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Handbuch für Paranoide

von

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Marie

So mal wieder was für Große...

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In einer netten kleinen Stadt mit freundlichen, hellen Häusern, sauberen Straßen und großzügigen Plätzen, lässt es sich gut leben. Die Gärten sind gepflegt, die Hecken geschnitten, die Zäune gestrichen, alles so wie man es sich wünscht. Hier kann man die Kinder getrost spielen lassen, hier grüßen sich die Nachbarn noch und es macht auch nichts, wenn man mal vergisst die Autotüre abzusperren, wo doch nicht einmal die Haustüre abgeschlossen wird. Die Anderen würden sie dort nicht mehr finden. Solche und ähnliche Gedanken bewogen Marie dazu sich nach einer neuen Bleibe umzusehen.
 

Aufgewachsen war sie in einem winzigen Dorf mit einer Kirche, drei Wirtshäusern und vier Spitzbuben, wie man so schön sagt. Oft hatte sie das Gefühl, wenn sie nur an etwas dachte, wusste es gleich das ganze Dorf. Als sie alt genug war, um über sich selbst zu bestimmen, ging sie in eine Großstadt. Sie schenkte ihr Herz und ihren Körper dem ersten Mann, der ein wenig freundlich zu ihr war, weil sie die plötzliche Anonymität nicht ertragen konnte, obwohl sie sich genau diese doch gewünscht hatte. Die Beziehung hielt nicht sehr lange, hatte für Marie aber eine tief greifende Veränderung gebracht.
 

Sie war schwanger, als er sie verließ. Mit dem Kind verging ihre Einsamkeit. Kurz nach der Geburt sah sie die Anderen zu ersten Mal. Sie hatte gerade ihr Baby in die Hände der Hebamme zurückgegeben, als sie das Spiegelbild einer Lehrschwester in der großen Glastüre sah.
 

Marie dachte einem Trugbild aufgesessen zu sein, denn welchem Menschen wuchsen schon Hörner, oder wie sollte sie die Gebilde, die der Schwester schräg aus dem Hals wuchsen bezeichnen. Nein Hörner waren es nicht, eher Tentekelstumpen, die sich leicht bewegten. Marie schüttelte den Kopf über sich selbst. Was man sich so alles einbilden konnte…, aber ein kleiner Rest Unbehagen blieb in ihr. Sie achtete darauf, dass die junge Schwester, welche keine Hörner oder Tentakeln am Hals hatte, wie sie Tags darauf feststellen konnte, ihrem Kind nicht zu nahe kam.

Wieder zu Hause vergaß sie den Vorfall fast. Sie hatte so viel zu tun, dass sie nicht zum Nachdenken kam. Ein Jahr verging wie im Flug.
 

Dank des „Anstandes“ von Leons Erzeuger, er kaufte sich sozusagen monatlich frei, musste Marie in dieser Zeit nicht arbeiten gehen. Nach diesem Jahr reichte das Geld nicht mehr. Marie fand eine Stelle bei einer Schneiderin. Sie erledigte kleine Ausbesserungsarbeiten, die sie mit nach Hause nahm. Allerdings verschlechterte sich dabei ihre Sehkraft enorm. Sie brauchte jetzt um lesen oder nähen zu können eine Brille. Zur Entspannung ging sie mit Leon oft spazieren. Einmal nahm sie ein Buch mit in den Park. Leon hielt sein Mittagsschläfchen im Wagen und so machte sie es sich auf ihrer Lieblingsbank gemütlich und las. Plötzlich hatte sie so ein seltsames Gefühl.
 

Ein Gefühl wie eine greifbare Gefahr. Sie blickte auf, die Brille noch auf der Nase. Hinter sich vernahm sie einen Knall, doch hatte sie nicht den Mut sich umzudrehen, aber in der Spiegelung ihrer Brille sah sie wieder jemanden mit Auswüchsen am Hals. Sie starrte den jungen Mann an, der sich gerade zu einem kleinen Mädchen hinunter beugte, dessen Luftballon geplatzt war. Das Mädchen weinte, sie sah mit großen nassen Augen zu dem jungen Mann hinauf und er sah sie mit Augen, die nur aus Pupillen zu bestehen schienen, hypnotisch an. Die Auswüchse an seinem Hals begannen sich zu bewegen. Sie wippten auf und ab, bewegten sich auf das Kind zu.
 

Der Mann sprach mit dem Kind. Es schaute gebannt zu ihm hoch. Die Auswüchse waren jetzt fast einen halben Meter lang. Die Spitze öffnete sich und eine Art Saugnapf schoss auf den Hals der Kleinen zu. Links und rechts dockten sie an. Marie wollte Schreien, wollte es verhindern, aber sie war nicht in der Lage sich zu bewegen. Marie schien es als ob sich ein Schatten auf das Kind legte. Es wurde irgendwie dunkler, weniger lebendig. Der junge Mann hingegen bekam etwas mehr Farbe. Seine Wangen wurden sogar zart rose.
 

Marie schwitzte vor Anstrengung sich endlich bewegen zu können. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn, liefen zusammen und rollten den Nasenrücken hinab und ließen die Brille auf die Nasenspitze rutschen. Als sie die Spieglung nicht mehr sah, konnte sie sich endlich bewegen. Sie wand sich um. Marie sah die Beiden nun ohne Spiegelung. Ein Bild liebevoller Aufmerksamkeit. Keine Spur von irgendwelchen Auswüchsen. Nur ein junger Mann, der mit einem kleinen Mädchen sprach. Der Mann nahm das Mädchen an die Hand und ging mit ihr fort.
 

Marie blieb sitzen. Ihr ganzer Körper war schweißnass. Ihre Kleidung klebte an ihr. Sie nahm die Brille ab und schaute sie verwirrt an. Sie klappte die Bügel auf und zu, drehte sie in alle Richtungen und wartete darauf, dass ihr Herz wieder ruhiger schlug und nicht mehr im ganzen Körper zu spüren war. Leon meldete sich. Er hatte sein Nickerchen beendet und wollte nun spielen. Aber Marie hatte genug für diesen Tag. Sie musste erst einmal nachdenken. Schnell packte sie ihr Buch und die Brille in die Tasche und schob den Kinderwagen in Richtung Parkausgang. Leon beschwerte sich lautstark, aber Marie lief immer schneller. Sie wollte nur nach Hause.
 

Leon ließ Marie zu Hause keine Zeit zum Nachdenken. Weil er im Park nicht spielen konnte beanspruchte er nun ihre volle Aufmerksamkeit. Später, als er satt und zufrieden, in seinem Bettchen lag, fiel ihr die Sache vom Park wieder ein. Sie überlegte, wo sie so etwas ähnliches schon einmal gesehen hatte. Lange kramte sie in ihrem Gedächtnis, bis sie die Erinnerung an den kurzen Augenblick nach der Geburt wieder fand. Damals hatte sie auch nur die Spiegelung der Schwester gesehen, wie heute im Park die Spiegelung in der Brille.
 

Marie nahm sich vor, der Sache auf den Grund zu gehen. Sie schalt sich selbst eine Närrin einer Spiegelung zu glauben, versuchte alle möglichen Erklärungen zu finden wie Kratzer auf der Brille, irgend ein Haar auf der Pupille , überreizte Phantasie durch das Buch, überarbeitet, Halluzinationen durch Hunger oder zu wenig Schlaf und so weiter. Mit aller Macht versuchte sie sich selbst von der Unsinnigkeit ihrer Beobachtung zu überzeugen. Aber ein böses kleines Teufelchen in ihrem Hinterkopf ließ sich einfach nichts erzählen. Immer wieder, wenn sie im Halbschlaf war und die ersten Traumbilder erschienen, war da auch der junge Mann mit dem Kind da.
 

Sie musste der Sache auf den Grund gehen! Dringend!

Der Schlachtplan war ganz einfach. Sie musste ihre Umgebung als Spiegelbild sehen. Ständig mit einem Spiegel herumzulaufen war eindeutig zu auffällig und ob immer gerade eine Fensterscheibe da sein würde war mehr als fraglich. Micky Maus half ihr aus der Misere. Also nicht Micky persönlich, sondern ein Micky Maus Comicheft mit Detektiv-Zubehör. Da war auch eine Sonnenbrille dabei, mit der man mit einem Auge sehen konnte, was hinter einem passierte.
 

Ein Glas war verspiegelt. Von vorn gesehen, war es nur eine einfache Sonnenbrille. `Tja, meiner Leidenschaft für Micky Maus sei Dank` sagte sie sich. Schon ihre Mama war ein großer Fan der kleinen Maus, die jeden Schlamassel heil überstand. Die Umsetzung ihres Plans war allerdings nicht ganz so einfach. Das Laufen mit so einer Brille war viel schwerer als zunächst angenommen. Es war irritierend gleichzeitig zu sehen, was vor und hinter einem passierte. Marie half sich indem sie ein Auge zukniff und so eben wieder nur in eine Richtung sah. Sie übte zuerst nur in ihrer Wohnung um nicht aufzufallen.
 

Und dann kam der Tag, an dem sie endlich Gewissheit haben wollte, obwohl das ungute Gefühl nicht zu wissen was sie tun sollte, wenn es die anderen wirklich gab, sie nicht verlassen wollte. Marie packte Leon wieder in seinen Wagen und zog los, in Richtung Stadtpark. Sie hatte die Brille dabei, wollte sie aber erst im Park aufsetzen. Im Park wurden ihre Bedenken stärker. Was war, wenn nichts geschehen würde, war sie dann etwa krank? Aber noch schlimmer, was war wenn sie diese Dinger wieder sehen würde? Konnte sie Leon beschützen, konnte sie sich denn selbst schützen?
 

Noch während sie über diese verzwickte Situation nachdachte, war sie bei ihrer Lieblingsbank angekommen. Unsicher, ob sie das alles lieber doch vergessen sollten oder nicht, setzte sie sich. Leon hielt sei Mittagsschläfchen. Guter Junge, so hatte Marie Zeit weiter zu grübeln. Sie holte die Brille aus der Tasche und betrachtete sie von allen Seiten, als ob sie so besser zu einem Entschluss kommen konnte. `Großstadt` dachte sie `doch nicht so das richtige für mich und Leon.
 

In einer netten kleinen Stadt mit freundlichen, hellen Häusern, sauberen Straßen und großzügigen Plätzen lässt es sich gut leben. Die Gärten sind gepflegt, die Hecken geschnitten, die Zäune gestrichen, alles so wie man es sich wünscht. Hier kann man die Kinder getrost spielen lassen, hier grüßen sich die Nachbarn noch und es macht auch nichts, wenn man mal vergisst die Autotüre abzusperren, wo doch nicht einmal die Haustüre abgeschlossen wird. Die Fremden, wenn es sie gab, würden sie dort nicht mehr finden.
 

„Wunderbares Wetter heut, finden sie nicht auch?“ fragte eine Stimme direkt neben ihr. Maries Herz setzte einen Moment aus um dann mit dreifacher Geschwindigkeit wieder einzusetzen. Ihr Mund klappte auf. Die Augen weit aufgerissen und irgendwie gleichzeitig schwitzend und frierend saß sie wie erstarrt auf ihrem Platz. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. In ihrem Kopf summte und dröhnte es. In ihren Ohren schien ein großes Stück Watte zu stecken und ihre Beine waren weit entfernt davon sie jemals wieder tragen zu wollen.
 

„Ich wollte sie nicht erschrecken, ist ihnen nicht gut?“ redete die Stimme weiter. In diesem Augenblick löste sich der Krampf im Magen kribbelnd auf. Die Luft aus ihren Lungen entwich mit einem ziemlich lauten Schrei. Nun war das Erschrecken gewandert. Die Frau, die sich neben Marie gesetzt hatte, fuhr zusammen und sah ziemlich geschockt aus. Marie versuchte es mit einem zaghaften Lächeln und stammelte eine Entschuldigung. Sie fühlte sich wie ein kleines Kind, dass man bei etwas Unerlaubten erwischt hatte. Die Frau, sie war elegant gekleidet und nicht mehr so jung, wie man auf den ersten Blick vermutet hätte, fing sich nun auch wieder und lächelte zurück.
 

Entschlossen sich nicht mehr verrückt zu machen, packte Marie ihre Brille in ihre Tasche. Sie nahm sich vor, von jetzt an nicht mehr solchen Hirngespinsten nachzujagen, alles lockerer zu sehen und das ganze Vorhaben unter Blödsinn abzulegen.
 

Es wurde ein netter Nachmittag. Sie unterhielten sich über Gott und die Welt und die Welt, wie man so schön sagt, sahen Leon beim spielen zu und landeten letztendlich in einem Cafe. Marie bestellte sich, ein wenig euphorisch da sie nun keine Ängste plagten, ein Eis. Eigentlich konnte sie es sich nicht leisten, aber sie wollte sich ihre knappe Kasse nicht anmerken lassen. Außerdem, wenn sie den nächsten Tag fasten würde, hätte sie das Geld wieder rein und fasten reinigt Körper und Geist. Sie sah sich einwenig um.
 

Das Cafe musste erst vor kurzen renoviert worden sein. Es roch noch nach Farbe, irgendwie frisch und sauber. Der sonnenfarbene Anstrich, die Terracottafliesen und das verspielte, zierliche Mobiliar erweckten südliche Gefühle. Aus versteckten Lautsprechern tröpfelte eine lockende, dunkle, raue, italienisch singende Männerstimme direkt ins Ohr. An den Säulen mitten im Raum rankte sich grünes Geschling mit großen, allerdings künstlichen Blüten bis an die Decke. Marie genoss diesen Tag sehr.
 

Als es Zeit wurde wieder nach Hause zu gehen, tat sie sich schon fast selbst ein bisschen leid, dass sie nun wieder allein nur mit Leon bleiben würde. Ihr fehlte jemand, mit dem sie reden konnte und der ihr nicht nur mit Baby-Blabla antwortete. Die Frau schien in ihr lesen zu können, denn sie machte den Vorschlag sich wieder zu treffen, Marie war begeistert. Es blieb auch nicht bei nur einem weiteren Treffen. Im Laufe der Zeit wurde Susan, so hieß die nette Dame, wie eine Vertraute. Sie erzählten sich alles aus ihrem Leben, schmiedeten Pläne für die Zukunft, halfen sich gegenseitig aus der Isolation der Großstadt. Irgendwann einmal kam das Gespräch auf seltsame Begebenheiten. Susan sagte, sie glaube nicht an Geister und solchen Quatsch.
 

Es gebe immer eine logische Erklärung, man muss nur ordentlich und gründlich genug suchen. Marie setzte gerade an Susan von ihren Tentakelerlebnissen zu erzählen, aber Susan machte ein derartig entschlossenes Gesicht keine andere Meinung gelten zu lassen, dass es Marie lieber bleiben ließ. Sie war zwar nicht mit Susan einer Meinung, wollte aber keinen Streit und so reifte in Marie ein absurder Gedanke.
 

Sie dachte sich, wenn ich Susan die Anderen zeigen kann, kann sie mir vielleicht eine logische Erklärung geben. Vielleicht aber sah Susan die Anderen ja auch und sie konnten gemeinsam überlegen was zu tun sei. Denn in ihren Träumen geisterten die Tentakelmenschen immer noch herum. Tags über hatte Marie die Angelegenheit gut im Griff. Sie verdrängte die Gedanken dass es dem Vergessen fast gleichkam, aber gegen Träume kann man sich eben nicht wehren.
 

Marie schaute nun wieder öfter in Schaufenster, aber nicht weil sie der Inhalt der Auslage so brennend interessierte, sondern um Ausschau zu halten. Lange passierte nichts, bis sie eines Tages den jungen Mann mit dem kleinen Mädchen wieder sah. Natürlich war da gerade kein Fenster, keine Auslage, kein Spiegel in der Nähe. Nicht einmal eine Pfütze war sichtbar. So ein Pech aber auch. Von da an war Micky Maus wieder in Aktion.
 

Also besser gesagt die verspiegelte Brille. Marie bekam sogar heraus wo der junge Mann wohnte und das er ein Au-pair-Junge war und auf das Kind der Gastfamilie aufpasste. Sie kannte nach einiger Zeit die Gewohnheiten der Beiden und wusste zu welcher Zeit sie wo waren. Sie hatte deshalb sogar ihre Arbeit gekündigt und lebte wieder nur von der Unterstützung von Leons Vater und dem winzigen Zuschuss, den ihre Eltern ermöglichen konnten. Das war wenig genug, aber Leon mangelte es an nichts, nur Maries Sachen wurden immer weiter. Mit Susan unternahm er immer weniger. Susan war erst besorgt, dann rührend bemüht, fast schon aufdringlich und zum Schluss zog sie sich frustriert zurück. Marie nahm diesen Rückzug gar nicht richtig war.
 

Sie wollte Susan beweisen, dass man eben nicht alles erklären kann. Inzwischen war sie sich sicher, dass es die Anderen gab. Außerdem hatte sie das Verhalten des Tentakelträgers genau studiert. Diese Dinger wurden nur groß und dockten an, wenn das Kind weinte. Dem Kind schien dabei nichts zu passieren, außer das es ein wenig an Farbe verlor. Marie rief Susan an und verabredete sich mit ihr im Park. Etwas zögerlich hatte Susan zugestimmt, aber Marie sprach so eindringlich, fast panisch, so dass sie letztendlich zusagte.
 

Als Susan im Park auftauchte war Marie schon eine Weile dort. Sie wirkte hypernervös, fahrig und war nur noch ein Schatten ihrer selbst, völlig abgemagert und ausgezehrt. In ihren Augen lag ein fiebriger Glanz. Marie erzählte Susan eine völlig wirre Geschichte von Tentakeln und Farbe und Augen und Kindern und Umzug in eine nette kleine Stadt und Tränen. Susan konnte dem allen nicht folgen. Sie vergrößerte langsam den Abstand auf der Bank zwischen sich und Marie.
 

Marie konnte Susan nicht verstehen. Sie hatte ihr doch nun alles genau erklärt. Sie musste es ihr zeigen, damit sie begriff. Ja sie sollte es mit eigenen Augen sehen, dann endlich würde sie verstehen und dann kommt sie bestimmt mit in eine nette kleine Stadt, in der es sich gut leben lässt. Entschlossen packte Marie die Brille aus. Susan erhaschte noch einen kurzen Blick auf blickenden Stahl in Maries Tasche als Marie ihr auch schon eine Micky Maus Brille aufnötigte. Sie sollte damit hinter sich sehen und einen jungen Mann mit einem kleinen Mädchen beobachten. Verdutzt sah Susan Marie an und begriff überhaupt nichts mehr.
 

Allmählich wurde ihr die Sache ungeheuer. Marie wirkte so daneben, dass Susan es mit der Angst zu tun bekam. „Begreif doch endlich!“ schrie Marie Susan an, entriss ihr die Brille wieder und setzte sie sich selbst auf. Plötzlich wurde Marie aschfahl im Gesicht, während hektisch rote Flecken auf den Wangen und am Hals erschienen. Sie zitterte wie Espenlaub und der Schweiß rann in kleinen Bächen aus ihrem Haar. Sie sah innerhalb von fünf Sekunden wie aus dem Wasser gezogen. Marie hatte entdeckt, dass nun auch am Hals des Mädchens kleine Tentakelstumpen saßen. Der junge Mann hatte Maries Entsetzensschrei gehört und sie als die Frau erkannt, die ihm irgendwie ständig über den Weg lief.
 

Er kam auf sie zu um zu fragen ob er helfen könnte. Sie sah zumindest so aus, als könnte sie Hilfe gebrauchen. Marie wand den Kopf um der Gefahr richtig ins Auge blicken zu können. Dabei kam Susan in das verspiegelte Blickfeld – auch an Susans Hals ragten Stumpen hervor. Das war zuviel. Marie sprang schreiend auf. Sie zog ein langes scharfes Küchenmesser aus ihrer Tasche und stach auf die Feinde ein, die sie ausspioniert hatte, ihr Freundschaft vorgespielt hatten, sie in Sicherheit gewiegt hatten und sie jetzt aussaugen wollen und auch in so einen Zombie verwandeln wollten.
 

Sie musste das verhindern, sie würden sie nicht bekommen. Sie nicht und auch nicht Leon. Sie würde sich verstecken in einer netten kleinen Stadt, wo es keine Tentakelmenschen gäbe. Sie würde sie ausmerzen. Blutverschmiert schnappte sie sich den Kinderwagen und rannte aus den Park, das Messer immer noch fest umklammert und die alberne Micky Maus Brille auf der Nase. Sie rannte ohne nachzudenken mitten in die Stadt. Überall sah sie jetzt Tentakelmenschen. An einer Kreuzung musste sie halten, wollte sie nicht überfahren werden. Leon war durch die wilde Fahrt ordentlich durchgeschüttelt worden.
 

Er hatte sich den Kopf gestoßen und schrie nun seinen Schmerz in die Welt hinaus. Das weckte die Tentakeln an den Hälsen der Umstehenden. „Sei still!“ schrie Marie ihn verzweifelt an. Aber das bewirkte genau das Gegenteil und die Tentakeln kamen aus allen Richtungen auf ihn zu. Maries Panik wurde übermächtig. Sie stach auf alles ein was sie erreichen konnte, aber alle erwischte sie doch nicht. Ein Tentakel hatte Leon erreicht. Nein nicht das, lieber sollte Leon tot sein als ein Tentakelzombi zu werden.
 

Sie holte aus und gerade als sie zu stach bewegte sich Leon ein wenig zur Seite, so dass sie ihn nur streifte. Er blutete, aber er lebte. Tränen rannen nun auch über Maries Gesicht und sofort schossen die Tentakeln auf sie zu. `Ihr kriegt mich nicht! `dachte sie noch als sie sich auf die einzige Weise die ihr noch blieb in Sicherheit brachte.
 

Leon wuchs in ein sehr kleines Dorf bei seinen Großeltern auf. Er sammelte mit Leidenschaft Micky Maus Comics..



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Suzi82
2010-07-25T21:08:15+00:00 25.07.2010 23:08
oh man, dakriegt man ja panik wenn man das liest.
aber wirklich gut geschrieben, werde mir demnächst weiter teile durchlesen, muss aber denk ich mal dann in stimmung sein, nicht das ich dann auch noch anfange mit nem messer auf andere loszugehen.
du bringst die gefühle vond en menschen wiklich gut rüber, erst dachte ich bei dem mann und dem kind, das er ein vergewaltiger ist und sie das böse sieht.
aber dann das ende Boa, mehr kann man glaub ich dazu nicht sagen.

lg
Suzi
Von:  me-luna
2010-05-02T10:41:23+00:00 02.05.2010 12:41
Wow, wieder eine sehr intensive, packende Geschichte.
Doch diesmal gehts eher in Richtung Horrer oder gibt es diese Form der psychischen Erkrankung ebenfalls? Solche Monster in seinen Wahnvorstellunge zu sehen, muss doch wirklich die Hölle auf Erden sein, eine persönliche Hölle, aus der man nicht entfliehen kann und die niemand anders außer einem selbst wahrnimmt.

Ob in dieser Familie wohl eine Tendenz für Geisteskrankeiten vorliegt?
Die Frage ist außerdem, welche der Sichtweisen nun die "reale" ist.
Habe früher schon einige alte Horrobücher gelesen, in denen dieses Element des Verfogungswahns ebenfalls mit einspielt und sich dann alles immer wieder um die Frage dreht- ist das alles nur Einbildung oder gibt es diese übersinnlichen Feinde wirklich?
Auch wenn es hier wohl eher ersteres ist.
Jedenfalls klasse geschrieben, sehr stimmungsvoll und gelungen umsetzte Idee- traue niemandem, der Mickymaus-Hefte liest ^^.
Lg me-luna.
P.s. Noch eine formale Kleinigkeit: Mir sind noch zwei winzige, kleine Fehler im allerletzen letzten Satz aufgefallen, nichts weltbewegendes.

Von: Futuhiro
2010-05-01T13:02:30+00:00 01.05.2010 15:02
Öhm ... was soll ich sagen ... Boar? ... Ja, <boar> trifft es am besten. Die Geschichte ist verstörend, wirklich. Ich dachte eigentlich immer, mit Mord und Totschlag ganz gut klarzukommen. Aber wenn dann noch so ein Psycho-Faktor mit reinspielt, wird es doch ziemlich heftig. Ich saß nach dem Abspann erstmal paar Augenblicke einfach nur da und dachte ... Ja, was dachte ich? <Boar> eben.
Gut geschrieben. Stellenweise wird man richtig mit reingezogen in den ganzen Schlamassel, der da passiert.


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