bitte schnell weiter und lass es mich wissen^^
lg,

Youkai Yuuki


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