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Robin

von

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Rollenspiel

Es war normal und bedeutungslos, wenn mansich in einem riesigem Chatroom, der nie wirklich riesig sein kann, da er nur aus HTML und Wörtern besteht, umarmt und Küsschen gibt. Sich streitet und sich für knappe Minuten ignoriert.

Vielleicht gefällt jemanden dein Statement, dass du mit deinem Nickname klar machen willst und schon ist man den gesamten Abend beschäftigt sich vorzustellen, zu verstellen oder sich auf den anderen einzustellen. Die Wellenlänge stimmt - man kommuniziert weiter miteinander. Stimmt sie nicht ist dies kein Weltuntergang. Gibt ja genug andere Leute, die sich bestimmt für den Hintern einer Sängerin oder den Bekanntheitsgradverlauf der damaligen Lieblingsband, interessieren.

Da hockst man nun vor dem Monitor. Auf afk gestellt, obwohl man nicht wirklich von der Tastertur entwerft ist.

Ich weis nicht mehr genau ob ich Bird zuerst angesprochen hatte. Was im Endeffekt auch egal ist, denn gewohnt schnell kammen wir von sinnlosen Gesprächen auf wichtige Themen. Was ich auch wiederum ungern so formuliere, denn die Gespräche von 13jährigen wirken nach einigen Jahren nie wirklich wichtig. Man hat doch trotzdem das Gefühl, dass die eigenen Probleme, die schlimmsten und wichtigsten der Welt seien. Findet mal also endlich jemanden, der sich das Geplänke anhören will, kotzt man sich natürlich aus.

Ich konnte mir das Alles zum Glück verkneifen. Bird zu Beginn auch.

Ich weis nicht mehr genau. Ich weis vieles nicht mehr, was damals so wissenswert für mich schien. Aber der Übergang von der Rolle, die Bird anfing für mich zu spielen, war so fliessend und schleichend, dass ich mich von ihr und meinen Gefühlen überrumpelt fühlte.

Ihre Rolle der Userin, die ich für ihre Witzchen möchte und mehr nicht, zu der Rolle einer Freundin, die leidergottes ja in einer ganz anderen Stadt untergebracht war als ich. Mich kümmerten ihre Sorgen wirklich. Nicht nur ihre Sorgen. Diese gesamte Person hielt meinen Gedankenfaden in der Hand und wickelte ihn immer weiter um ihren kleinen Finger.

Sie gab mir sogar süße Namen, die mir nichts ausmachten und nicht wie bei Anderen überfreundlich und falsch wirkten. Ich mochte Sie sehr, denn obwohl ich mich durchs Internet mit ihr bekannt gemacht hatte, war sie für mich echt. Ich meine nicht real im Sinne von Fleisch und Blut, sonder von ihrem Charakter und ihrem Charme. Es gibt genug Chancen, sich mit der Hilfe der Unsichbarkeit, ein ganz neues Sein aufzubauen. Ab und an dann mit der Maskierung auf die Bühne zu gehen. Wenn die Reaktion nicht so sind wie erwünscht, versucht man es einfach nochmal - mit neuer Maske.

Bird schrieb mir süße Sachen. Sie ziegte mir Bilder von sich und daheim, machte kleine Videos von Tierchen, die in ihrem Zimmer eigentlich nichts zu suchen hatten und gab mir ihre Handynummer, nur um sicher zu gehen, dass ich ihr eine sms schreiben konnte, falls mal was wichtiges anstehen würde.

Ihre Echtheit machte sich bei mir deutlich, als ich an mir selber Spannung bemerkte. Sie war so selbstbewusst und wenn sie es nicht war, war sie sich auch darüber bewusst. Das Bedürfniss mit ihr mithalten zu können, machte mich steif und aufgeregt. Ich fragte mich auch in normalen Situationen, was Bird wohl tun würde.

Es war einfach, so zu tun als wäre man selbstbewusst. Die Leute nehmen das einem schnell ab.

Bird nahm es mir damals auch ab und als es dann auf ein Treffen hinaus lief, blockte ich ab. Es war nie eine große Sache sich zu treffen. Wir beide waren fast schon Nachbarn. Wir beide hätten nur 30 Minuten in die nächste Stadt gebraucht, die unsere Gegenden verbandt. Neutraler Boden.

Wenn du jedoch von allen Seiten zu hören bekommst, dass sich alte Opis als junge Studenten ausgeben, Mädchen als Jungen, Dumme als Kluge und unendliche Variationen, dann fragt man sich, ob das Bild, dass man sich ausgemalt hat vielleicht nicht zu bunt geworden ist. Ich bin schon mit der Grundeinstellung an alles rangegangen.. Man sollte sich eine kleine Notiz an den Monitor heften: "Im Internet ist nichts wie es verkauft wird! Kauf nur bei amazone! eBay ist zu umständlich!"
 

Das Problem, dass Bird nicht so sein könnte, wie ich sie lieb gewonnen hatte, war meine erste Sorge aber dann musste ich mich mir selber geschlagen geben. Eigentlich war meine Sorge die, dass ich Bird enttäuschen könnte mit meinem ich.

Im Chatroom konnte man sich immer Zeit mit den schlagfertigen Antworten lassen. Spontanes Selbstbewusstsein war nicht wirklich meine Stärke.

So versuchte ich also Bird immer wieder abzuwimmeln und abzusagen, da schliech sich wieder so ein verdammtes Gefühl an und überrümmpelte mich, forderte meine Angst herraus und siegte. Es wurde bestimmt durch Bird harte Art mir zu sagen, dass sie meine Ausflüchte nervten, geweckt.

Damals war es für mich ein Sprung ins kalte Wasser, dem Treffen zu zu sagen - UND zu versprächen auch wirklich nichts, dazwischen kommen zu lassen - heute frag ich mich was für witzige Sorgen mich doch plagten.



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