Abends
Emma drehte das Licht an und starrte wie heute Morgen aus dem Fenster. Es war immer noch dreckig, und ihr Gesicht war vor das Bild der Häuser geschoben. Wiederholt lächelte sie in die Scheibe. Sie hatten einen der Bösen getroffen, doch er war für sie nicht Böse. Niemand konnte das bestimmen!
Langsam erlosch das Licht, und ließ sie einsam, aber glücklich im Bett zurück.
Dieses Leben war alles für sie. Es war das einzige was Gott ihr gegeben hatte, und sie würde es nutzten. In der Schule hatten sie vor langer Zeit einmal Gedichte und Zitate berühmter Personen durchgenommen. Sie hatte es langweilig gefunden, wie so ziemlich jeder der noch bei Verstand gewesen war.
Jetzt musste sie erkennen dass jeder wohl irgendwann so verrückt wurde, dass Gedichte ihm etwas bedeuten. Sie hatten damals ein Gedicht oder ein Zitat mitbringen müssen. Morgens um 6 war sie aufgestanden und hatte eins aus dem Internet gezogen. Es war unbedeutend gewesen, zumindest damals, für sie.
Gott gab dir das Gesicht,
lächeln musst du aber selber
Es war eine allgemeine altirische Weisheit, doch jetzt musste sie ihren Warheitsgehalt erkennen.
Emma dachte nach. Sie hatte immer gedacht, dass all diese Lächeln, ebenso das von Ron, alles nur aufgesetzt waren, Höflichkeitslächeln ohne Bedeutung.
Sie würden die Welt nicht verändern
Doch! Sie veränderten. Emma musste an den Moment denken, als Ron sie angelächelt hatte. War es nicht nett gewesen? Es hatte ihr ein gutes Gefühl beschert, obwohl er behauptet hatte ein Verbrecher zu sein, ein Mafioso.
Er war einer, wenn man die Fakten betrachtete.
Er war keiner, wenn man lächelte und sich freute!
Emma war es egal gewesen. Sie hatte mit einem Verbrecher geredet. Sie war ihm so nah gewesen. Und doch war er kein böser Mensch.
Er war ein Verbrecher, ohne böse zu sein.
So einfach war es. Und wie in Seifenopern lächelte sie, wie in ihren Abspännen.
Und dachte, dass das Leben vielleicht doch so einfach war.