Zum Inhalt der Seite

Memories

Eine Reise zu den Träumen
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eine Heimat und ein Traum

“All of my memories bring you near. In silent moments, imagine you being here.”

- Within Temptation


 

Es war schon lange dunkel. Der größere Zeiger an der Uhr, welche mit Fotos aus guten alten Zeiten bestückt war, hatte die "12" längst überschritten und wanderte unermüdlich auf die "1" zu.

Genauso unermüdlich im wahrsten Sinne des Wortes fühlte sie sich.

Sie war aufgewühlt vom Tag, da jener nach langer Zeit einmal voller schöner Ereignisse gewesen war. Sie war von einem Glücksgefühl erfüllt, welches sie dreist am Schlafen hinderte, denn sie hatte ihren Freundinnen und Gruppenkolleginnen an jenem Tag einen größeren Teil ihres Drehbuchs präsentiert und dieser war auf doch durchaus zufriedenstellende Begeisterung gestoßen, worauf sie zwar gehofft, was sie aber kaum vermutet hatte. Als wäre das nicht Grund genug, sich diese Wochenendnacht zwischen zwei Schulwochen um die Ohren schlagen zu müssen, tat der Mond, der mindestens ebenso fröhlich wie gnadenlos durch das große, unverdunkelte Zimmer in das entsprechend große Wohnzimmer strahlte, sein Übriges.

Zum schätzungsweise mindestens fünfzehnten Mal versuchte sie nun, sich in ihrem Schlafsack so leise umzuwälzen, wie es auf den alten Dielen eben möglich war. Die Chance, dem Licht dadurch zu entgehen, war aufgrund der weißen Wand gegenüber, die fleißig den ungebetenen Gast reflektierte, verschwindend gering. Jene, durch diese Aktion aus Versehen aus dem Schlafsack heraus zu geraten oder eine der ob des Platzmangels direkt an ihr liegenden Freundinnen aufzuwecken, konnte sich in ihrer Größe hingegen ausgezeichnet sehen lassen.

Sie versuchte es dennoch. Wie durch ein Wunder, stieß sie an keine der neben ihr liegenden großartig an, jedoch schälte sich ihr linkes Bein natürlich wirklich aus dem warmen Deckenersatz. Sofort begann die Kälte, die dank der Jahreszeit trotz der vielen Atemluftwegnehmer in diesem Raum reichlich frostig anmutete, an ihr empor zu kriechen, sodass sie sich mit beinah panischer Behutsamkeit ein wenig aufrichtete und die Stoffmasse wieder zurechtrückte. Als sie sich wieder hinlegte, klappte sie sich so weit zusammen, wie es eben ging, ohne jemandem noch mehr Platz als so schon zu nehmen, schnappte sich die Kante ihres Schlafsacks und zog sich jene so weit ins Gesicht, dass sie sich schließlich tatsächlich in einer fast angenehmen Dunkelheit befand.

Es war unglaublich unangenehm, in so einer Position zu liegen und zu wissen, aus jener nun für eine Weile nicht mehr raus zu können, aber die Gewissheit, nun erstmal von keinem Licht mehr belästigt zu werden, sorgte dafür, dass sie nun doch sehr schnell eine Müdigkeit ereilte, die ausreichte, um sie endlich ins Land der Träume zu befördern...
 

~*~
 

Eine gleißende Helligkeit zwang sie mit sanfter Gewalt, die Augen zu öffnen.

‘Ist denn schon wieder morgen...?’

Sie fühlte sich vollkommen gerädert, als hätte sie nicht mehr als drei Stunden geschlafen - was nicht sein konnte, da es einfach nicht so schnell hell wurde und die Zeit von ihrem Einschlafen bis jetzt mindestens sechs Stunden betragen musste.

Das straßenköterblonde Mädchen grummelte kurz unwillig, rieb sich über die Augen und blinzelte kurz in die -im Übrigen erstaunlich warme- Morgensonne, als sie die Hand wieder herunter nahm.

Stille.

Dann der Geistesblitz.

‘Ah!’, dachte sie. ‘Ich träume also immer noch! Coole Sache.’

Das Mädchen stand auf, putzte sich den staubigen Sand von der dunkelbeigen Hose und sah sich um. Das... war doch mal ein interessanter Traum! Als nächstes betrachtete sie sich selbst. Relativ hochschaftige, schwarze Schuhe mit Klettverschluss, deren Sohlen, wie sie spürte, tatsächlich sehr gut für diese Gegend geeignet waren. Dann die bereits erwähnte Hose, welche über den Schuhen aufgebauscht wirkte. Nicht jedermanns Sache, aber man konnte sich sicher daran gewöhnen. Das Oberteil, was sie -oder besser die Person, aus deren Sicht sie gerade träumte- trug, war schlicht und schwarz. Nun, es gab wirklich besser geeignete Farben für eine Gegend, die zum größten Teil eher einer Wüste glich als irgendetwas anderem... Sie schüttelte den unnützen Gedanken ab. ‘Hey, sogar die Brille und der Umhang sind da!’, stellte sie, nun regelrecht mit Freude, fest. Dann fiel ihr etwas ein. ‘Moment... Oh... Ohoh...’ Sie hob die behandschuhte rechte Hand -Handschuhe in der WÜSTE?!- und strich sich prüfend über den Kopf. Ihre Haarpracht fühlte sich dem ersten Eindruck nach an wie eh und je, aber Traumlogik war ja bekanntlich nur selten eine solche, weswegen sie ihrem bloßen Tastsinn nicht einfach trauen wollte.

Zum Glück kam ihr eine Idee. Sie nahm kurzerhand die Brille, welche bis dahin einfach nur um ihren Hals gehangen hatte, und benutzte eines der übergroßen Gläser als Spiegel. Es funktionierte, wenn auch nicht optimal, und die Feststellung, dass der Traum es offenbar gut mit ihr meinte, erfüllte sie mit einer Mischung aus Erleichterung und Zufriedenheit.

Jetzt, da das geklärt war, stand sie erst einmal eine Weile einfach nur in der Gegend herum und schaute sich um. Immerhin wusste sie schon in etwa, wo sie war, also machte sie sich kurzerhand auf den Weg in die Stadt. Neugierig ging sie die Straße -welche eigentlich nur ein übertrieben breiter Fußweg war- entlang und betrachtete die diversen Läden und Stände, die vor allem Nahrungsmittel und landestypischen Schmuck verkauften. Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, einmal einen der von der Prinzessin so geliebten Äpfel zu probieren und sich ein Souvenir zu besorgen, kam jedoch zu dem Schluss, dass sie a) ohnehin kein Geld hatte und b) die Zeit hier nicht mit solchen Lappalien verschwenden sollte. Ein Traum dauerte schließlich nicht ewig und würde erst recht nicht warten, bis sie ihre Einkäufe erledigt hatte.
 

Sie erreichte bald das Stadtzentrum... und stellte fest, dass sie sich erfolgreich verlaufen hatte.

Verdammt, dabei wollte sie sich doch einmal den Palast anschauen!

Ihr blieb wohl nichts anderes übrig, als sich durchzufragen, was sie auch tat. So kam sie endlich doch an ihrem Ziel an, obgleich sie das sichere Gefühl hatte, einen ordentlichen Umweg geschickt worden zu sein.
 

Das Schloss der Königsfamilie sah ja von außen schonmal recht beeindruckend aus. Aber wenn sie schon einmal hier war, wollte sie sich das Gebäude wenigstens auch von innen ansehen. Nun stellte sich also die Frage, wie sie hinein kommen sollte, denn immerhin war sie fremd in diesem Land und somit war die Chance, dass die Wachen sie durchlassen würden, reichlich gering.

In der Hoffnung, dadurch nicht noch mehr aufzufallen als sie es ohnehin schon tat, setzte sie sich schließlich einfach die Kapuze des Umhangs auf und marschierte entschlossen, aber auch ein wenig skeptisch gegenüber ihres eigenen Vorhabens auf den Eingang zu.

Der Plan gelang.

Die Wachen ließen sie passieren, ja, grüßten sie sogar mit einem freundlichen, wohlwollenden Lächeln.

In der großen Eingangshalle begegnete sie dem Priester des Schlosses, der, einige Schriftrollen auf den Armen tragend, gerade im Begriff war, in einen von dem Saal abzweigenden Raum zu verschwinden. Als der schlanke, recht junge Mann mit Brille sie sah, ging er freudig auf sie zu.

“Shaolan-kun! Schön, dass du mal wieder da bist!”

Sie schwieg.

Wenn sie jetzt antwortete, würde sie auffliegen.

Derjenige, der nun vor ihr stand, war zwar wahrscheinlich der letzte hier, der sie verraten würde, das wusste sie; aber wo er war, war der König erfahrungsgemäß oft nicht weit. Und SEINE Reaktion wollte sie sich lieber nicht ausmalen...

“Du willst sicher zu Prinzessin Sakura”, fuhr der andere indes unbekümmert fort. “Sie ist in ihrem Zimmer und wartet auf dich, weil du dich so lange nicht hast sehen lassen. Du kennst ja den Weg~”

Sie schwieg weiter, nickte und ging an ihm vorbei auf die Treppe am anderen Ende des riesigen Raumes zu, die nach oben führte.

‘Du kennst ja den Weg’... ... ... Sie hatte KEINE AHNUNG! Also immer der Nase nach...

Aber sie kam gar nicht erst dazu, die Treppe auch nur zu betreten, denn der Mann hielt sie mit Worten noch einmal auf.

“Shaolan-kun.”

Sie blieb stehen.

“Irgendetwas stimmt doch nicht mit dir, du bist so schweigsam.”

Er ging zu ihr und stellte sich neben sie.

“Ist irgendetwas passiert?”
 

Jetzt hatte sie die Wahl. Entweder hier an Ort und Stelle auffliegen, wegrennen und den Wachen in die Arme laufen oder aber alles auf eine Karte setzen und auf das Verständnis des Priesters hoffen.

Da sie nichts zu verlieren hatte - außer vielleicht ihren Kopf, wenn sie eine der ersten beiden Varianten wählte-, legte sie symbolisch den Zeigefinger an die Lippen, griff nach dem Arm des anderen und zog ihn mit sich. Vor einer der vielen Türen blieb sie stehen und machte eine fragende Geste.

Der andere nickte, die Geste verstehend, sie aber fragend anblickend, und sie öffnete die von ihm auf diesem Wege als “sicher” deklarierte Tür, um danach mit ihm die Räumlichkeiten zu betreten.

Eine weitere kurze Zeit des Schweigens legte sich über beide, bis der Priester erneut das Wort ergriff. Sie hatte indes die Kapuze noch immer nicht abgenommen. Sein Blick war nun von Ernsthaftigkeit erfüllt.

“Du bist nicht Shaolan, oder?”, fragte er nun direkt heraus.

Sie deutete ein Kopfschütteln an und nahm nach einem weiteren kurzen Zögern die Kapuze ab. “Ich wusste, dass Ihr mich durchschaut...”

Der andere maß sie nun mit forschendem Blick, allerdings lag nicht ein Funke Böswilligkeit in seinen Augen. Sie gehörte nicht hierher, das spürte er, und er war neugierig, woher sie kam und was sie hier wollte.

“Wer bist du?”

Sie sah ihn noch immer nicht an und überlegte, ob sie sich vielleicht ein Synonym aus dem Ärmel schütteln sollte, rein vorsorglich, ließ es dann aber lieber bleiben und erklärte sich der Realität entsprechend.

“Ich heiße Conny. Und ich...”, nun drehte sie sich doch zu ihm um, “...komme aus einer Welt...” Sie rang nach Worten. Das was jetzt kam, musste für den anderen total durchgeknallt klingen. Da sie sich aber nicht anders zu helfen wusste, blieb sie einfach bei den Fakten. “Ich komme aus einer Welt, in der es diese hier... und somit auch Euch... in Form von...” ‘Mangas’ konnte sie hier wohl kaum sagen. “...BÜCHERN gibt.”

Er sah sie -nun eindeutig interessiert- an. “Bücher? Was für eine Welt soll das sein?”

Sie schaute ihn an und zuckte mit den Schultern. Wie sollte sie so etwas bitte erklären?

Er seufzte und schrak dann ein bisschen in sich zusammen. “Oh! Ich habe ganz vergessen, mich vorzustellen. Bitte verzeih.” Er deutete eine Verbeugung an und holte sein Versäumnis nach. “Ich bin der Priester der königlichen Familie von Clow Country - Yukito. Freut mich, deine Bekanntschaft zu machen.” Er lächelte und hielt ihr die Hand hin. Erleichtert über sein offensichtliches Wohlwollen konnte sich nun auch Conny ein leichtes Lächeln abringen und erwiderte die verspätete Begrüßung dankbar. “Die Freude ist ganz meinerseits”, nickte sie und das langsam aufkommende Leuchten in ihren Augen zeugte von Ehrlichkeit. Sie war zwar ein skeptischer Mensch gegenüber Fremden, aber wenn sie merkte, dass man ihr nichts Böses wollte, taute sie stets sehr schnell auf und fasste Vertrauen. Wie immer hoffte sie auch jetzt, dass ihr das nicht, wie es schon mehrfach in ihrem Leben vorgekommen war, zum Verhängnis werden würde. Doch im Augenblick fühlte sie sich doch sehr sicher, da sie Yukito schließlich schon aus ihren geliebten Mangas kannte und ihn darin als eine sehr vertrauenswürdige Person erlebt hatte.

Doch ein Problem blieb.

Sie wollte eigentlich gern auch die Prinzessin kennen lernen, aber eine Begegnung mit deren großem Bruder Toya, welcher der amtierende König hier war, war etwas, was sie nach wie vor vermeiden sollte. Auch Yukito riet ihr -wenngleich vorerst- von weiteren Erkundungstouren ab; der König werde bestimmt nicht erfreut darüber sein, seinen ewigen Rivalen, der drauf und dran war, ihm seine Schwester einfach wegzunehmen, nun auch noch in Form eines augenscheinlich verkleideten Mädchens zu Gesicht zu bekommen...

Zum Glück wusste der Priester eine Lösung für Connys “Wie-komme-ich-jetzt-unbemerkt-wieder-hier-raus”-Problem: “Du kannst erst einmal in diesem Raum bleiben. Ich werde ein Siegel über ihn legen und Toya sagen, dass sich hierin ein magisches Experiment befindet, welches von niemandem gestört werden darf. Das sollte Schwierigkeiten erst einmal vermeiden.” Conny nickte. “Das klingt gut. Vielen Dank!” Auch Yukito nickte, diesmal als eine Geste des Abschieds. Als er gerade den Raum verlassen wollte, wandte er sich noch einmal auf dem Absatz um und gab ihr einen kleinen Zettel, dessen Konsistenz stark an Papyrus erinnerte und auf dem irgendetwas in der Sprache des Landes geschrieben stand. Auf ihren fragenden Blick erklärte er: “Wenn irgendetwas ist oder du etwas brauchst, halte diese Schrift an deine Stirn, schließe die Augen und rufe in Gedanken meinen Namen. Ich komme dann vorbei, so schnell es mir möglich ist.” Sie zeigte ihm, dass sie verstanden hatte und er verschwand.

‘Na toll’, dachte sie. ‘Jetzt bin ich im Palast, hab Yukito-san kennen gelernt... und sitze im Gegenzug in einem...’, sie korrigierte sich, ‘...in einer Bibliothek fest, in der ich mir mit Büchern in einer Sprache, die ich nicht kann, die Zeit meines Traumes vertreiben darf... Echt. Klasse.’

Resignierend ließ sie sich auf die Couch in einer Ecke des Raumes fallen und blieb kurz liegen. Sie stand jedoch gleich wieder auf und trat an das allgemein sehr große und vor allem verdammt hohe Fenster, welches den Raum mit Licht durchflutete. Der Anblick, der sich ihr bot, faszinierte sie. Zu ihrer Rechten befanden sich die letzten Ausläufer der Stadt, die schon in einiger Entfernung zum Schloss in pure Wüste übergingen und auf der anderen Seite... Entdeckte sie die Ruinen, die im Manga eine tragende Rolle spielten. Ihre Augen leuchteten vor Begeisterung und der Anblick fesselte sie für mehrere Minuten.
 

~*~
 

Zur gleichen Zeit, genauer gesagt seit Sonnenaufgang, machte ein Mädchen etwa gleichen Alters am anderen Ende der Stadt ganz und gar keine “traumhaften” Erfahrungen. Sie war am Morgen von einem wütenden Bauern geweckt worden, der sie mit seiner Mistgabel bedroht hatte, da sie sich erdreistet hatte, ihr Nickerchen ausgerechnet auf seinem Feld zu machen und so die Ernte platt zu liegen.

Und von ebendiesem Bauern wurde sie nun quer durch die Stadt gejagt.

Der Mann sah nach allem aus, nur nicht nach einem, mit dem man über die Sache reden könnte und seine “Waffe” machte diesen Eindruck definitiv nicht gerade besser.

Inzwischen war das Mädchen mit den dunklen, welligen Haaren regelrecht verzweifelt. Sie war zwar schlank, aber nicht besonders sportlich und dem Bauern bisher nur entkommen, weil sie immer wieder irgendwelche Nischen und Ecken gefunden hatte, in denen sie sich für ein paar Augenblicke verstecken konnte. Und sie hatte keine Ahnung, wie lange das Glück noch so mit ihr sein würde.

Aber moment... Mit “Glück” hatte das nun wirklich rein gar nichts zu tun! Im Gegenteil. Warum musste das ausgerechnet ihr passieren?! Was hatte sie denn nur verbrochen, dass sie das Schicksal so strafen musste?

Sie war in der Nacht ganz normal wie alle anderen auch eingeschlafen und dann in einem Traum aufgewacht, der absurder gar nicht hätte sein können - in einem Land, dass sie nicht kannte, auf dem Feld eines sich wie tollwütig benehmenden Bauern, und nun wurde sie permanent von diesem durch die Gegend gescheucht.

Dass sie außer Atem geriet, erklärte sie sich mit einem Einfluss von Außen, der diese unschönen Auswirkungen auf das Geschehen in ihrem Traum haben musste: Sicher hatte sie ein Haar von Pichu oder einem anderen Kater des Hauses eingeatmet und konnte nun zusehen, wie sie es wieder aus ihrer Luftröhre herausbekam. Das war auch so eine Sache... So gern sie diesen Ort mochte, aber diese elenden Katzenhaare würden ihr nochmal den letzten Nerv rauben! ...Was natürlich nicht hieß, dass sie gegen die Katzen an sich grundsätzlich etwas hatte. Die waren eben... da.

Aber wie auch immer...

Dass sie sich in einem Traum befand, hatte sie so lange geglaubt, bis sie eine unförmige, aber dafür umso härtere Frucht, die der Bauer nach ihr geworfen hatte, schmerzhaft am Kopf getroffen hatte und sie davon nicht aufgewacht war. Seitdem stand fest: Irgendetwas stimmte hier nicht.

Sie hatte das dringende Bedürfnis, über die (nicht vorhandene) Logik dieser Sache nachzudenken, musste sich aber damit abfinden, dies auf später zu verlegen und ihre Flucht erst einmal fortzusetzen.
 

Irgendwie gelang es ihr letztendlich doch, ihren Verfolger abzuschütteln. Völlig k.o. ließ sie sich an einer Hauswand hinabsinken, um durchzuatmen und ihre Gedanken zu sortieren. Jetzt konnte sie sich auch endlich ein -vielleicht wenigstens halbwegs realistisches- Bild von ihrer Situation machen...

Und jetzt merkte sie auch, wie warm ihr bei der Verfolgungsjagd eigentlich geworden war und frustriert erinnerte sie sich daran, wann sie das letzte Mal etwas getrunken hatte. Schwarze Kleidung, Hitze, Verfolgungsjagd und Wassermangel. Kein Wunder, dass sie so fertig war. ‘Das ist ja wirklich super gelaufen’, dachte sie nur. Während sie, sich selbst Luft zufächelnd, den Blick schweifen ließ -ohne in ihrem Zustand wirklich etwas wahrnehmen zu können-, ließ sie auch ihre Gedanken wandern. ‘Also... Ich bin eingeschlafen, wieder aufgewacht... und war plötzlich hier. Das ist total krank! Ich kenn diesen Ort nicht, glaube auch nicht, dass ich ihn kennen will und kann nichtmal was dagegen tun. Ein Traum kann es auch nicht sein, weil Träume keine körperlichen Schmerzen verursachen - und wenn doch, wacht man schließlich davon auf.’ Sie seufzte laut. ‘WAS SOLL DAS?’ Ihr innerer Unterton war nun eindeutig genervt. Dann kam ihr jedoch noch ein viel schlimmerer Gedanke. ‘Oh nein... Wenn das hier wirklich kein Traum ist -wie auch immer das gehen soll-, dann bin ich hier in einem fremden Land, mit einer fremden Sprache unter fremden Leuten ganz auf mich allein gestellt! Stimmt! Wo in aller Welt sind die anderen?! Die können sich doch nicht—‘

Just, als sie diesen Gedanken beenden und damit schon völlig verzweifeln wollte, ertönte wie auf Stichwort eine ihr bekannte Stimme.

“Jassi?!”

Die Angesprochene hob den Kopf und sah mit aufkommender, endloser Erleichterung in das vertraute Gesicht. “Sarah!” Sie sprang, etwas zu schnell, sodass ihr Kreislauf ihr für einen Moment den Dienst versagte und sie kurzerhand gegen die Freundin taumelte, auf und umarmte das Mädchen. Reichlich aufgelöst redete sie einfach weiter, ohne Sarah zu Wort kommen zu lassen. “Wo sind die anderen? Was ist mit Viki, Madlen und dem Rest?! ... Sie sind doch auch hier, oder?” Unsicherheit hatte sich bei der letzten Fragestellung in ihre Stimme geschlichen und auch so etwas wie Angst, da Sarahs Blick auf einmal verdächtig ernst wirkte. “...oder?”, fragte sie noch einmal, leiser.

Sarah legte Jassi beruhigend die Hände auf die Schultern und schüttelte den Kopf. “Ich fürchte, das sind sie nicht. Ich habe jedenfalls noch niemanden von uns gesehen.” Sie zuckte mit den Schultern und zwang sich zu einem aufheiternden Lächeln. “Aber mach dir keine Sorgen! Das hier ist ja nur ein Traum, also ist alles halb so-“ Die Dunkelhaarige unterbrach sie hektisch, um das Missverständnis so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen. Klar, dass das andere Mädchen diese Sache für einen Traum halten musste, so lange sie noch nirgends gestolpert oder gegengestoßen war. Aber wenn sie sie in dem Glauben ließ, würde das womöglich irgendwann böse Folgen haben. “Traum” bedeutete schließlich “keine direkte Gefahr” und konnte schnell zu Leichtsinnigkeiten führen.

“Ist es nicht.” Sarah sah sie verständnislos an. “Es ist kein Traum. Es kann kein Traum sein.”

Jassi wollte ihrer guten Freundin keine Angst machen, aber ihr die Situation nicht klar zu machen, wäre noch schlimmer gewesen. Also machte sie nun dieselbe beruhigende Geste, die Sarah zuvor bei ihr gemacht hatte und fuhr fort. “Ich wurde von so ‘nem wahnsinnigen Bauer verfolgt und der hat mit ‘ner komischen Frucht nach mir geworfen... Als die mich getroffen hat, hat es höllisch wehgetan - und wenn das ein Traum wäre, hieße das, dass ich trotzdem noch schlafe. Und das kann einfach nicht sein!”

Man konnte regelrecht sehen, wie es hinter Sarahs Stirn arbeitete. Wenn das hier kein Traum war, musste es eine andere Erklärung geben, dessen war sie sich sicher -oder zumindest redete sie sich das ein- und nach einer ebensolchen Erklärung suchte sie nun angestrengt.

“Sarah?”

Jassi sprach sie genau in dem Moment wieder an, in dem sie fündig wurde.

“Ich hab’s!”, platzte sie heraus, und das so plötzlich, dass das Mädchen, welches sie bis eben besorgt angeschaut hatte, nun erschrocken zurückprallte. Dann runzelte Jassi die Stirn und fragte in einer Mischung aus Unverständnis und Skepsis: “Du hast was?”

“Eine Erklärung für das hier.” Sie breitete unterstreichend die Arme aus. “So?”, war das einzige, was von ihrer Freundin zurückkam.

“Ja!”, erwiderte Sarah, nun sichtlich froh, eine Lösung für das Rätsel gefunden zu haben. Diese war zwar nicht unbedingt beruhigender, aber immerhin war die Ungewissheit endlich verflogen, was schon einen kleinen Grund zum Aufatmen darstellte.

Sie beeilte sich nun, Jassi zu erklären, was sie meinte.

“So etwas ähnliches ist uns, also FH, schonmal passiert. Damals... sind wir in Advent Children, also Final Fantasy, gelandet...”[1] “Dann geht das ECHT?”, fragte Jassi, deren Weltbild nun sichtlich zu bröckeln begann.

Sarah nickte.

“Ja. Aber... Wenn es so ist, wie letztes Mal, haben wir ein Problem...”

“Wieso? Was war denn letztes Mal?”

“Ein Großteil von uns... war in den Körpern der Charaktere gelandet... Und außerdem quer durch die gesamte Welt des Films verteilt. Wir haben uns nur wiedergefunden, weil wir uns -was da ja jetzt nicht SO schwierig war- einig waren, dass die Stadt Midgar wohl die wahrscheinlichste Anlaufstelle sein würde...”

Jassi verstand, was sie meinte. “Ach so. Das heißt, wahrscheinlich sind die Leute hier auch wieder kreuz und quer verteilt und wir müssen sie finden. Aber wir wissen weder wo wir sind noch in welcher Serie und natürlich am allerwenigsten, in welchen Charakteren die anderen gelandet sind. ...So was Blödes...” Enttäuscht senkte sie den Kopf.

“Naja.” Nun sah Sarah sie motivierend und aufheiternd an. “Immerhin haben wir jetzt einen... ‘Rechercheansatz’. Wir müssen erstmal rausfinden, WO wir uns befinden.”

Und schon war sie auf dem Weg.
 

Auch Jassi und Sarah erreichten nun die Marktstraße und letztere sprach sogleich eine freundlich aussehende Verkäuferin an. “Entschuldigung?” - “Ja?” - “Wir sind Reisende und... haben die Orientierung verloren. Können Sie uns sagen, wo wir gerade sind?”

Die Frau musterte die beiden seltsam gekleideten Gestalten von oben bis unten, nickte dann aber verstehend und mit einem Lächeln antwortete sie: “Ihr seid in Clow Country. Ihr müsst ja einen langen Weg hinter euch haben, wenn ihr hier angekommen seid.”

Das kann man wohl sagen...”, nuschelte Jassi leise, während Sarah nur nickte und sich höflich bedankte.
 

Die Mädchen gingen wieder an einen ruhigeren Ort, um sich ihre weitere Vorgehensweise zu überlegen.

“Clow Country also...”, dachte Sarah laut. “Irgendwo habe ich das doch schon mal gehört...” Jassi pflichtete ihr bei. “Ja, ich auch...”

Sie dachten einen Moment still nach, dann, plötzlich, erinnerten sich beide gleichzeitig und sprachen es auch zugleich aus. “TSUBASA!!!”

Und auf den freudigen Ton folgte eine ernüchternde Erkenntnis: “Wenn wir hier in ‘Tsubasa’ sind...” Sarah wollte kaum weitersprechen. Am liebsten hätte sie erst einmal resigniert. Doch Jassi führte ihren Gedanken zuende. “...dann gibt es unendlich viele Dimensionen, in die die anderen verstreut worden sein könnten? ...” Sie griff die Hand der Freundin. “Komm, lass uns erst einmal hier suchen und einfach hoffen, dass sich der Effekt nur auf diese eine Dimension beschränkt.”

Nun ging Jassi voraus - ohne eigentlich genau zu wissen, wo sie hin wollte.

Sie erinnerte sich jedoch, dass es in diesem Land einen Königspalast gab und beschloss, dass es wohl das Sinnvollste wäre, zuerst dort nachzusehen. Wenn sich der Rest der Gruppe schon so verteilt hatte, war bestimmt irgendjemand an diesem wichtigen Ort gelandet.

So, wie Conny es getan hatte, fragte auch sie nach dem Weg und sie und Sarah wurden im Gegensatz zu ihrer Freundin gleich auf den richtigen geschickt. So kamen sie relativ schnell -was allerdings auch einen halbstündigen Fußmarsch bedeutete- am Schloss an.
 

Sarah, die bemerkte, wie matt ihre Freundin inzwischen war (sie war gerade die ganze Zeit vorausgelaufen und hatte seit der Verfolgungsjagd noch immer nichts zu Trinken bekommen), bat diese, auf dem Vorplatz zu warten, während sie selbst die Treppen zum Tor emporstieg, um dort die Wachen anzusprechen.

Diese verwehrten ihr sogleich mit ihren zwei langen Speeren den Weg, woraufhin sie lächelnd und beschwichtigend den Kopf schüttelte.

“Ich habe nur eine Frage, keine Sorge”, begann sie und die Wachen wechselten skeptische Blicke.

“Was ist Dein Anliegen?”, fragte der eine Wächter nun mit tiefer Stimme.

“Ist hier am oder im Schloss eventuell ein Mädchen aufgetaucht, welches so ähnlich gekleidet ist wie ich und meine Freundin da unten?”

Erneut wechselten die Wächter Blicke und der andere antwortete Sarah. “Von einem solchen Mädchen ist uns nichts bekannt.”

Enttäuscht sanken Sarahs Schultern nach unten. “Ach so... Na gut, danke”, meinte sie nur und begann, die Treppe wieder hinab zu steigen.

Auf halber Höhe wurde jedoch plötzlich das Tor geöffnet und Yukito trat einen Schritt heraus.

“Mädchen!”

Sarah wandt sich um und sah ihn etwas erschrocken und fragend an. “Ehhh... Ja?”

Der Priester bedeutete den Wachen, beiseite zu treten. Diese gehorchten und er ging langsamen Schrittes auf die angesprochene zu. Diese kam ihm in hoffnungsvoller Erwartung ebenfalls ein Stück entgegen.

“Ich habe gehört, ihr...”, er sah von ihr hinunter zu Jassi und wieder zurück, “...sucht jemanden?”

Sarah nickte mit mühevoll unterdrückter Aufregung. Vor ihr stand der Priester des KÖNIGS, und mit hoher Wahrscheinlichkeit konnte und wollte er ihnen helfen.

“Wer ist es?”

“Wir... wissen leider nicht, welche von unseren Freundinnen sich hier befindet oder ob überhaupt... Aber wenn hier jemand ist, der zu uns gehört, dann ist sie in etwa so alt wie wir, höchstens geringfügig älter.”

“Ihr sucht also mehrere?” Yukito nickte verstehend. “Da kann ich euch leider nicht helfen, aber vielleicht ist tatsächlich eine eurer Freundinnen hier.”

In den Augen der Wachen blitzte es in diesem Moment alarmiert auf, aber der Priester machte schnell eine beschwichtigende Geste zu ihnen und wandt sich dann wieder dem Mädchen zu.

“Hat eine eurer Freundinnen dunkelblondes Haar und hört auf den Namen ‘Conny’?”

Sarahs Augen strahlten sofort auf, als er die Frage stellte. Sie nickte heftig. “Ja!” Sie wirbelte herum und rief Jassi schnell mit Geste und Stimme herauf.

“Wie geht es ihr?!”

Auch dabei konnte er das Mädchen beruhigen. “Es geht ihr gut. Ich musste sie nur... Sozusagen in ‘Quarantäne’ versetzen, damit der König sie nicht sieht. Sie hatte sich verkleidet und ins Schloss geschlichen...” Er kicherte etwas, wie um sie zu entschuldigen.

Nun kam auch Jassi oben an, sichtlich außer Puste. Yukito bemerkte schnell, dass mit ihr etwas nicht in Ordnung war. “Was ist mit dir?”

Jassi versuchte, ein beruhigendes Lächeln auf die Lippen und ein “Keine Sorge, es ist alles okay” über selbige zu kriegen, aber das misslang ihr ganz außerordentlich. Das Lächeln wirkte eher gequält und sie hatte Mühe, dass ihre Stimme beim Sprechen nicht versagte.

Yukito schüttelte den Kopf. “Das sieht aber ein bisschen anders aus.”

Er ging ein paar Stufen hinauf und machte eine einladende Geste zu den beiden Mädchen. “Kommt bitte mit.”

Die beiden sahen sich abstimmend an, nickten dann und folgten dem Priester in das Gebäude. Letzterer ging, stetig ebenso mystisch wie merkwürdig klingende Bannsprüche flüsternd, die sie wohl vor ungebetenem Entdecktwerden schützen sollten, voraus zu dem Raum, in dem Conny immernoch am Fenster stand und auf eine Nachricht von außen -vorzugsweise diejenige, dass sie hinaus konnte- wartete.
 

~*~
 

Die Tür wurde mit einem Klacken geöffnet und Conny wandte sich mit einem Ruck um. Als sie Yukito sah, war sie heilfroh, doch als nach diesem auch noch Sarah und Jassi eintraten, füllte sich ihr Herz mit einer unendlichen Erleichterung und mindestens ebenso großer Freude.

“SARAH! JASSI! Was macht IHR denn hier?!”, stieß sie glücklich und überrascht aus und stolperte hastig durch das eng eingerichtete Zimmer auf die beiden Freundinnen zu, um ihnen in die Arme zu fallen. Übermannt von ihren eigenen Gefühlen kamen ihr zwei, drei kleine Freudentränen und dann sah sie Yukito fragend an. “Was hat das zu bedeuten?” Ein glückliches Grinsen blieb auch bei der Frage auf ihrem Gesicht. Sie konnte es nicht fassen. Nun war der Traum doch gar nicht mehr so blöd... oder?

Jassi legte dem blonden Mädchen beruhigend die Hand auf den Kopf. “Ganz ruhig, wir sind ja auch froh, dich zu sehen”, lächelte sie. Sarah bestätigte das und knuddelte ihre Freundin, die sie schon aus frühen Kindertagen kannte, extra intensiv. “Und wie!”

Yukito mischte sich kurz ein.

“Ich hole euch etwas zu Trinken. Wartet bitte hier, ja?”

Und schon war er verschwunden.
 

Conny ließ sich nun, erschöpft von ihrem eigenen Freudentaumel, auf die Couch sinken. Sie schüttelte den Kopf, als glaubte sie selbst nicht, was gerade geschehen war. “Also echt... Und ich dachte, dieser Traum wäre total beknackt... Aber SO kann ich gut damit gut leben!” Bei dem letzten Satz strahlte sie die beiden Freundinnen an, in deren Blicken auf einmal etwas seltsam... Schweres lag.

“Nanu?”, fragte Conny verwirrt. “Was... Ist denn los? ... Hab ich was falsches gesagt?” Hoffentlich nicht.

Die beiden anderen schüttelten den Kopf. “Nein, hast du nicht... Es ist nur...”, begann Sarah, wurde aber von Jassi unterbrochen. “Es ist nur so, dass das hier mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit... kein Traum ist.”

Ein Hauch von ungläubigem Entsetzen entfaltete sich auf Connys Gesichtszügen.

“Wie jetzt... kein Traum?”

“Erinnerst du dich noch an damals? ‘DiZ is Halloween’?[1]”, fragte Sarah nun, leise und mit deutlicher Vorsicht. Man merkte, dass sie, ebenso wie Jassi vorhin, ihre Freundin nicht verschrecken wollte.

Conny nickte.

“Ja... Aber... Willst du damit sagen, dass... Dass wir...”

“Ja. So wie es aussieht, wurden wir erneut getrennt.”

Jassi schaltete sich wieder ins Gespräch ein: “Und damit haben wir jetzt ein richtig gutes Problem.” Die Ironie war nicht zu überhören und wurde auch von den beiden anderen erkannt.

“Stimmt... Wenn wir hier in Clow Country... sind.....” Erst jetzt, da sie die Worte aussprach, wurde ihr wirklich bewusst, was diese Situation eigentlich bedeutete. Sie sprang auf.

“Aber das heißt ja, dass Final Hearts jetzt kreuz und quer über alle Dimensionen verteilt wurde!”

Jassi gab ihr recht. “Wenn wir Pech haben, heißt es das, ja. Und so groß ist die Stadt hier nicht. Die Chancen stehen also... reichlich mies.”

Wie immer, wenn sie nachdenklich, verzweifelt oder in einer vergleichbaren Stimmung war, trat Conny auch jetzt noch einmal ans Fenster und Sarah und Jassi waren rücksichtsvoll genug, um ihr ein paar Minuten Ruhe zu schenken, damit sie das gerade Erfahrene Revue passieren lassen und ordnen konnte.

Wie die beiden, die nun noch immer an der Tür standen, überlegte nun auch sie, wie sie die anderen finden könnten.

Verdammt, ihr musste etwas einfallen. Schließlich war sie der TRC-Freak in der Gruppe und ganz nebenbei eine derjenigen, die die Serie, deren Tücken und ebenso deren Möglichkeiten am Besten kannte und einzuschätzen vermochten. Also hatte sie gefälligst auch eine Idee zu haben!!

Sie leerte ihre Gedanken so weit es ging und ließ den Blick über die Landschaft schweifen. Wenn ihrer Kreativität etwas auf die Sprünge helfen konnte, dann das.
 

Und es half tatsächlich.
 

Mit verheißungsvollem, aber ernstem Blick drehte sie sich zu ihren beiden Freundinnen um. “Ist dir...”, begann Jassi und Sarah beendete ihren Satz, “...etwas eingefallen?”

Conny deutete ein Nicken an.

“Ich glaube schon. Das... müsste eine Möglichkeit sein. ... Sie ist nicht ohne Risiko, aber ich fürchte, ein solches müssen wir eingehen.”
 

~*~
 

Als Yukito mit den drei Wassergläsern zurückkam, blieb er wie vom Donner gerührt stehen.

Die Mädchen waren nirgendwo zu sehen.
 

Stattdessen lag ein Zettel auf dem Tisch. Auf diesem waren Zeichnungen, die wohl eine Botschaft sein mussten und sich dadurch erklären ließen, dass die drei der hiesigen Schrift nicht fähig waren.

Entsetzt ließ der Priester den Zettel wieder sinken, als er ihn gedeutet hatte.

Das durfte doch nicht wahr sein! Diese dummen Kinder!!
 

Noch einmal fasste er die Bedeutung der Nachricht in Gedanken in Worte, bevor er sich eilig auf den Weg zu beschriebenem Ort machte.
 

“Sind zur Ruine gegangen. Warten dort auf Euch. Bitte kommt so schnell es geht nach.”
 

Yukitos Blick verdüsterte sich bei dem Gedanken an seine eigene Dummheit, als ihm einfiel, dass dieses Desaster seine Schuld war - schließlich hatte er vergessen, das Siegel nach der Ankunft der beiden anderen Mädchen zu erneuern.
 

Aber derartige Gedanken halfen jetzt auch nicht weiter. Also schüttelte er sie ab und begab sich so schnell wie möglich zu den Ruinen in der Wüste, die seit alters her eine magische Faszination auf jeden ausübte, der sie erblickte.
 

~*~
 

Die Mädchen waren indes bereits angekommen.

“Das sah viel weiter aus, oder?”, fragte Sarah die anderen erstaunt. Tatsächlich waren sie gerade einmal eine knappe Viertelstunde unterwegs gewesen. Von weitem hatte der Weg mindestens doppelt so lang ausgesehen.

Conny nickte, wobei ihr Blick allerdings zeigte, dass ihr Interesse an dem Ort an sich im Augenblick weit größer war als dasjenige, welches sie für die Feststellung ihrer Freundin empfand.

Jassi hatte sich zwar auf Sarahs Worte konzentriert, aber davon wurde ihre Stimmung nicht besser. “Weit genug war es trotzdem”, beschwerte sie sich, denn ihre Füße hatten schließlich schon seit dem Morgengrauen mehr als genug Arbeit geleistet und verlangten mehr und mehr nach einer Pause; zumal der zusätzliche Marsch an ihrem ausgetrockneten Zustand bestimmt nichts Gutes geändert hatte.

“Das stimmt allerdings”, gab ihr Sarah nun recht. Dann wandte sie sich an das Mädchen, das aus irgendeinem Grunde die Kleidung des Freundes der Prinzessin, Shaolan-kun, verpasst bekommen hatte. “Wie geht es jetzt weiter? Ich meine, du hattest doch irgendeine Idee, wie uns dieser Ort helfen könnte, oder?” Keine Reaktion. “Conny?”

Die angesprochene musterte noch immer völlig hin und weg die riesigen steinernen Gebilde. Wie hatten die Menschen vor so langer Zeit nur etwas so... symmetrisches bauen können? Die Ruinen -oder jene Teile dieser, die über dem Erdboden sichtbar lagen- sahen aus, wie riesige Flügel. Und ihre Form war so sanft geschwungen und so unnatürlich, übermenschlich filigran, dass man allein davon schon auf die Magie, die sie enthielten, schließen konnte, wenn man nur einmal genauer darüber nachdachte...

“CONNY!” Das war Jassi gewesen.”Hörst du nicht?” Sie packte das blonde Mädchen an den Schulten und drehte sie mit sanfter, aber bestimmter Gewalt zu sich. Und mit dem Blickkontakt riss das unsichtbare Band, welches Conny an die Ruinen gefesselt hatte.

Jene erschrak aus ihrer Trance und sah verwirrt in die Augen Jassis.

“W-W-Was? Was ist?”

“Sarah hat dir eine Frage gestellt.”

“Echt? Oh... Ah... Sorry, ich war wohl in Gedanken”, entschuldigte sich Conny nun schnell und wandt sich an Sarah. “Ja?”

“Ich hab gefragt, was wir als nächstes machen. Du hattest eine Idee?”

Conny nickte. “Ja, hatte ich. Aber erstmal müssen wir auf Yukito-san warten. Das Betreten der Ruinen is’ eigentlich nur den Mitgliedern der königlichen Familie und dem Priester erlaubt. Deswegen muss Yukito-san uns helfen.”

“Ach so...”

Jassi sah sie ein wenig entgeistert an. “Eh... Das heißt, wir sind jetzt hier her gehetzt, um zu WARTEN?”

Conny lächelte entschuldigend. “Das stimmt... Aber im Schloss wäre die Chance, dass er uns in die Ruinen lässt, noch geringer gewesen, als sie so schon ist. Schließlich ist dort auch noch Toya, also der König, in der Nähe. Und wenn Yukito-san mit uns zusammen das Schloss hätte verlassen müssen... Dieses Risiko wäre er wohl kaum eingegangen.” “Ach so, ich verstehe”, meinte Jassi und suchte sich darauf einfach eine Stelle, an der sie sich setzen und ihre schmerzenden Füße ausruhen konnte. Sie ließ sich auf einem Stein nieder, von dem aus sie einen guten Überblick hatte und sogar den Palast sehen konnte.

Während das dunkelhaarige Mädchen da saß und nach dem Priester Ausschau hielt, widmeten sich Conny und Sarah gemeinschaftlich den riesigen “alten Steinen”, erstere begeistert von allem Magischen und zweitere begeistert von alten, mystischen Kulturen und deren Hinterlassenschaften.
 

Die Zeit verging und nach einer für Jassi ewig, für die beiden anderen viel zu kurz wirkenden Weile erreichte Yukito-san die Mädchen endlich.

“Ihr seid tatsächlich hier~”, stellte er mit einer Mischung aus Erleichterung, Verärgerung und auch ein wenig Sorge fest.

“Was habt ihr euch dabei gedacht? Dieser Ort ist gefährlich für Fremde!” Ganz im Gegensatz zu dem vorwurfsvollen Ton, den er bei diesen Worten an den Tag legte, meinte er das, was er sagte, vielmehr mit einer ehrlich empfundenen Sorge um das Wohlbefinden der drei. Diese entschuldigten sich sogleich und Conny erklärte ihm die Problematik, die sich ihr und den anderen beiden Mädchen stellte und wegen der sie dies alles überhaupt erst auf sich nehmen wollten.

“Ich ahne, was du meinst...”, meinte Yukito und seine Stimme klang dabei deutlich nach einem “Ich fürchte, ich WEIß, worauf du hinaus willst”. Ja, er konnte es sich verdammt gut denken, und er hielt es ganz offensichtlich auch für keine besonders gute Idee.

“Würde mich auch wundern, wenn nicht”, erwiderte Conny.”Wir brauchen deine magische Hilfe. Da unsere Freunde offenbar in die Dimensionen verteilt wurden, bleibt uns gar nichts anderes übrig, als die Hexe der Dimensionen, Yûko-sama, zu kontaktieren oder besser gleich zu besuchen. Und jetzt kommst du ins Spiel.”

Nun mischte sich Jassi ein, die Conny bei deren Worten mit einem Blick maß, der so skeptisch wirkte, dass man denken konnte, sie zweifle an der Intelligenz ihrer Freundin.

“Conny... Du weißt schon, was es bedeutet, wenn wir diese Hexe um Hilfe bitten, oder?” Der Gedanke, mit Yûko verhandeln zu sollen, gefiel ihr ganz und gar nicht. Die Frau bekam schließlich den Hals nicht voll! Nicht auszudenken, was sie von ihnen fordern würde!

Conny blickte Jassi ernst an. “Sicher weiß ich das. ...Aber hast du eine bessere Idee?” Die Frage kam mit einer Schärfe über die Lippen der Blonden, die sie gar nicht hatte hineinlegen wollen, aber das ließ sich jetzt nicht mehr ändern und sie hoffte einfach, dass Jassi wusste, dass sie ihre Reaktion nicht böse meinte. Jassi senkte den Kopf und deutete ein Kopfschütteln an. “Nein... Aber...” Sarah legte ihrer Freundin beschwichtigend und aufmunternd einen Arm um die Schultern. “Lass sie doch einfach erstmal machen. Wenn wir bei Yûko sind, können wir es uns doch immernoch anders überlegen. Okay?” Jetzt nickte das andere Mädchen, aber ihre Skepsis blieb dennoch. Das ganze Geschehen war komplett unrealistisch, ihr Weltbild schon angeknackst genug, und jetzt sollten sie auch noch mit Hilfe von handfester Magie die Dimensionen durchreisen? Darauf konnte sie einfach verzichten. Aber auf der anderen Seite wusste sie auch, dass sie keine Wahl hatten, wenn sie ihre Freunde wiederfinden wollten. Und das wollte auch sie von ganzem Herzen.
 

Derweil war das Gespräch von Conny und Yukito weiter gelaufen.

Yukito nickte verstehend auf Connys letzte Bemerkung.

“Da hast du recht. Ohne meine Hilfe könnt ihr nicht zur Dimensionshexe gelangen. Außerdem geht das nur aus dem Inneren der Ruinen heraus. Aber eigentlich kann ich euch nicht helfen, weil ich es nicht darf. Der König wird mich verbannen, wenn er erfährt, dass ich drei vollkommen Fremde an diesen heiligen Ort gelassen habe... Ich verstehe eure Situation, aber versteht ihr bitte auch mich...” Er sah die Mädchen nun eindeutig traurig an und bemerkte natürlich sofort, wie für sie und vor allem für Conny eine Welt zusammenbrach. Schließlich waren seine Worte eigentlich gleichbedeutend mit einem richtigen “Nein” gewesen.

Conny wollte sich schon wieder in ihre “Alles, was ich anpacke, geht schief”-Phase verabschieden, aber da geriet auf einmal ein mitfühlendes Lächeln auf die Züge des Priesters. Er stieß ein leises, resignierendes Seufzen aus und sagte: “Na schön... Ich werde euch helfen... Wenn ihr einen so anschaut, kann man ja kaum anders. Aber wir müssen uns beeilen. Es wird nicht lange dauern, bis Toya sich wundert, wo ich bleibe und wenn er erst auf die Idee kommt, HIER nachzusehen, haben wir ein echtes Problem.” Conny nickte nun begeistert, auch Sarah schien erleichtert, nur Jassi hatte immernoch ihre Zweifel. Yukitos Worte hatten dies auch nicht gerade besser gemacht. “Wir wollen Euch nicht in Schwierigkeiten bringen”, sagte sie ehrlich zu ihm. “Vielleicht wäre es wirklich besser, wenn wir–“ Sie wurde unterbrochen, indem Yukito ihr beruhigend eine Hand auf den Kopf legte. “Keine Sorge. Das geht schon in Ordnung. Aber jetzt sollten wir wirklich los.”
 

~*~
 

Kurz darauf befanden sie sich in dem riesigen unterirdischen Ritualsaal.

Vollkommen fasziniert sahen die Mädchen aus der fremden Dimension sich um, bis sie von Yukito aus ihren Gedanken gerissen wurden. Dieser stand am äußeren Rand des riesigen Kreises, der schon vor einer Ewigkeit in den Boden gemeißelt worden war und bedeutete ihnen, dass sie sich in die Mitte des Raumes begeben sollten.

“Ich habe gesagt, wenn ich euch helfen soll, müssen wir uns beeilen. Also tut jetzt bitte, was ich euch sage.”

Die drei Freundinnen beeilten sich, zu gehorchen, da sie einsahen, dass sie schon wieder wertvolle Zeit vergeudet hatten, und platzierten sich voll gespannter Erwartung an dem vom Priester gezeigten Platz. ‘Gleich geht’s los’, dachte Sarah, die schon ganz aufgeregt war. ‘Wenn das mal gut geht...’, waren Jassis Gedanken. Und Conny... Ja... SIE hatte gerade noch ein etwas anderes Problem. Sie zupfte die ganze Zeit an den Klamotten herum, die sie unfreiwillig tragen musste. Diese sahen zwar cool aus, waren aber auf Dauer, das merkte sie inzwischen ganz enorm, extrem unbequem.

“Yukito-saaaa~n?”, fragte sie den Priester noch einmal auf die Schnelle und klang dabei schon vorm Stellen der eigentlichen Frage sehr, sehr kleinlaut.

“Was gibt es denn noch?” Yukito merkte man an, dass er inzwischen wirklich ein wenig nervös wurde.

“Das kommt jetzt total blöd, aber.. Gibt es... gibt es eine Möglichkeit, mir...” Jassi maulte sie an. “Jetzt komm auf den Punkt, wir haben es doch eilig!” Conny zuckte, erschrocken über die Reaktion der sonst so ruhigen Freundin, zusammen. “Na gut... Also, gibt es eine Möglichkeit, mir Kleidung zu verpassen, wie ich sie sonst auch trage oder zumindest so ähnlich?!”

Die Frage war ihr so peinlich, dass sie am liebsten im Boden versunken wäre. Aber die Kleidung von Shaolan ging in der Realität einfach mal GAR NICHT.

Yukito stutzte. “Es ist eigentlich unnötig, aber wenn es dir SO wichtig ist...” Er lächelte gequält. “Du hast doch noch das Bannpapier, oder? Halte es vor deine Augen, schließe selbige und denke dir die Kleidung, die du tragen möchtest.”

Gesagt getan, und einen Zauberspruch später stand Conny in ihrer gewöhnten Montur da. Jeans, Bandshirt, Turnschuhe.

“Viel besser!”, freute sie sich und meinte dann grinsend zu den anderen Anwesenden: “Okay, jetzt kann’s losgehen!” Die Blicke von Jassi und Sarah hatten fast etwas grotesk Mitleidiges an sich, aber sie nickten nur und Yukito begann, nachdem er ihnen die Anweisung gab, sich an den Händen zu halten und bloß nicht loszulassen, mit dem magischen Ritual.

Er hielt seinen Stab vor sich, schloss die Augen und sprach eine längere Zauberformel. Als er damit fertig war, öffnete er die Augen wieder und hob den Stab weit in die Höhe, schräg gen Mitte der Kuppel, die das Dach des Raumes bildete.
 

Die Mädchen trauten ihren Augen kaum.

Ein tiefes Grollen begann, den Saal zu erfüllen, der Boden bebte leicht, dann immer stärker. In dem Kreis auf dem Boden bildete sich ein Muster, das so schön und gleichzeitig so falsch aussah, dass man glauben konnte, als Mensch dieses Bild zu erblicken sei ein Verbrechen, das nicht wieder gutzumachen sei. Es war von solch durchdringender Magie, dass -und das begriffen die Mädchen alle zugleich- sein bloßer Anblick jedem normalen, nicht magischen Wesen eigentlich für immer verborgen bleiben sollte.
 

Sie hatten verstanden. Verstanden, weshalb dieser Ort als heilig galt und dennoch jedem außer der Königsfamilie untersagt wurde, ihn zu betreten. Weshalb er als gefährlich galt. Und dass sie seinen Anblick für immer in ihren Herzen verschließen mussten.
 

All dies geschah innerhalb von Sekunden.

Die Mädchen schafften es gerade noch, Yukito zu danken, dann wurden sie von einem um sie wirbelnden Nebel eingeschlossen und buchstäblich von diesem verschlungen.

Der Priester ließ den Stab sinken.

Es war vollbracht.

Die Nebelschwaden lösten sich in Nichts auf und hinterließen Leere und Erleichterung. Die drei fremden Mädchen waren verschwunden.

“Viel Glück Euch Fremden. Möge eure Reise erfolgreich sein. Und du, Yûko-sama... Sei bitte nicht zu streng mit ihnen.”
 

~*~
 

Sekunden später löste sich der Nebel um Jassi, Sarah und Conny und sie öffneten die Augen. Die Reise hatte tatsächlich nur ein Zwinken lang gedauert.

Noch völlig benebelt im wahrsten Sinne des Wortes ließen sie sich los und sahen sich um.

“Sind wir hier... richtig...?”

Mit dieser Frage war Sarah die erste, die wieder zu Worten fand.

Jassi erwiderte: “Ich bin mir nicht sicher...”

Und Conny war es, die den Ort sicher erkannte. “Doch. Wir sind an unserem ersten Ziel angekommen.” Sie klang nicht, als ob sie das, was sie gerade sagte, selbst glaubte. Aber es WAR Wirklichkeit. In diesem Moment waren sie in Tokyo, vor dem Tempel der Hexe der Dimensionen, angekommen.
 

Und ebendiese trat in jenem Moment heraus, den Mädchen gegenüber.

Sie begrüßte sie mit ihrem Lächeln, welches ebenso freundlich wie unnahbar kühl wirkte, wie die drei es schon aus den Mangas kannten. Alle drei hatten mit einem Mal das Gefühl, vor Ehrfurcht einen Kloß im Hals zu haben und schluckten jenen nur mit etwas Mühe herunter.
 

“Ich habe euch bereits erwartet.” Sie nahm einen gemächlichen Zug aus ihrer Zigarette und stieß ebenso gemächlich die graublauen, wirbelnden Reste dieser Dosis durch die schmalen Lippen aus.

Die Mädchen verneigten sich - wahrscheinlich in einer typisch europäischen, vollkommen verkehrten Art und Weise. Für einen Moment blitzte ein amüsiertes Funkeln in den Augen der Hexe auf, was diese Vermutung nur noch bestätigte.

Sarah grüßte ihr Gegenüber und die beiden anderen waren innerlich froh, dass sie ihnen diesen Schritt abnahm.

“Es ist uns eine Ehre, Sie kennen zu lernen.”

“Die Ehre liegt auf meiner Seite. Nun, ihr habt ein Anliegen, wie mir bekannt ist.”

“Ja, genau”, erwiderte Jassi.

Die Hexe nahm sich alle Zeit der Welt, die drei erst einmal zu mustern. Ihr Blick war forschend, aber auf eine tiefgründige Art und die Mädchen vermuteten, dass sie weit mehr als nur ihr Äußeres damit untersuchte.

Dann fuhr sie fort.

“Was...”, ein weiterer Zug, gefolgt von einer weiteren, regelrecht geschmeidig wirkenden Rauchschwade, “...kann ich also für euch tun?” Sie schnippte mit den Fingern und während sie aufmerksam den Schilderungen der Freundinnen lauschte, brachte eine Dienerin ein großes Glas Wasser für jede. Offenbar hatte Yûko auch diese Notwendigkeit erkannt, ohne, dass man etwas hätte sagen müssen.
 

Man musste man es wahrscheinlich gewöhnt sein, mit ihr zu sprechen, denn sie verzog die ganze Zeit über keine Miene und lächelte weiter ihr kühles, nettes Lächeln, was für die drei anderen schon beinah etwas Anstrengendes hatte.

Als letztere fertig waren, nickte die Hexe der Dimensionen.

“Gut. Nun wollt ihr also einen Handel mit mir eingehen. Da ihr bereits von mir gehört zu haben scheint, ist euch sicher auch klar, was das mitunter bedeutet, nicht wahr?” Die drei nickten und ihre Blicke zeugten von Nervosität und Gespanntheit auf das, was gleich geschehen würde. “So dann. Nennt mir noch einmal eure konkreten Wünsche.”

Die drei sahen sich an und äußerten daraufhin mit festen Stimmen und entschlossenen Blicken ihre Anliegen.
 

“Wir möchten unbedingt unsere Freunde wiederfinden und mit ihnen in unsere Welt zurückkehren”, begann Jassi. Man hörte ihr an, wie unendlich wichtig ihr dieser Wunsch war.
 

“Wir müssen wissen, in welchen Dimensionen sie sich befinden”, fuhr Sarah mit dem Wunsch fort, den sie sich überlegt hatte.
 

Conny beendete die Reihe.

“Wir brauchen die Fähigkeit, die Dimensionen zu wechseln.”
 

Yûko nickte und stellte die Frage, mit der alle schon gerechnet hatten und deren Beantwortung die endgültige Entscheidung brachte.

Wenn der Pakt mit der Hexe der Dimensionen einmal geschlossen war, gab es kein Zurück mehr.

Was bietet ihr mir als Tribut? Da ihr alle sehr große Wünsche habt, ist es klar, dass der Preis, den ihr zahlt, einen entsprechend hohen Wert haben muss. Und weil es sich um eure derzeit größten, innigsten Wünsche handelt, müsst ihr mir das Wertvollste geben, was ihr besitzt.”
 

Da Jassi zuerst ihren Wunsch geäußert hatte, blickten Sarah und Conny sie nun gespannt an.
 

Ich biete meine Hoffnung als Tribut.”

Yûko nickte.

“Ihr werdet eure Freunde wiedersehen und gemeinsam nach Hause kommen. Wenn dies vollbracht ist, fordere ich deinen Tribut ein. Denn ‘Hoffnung’ benötigt ihr noch während der Reise - sie wird euch den Weg entlang führen und euch sanft hindern, stehen zu bleiben.”

Damit wandte sie den Blick zu Sarah.
 

Ich opfere meine Gesundheit.”

Wieder nickte die zugleich mächtige und machtlose Hexe.

“Gut. Auch dein Tribut wird erst im Anschluss eingefordert.

Sarah nickte, wobei nun doch für wenige Sekunden kleine Zweifel in ihren Blick gerieten, die sie jedoch tapfer niederkämpfte, bevor die anderen sie bemerken konnten.
 

Als dritte und letzte war Conny an der Reihe.

Ich gebe mein Glück zum Wohle der anderen...”

Ein letztes Mal nickte die Frau.

Damit war es entschieden.

“Ihr werdet nicht Mokona-chan mit auf die Reise bekommen - sie ist für andere Kinder bestimmt. Aber ich gebe euch etwas anderes, was euch nicht nur die Fähigkeit des Dimensionswechsels, sondern zugleich das Aufspüren eurer Freunde möglich macht. Vertraut in die Macht dieses Gegenstandes und euer erster Wunsch wird sich erfüllen.”

Sie schlippte einmal mit den Fingern und eine Dienerin brachte ein auf ein samtenes Kissen gebettetes und unter einem Tuch verstecktes... Ding.

“Dies hier wird euch den Weg weisen.”

Sie nahm das Tuch herunter und die drei Mädchen erstarrten. Die Sache war so schon verrückt genug, aber DAS war schlichtweg unmöglich!!!

Die Mimik der Freundinnen musste Bände sprechen, denn Yûko zog in einem leichten Anflug von Erstaunen die Augenbrauen etwas hoch. “Nanu? Kennt ihr es?”

“Das wäre... eine lange... Geschichte...”, stammelte Conny. Sarah lächelte Yûko unbeholfen an und meinte: “ZU lang...”

Jassi rettete die Situation, indem sie die Hexe fragte: “Wie bedient man dieses Ding? Wie kann es uns leiten?”

“Jede von euch legt ihre Hand darauf und ihr müsst in diesem Moment eine gemeinsame Erinnerung finden. Denkt an ein gemeinsames, vergangenes Erlebnis, etwas, das euch verbindet, und die Erinnerung wird die Kraft verleihen, von einer Dimension in die nächste zu gelangen. Und denkt daran: Es wird euch jedes Mal automatisch in eine Welt bringen, in der eine oder mehrerer eurer Freundinnen zu finden sind. Wie und wo genau ihr sie findet, müsst ihr selbst herausfinden.”

Die drei nickten zum Zeichen, dass sie die Anweisung verstanden hatten und wollten schon die Hände auf die seltsam schimmernde und ein Muster wie eine Art Vogel enthaltende Kugel legen, als sie noch einmal aufgehalten wurden.

“Seid gewarnt, reisende Fremde. Manchmal kann es sein, dass der Schein trügt und euch euer Ziel vor Augen ist, ohne, dass ihr es seht. Glaubt nicht nur an das, was eure Augen euch zeigen und verzagt nicht, weil etwas in euren Blick gerät, von dem ihr glaubt, es fürchten zu müssen.” Sie machte eine kurze Pause. “Und nun geht. Ihr wisst, ihr habt keine Zeit.”
 

Erneut nickten die Mädchen. Die Hexe hatte recht. Sie hatten keine Zeit. Und die Zeit, sich den Kopf über den letzten Ratschlag zu zerbrechen, würden sie wohl ohnehin in der nächsten Dimension finden müssen.

So bedankten sie sich nun auch bei Yûko und legten nun wirklich die Hände auf die Kugel. Sie schlossen die Augen und begannen sogleich -es hatte zugleich etwas faszinierendes und gruseliges an sich- zu spüren, wie jede der anderen beiden ihre jeweiligen Erinnerungen durchstreifte. Es hatte etwas von einem Fangespiel, bei dem man sich so lange versteckte, bis die Person, die man fangen wollte, vorbei kam und man sie einfach nur noch zu packen brauchte.

Bald hatten sich alle drei über die magische Verbindung fast schon instinktiv auf eine Erinnerung geeinigt.
 

~*~
 

Das Reishukaku, welches in einem anderen Manga, den die Mädchen unter dem Namen “BLEACH” kannten, eine Art “Transportmittel in Kanonenkugelform” darstellte und die Helden jener Serie mit deren vereinten Kräften in die sogenannte “Seiritei” befördert hatte, begann zu leuchten, das Licht wurde immer heller, war schließlich gleißend hell - und erlosch so schnell, wie es gekommen war.
 

Yûko war wieder allein.

Es sah aus, als wäre ihr Besuch nie da gewesen.
 

Schicksal der Dimensionen... Bitte wacht über diese Kinder. Ich wünsche ihnen Erfolg.
 

_______________________________Ende Prolog_________________________________
 

[1]"DiZ is Halloween" - Fanfiction von abgemeldet; Anlass: Halloweenfeier von Final Hearts, im Gründungsjahr 2007



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Ikeuchi_Aya
2010-10-07T21:10:51+00:00 07.10.2010 23:10
So, nun habe ich doch mal alles gelesen... irgendwie habe ich mich immer davor gedrückt, weil mir das zu viele Seiten auf einmal waren.
Ich würde mich sehr auf eine "irgendwannige" Fortsetzung freuen~
Den Anfang mag ich wirklich gerne, der ist sehr schön einleitend geschrieben, obwohl ich solche ausführlichen Beschreibungen nicht unbedingt mag, störte es mich hier nicht. Dies hat aber gleichzeitig im Laufe der Geschichte leider etwas abgenommen. Es wäre schön, wenn du es denn beibehalten könntest.
Und bisher finde ich es auch gut von (allen!) Charakteren getroffen.^^
Ich finde den Tribut "Gesundheit" nur ehrlich heftig... aber gut, da spielt sich bei mir gerade Kopfkino ab und vermutlich ist es gar nicht so schlimm, wie ich's mir jetzt ausmale. ;)

Liebe Grüße,

Asu.
Von: abgemeldet
2010-01-28T21:57:51+00:00 28.01.2010 22:57
ich find sie einfach nur spitze!!!! es macht so gute laune, sie zu lesen, weil man die leute auch noch kennt ;p
dein schreibstil ist angenehm, auch die verschachtelten sätze mag ich sogar, weil es meinem ähnelt. also auch da beide daumen hoch!!!

gruß chiyo
Von:  Nadda
2010-01-28T16:40:47+00:00 28.01.2010 17:40
sow~
Tada...dö kommi oda sow
alsu~ zuallerst einmal...ich muss mich hier anschließend, die sätze sind teils wirklich etwas lang
aber trotzdem~
immerhin hab ichs durchgelesen und das muss ja auch schon was heißen~
ich mag deine ff bis jetz wirklich gerne und warte auch schon gespannt aufs nächste pitel
chuu~
nyah xD

Von: abgemeldet
2010-01-26T18:25:16+00:00 26.01.2010 19:25
Du musst eine Menge Zeit und Nerven in diese Geschichte gesteckt haben. Ich finde, dass es eine gute Idee von dir war, etwas für uns zu schreiben. Nur hast du es dir natürlich nicht einfach mit dem Thema gemacht - du musst nicht nur fiktive Welten logisch nachvollziehbar erklären, sondern auch die -realen wie ausgedachten-Charaktere wahrheitsgetreu beschreiben.
Ich denke, dass dir das bis auf einige Kleinigkeiten (z.B., dass ich Katzen liebe und absolut keine Allergie darauf habe) gut gelungen ist. Sprachlich schreibst du auf einem hohen Niveau, teilweise sind mir deine Sätze jedoch zu lang (zu viele Einschübe). Auch benutzt du an einigen Stellen zu viel "und" (mach ich aber auch, daher eigentlich kein Problem =)) und die Satzkontruktionen sind teilweise sehr ähnlich, also nicht so abwechslungsreich.
Ansonsten bin ich aber sehr gespannt, wie es weitergeht.

Lg, Jassi


Zurück