Zum Inhalt der Seite

Der Keimling

und die Pflanze (Gedicht)
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Keimling

Einst noch schlummernd, still, verborgen,

tief in Mutter Erdes Schoß,

frei von jeglich‘, weltlich Sorgen,

zog ein Keim das Lebenslos.
 

Mit dem ersten Strahl der Sonne,

und des Frühlings schönem Duft,

regt er sich in freud’ger Wonne,

ihn das Leben endlich ruft.
 

So begann er still zu sprießen,

in der ihm noch fremden Welt,

konnt‘ nicht ahnen, konnt‘ nicht wissen,

welcher Aufgab‘ er sich stellt.
 

Wachsend mit dem Licht am Tage,

genährt von der Erde Saft,

wurd‘ ihm klar, ganz ohne Frage,

ja der Anfang ist geschafft!
 

Stolz sein Haupt zum Himmel hebend,

eine Knospe er nun trug,

immer noch nach Wachstum strebend,

wurd‘ er größer Schub um Schub.
 

Mit dem Morgentau sich reckend,

war ganz eifrig in der Nacht,

ebenfalls sich Himmels streckend,

ein Gewächs plötzlich erwacht.
 

Neben unsrem Keimling stehend,

der noch nicht viel wusst‘ vom Leben,

meinte es gar lieblich, flehend:

„Ist der Platz hier schon vergeben?“
 

„Nein“, sprach unser Keimling heiter,

„Dieser Platz hier ist noch frei,

kannst ruhig stehen hier auch weiter,

mir egal drum sei’s wies sei.“
 

Freudig sagt die Pflanze „Danke!“,

zu dem lieben jungen Keim,

wickelt um ihn eine Ranke,

meint: „Lass uns doch Freunde sein.“
 

Immer stand er ganz alleine,

Freunde waren im stets fern,

bisher hatte er noch keine,

und so sagt‘ er: „Aber gern!“
 

In den Tagen die nun kamen,

wurd‘ die Pflanze all zu groß,

weg der Erde Lebenssamen,

und der Sonne lichter Stoß.
 

Unser Keimling klein erzittert,

nun von Ranken fest umschlungen,

da das Licht er nicht mehr wittert,

er von Furcht nur noch durchdrungen.
 

Und auch Wut wächst in dem kleinen,

einst so liebevollen Keim,

weil die Pflanz‘ den Platz den seinen,

einfach macht zu ihrem Heim.
 

Und als ob sie ihn verhöhnte,

erschien ihre Blumenbracht,

was den Keim nicht grad versöhnte,

was den Streit erst recht entfacht.
 

„Hey ich krieg kein Licht zum Leben,

raubst mir alle Energie,

Freunde soll man auch was geben,

und nicht ausnützen nur sie!“
 

„Bin ich schuld“, so sprach die Pflanze,

„dass ich größer bin als du,

dass ich wachsend, rankend tanze,

Blüten sprießen immerzu.“
 

„Nein, doch hier da wo ich stehe“,

sprach der Keimling, der so klein,

„stielst du alles in der Nähe,

wickelst mich mit Ranken ein.“
 

„Sagtest mir ich darf hier bleiben“,

wiedersprach die Pflanz‘ erpicht,

„und nun willst du mich vertreiben,

Freunde machen so was nicht!“
 

Unser Keim lies den Kopf hängen,

gab der Pflanze sichtlich recht,

wollt‘ er sie doch nicht verdrängen,

fühlte sich nun schuldig – schlecht.
 

Und sie wuchs ganz eifrig weiter,

lies es sich gar gut nun geh‘n,

blühte auf so frei und heiter,

unser Keimling der blieb steh’n.
 

Blieb so klein wie er schon immer,

denn er hatte ja die Sicht,

sie verjagen nie und nimmer,

Freunde machen sowas nicht!
 

Doch in all den nächsten Tagen,

kämpfte er, das Licht war rar,

stellte sich wieder die Fragen,

ob es so in Ordnung war.
 

Verzweifelt wurde er nun schon,

denn es konnte ja nicht sein,

dass sie hier saß wie auf nem‘ Thron,

und er kümmerlich ging ein.
 

Denn er hatte ja auch Rechte,

wollte diese nicht entbehren,

konnt‘ nicht sein dass er nur Knechte,

wollte sich noch einmal wehren.
 

„Bitte mach mir endlich Platz hier,

bist kein Freund so wie mir scheint,

Licht und Wasser stielst‘ und nimmst‘ mir,

was du sagst scheint nicht gemeint.“
 

„Ach ich steh hier schon so lange,

es gefällt mir hier so sehr,

kann verstehen deine Bange,

doch den Platz geb ich nicht her!“
 

„Was ich habe hab ich eben,

dieser Platz wird erst mal reichen,

nehm‘ mir was ich brauch‘ zum Leben,

wem’s nicht passt der muss halt weichen!“
 

„Hab gedacht du hast mich gerne“,

wiedersprach der kleine Keim,

„und nun sprichst du fremd und ferne,

das ist böse und gemein.“
 

„Und was willst‘ dagegen machen“,

sagte fies die Pflanze nun,

„ach da kann ich ja nur lachen,

du kannst mir doch gar nichts tun!“
 

Unser Keimling war erschrocken,

ja, wie sollte er sich wehren?

Wollt‘ mit Freundschaft sie nur locken,

um von seinem Platz zu zehren?
 

Die Traurigkeit stieg in ihm hoch,

nein, er konnt‘ das nicht versteh‘n,

sowas wie Freundschaft war da doch,

nein, er wollte das nicht seh‘n.
 

So vergingen wieder Tage,

wollte sie auch alles rauben,

war die Pflanze auch ne Plage,

wollt‘ er doch an Freundschaft glauben.
 

Unser Keimling er war ratlos,

ja Probleme gab’s zuhauf,

doch plötzlich vor ihm wuchtig, groß,

türmte sich die Erde auf.
 

Kreuz und quer die Brocken flogen,

Steinchen tanzten wild im Chor,

kleine Schaufelkrallen zogen,

und ein Maulwurf trat hervor.
 

Graue Haare an der Nase,

alt und ruppig war sein Fell,

s’schien als wär‘s ein ält‘rer Hase,

s’wär‘s ein älteres Modell.
 

Pflanz‘ und Keimling staunten beide,

über diesen fremden Gast,

warum hier bei ihrer Bleibe,

er nun machte seine Rast?
 

Und er grub an seinem Loch rum,

und er schnaubte dann und wann,

plötzlich drehte er sich doch um,

sah sich Pflanz‘ und Keimling an.
 

„Ach-du-je“, sprach Maulwurf schließlich.

„Auch hier ist das blöde Kraut,

langsam werde ich verdrießlich,

überall ist’s wo man schaut.“
 

Und er beugte sich zum Keimling:

„Nervt auch dich die Pflanze da,

überlass mir ruhig das Krautding,

ich mach ihr gleich aus den gar.“
 

„Kleiner könnte dich befreien,

könnt das Unkraut schnell zerlegen,

müsstest nur um Hilfe schreien,

musst mir nur den Auftrag geben.“
 

Kleiner Keimling war verwirrt nun.

Wie? Was sollte das jetzt sein?

Doch bevor er noch was konnt‘ tun,

mischte sich die Pflanze ein.
 

„Lieber Keimling lass mich stehen.“

Bat sie flehend, bat sie sacht.

„Ach, ich will noch nicht vergehen,

Antworte nur mit bedacht.“
 

„Was ich vorhin böses sagte,

tut mir längst unendlich Leid,

ach, dass ich es auch nur wagte,

Freundschaft bringt halt auch mal Streit.“
 

Unser Keim er war in Nöten,

konnt‘ er doch auf Freundschaft hoffen?

Und er könnt‘ sie auch nie töten,

das hätt ihn selbst schwer getroffen.
 

„Halt den Mund“, der Maulwurf schnaubte,

viel der Pflanze in ihr Wort.

„Du bist’s die hier Plätze raubte,

alle and’ren drängst du fort.“
 

„Doch du willst sie ja vernichten“,

mischte sich der Keimling ein.

„und sie einfach hinzurichten,

kann doch keine Lösung sein.“
 

Da musste der Maulwurf lachen,

wie dumm war der Keimling doch,

ging hier ein unter dem Drachen,

und verteidigte ihn noch.
 

„Nein, nein, tot ist sie noch lang nicht,

aber du bist’s bald im nu,

hat viel mehr Wurzeln als du Wicht,

wuchert auch die Erde zu!“
 

„Und aus ihrer Wurzelteile,

kann sie wieder neu entsteh’n,

pflanzt am Feld zu jede Meile,

dass sie Tod wird nie gescheh’n!“
 

„Kleiner, wie ich könnt‘ dir nutzen“,

tönt des Maulwurfs forscher Klang.

„Ist sie immer wieder stutzen,

dass sie nicht neu treiben kann.“
 

„Oberflächlich sie verjagen,

Wurzeln bleiben meist zurück,

will ich die auch mit aus graben,

dafür braucht sie gar kein Glück.“
 

„Hör nicht darauf“ sprach die Pflanze.

„Bitte, bitte lass mich steh’n,

das Gerede hier das Ganze,

kann man auch als Lüge seh’n.“
 

Maulwurf seufzte: „Dieser Ort hier,

ist für dich nur gutes Land,

Kleiner glaubst du diesem Untier,

fehlt dir wirklich der Verstand.“
 

Keimling hin und her gerissen,

ja die Pflanz‘ war oft gemein,

doch er wollt‘ sie auch nicht missen,

wollte doch ihr Freund noch sein.
 

Und er wusst’s in aller Klarheit,

dass sie niemals hielt ihr Wort,

ja er kannte gut die Wahrheit,

doch die Gedanken blies er fort.
 

„Ach ich mocht‘ noch nichts mehr leiden“,

sprach die Pflanz‘ ihm erneut drein.

„Als die Freundschaft von uns beiden,

sie hält ewig - oder Keim?“
 

Da verflogen die Gedanken,

ob es ihr nur um sich ging,

war er auch umhüllt von Ranken,

noch einmal er Hoffnung fing.
 

Freundschaft – Treue wollt‘ er sehen,

denn er hatte doch nur sie,

und sie jetzt zu hintergehen,

würd‘ verzeihen er sich nie.
 

Sie war Teil längst seines Lebens,

ja Gewohnheit sogar schon,

sich zu trennen. Nein! – Vergebens!

Aller Alltag wär davon.
 

Und so schien nur eines richtig,

was auch alles schon geschah,

nachzudenken – nicht mehr wichtig,

längst war seine Antwort klar.
 

„Muss das Angebot verneinen,

kann’s leider nicht akzeptier‘n,

denn sonst würd ich, will mir scheinen,

einen guten Freund verlier‘n.“
 

Maulwurf schnaubte: „Bist du dämlich,

alles willst du dir versau‘n,

könnt‘st viel Freunde haben nämlich,

müsstest dich nur etwas trau‘n!“
 

„Freunde die dich nicht betrügen,

an dir lieben jede Schicht,

lässt dich wissentlich belügen,

willst sehen die Wahrheit nicht!“
 

„Warum magst du sie hier lassen?

Kleiner reiß die endlich los,

bist so dumm, ich kann’s nicht fassen,

gehst hier ein und sie wird groß.“
 

„Soviel Freunde würden warten,

hier auf deinem kleinen Fleck,

doch du wirst es nie erraten,

allen nahm den Platz sie weg!“
 

„Alle wollten sie nach oben,

du warst halt als erster dran,

doch du hast – du kannst dich loben,

ihre Plätze grad vertan.“
 

„Darum will ich nochmal fragen,

ob diese Entscheidung steht,

ich könnt‘ sie für dich verjagen,

könnt‘ dir helfen dass sie geht!“
 

„Keimling …“ sprach die Pflanze: „Bitte.“

„Wir sind Freunde …“ klang ihr Wort,

und so wie es seine Sitte,

glaubte er ihr das sofort.
 

Maulwurf sollte endlich gehen,

unser Keim wollt‘ nichts mehr hören,

wollte nichts mehr and‘res sehen,

Maulwurf wollte doch nur stören.
 

Und der Maulwurf lies ein Grummen,

wusst‘ nicht was er hier noch sollt‘,

denn jetzt wurde er zum Dummen,

wo er doch nur helfen wollt‘.
 

„Kleiner Keim du wirst bald schauen“,

mahnte noch einmal sein Wort.

„Wirst noch seh‘n wem du kannst trauen,

aber da bin ich schon fort!“
 

Damit lies er es bewenden,

grub sich langsam wieder ein,

wenn der Keimling wollt‘ so enden,

sollte es ihm recht nur sein.
 

Und die Pflanz‘ die viel versprochen,

hielt an nichts was sie gesagt,

jedes Wort wurde gebrochen,

Keimling war schon ganz verzagt.
 

Als dann seine Kräfte schwanden,

wurde ihm schön langsam klar,

Freundschaft war nicht viel vorhanden,

denn sonst wär sie für ihn da.
 

Alles hat‘ sie nur gelogen,

und er viel ihr brav drauf rein,

hatte ihn stets nur betrogen,

und er wollt‘ nur seh‘n den Schein.
 

Wollt‘ ihr glauben die Versprechen,

wollte glauben was sie sagt,

dass sie würde alles brechen,

er zu denken nicht gewagt.
 

Nun an andre Freunde dacht‘ er,

wie gern‘ hätt‘ er sie getroffen,

jedoch auf Maulwurfs wiederkehr,

konnt‘ er leider nicht mehr hoffen.
 

So verstrichen leis‘ die Tage,

Pflanze wuchs schön und gesund,

während er an seiner Lage,

langsam ging schließlich zu Grund.
 

Plötzlich quälte ihn die Reue,

Schwermut plagte sein Gemüt,

ach was nützt‘ nun seine Treue,

er wär‘ auch so gern erblüht.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Catgirl-Love
2010-01-05T20:41:48+00:00 05.01.2010 21:41
Super Gedicht mit tollen Reimen! Auch so süß die Idee! Bravo! X3


Zurück